1922 / 84 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Apr 1922 18:00:01 GMT) scan diff

agd ie mir von diesen ä erzählt ( rndi: Jhre eigenen Erlasse beweisen es!) Meine Erlasse beweisen, daß die Vex - bände in der Tat, dur den Konkurrenzkampf veranlaßt, im Laufe der Zeit sich Rechte angemaßt haben, die ihnen nit zu- standen. (Hört, hört! bei den D. Nat.) Jn den Dienstbetrieb hat sih keine Beamtenorganisation einziemishen. (Sehr richtig! hei den D. Nat.) Sie dürfen überzeugt sein, meine Herren, soweit die preußische Schubpolizei in Frage komnrt, gibt es darüber kein Verhandeln. Der Dienst ist Sache der Diensistellen, und die Vertretung der wirtschaftlichen Belamge der Schuhpokizeibeamten ist Sache der Verbände. Das ist die Arbeitsteilung, die strikte innegehalten wird.

Und nun die Tätigkeir des Schrader-Verbandes, die jich ins- besondere beim Streik so s{ädliG gezeigt haben soll. Der Schrader- Verbend hat nh bei seinen sogenannten Weisungen und Erlassen auf Beschlüsse des alten Reichsverbandes der Polizeibeamten ge= ¡tüßt. Als der Schrader-Verband einige Tage vor dem Streik merkte, daß ih den Shußpolizeibeamten ein Streikreht micht konzedieren könne, a!s ih ihm erflärte, daß, wenn die SchudZ-

polizeibeamten das Streikrecht für sih in Anspru nähmen, ic | dos Recht derx Entlassung für mich in Anspruh nehmen müsse, da

hat Hexr Schrader und sein Verband die Haltung eingenommen, die ih nux als loyal und klar bezeichnen Tann: er hat in leßter Stunde seinen Mitgliedern gesagt, daß von einer Beteiligung an Streik keine Rede sein könne, daß auch Neutvalität richt am Plave sei und man mur den Weisungen der Dienststellen nachkommen dürse. Diese Haæltung konnte ih durchaus wünschen, denn sie ent» spriht durchaus den nteressen des Staates. (Zuruf von den D. Nat.) Die Geldsammlungen! Meine Herren, man macht ¿war die Schuld eimer Boamtenkategorie nit dadurch) kleiner, daß

man auf die Verfehlungen anderer hinweist. Wenn Sie sich aber |

so ganz besonders auf die 360 Mark festgebissen haben, die bei

den sogenannten Samralungen der Schußpolizei herausgekommen | sind, so weise ih darauf hin, daß bet anderen Beamtentkategorien | (Zurufs von den D. Nai.: Leidec! | Hier ist es besonders gefährlih!) Aber bei den Gefängnis- j beamten, den Gerichtsvollziehern is in gewissen Augenbliden ein | Paktieren mit Streikenden auc gefährlih. JH bin mir durchaus | darüber im klaren, daß, wenn die Schubpolizei in gefahrvollen |

au gesammelt worden fft,

Situationen verjagt, wir dann überhaupt aufgeworfen sind. J) bitte Sio aber im übrigen, von diesen 360 Mack nicht allzuviel Aufhebens zu machen, Das ist nämli die ganze Summe, die bei den Sammlungen der preußischen Schubpolizei herausgekommen ijt, Als die vorgeseßte Diensitstelle die Absicht gemerkt hat, daß gesammelt werden jollte, ist sie cücksiGtslos eingeschritien, und es ist nirgends mehr eine Liste in Umlauf geseht worden. Kein Veamter hat es mehr gewagt, Gelder für die Streikenden zu jammeln.

Sie machen es den Schußpolizeibeamten zum Vorwurf, daß sie mit den Streikenden sympathisiert hätien. Ueber Gefühle kann man nicht streiten. Gefühle lassen sich auch nit konumandieren. (Buxuf von den D. Nat.: Unierdrücken! —- Erregte Rufe links.)

Daß die Schubpolizeibeamten dieses Gefühl der Sympathie gehabt |

Haben, meine Hexren, vas verstehe ih durchaus, das ist mir ganz erflärlih. Die Schußpolizei drängt, und besonders angereizt dur die deutschnationalen Flugblätter (Rufe rechts: Oho! Wo sind die Flugblätter?) Wenn Sie so liebenswürdig gewesen wären, Herr Abgeordneter Berndt, mir vorher zu sagen, daß Sie diese Attackte auf die Shußpolizei reiten würden,

feine Kenntnis bekommen —, dann hätte ih Jhnen das Material unterbreitet. Diese Flugblätter tvaren übrigens Gegenstaud ein- gehendster Erörterungen im Hauptausschuß des preußishen Ab- geordnetenhauses. Zhre Herren Dr. v. Dryander und v. d. Oster sind allerdings von den Flugblättern weit abgerüclt: das ändert aber nichts an der Tatsache, daß sie vom Schriftenverlag der Deutschnationalen Partei herausgegeber worden sind. (Hört, hört! fints.)

Also die Schußpolizeibeamten sind zum Teil, angeregt bur Jhre Artikel im „Tag“, in der „Deutschen Tageszeitung“, angeregt durch die Behauptungen in den Flugblättern zu der Auffassung ge- ¿ommen, daß sie niht genügend bejoldet sind, Sie wünschen eine andere Gingruppierung, und das NKambpfziel des Steceiks der Reid: so gewerkshast war doch eine Aenderung der Besoldungsordnung. Und wemr die Sthuzßpoklizeibeamten, zu diesem Streik Stellung nahmen, das heißt jeder einzelne für sich und in seinem Herzen, jo kann ih es mir schr wohl erklären, daß jeder die Streilenden als eine Art Preisfechter betrachtet hat, und danach hat si sein Gefühl eingestellt, Aber Gefühl und amtliche Tätigkeit ist ein Unierschied. Das BVefähl Fat in - dieser Situatica zu \{rceigen tjehx rihtig! rechts), und Sie (na rechts) hätten nur dann ein Recht zur Kritik, wenn Sie den Nachweis dafür erbringen könnten, daß dur diese Gefühle der einzelnen Schußpolizeibeamten Hand- sungen entstanden sind, die sih mit den Aufgaben eines staatlichen Beamten niht in Einklang bringen lassen. (Abgeordneter Berndt: Das habe ich bewiesen!) Das haben Sie bewiesen ja was denn? (Abgeordnetex BVerndt: Jch könnte noch viel mehr be- meisen)) =—— Jch weiß es nicht, \ch Habe ven meinen Freunden, die JFhrez Rede galausht haben, cine Eingelheit nicht notiert be- fommen. (Abgeordneter Berndt: Die Beamten haben dic Not- Helfer veschimpft und mißhandelt!) -— Herr Abgeordneter Berndt, vielleiht sind Sie jo liebens8würdig und geben mir diese Materialien zur Nachprüfung. (Abgeordneter Berudt: Sie sind bei Zhnen shon nahgeprüft, Sie müssen über Fhren Dienstbetcicb unterrichtet fein! Zurufe links) Das muß ich jelbstverstind- lih sein und. bilde mix cia, es zu sein. Aber der Untérschied zwisen einem Minister, der für alle seine Handlungen im öffentlichen Leben verantwortlih ist, und cinem Abgeordneten, der ledigli Kritik übt aus welchen Gründen, will ih niht untersaHen —, besteht darin, daß der Minister die Pflicht hat, Tatsachen vor- zubringen und der Abgeordnete das Recht, Beschwerde zu erheben und unbewiesene Behauptungen aufzustellen. (Zuruf rets. Gegenrufe links.)

“lso, meine Herren, wurde von Verfehlungen der Schußz- polizei gesprochen. J habe nah dem Streik der Eisenbahnbeamten an alle Dienststellen einen Erlaß gerichtet, mir unverzüglich die eripiesenen Versehlungen der Schubpolizeibeamten zur Kenntnis gv'bringen. Die Ergebnisse find erfrenlicherweise schr spärlich. J

(Abg. Berndt: Das | Habe ih îm Hauptausschuß angekündigt!) ih habe leider davon !

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Frankfurt a. M. haben in der. Tat zwei oder drei Beamte mit deu Streikenden gemeinsame Sache gemadt. (Hört, Hôrt! rehis. Zuruf links.) Sie sind entlassen worden. Aber, meine Herren, ih habe aus den Darlegungen bei der Fnterpellation über die Haltung der Reichsregierung zum Eisenbahnerstreik manchmalk den Eindruck œivonnew, als ob man meine, daß die Schußpolizei in jenen Tagen nicht scharf genug geweseu sei, und da muß ih Zhnen schon jagen: Die Art, wie die Shußpolizei in solhen Situationen ein- gesezt wird, müssen Sie dem verantwortliten Minister überlassen. De x Ministex verdiente mit Schimpf und Schande aus dem Amte gejagt zu werden, der si in solhen Situationen übernähme, der der Meinung wäre, daß man mit etiva 80 000 Mann eine streilende Arbeiterschaft in ganz Preußen zur Räfon bringen könnte. (Zuruf rechts.) Es kam in dicsen Tagen darauf an, die vernünftige, ruhfg denkende Arbeiterschaft niht gegen die Schußpolizei einzunehmen, sondern ste für die Scbukpolizei und ihren Dienst zu gewinnen (jehr richtig! links), nund ih glaube, das ist erreicht worden. Sie wissen ja eigentli aax nicht, ivas in jener Tagen auf dem Spicke gestanden hat! (Zuruf rehts: Sehr genau!) Hatten wir nux dex Eisenbaÿnerstreil?® Sic wissen, Herr Abgeordneter Berndt, daß Hier in Berlin ungefähr 55000 Gemeindearbeitex auf dem Pflaster standen, daß im Waldenburger. Kohlenrevier einige 10000 Berg= arbeitex in einer Lohnbewegung stander, die zu einem Streik zu führen drohte, taß int mitteldeutscer Braunkohlengebîet ebenfalls eine gleihe Anzah? von Kohlenarbeitern in einer Verhandlung stand, die ebenfalls diesen Kuêgang za nehmen droßte. Da ift cs fehr leicht, davon zu sprechen, daß die Schnÿpolizei nici alle Bahn- anlagen besept hat, da läßt fi leicht davon sprechen, daß die Tec- nische Nothilfe nicht vor jeder Belästigung des Publikums geschütt ivorden: ist. ;

Es ist cine underantivortliche Uebertreibung, von einex Hetze gegen dic Technische Nothilfe durh Beamte der Schuhpolizei zu sprecjen. Als einmat ein unfreundliches Wort beim Essenholen

von seiten eines zeuen Schaybeamten gegen die Technische Nothilfe |

gefallen ist, ist sosort gegen diesen Beamten das nötige reranlaßt Poren,

Aber ih möchte nun einmal den Minisier sehen, den Sie (nah vechts) aus Fhren Reihen stellen könnten, der in einer solchen Situation zu gar keinen Ausstellungen Veranlassung gäbe. (Zuruf links: Ausgezeichnet!)

roiederholt aus —, die Fluktuation în der Schubpolizei ist beute in der Tat so, daß wir wenigstens bei cinzelnen Formationen

manchmal fehr besorgt sird, die besten unserer Leute zu verlieren. ! (Hôvt, hört! rechts.) Aber wix sind gar nicht in der Lage, das i

mit einem Federstrih zu ändern. Solange unsere Wirtschaft unter dem Zeichen der /Hochkonjunktutr steht, solange unsere industriellen Unternehmungen, Handel und Verkehr höhere Lößne zahlen können, so lange wird man nicht in dex Lage sein, zu ver- hindern, daß Schauhpolizeibeamte den gefahrvollen und ver- hältnismäßig niedrig entlohnien Dienst eines Schußpolizei- beamten mit dem sehr viel besser bezablien Poster: eines Industrie- arbeiters oder Jndustricangestellien im Handel und Gewerbe ver»

tauschen.

Das ist aber feine spezifisce Erscheinung bei der Schutipolizet, jondern das löônnen rir in anderen Beamteukörpern auh wah:

| nehmen. Jh glaube, wix würden die entgegengesezte Tendenz

recht bald beobahtew fönnen, wenn sich diese Hochkonjiunkturx ändert, in den Zustand einer wirtschaftlichen Depression. Da würden wir einen folchen Zulauf zun Schußbeamtenium he- fommen, daß wix uns der Mannschaften gar nit erwehren könnten, :

So weit wir in der Lage sind, darch Herstellung guter Unter- bringung3möglihkeiten, durch eine Verbesserung der Ver- pflegung, durch cine Erleichierung des Dienstes der Fluktuation entgegenzutreten, wird das geschehen. So lange aber dies Miß- verhältnis zwischen der Entlohnung in der Jndoustrie und den Sägen der Beamtenbesokdung besteht, glaube ich, daß Sic (nach rets) auch kein Allheilmittel gegen diese Erscheinungen haben.

Androhung der Gefängnisstrafe soll auch nah Auffassung

des Hercn Abg. Berndt ein ungeecignetes Mittel sein, um der Fluktuation entgegenzutreten. 34 möhte dabei zur Ehren- rettung des Herrn Dr. Abega, um eine günstigere Berurteilung seiner Tätigkeit bei Zhnen zu erzielen, sagen, daß gerade e r diese Arrrequing zu einem Neferentenentwurf im Reicl8rniristerium des «VUnern gegeben hat, während ich mich mit dieser Anregung durchaus nit identifizkeren möchte. Jch bin mit Ihnen der Meinuug, daß Gesängnisstrafe gegen die Kuktuation das schleteste Mittel ist. Wern man einen Beamten durch Appell an sein Pflichtgefüht, dur Aussicht anf eine längere Veschäftigung in der Schuspolizei, dur eine Erleichterung seiner Dienstobliegen- heiten nit bei der Gtange halten kann, wird die Androhung von Gefängnisstrafen auch nicht bewirken, daß wir cine größere Stabilität bekommen. ' : Sie haben dann von dem Ehrgefühl der Polizei gesprochen, das durch diese Art Erlasse verleßt werde. Jch danke Ihnen für - diese orge um unsere Schußzpolizcibeamten. Aber ih bitte Sie, Herr Nyllege Berndt, sorgen Sie auch dafür, daß der Unmnut in Ihren Reiben gegen meine Amtsführung vershwinde, wenn ih Oberbeamte ver Schußpolizei aus ihren Aemtern entferne, wenn sie und weil fie dem hrgcfühl der unteren Beamten zu nahe getreten sind, (Sehr wahr! links.) Wir müssen heute leider feststellen, daß mande Ober- beamte. in der Schuhpolizei ihres Beruf durchaus verwechseln, Ein Teil der alien UArmeeoffiziere sind leider heute noch der Meinung, daß sie bei der Ausbildung nit Polizeibeamte auf ibren künftigen Dienst vorzubereiten haben, fondera Rekruten brillen sollen (sehr richtig! links), nnb da gibt es Schintpfworte und Entaleisungen aller rf, dic nicinond verteibigen wird. Wenn ih dann in cinigen Fällen die nolcndige Nemedur habe eintreten lassen, dann erhob .sich in den Reihen der Herren von der Deutschnationalen Volkspartei ein Sturm der Sntrüstung darüber, daß ih es gewagt habe, derartige Entlassungen vorzunehmen,

Nun noh ein Wort zu den Zivilkommissaren. JIch habe in meiner Tätigkeit im öffentkihen Leben hon rect oft die Erfahrung gesammelt, daß man in der Politik ein ret kurzes Gedärm hat. Auch der Herr Kollege Berndé, drr so tapfer gegen die Zivilkommissare zu Felde gegoaen ist, scheint ten Urfprung dieser Cinritung gar niht zu kennen. (Widerspru von den Deutschnationalen.) Cs ist in den Ausführungen des Abgeordneten Herrn Dr, Marebßky an den Kapp-Putsh erinnert worden, qud obglei Zivilkommissare und

Kapp-Puts scheinbar in keinem nrsächlichen Zusammenhange sichen, |

Und nun die Fluktuation aus der / Schubpolizei! Es ist richtig, reine Herren, ih führe das |

ift dieser Zusammenhang do gegeben. Wir Hätten keine Zivil kommissare, wenn es feinen Rapp-Putsch gegeben Hätte. (Hört, hört! links. Zurufe rechts: Der ist doch lange vorbei!) Das kam so: lz in der Abwehr des Kappshen Unternehmens die Groß Berliner Arbeitershaft zurn Generalstreik griff, ist dieser Generalstrei Vermittlung der politischen Parteien, der Koalitionsparteien bon tamals, auf Grund der sogenannten aht Punkte beendet worden. Zu diesen acht Punkten gehörte auc die Forderung der Gewerkschaft, 11nd Angefiellien##rbände, bei der Neuaufstellung der Formationen bér Reichéwehr und der Polizei die Mitglieder der Angestellten und und Arkeitergewerk schaften zu berüdsihtigen. Auf dieser Grundlage ronrde der Friede ges{lossen. Diese Abmahung war für die Reis, regierung und für die preußishe Staatsregierung bindend. Jch babs mich wenigstens, als ih einige Tage darauf mein Amt antrat, an diese Abmachungen gebunden erachiet. Aber es kam dann ret bald cine Note der Alliierten, die zunächst von der Reichsregierung h dann von den Einzelregierungen die Auflösung aller Orts- und Arbeiterwehren verlangte. Dadurh wurde ih veranlaßt, die Ein wohnerwehßren, die Orkswehren und die Arbeiterwebren aufzulösen, Nun mußte aber dem berechtigten Verlangen der Arbeiter. und Angestellienverbände Rechnung getragen werden, daß mehrere ikrer Mitglieder in die Körper der Reichswehr und der Scußpolizei gelangten. Das Mißtrauen der Arbeiterschaft wäre aufs neue an- gefacht worden, wenn speziell dieser Punkt vollständig ignoriert worde wäre. Deswegen habe ih damals im Einverstöndnis mit det Vertretern dex Koalitionsparteien die Männer eingeseßt, die bei der Ginstellung neuer Beamten in die Schutzpolizai eine gewisse Mit wirkung haben sollten. Es waren ibrer nit so viel, daß der große Larm darum gerechtfertigt wäre, der in der Oeffentlichkeit und hier im Reichstage darüber erhoben wird. In ganz Preußen find vier Zivilkommissare beschäftigt (Heiterkeit {inks), davon drei in Berlin, einer îin Schleswig Holstein. (Zuruf rechts: Wir meinen ja au Sachsen!) Die Zivillommissare in Berlin haben in diesen leßten zroei Jahren eine so nüßlihe Tätigkeit vercichtet, daß ih fie als ‘Wegbereiter des sozialen Friedens bei großen wirtschaftlichen Lohn- lämpfen niht missen mödte.

Allerdings, ih gebe Jhnen ret, Zivilkommissare, Kommissars überhaupt, follien wir nach Möglichkeit abschaffen, soweit das Prinzip in Frage kommt, sind wir also ganz éinig. Ich habe in meiner Tätigkeit als Reichs- und Staatskommissar im Rheinland und Wests falen erfahren, was es heißt, cine Art Fremdkörper im Bebörden- organiêmus zu fein. (Zuruf rechts: Das waren Sie allerding8!) Uber doch sicher zu ihrer Freude, ‘Herr Dr. Quaaßt, oder haben Sie ihre Auffassung geändert? Ih erinnere mi einer Zeit, da waren Sie sogar um mein Avancement veforal. (Große Heiterkeit links) Ich hatte damals gar nit so ehrgaeiziae Pläne, wie Sie sie mit mir

| verfolgten! (Wiederholter Zuruf rets.) Nein, er wollte mi nik

fortloben, ih wäre in sciner Heimat geblieben. Ich glaube aber, selbst wenn Sie Kommissar gewesen wären, Herr Kollege Quaaß, (Abg. Dr. OQuaaß: Den Ehrgeiz habe ih nie gehabt!) Sie brauten ibn au wirkli gar niht zu haben, aber selbst wenn Sie es gewescr, wären, Sie wären sicherli® zu Zusammenstößen mit den ordentlichen Vrhörden gekommen, vorausgeseßt, daß Sie aus Ihrem Amte etwas naczèn wollten, daß Sie die Erwartungen hätten erfüllen wollen, die Meichs- und Staatsregierung in Sie geseßt bätten. Deswegen bin

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ih zu der Auffassung gelangt: Sobald wir in Reich und Staat zu einigermaßen normalen Verhältnissen zurüdageckehrt sind, können alle Kommissare verschwinden. Jh sehne den Tag Herbei, wo wir alle Kommissare abbauen können, wo wir alle Persönlichkeiten, die wir für die Junteressen des Reiches und des Staates in Aemter berufen, in den ordentlihen Becmtenapparat eingliedern können. So werde ih die vier Kommissare recht bald zu ordentliGen Beamten der Schuße polizei machen, allerdings mit den besonderen Funktionen, die ste in Berlin und Schleswig-Holstein haben,

Nun noch ein paar Worte zu den Ausführungen der Herru Kollegen Dr. Mareßky! Herr Dr. Marcßky hat sch im Namen seiner politishen Freunde mit wesentlichen Ausführungen des Herrkn Abgeordneten Berndt identifizieci. Das bedaure ih außerordentli. In einigen Punkten ist er allerdings von der Beurteilung des Herrn Abgeordneten Berndt abgewichen. Er hat hervorgehoben, daß n och Manneszuht, n o ch Disziplin in einigen Truppen der Schußzpolizei vorhanden sei. (Zuruf bei den Deutschnationalen: Das sagen wir auh!) It glaube, es gibi wenige Männer, die über das Werden der Schubpolizei, befonders in Preußen, so unterrihtet sind wie id. Ih lenne die Schußpolizei von ihrer Geburtsstunde an biz Heute. Da muß ich son sagen, daß die Dinge in der Schußpolizei nicht \chlechier, fondern besser geworden sind, und daß man nit von einem „Noch“

sprechen kann, sondern bon einem „Schon“. Wir haben heute einen

Stand der Disziplin in der Schußyolizei, der wesentlih abweicht von der Disziplin im Jahre 1920. Waren das disziplinierte Schuße polizeibeamie, die am 13, und 14. März mit fliegenden Fahnen zu Kapp übergingen? (Schr wahr! links.) Waren das disziplinierte Schubpolizeibeamte, die sib bei der Verhaftung von rheinisch-west- fälischen Arbeitern die allergrößten Grausamkeiten zuschulden kommen ließen? Gewiß, cs gibt heute auch noch Uebergriffe einzelner Schubß- polizeibeamter. Im allgemeinen aber kann man feststellen, daß die Difziplin nicht s{lechter, sondern besser geworden ist.

Zum Schrader-Verband hat Herr Dr. Mareßzky die Entdeckung gemacht, daß, wenn irgendwo eiwas los if und Schußzpolizei in größerem Umfang eingeseßt werden muß, dann dice Formationen herangezogen werden, in denen ver Schrader-Verband nit vertreèicit ist, Jch biite Herrn Dr. Marebky, sich von diesem Jrrtium gründlich soszusagen. (Abg. Dr. Marebky: Welche Formationen baben Sie in Mitteldeutshland sonst eingeseßt?) Jch will Ihnen das auseinander- seßen, seien Sie nit zu voreilig! Als die Notwendigkeit an mi heranfrat, die Schußpolizei der Provinz Sachsen zur Bekänpfuns der Unruben in Mitteldeuts{land vorübergehend zu verstärken, habe ih in erster Linie Berliner Schubßpolizei nah Mitteldeutshland ent- sandt, und in dert Berliner Schußpolizei ist der Schrader-Verband am meisten berireien. Zeitlih mit der Entsendung größerer Formationen oder zahlreiher Formationen nah Mitteldeutshland fiel zusammen die Durhführung der Sanktionen im Düsseldorfer Bezirke, die Be- seßung jener Städte, in denen Schubpolizei in größerem Umfang stationiert war. Auf Geheiß der Ententevertreter mußten die For- mationen, die in diesem Bezirk vorhanden waren, auswandern, sie würden entwaffnet und zunächst von uns vorübergehend ins Munstere lager gebracht, Als sie sid èann beshäftigungslos im Lager aufhielter und sich heräusstellie, daß in Mitteldeutshland auch die Berlin

(Fortsebuna in der Zweiten Beilage) i

R Ter?

(Fortsehung aus der Ersten Beilage.)

etri

Verstärkung nicht ausreihte, find diese Formationen naGH Mittel-

deutshland gebraht. Mit einer Berücksichtigung des Umstandes, ob |

der Schrader-Verband oder der Reichsverband hervorragend beteiligt sei, hatte diese Disposition, diese rein ges{äfilihe Maßnahme gar

nihis zu tun. (Abg. Dr. Mareßky: Jch gebe das zuz aber es waren

jedenfalls Leute des Schrader-Verbandes.) Jch babe doch gesagt, daß die Beamten. der Berliner Formationen, die herausgekommen sind, in großer Zahl dem Schrader-Berband angehört haben, daß allerdings bei der westfälishen Gruppe das Verhältnis vielleiht ein wenig anders gewesen ist. Dieser Umstand hat dabei aber gar kcine Rolle

gespielt.

Zukunft der Schußpolizei Wert darauf legen müssen, daß wir nicht sofort alle festen Formationen abbauen. Jh weiß nicht, ob es opportun ist, hier von der Tribüne des Reichstags Einzelheiten der neuen Organisation zu besprehen. Jch möchte es nicht tun, wie ich im allgemeinen diese Schubpolizeidebatte bedaure. rihtig! links und bei den Deutschen Demokraten.) Es wäre sehr

viel besser gewesen, wir hätten uns darüber in einem engeren

Kreises einmal unterhalten. Schließlih will ich aber sagen: mir sind die Nôte des be-

seßten Gebietes und vor allen Dingen auch die Nöte der 50-Kilo- | meterzone bekannt, und Sie dürfen überzeugt sein, daß wie die |

Reichsregierung fo auh die preußishe Regierung entschlossen ist, den Bewohnern der 50-Kilometerzone und den großen industriellen Unternehmungen den Schuß ‘“ angedeihen zu lassen, den gerade dicses Gebiet erfordert. (Beifall links und bei den Deutschen Demokraten.)

Abg. Dr Koh-Weser (Dem.): Jh muß leider feststellen,

die Reden hier im Hause sich niht durch besondere Objektivität |

auszeihnen. (Zuruf des Abg. Höllein : Jeßt kommt die Objek- tivität!) Es ist unbedingt notwendig und unvermeidlich, daß die Reichsregierung einen gewissen Einfluß auf die Angelegenheiten der Schußpolizei haben muß. Der Reichsrat hat nun allerdings einmütig beschlossen, diesen Einfluß der Reichsregierung völlig au3zumerzen, indem der Zuschuß des Reiches zu den Kosten der Schußpolizei in der bisherigen Form aufhören und dafür der An- teil der Länder an den Erträgnissen der Einkommensteuer ent- sprechend erhöht werden soll. Wie steht die Reichsregierung zu diesem Entschluß? Nach wie vor stehen wir auf dem Standpunkt,

daß die Technische Nothilfe noch notwendig ist und daher aufrecht=- | erhalten werden muß. Mit der Ersparnistendenz im Widerspruch |

stehen würde die Berreißung der Wasserpolizei. Jch bitte den Herrn Minister, darauf Bedacht zu nehmen, daß diejenigen gut- au8gebildeten Wasserpolizeibeamten, die in ihrer bisherigen Stellung überflüssig werden, in die Shuhpoklizei eingereiht werden. Hierüber muß unbedingt eine Verständigung zwischen dem Reich3- ministeriuw des Aeußeren und dem Preußischen Ministerium her- beigeführt werden. Jm übrigen bedauere auch ih es, Frage der Schugpolizei gerade im gegenwärtigen Augenblick so handelt worden ist. Wir müssen zu der alten guten Gepflogen- heit zurückehren, wichtige staat8politishe Belange in objektiver eise zu erörtern.

Reichsminister des Jnnern, Dr. Köster: Meine Damen und Herren! Jch antworte zunächst auf einige Fragen, die der Herr Kollege Koh an mi gerichtet hat. Es ist rihtig: der Weg vom Reichsministerium des Fnnern zum preußishen Ministerium des Fnnern ist heute noch genan so kurz wie zu der Zeit als der Herr Kollege Koch mein Vorgänger war. (Abg. Koh [Weser]: Dann ist er sehr lang! Heiterkeit.) Wir sind diesen Weg ge- gangen, und ih darf den Herrn Kollegen Koch beruhigen, daß über die Zukunft der Wasserpolizisten, die ausgeschieden sind, niht nur mit Preußen, sondern auch mit den anderen Ländern ein Ein- vernehmen erzielt worden ift.

Die Frage der Subventionierung der Schubpolizei und die Frage, ob diese Subventionierung etwa in einer anderen Art und Weise erfolgen kann, {webt augenblicklich in Besprechungen zwischen uns und dem Reichsfinanzministerium. Das Reichs- ministerium des Jnnern vertritt grundsäblih den Standpunkt, daß an der jeßigen Methode nichts geändert werden sollte. Mehr darüber zu sagen, bin ich augenblicklih nicht in der Lage.

Ueber die Schutzpolizei und die allgemeinen Fragen, die hier erörtert worden sind, in eine größere Debatte einzutreten, ist, glaube ih, überflüssig. Jh möchte die Frage der Zivilkommissare nur noch einmal von dem Gesichtspunkt aufwersen, ob ih als Neichsriinister des Jnnern verpflichtet war, diese Einrichtung der Zivilkommissare von niir aus“ abzuschaffen oder ihre Abschaffung anzuregen. Dazu war ih nicht verpflichtet, dazu hatte ih, glaube id, kein Recht. Jh habe in einem Briefwechsel mit dem sôhsishen Minister des Jnnern betont, daß das Geld für diese vivillommissare, die eben Ländersache, niht Reichs!sache sind, nicht ais Mitteln gegeben werden kann, mit denen das Reich die LandeZpolizei subventioniert. Darüber hinaus aber der sächsischen Landespolizei oder auch der preußischen Landespolizei Vorschriften machen zu wollen, mit welhen Methoden die Minister doxt die Ruhe und Ordnung in ihrem Lande aufrechterhalten zu müssen glauben, muß ih ablehnen, zumal ih mit diesen Zivilkommissaren in meiner früheren Tätigkeit durchaus gute Erfahrungen gemacht habe. Jch darf vielleiht auch den Herrn Kollegen Koch daran erinnern, daß bei der Beratung in der sähsishen Kammer der große Wert dieser Zivilklommissare auch von den Parteifreunden des Herrn Abgeordneten Koh, nämlich von dem Demokraten Dr. Dehne, ausdrücklich anerkannt worden ist, und daß die Demo- kraten für diese Hivilkommissare gestimmt haben. (Zuruf von den Deutschen Demokraten.) F erinnere mich an Zhre Aus- führungen im Hauptaus{chuß und zweitens daran, daß vorhin gerade auf Jhre Stellung gegenüber den Kommissaren, die Sie vor einem Jahre, als Sie Minister waren, eingenommen haben, exXmplifiziert worden ist. :

Was das Reichsrahmengesey für die Shußpolizei anbetrifft, das die Grundlage geben soll für die Bestimmungen der Länder, so darf ih mitteilen, daß dieses Reichsrahmengeseß fertig ist, und

Fch bin mit dem Herrn Kollegen Dr. Mareßky darin ganz | einig, daß wir in den Verhandlungen mit der Entente über die |

(Sehr |

| Aufhäuser und gewisser Weise auch mir, auch Minister Lipinski einen Vorwurf daraus gemacht, daß wir hier |

daß die |

Z | : Zweite Beilage zu Deutschen Reichsanzeiger unò Preußischen Staatsanzeiger

Berlin, Sonnabenb, den 8. April

daß es noch diese Woche ins Kabinett ?ommen könnte, wenn die |

augenblicklihe politishe Lage das erlaubt.

O halte es niht für einen Vorteil, hier über die Note, die | wir auf die Forderung des Generals Nollet abgeschickt haben, in | Jch bedauere auh manches Wort, das | in dieser Sache heute gesprochen worden ist. Es ist von uns eine | größere Aktivität, eine größere Propaganda gefordert worden. ! Jawohl! Auch ih bin für diese größere Aktivität; aber ih möchte | doch dem Herrn Kollegen Berndt oder, wenn er nicht da ist, seinen | Freunden sagen, daß man mit so allgemeinen Redensarten, wie | „Bruch des Versailler Frieden3vertrages“, „Bruch des Boulogner |

cine Debatte einzutreten.

Abkommens“, gar niht weiter kommt. Damit machen wir in lande keinen Eindruck, worauf es uns doch ankommen soll. Die große, s{chwierige Frage, vor dec wir Frage der Auslegung des Abkommens von Boulogne: wie das

¡ Abkommen von Boulogne gedeutet werden kann, wie weit dieses |

Abkommen eine zentralisierte Polizei erlaubt, und was in dem Ab-

kommen von Boulogne regionale und kommunale Polizei bedeutet. |

Darum handelt es sih, und solle Fragen werden niht mit großen Nedensarten eniscie Gründen das Ausland zu überzeugen versuchen. Der Herr Abgeordnete Marebßky hat dem Herrn Kollegen c dem sächsischen in Reden, in Angriffen und Abwehr auf Waffenfunde, auf ge- heime Organisationen überhaupt hingewiesen haben. Er hat so getan, als ob wir damit der Entente, unseren ehemaligen Gegnern, Material in die Hände zu spielen, wenn nit beabsichtigt, aber doch tatsählih fertiggebraht hätten. Er hat gesagt, daß diese Aeußerungen und es ist ihm von seinen Bänken aus bestätigt worden gewissermaßen an Landesverrat grenzten. (Abg. Dr. Maretky: Das habe ih nicht gesagt!) Das ist von Zhren Bänken zugerufen worden. Wenn wir schon diese Dinge unter- suchen, Herr Kollege Mareßky, dann sollten wir doch ganz auf den Grund gehen, und dann glaube ih, daß diese Verbände, die ih gegen das Geseß zusammenschließen, daß diese Vereine, die sih militärisch nach außen aufmachen (Zuruf von der D. Vp.: Nah außen?), daß die Zeitungen, die Artikel schreiben, wie sie von

diese Dinge aufmerksam zu machen. Meine Damen und Herren, ih kann nit finden, daß die

Debatte über die Schußpolizei, soweit sie fih auf außenpolitische |

Dinge erstreckt hat, hier sehr fruchtbar wär. Daß sie innerpolitisch niht sehr fruchtbar war, darin stimme überein. Jh beshränke mich darauf,

Technische Nothikfe zu sagen.

Der Herr Abgeodrnete Aufhäuser hat die Technishe Nothilfe | meiner Meinung nach ganz richtig gekennzeihnet als eine Hilfs- | Auch ih sehe die Technishe Nothilfe als eine Hilfs- |

konstruktion. konstruktion an, herausgehend aus unserer heutigen Uebergangszeit,

bestimmt, Schäden, Notstände, die aus dieser Uebergangszeit resul- | tieren, zu reparicren, uns über diese Schäden hinwegzuhelfen. Die |

Nothilfe ist ein Jnstrument, das es für den größten Erfolg ansieht —, so steht es in den Richtlinien der Nothilfe auf Seite 14 —, wenn es ¡ihr gelingt, auf die Arbeiterschaft so einzuwirken, daß diese im Streik- fall die Notstandsarbeiten und die Notstandsversorgung in aus- reichendem Umfange selbst durchführt. Die Nothilfe ist also kein Selbstzweck, fondern es ist der Sinn der Nothilfe und die Nothilfe ist damit zufrieden —, wenn sie überall, wo möglich, und so {nell wie möglich sich selbst überflüssig maht. Das {ide ih voraus.

Die Technische Nothilfe soll ihrem Wesen nah nur da und nur dann eingeseßt werden, wenn es ih um einen wirklichen Notstand handelt, dann aber auch wirklich, dann aber aud schnell. Gibt es solhe Notstandsfragen? Das if von Herrn Kollegen Aufhäuser, wenn au nicht ganz aber doch durch die Blume bestritten worden. (Zurufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Ziemlich deutlih) Herr Kollege Aufhäuser, ih erinnere Sié an die leßten Stunden und Tage hier in Berlin, wo wir mit Jhren Franktionsgenossen, die seit zwei Tagen, glaube ic, aus Jhrer Partei heraus sind, wo wir ins- besondere mit Ihrem Parteigenossen Brühl hier im Reichstag saßen (Zuruf von- den Unabhängigen Sozialdemokraten: Er ist niht mehr bei uns) seit zwei Tagen, glaube ih, Herr Kollege Dißmann,- ist er weg (erneute Zurufe von den Unabhängigen Sozialdemokraten) und uns fragten, was wir zu tun haben. Sie wissen, was für eine Stellung der Kollege Brühl in der Frage der Einseßung der Nothilfe ein- genommen hat. Jch erinnere Sie an die Stellung der Herr Kollege Mareßky hat {on daran erinnert —, die Herr Fellisch in dem unabhängig-sozialdemokratishen Ministerium in Sachsen mit Billigung seiner unabhängigen Ministerkollegen eingenommen hat, Herr Fellish, der innerhalb der Sozialdemokratie durchaus niht immer auf dem rechten Flügel gestanden hat.

Gibt es wirklich Notstand? Es is Ihnen, Herr Kollege Aufhäuser, die Tatsade in Erinnerung gerufen worden, daß wir während des leßten Berliner Streiks in den Krankenhäusern heftige Schädigungen der Kranken und heftige Schädigungen der Berliner Bevölkerung durch mangelndes Wasser, durch mangelndes Gas, dur mangelnde Glektrizität zu verzeichnen gehabt haben, und Sie haben gesagt, Sie kämen auf diese Dinge noch zurück. Sie sind in Ihrer Rede nicht darauf zurückgekommen, und Sie müssen mir erlauben, daß ih auf Feststellungen zurücktkomme, die vom preußishen Wohlfahrts- ministerium nah Beendigung des lebten Streiks getroffen worden sind.

Bei diesen BespreGungen wurde festgestellt,

daß dur die Erschwerung der Entlassung und. die Notwendigkeit der Abweisung Schwerkranker der Betrieb in den Krankenhäusern nah außen crheblih gestört, zeitweise lahmgelegt wurde. (Lebhafte Rufe rechts und bei den Deutschen Demokraten: Hört, hört) Leider wurden durch Unterbindung des Bezugs von Wasser, Gas, Elektrizität in vielen Krankenanstalten sehr bedenkliche Mißstände

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stehen, ist ja gerade die | C | (lebhafte Nufe reis, im Zentrum und bei den DeutsHen Demokraten:

den; sondern in diese Fragen wèêrden wir nur | Klarheit hineinbringen, wenn wir allmählich und mit rein sachlichen |

ih mit dem Hercn Koch | einige Worte über die |

1922

hervorgerufen. Das am 4. Februar eintretende plößlihe Aufhören der Belieferung mit Wasser verursachte sofort erheblihe Siörun 7 der Zentralheizungen und der gerade während der herrschenden Alte dririgend notwendigen Erwärmung der Krankenräume. Die Zu- bereitung des. Essens mit Dampfkochapparaten wurde unmögli: D losetts die Reinigung der Nachtgeschirre, die

E M R det V ME A E Ä a Ar

Die Spülung der K ernwandfreie Beseitigung sonstiger Abfälle der Kranken Börte

44 Cari 4 1 (Dort, bört!)

auf Vielleiht noch s{limmer war das Fehlen von Wasser für die not- wendige Händereinigung der Aerzte bei Operationen sowie Reini- gung und Desinfektion der Instrumente, Verbandss\toffe usw

î em - j N : E i; __ [ COOTE, bort! | Deutschland keinen Eindruck, damit machen wir erst recht im Aus- | O, )

ofs C : E S S 5 Viele Operationen mußten daber ohne die im Interesse der Kranken unentbehrlihe Desinfektionen erfolgen

Hört, Hört!), andere lebenwichtige Operationen ganz unterbleiben. Sch{chwere Mißstände entstanden weiter durch das plößliche Versagen von Elektrizität und Gas. Selbst da, wo Wasser vorhanden, konnten Instrumente vielfa nicht desinfiziert werden, weil die benötigten Gasapparate nit arbeiteten. Behandlungen mit Instrumenten, die nur unter Benußung von Elektrizität durhführbar sind, Unter-- suchungen mit dem Nöntgenapparat waren tagelang unmöali. Auch aus diefen Gründen mußten dringende Operationen unaus- geführt bleiben. Usw. (Hört, hört! rechts. Zuruf links: Sie nebmen das alles für kare Münze!) Das ist festgestellt, Herr Kollege Dißmann, in einer Be- fprechung im preußishen Wohlfahrtsministerium unter Vorsiß des Ministerialdirektors Gottstein. (Abg. Dr. Loewenstein: Der Magistrat von Berlin hat offiziell dementiert, daß das vorgekommen is!) Ih frage Sie, Herr Kollege Dr. Loewenstein, ob der Berliner Magistrat dementiert hat, was in der „Deutschen Medizinishen Wochenschrift“ unter Anführung der einzelnen Namen und Krankheiten von dem praktishen Arzt Professor Schlayer, dem dirigierenden Arzt der Innenabteilung im Augustahospital in Berlin, angeführt wird: Frau T. Nierenentzündung, Erkältung infolge Ausfalls der Heizung und s{werer Verfall, Anstieg des Eiweißgehalts von 9 auf 20 %.

E 2 / | (Hört, hört! recht8.) Jhnen kommen, viel mehr Ursache sind und der Entente viel mehr | Material liefern als eine Regierung, die es für ihre Pflicht hält, | aus innerpolitishen Gründen, aus staatspolitishen Gründen auf |

Frau W. Darmktuberkulose, Erkältung infolge Ausfalls der Heizung, Auftreten s{werer das Leben direkt bedrohender Durche fälle, während vorher nur ein Stublgang am Tage bestand.

Frau C. Eitrige Gallenblasenentzündung, Lungenentzündung, Aufireten hohen Fiebers, infolge Erkältung wegen Ausfalls der Heizung und der Unmöglichkeit, heiße Umschläge zu machen. Vorher war die Kranke beshwerde- und fieberfrei:

Frau P. Gelenkrheumati8mus, infolge Ausfalls der Heizung hoher Fieberanstieg, während früher die Kranke fieberfrei war. Ich will Ihnen die zehn Namen nit weiter anführen. Jcch will

hnen nur sagen, daß es sih bei dieser Liste nur um Patienten handelt, die unzweifelhaft erheblich geshädigt wurden und die ins- gesamt der dritten Verpflegungsklafse angehörten. (Hört, hört! rets. Zuruf bei den U. Soz.: Was tun Sie bei den Hunderttausenden, die an Unterernährung zugrunde gehen!) Darüber will ih mi mit Ihnen bei einem anderen. Titel unterhalten. Es handelt si hier um die Frage: gibt es einen Notstand und gibt es Momente, wo nit jede Regierung sie mag zusammengeseßt sein wie sie will die Aufgabe hat, für diese Menschen zu sorgen? (Lebhafte Zustimmung rechis und aus der Mitte.) Es hat keine Regierung gegeben und es hat aub Regierungen gegeben, in der die Unabhängigen saßen —, die das niht getan hätte. Und bei dem Verantwortungsgefühl (zu den Unabhängigen Sozialdemokraten), das auch Sie haben, hätten Sie dabon bin ih fest überzeugt nit daran vorbeigehen können, für diese Menschen die Nothilfe einzuseßen. (Erneuter Zuruf bei den U. Soz.: Aus einem Einzelfall protegieren Sie eine Streikbrecher- garde.) Wir kommen auf die Streikbrechergarde zurück. Wir können die Dinge betrachten, von welchem Gesichtspunkt wir wollen. Und wir wollen sie ruhig und ohne Erregung betraten. Denn au ih bin mit Ihnen überzeugt, daß in der Technischen Nothilfe Gefahren nach dieser Nichtung liegen. Darauf komme id noch zu sprechen. Aber wir müssen davon ausgehen, daß es -Notstände gibt. Es hat soundso viel Gelegenheiten gegeben, wo die . Arbeiter nicht imstande waren, ja, wo es die Arbeiter abgelehnt haben, diese Notstandsarbeiten zu verrihten. - Kennen Sie nicht den Brief, den der Polizeipräsident Richter und der ' Oberbürgermeister Boeß bei diesem -leßten Streik bekommen hat, in dem es schwarz auf weiß steht, die Streikleitung lehne die Verrichtung dieser Arbeiten ab sie könne nicht dafür garantieren? Also es gibt Notstände. Und über diese Notstände müssen wir die Bevölkerung hinwegbringen. Jch sagte vorhin schon: es kommt darauf an, daß die Technische Nothilfe nur in solchen wirk- lichen Notfällen eingeseßt wird. (Zuruf bei den U. Soz.: Das haben Sie nicht in der Hand!) Wo sie irgend etwas tut, was darüber hinausgeht, nnd wo ih davon erfahre, wird das des können Sie versichert sein solange i an dieser Stelle stehe, abgebunden werden. Als vor 14 Tagen bei dem Müllkutscherstreik die Gefahr bestand, daß die Technische Nothilfe durch das Einstellen von Arbeitslosen wirklich die Gefahr heraufbeschwor, daß sie in der praktischen Auswirkung ihrer Arbeit zu dem wurde, was Sie als Streikbrechergarde be- zeichnet haben, da haben wir uns, der preußishe Minister Severing, der Polizeipräsident von Berlin und i, zusammengeseßt, und Sie wissen, wie die Dinge beim Müllkutscherstreik gegangen sind. Als vor 14 Tagen in Schwerin die Technischen Nothelfer ohne Auftrag der Leitung der Technischen Nothilfe gegen den Willen der Leitung Streikbrecherarbeiten verrichteten, haben wir zwischen diesen Nol- helfern und der Technischen Nothilfe sofort einen dicken Strich gemacht. Wir sind jeßt daran, die Verhältnisse in Dettingen bei Aschaffenburg zu untersuhen. Es wird ein Kollege von Zhnen, vom Verband und ein Vertreter der Technischen Nothilfe hinunterreisen, um die Dinge an Ort und Stelle zu besichtigen. Aber so viel haben wir gestern in einer Besprechung, an der auch Kollege Aufhäuser. teil« genommen hat, schon gehört, daß au da die Notstandsarbeiten u: