1876 / 180 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Da die Berichte bei den einzelnen Vereinen meistens hon zum 10. Juli eingefordert waren, so enthalten sie über die meisten Sommerfrüchte nicht mehr als Ansichten, welche je nah dem Gange der Witterunz noch vielfachen Aenderungen ausgeseßt find. Zumal über die Kncllen- und Wurzelfrüchte werden erst die wie gewöhnlih zum E eingefordertcn Erntetabellen defini:ive Nachrichten bringen können. |

N Ueber die ien: welche sih nach dieser Zusammen- stellung für die einzelnen Provinzen ergeben, werden wir unter der Rubrik „Landwirt e en Ma

Die Königlichen militär-ärztlihen Bildungs- anstalten begingen heute Mittag 12 Uhr im großen Hörsaale des Königlichen medizinish-chirurgishen Friedrih-Wilhelms-Jn- stituts itre alljährlihe Stiftungsfeier.

Nach dem Gesange der Studirenden: „Salyum fac regem“ erstattete der Subdirektor General-Arzt Dr. Schubert den Jahres- beriht. Leßterer beklagt zunähst den Verluft, den die Anstalten durch den am 10. August v. I. erfolgten Tod des Subdirektors General-Arztes Dr, Boeger, Leibarztes Sr. Majestät des Kaisers und Königs erlitten haben. An seiner Stelle hat der General-Arzt Dr. Schubert die Leitung der Ansftal- ten übernommen. Wit der Universität trauert das In- stitut über den Tod des Geheimen Medizinal-Rathes Professor Dr. Traube, des Geheimen Ober-Medizinal-Rathes Professor Dr. Jüngken und des Geheimen Medizinal-Rathes Professor Dx. Mar- tin. Zwei Professoren Dr. Dove und Pr. Werder find verhin- dert, Vorlesungen zu halten und werden durch die Professoren Dr, SHelmholyÿ und Dr. Zeller vertreten, Dem leitenden Personal der Anstälten sind 12 Stabsärzte hinzugetreten, von ihnen 3 in neuen Stellen, welche dur die Fürsorge des Kriegs-Ministeriums dem Etat hinzugefügt sind. 7 Stabsärzte find zur Armee, be- ziehungsweise zur Marine zurückgekehrt, so daß zur Zeit außer den 9 zur Charité kommandirten Stabsärzten 17 derselben in den Anstalten wirken. Die Zahl der Studirenden betrug am 2. August 1875: 144; neu hinzugetreten sind im Laufe beider Se- mester 57; ausgeschieden find nah vollendetem Studium Behufs Anstelluñg in der Armee 36; vor vollendetem Studium 11, so daß si die jehige Anzahl auf 154 beläuft. Von ihnen gehören 135 zu den Königlichen Instituten, 5 der Kaiserlihen Marine und 19 der Akademie für das Militär an; außerdem find 26 Unterärzte für den Dienst in der Charité kommandirt. Behufs Ablegung der Staatsprüfung waren 54 Unterärzte zum Institut kommandirt; von ihnen haben 41 die Prüfung völlig beendet. Für das kommende Wintersemester sind bereits 63, für das Somméírsemester 1877 bereits 57 Anmeldungen zur Aufnahme in die Anstalten eingegangen.

Nach einem Vortrage d¿s Studirenden Wußdorf: „Ueber die komplizirten Frakturen des Oberschenkels und ihre Behand- lung“, hielt der General-Arzt à la suite des Sanitäts-Corps, Geheime Medizinal. Rath Professor Dr. Bardeleben die Festrede über das Thema: „Ueber die Fortschritte der Chirurgie in den leßten 25 Jahren.“

Mit der üblichen Prämienvertheilung {loß die Feier.

Der Königlich portugiesische Gesandte am Kaiserlih rus- sishen Hofe, Baron v. Santos, welcher gestern früh hier ein- getroffen war, hat Abends seine Reise nah St. Petersburg fortgeseht. S

Der General-Lieutenant von Biehler, Allerhöchst beauftragt mit Wahrnehmung der Geschäfte der General-Inspek- tion des Ingenieur-Corps und der Festungen, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt und hat sich demnächst behufs Inspizirung ciniger Festungen und Pionier-Bataillone auf Dienstreisen be- geben,

S. M. S. „Victoria“ if am 17. Juli cr. von St. Thomas nach Barbadoes in See gegangen. An Bord Alles wohl.

V. M Nil Nau til f an 2, Me il Smyrna angekommen.

S. M. Torpedodampfer „Z ieten“ i am 1. August c. in London, Behufs Ueberführung nah Wilhelmshaven, in Dienst gestellt.

WVayern. München, 30. Iuli. Was die Stelle des Land- tagsabschieds betrifft, welche fich auf den obersten Schul- rath und die fünfte Klasse der Latein\schule bezieht, so wird dieselbe dahin interpretirt, daß weder der oberste Schulrath auf- gehoben, noch die genannte Lateinklasse wieder beseitigt werden wird: das leßtere könnte auch ohne wesentliche Aenderung der Schulordnung von 1874 gar nit geschehen.

Mehrere von der Kammer der Abgeordneten abgelehnte Postulate, z. B. für den obersten Schulrath, die 5, Klasse der Lateinschule, das statistishe Bureau u. f. w.,, sind bekanntlich von der Kammer der Reichsräthe bewilligt, dann aber von der ultramontanen Mehrheit der erstgenannten Kammer wiederholt abgelehnt worden; über das, was dem vor- herging, bringt nun der Korrespondent der „Donau-Zeitung“ die Mittheilung: daß es „im patriotishen Klub Abends vorher große Anstrengung gekostet habe zu verhüten, daß ein Theil -der „Patrioten“ nicht für die eine oder die andere Position nach- träglih denno gestimmt habe.“

31. Juli. Bei der am Sonnabend in Regensburg vollzogenen Neuwahl is der Abg. Stobäus von 57 Wahl- männern mit Einstimmigkeit wieder gewählt worden. „Als Grund für die von den Führern der ultramontanen Partei in Regensburg beliebte Wahlenthaltung wurde, wie die „Alg. Ztg.“ bemerkt, insbesondere die Eintheilung der Urwahlbezirke an- geführt, die abermals dem Geseze niht entsprehen soll der wirklihe Grund aker ist der, dat man befürchten mußte, bei der Wahl in entschiedener Minderheit zu verbleiben. Eine sehr

große Anzahl nitliberaler Wähler, und das nament- lich aus bürgerlihen Kreisen, hatte erklärt: daß fie es nah der Art und Weise, wie die Reklama-

tion gegen die frühere Wahl ins Werk geseßt und in der Kammer vertreten wurde, mit ihrer Ehre und ihrem Gewissen nicht vereinbaren könnten, fih an der neuen Wahl zu betheiligen. Es war deshalb vorauszusegen, daß ein großer Theil der Wähler an der Wahlurne nicht erscheinen würde, und um dem dadur fiheren Wahlfiasko zu entgehen, hielt man es für das Beste, die Parole: Wahlenthaltung auszugeben.

Wie der „Deutsche Merkur“ mittheilt, erhielt vor wenigen Tagen Stiftspropft Dr. v. Döllinger ein von 45 Bischöfen der proteftantish:bishöflihen Kirhe von Amerika unterzeichnetes Sthreiben, welches von der Theilnahme, welche die altkatholi- schen Besirebungen und insbesondere die unter Döllingers Lei- tung unternommenen Bemühungen für kirchliGe Wiedervereini- gung jenseits des Dzeans finden, Zeugniß ablegt.

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Vaden. Baden, 31. Juli. Der Großfürst Michael nebft Familie werden Baden morgen verlassen,- um sih, wie die „Karlör, Z.“ vernimmt, direkt nah Tiflis zu begeben,

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 31. Iuli, Das Großherzogliche Haus feierte heute den Geburtstag Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs. Die öffentlichen Gebäude hatten einen reichen Fahnenshmuck angelegt.

Desterreih-Ungarn. Wien, 31. Iuli. Aus Gmunden wird der „Pr.“ geschrieben, daß die Kaiserin mit der Erz- herzogin Valerie gestern 9 Uhr früh in Gmunden eingetroffen ist und daß die Weiterfahrt mittelst Dampfschiff nah Jl fort- geseßt wurde. Erzherzog Albrecht wird, derselben Quelle zufolge, \sich zur Theilnahme an den Herbstmanövern nah Berlin begeben. Der Prinz Leopold von Bayern und die Prinzessin Gisela werden am 4. August wieder von F\{chl nach München zurückehren. | i |

Um die Einlieferung der durch die Privatindustrie zu erzeugenden Ausrüstungs8gegenstände und Bestandtheile des neuen Feldartillerie-Materiales zu beshleunigen, hat der Arsenaldirektor FML. Tiller von Turnfort, wie die „Wehr- Ztg.“ meldet, eine Rundreise in sämmtlihe mit ärarischen Lieferungen betraute Fabriksetablissements angetreten. Derselbe wird vorerst die in Steiermark, Kärnten und Ungarn gelegenen besuchen, dann diejenigen Mährens und Böhmens. Der Arsenal- direktor wird sich an Ort und Stelle persönlich die Ueberzeugung vom Stande der Erzeugung verschaffen und die erforderlichen Maßregeln treffen, um die rasche Beendigung der Lieferungen sicherzustellen. i:

Wie aus Triest geschrieben wird, find am 26. Juli vom 12. Feld-Artillerie-Regimente zwei Uchazius-Batte- rien, d. i. je eine von Laibach und von Klagenfurt, nah Esseg zur Kompletirung der 20. Truppendivifion (Kommandant Graf Szaparv) abgegangen. i :

1. August. Das „Fremdenblatt“ bezeihnet die Mel- dung, wonah Bischof Stroßmayer nach Wien berufen worden sei, um sein Gutachten über politishe Angelegenheiten abzugeben, als irrig. E

Prag, 31. Juli. Der Erzherzog Albrecht inspizirte heute Vormittags die hiesige Garnison, empfing später den Statthalter und die Spiyen der übrigen Behörden, worauf Hofdiner stattfand. Morgen fol im Beisein Sr. Kaiserlihen und Königlihen Hoheit eine größere Feldübung stattfinden. Der Kaiser hat, wie das „Prager Abendblatt“ mittheilt, mit Allerhöhfter Entschließung vom 25. d. die Wahl des H. Emilian Skramlik zum Bürgermeister der Landeshauptfstadt Prag bestätigt. Die feierliche Inftallas- tion des Bürgermeisters findet am 3. August statt.

Reichenau, 31. Juli. Die Erzherzogin Maria Thes- resia, Gemahlin des Erzherzogs Karl Ludwig, wurde e O um 7 Uhr von einer Prinzessin glücklih ent-

unden.

Pest, 31. Juli. Eine Wiener Korrespondenz im Abend- blatt des „Pester Lloyd! konstatirt, daß der Zeitungsstreit über die Annexion Bosniens angesihts der jeßigen Situation seine Bedeutung verloren habe. Die Annexion Bosniens dur Oesterreih hätte nur im Falle einer neuen Staatenbildung oder des Versuchs einer serbischen Annexion Bosniens einen Sinn

ehabt.

ay Die neue. Bagnk-Organisation kann, nah dem „Pester Lloyd“ niht vor 1: Januar 1878 ins Leben treten, da nicht anzunehmen ift, daß die Regierungen mit den Legislativen und der Bank früher ins Reine kommen. Unter den Vorlagen, welhe den Parlamenten im September zugehen, werde sich der Entwurf des neuen Bankstatuis aus obiger Ursahe kaum befinden. Dagegen werde das neue Quotengesetz blos eine Abänderung wegen der Steuer-Restitution enthalten. Dem Ent- wurfe des Zoll- und Handelsbündnisses liegt der Anhang der neuen Bier-, Zucker- und Branntweinsteuer zu Grunde.

Der Pester Lloyd macht folgende Mittheilung: Nach län- geren Verhandlungen zwischen dem gemeinsamen Kriegs-Mini- sterium und dem ungarischen Landesvertheidigungs-Ministerium find die Bestimmungen des §. 18 des Gesegzartikels XL[l. vom Jahre 1868 zur Geltung gekommen, und wird fortan bei der dienstlihen Korrespondenz zwishen dem gemein- samen Heere und der ungarishen Landwehr rückfihtlih der Sprache die vollste Reciprocität zum Grundsay er- hoben. Es müssen demgemäß alle in der Dienfisprache der ungarischen Landwehr, also in ungarischer, respektive kroatischer Sprache verfaßten Zuschriften ausnahmslos von allen Truppen- kommaudin und Behörden des gemeinsamen Heeres angenommen werden; sie sind indeß nur in der Dienstsprache dieses Heeres, also deuts, zu erledigen. In Würdigung der obwaltenden Ver- hältnisse hat jedoch das ungarishe Landesvertheidigungs-Mis- nisterium angeordnet, daß diejenigen Zuschriften, welche an die Behörden und Kommanden außerhalb der Länder der Stephans- krone oder welche außerhalb und innerhalb dieser Länder an Truppentheile gerichtet sind, die sh nicht aus Ungarn ergänzen, neben dem ungarischen, respektive kroatishen Originaltexte halb- brüchig au die deutsche Ueberseßung enthalten sollen.

Großbritaunien und Jrland. London, 31. Juli. Sir Salar Jung hat sich in Osborne von der Königin ver- absciedet, da er nah Jundien zurückehren wird. Der Oberst- Kommandirende Herzog von Cambridge hat in einem Hee- reóbefehl seine große Zufriedenheit mit den Erfolgen der kürz- lihen Mobilmachung ausgesprochen.

=— Das Unterhaus nahm vorgestern zur Erledigung der dringenden vorliegenden Geschäfte zum ersten Male in dieser Sesfion den Sonnabend zu Hülfe. Die Einzelberathung der Elementar-Unterrihtsvorlage wurde wieder aufgenommen und nach etwa einftündiger Diskussion geschlossen. Dieselbe hat zwölf Sißzungen hindurch gewährt.

Der „Nile“ brachte Herrn G. A. Sealy, Mitglied der Legislatur von Barbadoes, nach England, der im Verein mit den \{chon früher daselbst angekommenen Herren Jones und Phillips, ebenfalls Mitglieder der Legislatur, eine Deputation bildet, welhe der Königin eine Petition der Legislatur zu überreichen beabsihtigt, worin die Niedersezung einer Königlichen Kommission zur Unterfuhung des Verhaltens der Regierung des Gouverneurs Hennessy in Bezug auf das Projekt für eine. Konföderation der westindi- \hen Inseln nahgesuht wird. Die Petition beschul- digt den Gouverneur Hennessy eines willkürlihen und unkonstitutionellen Verfahrens in den Mitteln, deren er zur Ausführung des Konföderationsprojekts \sih bedient habe. Sie

bemerkt, daß er die Gesellshaft auf der Insel desorganifirt und die Neger gegen die weiße Bevölkerung erregt habe, indem er ihnen vorspiegelte, daß eine Opposition gegen die Föderation Opposition dagegen bedeute, daß die Neger ihre Rechte erlangten. Sie beschuldigt izn auch, die Richter durch Veränderung der von denselben über Verbrecher verhängten Urtheile der Ver- atung preisgegeben zu haben.

Die neuesten Zeitungen vom Kap der guten Hoff, nung melden, daß Hr. Malteno, der Premier des Ministeriums der Kapkolonie, England im Einklange mit einem Beschlusse deg Kap-Parlaments besucht, um mit dem Earl von Carnarvon übex die Schlihtung des Diamantenfeldersireites mit dem Orange=z Freistaat, dessen Präsident, Hr. Brand, seit einiger Zeit in England weilt, zu konferiren. Hr. I. Paterson Cader, derx Führer der Opposition im Kap-Parlament, besucht England als inofficieller Delegirter der östlihen Provinz, um mit Earl Carnarvon Über die projektirte Ko nferenz zur Bildung eines südafri. kanishen Staatenbundes zu konferiren. Hr. Shepstone, Sekretär für innere Angelegenheiten in Natal, Hr. I. Robinson und Hr. J. W. Ackermann kommen in England als Delegirte Natais zu Gunsten der Konföderation an. Eine Anzahl von landwirthschaftlihen Emigranten soll von der Kap-Regierung zur Einwanderung gewonnen werden, und eine Importation jugendliher Auswanderer aus Großbritannien ift gleihfalls vom Parlament beschlossen worden. Ein Vorschlag, chchinesishe und Kuli-Arbeiter einzuführen, is von der Regierung erfolgreih bez kämpft worden.

Aus Calcutta wird der „Times“ unterm 30. Juli auf telegraphishem Wege berichtet: Die neuesten Nahrichten aus Khelat meiden den vollständigen Erfolg der Misfion des Oberfien Sandeman. Der Khan und die Häuptlinge find versöhnt und die konfiszirten Güter zurückerftattet worden. Die alten Privilegien find bestätigt und es wurde ein allgemeiner Frieden proklamirt. Die Versammlung in Mustung hat fih aufgelöst und die Häupilinge find heimgekehrt. Oberst Sande- man begleitete den Khan nah Kheiat. Das if #\o weit be- friedigend, aber kleine Ursachen dürften die frühere Anarchie und Verwirrung aufs Neue erzeugen. „Wenn unsere Mission ganz und gar abberufen wird, werden die alten Fehden bald wieder ausbrehen.“ Mittlerweile bleibt“ der Bolan- Paß dem Handel eröffnet und die Grenze von Scinde i| frei von Aggresfion. Die Afridies sind wieder thätig. Sie griffen eine von zwei Reitern und Sepoys eskortirte Reise: gesellshaft an. Ein Sepoy wurde getödtet und ein anderer verwundet. Die Reiter und Wasserträger suhten das Weite, Die Truppen an der Grenze rückten, als fie das Feuern hörten, aus, aber die Afridies bewirkten iren Rückzug nach den Hügeln. Der Gesandte von Yarkund kam am 5. Juni in Sanju, nörd- lich vom Karakorum-Paß, an. Kapitän Molley, dex britische Kommissär in Ladakh, begleitet ihn nach Jadien. Neulih courfirten Gerüchte über den mißlihen Gesundheitszustand des Vizekönigs, der, wi- es hieß, ihn zwingen würde, seinen Posten vor der nächsten heißen Saison niederzulegen. Der „RPioneer“’ dementirt jet autoritativ das Gerücht mit dem Be- merken, daß Lord Lytton nur an einer Indisposition leide, die seine Thätigkeit niht beeinträchhtige. -

E R EN I m : s Franfkreich. Paris, 31. Juli. Das amtliche Blatt veröffentlicht heut das Geseh bezüglih der internationalen Ausstellung von 1878; ferner ein Geseß, welhes dem Mi- nifter des Jnnern einen Supplementarkredit von 150,000 Fr., ein anderes, welhes verschiedenen Ministern Supplementarkredite, und ein drittes, welhes dem Kriegs - Minister einen Kredit von 7,401,000 Fr. Zuschlag zu den Festseßungen des Budgets von 1875 eröffnet, und Annullirung einer gleihen Summe auf die Kapitel §8. 6, 7 und 19 desselben Budgets bestimmt.

Wie bereits telegraphisch gemeldet wurde, hat der Konseilspräfident Dufaure, welher Deputirter if, die Kandidatur für den durch Casimir Periers Tod erledigten Sig im Senate angenommen; die konftitutionelle Gruppe so wie das reine rechte Centrum haben beshlo}ssen, Dufaure's Kandidatur zu unterstüßen; die Wahl gilt für gefichert.

Der Senatsaus\ch{chuß zur Prüfung des Gemeinde- gesezes hat sih gegen die Hinausschiebung der Berathung aus- gesprochen. Der Marschall-Präsident entgegnete auf Be- fragen des Finanz-Ministers Leon Say wegen Vertagung der Deputirtenkammer, da die Kammer bis zum 21. RKugust nicht mit der gewissenhaften Berathung des Budgets fertig werden könne, so möge fie sich am 8. statt am 12. August vertagen. Die drei Abtheilungen der Linken find einstimmig für den. 8. August. Die Kommission zählt fünf Mitglieder, die sämmtlih Bonapar- tisten sind, in ihrer Rechten ; die Legitimisten, Orleanisten, Klerikalen haben niht eine Stimme in der Kommission. Der Vorfigzende, Hr. de Parieu, ist ein früherer Minister des Kaiserreichs, die Herren Mège und Brame waren es ebenfalls. Ob indessen die Meinung einer so zusammengeseßten Partei von Einfluß auf den Senat sein wird, muß eben abgewartct werden, wird aber von der „JIndep.“ bezweifelt. G

Die Deputirtenkammer nahm heute bei Fortsezung der Berathungen über das Budget des Unterrichts-Mi- nisteriums das Kapitel 30 nah einer eingehenden Äuseinan- dersezung an, in welcher der Unterrihts-Minister Waddington die Entwicklung des Unterrichts in der Geographie, in den leben- den Sprachen, im Turnen und die Einrichtung eines höheren Elemeatarunterrichts versprach. Kapitel 32 und 33 wur- den ohne Weiteres angenommen ; bei Kapitel 34, welches von den auf allgemeinen Fonds übertragbaren Ausgaben für den Elementarunterriht Handelt, vertheidigte Dreo (Nadifaler) das Amendement, welches 200,000 Frcs. zur Er- rihtung von Normalschulen für Mädchen verlangt; Frankreich befiße nur 97 Normalschulen für Mädchen ; 3000 Ge- meinden Frankreihs seien vollständig ohne Mädchenshulen. Der Berichterstatter gab über diesen Gegenstaud einige nähere That- sachen: es fehle hier durhaus an Hülfsmitteln; blos vier Depar- tements hätten zu diesem Zweck Anerbietungen gemacht; indeß werde der verlangte Kredit vorläufig genügen. Dreo zog sein Amendement zurück. Guichard (Republikaner) verlangte 900,000 Fres. zur Unterstüßung der Gemeinden, welche die vollftändige Unentgeltlichkeit des Unterrichts in ihren Schulen eingeführt Hätten; er bemerkte dazu: Mehr als eine Million Kinder gehen nicht in die Shule und 60 Prozent der Konskribirten können niht lesen, \{chreiben und rechnen. Nach einigen Bemerkungen des Minisers und Berichterstatters ermäßigt Guichard den verlangten Kredit auf 5000 Frcs,, blos damit grundsägßlih gezeigt werde, daß die Regierung den armen Gemeinden zu Hülfe kommen wolle. Das \o abgeänderte Amen- dement wurde mit 427 gegen“ 136 Stimmen angenommen. Hierauf kommen Kap. 34, 35, 36 und 37 ohne Weiteres zur Annahme, worauf eine Tagesordnung angenommen wird, wona der Ergänzungskredit des Kriegs-Ministeriums von 32,516,308 Fres. auf die nächste Tagesordnung gesetzt werden soll.

Verf’ailles, 1. August. (W. T. B.) Die Deputirten- kammer berieth heute den vom Kriegs-Minister de Cissey ge- forderten Supplementarkredit von 32 Millionen Francs. Die Budgetkommission hatte |{ch mißbilligend darüber ausge- \prohen, daß der Sold gewisser Corps vom Kriegs-Minister ohne vorgängige Genehmigung der Kainmern erhöht worden

war. Nachdem E Eut G fch mit dem von der Budgetkommisfion aufgestellten Prinzipe, daß ohne vor- herige Genehmigung der Kammern keine Ausgabe gemacht werden dürfe, einverstanden erklärt hatte, zog die Budgetkom- mission die von thr beantragten Abstriche theilweise zurück und wuroe der Kredit scchließlich einstimmig bewilligt. Die artei der Linken hat ein Wachsamkeitscomité (Comité e vigilance) fonstituirt, welches die Bestimmung haben soll, für die Dauer der Parlamentsferien die frühere Permanenz- kommission zu erseßen. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Berathung des Militäretats begonnen. Der De- putirte Léon Renault belämpfte in einer längeren Rede die von derx Budgetkommission beantragten Abstriche. Die Diss kussion soll am nächsten Donnerstag fortgeseßt werden.

Spanien. Der Empfang der Königin Isabella auf spanishem Boden hat mit großen Feierlichkeiten stattgefun- den. Um 28. Juli begab sich der König von Madrid nah Santander, am 29. traf die Königin in St. Xean de Luz ein, wo fie, von den Spizen der Civil- und Militärbehörden empfangen, sich nach kurzem Aufenthalt an Bord der Panzer- fregatte „Numantia® nah Santander einschifste. Dort nahmen der Köntg und seine Schwester sowie die Generäle Quesada, Moriones und Novaliches sie bei ihrer Landung in Empfang. Nachgem man in der Kathedrale die Messe gehört, folgte Abends ah QS des Theaters, worauf man fih nah dem Sardinero egab.

Îtalien. Rom, 2. August. (W. T. B.) Nach Mel- dung der „Agencia Stefani“ ist in dem Befinden des Kar- dinals Antonelli Besserung eingetreten, die Nachrichten von einer Erkrankung des Papstes werden als unbegründet bezeichnet.

Türkei. Vom Kriegs\chauplaßze wird telegraphisch gemeldet :

Wien, 1. Auguft. (W. T. B.) Nah einer neuesten, der „Politischen Korrespondenz“ aus Zara zugegangenen Meldung hat fich Moukhtar Pascha, welcher leiht verwundet is, von Bilek nah Trebinje zurückgezogen und erwartet dort 1000 Mann Baschi-Bozuks. Die Montenegriner haben gestern B iilek angegriffen, weshalb Moukhtar Pasha mit aller seiner Truppenmacht neuerdings dorthin abrückte. Der Kawpf bei BVilek, welcher noch heute Vormittag andauerte, ift unentschieden geblieben. In Trebinje sind auf Befehl der Behörde sämmt- liche Kaufläden ge\{chlossen. Man scheint daselbst auf das Aeußerste gefaßt zu sein.

Paris, 1. August. (W. T. B.) Eine Meldung der „Agence Havas“ aus Ragusa vom heutigen Tage bestätigt, daß Moukhtar Pascha mit seinen wieder gesammelten Truppen nach Bilek marschirt ist. Derselben Meldung zufolge haben die Türken bei Majdan in Bosnien mehrere hundert Christen ermordet und die umlicgenden Ortschaften in Brand gesteckt. 5000 Türken haben die Insurgenten bei Kamen- grad angegriffen. Nah einem dreistündigen Kampfe unterlagen die Insurgenten. Die Türken haben das Dorf Trubar (un- weit der Westgrenze Bosniens und der Unatz) angezündet, die a desselben haben fich auf öfterreihisches Gebiet ge-

ühtet.

London, 1. August. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau” meldet aus Semlin von heute, durch Privatnachrichten werde bestätigt, daß Pandirolo von den Serben geräumt, Sienigya fortdauernd noh cernirt sei. Ein Kommissar des griechischen Comités, Namens Pano Colocotiomix, sei gestern in Belgrad angekommen.

Die „N. Fr. Pr. s\{hreibt: Die entscheidende Aktion hat begonnen. In der Nat vom Freitag zum Sonnabend (28. bis 29.) hat die bei Nisch

konzentrirt gewesene türkishe Armee bei Gramada1, der serbishen Grenzstation auf der Straße von Nish nach Knjazevac {(auch Gurgusovac), die Grenze überschritten und, noch an dem- selben Tage die Serben geshlagen. Die Avantgarde-Brigade des Generals Hafiz Pascha der von Ahmed Ejub kommandirten Nischer Armee stieß nämlich noch am Sonnabend Mittags bei dem Orte Gramada selbst auf die serbische Avantgarde, welche sowohl die Stadt als auch zum Schuze derselben aufgeführte Befestigungen besetzt hielt. Nach sechsstündigem Kampfe nahmen die Truppen Hafiz Paschas zuerst die Vershanzungen und dann den Oct selbst, dessen militärishe Etablissements von den Türken zerstört wurden. Der Ort und dessen Einwohner wurden geschont. Die Serben zogen fich nah Dervent, sieben Kilometer nordöftlih von Gramada, zurü.

Als Vorrückungslinien der türkishen Armee- Corps werden von der „N. Fr. Pr.“ folgende Straßen be- zeihnet : 1) Nisch—Gramada—Dervent—Ponor—Knjazevac ; 2) Ak Palanka—Babina Glava—Pandiralo—Povor—Knjazevac und 3) Pirot —Cerova— Pandiralo—Povor—Knjazevac. Die Offensive auf der ersten Straße wurde am Sonnabend be- gonnen, und dürfte die Vorrückfung auf den anderen beiden Straßen, welche sich auf serbishem Gebiete bei Pandiralo vereinigen, gestern erfolgt sein. Wenn es Ahmed Ejub Pascha gelingt, in den nächsten Tagen Knjazevac zu besegen, so würde hiedurch auch die direkte Verbindung der Nischer Armee mit dem Widdiner Corps Oman Paschas bei Veliki-Jzvor, die bisher nur auf Umwegen, nämlich um die Südostspize Serbiens herum, möglih war, hergestellt werden und der Ober- Kommandant Abdul Kerim Pasha das Signal zum allge- meinen Angriff und zur konzentrishen Vorrückung sämmilicher Corps und Kolonnen gegen das Morawathal, das Herz Serbiens, geben fönnen.

In der Terrainstree von Gramada bis Dervent wer- den die Serben kaum im Stande gewesen sein, der türkischen Offensive gegenüber Stellung zu nehmen, da das Terrain von Gramada bis zum Spvrljicki-Timok stets abfällt. Da- gegen is es nicht unmöglih, daß die serbishen Vortruppen bei Dervent selbs, das am rechten Ufer des Spvrljicki-Timok und 397 Meter über dem Meere liegt, Position zu nehmen versuchen werden. Die Stellung bei Dervent bietet derx ser- bischen Vertheidigung große Vortheile, wäre jedoch in demselben Augenblicke unhaltbar, als türkishe Kolonnen die Grenze bei Pandiralo überschreiten und gegen Ponor vorrücken (was bereits erfolgt ist). Große und entscheidende Kämpfe dürfen übrigens erst in der Umgebung von Knjazevac vorkommen, da das Terrain erft hier offener und für die Bewegung größerer Truppenmassen geeignet wird,

_ Eine Mittheilung des „Golos“ verbreitet einiges Licht über die lezten Operationen auf dem herzegowinischen Kriegsshauplaße. Nach seiner Niederlage bei Nevesinje, an der Bisina, zog sich Fürst Nikita nah Korita zurück, um hier seine Schaaren zu organisiren. Korita liegt \üdlich von Gaczko-Metokia, auf halbem Wege nach Bilek und von jedem dieser beiden Orte beiläufig 2 bis 21 Meilen entfernt, Da

Moukhtar Pascha die Montenegriner auf ihrem Rückzuge bereits einmgl zum Kampfe zwingen wollte, diese aber ein Gefeht nicht annahmen, sondern ihren Rückmarfch fortseßten, beschloß Moukhtar Pascha, die Schaaren Nikita's zu umgehen und fie auf diese Art zur Schlaht zu zwingen. Moukthar Pasha beschte daber Bilek und hat fih damit qul de von Korita nah Banjani, respektive Monten:gro führende Rückzugslinie Nikita's gestellt. Als nun die Montenegriner ihren Rückmarsch nah Banjani fortseßen wollten, trafen sie bei Vrbica auf die Türken, die ihnen ihren Rückzug bereits verlegt hatten. Untex diesen Unifiänden er- \heint der Sieg Nikita's in gänz eigenthümlihem Lichte. Er war nämlich gezwungen, \sich durchzushlagen, was ihm, wohl nicht ohne große Verluste, gelungen sein soll. Moukhtar Pasha hat \fich, wie verlautet, wieder nah Bilek zurückgezogen. Um über den Erfolg der Operation Nikita's urtheilen zu können, müßte man wissen, wo dieser heute steht; denn wenn es ihm niht gelungen is, Banjani zu erreihen, so stehen die Sachen für ihn ebenso ungünstig, wie vor dem Gefechte bei Vrbica, da Moukhtar Pasha noch immer in Bilek, also noch beinahe auf dem Schlachtfelde in Flanke und Rücken seines Gegners steht.

Ueber das Gefecht bei Vrbica zwishen den Truppen Moukhtar Paschas und den Schaaren Nikita's erhält die «Pol. Korr.“ aus Ragusa einen vom 31. d. M. datirten Be- riht, dem wir Folgendes entnehmen:

Der Rückzug der Montenegriner von Nevesinje, welche mit Leichtig- keit Mostar hâtten okkupiren können , schien ein solches Unglück, daß es allenthalben im montenegrinischen Lager bereits hieß, es würden Friedensverhandlungen eingeleitet werden, Dieser Rückzug wäre den Montenegrinern auch verhängnißvoll geworden, wenn Moukhtar Pascha die Montenegriner niht aus den Augen ge- lassen hätte. Es war seine Absicht, ihnen den Rückzug nah Montenegro abzuschneiden und in dieses Land einzufaklen. Die Montenegriner \{chlugen den kürzesten Weg auf ihrem Rückzuge ein, während die Türken in paralleler Richtung und in einer Entfernina von einer halben Stunde von denselben marschirten, ohne daß die Einen von den Anderen Kenntniß hatten, Moukhtar Pascha ging von der Annahme aus, daß er nur mit einem Theile der montene- grinishen Streitkräfte zusammenstoßen würde und, daß Peko Pay- lovih und noch andere Wojwoden zurückgeblieben wären. Anstatt desen - vereinigten sih alle montenegrinischen Abtheilungen mit einer unglaublihen Schnelligkeit, als Selim Pascha eintraf, um sie in der Flanke anzugreifen. Er traf viel früher auf dem Kamplaßt ein als Moukhtar Pascha; seine Truppen wu: den deshalb umzingelt und durchbrohen und er selbft getödtet. Diesem ersten Angriffe folgte ein folches Gemeßtel, wie man es fich nicht leiht vorstellen kann. Eine große Zahl von türkischen Offizieren, unter welchen auch noth ein Pascha und zwei Oberste waren, wurden niedergemaht. Moutkhtar Pascha ist übrigens nicht verwundet worden. Einige sagen, daß er fich gestern Früh in Trebinje befand, um etwas Truppen zu sammeln; Andere ließen ihn in Mostar sein. Als das Wahrscheinlichste clt, daß er mit tem Reste seiner Armee in Bilek ist. Jn Betreff der Verluste behaupten die Türken, acht Bataillone gerettet zu haben. Die Montenegriner behaupten, nicht mehr als 200 Mann an Todten und Verwuxdeten verloren zu haben.

Der „Pol. Corr.“ entnehmen wir lungen aus Belgrad vom 29. Juli:

Nach den mit g1ößter Ausdauer foctgeseßten Rüstungen muß man annehmen, daß die Regierung fich auf cinen langwierigen Krieg gefaßt macht. Jun der oberen Festung ist jeßt ein großartiges Laboratoriuzi: für die Erzeugung von Patronen errichtet worden. Mehrere hundert Aub.iter sind dort Tag und Nacht beschäftigt. In den Gewehrfabrikcn und dcr Kanonengießcrei arbeiten 800 Arbeiter rastlos, sowie andcrerseits riesize Quantitäten von Mehl, Hafer, Heu, Pôcke!fleisch, Konserven und andere Mundvorräthe, fortwährend angeschafft werden. Es tritt daher deutlich zu Tage, daß die ser- bische Regicrung auf eine längere Dauer des Krieges sich vorbereitet. Seit dem 18. d. erwartete man bei Alexinat und in Zaitschar einen wuchtigen eue Abdul Kerim Paschas und heute, am 29., herrscht noch im Südosten Serbiens dieselbe unbeimlihe Stille, wie seither. Nach Aussage eines am 26. bei Veliki-Iswor gefangenen Türken wär- die türkische Armee in fortwährenden Proviantnöthen, auch fehle Munition und Feldrequisiten.

Nach den leßten Meldungen is die Morava-Armee in engster Verbindung mit dem Armee-Corps am Timok, Das Kommando führt General T schernajeff, der sih seit einigen Tagen in Zait- \char aufhält. Tschernajef hat in voriger Woche alle Armee-Corps besucht und deren Stellungen besichtigt. Jn einem achtfiündigen Kriegsrathe wurde ein neuer Kriegsplan festgestellt. Der Tod des Brigadiers Schando Jaro mir, welcher die hiesige Brigade zweiter Klasse befehligte und am 23. bei Zaitschar fiel, hat hi:r aligemein \{chmerzlich berührt.

Heute sind zwei Freiwilligen-Corps in der Stärke von je 650 Manu zur Jbar- Armee abgegangen. Der neu ernannt? Kom- mandant dieser leßteren, Oberst Ts\chol- k Antics, hält Sjeniza eng cernirt und soll sich Derwish Pascha dort befinden,

Zwischen Alexinaß und Nis ch erbeuteten die Serben bei 3000 Wagen Heu, das nun für die Artillerie- und Kavalleriepferde der Morava-Armee auf drei Monate ausreichen dürfte.

Nufland und Polen. St. Petersburg, 31. Juli. Der Aufenthalt der dänishen und griehishen Maje- stäten in St. Petersburg und Peterhof wird, wie der „Herold“ meldet, sih auf drei Wochen erstrecken, so daß dieselben Sonntag, den 20. August, wieder an Bord der Fregatte „Jülland“, gefolgt von der „Sleswig“ zur See nach Kopenhagen zurückehren würden.

Jm Reihsrath isst in einer der lehten Sizungen vor dem Beginne der Sommerferien der Beshluß gefaßt worden: das Land der Bu kejewshen nomadisirenden Kirgisenhorde, welhes bisher noch zu 1russish-afiatishem Befiy gerechnet wurde und unter Militärverwaltung stand, mit dem Gouvernement Astrachan, d. h. mit dem europäischen Rußland, zu vereinigen und unter Civilverwaltung zu stellen. Diese Bukejewsche Horde, welhe bisher noch einen Schein von Selbständigkeit bewahrt hatte, ist der lehte Ueberrest jener großen Mongolenherrschaft des Tschingis-Chan und Batu: Chan, welche Qn halb Asien und Europa, auch Rußland selbft, unterworfen yatte.

Der seit einigen Monaten \ehr gesteigerte Karawanen- verkehr von Chiwa nah Krasnowodsk, und umgekehrt, hat, in Folge vereinzeiter Vorkommnisse, welhe auf eine neue -Er- starkung des Räuberwescns der nomadisirenden Turkomanen ließen lassen, einen ausreihenden Schuß und größere mil i- tärishe Eskortirungen der cinzelnen Karawanenzüge nöthig gemacht. Es sind in Folge dessen von der Regierung zur he- ständigen Beshüßung dieses Karawanenweges sechs Compagnien Infanterie, eine Sotnie Kosaken, dazu gehörige leihte Artillerie und Raketengeshüße abgeordert worden, die auf der Hälfte des Weges einen durh Wachthäuser und Verschanzungen gedeckten Sammelpunkt in der Nähe von Usboi, an dem alten versiegten, Bette ces Amu, erhalten follen.

1. August. (W. T. B.) Die Nachrichten österreichischer Blätter, wonach unter der mohamedanishen Bevölkerung imKaukasus ein Aufstand ausgebrochen sein sollte, entbehren

folgende Mitthei-

der Begründung. Wohl aber ift es konstatirt, daß türkische Emissäre versucht haben, dort Unordnungen hervorzurufen.

Amerika. Washington, 1. August. (W. T. B.) Die Staatsschuld der Vereinigien Staaten hat sih im ver- gangenen Monat um 1,138,000 Dollars verringert. Im Staats\chaße befanden sch am Schlusse des Monats IJulf 99,843,000 Dollars in Gold und 12,590,000 Dollars in Papiergeld.

Der New-Yorker Korrespondent der „Daily News“ telegraphirt unterm 30. d.: „Es haben weitere Konferenzen zwischen den demokratishen Kandidaten für die Präsident \chaft stattgefunden. Der Vize-Präfident hat ermangelt, die bestehenden Differenzen zu begleihen und die Anerkennung seiner Kandidatur i} vershoben worden.“

New - York, 1. August. (W. T. B.) Der vorma- lige Kriegs-Minister Belknap ift von der wegen Bestehung und Simonie gegen ihn erhobenen Anklage durch den Senat freigesprochen worden. Zwar \pra:hen 35 Senatoren das Schuldig und nux 25 das Nichtshuldig aus. Da zu einer Ver= urtheilung aber eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stim- menden erforderlih is und diese Mehrheit niht erreiht war, mußte seine Freisprehung erfolgen. :

Aus Lima bringt der am 29. d. in Plymouth ange kommene westindishe Postdampfer „Nile“ folgende bis zum 27. Juni reichende Nachrichten: Es circulirte daselbs ein Gerücht, daß die Regierung von Nicaragua einen Kontrakt mit einer Privatfirma für die Herstellung eines inter-= ozeanishen Kanals quer durch das Land abgeschlossen habe. Der Vorschlag der peruanischen Erxekutive, den Ausfuhr- zoll auf salpetersaures Natron auf 125 Cents per Centner und nicht auf 140 Cents, wie angenommen wurde, zu erhößen, wird im Kongreß noch immer diskutirt. Man erwartete, die Maßregel würde zur Annahme gelangen. Salpetersaures Natron würde dann, wie man glaubt, eine Quelle großer Gin= fünfte für Peru und der Werth des Guanos erhöht werden.

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Die Nr. 59 des „Amtsblatts der Deutschen Reich83- Post- und Telegraphenverwaltung* hat folgenden Inhalt: Verfügungen vom 27. Juli 1876, Statistik über den Postauftrags- verkehr. Eröffnung der Eisenbahn Marienburg in Westpreußen und Deutsch - Eylau. Eröffnung der Eisenbahn Laut:rburg im El saß-Straßburg im Elsaß. Sorgfältige Abfassung der Wckch- tigungê-Télegramme.

Statistische Nachrichten.

Das italienische Ministerium für Handel, Gewerbe und Ackcrbau hat eine v rgleicheude Uebersicht der Heirathen, Geburts- und Sterbefälle der Jahre 1873 und 1874 veröffentlichen lassen. Demnach wurden im Jahre 1874 in ganz Jtalien 207,997 Ehen abgeschlossen Was den Bildungszustand der Brautpaare betrifft, so bezeihnen die Provinzen Turin und Potenza (in Unteritalien) das Maximum und Minimum, indem hier von 109 Brautpazren 90 und dort nur 24 des Lefens und Schreibens unkundig waren. Die Zahl der Geburten belief sich im Jahre 1874 auf 951,658 = 33,0930 weniger als im Jahre 1873, 69,254 derselben waren unehelihe. Die méäisten unehelichen Geburten kamen auch dieses Jahr wieder auf die Marken, dann folgt Umbrien, die Emilia, Rom und die Insel Sardinien. Im Ganzen wurden 69,254 außerebelihe Kinder geboren, und 26,991 famen todt zur Welt oder starben während oder gleich nah der Geburt. Die registrir- ten Todesfälle beliefen sich im Jahre 1874 auf 827,253, 13,280 oder 1,63 °/9 mehr ols im Jahre 1873. Durchschnittlih kam éin Sterbefall auf 33 Pers. also 3,33 °/9; 114 Perfonen, 39 männlichen und 75 weiblichen Geshlechts, wurden 100 od.r mehr Jazre alt: 6 Jung- gesellen, 2 verheirathete Männer, 31 Wittwer, 9 alte Jungfrauen, 3 verheirathete Frauen und 63 Wittwen. 7624 Männer und 2427 Frauen, zusammen 9451 Petsonen starben eines gewaltsamen Todes und 6988, nämlich 5026 männlichen und 1962 weiblihen Geschlechts zufällig, durch Schlaganfälle, Ertrinken, Verbrennen u. #. w., 140 Fälle weniger als im Jahre 1873. Jn Folge von Selbstmord starben 1015 Personen, 762 männlichen und 253 weiblichen Geschlechts. Schließlich bemerkt der Bericht, daß in Folge der Mehrgeburten als Sterbefälle, die sich seit Einführung der Volkszählung im Jahre 1871 alle Jahre herausgestellt haben, die Bevölkerung Italiens im Jahre 1874 um 124,405 Individuen, 67,550 männlichen und 96,899 weiblihen Geiclech:8 g- wachsen ist, so daß sie am 31. De- zember 1874 fih auf 27,289,958 Individuen, d. h. 13,729,881 männ- lichen und 13,560,077 weiblihen Geschlechts belief, von denen BEOLIOES in den Stadt- und 18,800,385 in den Landgemeinkten eben,

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Halle, 27. Juli. Am heutigen Tage beging der ordentliche Professor der Physiologie, Geheimer Medizinal-Rath Dr. Volfk- mann, sein 50jähriges Doktorjubiläum.

Wie der „Danz. Ztg.“ aus Culm berichtet wird, wurden unter Leitung einer besonderen Kommission, bestehend aus dem Kreislandrath von Stumpfeldt, den Herren Dr, Lifsauer und Stadt- - rath Helm, beide leßtere aus Danzig, am 20, und 21, dieses Monats im archäologishen Interesse verschiedene Nachgrabun-

do:tigen Kreise unternommen. Die dabei gemachten

en im

Funde waren diesmal von einer so be? eutenden Ausbeute, wie noch nie zuvor, Die Ausgrabungea erstreckten sich vorzugsweise auf vecschiedene Besißungen in den Dorffchaften Podwitz, Lunau und vor allen in Kaldus, in nächster Nähe am Lorenzberge, in der Richtung nah Althausen zu. Es wurden eine Masse von Urnen, Waffen, ferner Gegenstände der ve:shiedensten Art ven Bronze, Eisen, verrottetem Leder und Glas vorgefunden. In Kaldus am Lorenz-

berge insbesondere wurden über 30 Gräber aufgedcckt, 1 bis 14 Fu tief unter der Erdoberflähe. Die meisten Gerippe, umgeben von Waffen und Gegenständen der verschiedensten Art, lagen noch in dem ursprünglichen natürlichen Zusammenhange und haiten meist eine Länge von mindestent 6 Fuß. Hr. Dr. Liffauer \{äßte das Alter der Gräber um die Zeit zwischen dem s. und 12. Jahrhundert. Diese 1cih- lich vorgefundinen Gegenstände wurden sogleich auf das Sorgfältigste gesammelt und geordnet und befinden sich augenblicklich in der Woh- nung des Landraths v. Stumpfeldt, von wo fie, wie dies {hon bei früberen Gelegenheiten gesheher, wieder an den archäologischen Verein zu Danzig übecmittelt werden foll:n; desgleichen wurden 10 bis 12 Stück sehr wohl erhaltene Schädel sofort auf der Fundftätte verpackt und gleichfalls nah Danzig befördert, um einer genauen wissenschaft- lien Prüfung urterworfen zu werden.

Einer Korrespondenz der „Göteborgsp.* zufolge wird binnen Kurzem der erste Theil eines Werkes von Junius unter dem Titel : „Carl XV. und ‘die politischen Ereignisse von 1814 bis 1876* erscheinen. Der Pscudonym Junius, seit langer Zeit Kor- respondent der A englishen und amerikanischen Blätter aus den verschiedensten Theilen der Erde, stand von 1856 bis zz Anfang des Jahres 1872 in nahec Beziehung zu König Carl XV. von Schweden, welcher ihm viele politishe Unterhandlungen, u. A. direkt mit Kaifer Napoleon III., anvertraute. Dur die Herauêgabe di-fes Werkes entledigt sih Junius eines Auftrages, welchen ihm der verstorbene König gegeben hatte.

Land- und Forstwirthschaft.

Pro6kau. (Von der laudwirthschaftlihen Akademie.) Das gegeawärtige Semester zählt 73 Hörcr, und zwar 37 aus