Destéxceichs zur Schließüng des Kleker Hafens, indem sie in Wien die Ermächtigung ausuchte, dort Truppen auszuschiffen. Es ift dem- nach unbestreitbar, daß der Hafen von Klek niht der Türkei ehôre, daß diese Macht in keinerlei Weise das Recht zur infahit und Stationirung ihrer Schiffe in diesen Hafen besiße und daß, wenn in leßterer Bezichung von Desterreich mehrfach die Erlautniß gegeben wurde, dies lediglich aus Ge- fälligkeit und aus keinem anderen Grunde geschah. Zum Ueberflusse Fei bemerkt, daß die türkische Regierung seibst aus den alten Ver- trägen Anlaß genommen, um gegen Griechenland gerade so vorzu- gehen, wie Oesterreih in diesem Momente handelt, Hier ift die Antwort, welche Aali Pascha am 22. März 1871 auf eine Pro- flamation des griehischen Gesandten wegen der türkischen Weigezuna, die gricchishen Schiffe im Golfe von Arta einlaufen zu lassen, ertheilt hat: „Was den Kern der Frage bctrifft, so glauben wir uns nach den Bestimmungen des internationalen Rechtes und der von anderen Nationen beobachteten Praxis zu be- nehmen, wenn wir von dem Rechte Gebrauch machen, Kriegsschiffen die Einfahrt in den Golf von. Arta zu gestatten oder zu ver- weigern." Hierauf citirte Aali Pascha den §. 40 des Völkerrechtes von Martens und fügte binzu: „Mit Hülfe dieser Bestimmurg und ihrer Praxis werde ich Ew. Exzellenz in Erinnerung brirgen, was an den Küsten von Klek und der Suttorina vorgeht. Die beiden Ufer der türkischen Küste gehören Oesterreich, die türkiscen Schiffe können ohne Erlaubuiß dieser Macht do1t nicht einfahren und diescs Verbot ers ftreckt sih selbs auf die Handels\cchiffe.* Das gute Recht Oester- reichs in dieser Frage ist demna weit über die Gebühr festgestellt. Prag, 1. August. Erzherzog Albrecht is heute Nah- mittags nach Therefienstadt abgereist. Der Erzherzog inspizirt die Garnisonen von Josephfiadt, Kommotau, Eger, Pilsen und
Budweis.
Pest, 1. August. Von „sehr be ahtenêwerther Seite“ geht dem „Pest. Lloyd“ aus Wien ein auf den publizistishen Streit über die Annexion Bosniens bezüglihes Schreiben zu, dem wir die nachfolgenden Sätze entnehmen :
„Doß die leitenden Kreise in Oesterreih-Ungarn während der ganzen Dauer der orientalischen Wirren eine von allen Seiten aner- kannte, von mancher Seite überrascht angeftaunte, ja vielleicht fogar mitleidig belächelte selbstlose Halturg befolgt haben, wird wohl Niemand in Zweifel ziehen körnen. Wären in irgend- welchen maßgebenden Kreisen Oesterreih-Ungarns je ernste Inter- ventions- oder Okkupationsgedanken zur Herrschaft gelangt, wahrlich, an entschiedener und nachaltiger Ermunterunz ?u deren Verwirk- Tlihung hätte es im Verlaufe der letzten zwölf Monate nicht gefehlt, und zur Stunde noch besteht in manchen entschieden türkenfreundlichen Kreisen die Ueberzeugung, daß ein afiives Eintreten Oestcrreich-
* Ungarns im verfloffenen Herbst die Jnfurrektion am leichtesten zum Stillftande gebracht und so den europäischen Frieden am sichersten ge- wahrt haben würde.
Die öffentliche Meinung Eüben und drüben hatte cs im ersten Momente ganz instirftiv hberauzgefunden, daß Oefterreich-Unga:n eine Absorbirung Boëniens durch Serbi-n ohne Gefährturg seiner vitalsten Interessen nit dulden dürfe, daß hier einem durch das eventuekle Kriegsg!ück zu \schaffenden fait accompli auf jcde Gefahr hin rechtzeitig begegnet werden müsse. In dieser Richtung war man wohl zur Zeit des Ausbruches des Kampfes so ziemlich einig. Es hôtte daher gewiß nichts Ueberraschendes gehabt, wern die jeßt so lebhaft geführte Diskussion über die Okkupaticns- oder Annéektirungéfrage, zu welcher der obige Standpunkt im Falle entschiedenen serbisher Siege noth- wendig hätte führen müssen, zu jener Zeit mit gleiher Konsequenz wäre aufgeworfen worden. Heute Lde ift die Lage in der Wirklich- keit cine vollkommen veränderte; heute ist wohl kaum zu befürten, daß Serbien so über Not das ganze Boënien in den Sack steckt.“
— Auch „Ellenör“ if heute in der Lage, zu konstatiren, es sei in maßgebenden Kreisen von der Annektirung Bos- niens nie die Rede gewesen; es sei immerhin mögli, daß in gewissen Kreisen die Annexion geplant wurde; diese Kreise seien aber weder maßgebend, noh haben sie entsheidenden Ein- fluß auf die Politik der Monarchie.
__ Dasselbe Blatt erklärt, das ungarishe Minifterium habe nit erst nothwendig gehabt, Schritte gegen die Bildung einer ungarischen Legion zu machen, da von der Bildung einer solchen Legion niemals ernfilih die Rede gewesen ist.
_— Wie „Kelet Nepe“ erfährt, entwickelt das Minifterium des Aeußern eine rege Thätigkeit, um eine Reform des Konsu- latswesens durhzuführen. Die Bezüge der Konsuln, nament- lih im Orient, sollen herabgemindert werden.
— Der Omladinist Dr. Kasapinovic if heute Morgens mittelst gerihtliher Eskorte hier angelangt. Vorläufig wurde er im Komitatshause in den Lokalitäten der Staatsanwaltschaft des Pester Bezirksgerichtes verwahrt. Ober-Staatsanwalt Kozma ist, nahdem er die Untersuhungsreise in Süd-Ungarn beendigt hat, zurückgekehrt.
Großbritannien und Frkland. London, 1. August. (Engl. Corr.) Parlamentsverhandlungen vom 31. Juli. Im Oberhause wird durch Lord Stratheden and Cam p- bell die Debatte über die orientalishe Frage eröffnet durch Einbringung des Antrages, daß das Haus, besorgt um das Wohlergehen der verschiedenen dem türkischen Reiche angehövi1 igen Racen und um die Verbesserung ihrer Regierung bereit sei, die Maß- regeln zu unterstüßen, welhe für Aufrehterhalturg des Vertrags vom 30, März und 15. April 1856 nothwendig seien. In seiner Em- pfchlung der Refolution führte der Redner aus, daß der:n Annahme zur Beförderung des Friedens dienen würde.
Lord Granville dankt dem Antragsteller für sein Vorcehen
und giebt zu, daß die Lage im Orient eine äußerst kritische sei, wel®e genügenden Grund zur Besorgniß gewähre. Ein großer Theil der Verantwortl:chkeit ruhe auf der türkishen Regierung. — Bezüg- lid der Note des Grafen Andrassy is er der Ansihhf, daß in Kenntniß der Vorgänge Eng!and einen gleichen Antheil mit den anderen Mächten in der Aktion habe beanspruchen müssen, und giebt dann zu, daß es für die englische Regierung unmögli gewesen fetn wurde, die in jener Note gemachten Vorschläge in Bausch und Bogen anzunehmen. Sein Tadel beschränke ih darauf, daß die Re- gterung die ganze Vorlage kurzweg angenommen habe, ohne sich zu bemühen, das vormalige Einvernehmen herzustellen durch den Versuch, an Stelle unannehmbarer Klavseln andere zu seßen und andere zu reiten, so z. B. die auf einen Waffenstillstand bezüg» lihen. Auf die befannte Rede Lord Derby's gegen- über der Deputation übergehend, meint der Redner, es sei ihm unverständlich, weéhalb die betreffenden Erläuterurgen nicht einige Zeit früher gegeben worden scien, also die Ungewißheit über die Lage der Dinge und die Politik der Regierung aufs Aevßzerste gesticgen war urd infolge dessen cine Aufklärung einen größeren Nußen bâtte gewähren können. Dem Inhalte der betreffenden Erklärungen zollt Lord Granville indeß vollen Beifall. Er billigt ferner die von der Regierung befolgte Politik vollständiger Nichteinmishurg, sowie auch, daß die Negterung sich nicht bindend zur beständigen Beobach- tung eben dieser Nichteinmischungspolitik verpflichtet habe, Er sei au erfreut darüber, daß die Regierung den Wunsch, den Vertrag von 1856 innezubalten, ausgesprochen habe, zusammen mit Bewahrung der Integrität des türkishen Reiches. Was nun den Zustand der aufstäudishen Provinzen angehe, so glaube er indeß, daß fih fur dieselbe doch eine annehmbare Form der Selbstverwaltung werde finden lassen, was in Syrien, sei auch dort mögli. Er hoffe, daß die Regierung in dem Sinne ihren Einfluß in Konstantinopel benußen werde, denn das englishe Volk würde s{werlich damit zu- fcieden sein, nach Beendigung des Krieges die Christen in einen nech s{limmeren Zuftand sinken zu schen, als sie sich in den left!en 20 Jahren befunden,
Lord Derby erkenut die gemäßigte Haltung der beiden Redner an und wünscht, daß èas Haus zu einem möglichst einstimmigen Vetum über die Frage gelange. Er meint deshalb, es sei ungeeignet, den Antrag fo formulirt zu lassen, daß die Aufrechterhaltung des Pariser Vertrages von 1856 besonders b¿tont werde, denn da- durch œÜürde der Eindruck hervorgerufen werden, als seien die in selbem niedergelegten Grundsäße in Gefahr, in die Brüche zu gchen. Er wolle nun auf einige Bemerkungen Lord Granville's eingehen. Mit manchen derselben stimme er vollkommen überein. So glaube er, daß Seitens der türkishen Regierung manche Fehler in dcr Verwaltung der Landeéangelegenheiten während der leßten Jahre vorliegen, -- ja diese Fehler hätten während der leßten Monate erböhte übele Folgen gehabt. Auf die Kritik des Vorredners bezügli der Andrassy-Note eipgehend, meint der Minister, daß kein Grund dafür vorliege, anzunehmen, die drei Kaiserlichen Regierungen hâtten Leabsichtigt, die Sache au ohne Zuziehung Englands end- súltig zu erledigen. Die Initiative Oesterrei(s und Rußlands in Schrittea einer gemeinsamen Aktion der Großmächte in orientalischen Angelegenheiten, sei durH die grenzuacbar- lige Stellung beider Staaten durchaus gerechtfertigt. Er freue sich hinsihtlich des Berliner Memorandums mit dem Vorredner einer Anficht zu sein. Seine Anschauung über die Sache fei aus dem veröffentli&ten Blauft-uch, besonders aus der Unterredung mit dem russishen Botschafter ersichtlich. — Seine Rede an die Deputation habe er nicht früher und nicht im Parlamente gehal- ten, weil, so lange roch Hecffnung auf Erhalturg dcs Friedens vor- handen war, es von unhcilvellem Einflufse gewesen sein könne, die Chancen dersclben öffentlich zu ezôörtern. Die Ab- sendung der Flotte nach der Besika - Bai habe zu ciner Zeit stattgefunder, als die äußerste Aufregung in der muselmännishen Bevölkerung einen Schuß der Chriften unumgänglich nothwendig machte. Die Handlung, deren BG England keineufalls zu \ckâmen braucte, habe dessen moralischen Eivfluß bedeutend gehoben. Wenn der Vorredner den Vorwurf erhebe, daß Englands Politik zwar die der Neutralität, aber einer wohlwollenden Neutralität, ge- wesen sei, so müsse er entgegnen, die Regierung habe sich bemüht, beiden Parteien ger:-cht zu werden. Der Lauf der Politik, den die Regierung vorsc;lage, müsse von vielen Umständen abhängen. Den Vorwurf prixzipieller Gegner der Autonomie für die aufftändischen Provinzen zu sein verdiere er nicht, wie aus dem Blau- bude hervorvorgehe. „Unsere Politik*, so sckließt der Mi- nister, „wind es sein, so weit wie möglich nicht in iso- lirter Stellung, sondern im Einverständnisse mit den Mä chten zu handeln, keine unnöthigen Anforderungen zu stellen und uns nicht in weitläufige Pläne einzulafsen, deren volle Tragweite fih nicht übersehen läßt. Die englishe Regierung fann und will nur thun, alles was sich thun läßt, nämlich cive befriedigende und dauernde Ordnung im Orient herstellen und so die b e- ständig drobenden Chancen eines europäischen Krieges entfernen (Beifall). Jch muß um Entschuldigung bitter, so lange Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch gerommen zu hakev, besonders da alles, was ih zu sagen hatte, klar und deutlich in den dem Parla- mente vorliegenden Schrifistücken dargelegt ist.* (Bei-all.)
Nach einigen weiteren Bemerkungen Lord Stanley's of Alderley, Lord Hammonds u. st. w. wird der Antrag verworfen.
___— Im Unterhause erklärte der Premier-Ministe- Disrael i in einer Antwort an Forster, er habe am Sonnabend vom britishen Geschäftsträger Windham in Athen gehört, derselbe sei von der türkischen Regierung benachrichtigt, es sei niht die Atsicht, Circassier in Griechenlands Nähe anzusiedeln, und daß inner- halb der leßten Stunde ein Telegramm von Sir Henry Elliot ge- kommen fei, nah welchem der Großvezier ihm das Gezü&t als völlig grundlos bezeichnet habe. :
._ Mr. Bruce lenkt kann die Aufmerksamkeit auf die Papiere über die bosnische und herzegowinishe Insurrektion, Er äußert sich über die Ursalxen des jeßigen Zustandes und erklärt, die mohamedanischen Beys scien nit für alle Unzufriedenheit der Slaven vcrantwortlih, die Unterdrückung käme von den reichen Speisen der Städte und ihren eigenen Bischöfen her. Er stellt den
ntrag:
das Haus ist ter Meinung, die Regierung Ihrer Majestät solle, während sie die Achtung vor bestehenden Verträgen aufrecht erhält, allen ihren Einfluß aufbieten, das Wohlergehen und die gleihmäßige Behandlung der verschiedenen Racen und Religionen unter der Autorität der O Pforte zu sichern.“
Mr. Harbury unter n den Antrag und betont, daß der Auf- stand von ausläudisden Sendlingen gefördert werde. Mr. Fo ri ych e: flärte sich unzufrieden mit dem Tone der vorhergehenden Redner, der nach seiner Ansicht ene Apologie der türkischen Mißregierung wäre und von türkischen Ministern hätte gesprochen werden können. Nach seiner Meinung sei der tiukishe Nothstand allein die Folge von Ver- derbtheit und Mißregierung, es sei allerwenigstens von der Türkei eine gemis{te Kommission fremder Korsuln zu verlangen, die auf die Erfüllung ihrer Versprechungen zu sehen babe; sollte dann doch ncch Druck herrschen, so müsse die Türkei durch militärische Beseßzurg von Seiten Rußlands und Oefterreihs gezwungen werden. Redner {ließt mit dem Antrag:
__- das Haus ift d¿r Meinung, es sei die Pflicht der britischen Regierung als einer der Mächte, die im Vertrag von 1856 die Unabhängigkeit des Oitomanischen Reiches gewährleisteten, bei irgend welchen Schritten zur Wiederherstellung des Fiuiedens wischen der Pforte und ihren slavischen Provinzen für eben diese Pre- vinzen angemessene und wirksame BVürg)chaften einer guten und uvparteiishen, niht auf Abstammung oder Glauben schenden Re- gierung zu erlangen.“
Sir H. Wolff unterstüßt den Verbesserungevorshlag. Lord E. Fibmaurice (der ein Amendement zu Gunsten ciner Gesammt- JInterveution der bei den Verträgen betheiligten Mächte zum Zwecke der den Insurgenten zu sicernden Selbständigkeit angekündigt hatte) billigt die Politik der Minister, sich dem Berliner Memorandum niht anzuschließen, beklagt aber die völlige Jsolirung Enslands. Mr. Holms sicht die Löfung der Schwierigkeit in Errichtung eines Staaterlundes um die Türkei herum mit Einsluß Bulgariens in desen Bund. Mr. Gladstone wirft einen kurzen Blick auf die crientalisde Frage seit dem Krimkciege und verweilt bei der nach seiner Meinung der Stellung Rußlands unnöthig beigelegten Wichtigkeit, Der Krieg habe die Hülfequellen Rußlands gemind:rt, die Donauschiffahrt befreit, Sebastopol zerstört und den Vertragsrechten Rußlands in der Türkei ein Ende gemacht, Die fol- gende Politik Rußlands hätte die Lage niht erschwert. England habé feinen Grund zur Klage gegen Rußland oder Oesterrei. Die Türkei l'abe aber die Reformen nit ausgeführt, obwohl sie 20 Jahre Zeit gehabt. Er spreche sie von einer unehrenhaften Absicht frei, aber sie |heixe ihm an gänzliher Shwäche zu leiden. Ohne vereinigte Akt'on wäre keine Ruhe im Osten möglih. Er sei für Integrität der “ecidins aber er habe die Hoffnung auf eine gute Regierung auf- gegeben.
Der Premier-Minister Dis r aeli bedauert, daß Lord Fißmau- rice nit das Mißtrauensvotum gestellt habe, besonders da Glad- stone eine Rede zu Gunsten dicscs Votums gehalten habe. Er habe nit zu vertheidigen, sondern. nur zu erklären. Sie La jeßt nicht mehr isolirt, da alle Mächte sich zur Nichtintervention geeinigt bätten. Er zweifelt nicht am Erfolge ihrer Anstrengungen, denn der jeßige Zustand könne nicht lange anhalten,
,_ Der Marquis von Harlington bemerkte, die Ziele der Re- gterung seien gut und so wie der Lord sie billigen könute. Die Pos i zur Erreichung derselben sei aber - vielen Ausftellungen unter-
orfen.
— Die „Engl. Korr.“ theilt aus dem Blaubuche über
die orientalishe Frage folgende, vom 22. Juni datirte, von 4 Lord Derby an Sir O. Buchanan gerihtete Depesche
— werden, mir die Anschauungen seiner Negterung über den gegenwär-
tigen Stand der Frage betreffs der aufftändishen Provinzen mit- zutheilen.
. Es würde, so sagt er, ein Jrrthum sein, anzunehmen, daß die Insurgenten kein anderes Ziel im Auge hätten, als die Trennung und Unabhängigkeit der aufständishen Provinzen von der Türkei. Eine beträchtliche Anzahl der Jusurgenten sei - bereits zu ihren friedlichen Beschäftigungen zurückgekehrt und unter „den Slüchtlingen herrshe der Wunsh vor, ihne Heimath wieder aufzusuchen. Die Presse stelle die Sache so dar, als ob die Auf- ftändischen auf einer Unabhängigfeitserklärung bestehen würden. Die Thatsachen ständen nicht mit diesen Behaupturgen im Einklang; im Gegentheil, die gegenwärtige Zeit sei günstiger als je für den Versu einer Pazifizirung, besorders in Folçze der Haltung. welche die eng- lisde Regierung angenommen und welche den Erfolg hatte, alle über- triebenen Ansprüche der Insurgenten zu entmuthigen. Andererseits kônne ein Beschluß, welcher die Mächte zu einer passiven Politik vers binde und der dahin ziele, die beiden Gegner im Konflikte zu belasten, nur dazu dienen, ihnen Muth zu geben und die Abficiten ihrer Freunde zu begünstigen. Die Gestattung dieser Auslegung würde so viel heißen, wie indirekt anzuerkennen, daß die Unabhängigkeit der aufftändishen Provinzen der Lohn ihres Widerstandes sein würde, Es würde dann folgen, daß Rußland, nickt im Stande, eine der Türkei günstigere Stellung einzunehmen als England, natürli allen seinen Einfluß auf der Balkan-Halbinsel jedem Versuche einer
azifizirung entziehen würde, anstatt dieselbe zu begünstigen. Ohne weifel würde die Frage am Ende von 6 Wecken unter einer Lösung unendlich weniger günftiger Umftände wieder aufgeworfen werden. Welchen Nußen würde dann der Widerstand der englishen Regierung gegen diese neulich getroffenen Abmachungen gehabt haben? Gegenwärtig, fo fuhr er fort, würde eine gemäßigte und wohk- wollende Politik der Mächte gegen die Türkei, vorautgeseßt, daß die leßtere ihren Wünschen Beachtung zollte, unendlih leihter sein als nach 6 Wochen, wenn, nachdem die Unterstüßung der Mächte vergeb- lich fich erwiesen, es klar werden würde, zung cs weder geglüdckt sei, die Provinzen zu beruhigen, noch die versprochenen Refermen ins Werk zu seßen. Es würden dann neue Vorwände gefundex werden, den Bedürfnissen der Lage dur die Anwendung durchgreifenderer Mittel abzuhelfen und die Chancen
einer zweckentspreWeuden Lösung würden beträctlich vermindert wer- den, Dieses seien die Gründe, deretwegen der sehswöchentliche Waffen- ftillfiand nicht so zu verstehen sei, daß während dieser Zwischenzeit die Mächte passiv bleiben und die Zustände, welche sih während dieses Zeitraums berauébilden durften, als endgültige ansehen wür- den. Im Gegentheil, aus der Ruhepause müsse der Nußen gezogen werden, die Versuche einer Beruhigung, welche von der Pforte unternommen werden könnten, zu erleihtern und zu besleunigep.
Wern die englische Regierung, so sagte er, diesen Gesichts - punkt zu ihrem eigenen r1aachen würde, so brauche gegenwärtig kein Widerstand Seitens Rußlands befürchtet zu werden, da Kaiser Alexander aufrichtig den Frieden wünsche.
__ Wenn, im Gegentheil, die günstige Gelegenheit, welhe der Augen- bliæ biete, niht benußt werde, so würde es sehr shwer sein, Angesichts des Fehblschlagens der Bemühungen der Pforte, die Gewalt der öffent- lihen Meinung in Rußland niederzuhalten und den Ergebnissen des daraus folgenden Druckes Seitens des St. Petersburger Kabinets zu entgehen.
,_ Vielleicht könne ancenommen werden, daß die türkische Re- gierung als Sieger aus den erneuerten Feindseligkeiten hervor- gehen würde; es fönne in der That den Anschein gewinnen, daß dieses die in Konstantinopel vorherrschende Anschauung sei, welche in vollem Maße die Haltung der türkishen Regierurg erklären würde. Zufolge glaubwürdiger Berichte habe die Türkei aber nur 40,000 Mann ¿egen Serbien und Montenegro ins Feld zu stellen, während Serbien allein über 96,060 Mann verfügen könne. So könnte die Kalkulation auf Grund eines sicheren Sieges der Türkei sehx wahrsheinlich ih als irrig erweisen. Jedenfalls würde es nicht nur wünschenswerth, sondern nothwendig sein, endgültig die Absichten der eng!lishen Regierung kennen zu lernen. Wenn es ihre Absicht sei, den Dingen ihren Lauf zu laffen, so werde die öôstcrreihishe Regierung ihren eigenen Weg einshlagen in der festen Ueberzeugung, daß, was die gegen- scitigen Juteressen beider Länder anbetreffe, kein prinzipieller Gegensaß vorhanden sein fönne und daß in einer größeren Zahl von Einzelfällen, die fich darbieten könnten, es leiht sein würde, zu einem Einvernehmen zu gelangen. Wern andererseits die britische Regie- zung fich bemühen würde, im Einversländnisse mit Oesterreich eine Pazifizirung zu Stande zu bringen, so würde die österreichishe Re- gierung um jc besser zufriedengistellt sein. Zwischen diesen beiden Exrtremen — d. h. einem cnergisch durchgeführten Pazifizirungsprojekt und einer Haltung vollkommener Nichteinmischung — seine es, habe die britishe Regierung ihre Wahl zu treffen, und es sei ihr eigenes Interesse niht weniger als das der österreichischen Regierung, zu einer positiven Entscheidung in einec oder der anderen Weise zu kommen, um eine s{wankende Politik, die verdertlich für Handel und JIn- Miteie und unbequem für angrenzende Länder sein würde, zu ver- meiden.
Se. Excellenz ging darauf auf Montenegro über, und sagte, daß er von Graf Andrafsy bcnachrihtigt worden sei, der britishe Gesandte in Wien habe dem!elben auf Befehl der englishen Regierung einen Ausëzug eincs Telegrammes von Sir H. Elliot mitgetheilt, welcher zu glauken schiene, daß es rathsam sei, den Fürsten von Montenegro zu bewegen, daß er dem Beispiele Serbiens folgen und cinen Spezial- Gesandien nah Konstantinopel zur Beglückwünshurg dez Sultans senden möge, da in diesem Falle die Pforte vielleicht geneigt sein dürfte, Montenegro Zugeständnisse zu machen. Graf Andrassy, fo fuhr cr fort, befürchtend, daß Fürst Nikita diesen Vorschlag für eiuen Versuch ansehen würde, von ihm eine mittelbare Anerkennung der Oberberrlihkeitsrehte der Pforte zu erlangen, und die von Serbien eingeslagene Linie in Betracht ziehend, halte es nicht für rathsam, auf diesen Vorschlag der englishen Regierung einzugehen. Er glaube indesscn, daß es mögli sein werde, dasselbe Ziel durch andere Mittel zu erreichen und babe deéhalb per Telegraph dem Grafen Zichy die folgenden Justruktionen übersandt:
__ Zufolge von ihm empfangener Nachricht bereite Serbien \ich{ eifriger als je für den Krieg vor. Die serbische Regierurg habe 50,000 Chafscpots, binnen 10 Tagen zu liefern, bestellt, ebenso 11 Batterien Kruppscer Geschüße, welche so s{chnell wie mögli geliefert und durch Rumänien importirt werden sollten. Es seine ihm hieraus hervorzugehen, daß Serbien \sich für ein vnmittelbares feindlihes Auftreten vorkereite, falls die serbischen Vorschläge in Konstantinopel verworfen werden sollten. Er habe von der englischen Regierung gehört, daß sie es für mögli haite, in Konstantinopel heilsam zu wirken, wenn der Fürst von Montenegro bewogen werden könne, das Beispiel Serbiens nac- ¿uahmen und einen Abgesandten zur Beglückwünshung des Sultans zu entsenden, Er glaube nicht, daß es möglih scin werde, den Sürften zur Annahme einer selchen Handlungsweise zu veranlassen. Andererseits sei indeß niht zu bezweifeln, daß der Gegensaß zwischen Serbien und Montenegro gegenwärtig so stark wie je sei. Es werde deéhalb mögli fein, das von Sir H. Elliot ins Auge gefaßte Ziel dadur zu erreihen, daß eine Zuschrift des Großveziers - an Fürst Nikolas veranlaßt würde folgenden Inhalts: „daß die Pforte, nah Bewilligung eines Waffenftillstandes von sechs Wochen und im Ent- s{lufse, alle zu Gunsten der Christen gemachten Versprehungen zu halten, fich auf den Fürsten verlasse, daß er seinen moralischen Ein- fluß bei den Insurgenten zu Gunsten einer Pazifizirung der aufstäns dishen Provinzen aufwende,*
ZU gleicher Zeit solle dem Fürften durch den Statthalter von Skutari oder eine andere geeignete Persönlichkeit eine weitere Eröff- nung gemacht werden, welche ein Versprehen der Pforte übermittele,
(Nr. 481) mit:
„Ich habe Ew. Exc. mitzutheilen, daß der sösterreihisch-unga þ
rische Botschafter heute bei mir war und sagte, er sei beauftragt |
daß, wenn die Pazifizirung durch Fürst Nikolas’ Thâtigkeit erwirkt würde, seinen Forderungen und Wünsccen so weit wie möglich Rech- nung getragen werden sclle, fall* die Frage der Grenzregulirung wieder zur Erörterung kommen wünte. Se. Excellenz {loß mit der
daß der türkischen Regie--
eußcrung, daß Graf Andrassy gesagt habe, es würde ihm selbft As angenehm und wahrscheinli auch im Jnteressé Englands sein, wenn die kbritishe Regierung jeinen Vorschlag in Konstantinopel unterstüßen wolle. i: :
In Bezug auf die der englischen Regier ung dur Graf Andrafssy vorgelegte Frage, ob dieselbe beabfictige, in die orientalis{en Ange- lezenheiten einzugreifen oder ihnen ihren Lauf zu lassen, theilte ih dem Grafen Beust mit, daß die englische Regierung sich niemals eine Politik der Isolirung oder der Nichteinmischung in diese Angelegen: heiten zur Regel gemacht habe. Die englis&e Regierung habe die in Graf Andrafsys Note vom 30. Dezember v. J. enthaltenen Vor- shiäge angenommen uvd würde anch bereit gewesen sein, das in Berlin aufg: scte Memorandum anzunchimen, w:un niht Einwände g-gen dessen Suhalt, welche ihrer Zeit klar dargelegt worden feien, bestanden hätten. : / |
Die englische Regierung, fo sagte ih, ift bereit, sich an dem
azifizizungswerke zu betheiligen, wenn sie eine Chance fieht, es mit
folg thun zu fönnen. Wenn fie si jeßt zurückhalte, so liege das allein daran, daß fie einsche, es lasse fich nichts thun. Wern die Umftände fie dazu führen sollten, diese Ansicht zu ändern, so werde ihre Unthätigkeit aufhören. : S
Die Regierung Desterreih-Ungarns \cheine eine sanguinischere Anschauung von den Aussichten auf eine Pazifizirung zu hegen, als die englishe hate gewinnen können, und ih fônne nur erfreut darüber fein und hoffen, daß sie sich im Rechte befinde. i E
I sagte, daß ih Sr. Excellenz später die Anschauung mitthei- len würde, welche die englishe Regierung fich hinsihtlich Monte- negros bilden würde.“
— Sir Salar Iung if mit einem Gefolge von etwa 60 Personen in einem Extrazuge nah dem Kontinente abgereist,
um nah Indien zurückzukehren.
Fraukreih. Paris, 1. August. Die Führer - der Gruppen der Linken haben dem Präsidenten Grévy den Wunsch ausgesprochen, daß die Kammern vom 8. August bis 6. November vertagt werden möchten. Der Präsident der Kammer hat fich nun darüber mit dem des Senats und dem Minister-Präsidenten zu verftändigen.
— Nah dem „Moniteur“ hat fich ein geftern in Versailles unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik abgehaltener Ministerrath speziel mit der Vertagung der Kammern beschäftigt; das Datum ift vom 8. oder 10. d. M. an beftimmt, vorausgeseßt, daß alle Parteien cinstimmen.
— Zum Berichterstatter über das Maire-Geseßt ift von der Senatskommission Hr. de Parieu ernannt. Die Kom- mission hat das von der Deputirtenkammer angenommene Pro- jekt mit Weglafsung desjsgnigen Artikels, der die sofortige Er- neuerung aller Munizipalräthe fordert, ebenfalls angenommen.
— In der Deputirtentammer war die Diskusfion über das Kriegsbudget eröffnet. Nach-einer langen Rede des Hrn. Léon Renault gegen die vom Berichterstatter vorgeschlagenen Reduktionen wurde die Berathung auf heute vertagt.
— Die Bischöfe richten Adressen an den Kardinal- Erzbischof von Paris, nm ihn für seinen Brief an Dufaure, worin derselbe gegen die Ersparnisse auch des Kultus-Ministe- riums Protest einlegt, zu beglückwünshen. Die Bewegung er- öffnete der Bishof von Vannes.
Versailles, 2. August. (W. T. B.) Die Deputirten- kammer nahm in ihrer heutigen Sißung den Geseßentwurf, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, die Ausprägung von Fünf-Francs-Stücken zu beschränken, in erster Lesung an. Im Laufe der Debatte richtete der Deputirte Guyot an den Finanz-Minister Léon Say eine Anfrage darüber, welche Instruktionen man den diplomatishen Vertretern Frankreichs im Auslande angesihts des Münzkongresse® ertheilen werde. Der Finanz-Minister erklärte, es sei inopportun, diese Frage schon jeßt zu beantworten und ersuhte Guyot bis nah dem Wiederzusammentritt der Kammern im Oltober zu warten, da der Kongreß erst im nächsten Zahre stattfinden solle.
Griechenland. Athen, 3. August. (W. T. B.) Der König kehrt am 1. k. Mts. hierher zurück. Das Dekret, wonach die Kammer am 18. September eröffnet werden soll, ist dem Könige nah St. Petersburg zur Unterschrift über- sendet worden.
Tür: kei, Konstantinopel, 2. Auguft. (W. T. B.) Mittelst des am lezten Sonnabend von hier abgegangenen Couriers sind der türkishen Botschaft in Berlin die eigen- händigen Schreiben des Sultans Murad übermittelt worden, in welchen derselbe den Königen von Bayern, Sachsen und Württemberg und den übrigen deutschen Bundesfürsten seine Thronbesteigung anzeigt. : |
— Gegenüber anderweitigen Meldungen wird der „Polit. Korr.“ vom 2. August aus Pera gemeldet, daß der Gesund- heitszustand des Sultans Murad fortdauernd zu den größten Besorgnissen Anlaß gebe und von einer Besserung des- selben durhaus NiHts verlaute. ; 0E
— Die heut eingegangene „Turquie® vom 26. Juli bringt den Wggilaut eines vom Großvezier an den Finanz-Minister erlassenen Schreibens. Dasselbe lautet: „Es is beschlossen und kürzlih publizirt worden, daß in den Vilajets von Bos- nien und der Herzegowina die Bewohner der Ortschaften, die Verluste erlitten haben, von jeßt ab zwei Jahre lang von dem Zehnten und ein Jahr lang von dem Verghi frei sein sollen. Da in Folge der lokalen Ereignisse die Bewohner dieser zwèi Vilajets im Allgemeinen zu leiden gehabt, so bestimmt die Kaiserliche Regierung, daß vorstehende Maßregel für die Ort- schaften, die Verluste erlitten haben, in Kraft treten soll, und daß fie auch für diejenigen, welche gar keine Verluste erlitten, aber do viel zu leiden gehabt haben, für das laufende Jahr gelten solle. Die Bevölkerung dieser Vilajets is also für das Jahr 1876/77 von jeder direkten Steuer frei. S
Die „Turquie“ vom 27. Juli bringt einen ausführlichen Bericht des außerordentlichen Kommissars zu der von der Pforte verlangten Untersuchung im Vilajet von Adria- nopel, nah welchem der bulgarische Aufstand seit langer Zeit vorbereitet gewesen, seine Verzweigungen sich über das ganze Land zogen und die Bulgaren die Anstifter der Brände, Plünderungen und Megzeleien gewesen wären.
— Der Korrespondent der „Allg. 3tg.“ in Pér a schreibt unter dem 27, d. Mts.: Vorgestern wurde im Minifterrath eine Emission von 3 Millionen Papiergeld beschlossen, zu deren Deckung die von der Civilliste den Staatsfinanzen abgetretenen Einnahmen, sowie die Steinkohlenminen von Eregli dienen sollen. Zur Ausbeutung dieser Minen hat sich bereits ein Konsortium gemeldet, welches der Regierung für die Konzession 2 Millionen Lire, sowie jährlich durch Kohlenlieferungen den Werth von 1 Million Lire versprochen hat. Das Papiergeld soll Zwangs- cours haben und mit Ausnah:ne der Zollverwaltung von allen Staatsbehörden al pari angenommen werden, und die Emission einer ftrengen Kontrole unterliegen.
diese das serbishe Manifest beantwortet hat. Das Aktenftück
lautet in wörtliher Ueberschung wie folgt:
„In dem Augenbl:cke, in welchem Serbien, seiner Vasallentreue gegen den Sultan vergefsend und die ihm dur die Verträge aufer- legten Pflichten mißfkenuend, in die benachbarten türfischea Provinzen einzufallen trahtet, schuldet die Kaiserliche Regierung si selbft und ihren Völkern eine Erklärung der Beweggründe, welche unter diesen \chwierigen Verhältnisscn für ihre politishe Haltung maßgebend waren.
Alle Welt wußte den hehen Werth der Vorrechte und Frei- heiten zu schäßen, welhe die Pforte so großmüthig Serbien Le- willigt hatte. Man wird sich auch der legten Begünstigungen erinnern, welche die Pforte diesem Fürstenthum zugestanden hatte, nachdem die Stellurg des leyteren durch einen internationalen Aft geregelt war. Die Geschichte Serbiens selbst zeigt in der That von den Tagen der Eroberung an nur eine lange Reihe von großherzigen Aften und Gunstbezeigungen, welche man dieser Pcovinz mit unleug- barer Freigebigfkeit bewilligte. So gelangte Serbien in den Besiß eines ganz ausnahmsweisen Regimes, während Einrichtungen, dem Kulturgrade seiner Bevölkerung angemcfs.n, ihm allen Vortheil für seine fortshrittlihe Entwickelung gewährten. Die regelmäßige Erhal- tung des Woblbefindens im Fürstenthum ftockte genau an dem Tage, an welchem einige unrußige und ehrgeizige Männer, welche einer trüge- rischen Volksgunst das wahre Interesse ihres Landes opfern, zur Macht gelangten, die Grundlagen der alten Verfassung nah ihren persönlichen Anschauungen änderten, der Presse eine fast {rankenlose Freiheit gewährten, um die öffentlihe Meinung leichter auf ihre Seite zu bringen, die Bewegung der Geifier wachzurufen und vor den Augen des serbischen Volkes eine trügerishe Zukunft {immern zu lassen, an die e: nie im Traume gedacht und es so von seiner fried- lichen Arbeit wegzulocken und zum gefügigen Werkzeuge ihrer kühnen und verbrecherishen Pläne zu machen. Seit dem Ausbruche des Auf- standes in der Herzegowina versäumten diese Männer nichts, um ihrer Haltung den Stempel der Feindseligkeit aufzudrücken, den die heuh- lerischen Versicherungen ihrer Ergebenheit und strikten Neutralität nicht einen Augenblick zu verwishen vermochten, Sie waren es, welche durch ihre Sendlince in den benachbarten Ländern den Auf- stand mit allen ihnen ¿zu Gebote steheaden Mitteln aufa%ten, unter- stüßten, verstärkten und verbreiteten. Sie sind es, welche ihm diese ähigfeit und Organisation gaben, deren Bewältigung fo viele a, so viel Blutvergicßen und so viele Opfer fordert. Es sind diese verbrehe ischen Männer, welhe die Insurgenten mit Geld, Waffen, Munition und zahireihen Hülféshaaren unter- stüßten und Serbien, feine vertragsmäßige Stellung \{nöde miß- brauchend, in ein rebellishes Land, in einen Zufluchtêort und Sammel- plot für die Insurgenten verwandelten, welche vor unseren Truppen flohen. Es steht heute fest, daß die Führer des Aufstandes ihr Loo- jungêwort von Befgrad erhielten und daß zahlreihe, in Secbien selbst unter den Augen der Behörden gebildete Banden über die Grenze kamen, um unsere Soldaten anzugreifen, unsere Dörfer zu plündern und in Brand zu stecken, die friedliben Einwohner zu meteln und überallhin die Zerstöcung und BVerwüftung zu tragen. Man weiß, welche Langmuth die Hohe Pforte ungeachtet dietes treu- losen und herausfordernden Benehmens feit nahezu einem Jahre hat walten lassen, welche Mäßigung sie den unaufhörlichen Wühlereien der serbishen Regierung eatgegengeseßt hat. Weit entfernt aber, an ihren vorgefaßten Entschlüssen irgend etwas zu ändern, ershöpften die Männer, welche so Serbien auf die Bahn der Abenteurer dräng- ten, die friedlihen Dispositionen der Hohen Pforte sich zu Nußze machend, den Schaß und die Hülfsquellen des Landes in bedeu- tenden Rüftungen und ließen erkennen, daß fie sih anschickten, ofen einen thätigen Antheil an der Jnsurrektion zu nehmen. Sie unter- stüßten dergestalt die herzegowinishen und bosnishen Insurgenten durch die Hoffnung auf cin demnächst bevorftehendes bewaffnetes Ein- schreiten des Fürstenthums. Mit Ret von Sorge erfüllt über diese Situation, welche sich immer drohender gestaltete, konnte die Hohe Pforte es nicht länger vermeiden, einige Beobachtungêcorps an die jerbishen und mcntenegriniscen Grenzen zu entsenden, zu dem ein- zigen Zweckte, die aufgeshreckten Bevölkerungen zu beruhigen und den räuberishen Einfällen der Banden ein Ziel zu seten. Die Dinge ge- diehen endlich so weit, daß die Kaiserliche Regierung sih in die Noth- wendigkeit verseßt sah, in Belgrad offiziell präzise und kategorisch: Erklärungen betreffs jener außerordentlichen Vorbereitungen und der Zusammetnziehung der Fürftlißen Truppen in der Nachbar- saft unserer Vilajets zu verlangen. In der Antwort, welche uns Fürft Milan zu Theil werden ließ, um seine Haltung zu 1echtfertigen und die öffentliche Meinung irre zu führen, bestrebte er sich, die Rollen umzukehren und die Verantwortlichkeit von sih auf Andere zu wälzen, indem er gegen die militärischen Maßregeln Beschwerde erhob, welche wir ergriffen hatten und die das Ergebniß einer Si- tuation waren, welche die ftrafwürdigen Akte seiner Regierung ge- schaffen hatten. Der Fürst von Serbien hat aber die Kühnheit noch weiter getrieben. Er hat ein Schreiben an uns gerichtet, worin er die Ermächtigung von uns begehrte, seine Truppea in Bosnien ein- marschiren zu lassen — zu dem Zwecke, sagte er, um zur Pazifikation dieser Provinz beizutragen — und uns \chließlich erklärte, „daß im Falle einer Weigerung unserseits er entschlossen sei, diesen Vorschlag um jeden Preis zur Autführung zu bringen. Zu gleicher Zeit erhielt der Agent des Fürsten in Konstantinopel die Weisung, zu verlangen, daß Serbien mit der Verwaltung Boëéniens gegen Zahlung eines jähr- lichen Tributs betraut werde. Am zweiten Tage nach Empfang dieses Schreibens und ohne unfere Antwort abzuwarten, fi len die Serben in eincu Tbeil unserer Provinzen ei. Am selben Tage telegraphirte uns Fürst Nifolaus von Montenegro, dessen Haltung gegen die Hohe Pforte niht das Gepräge der Treue getragen hatte, daß der unflare Stand seiner Beziehungen zu der Hohen Pforte er- flärten Fcindseligkeiten Play zu machen im Begriff stehe. Da die beiden Fürsten ihren Erklärungen Afte der offenen Rebell:on auf dem Fuße folgen ließen, so war das Benehmen der Kaiserlichen Regierung klar vo:gezeicnet. Sie mußte den Angr:ff mit Gewalt zurückweisen. Als Unterzeichnerin des Pariser Vertrages, der die Stellung der Va- sallen-Fürftenthümer gegenüber dem suzeränen Hofe regelt, hat die Hohe Pforte es für ihte Pflicht erachtet, bis zum Aeußersten und in ge- wissenhaftester Weise jenen internationalen Aft zu refpektiren. Auch trat sie erst daun aus den Grenzen der Mäßigung, innerhalb welcher sie sich gehalt-n, hinaus, als sie gewaltthätig angegriffen wurde. Durch ihre E: öffnung der Feindseligkciten ift die serbishe Regierung
ipso facto der Vortheile verlustig gegangen, welhe ihr aus den Pri- vilegzien und Zmmunitäten erwuchsen, die ibr durch die Hohe Pforte verliehen und dur den Pariser Vertrag feierlich verbürgt worden
waren. Der Fürst von Serbien und der Fürst von Montenegro haben in halsftarriger Verblendung die Rathschläge Europas von fih gewiesen nd allen ihren Zusagen, all’ ihren Verpflichtungen ge- waltsam zuwider gehandelt; sie wollten die Entscheidung der Waffen anrufen und müssen nun von dem Ausgange dieses unsinnigen Kampfes das Schicksal erwarten, das sie fih selbst bereitet haben. Ganz Europa wird uns die Gerechtigkeit widerfahren lassen, an- zuerkennen, daß wir die Mäßigung bis an ihre äußerften Grenzen getrieben haben. Wir thaten dies im Interesse des Friedens, wie- wohl unsere versöhnlihe Haltung uns bedeatende Opfer auferlegt hat. Wir hatten bis zur leßten Stunde gehofft, daß die serbische Regierung und der Fürst von Montenegro, besser berathen, sih mit uns in demselben Gedanken begegnen würden, um cin größeres Blut- vergießen und die unberehenbaren Uebel eines Krieges zu verhüten; daß fie vor der {weren Verantwortlichkeit für den Kampf, in den sie sich gestürzt und dessen Folgen Niemand vorhersehen kann, zurückbeben würden. Nachdem es jedoch anders gekommen, so werden wir, stark im Bewußtsein unseres Rechtes, wie dur unser reines Gewisscn und voll Verirauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache, alle unsere Bemühungen daran wenden, den Kamvf, welhen man gegen uns entfesselt, nahdrücklich zu führen,
Herrscher im Reiche einzuführen feft ents{lossen ift und die unseren Bevölkerungen jene materielle und moralische Wokßifahrt verschaffen werden, welche sie von der Regi-rung Sr. Majestät des Sul!tars zu erwarten ein Recht haben. Wir find überzeugt, daß alle unsere Unter- thanen, obne irgend welchen Unterschied, mit ihren Wünschen und ihrem Beistande das Reich in dem Kriege unterstüßen werden, den es mit den Feinden hres Landes und ihrer Ruhe aufzunehmen gezwun- gen worden.
— Vom Kriegs\hauplatze wird telegraphisch gemeldet: Konftantinopel, 2. August. (W. T. B.) Die Regie- rung veröffentliht folgende Natzrihten vom Kriegs\chauplayze: Achmed Moukhtzar Pascha war, nachdem er die Insurgenten n Newefinje und dessen Umgebungen zerstreut hatte, in Bilek angelangt. Als er am Tage nah seiner Ankunft daselbst er- fuhr, daß \sich der Feind auf den Anhöhen in der Nähe von Bilek konzentrire, ließ er ein Corps zum Rekognosziren vorgehen. Dasselbe sezte fich unverzüglih in Bewegung, ftieß aber auf so beträhtlihe Massen von Montenegrinern, daß es fich ge- nöthigt faß, nah Bilek zurückzugehen. Die Avantgarde des Corps, welche zu weit vorgegangen war, erlitt bei der nume- rishen Ueberlegenheit des Feindes einige Verluste und büßte 3 Kanonen und zwei hözere Offiziere, die auf dem Schlachtfelde blieben, ein.
Die Armee von Nisch hat fich gestern früh von Der- bend aus, das am Abend vorber beseßt worden war, in Mars gesezt. Sie bestand ein sehr lebhaftes Gefecht mit den Serben, die fich vor 3 Tagen nah einem 7stündigen Kampfe nah Pandiralo und Knjazewaß zurückgezogen hatten. In dem gestrigen Gefehte wurde der Feind vollständig in die Flucht geschlagen und ließ eine große Anzahl Waffen, Munition und zablreihe Gefangene in unseren Händen. Die Armee von Nish if im fiegreihen Vormarshe gegen Kiverowaß (auf keiner Karte zu finden), dem fich die Truppen der Avant- garde bereits genähert haben. Suleyman Pascha wird seine beabfichtigte Vereinigung mit der Armee von Nish zur Stunde \chon vollzogen haben. .
Belgrad, 2. August. (W. T. B) Der Regierung wird aus dem Hauptquartier Deligrad vom heutigen Tagc ge- meldet: Die Türken haben fich unsere ausgedehnte Vertheidi- gungslinie zu Nuzen gemaht und sind über Gramada in mehrere Ortschaften des Departements K njazewaßt eingedrungen, wo fie bedeutende Verwüstungen anrihteten.
— Der „Pol. Corr.“ geht aus Ragusa vom 2. Augufi die Nahricht zu, daß der Versuch Moukhtar Paschas, den von den Montenegrinern bedrohten Positionen bei Bilek von Trebinje aus zu Hülfe zu kommen, gescheitert ift, da 8000 bei Ljubomir (ca. 14 öfterreichishe Meilen oder 12 Kilometer west- wesisüdlih von Bilek auf dem Südabhange der Ljubomir Planina) stehende Montenegriner Trebinje bedrohen und die Verbindung zwischen Mosftar und Bilek bereits abgeschnitten ist.
London, 2. August. (W. T. B.) Dem „Reutershen Bureau“ wird aus Belgrad vom heutigen Tage gemeldet: Die Türken haben \sich bei Izwor verschanzt. — Ts\cholak Antisch hat Bjelopolje (türk. Ak-owa, am Lim, etwa 2 deutshe Meilen südwesilich von Sieniga) eingenommen und bedroht Sienigza. — Die beiden bei Belgrad stationirt ge- wesenen öfterreihischen Monitors haben fich zurückgezogen.
— Die „N. fr. Presse* ftellt den türkishen Dffensiv- Plan folgendermaßen dar: i i
Die Operationen sämmtlicher türkischer Invasions-Kolonnen kön- nen nur den einen Zweck haben, im Morawathale, der Her: ader Serbiens, wo die Entscheidungss\chlaht geschlagen werden dürfte, ihre Vereinigung zu finden, Nicht alle Kolonnen haben jedoch den gleich langen Weg zu machen. Die Armeë Ahmed Ejub Paschas, welche bei Gramada und Pandiralo in Serbien einbrach, hat, um über Banja nach Alekfsinac in das Morawathal zu gelangen, einen viel weiteren Weg zuarückzulegen, als die gegenüber von Alekfinac und bei Jankova- Klifsura ftebenden Corps. Es ift daher begreiflich, daß die Armee Achmed Ejub Paschas zuerst, und zwar mit dem größten Nachdrucke, die Offensive ergriffen hat. Eiu Erfolg dieser Armee muß außerdem noch den Vortheil mit sih bringen, daß durch die eventuelle Ofkupa- tion von Knjazevac au& Otman Paschas Aufgabe, die Positiou bei Zajcar zu forciren, erleichtert wird. y i
Während somit die Armee Achmed Ejubs3 die allgemeine Offeu- sive mit dem Voc stoß gegen Knjazcvac einleitete, gelangt nun dle Reihe an Oóman Pascha, welcher in der Geg?nd von Zajcar den Timok zu überschreiten bätte, und an den General Mustapha, welcher, da ec die Jankova-Klissura bereits voc mehreren Tagen for- cirte, nun durch das Thal der Jlasina wenigen Hindernissen bis nah dem nur vier Meilen entfernten Krusevac begegncn dürfte. Ecft in leßter Lini- hätte dann das unmittelvar vor Nish stehende Corps die Topolnitza zu überschreiten, gegen Alekfinac zu debouchiren und dasselbe, wenn die Umgehungs-Manöver über Knjazevac und Krusfcevac gelingen, obne bedeutende Kämpfe zu besehen. j E E
Obwohl jedoch die Türken bereits vorgest-rn eine Meile südlich von Knjazevac standen, so ist bis zur Stunde die Nachricht von der Besetuag diess Ortes durch die Truppen Achmed Ejubs_ noch nicht eingetroffen. Diese Verzögerung läßt darauf i{ließen, daß Tscherna- jeff seine Truppen hier konzentrirt hat, um Knjazevac, den Schlüfsel des Morawathales, im Often zu vertheidigen. Von dem Ausgange dieses Kampfes wird es selbfiverständlich abhängen, ob die Offensive der Türken gegen Banja und das Morawathal fortgeseßt wird oder ob dieselten hinter die serbishe Grenze wieder zurückgehen musjen.
— Ueber die gegenwärtige Stärke der auf der Balkan-Halbinsel kämpfenden Heere werden, nach einer Belgrader Mittheilung der „Pester Corr.“, folgende Daten als
tgentisch angesehen : 44 — E E E, der Serben beträgt 144,700 Mann und ist alio vertheilt: _ E S
Die vereinigte Ost- und Südost-Armee unter Leschjanin und Tschernajeff: 84,7000 Mann Infanterie, 3500 Mann Kavallerie, hiebei nicht eingerechnet die bulgarischen Freiwilligen, welche auch einige Tausend zählen dürften; Artillerie: 240 Kanonen (alle Kaliber miteingerechnet). Die vereinigten Corps (früher Zach-Tscholak-Antics) von Novibazar-Sjeniza-Novavarosch: 25,000 Mann Jn- fanterie, 1000 Mann Kavallerie, 60 Kanonen verschiedenen Kalibers. Hieher nicht eingerechnet Ducsics Freiwilligen-Corps, ungefähr 4—5200 Mann mit 8 Kanonen. E
Drina oder die Südwestarmee unter Ranko Alimpics sammt der Besaßung von Mali-Zwornik und den Freiwilligen, 30,000 Mann Infanterie, 500 Mann Kavallerie, 60 Kanonen —
i ineren Kalibers. E Se Montenegriner: Alles in Allem, sämmt den unter den Insurgentenführern und unter Peko Pavlovics stehenden Leuten 32,006 Mann ohne Kavallerie, 50 Kanonen. Davon kommen auf die Ostarmee unter dem Fürsten 18,000 Mann, 20 Kanonen, die Südarmee unter Bozo Pctrovics und anderen Woj vcden gegen Medun, Podgoriz:a, Zsabljak und Scutari 14,609 Mann, 30 Kanonen.
Allen diesen Truppen ftehen unter verschiedenen Paschas ungesähr 205,000 Türken mit über 500 Kanonen gegenüber, darunter (nicht zu hoch gegriffen) 15,000 Mann Kavallerie,
(W. T. B.) Die
Rumänien. Bukare f, 2, August. i Handels- und Shiffahrtsfkonvention mit Rußland ist nunmehr auch von dem Senate angenommen worden.
und traten, ihn so karz dauernd als möglich zu machen. Dadurch
— Aus Konstantizropel geht der „N. Fr. Pr.” die offi» dielle Erklärung der türxkishen Regierung zu, womit
wird es uns gestattet sein, um fo eher an die Verwicklichung der Reformen und der Verbefserungen zu gehen, welhe unser erhabener
| — 3. August. (W. T. B.) Der neue russishe | Agent, Stuart, überreicht? gestern dem Fürsten seine Akkre-