1876 / 179 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. Nah dem Monatsbericht der Königlich preu- ßischen Afademie der Wissenshaften hieuelbst lasen im Mai d. I. folgende Herren : Schott, Ueber gewisse Thiernamen mit be- sonderer Rücksiht auf das scgenannte tatarische Sprachengebiet; Gold- stein, Vorläufige Mittheilungen über elektrische Entladungen in verdünn- ten Gasen; Dubeis-Reymond, Ueber die angebliche Abnahme der Reiz- welle im Muskel; Peters, Mittheiluzg über neue Arten der Saurier- gattung Gerrhonotus; Dove, Ueber Witterungsverhältnisse von 1875 bis Ende Ap:zil 1876; Rieß, Ueber die Erregung vou Elektrizität durch gleitende Reibung; Peters, Ueber die Pelzrobbe von den Jnseln St. Paul und Amstecdam und über die von S. M. S. „Gazelle“ mit- gebrachten Flederthiere; Kuhr, Fortseßung der Abhandlung über die aus fj entstandenen Lautentwickelungen,

München, 27. Juli. Am 22. -d. M. starb bierfelbst der Ge- ichihtèmaler Johann Baptist Berdellé im 68. Lebensjahre. An- fehnlich ift die Anzahl sciner Werke, meist allegorische mythishe Gegen- stände. Seine „Arionsage“ ift eine geistvolle, geniale Leistung, die Komp» sition voll Anmuth und plastisber Ruhe. Seit langer Zeit ftark fränkelnd, war B. gänzlich vereinsamt und hielt sib fern vom We:kehr mit scinen Kunstgeuossen, so daß er gegen das Ende seines Lebens der fsüngeren herauwachsenden Künstlergeneration vollständig fremd geworden war.

Leipzig, 28. Juli. Bei der am gestrigen Nachmittag fstait- gefundenen Rektorwahl wurde der Geheime Medizinal-Rath Prof. D . Karl Thierscch mit greßer Stimmenmehrheit im ersten Wahl- gana zum Rector Magnificus der biefigen Univerfität auf das nächste Studienjahr gewählt. E i i

Die langjährigen Verhandlungen über den Restaurations- bau der Andreas-Kirche in Eibleben, in welcher Luther oft gepredigt und die leßte Predigt vor seinem Tode gehalten, find in Folge

Berlín, den 1. August 1876.

Die XVII. Hauptversammlung des Vereines deutscher Ingenieure fiadet vom 28. bis 30. Auguft 1876 in Berliu statt. Die Tageéordnung lautet: Erste Sißung: Montag, den 28. August, Vormittags 9 Uhr. 1) Eröffaung dur den Vorsißenden. 2) Jahres- beridt des Direftors und Kostenanschlaa für tas laufende Vereinéjahr. 3) Vaericht der Revisoren über den Kassenabshluß für das vorige Vereinsjahr. 4) Bericht úber die Thätigkeit der Spezialvereine im leßtin Vereintjahre. 5) Vortrag von Hrn. Prof. Dr. Graëhof als Einleitung zu einer Diskussion über die wünschenswerthe Entwicke- lung der deutschen technischen Hochschulen und über Staatseinrichtun- gen zu -geeigneter Berwendung afkademisch gebildeter Techniker im öffentlichen. Interesse, im Anschluß an die Verhandlungen und Be- ih1üfse des preußishen Abgeordnetenhauses in der Sißung vom 17. März d. I, betreffend die tehnishen Hochschulen în Berlin. 6) Bericht der in voriger Hauptversommlung gewählten Kommission zur weiteren Erörterung der Frage, betreffend die allgemeine Ein- führung eines mecttiiscken Gewindesystems für sharfgängige Schrauben. 8) Auslocsung der für das nächste Vereinsjahr nicht wieder wähl- baren Vorstandsmitglieder. Zweite Sitzung: Dienstag, den 29. August, Vormittags 9 Uhr. 1) Beschlußfassung üver die von der betreffenden Kommission orgeshlagene und von der zur Vorberathung berufenen ODelegirtenversammlung be- fürwortete Herausgabe einer Wochenschrift des Vereins und über die dadur bedingten folgenden Statutenänderungen, 2) Beschlußfassung über den Antrag von Hrn. Dr, H. Grethe in Berlin, betr. „die Wahl einer Kommission von 5 Mitgliedern zur Eröcterung der Frage, inwieweit die Interessen des Vereines deulscher Ingenieure durch den Centralverband deutscher Industrieller zur Be- förderung und Wahrung nationaler Arbeit und umgekehrt gefördert werden können“, sowie über die Anträge des Hrn. Fcitz Dopp in Berlin : x1) Der Verein deutscher Ingenieure in seiner XVII. Hauptoecrsamm- lung erachtet die Bestrebungen des Central-Verbantes deuticher In- dusftriellcr zur Beföcderung und Wahrung nationaler Arbcit als zcit- gemäß und erblickt in dem Verbande ein geeignetes Organ, die gesetz- gebenden Faktoren des Reiches übtr die Vrsachen des Werfalles deut- schen Gewezbefleißes aufzutlären und darüber positive Vorschläge zu machen, wie der gänzlichen Vernichtung der wichtigsten deutschen Fn- dustriezweige und dec daraus nothwendig folgenden weiteren Verar- mung des Deutschen Volkes und Reiches erfolgreich entgegenzutreten ift. 2) Der Verein deutscher Jogenizeure ermächtigtigt in seiner XVII. Hauptversammlung feinen Vorftand, sih bei dem Centralverband deut;her Industcieller durch drei Vereinsmitglieder als Delegicte ver- treten zu lassen und bewilligt die dazu erforderlichen Geldmittel in Höhe von 900 M (Neunbundert Mark)“ 3) Mittheilung des Ge- shäftssührers über ein Anerbieten der Lebensversicherungs- Gesellschaft „Nordstern“, betr. einen Prämiennachlaß von 5%/, für Vereins- mitglieder, deren Versicherungsanträge durch den Vorstand des Vereins vermittelt werden. 4) Bestimmung des Ortes der nächsten Haupt- versammlung. 5) Vorstandêwahlen. 6) Neuwahl resp. Beslätigung der Redaktionskommission.

Ueber die in Nr. 177 d, Bl, erwähnte, in der König- lichen Seehandlung aufgestellien selbstthätigen Goldwaage theilt der Mürzdirektor Kieniß aus Hamburg der „Nat Ztg." Fol- gendes mit: Daß dies cine Erfindung sei, deren man fi in Ham- burg fchon längere Zeit bedient, {ließe ih, daß die in Rede stebende eine Napicrsäe automatisde Waage ist, die allerdings sowohl in der Bank von England wie in der Londoner Münze seit Jahren mit vielem Nußen gebraucht wicd. Indessen giebt es zwei deutsche Erfindungev, welche diese Waage bei Weitem übertreffen. Die erste ist die Scyßshe Sortiuwaage, welhe im Jahre 1871 von dem Eifinder Herrn Ludwig Scyß in Aßzgersdorf kei Wien zuerst in der Wiener Münze aufgestellt wurde und seitdem iu den meisten deutschen und einigen außerdeutschen Münzstätten eingeführt ist. Diese Waage in erster Linie für Mürzzwecke ausgeführt, liefert selbsithätig 6 Scrten Mürzplatten in evgbegrenzter Verschiedenheit ihrer Schwere gesondert. Der Erfinder hat aber seine Maschine auch in der Weise ausgeführt, daß sie gleih den Napiershen Waagen für Banken nußz- bar ist, indem sie nur die über eine gegebene Grenze b inaus zu schweren oder zu leihten Goldstüke ausfondert, also drei Klassen von verschiedenem Gewicht liefert. Die zweite Moschine ist erft im laufenden Jahre von Herrn Paul Bunge in Hamburg erfunden und bis jeßt einig und allein in der hiesigen Mürzstätte in Gebrauch. Sie sondert gleich der englischen Waage die gewogenen Münzen h-ziehungsweise Platten in drei Klassen von ver- \chiedener Sclwere in beliebig engen oder weiteren Grenzen. Alle drei Waagen find in ihrer Konstruktion so verschieden, daß sowohl die englische automatische Waage wie die Seyßsche und die Bungesche Koutroll-Wäge-Maschine jede als durchaus selbständige Erfindungen betratet werden müssen und unterscheiden sich beide leßteren von der ersten bei gleicher Zuverlässigkeit durch ihre bei wohlfeilerem P, eise bedeutend größere Leiftungsfähigkeit. Ju der Berliner Münze find tiowohl die englishe Waage wie die Scyßsche Kontroll-Wäge Maschine in Gebrau. Die Bunge'\he Kontrollmaschine, meiner Ansicht na für Banken noch geeigneter, als cie Seyßsche, wird si eine ehrende Anerkennung in Fachkreisen erst bei größerer Verbreitung erringen.

, Met, 26, Juli. (M. Ztg.) Die Feier des 50jährigen Dienstjubiläums des Gouverneurs von Met, Gencrals der Jn- fanterie von Schmidt, begann gestern am Vorabende mit einem von sämmtlichen Musik Corps der Garxzison in der Zeit von 84 big 10 Ubr ausgeführten großen Zapfenstreich auf dem Paradeplaß vor der Wohnung des Jubilars. Zur selben Stunde fand in den Räumen des Gouvernements Empfang einer zahlreichen Gesellshaft von Offi- zieren und hößeren Civilpersonen statt, die mit ihren Damen zur Beglückwünschung erschienen waren. Bei dieser Gelegenheit wurden dem Jubilar verschiedene sinnige Ovationen dargebraht Von Sr. Majestät demKaiser war dem General von Schmidt eine Kabinets- ordre zugegangen, -welhe seine Verdienste anerkannte; als Geschenk hatte ihm der Kaiser Sein Brustbild in prachtyollem Rahmen

R A E A i e G A A R Ed h ei A] Heerde Mt adrid a4 inie Fe diz iur Au T A d er di

der von Sr. Majestät dein Kaiser bewilligten Beihülfe zu einem be- friedigenden S gelangt, so daß mit der Ausführung selbst hat begonnen werden können, Die gleichartigen Arbeitey an dem Dome zu Naumburg find soweit vorgeschritten, daß die Schôn- heit dieses Bauwerks {on jeßt zu ihrem vollen Eindruck gelangt une D enan in der Hauptsahe uoch in diesem Herbste zu offen ist.

Gewerbe und Handel.

Cöln, 31. Juli. (W. T. B.) Das gerißtlihe Urthe il in dem Prozesse der Rheinischez Effektenbank lautet für den Direktor G. Horn auf 3 Jahre Gefängniß, für den Kommerzien- Rath Wendelstadt und den Direktor Willemsen auf 6 Wochen und für den Direktor Surén auf 3 Monate Gefängniß. Alle anderen Angeklagten wurden freigesprochen, . 2A ¿

9 Nürnberg, 30, Zuli, Wie der „Corr. v. u. f. D.“ hört, wür- den den bayerischen Ausstellern bei der Weltausstellung in Philadelphia sehr viele Auszeihnungen zufallen. Von der Kollektivauéstellung von Blattmetall und leonishen Waaren werden sämmtliche Aussteller prämiirt; von der Kollektivausstellung der Spiegelmanufaktur erhalten sämmtliche Aussteller mit einer einzigen Ausnahme eine Auszeichnung; bei der Bier, Hopfen und die einschlä- gige Literatur umfassenden Kollektivausstellung werden nur 2 Aus- steller unberücksichtigt bleiben, und von den 4 Nücnberger Reißzeug- fabrikanten, welche sich zu einer Kcellektivausstellung vereinigt hatten, erhalten 3 Auszeichnungen. |

London, 30. Juli. Die Handelskammer von Liverpool beschloß in ihrer gestrigen Versammlang in Folge der erusten E keiten, die aus der Silberentwerthung entstehen, die Regierung zu petitioniren, eine internationale Konferenz über die Silberfrcage einberufen zu wollen. / S

Moskau, 31. Juli. (H. T. B) Die Gläubiger der

überreichen laffen. Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz sandte dem Jubilar ein Beglückwünschungstelegramm und Ss. MÍ1: #7? der König von Bayern verlieh ihm das Großkreuz des Milit@&-Verdienstordens. Die Gen:rale, Offiziere und Militärbeam- ten der hiesigen Garnison Üübergaben dem Gouverneur als Ge- Mee einen prachtvollen Tafelaufsaß von {warzem Marmor. Der- elbe hat die Form eines Monuments: auf Stufen ruht ein Würfel, auf defsen vier Ecken oben je ein silberner Adler angebracht ist. Auf der Vorderseite des Würfels befindet sich auf silbernem Schilde die Widmung, auf der Rückseire die Namen der Schlachten und Gefechte, an denen der Jubilar Theil genommen; auf der einen Seitcnfläche ifi der St. Quentin, auf der andern das Deutsche Thor in Metz bildlich dargestellt. Auf dem Würfel erhebt sich ein Thurm, dessen Spitze die aus Silber gearbeitete Figur der Germania, in Verthei- digungsftellung, krönt. Der ganze Aufsatz ist etwa ein Meter hoh und von s{chônem künstlerischem Ebenmaße.

Am 13. Juli 1876 beging die Hamburger Lutherishe Ge- meinde in London die feierlihe Einweihung ihrer soeben beendigten neuen Kirche. Die Hamburger Lutherishe G-- meinde ift die allerälteste deutsh-protestantishe Gemeinde Londons. Sie war bereits im Anfange des 17. Jahrhunderts begründet, do waren die Mitglieder gezwungen, ihre Gottéesdienfte in zu di:sem Zweck gemiethceten Räumlichkeiten in einem Saale abzuhalten. Erft einige Jahre nah dem großen Londoner Brande (1666) gelang es der Gemeinde, meist aus Hamburgern und Hannoveranern bestehend, von der Regierung de damals nöthige Erlaubniß nicht nur zum Aa- kauf eines Stück Landes, sondern auc zur Erbauung einer fremdländischen Kirche zu erlangen. Der Opferwilligkeit der Mit- glieder, besonders aber auch dem Enthusiasmus der alten Freistadt Hamburg ist es zuzuschreiben, daß nicht nur s\ofort zum Bau einer \{chönen Kirche geschritten werden fonnte, sondern daß fich auch ge- nügende Mittel fanden, um für die weireste Zeit eine ge- nügende, ja eine [Tiberale Besoldung eines Predigers und Seelsorgers zu fihern. Jm Dezember 1671 konnte ‘die Gemeinde bereits in der neuen Kirhe ihre auf das Augsburger Glaubensbekenntniß basirten Gottesdienite abhalten. Jn Anbetracht der Frei- gebigkeit der Stadt Hamburg und der Hamburger Ansiedler wurde die Kirche eben die „Hamburger Lutherishe“ benannt. Die in 1671 erbaute Kirche hat die Hamburger Lutherishe Gemeinde gerade 200 Jahre benußen dürfen, denn ia Jahre 1871 hat sie den Bedürfnissen der „Metr pelitan R ilway Company“ Plaß machen müssen. Der Umstand, daß seit der Verlegung der Wohnungen in den Weften und die Vorstädte Londons, welche vor ca. 50 Jahren ihren Anfang nahm, die Mitgliederzahl der in der City gelegenen Kirchen nothwendigerweise nehmen mußte, ließ es dem Vorstand wünschenswerth erscheinen, für ten Wiederaufbau der Kirche eine passende Lokalität in den Vorstädten Londons zu wählen, Der seit nunmehr 39 Jahren an der H:mburger Lutherischen Kirche segens- reih wirkende Prediger Dr. Walbaum, der Begründer de3 deut- \chen Hospitals in Dalston, drückte dem Vorstande der Hamburger Luthcrishen Gemeinde den Wunsch aus, die neue Kirche möge ganz in dec Nähe des Hospitals erbaut werden, und ging derselbe mit Deradügen auf diesen Vorschlag ein. Glücklicher Weise fand sich in der Nähe des Hospitals ein passendes Stückchen Land ; dasselbe wurde sofort acquirirt, und {on am 5, Mai des vorigen Jahrcs konnte dur den Präsidenten des Hospitals, den Herzeg ven Cambridge, der Grundftein der Kirche gelegt werden. Die Kirche ist nun vollendet. Im rein gothischen Styl und in Kreuzesform erbaut, ziert die Kirche ein schlanker 13) Fuß hoher Thurm. Zum 13. Juli wa: das neue Gotteshaus noch besonders {sn mit Blumen und Epheuguirlanden ausgeschmück. Auf dem Altar prangte zwischen den alten herrlichen Kirchengeräthshaften das der Gemeinde kürzlih von Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin geshenkte Kreuz. Schon um 11 Uhr Mor- gens füllte sih die Kirhe mit den Gemeiudemitgliedern und Freun- den des Hospitals. Nachdem sich viele Gäste darunter Prinz Christian nebft seiner Schwester Prinzessin Amalie von Schleswig- Holftein-Auguftenburg, der deut\che Bo!shzafter Graf Münster, dessen Tochter Gräfin Marie Münster, Hr. vou Ohlendo:f aus Hamburg, Hr. Otto Goldshmidt Hr. J. Raßles 2c, im Hosp tal versammelt hatten, übergab der Vorstand dem Prediger Dr. Walbaum den Schlüssel der neuen Kirche, und derseibe führte dann, begleitet von der deutshen Geistlihkeit Londous und dem Vorstand der Kirche die Gäste in den neuen Tempel. Dr, Walbaum drückte beiläufig in seiner Einweihungspredigt fein Bedauern aus, daß die Mittel der Gemeinde ni%t ausgereicht hätten, den s{önen Thurm der Kirche mit einer Uhr und mit einem Gleckenspiel zu versehen. Der Vor- stand war daher erfreut, als na beendigtem (ottesdienste Hr. von Ohlendorff sich die Erlaubniß ausbat, eine freiwillige Koll kte für Anschaffung der Uhr und dec Glocken mit einec Subskripiion von 29 Pfd. Sterl. eröffnen zu dürfen, Dieses Anerbietea nahm der Vorstand mit Freuden an.

Aus Kopenhagen, 22. Juli, erhält die „Polit. Korr.* ein Schreiben über die Entstehung und Weiterausbildung der skandinavischen Einheitsidee. Es heißt daselbft :

„Vor 37 Jahren erhielt der \skandinavishe Einheitsgedanke seinen ersten prafktishen Ausdruck in der Bildung der skandinavishen Natur- forschergefellshaft. Ein junger norwegischer Arzt, Namens Egeberg, lud alle Aerzte und Naturforscher des Nordens zu einer Versamm- lung in Gotheuburg ein, und niht wenige angesehene Gelehrte folgten dieser Einladung im Juli 1839. Die Versammlung stiftete die Gesellschaft der skandinavishen Naturforscher, und bestimmte, daß periodisch abwechselnd in den drei Reihen Versammlungen gehalten werden sollten. Bald folgten die Studenten dem gegebenen Beispiel und versammelten sich, von den Kopenhagener Studenten angeregt, 1843 zum erften Mal in Upsala uad seitdem abwechselnd in Kopenhagen, Christiania und Stockholm- Upsala. An der vorjährigen Studentenversammlung ¿zu Upsala nahmen au die Studenten von Helsingfors Theil. Die periodisch wiederkehrenden \fandinavishen Kongresse haben sich seit der Zeit immer mehr verallgemeinert.

verwaltung weitere 30 %/ auf ihre Forderungen ehalten. Verkehrs-Anstalten.

“München, 29. Juli. Die Strecke der Eisenbahn zwischen Oberdorf und Immenstadt, wo sich vorgefiern der Unfall er

eignete, ist seit gestern Vormittags {11 Uhr wieder fahrbar und | ein weiteres Umlazen nichi mehr nöthig. Ueber die Ursache der

O hat fich bis jeßt noch nichts Bestimmtes ermitte!n assen. Dresden, 31. Juli. (W.T. B.) Die Generalkonferenz

der deutshen Eisenbahnen zwecks Einfüh rung einez

einheitlichen Tarifsystems, welhe gestern geschlossen wurde, hat im Wesentlichen die auf 4 Spezialtarifen basi-ende Borlage dez: Harzburger Tarifverbandes und eventuell eine diese Vorlage auf 3 Spezialtarife modifizirende Vo:lage des preußischea Handels-Minj-

steriums angenommen. Nach dem Schlußg der Konferenz reisten die |

Mitglieder derselben nah München.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau. ; Bu kare st, Dienstag, 1. August, Vorm. Die Deputirtenkam-. mer beschloß in ihrer heutigen Sigung fast einstimmig den Antrag,

die früheren Minister in den Anklagezustand zu versehen, in

Betracht zu ziehen. Auf einen weiteren Antrag des Depu- tirten Jonescu versprah der Minister dec Auswärtigen Angelegenheiten die diplomatishe Korrespondenz bezüglih der Aufrechterhaltung der Neutralität Rumäniens vorzulegen, Seitens der Regierung wurde im Verlaufe der Sizung dem Hause mitgetheilt, daß die rumänishe Regierung mit Einwilli- gung der türkischen Regierung einer rumänishen Ambulanz des rothen Kreuzes den Uebertritt nah Serbien gestattet habe.

Staattskonomen (von denen 1872 der Gedarke der jeßt verwirklihten nordishea Münzeinheit ausging), Juristen, Aerzte, Theologen , Sqhul- lehrer, Künstler, Eisenbahnbeamte u. a. hielten bisher Versamm- lungen. Diesen ift in diesen Tagen die der nordishen Philologen ge- folgt, welche eben ihre erste Versammlung in Kopenhagen geschlossen habea, Der bei der vorjährigen Studentenversammlung auf- getaulhte Gedanke wurde von dänischen Philologen feiner Verwirklichung entgegengeführt, Auf ihre Einladung versam- meltea sih die nordischen Kollegen zum erstenmal an der Univer- fität, an welcher der größte nordishe Philolog Dr. Madvig wirkt, dessen 50jähriges Jubiläum mit dieser Versammlung zusammenfiel und ihr zugleih das Gepräge eines Festes gab, Die Anzahl der hier anwesenden Philologen betrug 177, darunter 108 Dänen, 38 Nor- weger und 31 Schweden. Dr. Madvig wurde zum Präsidenten der Versammlung gewählt. Der Raum gestattet Lide hier auf den JIn- halt dec viertägigen Vorträge und Diskussionen einzugehen. Nur sei bemerkt, daß der König in Begleitung des Kultus-Ministers am Donnerstag der gemeinschaftlichen Versammlung beiwohnte, bei welcher Gelegenheit Dr, Thomsen einen Vortrag über die Verbindung zwi\chen Skandinavien und Rußland in der ältern Zeit und über die Grün- dung des russischen Neiche3 hielt. Es wurde beschlossen, deu nächsten Kongreß in Christiania abzuhalten.“

Theater.

Im Wallner-Theater wurde am Sonntag eine yneue* Lokalposse „Berliner Sonntags\{chwärmer“, nah „einer älteren Idee“ gegeben. Hr. Engels mit seiner drastishen Komik und Frl. Löffler mit ihrem frischen Talent und kecken und dabei dezenten Wesen, sowie die Herren Meißner, Blencke und Frau Walther- Throst vershafften demselben unter den obwaltendeu Verhältnissen einen nicht zu unterschäßendea Ecfolg. Dem aufmerksamen Beobachter kann nit entgehen, daß die wachfende Opposition, die j-de Novität auf dem Gebict der Lokalposse im Wallnertheater in der leßten Zeit gefunden hat, wohl einen tieferen Grund haben muß, als in dem grô- heren oder geringeren Werth derartiger Erzeugnisse. Es soll hier die Frage nicht eröôrtet werden, ob das ganze Genre der volfsthümlicen Lokalpesse in dieser karrikirten Gstalt sich überlebt hat, aber es wäre ungere{t, wenn man nit anerkennen wollte, daß, abgesehen von der stets nebensächlihean Handlung, die Qualität der Wiße und Couplets entschieden eine bessere geworden ist. Indessen cine Steigerung ist eben in keiner Beziehung mehr möglich, und felbst die größten Anstrengun- gen der Possendichter begegnen daher, sogar wenn sie von cinem Künstler wie Helmerding, und einer Soubrette wie Frl. Wegner unter- üßt werden, Seitens eines ständigen Publikums, das keine Possen- Novität ungesehen läßt, einec ablehuenden Haltung. Die unter diesen Umständen immerhin gute Aufuahme des heiteren Stücks verdient daber E E E zu werden.

M brtiedrtG-Wilhelmstädtishen Theagter debutirt am Mittwoch Pt Fiedler vom “Stadttheater in Königsberg als „Gefängnißdirektor Frank“ in der Operette „Die Fledermaus“. Eben- daselbst fomzt am Donunerftag die Operette , Mamsell Angot“, theile weise neu einftudirt, wieder zur Aufführung. Frl, Horti, deren De- buts als „Giroflé-Girofla“ beifälige Aufnahme gefuaden, hat darin die Parthie der „Mamsell L'Ange* übernommen.

Krolls Theater. Hr. Direktor Engel, welcher so eben von seiner Kur aus Carlsbad wieder in Berlin eingetroffen ist, be- ginnt heute wieder das Concert na der Vorstellung im Sommer- garten zu leiten.

Hr. Direktor Thomas wird das Woltersdorff-Theater am 1, September mit einer theilweis neuen Gesellshaft wieder eróff- nen und zwar mit einer neuen Weihrauhschen Posse, in der er felbst die Hauptrolle spielt. Am 16, Sept2mber beginnt alsdann das Gast- spiel des l Gallmeyer.

„Der Bauer als Misllionär*, dicses gute alte Zaubermärchen fand bei seiner Aufführung im National-Theater eine sehr gün- stige Aufnahme; Hr. Menzel war ein treffliher Darsteller der Titel- rolle; die plôößlide Wandlung zum Greise wußte er vorzügli wie- derzugeben und ebenso zeigte er, daß sein ursprünglih wackeres Ge- müth_nicht dur den Reichthum verdorben, sondern nur eine Zeitlang usterdrückt gewesen; er ließ es auch \{lißlich rein und fröhlih wie- der zum Dur(bruch kommen. Seine Liedec, namentli „der Aschen- mann”, brahten ihm mehrfahe Da-Capo-Rufe ein. Frl. Schwarz, seine Adoptivtochter, Frl. Frenzel, (ein Gast), die Zufriedenheit, find recht lobend zu erwähnen; einfaches, natürlihes Wesen und klare Sprache zeichneten fie aus, Frl. Corvin gab die „Jugend“; die Dame sah anmuthig aus, sang recht hübsch, und spielte die leine, gemüthvolle Abschiedsfcene so, daß ihr wirkli Talent zuge- |prochen werden muß, eine Anerkennung, die ihr nah ihren ersten Rufiretea (Clara in ,Verlorene Ehre“) noch sehr {wer zu machen war. Hr. Fellenberg (Wurzels Kammerdiener) und Hr. Hoffmaun (der Fischer Carl), wirkten bestens mit.

_ Belle-Alliance- Theater. Der anerkannt iüchtige Re- gisseur dieser Bühne, Hr. L. Ottomeyer hat morgen daselbs Benefiz und ift ihm vom Hrn, Direktor A. Wolf hierzu die este Aufführung des von ihm aus den besten Original-Komödien des Hans Sachs, Andreas Gryphius und Fürchtegott Gellert zusammengestellten „zweiten hi o- rishen Lustspiel-Abends* bewilligt. Schon der erfte histo- rische Lustspiel-Abend errang vor einiger Zeit einen bedeutenden Er- folg und so dürfte wohl au für diese zweite Zusammenstellung das Interesse des Publikums ein lebhaftes sein, Fn dem Schwanke „Berichterstatter“, wèêlher zum Sue der Vorstellung aufgeführt wird, beabfichtigt de- Benefiziant, sich seine Sporen als dramatischer Schriftfteller zu verdienen.

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Ke ffel). Druck: W, Elsner. Drei Beilagen- (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Moskauer Leiß- und Kommerzbank haben von der Konkurs,

Erfte Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königli Preußischen Staazs-Anzeiger.

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Weltausftellung Philadelphia 1876.

Ueber den deutschen Wein auf der Weltausstellung in Philadelphia cxtnehmen wir dem „Nbein. Cour.“ Folgendes :

Das Deutsche Reich ist in Philadelphia durch 78 Weinqus steller vertreten, Frankreich mit 67, Osterreich mit nur 3; die appeninisce Halbinsel mit 85, Nordamerika mit 36, Die argentinishe Republik ist mit 53, Brasitien mit 9, Chinx mit 1 Aussteller erschienen. i

In. Bezug auf die Nzichhaltigkeit der eingesandten Weine ergiebt sih folgende Reihenfolge: 1) Jtalien, 2) Deutichland, 3) Frankreich, 4) argentinishe Republik, 5) Vereinigte Staaten von Nordamerika, 6) englishe Kolonien, 7) Brasilien, 8) Oesterreih-Ungarn, 9) China und Aegypten, : :

Dieienige Provinz Deutschlands, welche die größte Weinmenge erzeugt, Elsaß-Lothringen, ist im Fairmountpark nicht vertreten; auch Bayern mit seinem Weinbau in der Pfalz und Franken ist nicht in gleihem Umfange wie bei fröheren Auéstellungen vertreten. Da- gegen ist eine ziemlich vollständi,e Kollekfiion jener altbewährten Weine aus dem Rheingau vorhanden.

Die Reihe eröffnet Fürst Richard von Metternich-Winnedorf mit seinem Schloß Johannisberger aus den Jahren 1861, 1862 und 1865 mit seinem unvergleichlihen Bouquet, welches ihn, nebst feinen übrigen gänzli undefinirbaren Eigenschaften, hon längst zum König der Weine erhoben hat.

„Dorf Johannisberger“, worunter die Weine im Umkreis des

- S@losses verstanden werden, haben Klein und Forst ausgestellt.

Gewiß stammt auch der m-isie im Handel vorkommende Jo- hannisferger aus dieser Gemarkung. Steinberger, der Zweite im Rang nah dem Johannisbcrger, ist nur in wenigen Sorten vor- handen; dagegen finden wir eine ziemlich reihhaltige Auêwahl von Rauenthaler, Rüdesheimer und Geisenheimer. Rauenthaler stellten aus: König Wwe, G. W. Siegfried, 1865er und 1868er Auél«ese, ferner Bauer und Kremer, Schmidt und Kett in Eltville. Rüdesheimer: Dilthey, Sahl u. Co., Ehrhard, Jung, Schulß und Reuter, Winkel und Notbhenvah. Geiienheimer exponiren: Fuiß Lade, N. Burgeff, Auguft Quitmann, Rothe und Thorndike.

Ee Die Weine sind edel, kräftig, bouquetreich und von feinster ürze.

Einige Sorten Rauenthaler, auch Fürstenwein genannt, wu1den von cinem amerifazischen Preisichter als non plus ultra erflärt.

Aßmannshäuser, bekanntlich der beste deutshe Rothwein, ist durch 4 Aussteller repräsentirt, nämlich J. A. Jung, Erwin Brück, Wilhelm Grün und P. S. Kerber.

_Hochheimer wird von Heinrich Wiener, sowie von Langenbach ü. Söhne ausgestellt.

Von Rheingau-Weinen sind im Fairmountpark noch vor- handen: Marcobrunner, Gräfenberger, Winkeler, Oestricher und Wein von Eltoille und Lor.

Vou Frankenweinen haben wir in Bezug auf Quantität wenig angetroff n. J. W. Meuschel sen, in Buchbrunn hat einige Proben gesandt. Mit badishen Weinen sind in Philadelphia er- schienen: J. Herbster in Sulzburg, A. Schutt in Bühl und A. Nößier in Schloß Neuweier.

Mit Moselweinen sind wenig Exponenten erschienen.

Pfälzer Weine lieferten u. A. Friedrich Seyler, Gebr. Labroisse, Gebr. Eckel u. A. Jeder Liebbaber von deutschen Weinen kennt die ptälzer Weine; sie find glatt, köcperig und {chmalzig.

In Perlweinen, Shaumweinen, Sparkling Hock, Sparkling Moselle ift cine, reichhaltige Kolleftion vorhanden. Unter den hauptsächli{stcn Ausftellern nennen wir die Rheingauer Schaumweinfabrik (Söhnlein u, Co.) in Scbierstein, welhe durch ein besonders g¿\chmadckvolles Arrangement (ein Pavillon, nach Entwurf des Architekten G. Fürsthen, in Wiesbaden geshmadckvoll ge- fertigt,)) ihrer Ausstellung und ihre Riesenflashen mit „Rhein- gold" gefüllt die Aufmerksamfeit der Besuchenden auf \ich zieht, ferner Henkel u. Comp. in Mainz, deren Weine \ich seit Jahren einer gegründeten Popular tät erfreuen dann Gebr. Feist in Frank- fut a, M., Dietrich u. Comp. u. A. Die deutshe Schaumwein- Industrie ist im Aufschwung b.gritfen; ihre Hauptsite sind der Rhein- gau, Hochheim, Mainz, Kreuznah, Würzburg, Coblenz, Trier. Schon die Wiener Ausft-llung zeigte, daß die moussirenden Rheinweine dem franzöfisch-n Champa,ner in Nichts nachstehen.

Das Ereigniß der leßt:in Woche war ein „Ln“ und ein „Winesampling“, veranstaltet von deutshen Preitrihtern in dem deutshen Pavillon. An 60 Einladungen waren ergangen an Kommi ssionsmitglieder und eine Anzahl Vertreter der Presse. Unter den Gästen waren der Generaldirektor Mr. Goshorn, die Ver- treter von Großbritannien, Frankreich, Oesterreih, Schweven, Por- tugal, Niederlande, Aegypten, der argentinishen Republik u. #. w. Das schône Gebäude war geshmadckvoll dekorirt. Der Präsident der deutschen Kommission, Geh. Regierunge-Rath Reuleoux, bot jeinen Gästen in einigen angemessenen Worten herzlichen Willkomm auf deutschem Boden unter der deutichen Flagge, welche von der First des G-bäudes wehte, und gewürzt mit launigen Reden und Toafsten zur hochsten Befriedigung aller Theilnehmer, verlief das ges:llschaftlih wie gastro- nemish t öcchst gelungene Fest. Ater d:n größten Antheil an der fest- lichen Stimmung hatte die Kollektion rheinisher Wcine, welche von den Kommissären der verschiedenen deutshen Sektionen ausgewählt waren zur Unterhaltung ihrer Gäste und zur größeren Ehre deutschir We nzüchter.

Dieses Vorführen der großen und mannigfaltigen Auswahl der hohfeinften Weine rief Bewunderung und Beifall hervor.

Fürst Metter: ih mit seinem köftlihen Johannisberger möge zuerst genannt sein; obgleih wir im Zweifel find, ob nicht Einer jeiner Rivalen den Vorzug verdienen möge.

I. B. König und Siegfcied in Rauenthal, Frit Lade und N. Burgeff in Geisenheim; Dilthey, Sahl u. Co.,, Schulß und Reuter in Rüdesheim, Baron (Sunibért von Ocstrih und A Nilkens in Eltville befinden sih unter denen, welche die besten Weine aus dem Rheingau sandten.

Aus der Pfalz müssen die Weine von F. P. Bukl, Jordan, Schellhorn, Eckel und Friedrih Siyler lobend erwähnt werden. In der That, die Pfalz stellte Weine ersten Ranges aus, Aus Franken sandten J. Opmann und J. W. Meuschel sen. von Buchbrunn die bemerkenswerthesten Sorten; von Wü1ttemberg Keßler und von Worms hielt das alte Haus P. J. Valkenberg seinen wohlbegründe- ten Nuf durch einige Qualitäten hervorragender Gewächse aufrecht.

Gegen Schluß des Mahls erschienen die deutshen Schaumweine. _ Henkel u. Co. in Mainz „Champagner“, die Rheingauer Schaumweinfabrik in Schierftein „Séhulein u. Co. Rhinegold“ die Weine von Feist Brotbs in Frankfurt a. M,, Dietrich u. Co. in Nüdesheim stritten um die Gunst der Gäste.

Die Nr: 30 des „Central-Blatts für das Deutsche Refi«a: herausgegeben im Reichskanzler-Aint, hat folgenden Inhalt : Allge- meine Veiwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Finanzwesen: Goldaukäufe Seitens der Reichebank. Zoll- und Steuerwesen: Kompetenz einer Steverstelle, Münzweseu : Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. Marine und S diffahrt : Abänderurg des Verzeichnisses der Komn:issionen für die Prüfung der Seeschiffer für kleine Fahrt. Handels- und Gewerbe- wesen: Nachtrag zu den Bestimmungen über die Führung des Muster- registers, Justizwesen: Erstattung von baaren Auslagen im Dis- 3lPplinarverfahren. Post- und Telegraphenwesen; Briefe mit Werth-

Berlin, Dienstag, den 1. August

angabe nach Frankreich und Algerien; Portoermäßigung für Brief- sendungen nach Japan; Postaufträge zur Besorgung von Wechsel- accepten. Koysulatwesen: Entlassung.

Die Nr. 15 des „Central-Blatt der Abgaben-, Ge- werbe- und Handelsgeseßgebung und Verwaltung in den Königlich Preußishen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Anzeige der in der Gesez-Sammlung erschienenen Geseße und Verord- nungen. I. Allgemeine Verwaltungêgegenstände: Errichtung einer Provinzial-Steuerdirefktion für die Provinz Brandenburg mit dem Sitze in Berlin. Angabe des innegehabten Dienstverhältnisses und des Grurdes der unfreiwilligen Dienftentlassung von Militäranwär- tern in deren Civilversorgungsscheinen 2c. Anderweite Einrichtung der Dokumentenbücher. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steue:stellen. IIl[, Indirekte Steuern. Stempelfreiheit der Abgangszeugnisse der Studirenden und der Beglaubigungen der Sexvkrzeugnisse der Apothekergehülfen. Postbeamte, welche in dienstliher Eigenschaft am Umlaufe eines Wechs-ls Theil nehmen, find wegen Stemp.] und Strafe außec An- spruch zu lassen. Verjährungsfriften für Werthstempel über 19%, —— VI. Personalnachrichten.

Die Nr. 14 des „Marine-Verordnungs-Blatt 5“ hat folgenden Inhalt: Revision der meteorologishen, Obsevations- und Chronometer-Jeurnale und wissenschaftlihe Verwerthung des Inhalts derselben. Zusaß zum Inhaltsverzeihniß ter Schiffsbücherkisten (Anlage zu Nr. 4 des Marine-WÆerordnungs-Blattes pro 1875), Persoualveränd rungen. Benacrichtigungen.

Statistische Nachrichten.

(Statist. Corr.) Das FJFahrbuch für die amtliche Statistik des preußischen Staates, welches in kurzer Zeit durch die Veröffentlichung der zweiten Hälfte zum Abschluß gelangen wird, berichtet in seinem dritten Theile über die einzelnen Zweige der Staatêverwaltung und giebt in dem ter Justizverwaltung ge- widmeten Ätschnitte auch einen Rückblick auf die Entwicklung der gewerblichen Schiedsgerichte in Preußen.

Nochdem die deutshe Gewerbeordnung den Gemeindebehörden freigestellt hatte, Schiedsgerichte zur Schlichtung der Streitigkeiten selbständiger Gewerbetreibender mit ihren Gesellen, Gehülfen und Lehrlingen zu errih!en, find bis zum Schlusse des Jahres 1874 51 Schiedsgerichte in Preußen entstanden und zwar in den Regic- rungsbezirfen Danzig 3, Marienwerder 6, Potsdam 8, Frank- fut 3, Cöslin 5, Posen 5, Bromberg 1, Breslau und Liegnis je 2, Merseburg 3, Erfurt 2, in den Land- drostei-Bezirken Lüneburg und Stade je 1, Osnabrück 2, in den Re- gierun gsbezirken Arnsberg, Cassel und Wiesbaden je 1, und im Regie- rungsbezirk Trier 4. Jn den übrigen Theilen des Rheinlandes er- füllten die aus dem franzöfischen Rechte hervorgegangenen Königlichen Gewerbegerichte bereits seit längerer Zeit die Aufgaben, welche die Gewerbeordnung den Schiedsgerichten zugewiesen hat. Von größeren Städten find Elbing, Danzig, Brandenburg, Landsberg a. W., Kott- bus, Posen, Liegniß, Görliß, Nordhausen, Erfurt und Trier im Be- siße gewerbli&er Sctiedsgerichte.

Ueber die Thâtigkeit, welche dieselben entwickelt haben, liegen leider nur schr düuftige Nachrichten vor, denen nicht mehr mit Sicher heit entnommen werden kann, als daß diese Gericte von den vorgetragenen Streitigkeiten erledigten :

durch Vergleih dur Urtheil überhaupt 1870 76 64 149 1871 163 101 264 1872 506 344 850 1873 792 597 1389

Unter 100 Streitigkeiten, welhe zum Austrag gelangten, gelang es also 1870 54, 1871 62, 1872 60 und 1873 57 dur einen Ver- gleih gütlih beizulegen. Gewiß kann dieses Ergebniß als ein befrie- digendes angesehen werden und als geeignet, auch diejenigen Gemeinden zur Errichtung von Schiedzgerichten zu veranlassen, die bisher noh nicht dazu geschritten sind.

Da die Gewerbeordnung über deren Zusammenseßung nur die eine Bestimmung getroffen hat, daß fie unter gleichmäßiger Zuziehung von Arbeitgebern und Arbeitnehmera zu bilden seien, so zeigen fie in ihrer Verfassung mannichfache Verschiedenheiten, die in den örtlichen Verhältnissen begründet sind. Ueber die Frage, welchen Einfluß die Zusammenseßung der Gerichte auf ihre Wirksamkeit äußert, und welche Bestimmungen über die Ausmittelung der Richter füc den ein- zelnen Fall wohl auf allgemeine Annahme gerechten Anspruch haben, könnte eine eingehende Statistik mancherlei Aufschluß gewähren, der die Schiedsgerichte in ihrer Entwikeiung vielfach fördern würde. Um fo mehr ist der Mangel derselben zu bedauern, um so lebhafter der Wu--\{, daß die Schiedsgerichte durch sorgfältige Aufzeichnungen über die Natur, den Grund und den Ausgang der vorgetragenen Streitigkeiten, namentlich auch über die Anfehtung der gefällten Ur- theile und deren Bestätigung oder Abänderung Seitens des Richters, die Grundlage zu einer Statistik geben, die die aufgewandte Mühe reihlich lohnen würde.

Land- und Forstwirthschaft.

Die „Entom. Nachr.*, herausgegeben vom Gymnasia' lehrer Dr. F, Katter in Putbus, enthalten einen S über die Vertilgung der Wanderheuschrecke, welhem wir Folgendes entnehmen: Es ist eine überall gleihbleibende Erscheinung, daß sich das Jnsekt sowobl migrat.rius wie cinerascens stets in den unkultivirten Gegenden am meisten vermehrt. Hr. A. Müller in Basel giebt in seinem Bericht über das Auftreten der Wanderheuschrecke in der Schweiz als U: sache des massenhaften Erscheinens dieses Thieres die Tieferlegung des Bielersees an, orne daß die blosgelegten Flächen kultivirt wurden. Es ist dies leit erkflärlich. Die Eier werden nah den Beobachtungen von Ye:sin im Herbst in Häufchen in einer Tiefe von 4—5 Cm. in die Erde gelegt und ruhen dort bis zum nächsten Frühjahre, wo gewöhnlich im Mai das Thier aus\{lüpft.

Merden sie durch Umpflügen des Bodens in ihrer Lage gestört, so |

wird dadur die Entwicklung der Mehrzahl gehemmt werden, während bei ruhendem Boden ein ungestörtes Auskriehen des JInsekts er- folgen fann. J : :

Die YAblagerung der Eier in Häufcher, die mit einem festen Gewebe überzogen find, erleihtert das Sammeln derselben bedeutend ; es wird diese Art der Vertilgung besonders in Südfrankreih geübt. Nach Solier kann ein Kind an einem Tage 6—7 Kilogramm sam- meln, Die Stadt Marseille bezahlte für ein Kilogramm Eier 50 Centimes. Im Oktober ist die Hülle der Eier sehr wei, fo daß sie beim Herausnehmen aus der Erde leicht zerreißt; man hat versucht, sie zu dieser Zeit durch s\{chwere Walzen, die man über die Felder zog, zu vernichten.

Ist die Heuschrecke zur Entwicktelung gelangt, so kann man fie durch Gräben, Fußsteige, Wege leiht einhegen. Yersin erzählt, daß ein Schwarm Heuschreckenlarven, der die Rhoneufer verwüstete, durch einen Fußsteig abgehalten wurde, auf ein benachbartes fruchtbares Feld überzugehen. Man fann sie auch in ihrem ersten Larvenzustande leiht auf geringe Strecken begrenzen und ohne große Mühe vertilgen. Demole in Obissa sieht deshalb auch die Vertilgung der Larven ‘als das einzig ‘wirksame Mittel, die Heashrecken zu bekämpfen, an. Er beschreib*, einen Apparat, der hierbei wesertlihe Dienste geleistet hat, folgey%ermaßen:

„Man nimmt zwei gus Zweigen gebildete Eggen und drei 6 Fuß |

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lange, 12—15 Zoll dick: Holzwalzen, alle mit Ochsen oder Pferden bespannt. Das Prinzip der Bewegung dieser 5 Instrumente ift ro- tatorisch; man beschreibt stets einen Krei&, dessen Durchmesser glei der Breite der Kolonne ift, d. b. bölstens 2 Ellen. Die Eggen be- finden fich an der Kreisperipherie, die Wa?êzx innerhalv derselben. Sobald die Eggen den Äußeren Kreis vefchrieben und das Gras niedergerissen haben, versuhen die Heuschreken nicht mchr, die gezogene Linie zu überspringen, sondern ftürzen, er- \chreckt durch das Geräush der Eggen, dem Mittelpunkt zu. Jn- dem man nun allmählih den Kreis verengt, erdrückt man dur die Walzen die in der Mitte aufgehäuften Insekten. Hat man einen Kreis vollendet, so begiunt man einen neuen, und auf diese Weise wird eine ganze Kolonne durch eine Reihe von Kreifen angegriffen. Alle enikommenen Insekten fammeln sich von Neuem; man schreitet dann zu einem zweiten, bedeutend weniger mühevollen Angriffe. Die wenigen Ueberbleibenden find ohne Gefahr; theils haben sie einzelne Glieder verloren, theils Haben sfi? dadur, daß sie isolirt worden, ihren Waunderinstinkt verloren.

Ich glaubte zuerst, daß man leiter zum Ziel gelangen würde, wenn man die Walzen und Eggen der Richtung des Schwarm-s fok- gen ließe; dies hatte indessen keinen Erfo!g, denn erstens verfolgen die Heuschrecken bei ihren Märschen keine geraden Linien, fondern meistens so krumme, daß man ihnen mit dem Gespana nicht folgen kann; zweitens entfliehen sie so {nell vor dem Ge- räush der Eggen und Walzen, daß man sie nicht erreihßt, während fie bei der kreisförmigen Bewegung sich auf einen kleinen Raum be- schränken und leiht von den Walzen vernichtet werden.“

Nach Solier fängt man fie bei Marseille, indem man mit großen, schräg gehaltenen und von 4 Personen geführten Leinwand- tüchern über die Felder streiht und die sich auf dem Tuche an- sammelnden Thi-re in bereit gehaltene Säke thut; oder indem man die Felder mit großen Fangnetzen abstreift.

__Es ist wenig wahrscheintich, daß man bei uns in Deutschland, wie es Riley in Amerika versuchte, die Heuschrecken als menschliche Nahrung verwerthen wird, wohl aber eignen fie sich na den Mit- theilungen von Yersin in hohem Grade zu Futter für Truthühner. Diese Thiere verzehren nicht nur begierig die {ä:lichen Insekten und vertilgen bedeutende Mengen davon, sonde-n sie werden bald fctt von der animalischen Nahrung und erhalten ein wohlschmeckendes Fleisch darnach. Jn Südfrankreih und Algier treibt man sie schaarenweise auf die von Heuschrecken angegriffenen Felder.

Nachdem durch Höchste Entschließung Sr. Mäjestät des Königs von Württemberg vom 27. Juli d. I. die Wiederabhaltung des landwirthschaftlichen Festes in Cannstatt in diesem Jahre verfügt worden ist, wird in Beziehung auf dieses Fest bekannt ge- macht, daß das landwir:hschaftlihe Hauptfest den 28. Septemb er d. J. auf dem gewöhnlichen Platze bei Cannstatt gefeiert werd:n wird. Bei demselben findet eine Vertheilung von Preisen für Pferde, Rind- vieh, Schafe und Schweine ftatt und werden die württembergischen Besißer ausgezeichneter Thiere eingeladen, an der Preisbewerbung sich zu betheiligen.

Ernteberiht. Im Lüneburgischen hat man seit einigen Tagen auf dem leichtesten Boden mit der Ernte den Anfang gemacht, und gestaltet sich das Ergebniß derselben do günstiger, als man vor Kurzem meinte, Der Roggen, die Hauptfrucht, steht allerdings dünn und ift in niedrigerer Lage stark mit Fuchs\{chwanz durchwacbsen. Dabei sind aber die Aehren durchweg lang und voll- köcnig, so daß auf einen guten Körnerertrag zu renen ist. Stroh, w-lches man in leßter Zeit bis zu 60 A die 1200 Pfd. bezahlt hat, wird auch in diesen Winter nicht billig werden. Auf Liefezung hat man es schon mit 50 Æ gehandelt. Sehr güvstig stehen sämmt- lihe Sommerfrüchte. Auch die Kartoffeln zeigen biêlang einen guten Stand, und außer in der Gegend von Dannenberg ist noch nichts darüber laut geworden, daß dic Krankheit fi eingestellt hat. Die Heuernte ist seit Kurzem beendet. Auch sie hat einen guten Ertrag gebracht; leider war das Einbringen in den leßten 14 Tagen durch tägliche Gewittershauer erschwert, und an einzelnen Orten sind größere Menzen völlig verdorben, Die P-cise dafür waren vor der Err.te bis auf 60 für 10 Ctr. gestiegen, und wurden bei den Gratver- fäufen, da sämmtliche Vorräthe aus den Vorjahren e:schöpft, hohe Preise gezahlt. Im Ganzen hat der durch die Ueberschwemmung im Winter hervorgebrachte erhöhte Graswuhs den Schaden aufgewogen, der durch Verderben der Winterfrucht entstanden ift.

Aus Stallupönen wird geschrieben: Die Roggenernte ist jeßt überall bei herrlichem Ernutezzetter in vollem Gange. Haite man von den gebliebenen Kornfeldern gerade auch nicht die {önsten Hoffnungen, so zeigt sichs doch, daß selbst die schwachen Hoffnungen noch zu ho gespannt gewesen. Die Haufen stehen selbs auf Feldern, die gut beftanden aussehen, sehr weitläufig und das Stroh ist kurz geblieben. Auch die Hoffnungen auf einen erträglihen Erdrusch fan- gen an zu sinken, weil die vorhandenen Aehren nur wenig gefüllt sind, indeß hierüber sind wcehl die Urtheile niht maßgebend, weil noch kein Ergebniß vorliegt. Die Sommerfelder dagegen werden, falls nicht Naturereignisse verheerend auftreten, in dem größten Theile unfe- res Kreises durchgängig einen Ertrag an Stroh und Körnern liefern, wie es schon in Jahren nit gewesen, Die Kartoffel verspricht eben- falls eine reihe Ernte, und deshalb sicht der Landmann auch nicht mehr so ängstlih dem kommenden Winter entgegen, wenn er feinen Vichstand ansieht, als ers im Frühlinge zu thun alle Urfache hatte. Der junge Kiee verspricht auch eine gute Herbstweide zu geben, und fo ist Ausficht vorhanden, daß das Vieh gut genährt eingestallt wird, und dieser Umstand ift auch nit zu untershäßen. Der Flachs dagegen, welcher bei uns auch nur mehr zum eigenen Bedarf gezogen wird, ift kurz geblieben und verspriht wenig Samen. Die Futterrüben dagegen wachsen überall gar üppig. Auf dem leßten Wochenmarkt war schon frishe Gerste zugefahren und mit 4,20 (A pro Scheffel bezahlt. Die „Oft. Ztg.“ bringt aus dem Schlawer Kreise folgenden Be- richt: Wir haben allerdings, seit das abnorme Maiwetter zu Ende ging, chône Sommertage, die indeß nah voraufgegangener Kälte und darauf folgender Hiße nicht den erwünschten Einfluß auf die Feld« früchte gehabt. Bei wenig feuhten Niedershlägen können wir das Wetter als trocken bezeichnen, und wenn auch auf shwerem Boden Manches ausgeglichen ift, so können wir doch kein Lob über die Feld« früchte fällen, Der frühe Roggen ift nothreif und wird auf den leichten Bodenarten dürftig s{ütten, Der. spät gesäete ist dünn, und wenn er auch verhältnißmäßig gut schüttet, so wird er doch dem eigenen Bedazf nicht genügen. Weizen ist jüngst vom Rost befallen, und die Körnerbildung ift noch zweifelhaft. Gerste und Hafer haben sih nach dem leßten Regen theilweise erholt. Kartoffeln scheinen in den für unsere Gegend maß- gebenden Brennereidistrikten unter der Hiße gelitten zu haben, das Kraut läßt nicht viel Erszrießliches hoffen, während Knollengewächse Feuchtigkeit bedürfen, av, die wenig zu rechnen ist. Wir fönnen au, heute nichts Besseres b ¿xrichien, als vor nicht langer Zeit: das E/e4 sammtresultat im Kr,xn und Stroh resp. Futter bietet keine Char.cen für den Landmann im Zusammenhange mit niedrigen Preisen für Getreide und n0'.nentlich Spiritus, der seit einem Dezennium uit so niedrig a" o, als in dieser Brennereiperiode und Rentabil', ät des Brennereibe*,rjebes nicht entferut zuläßt.

Verkehrs-Anstalten.

- 31. Juli. (W. T. B.) Der Da ‘apfer „JItaly von e D Mor, O ot Ait: Co mPaaCie A Mesfingsche

Linie) ist hier eingetroffen,