1876 / 186 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Der Staats-Minister v. Pfreÿschner hat am 6. d. einen mehrwötentlißhen Urlaub angetreten, und für die Dauer desselben is die Leitung des Staats - Mini- steriums des Königlichen Hauses und des Aeußeren dem Staats- rath Dr. v. Daxenberger übertragen. Während des mehr- wöchentlichen Urlaubs des Staats-Ministers Dr. v. Luß wird der Staats-Mipister der Justiz, Dr. v. Fäustle, auch das Porte- feuille des Kultus-Ministeriums führen.

Württemberg. Friedrihshafen, 6. Augusi. Der - Großfürst und die Großfürstin Michael Nikolajewit\ch von Rußland find heute zum Besuche der Königlichen Familie hier eingetroffen und im Königlichen Schlosse abgestiegen.

Hessen. Darmstadt, 6. August. Nach einer soeben im „Regierungsblatt* veröffentlihten Verordnung wird die nah , 4 des Reichsgesehzes über die eingeschriebenen Hülfskassen er hôheren Verwaltungsbehörde zustehende Entsheidung über die Zulassung von Kassen, für welhe die Rechte der

eingeshriebenen Hülfskafsen in Anspruch genommen werden, dem Kreisaus\{huß übertragen, während die in den Fällen des §. 29 des Gesehes der höheren

Verwaltungsbehörde zustehende Befugniß zur Schließung einer solhen Kasse dem Provinzialaus\huß überwiesen ist. Die Füh- rung des Über die eingeshriebenen Hülfskassen vorgeschriebenen Registers, \sowic die Wahrnehmung der der Aufsichtsbehörde zu- stehenden Funktionen liegt den Kreisämtern ob, welche zugleich au die zuftändigen Behörden zur L der in den §8. 27, 29 pos. 5 und 35 der höheren Verwaltungsbehörde übertragenen Befugnisse find.

Meeklenburg- Schwerin, 7. August. Das Regie- rungsblatt veröffentlicht einelandesherrlihe Verordnung vom 22, Juli, betreffend die auf Grund der Enteignungsgeseße zu Eisenbahnen abgetretenen Grundstücke und deren Beziehung zu den Hypothekengesetzen.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 6. August. Im Anschluß an die von den Regierungen thüringisher Staaten über den gemeinsamen Erlaß eines, di: Fischerei betreffenden Gesehes gepflogenen Verhandlungen if jeßt auch für das Herzog- thum ein neues Fischereigeseß publizirt worden.

Hamburg, 7. August. Nach den hier eingetroffenen Mit- theilungen wird die Königin von Shweden am 18. d. M. von Rippoldsau in Baden, wo dieselbe fich bekanntlih zur Kur aufhielt, in Hamburg eintreffen und sich über Lübeck nach Stockholm begeben. Der Gesundheitszuftand der Königin soll ein erheblich besserer sein.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. August. Der Kron- prinz und die Kronprinzessin von Italien sind, unter dem Inkognito Conte und Contessa di Monza reisend, heute Nathmittags auf der Nordbahn hier eingetroffen und im „Hotel Imperial“ abgestiegen.

Aus ungarishen Quellen verlautet, der Ministerrath vom Sonnabend, an welchem bekanntlih auch Frhr. v. Pretis und Hr. v. Chlumecky mit kurzer Unterbrehung ihres Urlaubs theilnahmen, habe sih mit Geldbeschaffungsangelegenheiten befaßt. Eine andere Version läßt sogar Verfügungen wegen des muth- maßlihen Uebertritts Mouhktar Paschas auf österreihishen Bo- den Gegenstand jener Berathungen gewesen sein. Wie dem „Fremdenblatt“ aber von verläßliher Seite gemeldel wird, ist Eins und das Andere unrichtig und galt jener Ministerkonseil aus\hließlich Gegenftänden han delspolitischer Natur.

Man begegnet vielfah der Behauptung, daß die ruffish- rumänische Handelskonvention günstigere Bedingungen für Rußland enthalte, als die mit Oesterreih-Ungarn abgeschlofsene. Angenommen, es wäre dem \o, könnte Desterreih-Ungarn nur erfreut sein, da es auf Grund der Klausel der meistbegünftigten Staaten Anspruch auf die gleichen Begünstigungen hätte. Es ist dem aber nicht so, sondern es enthält, wie das „Prag. Abdbltt. erfährt, die zwishen Rumänien und Rußland abgeschlossene Kon- vention genau die gleihen Beftimmungen wie diejenige, die ‘i id zwischen Oefterreih-Ungarn und Rumänien besteht.

Ueber die Verhaftung einer Anzahl \erbisher Agitatoren in Pakrac und Bellovar, welhe dem Abgeordneten Subotic vorgestern Veranlassung zu einer Interpellation im kroatishen Landtage bot, wird aus Pest gemeldet: Auf Grund einer privaten Anzeige wurden bisher in Pakrac zwei Professo- ren der serbishen Präparandie und zwei Kaufleute verhaftet. In Bellovar wurden ebenfalls zwei Lehrer und einige Kauf- leute festgenommen. Der Vizegespan von Pakrac wurde abge- seßt und unter polizeilihe Aufficht gestelt. Die Verhafteten ftanden mit den ungarischen Serbenführern in Verbindung und jollen fich hochverrätherisher Umtriebe \huldig gemacht haben.

Wie das „Fremdbl.“ erfährt, tritt der Minister-Präsident Fürst Adolf Auersperg die zweite Hälfte seines diesjährigen Urlaubes am 15. d. an und begiebt fich nach Gastein. Minister Dr. Unger tritt seinen Urlaub am 10. an.

Brünn, 7. August. An der gestern hier unter Vorfiß Dr, Prazaks abgehaltenen czechischen Parteikonferenz be- theiligten fich circa 140 Personen. Es wurde eine Resolution angenommen, dahingehend, daß über die Beschikung oder Nicht- beshickung des Landtagés und Reichsrathes die Entscheidung den Abgeordneten zustehe, welhe für den Landtag und Reichs- rath gewählt wurden ; daß es nothwendig sei, auf jedwede Weise die verderblichen Streitigkeiten inden böhmischen und mährishenBlättern zu verhindern, damit in Sachen der Politik des böhmischen und mährischen Volkes eine Verfländigung erzielt und erhalten werde. Es sei wünschenswerth, daß gemeinsame Berathungen der beider- seitigen Abgeordneten oder Vertrauensmänner stattfinden; die Beseitigung der gegenwärtigen ungerechten Wahlordnung solle Hauptaufgabe der Abgeordneten fein. Ein Abänderungsantrag Graf Belcredi's, bezweckend eine shärfere Betonung des hiftori- schen Staatsrechtes und der Zusammengehörigkeit der böhmischen Kronländex, wurde abgelehnt.

__ Triest, 6. August. Die gr echi\che Yacht „Amphitrite“ if! vom Pyrâus hier eingetroffen und wartet hier Ordre des Königs ab.

Pest, 7. Auguft. Der Minister-Präsident Tisza hat \ih gestern Abends nach Wien begeben, kehrt aber bereits morgen wieder nah Pest zurück. Seine ange5.ich vom Grafen Andrafsy erfolgte Berufung hängt, wie hiesige Blätter melden, mit den \crbishen Agitationen in Südungarn und Kroatien zusammen.

Agram, 6. August. Die in der gestrigen Sizung des Landtages von dem Abg. Subotics Betreffs der Verhaftun- get gestellte Jnterpellation lautet: 1) „If dem Banus bekannt,

in Pakraß und Beïovar mehrere Personen verhaftet wurden ?

2) Aus welhen Gründen? 3) Ist Ew. Excellenz bekannt, daß in Pakray Militärgewalt verwendet wird? 4) Welches behörd- lihe Organ hat darum angesuht, und was is der Zweck davon ? 5) Ift Ew. Excellenz niht bekannt, daß nah dem Sinne des Strafverfahrens vom 17. Mai 1875 ein solhes Vorgehen nit statthaft ist, und womit kann die Regierung ein solhes Vor- gehen rechtfertigen? 6) Will der Ban. dem Landtage baldigste genügende Aufklärung geben?“

7. August. In der heutigen Landtagssizung urgirte Folnego vic die Beantwortung der Interpellation Makanec' und Buratti's, die er zu seinen eigenen mate. Hierauf fand die Spezialdebatte über den Gesegentwurf, betref- fend die Landwirthschafts\{hule in Kreuz, statt, welcher bis zum S. 15 erledigt wurde.

Großbritannien und Jrland. London, 7. August. Der Herzog von Edinburgh vollendete gestern sein 32. Lebensjahr. Das Ereigniß wurde in Windsor in der üblichen Weise festlich begangen, und statteten der Prinz und die Prinzessin vou Wales der Königin einen Besuch ab. Der Herzog von Cambridge reisie gestern Abend nach Homburg, wo er mehrere Wochen zu weilen gedenkt, Der Großherzog von Mecklenburg-Strelig ver- läßt heute London, um nah Deutshland zurückzukehren.

Der Botschafter des Kaisers von Marokko verab- \hiedete sh am Freitag von Lord Derby. Er war von dem britishen Konsul in Mogador, Robert Drummond Hay, beglei- tet. Der Botschafter hat London am 5. verlassen, um \ich über Dover nah Paris zu begeben.

Der Contre-Admiral A. F. R. de Horsey ist zum Ober- Befehlshaber der englishen Flotte im Stillen Ocean an Stelle des erkrankten Contre-Admirals Hancock ernannt worden.

(A. A. C.) In der Sizung des Unterhauses am 5. bildete die dritte Lesung der Elementar-Unterrichts- vorlage den ersten Gegenstand der Erörterung. Richard, das liberale Mitglied für Marthyr Tydvill, legte einen leyten Protest gegen die Maßregel ein, Insbesondere wendete er fi gegen den konfessionellen Charakter der Vorlage. Shaw- Lefevre protestirte ebenfalls gegen die dritte Lesung der Bill, Birley unterstüßte dieselbe und Cowen, der radikale Depu- tirte für Newcastle, bekämpfte sie. Clare Read, der Reprä- sentant der Gutspähhter im Hause, führte Beschwerde darüber, daß die Bill in der Verhinderung der Beschäftigung von Kindern im Alter unter 14 Jahren zu weit gehe. Der Arbeitervertreter Burt forderte einen unentgeltlihen, kompul- sorischen und gänzlich nihtkonfesfionellen Shulunterricht für die Nation. Auch Goeschhen legte sein Veto gegen den Entwurf ein, und Forster fand an demselben troy mancher Zugeftänd- nisseSeitens der Regierung noh vieles auszuseßen. Lord San- don, der Chef des Unterrichtswesens, trat den hauptsächlihften Einwürfen gegen die Vorlage entgegen, worauf das Haus zur Abstimmung \{chritt. Dieselbe ergab 119 Stimmen für und 46 gegen die dritte Lesung. Die Vorlage wurde sodann zum dritten Male gelesen.

Ueber die Vorstellung der Danziger Kaufmannschaft, be- treffend die neue englische Schiffahrtsakte, äußert die Lon- doner Wochenschrift „Economist“ fich in zustimmender Weise. (Vergl. u. Berlin.) Sie sagt: „Es wird uns soeben eine neue War- nung vor den Verwicklungen gegeben, die wahrscheinlih aus dem in der Schifffahrtsakte gemachten Versuche, für fremde Schiffe Geseze zu geben, entstehen werden. Die Kaufleäte von Danzig haben an den Fürsten Bismarck eine Bittschrift“ gerihtet, deutshe Schiffe vor den Bestimmungen des Geseßes, die fich auf Deckladung und Ueberladung beziehen, zu {hühßen. Wie die Vorlage das Unterhaus verließ, verbot fie Deckladung insgesammt. Aber das Oberhaus hat ein Amendement angenommen, welches die Vor- lage mit dem canadishen Gesehe in Einklang brahte und er- laubte, daß Holz auf Deck bis zur Höhe von drei Fuß lagere. Die Danziger Petition ward aufgesetzt, bevor das Amendement gemacht ward; aber die Annahme desselben, obwohl ohne Zwei- fel den Widerstand gegen die Akte vermindernd, éntfernt dohch nicht den Grundsaß, welcher bestritten wird, den Anspru L für deutshe Schiffe und Schiffseigenthümer Geseze zu eben.“

s Die Konferenz über südafrikanishe Verhält- nisse hat am 3. ds. im Ministerium der Kolonien unter dem Vorsitze des Earl of Carnarvon ihre Eröffnungsfizung ge- halten. Vize-Präsident war der General-Major Sir Garnet Wolseley, der eine Zeit lang die Kolonie Natal verwaltet hat. Der Oranje-Freistaat war durch seinen Ehren-Präfidenten Brand, Natal durh den wegen seiner Dienste als Sekretär für einheimishe Angelegenheiten in Natal soeben zum Ordens- ritter erhobenen Sir Theophilus Shenstone vertreten.

Zwei Mitglieder der Natalishen geseßgebenden Versamm- lung, die HH. Akerman und Robinson, waren als Dele- girte zugegen, und West Griqualand war in Abwesenheit

eines besonderen Delegaten durch I. A. Froude vertreten, der persönlih mit der Provinz und ihren Erfordernissen bekannt ist. Lord Carnarvon begrüßte die Mitglieder der Konferenz, erklärte, daß dieselbe lediglih eine berathende sei, die Mitthei- lungen vertraulicher Natur sein würden und der Zweck eine viel- seitige Besprechung des an Wichtigkeit stets zunehmenden \üd- lihen Afrika \ei, wobei fich vielleicht eine Konföderation der verschiedenen Staaten in Ausficht nehmen lasse. Nah einer An- zeige des Präsidenten des Oranjestaats, daß er nah dem Be- E, des „Volksraad*“ die Konföderationsfrage niht mit be- andeln dürfe, an der Erörterung von Fragen anderer Art aber theilnehmen werde, fand eine Vertagung bis zum Montag Nachmittag ftatt.

8. August. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses interpellirte Anderson die Regierung abermals wegen der von den Türken in Bulgarien begangenen Grausamkeiten. Mehrere andere Redner sekundirten dem- selben und dehnten ihre Angriffe auch gegen den Premier Disraeli und den Botschafter Elliot aus, welche die aus Bulgarien gemeldeten Thatsachen als übertrieben bezeichnet hätten. Der Unter-Staats*ekretär Bourke nahm Disraeli und den Botschafter gegen die wider dieselben gerihtete«s Vorwürfe in Shuß und verlas einen Bericht des Botshafts-Sekretärs Baring, in welchem zugestanden wird, daß von den Türken Grausam- keiten begangen, gegen 60 Dörfer zerstört und an 12,000 Personen, welche der christlihen Bevölkerung ange- hören, getödtet worden sind.

(V. T, B.) In der heutigen Sißung des Unter- hauses kündigte Ashley an, daß er die Aufmerksamkeit des Hauses demnächst auf die Verzögerung zu [lenken wünsche, welhe die Regierung bei den Nachrichten über die von den Türken in Bulgarien verübten Grausamkeiten \ich habe zu Schulden kommen "assen, sowie auf den Mangel eines prompien und energishen Handelns Seitens des Bot-

\chafters Elliot und der englishen Regierung, Lowe verlangte Auskunft über den Stand des Suezkanal-Unter- nehmens und über die Stellung Englands demselben gegen- über. Rylands machte der Regierung den Vorwurf, daß sie dur ihre Politik in Betreff des Suezkanals lediglich der Spe- kulation gedient und Vorschub geleistet habe. Der Kanzler der Scaykammer, Northcote, gab in Beantwortung aller erhobe- nen Beschuldigungen eine umständlihe Darlegung der mit Lefseps gepflogenen Verhandlungen und hob namentlih her- vor, daß die Vertreter Englands künftig in dem Verwaltungs- rathe Stimme haben würden, daß noch höher als diese Stimmberechtigung aber der moralische Einfluß anzushlagen sein werde, den England erlangt habe. Uebrigens hätten fich die Einnahmen des Suezkanals im lehten Jahre um 17 Prozent erhöht, während die Ausgaben sich gar nicht vermehrt hätten. Die Ereignisse hätten die Richtigkeit nnd das Verständige der von England bezüglich des Suezkanals einge- \chlagenen Politik durhaus gerehtfertigt. Haddington unter- zog ebenfalls das Verhalten der Regierung einer eingehenden Kritik und meinte, die Erwägung von Gründen der Hohen Politik heine der Regi-rung abhanden gekommen zu sein. Er wolle hoffen, daß die Regierung eine Lehre erhalten habe, und fich künftig in die Handels- und Geldverhältnisse anderer Län- der nit einmischen werde. Herr Disraeli vertheidigte das Ver- halten der Regierung und erklärte, die Opposition vermöge den Unterschied zwishen den politishen Gesichtspunkten, welche Handelsangelegenheiten böten, und den Gründen hoher Politik, von welchen die Regierung geleitet worden sei, nit einzusehen. Er glaube, von der öffentlichen Meinung werde das Verhalten der Regiernng in der Suezkanal-Angelegenheit stets als ein politishes und patriotishes angesehen werden, Die Suezkanalaktien-Bill wurde hierauf genehmigt. In Erwide- rung einer Anfrage des Deputirten Torrens erklärte der Unter- Staatssekretär Bourke, daß in dem Wiener Vertrage von 1815 bezüglich des Gebrauchs der polnishen Sprache bei den Civil- und Strafgerichten in der preußischen Provinz Posen irgend eine Verpflihtung Seitens der Mächte nit übernommen worden sei.

Frankreich. Paris, 7. August. Das „Journal officiel“ veröffentliht ein Dekret des Präsidenten der Republik, wonach bis auf Weiteres Silberbarren behufs Prägung von Fünf- francsftücken in den Münzen von Paris und Bordeaux nicht mehr angenommen werden. \

Der Minifter Dufaure hat jeßt die Kandidatur für den durch den Tod Casimir Pereire's erledigten Siß im Senate definitiv angenommen. Die Rehte des Senats beschloß in einer heute abgehaltenen Versammlung mit 59 gegen 3 Stim- D die Kandidatur des Hrn. de Chesnelong aufrecht zu er-

alten.

(Köln. Ztg.) Der Gatineau's{2 Geseßesvorshlag, nah welhem die Verfolgungen gegen die Mitglieder der Kommune von Amts wegen eingestellt werden sollen, Sal der Tagesord: ung der Deputirtenkammer für diese

oche.

9. August. (W. T. B.) Das „Iournal officiel veröffentliht eine mit der gestrigen Meldung des „Deutschen Reichs-Anzeigers“ konforme Mittheilung über die Erledigung der Salonichi-Angelegenheit, welche in Folge der ge- meinsamen Bemühungen der deutshen und der französishen Regierung endgültig geordnet worden sei.

Versailles, 8. August. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung des Senats legte der Berichterstatter der Kommission für die Berathung des Munizipalgesezes, Parrieu, sei- nen Bericht vor, welher fich* für die Annahme des Gesetzes mit Ausnahme des Art. 3 aus\sprach. Der Minister des Innern, de Marcère, beantragte die Dringlichkeit für die Be- rathung. Die Abstimmung über dieselbe wurde jedoch auf morgen vertagt.

Die Deputirtenkammer berieth den Gesezentwurf, betreffend die Bewilligung eines Kredites von 2 Millionen Francs für die carlistishen Flüchtlinge, und nahm im Laufé der Debatte eine Reduktion desselben um 700,000 Francs an, welche von der Kommission vorgeshlagen war, und \ollen die Unterstüßungen für die Carlisten mit dem Ende des näh- ften Monats ganz aufhören.

Spanien. Ein der Regierung aus der Havannah vom 4, August zugegangenes Telegramm berichtet von einer Nieder- lage der Aufftändishen in der Nähe von Yaragunas, wobei mehrere ihrer Anführer gefallen sein sollen.

Ftalien. Rom, 5. August. (Ital. Nar.) Der Mi- nifterpräsident Depretis und der Minister der öffentlichen Arbeiten Z’anardelli find gestern Abend von hier nah Turin abgefahren, um der Eröffnung der Eisenbahn von Cirie nah Lanzo beizuwohnen. Der Minister des Innern Nicotera wird von Mailand ebendahin kommen. Auf dem Bankette, welches den Ministern in Turin gegeben werden \oll, wird einer der- selben das Programm der Regierung entwickeln.

Der „Voce della Verita* gereiht es zu großer Freude berihten zu können, daß die Patres -Minores Conventnales im Klofter des h. Franciscus von Assisi ihren Prozeß gegen die italienishe Regierung gewonnen haben. Als nämlich der Königlihe Kommissar für Umbrien (Pepoli) die Klöster dieser Provinz aufhob, machte er durch Dekret vom 11. Dezember 1860 Ausnahme zu Gunsten des Klosters St. Peter in Perugia, der Montecassiner Mönche und Kapu- zinerinnen von Città di Caftelo und des Krlofters des h. Franciscus in Asfisi. In jenem Dekrete hieß es nämlih: „Die Mönche des aufgehobenen Minoriten- ordens im Kloster des h. Franciscus in Affsisi bleiben im Befige ihrer Güter, bis fie auf weniger als drei ausgestorben sind.“ Áls aber im Jahre 1866 eine allgemeine Klofteraufhebung ftatt- fand, glaubte man fich über das Dekret vom 11. Dezember 1860 hinwegsezen und auch das Kloster des h. Franciscus mit aufheben zu dürfen. Die Mönche protestirten jedoch dagegen, und nah einem Prozesse von . zehn Jahren hat der Appellhof von Ancona, Section Perugia, am 1. August dahin entschieden, daß der Staat dem Kloster alle seine Güter wiêder zu erstatten und die Prozeßkoften zu bezahlen hat.

Die Sizilianishen Zeitungen bringen interessante Einzelheiten über die am 27. Juli erfolgte Aufhebung und Wegführung des reihen Amato Vetrano aus Sciacca. Ein paar Tage später ift Angelo Pillitteri drei Kilometer von Realmonte in der Provinz Girgenti von Briganten aufgehoben und weggeführt worden.

8, August. (W. T. B.) Der. neu ernannte tür- kishe Gesandte Essad Bey if heute früh hier eingetroffen. Das Befinden des Kardinals Antonelli is, der „Agenzia Stefani“ zufolge, wenig befriedigend.

Türkei. Konstantinopel, 5, August, (Corr. Orient.) Das Hauptereigniß der inneren Politik is die Verschiebung der Verwaltungs-Reformen bis nach Beendigung des

Krieges. Diese Entscheidung i} offiziel den Journalen mit- getheilt worden. Das Communiqué lautet: „Wir er- fahren, daß seit einigen Tagen unbestimmte Gerüchte über den Modus der Verwaltung umlaufen, der in Zukunft im türkischen Reiche befolgt werden fol. In dem jüngst veröffentlihten Kaiserlihen Hatt is es klar ausge- \prochen, daß der Sultan seine Minister beauftragt hat, über die Annahme eines auf solidem Grunde erhobenen Verwal- tungs\yftems zu berathen, doch muß dies neue Sysiem dem „Chériat“ (Cheriate umfavik) fo wie den Gebräuchen und Sitten des Landes angepaßt sein. Zu einem solhen Resultat zu gelangen, bedarf es - aber eingehender Berathungen und gründlicher Prüfung aller einzelnen Punkte. Der Krieg ist in diesem Augenblick jedo die wichtigste Angelegenheit, und läßt zur Berathung anderer Geschäfte von Bedeutung nicht die nöthige Zeit, die über das Verwaltungs\syftem muß daher bis zum Ende des Krieges hinausgeschoben werden.

Während nun fo viele Soldaten des Islam dem Feinde im Kampfe gegenüberstehen, ziehen einzelne Individuen, die weder den wahren Stand noch die Dringlichkeit der Staatsgeshäfte fennen, von Versammlung zu Versammlung, von einer Gesell- \chaft zur andern, um fich mit einer so ernsten Frage zu be- \chäftigen, die die Gemüther erregt, ohne anderes Resultat als Uneinigkeit in das Volk zu bringen, unsere Soldaten zu ent: muthigen und unsere Feinde zu ergögzen.

Wer nur einen Funken von religiösem Glauben und von Patriotismus in fih hegt, darf sfich solhem Treiben nicht an- Fchließen.

Die Kaiserlihe Regierung hat daher bes{chlo}en, dergleichen Umtriebe niht zu dulden und den Polizei-Minister beauftragt, dur \eine geheimen Agenten die Gesellshaften zu entdecken und zu überwachen, in denen folhe Umtriebe, de den Zwiespalt unter das Volk tragen, stattfinden, und den Personen, die fih mit derartigen Fragen beschäftigen, die Strafe der Vaterlands-Ver- räther angedeihen zu lasen.

Das Preßbureau ift beauftragt, die Blätter zu überwachen.

Durch gegenwärtige Veröffentlihung fordert die Regierung alle Diejenigen, die ihre Religion, das Vaterland, die Nation und den Staat lieben, auf, diese verwirrenden Streitfragen zu vermeiden.“

Die Mittheilung der Nachricht, daß im Kaukasus eine Revolution ausgebrochen sei, hat das Preßbureau veranlaßt, drei Journale zu unterdrücken. Die obereVerwaltungsbc- hörde drüdckt fih hierüber in Betreff des „Novakir folgendermaßen aus: „In Ansehung des am verwichene; Sonnabend, 29. Juli, vom „Novakir“ in Form eines Bulletins unter dem Titel: „Auf- ruf zum Kriege“ veröffentlihten Manifeftes; in Betracht, daß dieses Blatt, unter Mißachtung der ihm bereits zugegangenen Warnungen und Verhaltungsregeln , hervorgerufen dur die gegenwärtige \chwierige Lage des Landes, sich nicht scheut, die armenishe Bevölkerung zum Aufruhr an- zustaheln, unter dem Vorwande, den Glaubensgenossen eines Nachbarlandes zu Hülfe zu kommen, das sie fälshlich als im Zustande der Empörung gegen seine geseß- lihe Regierung darstellt; in Betracht, daß das genannte Blatt, um zur Betheiligung an dieser eben so läberlihen als verwerflihen Bewegung anzureizen das Beispiel des serbischen Aufruhrs anführt, und die heftigsten Leidenschaften aufzuregen \sucht; in Betracht, daß die Veröffentlihung dieses Manifestes Verwirrung in die Gemüther gebraht, die öffentlize Meinung getäuscht, und Manifestationen hervorgerufen hat, die die Ordnung und Ruhe unter den Bewohnern der Hauptstadt gestört haben, wird nah desfallfigem Befehl des Herrn MWinisters Excellenz

verfügt:

Das Iournal „Der Novakir“ is vom heutigen Tage ab unterdrüt,

Vom {Kriegsschauplaze liegen folgende Tele- gramme vor: Konftantinopel, 8. August. (W. T. B.) Hier ein-

gegangene Privatdepeshen aus Widdin vom gestrigen Tage be- stätigen, daß die türkishen Truppen ohne Kampf in Saitschar eingerückt find, da das Corps des Oberst Lesch- janin in Folge des Sîeges der Türken bei Knjazewaÿ und weil Leschjanin fürchtete, Saitshar möchte von verschiedenen Seiten angegriffen werden, die Stadt räumte.

Konstantinopel, 8. August. - (W. T. B.) Dur eine hier eingegangene Depeshe Osman Paschas wird amtlih bestätigt, daß Saitschar von den Serben geräumt und dann dur die türkishen Truppen besegt worden ist. Die Tf\cherkefsen haben den abziehenden Serben auf der Verfol- gung erheblihe Verlufte beigebracht.

Konstantinopel, 9. August. (W. T. B.) Der amt- lihe Bericht der türkishen Regierung über die Ein- nahme von Saitschar lautet: Osman Pascha hatte nach den erforderlihen Vorbereitungen und nahdem behufs Uebergangs über den Timokfluß Brücken geshlagen worden waren, die Offensive gegen Saitschar ergriffen. Die bei Saitschar befind- liche serbishe Armee verließ darauf ihre Stellungen und zog sih zurück. Osman Pascha verfolgte dieselbe und drängte fie in Unordnung zurück, die Serben verloren eine große Anzahl Todter und Verwundeter. Die türkishen Truppen haben ven Saitschar Besiß ergriffen und die wichtigsten strategishen Punkte dieses Platzes besetzt.

Paris, 8. August. (W. T. B.) Nah Nachrichten, welche der „Agence Havas“ aus Belgrad zugegangen sind, wird dort die Lage des Landes als eine äußerst gefährdete ange- schen. Fürst Milan foll niht abgeneigt sein, Frieden zu \hließen, doch sei das Ministerium und besonders Ristic für eine Fortseßung des Kampfes bis aufs Aeußerste; der Krieg werde daher, wenn das gegenwärtige Ministerium am Ruder bleibe, zunächst noch fortgeführt werden.

Wien, 7. August. (Allg. Ztg.) Die Freiwilligen- legion ungarisher Serben ermordete ihre sämmtlichen Offiziere,

Semlin, 6. Auguft. Das „Reutershe Bureau“ meldet: Die 2000 Freiwilligen der Drina-Armee, welche in Bosnien eingedrungen und 20 Kilometer weit vorgerückt sind, sandten zwei Telegramme in das Hauptquartier des Fürsten Milan, in welchen fie ihren Mangel an tüchtigen Offizieren hervorheben und den Oberst Despotowitsh als Ober-Befehlshaber erbitten. Ts\chclak Antitsh {lug gestern die von Sjeniza nah Novibazar marschirende ägyptische Division vollständig.

__— Die „N. Fr. Pr.“ vom 8. d. M. hat die inzwishen crfolgte Einnahme von Saitschar bereits in Betracht gezogen. Das genannte Blatt fagt, wenn Saitshar ebenfalls von den Türken ofkupirt und Osman Pasha gemeinsam mit Ahmed

Ejub westlich gegen das Morawathalk vorrücken würde, dann wäre auch die Position von Deligrad umgangen, und die Serben könnten uwsfoweniger daran derken, sie zu vertheidigen, als auch von Süden Ali Said Pascha über Krusevat gegen das mittlere Morawathal im Anrücken begriffen if, Den Serben würde dann nihts Anderes übrig bleiben, als durch langsames, \hrittweises Zurückweichen den Kawpf hinzuhalten, um an einem neuen, zur Vertheidigung hergerihteten Punkte, etwa bei Kra- gujevac, eine Entscheidungs\schlacht zu wagen.

Die Grundzüge des türkishen Operationsplanes find Folgende: Osman Pasha von Often (Zajcar), Achmed Ejub von Südoften (Knjazewaß), Mehemed Pascha (Nish) und Ali Saib Pascha (Krusevaß) von Süden rückcn konzentri\ch vor, um sih in der Gegend“ des Zusammenflusses der bulga- rishen und der serbishen Morawa zu vereinigen, und um ent- weder hier oder vielleiht weiter nördlih in der Thalgegend des Morawaflu}ses, welcher die Herzader Serbiens bildet, die Ent- scheidung zu suchen und zu finden.

Dagegen sfagt die „Presse'':

In der \{limmsten Situation befindet s{ch dermalen jeden- falls die bei Saitschar stehende Timokdivision unter Les\chja- nin. Es muß dort mit der Truppenzahl und dem Heldenmuthe der Serben sehr gut bestellt sein, wenn fie niht in kürzester Zeit den Rückzug von Saitschar nach Varatschin ohne ernstliche Kämpfe antreten sollten. Gelingt es auch Abdul Kerim Pascha, die Serben von Saitschar wie von Knjazewaß bis an die Mo- rawa zurückzudrängen, so wird er noh immer die entscheidende Schlacht bei Deligrad liefern müssen ein Resultat, das er dur einen direkten Vormarsch von Nis freilih {hon vor acht Tagen erreih: haben konnte.

Die „Pol. Korr.“ erhielt über die neuesten Ereig- nisse auf dem serbishen Kriegs\chauplagze folgenden telegraphischen Bericht aus Belgrad vom 6. August Abends:

„Die Lage der serbischen Armee auf dem f\üdöstlihen Kriegs\chauplaßte ist eine ernste. Oberst Uzun Mirkovic zog \sich auf Vratarnica, in der Richtung gegen Zajcar, zurück, Horwatovic zog fich auf Banja, drei Stunden von Alexinag entfernt, zurück. Knjazewaß, eine fleine wohlhabende Stadt mit 5000 Einwohnern, exiftirt niht mehr. Während des fünf- tägigen Kampfes um diese Stadt, wurde sie von den Türken total eingeäshert. Wenn die türkishe Armee ihren Er- folg ausbeuten und den Vormarsh sortsezen sollte, würde die Straße nach Banja-Belgrad gefährdet sein. Bei Vratarnica müßte T\hernajeff eine enisheidende Schlacht liefern. Jndessen deutet Mehreres darauf, daß man von dieser Seite vielleicht doch jeder entscheidenden Affaire aus dem Wege gehen werde. Die l:ÿte Hoffnung knüpft fh an Zajcar und Deligrad. Fällt aber Zajcar, dann können die Türken Deli- grad umgehen. Auf ein Vordringen der Türken bei Gramada, ein sehr gebirgiges Terrain, ift man hier niht gefaßt gewesen. Man \fah fich nur am unteren Timok und bei Alexinagz-Deligrad vor. Dieses gewöhnlihe Einfallsthor nah Serbien wurde aber von türkisher Seite nicht benugt und viel \{chle{chtere Straßen find zum Angriff auf die serbishe Ost-Armee gewählt worden. Horvatovic hatte kaum 8000 Mann bei Dervent und konnte dem aus 22,000 Mann Kerntruppen bestehenden Armee-Corps des Ahmed Ejub Pascha auf die Länge nit widerstehen.

Diese trüben Nachrihten vom oberen Timok haben hier eine sehr gedrücktc Stimmung hervorgerufen. Man giebt fih über die mißlihe Lage keiner Illufion mehr hin. Vom Frieden wird nicht gesprochen; do ift es gewiß, daß man einen ehren- vollen Frieder annehmen möchte. Sollte Zajcar au fallen, dann würde Ristié bei den Mächten eine Mediation nachsuchen.

Aus Zajcar wird gemeldet, daß 400 Freiwillige und 2200 Bulgaren mit 4 Gebirgsfanonen glüdcklich in den Balkan gelangt sind,

Die Nachricht, als \eien hier Plakate zu Gunsten der Dy- nastie Karageorgevic an decn Mauern angeheftet gewesen, ent- behrt jeder Begründung. Die Partei des früheren Fürsten ist ungemein klein und jezt denkt auch diese nicht an Mani- feftationen, welche die Nation sehr übel aufnehmen würde.“

Ueber die Pazifikation in Bulgarien wird der „Pol. Korr.“ aus Rust\schuk unter dem 2. August gemeldet:

Der General-Gouverneur Assim Pascha hat die Weisung aus Konstantinopel erhalten, alle Mudirs und Kai- makams anzuweisen, die Schäden, welche die bulgarishen wie mohamedanishen Einwohner dieses Vilajets seit dem 1. Mai an unbeweglihem Gute erlitten, festzustellen und die Ergebnisse dem Großvezier mitzutheilen. Es besteht die Absicht, alle un- \huldig heimgesuhten loyalen Unterthanen des Sultans nah Möglichkeit zu entschädigen. Auch der Sultan \oll die Gcneigt- heit zu erkennen gegeben haben, aus seiner Privatschatulle 10,000 Livres zu diesem Zwecke beizufteuern. Der betreffende Befehl wurde an alle Unterbehörden bereits erlafsen.

Der Kaiserlihe Kommissär Kiani Pascha ift bereits nah Konstantinopel zurückgereist. Er gewann die Ueberzeugung, daß mehrere Unter-Gouverneure fih thatsählihe Geseßwidrigkeiten zu Schulden kommen ließen. Man erwartet hier mit Bestimmt- heit, daß der größte Theil der Funktionäre in Bulgarien verseßt und abgeseßzt werden foll.

Assim Pascha berief vorgestern mehrere hiefige bulgarische Notablen und verkündete ihnen, nah Beendigung des Krieges werde die Pforte die Vilajetsverfassung erweitern, Ruralbanken gründen, Vicinalstraßen bauen und überhaupt bestrebt fein, die Wunden zu heilen, die die Gegenwart dem Lande geschlagen hat. Die Notablen dankten und verbreiteten diese Mittheilung weiter, die au eine günstige Wirkung nit verfehlte.

Den „Times“ wird unterm 3. August aus Wien tele- graphirt: „Der Für, von Montenegro hat sich an den Feldzeugmeister Rodià um die Erlaubniß gewendet, daß seine Kranken und Verw ndeten durch Grahovo nah Risano in die Bocche di Cattaro transportirt werden dürfen, um von da auf der kürzesten Route nah Cettinje gesendet zu wer- den, wo die russische Gesellschaft vom rothen Kreuz ihr Cen- tralspital etablirt hat. Was die Entfernung betrifft, \o ist es nur ein geringer Gewinn für die Verwundeten, wenn fie auf dieser Route, ftatt auf dem direkten Landwege durch Montenegro transportirt werden. Aber der Weg von Grahovo über Dragalj nah Risano, sowie auf dem größten Theile der Strecke von Cattaro nah Cettinje ist erträglih gut für Fuhrwerke \o daß die Verwundeten weniger zu leiden haben würden, als wenn fie die ganze Distanz hin- urch auf Maulthicren oder Pferden transportirt werden. Feld- zeugmeister Rodih hat dem Begehren des Fürsten bereitwillig entsprochen, zugleih aber 'enselben in Kenntniß seßen lassen, daß, wenn die Türken eine ähnliche Passage für ihre Verwun- deten durch öfterreihishes Gebiet, zum Beispiel von Trebinje nah Ragusa oder von Met‘ovic die Narenta herab, wünschen

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sollten, ihnen dieses Begehrett gh dent Grundsäßen det Gegen- seitigkeit in gleicher Weise zugestanden werden würde.“

Demselben Blatte wird unterm 4. August aus Nagusa telegraphish gemeldet: Die Blokade von Trebinje ist vollstän- dig. Da die bisher in Klek gestandene montenegrinische Truppenmacht gestern abmarschirt ist und die Ragufaner Straße veseht hat, so ist für Moukhtar Pascha kein Abzug ohne Kampf denkbar. Die Montenegriner sind den Türken an Zahl doppelt über- - legen, und selbs wenn es Moukhtar gelingen follte, die Wach- samkeit der Montenegriner zu täuschen, wird er erft einen langen und ershöpfenden Marsh ohne Wasserverforgung zurücklegen müssen, um fih in Sicherheit zu bringen, da die um diese Jahres- geit einzige praftikable Straße über Bilek geht, welche jeßt von der montenegrinischen Hauptmaht besezt ift. Moukhtars Stellung \heint hoffnungslos zu sein, wenn ihm niht eine starke Macht von der serbischen Grenze zu Hülfe kommt. Die türkischen Verlufte in der lezten Schlaht sind größer, als fie angegeben wurden, und begreifen auch noch Hunderte von Irregulären unter sih, worunter viele Beys aus Mostar, Nevesinje und Gaczko. Ueber vierhundert Gewehre sind bereits eingebraht und noch findet man überall solche in allen Richtungen zerstreut liegen, nach welchen fich die Türken flühteten. Es is wahr- scheinlih, daß der Totalverlust an Todten, Verwundeten und Vermißten mehr als 3000 Mann beträgt, und in dieser Schäzung stimmen die lezten inoffiziellen türkishen und monte- negrinishen Berichte überein. Moufhtar machte einen Versuch, gegen Bilek zu marschiren, aber er wurde von Peko nah einem kurzen Gefechte zurückgetrieben.

Numäánien. Bukarest, 1. August. Die Deputirten- kammer hat gestern mit 98 gegen 1 Stimme beschlossen, die früheren Minifter Catargiu, Floresco, Brèresco, Lahovary, Mavrogheni, Costaforu, Majorescu und Georg Cantacuzen wegen Fälshung der Waßlen, Mißbrauchs der Amtsgewalt und Verletzung der Budgetgeseße in Ankl agezustand zu versetzen. Am Anfang derselben Sißung verlangte der Abgeordnete JIo- nescu, daß die Regierung der Kammer die diplomatische

Korrespondenz über die Neutralität vorlege, weil es besser sei, daß die Regierung ihre Politik des Friedens und der Neutralität darlege, damit dieselbe

durch ein Votum der Kammer bekräftigt werde. Der M i- nifter Cogalnitsheano antwortete, daß er zwar {on früher mit jeder Geheimthuerei gebrochen habe, als er von der Kammer die Ernennung einer Kommission verlangte, welcher er die diplo- matischen Akten vorlegen könne; daß er jezt aber um allen Bedenken ein Ende zu machen auch bereit sei, die diploma- tishe Korrespondenz der Kammer in öffentliher Sißzung tforzu- legen. Auf eine Interpellation des Abgeordneten Jatropolu : warum die Regierung der rumänischen Ambulanz des rothen Kreuzes in Turn-Severin den Uebertritt über die serbische Grenze untersagt habe, antwortete der Minifter, daß dieses Verbot bereits wieder aufgehoben sei und fich die rumänische Ambulanz bereits auf dem Kriegs\{hauplaß in Thätigkeit befinde. Er habe besagie Ambulanz nur so lange in Turn-Severin aufhalten lassen, bis aus Konstantinopel auf eine hierauf bezügliche An- frage eine Antwort eingetroffen sei, Darauf verlas der Minister eine Depesche der türkishen Regierung, worin leßtere erklärt, daß fie gegen die Thätigkeit der rumänischen Ambulanz auf dem Kriegstheater keine Einwendungen mache, jedoch jede Verantwor- tung für die daraus entftehenden Gefahren ablehne.

Nußland nund Polen. Der „P. C.“ wird aus Odessa vom 30. Juli geschrieben: „In mehreren rusfi- {hen Regimentern, besonders der Garnisonen in Bess- arabien und in den südruffishen Gouvernements, dien- ten, zum Stabe dieser Regimenter aggregirt , viele Söhne angesehener s\erbisher und bulgarisher Familien. Diese sind nun sämmtilih in ihre Heimath und speziell in das serbishe Lager gegangen. Das hat den Grund zu der Fabel von mafsenhaftem Zuftrömen rusfisher Offiziere in das serbische Heer gegeben. Die Zahl der wirklihen russishen Offiziere, die zugleich russishe Unterthanen find, beträgt kaum ein Dußend und find ihre Namen bereits auch zum öôftern genannt worden ; ein Ieder von ihnen hat seinen Abschied aus russischen Diensten genommen.“

Die „Allg. 3tg.“ erhält aus Moskau, 7. August, fol gendes Telegramm: Ein von der Gesellschaft der barmherzigen Schwestern in der Muttergotteskapelle beabfihtigter Dank- gottesdiensst| für Montenegro wurde von der Polizei untersagt.

Amerika. New-York, 2. Auguft. Am 5, v. Mts. fand in Hamburg, Süd-Carolina, ein Zusammenstoß zwischen Negern und Weißen statt, bei dem ein Neger er- \hofsen und 25 gefangen genommen wurden. Von den Leßteren wurden am folgenden Morgen s\echs erschossen, die Uebrigen ver- suchten zu flichen, worauf man au auf sie feuerte und dabei drei, darunter einen tödtlih, verwundete. Präsident Grant hat jezt dem Senat eine Botschaft nebst Abschrift eines Briefes an den Gouverneur von Südcarolina gesandt, in dem er das Er- \hicßen der Negermilizen für eine muthwillige, grausame und eigenmächtige Gewaltthätigkeit erklärt. Der Präsident fordert v-m Gouverneur energishe Strafmaßregeln und verspriht ihm alle Hülfe. 53 Weiße sind nun auch wegen jener Ermordungen vor Gericht gezogen worden.

Asien. (A. A. C.) Aus Singapore wird unterm 30. v. M. gemeldet, daß der Maharadschah Lela, Pondut Indut, und andere der Betheiligung an der Ermordung des Herrn Birh angeshuldigte Malayenhäuptlinge durhch den Einfluß des Maharadschah von Johore dem Gouverneur der Strits-Settlements ausgeliefert worden find.

Nr. 61 des! Amtsblatts der deutsGen Reihs-Pofst- und Telegraphenverwaltung hat folgenden Inhalt: Verfügun- gen: vom 1, Auguft 1876, Auflösung der Reftverwaltungen bei den Kaiserlichen Ober-Postdirektionen am Sitze der früheren Kaiserlichen Telegraphendirektionen. Vom 95. August 1876. Zeitungsverkehr mit der Schweiz. i

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Der prtdent der italienischen geographischen Gesellschaft, Correnti, hat, nah der „Libertà“, neuerdings wie- der ein Schreiben an das italienishe auswärtige Amt gerichtet, worin er dasselbe ersucht, wirksame Schritte - bei der ägyptischen Regierung zu thun, damil die wissenschaftlichen Zwee der italienishen Ex- pedition nah Junerafrika nicht vereitelt werden, indem die ägyptishen Behörden den Reisenden Hindernisse in den Weg legten.

Stockholm, 5. August. Am Mittwoch starb in Norva Vram der bekannte Belletrift und Historiker Propst G. H. Mellin im Alter von 73 Jahren.