1922 / 81 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Apr 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Es fommen nun die Vorfälle des 16. Februar, die ih im. großen und ganzen als bekannt vorausseven darf, zunächst das Shreiben an das Provinzialschulkollegium. Ja, dieses Schreiben is später angehalten, es ist aber vor 122 Schülern verlesen worden. Gört, hört!) Jn dem Augen- blick, wo es verlesen worden tst, mußte diese Stimmung in der Shülerschaft erzeugt werden, die s{ließlih am Abend zur Explosion führte. Dieses Schreiben war ein Protest der 7. Ober- inspektion gegen die Entlassung von Frau von Shwanewede. Jh möchte mir do nit versa , einige Sätze aus diesem Schreiben vorzulesen:

_Die Enilassung dieser Dame hätte niemals erfolgen können, wenn die entscheidenden Instanzen einen Einblick in die auf- opfernde Tätigkeit der Hausdame genommen hätten.

ört, hört!) Das ist ein shwerer Vorwurf, den dic Schüler-

. fGaft damit gegen die verantwortlichen JFnstänzen erhebt. (Große Unruhe und lebhafte Zurufe recht3: Schülerräte!) Fa aber, meine Herren, ih bitte do, nehmen wir selbst an, dieser Schüler- rat steht als berechtigt da, so braucht er doch nicht in diesem Ton zu sprechen. Dann heißt es weiter:

Die 7. Oberinspektion sieht sich deshalb gezwungen, daß sie kein Mittel unversucht lassen wird, um aus sich eine Klärung herbeizuführen. J stelle also fest, daß Hier vorgelesew worden if, daß fie kein

…_ Mittel unversucht lassen würde. Später, als die s{chriftlihe Eingabe -an das Provingialshulkollegium weitergeleîtet werden sollte, wurde hineinkorrigiert: „kein erlaubtes Mittel“. Der Abend desselben

: Tages sollte’ zeigen, wie dieses Mittel aussah.

Da die Schülershaft jede andere Stellungnahme gegen diese Hausdame zum mindesten al3 grobe Leichtfertigkeit ansprechen

* müßte : : Das ist ein unerhörter Vorwurf von Schülern gegen die Ge-

samtleitung mit Worten, die im Munde von Schülern einer höheren Lehranstalt unqualifiziérbar find. (Sehr richtig!)

Hum Sthluß wird der Verdacht ausgesprochen, daß „bei den gefällten Entscheidungen Einflüsse böswilligster Art vorlagen“. Meine Damen und Herren, ih glaube, es erübrigt ih jedes Wort Über dieses Vorgehew der Schüler. Wie am Abend die E xplosion eintrat, ist Jhnen, meine Damen und Herren, bekannt. Weil Fran Sorge im Verdacht gestanden hat, eine Denunziation an das Provinzialshulkollegium weitergegeben zu haben, weil die Schüler- haft glaubte, Frau Sorge habe Frau von Schwanewede denunziert, deshalb die unerhörten Auftritte gegen sie. Es ist erwiesen wir

- Háben Schüleraussagen \{chriftlich und mündlih zu Protokoll ge- nommen —, daß ‘hier ein Akt völliger Disziplin- und

_ZUthtlosigkeit im Speisesaal bei der 7. Inspektion vorgelegen hat, eine widerliße Szene gegen cine Dame, bei der si ein Primaner und Erzieher vor sie stellen mußten, um sie zu s{chügen. Die geballten Fäuste und Teller in der Hand. das ist nit apokryph, ih stelle das hiermit fest, und wenn es die „Deutsche Tage3zeitung“ auch Hundertmal leugnet. Die Ausdrüdcke: „Sau“, Hure“ und „Piezenshwein“ sind amtlich festgelegt und liegen fest. (Stürmishe Rufe: Hört, hört! und große Unruhe.)

Bei solcher Verwirrung der Begriffe, dié allmählih in den Köpfen der Schüler eingetreten war, war ein sharfer Eingriff in Lichterfelde absolut notwendig. (Sehr richtig!) Wenn jeßt wieder ein Kompromiß geschlossen, jeßt wieder verhandelt statt gehandelt, wenn mit in einer Sprache gesproGßen worden wäre, die allen Schülern der Anstalt verständlichß war, dann wäre die Anstalt dauernd gefährdet gewesen. (Sehr rihtig!) Die Schüler mußten erkennen, daß sie selbst kein Machtfaktor in der Schulpolitik sind, sie mußten erkennen, daß die Schulordnang ihnen so weit und nur so weit Rechte gibt, wie es pädagogish zulässig ist, aber keinen Schritt weiter.

Von der 7. Oberinspekltion 122 Schüler, in8gesamt 551 Schüler find. sämtliche Schüler bestraft wordem. 39 Primaner find von der Anstalt verwiesen worden. Meine Damen und Herren, 39 Primaner von 224 Primanern, und zwar 19 Ober- primaner von 108 Oberprimanern, und von diesen 19 Ober- primanern wären 5 nicht in die mündliche Prüfung auf Grund ihrer schlechten Leistungen hineingekommen. (Hört, hört! rechts.) Bleiben 14 Oberprimaner, die mit dem Verlust de3 halben Jahres bestraft wurden. Dazu 20 Unter- primaner, meine Damen und Herren, von denen 11 nit verseßt worden wären (Hört, hört! rechts), und nur 9 nach Oberprima aufgestiegen wären. Sie schen also, es sind nit die allerbesten

* Elemente, als deren Anwälte Sie in diesem Augenblick auftreten. Diese Schüler sind nit von allen Anstalten Preußens, wie es in

- der Presse immer wieder gesagt wird, ausgewiesen, sondern von der Großlichterfeldexr Anstalt, Wie man das heute noch ein Blute uxteil und ein Massakre nennen kann, ist mir unerfindlih. (Lachen

_ rets.) Das kann nur jemand schreiben, der keine Verantwortung vor der Oeffentlichkeit empfindet. (Sehr gut! Zurufe rechts. Unruhe. Glocke des Präsidenten.)

Meine Damen und Herren! Hier sind 14 Schüler so bestraft worden, daß sie ein halbes Jahr später ihre Prüfung machen können. (Zuruf rets.)

Vorgestern habe ih einen Brief aus dem Westen erhalten, von einer Anstalt, an der 16 Schüler mit Verweigerung der mündlihen Prüsung bestraft werden sollen, weil sie unerlaubte Hilfsmittel gebrauht haben. Kein Hahn kräht danach. Wegen dieser 16 Schüler, die unerlaubte Mittel benußt haben, regt si die Oeffentlichkeit niht auf. (Zuruf rets.)

Es ist soeben die telegraphische Mitteilung au die Eltern bemängelt worden. Jn der am 11. März in Lichter- felde von dem Herrn Oberregierungsrat Kummerow verlesenen Erklärung, die dort in Abschrift zurückgeblieben ist, heißt es wörtlich:

Die Eltern werden \chriftlich über die Maßnahmen und ihre Gründe benahrihtigt werden. Meine Damen und Herren, die telegraphishe Mitteilung billige ih feine8wegs. (Zuruf rechts: Aha!) Sie ist nicht auf meine

L Anordnung, ja gegen meine Anordnung ergangen. Einen

Augenblick! Die Anstalt hat auch hier versagt.

; Meine Damen und Herren, man hat bemängelt, daß bet

“* diesen Strafen von 121 Schülern die Primaner heraus-

‘genommen worden sind. Hier konnte niht mehr individualisiert |

werden. Hier lag eine Kollektivshuld vor. Hier konnten wir nur s wi P ex und 4 i

E

wîx die Oberprimaner und Unkerþrimaner als Führer angesehen ie übigen als Versührte. x ag N die Solidaritätserklärung der Schüler. Wa3 soll sie anders bedeuten als ein Kampfmittel, um die ace der Schüler unmögli zu machen und um die Schulperwaltung vor dem Shülerwillen kapitulieren zu lassen! Diese org L mußte endlih einmal gebrohen werden. (Sehr richtig!) Kei Paktieren und kein Zurückweichen! Der Autorität der Schulver- waltung mußte unbedingt und restlos die gebührende Achtung ver- ; r gut! :

ia “eugt S E t und nun komme ich zu einer fleinen Auseinanderseßzung mit Herrn Kollegen Oelze wegen des Grunbdsayes: ne bis in idem !— Herr Kollege Oelze und seine rechtskundigen Freunde in der Fraktion wissen ganz genau, 2 dieser Grundsay ledigli ein Korrelat der Rechtskraft des geriht- lihen Urteils ist (Zuruf rechts), das auf zwei Beptelern ruht, einmal auf den Garantien eines förmlihen Verfahrens un dann auf der Unabhängigkeit des Gerichts, das nur den Geseßen unterworfen ist, Bei Schülerbestrasungen handelt es sih um ein- fache Verwaltungsmaßregeln. Diese entbehren der E Ver- fahrensgarantien, und dazu ist zu rechnen die Formvorschrift, die Vernehmung des Beschuldigten, die Wahrnehmung des T interesses durch den Staat3anwalt, die Verteidigung des _Be- shuldigten und das Rechtsmittel. Ferner aber werden SOOD bestrafungen niht durch ein unabhängiges Gericht verhängt, sondern dur das Lehrerkollegium, und ein Lehrerkollegium ist eine Verwaltung3behörde, die, wie alle nichtrichterlichen Beamten, jederzeit der Abänderung ihrer Entscheidung dur die vorgeseßte Behörde ausgeseßt ist. Wenn wir bei Schüler- bestrafungen den Grundsaß ns bis in idem anwenden Doe sd würde das zu praktishen Absurditäten führen. Darf ih Jhnen, Herr Abgeordneter Oelze, der Sie Shulmann sind, ein praf- tishes Beispiel vorführen? Durch Verhängung und Verbüßung einer Arreststrafe könnte ein Lehrer einen Schüler einfah der Kompetenz der Lehrerkonfereng entziehen. Nehmen wir an, es hat ein Schüler gestohlen und der Lehrer verhängt eine Stunde Arrest über ihn, nun kommt die Mutter des Bestohlenen und beklagt s{ch bei dem Direktor über den Diebstahl, und der Direktor sagt, er fönne nit eingreifen, der Schüler sei bereits bestraft, „ne bis in idem“, er fönne nicht weiter bestraft werden eine prafktische Absurdität, wie Sie mir zugeben werden. So könnte ein Lehrer- kfollegium rein theoretish genommen cine vollendete Tat- sache schaffen und einen Schüler der Schulaufsihtsbehörde einfa entziehen. Dadurch würde das Schulaufsihtsreht in bezug auf die Schulzucht illusorisch werden.

Die Dienstanweisungen sehen in Ziffer 6 Abs. 6 und 7 bei den shtiversien Schulstrafen Bericht an das Provingialschulkollegium vor, d. h. die Shulaufsihtsbehörde hat das Ret und die Pflicht, in ernsten Fällen einzugreifen, den Beshluß des Lehrerkollegiums zu mildern oder zu vershärfen. Daß sie das auch bei anderen Shulstrafen hat, ergibt sih ohne weiteres aus dem Schulaufsicht3« recht. Sollte man wirklich anderer Meinung sein, so würde das die Souveränität des Lehrerkollegiums in Fragen der Schulzucht schaffen. Wenn ih der Oeffentlichkeit und dèm Parlamemt gegenüber die Verantwortung für die Shule und Schulzuchht tragen soll, so muß ih das der Schulaufsiht3behörde übrigens nie bestritiene Recht haben, grundsätßlich jede Shulstrafe, auch die schon abgebüßte, gegebevenfalls vershärfen zu können.

Wenn hier eiù Fehler vorliegen sollte, so wäre es der, daß die Anstaltsleitung, mahdem dem Ministerium der Fall gemeldet war, nicht in Fühlungnahme mit dem Ministerium vorgegangen ist. Verhängung und Verbüßung der Strafe hätie nah der Meldung nur in Fühlungnahme mit mir erfolgen dürfen. (Schr rihtig! links und im Zentrum.)

Ergibt sich aber aus dem, was ih vorgetragen habe, nit, daß die Auflösung der Schule das einzige Mittel für Aufrechterhaltung der staatlichen Autorität war? Ih kann mit gutem Gewissen diese Frage verneinen. Es sind nicht alle Schüler in Lichterfelde von demselben Geist ergriffen gewesen. Am 16. Februar z, B. haben O berinspektionsälteste des Alumnats A ihre Kameraden aus eigenem Antrieb und ohne Shwierigkeiten aus dem Saal geführt, weil fie mit den Ausschreitungen des andern Alumnats keine Gemeinschaft haben wollten und das unwürdige Treiben ver- urteilten. Von Fnteresse wird Zhnen eine Bekanntgabe des Ober- studienrats Dr. Bull vom Alumnat A sein, die am 19. Februar 1922, kurz nah der Revolte, bei der Mittagsversammlung vorgelesen worden ist. Der Oberstudienrat Dr. Bull teilt folgendes mit:

Ih spreche den beiden Oberinspektionsältesten von Oerßen und Jung meine besondere Anerkennung dafür aus, daß sie am Abend des 16. 2. im Spei ; S “t L Im Speisesaal einem unwürdigen Schauspiel Jus umsihhtiges und ents{lossenes Handeln ein erlösendes Ende

reitet haben. Jch gebe dabei der Erwartung Ausdrudck, daß alle Zöglinge des Alumnats sich jederzeit bemühen werden, diesen beiden trefflichen Führern an Verantwortungsgefühl und ehren- as Gesinnung nachzueifern. ep e g Oelerlei widhtig, Es wird hier von einem un- Tat e Schauspiel gesprochen, dem zwei Primaner für le 6, Vberinspektion ein erlösendes Ende bereitet haben, also [chwerste Verurteilung der Vorgän “i mittelbar nah der Revolte. Buaieua E hervorgehoben, daß im Alumnat A E die si der Verantwortung bewukt der 7, Oberinspektion völlig a La den Sturm ent

Autorität der Verwalkung und des Miuisteriums {wer ny,

griffen worden ist, nihts mehr hat zuschulden kommen lasten,

hat den Beweis erbracht, daß die Maßnahmen der Ve,,

waltung ausreichend gewesen sind. Es war ein

s{chwere Belastungsprobe für die Schüler. Denn täuschen wir

uns niht darüber: Feder Zeitungsartikel des „Tag der „Tg,

lichen Rundschau“, der „Deutschen Tageszeitung und der „Kreuz,

zeitung“, der sih mit Lichterfelde befaßte, wax eine neue Brand: bombe. (Hört, hört! und lebhafte Zustimmung links.) Diese Brandbomben sind wirkungslos zerplaßt. Der Wesel ïn der Anstaltsleitung, die Entlassung der Haus, damen eine Fnstitution, die ih bei älteren Schülern für völlig verfehlt halte (sehr richtig! rets) hat si reibungäloz vollzogen. Der neue Anstaltsleiter hat mit der Schüler haft sofort persönlih Fühlung genommen; er ist voller Hoffnung, daß es gélingen wird, die Anstalt zu erhalten. Lichterfelde das ist die Hauptsache in der ganzen Frage kann ge, rettetwerden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden, Personalfragen und Organisationsfragen sind jeßt das wihtigst, Wir können in Lichterfelde nur tüchtigste Lehrer an ver, antwortungs8voller Stelle gebrauchen, unter einer Leitung, die keine Machtpolitik der Schüler aufkommen läßt, die vollstes Ver- ständnis für ihre verantwortungsvolle Lage hat, und die bier be. weisen kann, daß Erziehen eine große und schwere Kunst ist. Des. halb müssen wir eine Vereinsahung der Organisation haben, die von einer Spiye ausgeht, die reibungslos arbeitet, nicht wie eine Maschine, sondern wie aufeinander abgestimnite verantwortungs freudige Persönlichkeiten, deren Zukunft nicht inm _Ungewissen liegt, Das wichtigste ist, daß die Freiheit, die die Schüler“ haben sollen, nit als ein hingeworfenes Geschenk aufzufassen ist, das leit mißbraucht wird, sondern als eine Ausgabe, die erkämpft und er rungen werden muß.

Jh habe die Gewißhe*, daß Lichterfelde uns ge: rettet werden kann. wie neue Leitung bürgt dafür. D: Wechsel in der Leitung war nötig. Jm übrigen möchte ih er “wähnen, daß der Geheime Studienrat Dr. Hartung m kommissarisch mit der Leitung beauftragt war, jo daß es sich als um die Entziehung eines Auftrages gehandelt hat, die natürlid jederzeit stattfinden kann. Mit dem neuen Schuljahr wird die Neuorganisation in Lichterfelde durchgeführt sein. Damit da

Schüler bereits am 1. April in die Ferien entlassen worden, Alles, was in Lichterfelde geschehen ist, ist erfolgt, um Lichterfelde als große Unterrihts- und Erziehungsanstalt zu erhalten. Dazu bedarf die Anstalt der Ruhe, ohne die nichts gedeihen kann. E geht nit an, daß die Parteien und die Redaktionen der Zeitung von Lehrern sich Material beschaffen, oft unter Verletzung der Amtsvershwiegenheit. (Hört, hört! links.) Es geht nicht an, de wertvolle Jugend für Parteizwede gemißbrauGt wird. (Sr richtig! rechts.) Hier soll eine Pflanzstätte sein, in die der Stuin der Parteien nit einbriht. Die Eltern sollen die Gewißhei haben, daß der Staat gegenüber der Kinderseele eine {were Vr- antwortung trägt. Wir hoffen, daß es möglich sein wird, de wertvollen Besiß ‘der Anstalt und die Anstalt selbst auszugestalie.

kalishen und chemischen, ‘naturwissenschaftlichen Lehrmitteln, dit einzigartig dastehen, mit großen Vorräten an Kleidung rid Wäsche, soll unserer deutschen Jugend unter allen Umständen tr halten werden, und zwar soll sie bestimmt sein für die Söhne unserer im Kriege Gefallenen, für die wir in als erster Linie sorgen müssen (bravo!), für die Söhne unserer A ub landsdeutschen, der Vertriebenen aus den abe getretenen Gebieten (bravo!), für die Söhne aller derer,

Mittelstand. Sie soll vor allem dienen für unser Waisenkinder (Zurufe links) und für die intelligenten Knaben aus dem Arbeiterstande. Hier sollen tühtige Menshen und tühtige Staatsbürger erzogen werden, die in der Jugend gehoren lernen, daß sie später an verantwortungs:

Gesichtspunkten ganz allein müssen meine Maßnahmen gewürdit werden. Lichterfelde soll uns erhalten bleiben. Um es zu et halten, mußte unter allen Umständen hier die Autorität gewahrt werden, und wer auf Zuÿt und auf Ordnung Gewicht legt, muß mir zu‘ stimmen. (Lebhafter Beifall bei derx Deutschen Volkspartei)

inan t A

127. Sißung vom 4. April 1922, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*))

„, Die Besprechung der beiden Großen Anfragen über die Vorgänge in der Studienanstalt in Lichterfelde wird fortgeseßt,

Abg. Charpentie r (Komm.): Das Vorgehen der Deutssy nationalen ist nur als ein politischer Vorstoß gegen die Regierung zu verstehen. ers aller Warnungen w e Regierung dit

nstalt weiter bestehen lassen. Fhr Lehrplan soll den Geist des alten Regimes wah erhalten und neu DaSenten die jungen Leut vorbereiten auf ihren späteren Beruf als Arbeiterschinder, als Orgeshhelden und auf die Untergrabung und den Sturz der deutschen demokratishen Republik. No in Flugblättern aus der jüngsten Fit wixd der Sturz der Republik in den Flugblättert der Orgesh ßanz unverblümt als eine ihrer Hauptaufgaben b“ eihnet. Dieses Milieu macht die Lichterfelder Vorgänge erst vstr [tändlich. Aus der ordinären und gemeinen Handlungsweise, dié [h darin gefällt, die Frauenwürde in den Kot zu treten aus diesen unerhörten Skandal anz besonders auh der Haß gegen di: A a auch Mein die un r[ihen

erer ¿thter gegen die Kommunisten erkl ih ist die Unmoral, die aus diesen Vorgänge von Herrn Böliß verhängte Strafe bedeutet eine g der Reaktion; ein ganzes halbes oder, werin es hoh mmt, ein Fahr ane werden diese mit Haß und Verachtung egen die Arbeiterschaft vollgefüllten Herrschaften auf die Arbeiter aft lo2gelassen werden! Was wäre geschehen, wenn die gleihen Fergange sih an einer Fortbildungs\{chule ereignet hätten und rbeiterkinder die A gewesen wären? Und was tut dek gmeose Sozialdmokrat Radbruch anderes, als daß ec internationale peaktionsbanditen {übt und alle Forderungen der Arbeiterschaf dio nteressen der besibenden Klassen opfert. Die Gefahren f u pacvublit sind nicht beseitigt, Herr Bölig ist nicht imstande, öu bannen. Er hälte das Institut sofort aufheben und einen g

neuen Kurs einshlagen müssen. Die gesamte Arbeiterschaft nul *) Mit Ausnahme der ; i Neben der Herren Minister, die im Bere ta | |

Liebknecht von Tätlichkeiten zurückgehalten.

Aufbau der Organisation ruhig vollzogen werden kann, find die /

lebten

* Jch bin bereit,

Eine Anstalt mit einer Bibliothek von 32000 Bänden, mit- phys-

- möge i die jeßt schwer leiden, aus dem Be amtenstand und aus dens

voller Stelle ihren Posten ausfüllen. Unter diesen!

denen zuliebe, die das Au

de E pezie es die _müssen gegen den

nühtern sind, so Ven unerhörten

: nli te, war eine stre me anlite: vie billiger ke“ Die strengste Sirase

G enem neuen Kukkurkampf zusammenschließen und eîne Arbeiterregierung muß ihn führen; dann allein wird die Reaktion unterliegen. (Beifall bei den Kommunisten.)

Abg. Dr. Cohn (U. Soz.): Fn der Schulpolitik haben die Sozialdemokraten in der Koalition die s{chwerste Niederlage er- litten. Ju der Weimarer Verfassung haben die Sozialdemokraten seider allzuviel Konzessionen an den Geist der alten Schule, an den Geist shulmäßiger Dressur und Unterdrückung gemacht. Dicse alte Shuldressuxr wollte dem Menschen nit ein bestimmtez3 Maß von Wissen, sondern eine bestimmte Gesinnung anlernen. Wir merken niht, wie der Geist der katholischen Weltauffassung si von Tag zu Tag mehr der Schule als JFnstrumènten ihver Volitik bemächtigt. Es wäre interessant, einmal die politishe Seite der

Sculangelegenheiten zu betrachten und das Maß der finanziellen i S tkans der katholishen Ordensshulen zu erfahren.

: (Abg. Wildermann ente: Auch für die evangelischen Schulen.) Redner polemisiert welter gegen das Zentrum und meint, daß der Abg. Oelze der ¿oSosenen fatholishen Weltanschauung keine eigene geschlossene E s entgegenstellen „konnte. Die Bru- talität der Shüler habe Herr Oelze als Verstöße gegen den guten Ton gemildert, dazu komme das bewußte Tatsachenentstellen, das

Fälshen und s{hließlih al3 Pcsitives der Glaube an die alten

ewalten. Das ift derselle Geist, der einen BVeruf3genossen des Herrn Oelze, Hars, 1911 sagen ließ: „Wir müssen Frankreich große Landstrie abnehmen und die Bevölkerung daraus ver- treiben.“ Jh möchte niht den Herrn Minister Bölis und Herrn Oecelze fragen, ob ihnen nicht seit dem 1. August 1914 einmal das Gewissen geshlagen hat, daß die jungen Leute au3 der Prima und Sekunda al3 Kanonensutter ins Feld geshickt wurden. Wenn gestern die Jugend von Langemark verherrliht wurde, dann mochte ih nur sagen, daß diese Jugend niht ahnte, daß sie von verbrecherishen Generälen geführt wurde, (Zustimmung links, Widerspru rechts.) Wo war das Gefühl des Abg. Oelze bei dem Schulstreik in Pojen vor zchn Fahren. Herr Abg. Wildermann, wo waren Sie denn damals? (Zurufe de3 Abg. Wildermann.) Die ‘Kadetten von Lichterfelde sollen zum Bekennermut erzogen worden fein. h bin erstaunt, daß diese Eigenschaft al3 ein Produkt Lichterselder Erziehung in Anspruch genommen wird. Man braucht nur în die Bücher der bekanntesten Kadetten zu hauen, in die Bücher von Hindenburg und Ludendorff, um das Gegenteil vom Bekenn-rmut, die Feigheit herau3zulesen. (Bei vielen Worten des Redners kommt es im Hause zu ungeheuren Tumultszenen. Auf den stürmischen Beifall der Linken folgèn er=- regie Zwischenrufe von rechts, wie: Jüdishe Frechheit! Kommus- nistishe und unabhängige Abgeordnete verlassen ihre Bänke und stürmen nach der rechten Seite des Hauses. Abg. Meier-Berlin (U. Soz.) geht mit drohend erhobenen Fäusten auf einen deuts{ch- nationalen Zwishenrufer los und wird mit Mühe vom Abg. Mehrere Minuten lang herrsht im Hause ein ungeheurer Lärm. Nur Rufe tvie: Lumpen, Verbrecher! find zu verstehen. Während Präsident Leinert vergeblih sih bemüht, mit der Glode Ruhe zu schaffen, nimmt Abg. Schhulz-Neukölln (Komm.) einige Akten und Protokoll stüde vom Tisch des Hauses und wirft sie einem deutschnationalen Abgeordneten nach. Erst allmählih kann sih der . Präsident verständlih machen und die Abgeordneten veranlassen, ihve Plähe wieder einzunehmen.) Abg. Dr. Cohn wiederholt seine Worte, daß die Kadetten von Lihhterfelde ihre ihren auge an Bekennermut gerade in ihren deutlihste gezeigt hätten. (Beifall links.) das aus jeder Seite der drei Luden- gu beweisen, der \sch immer Femühßt, die Fehler der Straiegie und die Fehler der Polit:k, die er gemacht hat, dem Reichskanzler und anderen volitishen Kreisen zur Last zu legen, und ih niht scheut, seine eigenen Mitarbeiter zu heschimpfen. (Lebhafter Beifall links. Als Abgéordneter Cohn aus dem Buche: „Die Tragödie Deutsch- lands“ einige Stellen zu verlesen beginnt, fragt Präsident L einert, ob diese Stellen mit dem zur Beratung stehenden Gegenstande im Zusinimenhang ständen. Die Kommunisten rufen darauf: Passen Sie lieber auf die antisemitishen Zwischénrufe auf! Da {läft er aber! Präsident Leinert erwidert: Herr Abgeordneter Kaß, Sie find hier nicht der Zensor.) Darauf verliest Abgeordneter Dr. Lohn einige Stellen aus dem Buche, dessen Verfasser, ein höherer Offizier, sich niht nennt. U. a. wird darin von der ershreckenden Unbildung preußischer Offizierkreise gesprohen und von der cla ‘r 9g e geistiger Arbeit von diesew Kreisen. Der Minister doch an die Reichsverfassung AUeD, die die Erziehung im Geiste der Völkerversöhnung vorschrei t. Bei dem Fall Nicolai hätten die führenden Kreise der Universitäten das Gegenteil von LYölkerversöhnung, nämlich Völkerhaß, bewiesen. Lichterfelde sei nur eins von vielen Nestern des alten Geistes in Deutschland. Der Minister möge diesen alten Geist zurückdrängen und auch Lichter- [s mit dem neuen Geist der Völkerversöhnung beleben und mit dem Geiste der freudigen Bejahung der Republik. (Stürmischer Beifall links, lebhafte fuirufe rechts.) , Abg. Otto (Dem.): Erst nach den Darlegungen des Ministers hat man sih ein erschöpfendes Bild von der ganzen Sahlage machen können. Mit Eier Deutlichkeit und Be- stimmtheit hat der Minister den Tatbesband flargelegt, und wir stimmen seiner Darlegung in allen wesentlihen Punkten zu. Nicht dent flar bin ih über die Stellung geworden, die das Provingial- chulkollegium in der Frage eingenommen hat. Der Minister be- öetQnete den Bericht des zuständigen Referenten für nicht aus- reichend, er habe weitere Ña ragen nötig gemacht. Das ist für en Referenten, der die Sache bearbeitet hat, kein Lob, und wenn dieser Referent derjelbe ist, der hon neulih unter der gesamten Philologenschaft Berlins von si reden gemacht hat, so scheint es doch vielleicht ratsam, daß der Herr sih anderswo einen geeigneten Wirkungskreis sucht. Hexr v. Lindeiner scheint mir gang bewußt bemüht gewesen zu sein, den Blik von der Hauptsache auf Neben- Pehliches abzulenken. Der Herr Kollege Bäcker von der „Deutschen ageszeitung“ hat is gestern durch Zwischenrufe bemerkbar ge- macht, Einmal bezeichnete er das Absingen des Liedes „Deutsch-

Fegheth,

christen aufs

dorffshen Bücher

land, Deutschland über alles“ als den Kern der ganzen Sache, und

eute lesen wir in der „Kreuzzeitung“, daß Herr Bäcker mit diesem wishenruf durhaus den Kern der Sache getroffen hat. (Hört! ort! und Heiterkeit links und in der Mitte. Merkwürdigerweise jcweigt aber die „Kreuzgeitung“ über einen anderen weit bedeut- ameren Zwischenruf des Herrn Bätcker, der darin liegt, er erkenne die amtlichen Berichte niht an. Das ist der Kern der Handlung, soeit es die Feuisämationalen betrifft; gie erkennen an, was ihnen aßt, auf alles übrige pfeisen sie. (Sehr gut! in der Mitte und inks.) Der Minister hat das Verhalten der Hausdame Frau Sorge für taktlos erklärt. Die Dame ist, wie wir hören, politis rechts- orientiert; da la er S Aengstlichkeit

der Schluß nahe, daß ü t und zu starkes Änklammern an vorhandene Wei ungen sie ver-

N anlaßt hat, beim Absingen des Liedes siyen zu bleiben. Jch ver-

chweige nit, ich wäre aufgestanden und hätte mitgesungen, nicht lehen erzwingen wollten, sondern dem

Lie „zuliebe. Gerade weil wir diejes Lied so anerkennen, Dae leren wir auf das bestimmteste degeren, daß die Rechte und : Deutschnationalen es als Privateigentum zu amieren sich anmaßen. Das Lied ist kein Parteilied, und wir Terrox protestieren, den gelegentlih junge Burschen oder auch jungsräulihe Mädchen, die nit mehr ganz in jener Weise ae unterne)men. Einen ißbrauch öffentlih niedriger zu hängen und

au brandmarken, erachten wir für unsere Piliht. Die Kaiser-

.”

¿ Phurtstagsfeier ist von keiner Seite des Hauses ‘verteidigt morden.

Vorgänge vom 16. Februar können gar niht Garf genug perurteilt werden. Die eie Ausdrücke find tatfädlid M alten: i8her wurden derartige vom Minister vertretene Festste ungen au niht bezweifelt, es blieb der Deutschnationalen Volkspartei vor halten, von dieser guten Gepflogenheit abzuweichen.

rt! Da der 16. Februar nur den Abschluß einer

heefung

ministerium ni

verhängt worden. Sonst ist die unbedingte Autorität der SHul- verwaltung ein Logma gerade für die Deutshnationalen. ir freuen uns, daß der Abg. Wildermann sich dafür u. a. auf das eugnis von Kerschensteiner berufen hat. Das an sih gesunde Solidaritätsgefühl der Jugend L 0a nicht so weit erstreden, daß offenbare Betrügereien und meinheiten geshüßt werden. Die ganze Bedeutung der Frage ist rein pädagogischer Natur, erst dur das Verhalten der Presse ist die Frage zu einer hoópolitishen geworden. Mit Recht hat der Minister von unerhörter Demagogie gesprochen. Jn der heutigen „Deutschen: Ta eSzeitung“ werden ie Ausführungen des Ministers als „sachlich jo gut wie belang- los“ bezeichnet (hört, hörtl), und da hatte Herr von Lindeiner den Mut, hier zu behaupten, die Deutschnationalen hätten auf ihre Presse mäßigend eingewirkt! Wenn das mäßigend einwirken heißt! . . . (Große Heiterkeit.) Der Minister. will die Anstalt bei behalten, ihr aber eine neue Einrichtung geben, wobei mir nit ge allen hat, daß ausgerechnet bei den Arbeiterkindern die Jn- telligenz ausdrücklih erwähnt wird; ich treie da durhaus dem Vorredner bei. Die angekündigte Perjonalreform wird hoffent- pa nicht einseitig politish cine neue Zusanmmensezung des Lehrer- follegiums bedeuten. Das System der Hausdamen wird auch zu beseitigen scin, und ferner wird der Minister zu prüfen haben, ob nicht die streng durchgeführte Teilung von Unterrichts- und Hauswirfs{aft gemildert oder ganz aufgehoben werden kann. Wir be rußen, daß künftig im Unterciht die staatsbürgerlihe Be- lehrung nicht fehlen soll, Dieser Mangel war ein Hauptübel des bisherigen Systems. Die staatsbürgerlichen Belehrungen dürfen aber feinesfalls mit politischen Parteistellungen etwas zu tun haben. Politik und Parteipolitik gehört niht in die Schule. (Bei- fall bei den Dem.)

Damit {ließt die Besprechung.

Persönlich bemerkt

Abg. Wildermann (Zentr.): Auf die Frage, wo ih ge- wesen sei, als die Polen in der Provinz Posen von derx fönialih preußishen Regierung wegen ihrer Muttersprache verfolgt wurden, lann 1ch dem Abg. Dr. Cohn ganz genau antworten, daß ih damals Professor am Gymnasium in Recklinghausen war, und daß ih mich sehr genau erinnere, wie empört ich damals über diese ties Unterdrückungspolitik und wie froh und stolz i arüber war, daß die Zentrumsfraktion sich mutig und entschieden Eigenschaften, die ja au Herr Dr. Cohn besißt und gewandt und klug Eigenschaften, die Dr. Cohn nicht zu beweisen pflegt [Ur die zu Unrecht unterdrückten Polen eintrat. Wenn Dr. Cohn O dessen nicht euinnert, so erkläre ih mir das daraus, daß er selbst in seiner Rede sagte, er fühle leider, daß er zu den Aeltesten hier im Hause gehöre. (Große Heiterkeit.)

Es folgt die Beratung folgenden Antrages der

Deutschen Volkspartei: „Das Staatsministerium zu ersuchen, zur Behebung des durch im Kreise Niederung geschaffenen Notstandes der Re ierung Gums- binnen Staatsmittel in angemessener Höhe zux Verfügung zu stellen und die vom osipreußishen Provinziallandtag angeregte Sammlung für die geshädigte Bevölkerung nah Möglichkeit zu unterstüßen.“

Mit der Beratung verbunden wird die gro ße Anfrage der Sogialdemokraten:

„Durch die Ueberslutung des Dammes am Seckenburger

Kanal zwischen Tawellningken und Schaugsten und nafolgende Dammbrü find weite Teile dez Kreise Niederung und Labiau Überflutet. Jst das Staatsministerium bereit, sofort die not- wendigen Mittel bereitgustellen, um die Notlage der Betroffenen so {nell wie möglich zu lindern? Fs das Staatsministerium weiter ÉLereit, Mittel für die Eindeichung aller betroffenen Gebiete baldigst bereitzustellen ?“ a A Stamer (Soz.): Das Kurishe Haff war in diesem Winter jo eveist, pie: seit. Jahren nicht. Die Eisbrecherarbeiten sind auf dem Méemelstrom. und auf dem Haff eingestellt worden, und. dadurch ist eine Ueberschwemmung ‘aufgetreten, wie sie sert xFahrhunderten in _gleiher Ausdehnung nicht vorgekommen ist. Vie von der Uebershwemmung betroffene Bevölkerung lebt unter Zuständen, die man entseßlih nennen muß. Seit mehr als vier Wochen stehen 25 Gemeinden im Wasser, abgeschnürt von jeder Verkehrsverbindung. Der allein im Kreise Labiau entstandene Schaden ist, wie ih bei einer Berreisung selbst mit festgestellt habe, ohne die Gebäudeschäden auf 524 Millionen zu shäßen. Zu diejer Schäßung haben 10 von den 25 Gemeindevorstehern niht er- scheinen Tonen, weil sie durch das Wasser abgeschnitten waren. Diesen Schäden müssen diejenigen hinzugerehnet iverden, die im Kreise Niederung an der Pnemonienseite entstanden find und unter allen Umständen erseßt werden müssen. Der Gesamtshaden wird auf rund 20 Millionen zu beziffern fein. Es handelt sih hier niht um Großgrundbesiß, sondern um lauter kleine Leute, um die Aermsten der Armen, die ihre Kartoffeln völlig eingebüßt haben. Das Wasser kam mit solcher Vehemenz, daß eine Rettung unmöglih war. Die Leute haben das Vieh aus den Ställen in die Stuben mit herauf- und hineinbringen unen und leben mit dem Vieh zusammen in den Stuben, die auch 50 Zentimeter und höber unter Wasser stehen. Der aus älterer Zeit zur Verfügung stehende Uebershwemmungszuschußfonds von 15 000 # ist niht mehr vor- ‘andt Andererseits haben die Franzosen und die Memelländer ein Juteresse daran, die Memel oben einzudeichen, und so können wir uns Fahr für Jahr auf soiche Ueberschwemmungen gefaßt machen. Die Wintersaat, die Hackfrüchte, das Heu sind vollständig verloren. Um die Bevölkerung vor Hunger zu ¡chüßen, muß sofort eine Million angewiesen werden. Ver telegraphische Notruf, den wir gestern erhielten, enthält die Angabe, daß die Agrarier si s auszuhelfen bereit erklären, wenn die Regierung pashr get jage. So etwas verstehe ih als guter Deutscher nit; hoffentlich werden sie nit alle ein so s{händlihes Verhalten an den Tag legen, denn hier helfend einzutveten, ist die Pflicht jedes Volk8= genossen. Die Regierung hat ja in fabr dankenswerter Weise gestern einen Kostenvorshuß dahin überwiesen, aber der reicht zur Linderung der Notlage nicht aus. AERS den 20 Millionen bedarf es durchaus eneraiien Betriebes der Eindeichungen, die seit Jahr- zehnten ein Gebot der Notwendigkeit sind. r Antvag der Deutschen Volkspartei leidet an dem Mangel, daß er bloß den Kreis Niederung als übershwemmt ansieht; die zu überweijenden Staatsmitiel müssen dem Oberpräsidenten zur Verfü ung gestellt werden. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. |

Abg. Frau Pohlmann (D. Vp.) erïlärt sich mit einer Ab- änderung thres Antrages im Sinne der leßten emerkfung des Vorredners einverstanden und ergänzt dessen Schilderung der ein- etretenen Notstände dur eine Reihe weiterer Einzelheiten. Mit huld sei, daß die Eiëbrecherarbeiten nicht genügend sorgfältig und nicht lange genug vorgenommen worden sind. Dur die Ueber- schwemmung sei auch der Schulbesuh der Kinder uard ês- macht worden. Die Deichhauptleute gäben sih alle Mühe, aber die Ueberschwemmung sei zu rash gekommen. Von allen Seiten bemühe man sich, Hilfe zu bringen, auch die Frauenvereine hätten alles aufgeboten, aber ohne die Hilfe des Staates und des Reiches sei für die Betroffenen keine Rettung. i

Ein Negierungsvertreter erklärt, daß die Kata- strophe in Niederung und Labiau von einer Ee nlichen Größe und in Ostpreußen noch nicht dagewesen sei. ie Staats3- regierung spreche all denen ihren Dank aus, die in aufopfernder Hilfe in den shwierigen Tagen für das allgemeine Gut eingetreten eien. Das Zusammentreffen verschiedener Umstände, der überaus T Frost und das plöplich eingetretene Tauwetter habe das Aus- maß der Katastrophe so vergrößert. Das Staatsministerium habe unmittelbar nach Bekanntwerden der Katastrophe in der ersten Sihung zur Ae der dringendsten Not einen Ban von einer Million Mark bereitgestellt. Sobald die Schäden in ihrem ganzen Umfange lesgeten werden würden, werde das Staats-

Mi unterlassen, mit einer entsprechenden Forderung an E ens aan. E e mas aus n s Ge notwen um derartige nit meiden. ‘Aas Staat3ministerium fet en der Auffa "e E weitere Eindeihungen vorgenommen müssen. Da |

- dabei niht gemacht. | gte sind nicht

Panp. tbesihz figlalisher Natur set, so werde ÿ J eichungsarbeiten in erster Linie lastet. e cuaat iur) Mae dazu angefordert werden sollten, unterliege der Pri ichen 9 Frau De'u t \ ch (D. Nat.) scilderlt ebenfalle ; lichen Worten die Katastrophe. Die eine ‘Million Maxk fs natürlich nur die allernotwendigsten Nöte H eheben. Die De Mittel, die zur Verfügung gestellt werdey; sollen Se T X me angepaßt. werden. - müßten der . &rau Wronka (Bentr.) dantt ! = A für die bis jeßt getroffenen E dana gingatäminifterium und wünscht, daß ausreihende Vittel zur Verfü Sun dor Not die Bevölkerung mit allem zur Aterbeste] lung Negt, Kftellt, daß jorgt und daß nahmen getroffen wer den, um in Zulauf ver=- devartiges Ade zu vermeiden. ; + On L: r. Meyer - Ostpreußen (K E 2 EindeiGunggarbeiten in Zukunft Arößere G inst dah ir gestellt werden, um solche Katastrophe zu vermeihe» rfugung - GUrgenjien (Unabh.) beday:er falls V so wenig zur Verhütung solcher Katastrophen ees LeEer den staallihen Mitteln müßte auch die Provinzialverwalta eben preußens zur finanziellen Hilfe herangezogen Verke V nog it=

Der deutschnationale Antrag Pöblmann mir; dem Hauptaus[chuß überwiesen, ) it wird darauf

Es folgt die zweite Beratung des Haus Gestütverwaltung. Y halts der

Der Ausschuß beantragt, die Einnahmen zu genehmigen und die Ausgaben mit der Aenderung zu bewilligen, daß der Titel für Neu- und Umbauten von Wärter=- und Arbeiter- familienhäusern um 7 782 000 Mark auf 12 000 000 Mat erhöht wird. Unter einer Reibe von Anträgen, die der Aus- {chuß dem Hause zur Beschlußfassung unterbreitet, wird das Staatsministerium auch ersucht, dahin zu wirken, daß durch die Einnahmen aus den Deck- und Füllengeldern die ge jamten Ausgaben der Gestütverwaltung gedeckt werd-n föonnen. Ein deuts nationaler Abänderungsantrag will in diesem Antrag hinter „Gestütverwaltung“ das Mort „möglichst“ einfügen. Ein anderer Aus\hußantrag ersucht das Staatsministerium, die Wohnungsverhältnisse auf den Gestüten einer gründlichen Nachprüfung zu unterziehen und erforderliche Neu- oder Umbauten beschleunigt in die Wege zu leiten.

Abg. Pe ters-Hochdonn (Soz.): Bei Hilfe für Sozial- und Kleinrentner wird immer gesagt, daß wir kein Geld haben. Hier werden jedoch für eine bejtirnmte Bevölkerungsschiht viele Mils lionen aufgewendet. Nach unserer Auffassung ist der Zuschuß für die Gestütsverwaltung micht notwendig. Wöhrend die Gestiüt3« verwaltung im vorigen Jahre unjer Shmerzenskind war, ist sie heute unfer Schreckenskind. Das Gestüt Marienwerder erfordert in diesem Fahre einen Zuschuß von 148 000 Mk. Dabei beträgt das Degeld im Landgestüt Marienwerder 150 Mk., während in der Umgegend Henaste von Privatleuten 400 Mk. Deckgeld einbringen. In Hannover ist man in der Pferdezucht bei Pferden ohne einen Tropsen Vollblut zu glänzenden Resultaten gekommen. Wir sind überhaupt der Caussalfuna, daß wir Pferde in genügender Um- fange haben. Sparsamïeit kann auf den Gestüten zu allererst

ebt werden. Meine Vehauptungen, daß der Graf Lehndorff 213 Junggeselle 15 Zimmer zur Verfügung hatte und keines davon abgeben wollte, halte ich aufrecht. Redner schildert ausführlich die ganze Angelegenheit, wie Graf Lehndorff keinen Raum zur Vers fügung stellen wollte, während sechs Wärterfamilien in drei No:- twohnungen hausen mußten. Hätte Graf Lehnmndorff seine Räurxte zur Verfügung gestellt, dann hätte die Jnteralliierte Kommission die Wohnung auc nicht beshlagnahmt. Der Oberlandesstallmeister möge den Fall no einmal recht eingehend prüfen. Seine Fraktion hofse und wünsche, daß die Gestütsverwaltung bald dahin kommen möge, daß sie auf jeden staatlihen Zuschuß verzihten könnte. Die Degelder seien wur um das Fünfzehnfache gestiegen und körtüten noch erhöht werden. :

Abg. Jacoby-Raffauf (Zentr.): Wir haben besonderen Wert. darauf gelegt, daß unser Hauptzuchtpferd von einwandfreicm Material berstammt, und dazu bedürfen wir der staatlichen Gestüte; von 60 Pferden im Privatbesiß möchten kaum zehn auf die Dauer die Probe bestehen. Von einem Beirat für die staatliche Pferde= zut versprehe ih mir nit viel, wir haben ohnehin jet schon joviel Räte und sind niht dazu berufen, ihre Zahl noch weiter zu vermehren. (Zustimmung.) Jn den Landwirtschaftskammern haben wir diese Räte ja zu Hunderten. Mit dem Verlangen, die Deck- und Füllengelder jo zu erhöhen, daß der Etat in sih balanciert, wird dem kleinen Landwirt und den Kleinbauern der schlehteste Dienst erwiesen. (Zustimmung im Zentrum.) Geht man mit den Deckgeldern derart in die Höge, dann wird s{ließlich der Kleinbauer aus der Pferdezuht ganz ausgeschaltet. Für die provingziellen Arbeitsgemeinschasten, die ein Antrag der Volks» partei empfiehlt, kin ih au, denn damit werden zahlreihe Reibereien vermieden. Wir müssen unsere Pferdezuht hochhalten, weil wir noch immer an die Entente Pserde abgeben müssen. Wir werden unseren Etat nicht eher balancieren, als wir nicht im Pferdebestand einen LOTRET haben, und den müssen wir auf alle Weise zu erlangen suchen. (Beifall im Zentrum.)

Abg. Logemann (D. Nat.): Unsere Pferdezuht hat nach dem Kriege neue Wege einschlagen müssen. Die Deck- und Füllen- gelder müssen einigermaßen den Pferdebestandsverhältnissen der einzelnen Provinzen angepaßt werden. Das «Interesse der kleinen Landwirie für Pferdezucht ist ja in weitem Maße vorhanden. Es muß aber noch gesteigert werden, und dazu wird es „eigentli in Betracht kommen, ob an den ö vH der Deck- und Füllengelder, die nah dem Antrage der Deutshen Volkspartei zu Leistungs- prüfungen Verwendung finden sollen, auch die kleinen Züchter beteiligt sind. Jm Gegensaß zu dem Abg. Peters glaube i, daß wir ganz ohne Vollblut nicht ausïommen können, ebenso wie wir au niht die Rennen entbehren können. - Von den staatlichen Pferden werden wir in absehbarer Zeit nit DSOREE, midt der G genossenshaftlihen Pferdezuht, wie sie in Oldenburg e y anderswo besteht, fönnen wir jeßt nichts anfangen, denn die A bäuerlichen Genossenschaften wärea gar niht in der Lage, e Mittel für den Hengst aufzubringen, Ein im vor! n G a E gestellter Antrag, für die Privathengste eine Beihilfe zu be D , ist leider nit zur Annahme gelangt. Jedenfalls L ¡Borna Gedeihen der Pferdezucht wesentlih von der Belieserung der csara wirtschaft mit Kunstdünger ab. Mit aller Kraft VUA duke Pferdezucht gefördert werden, damit wir endlich an E L wo denken annen. grie e li a esu gan iligt, um das Vaterland große Verdienste erwerben.

Abg. Dr. R o ß (D. Vp.): Pünktlich in jedem Jae das Verlangen der Abschaffung der staatlichen ( S vinz wieder. Vor dem Kriege wurde das Verlangen "Bestandes L weis auf die Notwendigkeit der Sicherstellung des

Militärpferden abgetan. Neuerdings ist nun der Heeresbe

i î i stà terem Nachdru außerordentlich bermindert worden, und mit ar 1

î i 8 oder der Eins ränkung der

S A orderung des Abbau hohe Parcs ers

te erhoben, die bekannitlich schr fordern. Die Eoaitana unterscheidet Haupigelins und Lands

estüte, Die Vollbluthengste können wir nicht ganz entkehren, gene ein gewisser Bestand und Nahwuchs sihergestell Det und das ist die Aufgabe der Haupt E. n b i

Die privaten : j Abstammung der Hen ste nicht genügende S

estüte in engerem S

epot8; es werden dort die Lanvverhäler au s nicht auf den Dedckstationen sind. Wir brauchen h M noch, um die Umstellung der mal Remontedepots sichergustellen. L beshäler bieten den Vorteil eines besseren terials un Gewährleistung einer gewissen Gleihmäßigkeit und der Zucht, Die Abschaffung der häler würde