1836 / 89 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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E E D O R a BZLE

t E E S D S E A A A

mit solchen Belägen zu rechtfertigen. Wir beten täglich: führe uns nicht in Versuchung! Auch der Starke hat s{chwache Augen- blie: Der verständige Beamte wird neben dem edelsten Bewußt- sein seiner reinen Absicht es dankbar anerkennen, wenn die Bil- dung der großen Masse des Volks ihn den bdswilligen Verdäch- tigungen enthebt, welche die verbreiten möchten, deren unlautres Trsiben er pflictmäßig zügelt. i i

Welche Bildung hier gemeint ist, kann nicht zweifelhaft er- scheinen. Der Mensch wird empfänglih für Beleyrung, indem er der Mittheilungsmittel, der Sprache, des Lesens, des Schrei- bens mächtig wird: und vermöge déese: Empfänglichkeit muß er angeleitet werden zu so lebendiger Kenntniß und Würdigung sei ner Verhältnisse, daß seine eigne Ueberzeugung, daß seia Gewis- sen ihn nd:higt, Wahrheit und Recht überall zu ehren und zu üben. Es ist kein Geringes, was hiermit gefordert ivird, Die Kcesten der Bildung und des anständigen Unterhalts der Lehrer, der Gewährung schicklicher Räume fär den Unterricht und hin- reiœender Lehrmittel; diese Kosten, wie fast unershwinglich sie zuwetlen auch erscheinen, dürften doch nur der kleinere Theil des Vorschusses sein, den die Nachwelt für ihre Bildung von der Gegenwart erheischt, Daß den Kindern Zeit und Raum versónnt werden könne, Unterricht zu empfangen, seine Frucht sich anzueignen, und in freier Thätigkeit Körper und Geist selbstständig zu entwickeln: das ist wahrlich viel uner- reihbarer. Zur Zeit kann noch kein Volk den Beitrag zu den Erzichungskosten missen, den die Kinder selbst durch häusliche und gewerbliche Dienste leisten: nur zu leiht wird das Maaß der Gewöhnung zur geordneten Thätigkeit aus Eigennuß oder Noih überschritten, und die Schwäche der Kindheit gemißbraucht, um ein thierisches Abrichten für die Zwecke der Eltern und Mei- ster an die Stelle menschlicher Erziehung zu seßen. Vermag doch selbsi die reie Britania nicht der Fabrik:-Kinder tes und idr Parlament bedingt nur behutsam und spärlich Erleich- terungen für diese Opfer der Spekulation. Sind die häuslichen und gewerblichen Dienste cines Kindes im {ulfähigen Alcer nur einen Silbezgroschen tägli, das ist zwdlf Thaler jährlich werth ; so steht im preußischen Staate für 2,200,000 Kinder , welche zu Ende des Jahres 1834 dffentliche Elementar - und Mittel-Schulen besuchten, in Frage: wieviel von einem jährlichen Einkommen von 26,400,000 Thalern entbehrt werden kann und muß, um den Anforderungen auf allgemeine Volksbildung zu gnügen? Es ver- mindert den Wert dieser Dienste keinesweges, daß sie gewöhnlich nicht mit Gelde, sondern mit Unterhalt und Pflege bezahlt werden.

Dée preußische Regierung hat sich das Lob einer ausgezeich- neten Sorgfait für allgemeine Volks-Bildung erworben. iese Grundlage fördert zugleih die höhere Bildung durch die Zucht der öffentlichen Meinung, und durch die Nothwendig- keit, Rang und Macht úber die Geister durch geistige Ueberle- genheit zu behaupten. Die Regterung hat auch hierin ihren Beruf wohl erkannt, und vielfältig Anstalten für höhere Bil- dung mit Sorgfalt und Freigebigkeit ausgestattet.

Die hôchste Ausbildung, die wissenschaftliche, wie die künst- lerische, hat drei Bahnen zu durchlaufen. Jn der ersten erscheint die Selbstständigkeit gewdhnlicher Menschen noch zu wenig ent- wielt, um ihr einen überwiegenden Einfluß auf den Gang der Biloung einzuräumen. Material und Form des Unterrichts ist daher vorgeschrieben: und wenn auch hier die freie Thätigkeit des Lehrers geehrt, der zarte Keim der Selbstständigkeit im Schü- ler beachtet werden will; so bleibt doch vorherr|hend die Regel, welche Bedúrfniß und Erfahrung begründen, und behutsam fort- \chreitend verbefsern. Das ist die Schule im allgemeinsten Sinne des Worts. Erstarkt in dieser Schule geht der Mensch zur zweiten Laufbahn über. Noch bedarf er äußrer Aulettung ; aber er wählt sle frei. Keine Vorschrift beichränk: hier den Un- terricht: frei wird dargeboten, was der Geift erzeugt, frei wird ausgewählt, was der Geist begehrt. Das ist die Universität in threr ursprünglichen reinsten Bedeutung. Endlich lernt des Fúhrers entb?hren und Wissenschaft und Kunst fördern der reich Bez1abte, zunächst in slch durch eigene Kraft. Jndem die F-rúchte dieter eigenthümlichen Bildung auch außerhalb kenntlich, und ein Gemeingut derer werden, die sie zu nußen vermögen, eröffnet sich die Akademie, als dritte Laufbahn in unermeß- lichen Räumen. a

Wie vielfache, höchst schwierige und hd wichtige und fol- genreiche Fragen auch aufgeregt werden mdgen über die Gestal- tung der Schulen und der Akademien: so liegt beiden Anstaiten do jedenfalls ein Zweck zum Grunde, der sich mit Leichtigkeit den Bedürfnissen jeder Regierung gebildeter oder doch büdungs- fähiger Staaten anschließt. Wo Bildung beginnen, wo sie fort- schreiten soll, bis zum Erreichen bestimmter Zwecke für die Ge- werbsamkeit oder auch für die Gemeine und Staats-Verwaltung, da müssen Schulen sein. Der Regierung bleibt anheim ge- stellt zu bestimmen, was und wie hier gelehrt werden soll. Wer hier lehren und lernen will, muß sich diesen Vorschriften unter- werfen: seine Thätigkeit ist nur frei, so weit die Regierung ihre Beschränkung nicht nöthig erachtet.

Wissenschaft und Kunst können nur gefördert werden durch die hafende Kraft ausgezeichneter Geister. Aber die Regierun- gen ehren si selbsk, indem sie diese Fortschritte durch Darreichung der äußern Hülfsmittel erleichtern. Statten sie Vereine von Ge- lehrten odex Künstlern zu solhem Zwecke aus: so ist dieses ein fraiwilliger Beweis der Achtung, der eben deshalb niemals etwas enthalten fann, was den Absichten der Regierung entgegen wäre.

Universitäten dagogen waren ursprünglich feine Staatsanstalten, sondern freie Privatvereine. Die Lehrer waren niht vom Staate bestellt und hesoldet: das Bedürfniß und die Fähigkeit Kenntnisse mitzutheilen, waren ihre Vokation; das Honorar, die freiwillige Gabe dankbarer Zuhörer, ihre Besoldung. Es galt hier keine Vorbereitung füc irgend ein Amt oder Gewerbe: Wissenschaft und Kunst wurden gelehrt und erlernt um ihrer selbst willen. N:cht Theologen, Juristen, Mediziner vzurden hier gezogen: son- dern Männer von allgemeiner Bildung, Philosophen im weitesten und edelsten Sinne des Worts. Dieses reine Streben nach Wis- sen, wie beschränkt auch durch die Geringfügigkeit des damals vorhandnen Vorraths von Sachkenntnissen und durch die Aerm- lichfeit der Hülfsmittel, konnte nicht verfehlen einen Geist anzu- regen, welchen fruchtbar für die Zwecke der Kirche und des Staats zu machen verständigen Vorstehern beider wohl angelegen sein dite Sie vereinigten deshalb die Spezialschulen zu Bil- dung der Theologen, Rechtsgelehrten und Aerzte mit diesen Uni- versitäten, deren Zweck bisher nur allgemeine wissenschaftliche Bildung war; damit der philosophische Geist auch diese Discipli- nen durchdringe und belebe. Wie viel nun auch die Universitä- ten hierdurch gewannen an Einfluß, Ansehn und Einkommen: so räum- ten sie doch dem neuen Zusaße nur Gastrecht ein. Die Verwaltung aller allgemeinen Universitätäangelegenheiten verblieb dem Ver- eine habilitirter Magister, das ist derjenigen, deren Fähig- keit, allgemein wissenschaftliche Vorträge zu halten, die Univer- sität selbst auf den Grund abgelegter Proben anerkannt hatte.

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Die Professoren, welche die Regierungen anstellten, hatten nur Sib und Stimme in diesem Vereine, sofern sie habilitirte Ma- gister waren. Dieser Verein wählte für jeden jöhrlihen, oder auch wohl nur haibjährigen Lehraang das Oberhaupt der Uni- versität, den Rektor, und die Beisißer des akademischen Gerichts. Die Mitglieder dieses Vereins sonderten sich nicht in Abtheilun- gen nach der Wissenschaft, die sie lehrten, sondern nah dem Geburtsorte: nicht also in Fakultäten, sondern in Nationen, das ist Landsmannschaften. Die Fakultäten traten nur zujam- men für die besondern Zweke ihres Lehrfacßs, und Hier beruhte nun die Leitung der Fakultäts-Angelegenheiten in der Regel aus- schließlich bei den von den Regierungen angestcilten und besoide- ten ordentlihen Professoren. Neben diesen fianden mit gleicher Freiheit zu lehren in den Fakultäten die außerordentlichen gleich- falls von den Regierungen angestellten Professoren, und die Graduirten, Baccalaureen , Licent:aten und Doktoren, welchen nicht die Regierungen, sondern die Fakuitäten, auf den Grund abgelegter Proben, das Recht zu lehren ertheilt hatten. drn

Diese Verfassung hac auf den ältern Un:versicäten bis in sehr neue Zeitea bestanden : das benachbarte Leipzig hatte sie noch im lebten Viertheile des vorigen Jahrhunderts. :

Die neucin Universitäten wuroen von den Regierungen errichtet, um wissenschaftlich gebildete Lehrer für Kirchen und Schulen, Staatsmänner, Beamte für die richterlichen und höhern Verwaltungs-Geschäfte, so wie auch Aerzte anzuziehn. Es lag denselben daher nicht ein Privat - Verein von habilitirten , nach dem Geburtsorte in Nationen getheilten Magistern zum Grunde; sondern die Grundlage derselben bildeten die von den Regierun- gen ausdrülih für bestimmte Theile des wissenschafilichen Un- terrichts angestellten Professoren, welche sih in vier Fakultäten vereinigten: nämlich in die theologische, juristische uno medizt- nische, zur Bildung der Religionslehrer, Rechtsgelehrten und Aerzte; und in eine philosophische, weiche die allgemeinen Bil- dungemittel, Sprachen, Geschichte, Matematik, Naturlehre und Philosophie im engern Sinne des Worts, zur gemeinschaftlichen Benußung sämmtlicher Studirenden in den drei obern Falkultä- ten enthielt. |

Der eigenthümliche Charakter der Universität, das Studiren nicht um eines äußern Zwecks, sondern um der Wissenschaft {elbst willen, würde aus diesen Anstalten verschwunden seyn, wenn nicht überall ndthig erachtet worden wäre, auch den neuen Universitäten die Befugniß beizulegen, akademische Grade zu ertheilen. Hier- durch stellte sich das Verhäliniß im Allgemeinen so, daß die Be- rechtigung zu lehren auch auf diesen Universitäten von der Pro- motion und Habilitation abhing. Wer die Proben des Wissens, welche hierzu erfordert wurden, gebürend ablegte, war dadurch zum Lehren alles dessen ermächtigt, was zum Bereiche der Fa- fultät gehörte, worin er habilitirt war. Seibst zu der Anstel- lung durch die Regierung mußte die Promotion und Habilitation hinzukommen, um von dem ertheilten Lehramte Besiß zu ned- men: und neben diesen Professoren konnten ohne Bestallung in jeder Fakultät und in ganz unbestimmter Anzahl Privat-Dozen- ten bestehn, die auf den Grund ihrer Promotion und Habilita- tion in Bezug auf die Befugniß zu lehren wesentli dieselben Rechte hatten. Jn Folge dieser Verfassung waren die Regie- rungen zwar versichert, daß gewisse Gegenstände des Unterrichts von den auédrücklich dazu berufnen ‘Professoren vorgetragen wer- den mußten: aber es stand jedem andern Mitgliede derseiben Fas- fultät, es sei Professor oder Privatdocent, frei, auch Vorlesungen úber denselben Gegenstand zu halten: und es konnte ferner jeder Professor oder Privatdocent auch Lehrvortráge úber solche Gegen- stände des Untecrichts halten, wofür von Staatswegen kein Leh- rer bestellt war; alles, was wissenschaftlicher Behandlung fähig ist, stand ihm hierzu ofen; nur auf das Gebiet [einer Fatkul- tät blieb er beshränkt. Der Siudirende seinerseirs mußte sich nun freilih dereinst über den Besit gewo!sser Kenntnisse aus- weisen, wenn er von der Regierung Anstellung oder die Befugzs- niß zur Praxis erlangen wollte: und dieje Nachwe:sung koante ganz oder zum Theil auch durch Zeugn!sse gesührt weroen, daß er Vorträge über gewisse Lehr - Gegenstände gehört habe. Aber er konnte wählen unter sämmtlichen Lehrern, welche denjelben Ge- genstand vortrugen; und er konnte außer den Kenntnissen, deren Besiß er nachweisen mußte, jede andre erwerben, woria Unter- richt dargeboten wurde.

Diese Lehr- und Lern- Freiheit gewährte nun den Vortheil, daß auch in den neuen Anstalten von dem ursprünglichen Cha- rakter der Universität so viel übrig blieb, als sich damit vereini- gen lies. Die Gelegenheit und Anregung zur Pflege der Wis- senschaften um ihrer felbst willen, blieb für Jeden erhalten, der dafür empfänglich war. j :

Auch ohne besondre Anstalten zeugte zwar jedes Zeitalter ein- zelne ausgezeihnete Männer, weiche der Wissenschaft lebten, nicht um eines äußern Zwecks, sondern um des Lohnes willen, den die Befriedigung des Dranges sih zu unterrichten gewährt. Aber das hdhere geistige Leben, dicse Weihe der Selenkraft, welche hervorgehe aus solher Beschóftigung mit den Wissenschaft:n, sollten kein verborgzner Schaß weniger Auserwählter bleiben : sie sollten vieimehr úÚberall vorwalten, wo die Standes-, Berufs- oder Amtspflichten wissenschaftliche Bildung fordern. Benuten viele der Studirenden die Lehr- und Lern - Frei- heit, welhe die Verfassung unsrer Universitäten ihnen ge- wöhrt, nicht hierzu: so mag der Fehler bald in wmangel- hafter Vorbildung, bald in unzulänglicher Anregung liegen. Prüfungen der Kandidaten, die nicht so wohl auf mit dem Ge- dâchtniße erfaßtes, als mit dem Verstande angeeignetes gerichtet sind, können freilich den Staat dagegen sichern, daß seine höhern Interessen niht Menschen Preis gegeben werden, die zum Dienste nur mechanisch abgerihtet und angelernt, aber nicht verständig und umfassend ausgebildet sind. Aber solche Prüfungen kom- men zu spät: die Kandidaten begreifen nicht, wo es ihnen ei- gentlih fehlt, und die Prüfungskomnmissionen sind endlich genö- thigt, ihre Forderungen herabzustimmen, wenn die bei weitem größte Mehrzahl der Kandidaten ihnen nicht vollständig zu gnü- gen vermag.

Mangelhafter Vorbereitung vorzubeugen, sind im preußi- schen Staate ‘Prüfungen eingeführt, welchen sich jeder Jnländer unterwerfen muß, der eine inländische Universität besucht. Diese Prüfungen sind gewis eine sehr heilsame Anstalt, und die Fort- schritte des Zeitalters bilden an ihnen in einer Richtung, die rei- nen Gewinn an Zweckmäßigkeit und Zuverläßigkeit hoffen läßt.

Mangel an Anregung würde der Universitäts - Verfassung, würde besonders dem Lehrerpersonal zur Last fallen. So viel ist jedenfalls klar, daß dieser Mangel nur vergrößert werden würde durch Alles, was die Lehr- und Lern-Freiheit wesentlich ver- minderte: denn eben diese Freiheit enthäit den allgemcinsten und wirksamsten Reiz zum wahrhaft wissenschaftlichen Studiren, zum Pflegen der Wissenschaft um ihrer selbst willen.

Die Lern-Freiheit wird von hinreichend vorbereiteten Stu- denten nicht gemißbraucht werden, wenn es die Lehrfreiheit nicht wird, Wen ein wahrhaft anziehender Vortrag, verbunden mit

Darreichung der nöthigen Hülfsmittel zur Benußung desselben für keinen Zweig der Wissenschaften zu gewinnen vermag, dey ist offenbar nicht hinreichend ausgestattet für den Besuch einer Universität. Zu befürchten ist auch nicht, daß vermöge der Lern,

barkeit im Leben bleibe. Aller Erfahrung na sind es rit die sogenannten Brod-Wissenschaften, sondern die vorbereitenden und allgemein bildenden, welche die große Masse derer vernachläßigt die nur studiren, um durch das Examen zu kommen. Die se(t nen ausgezeichneten Geister, die blind gegen ihre Zukunft sich ungetheilt Studien hingeben, welche der Regel nah nicht zu Broderwerb führen, lasse man ihres Glaubens leben. Das Aug, gezeichnete findet endlich auch seinen Plaß im Leben : verspätet, aber um so reicher auszerüftet dur vielseitige Uebung ihre, Geiskteskräfte, treten solche Männer in Aemter und Gewerße gewiunen Vertrauen und Raum für ihre Wirksamkeit, und y,; güten dann mit reichen Zinsen das anfangs scheinbar Versäume, Die Lehrfre:heit kann allerdings eben sowohl mannizgfaltiz g, mißbraucht werden, wie das Höchste und Heiligste, was der Mens hat, Religion und sittiiche Freiheit: aber das Oberaufsichtsrecht dey Regierungen enthält hinlängliche Mittel, offenbarem Und groben M ßbrauche oorzubeugen, der diegute Saat zu ersticken droht ; Und dez minder üppig wuchernde Unkraut wird weiser geduldet, als mit Ge, fahr, den edlen Weizen zu beschädigen, ausgeraufr. Die Schwäte der menschlichen Natur gestattet nicht, volle Sicherheit gegen jy des Uebel zu schaffen, das der körperlichen und geistigen Wohl fahrt drohr. Nur dafür ist zu sorgen, daß überall reine Herzen und reine Hände walten; denn nur darin liegt die volle G wáhrleistung gegen das Uebermächtigwerden des Bösen. Js ir gend ein Stand, worin Ehrenhaftigkeit und unbefleckter Ruf ein unbedinates Erforderniß fruchtbarer Wirksamkeit wird: so is 6

gaben sind oft verbunden mit einem Uebermaaße des Selbstze,

spottet. Das Lehramt auf Universitäten ist wahrlich nicht de Schauplaß, worauf solcher Uebermut sich austoben darf. Jy Geschäfts- und Gewerbs -Leben mag er durch Erfahrung g wißigt, durch die Macht der dffentlihen Meinung gebändiz werden. Kein Beispiel is gefährlicher für die Jugend, als di glänzenden Verirrungen genialer Männer. Es gilt hier nitt ein Verdächtigen aus cinzeinen vielleicht nur gemißdeutetn Handlungen; nicht ein Hervorsuchen verschollner Jugendsünder, welche mit den Unarten des kindlichen Alters der Vergessenheit

zeichnete Achtung, und den ungetheilten Beifall der Würdiy sten seiner Zeitgenossen zu gewinnen wußte, der tre hin an den Altar, welchen der Stäat der freien Pfl der Wissenschaft errichtet hat, und werde der Lehrer seiner zu Lernfreiheit herangereiften Jugend. Befürchtet darf nicht wet den, daß unter solher Bedingung nur abgelebte Greise diese Heiligthum betreten dürften. Zwischen der Flamme rastlost Éhrsucht des frühern Mannesalters, "und dem matten Stral der Abendsonne des Lebens iegt ein Zeitraum von zwanzig Jah ren ruhiger, aber dennoch fräftiger Wirksamkeit: und wem Gei stesfraft und öffentlihes Vertrauen vergonnea, wärend diese Zeitraums großen Zwecken ganz zu leben, der darf wohl saget, er habe genug gelebr. Damit soll niche ausgeschlossen sein dit frühere Thätigkeit bei dec höchst seltnen fcühen Reife des wahr haft Vortreffuchen, noch das spâtre Verweilen der ‘länger au daurend:-n Krafe nicht minder seltner Ocganisationen: nicht dec Ausnahmen, sondern der Regel sollte hier gedacht werden. Das wahre Leben der Uaiversitäten bedingt für die Lehre Beweije des innern Berufs, wie nur Männer von selinen Gi stesgaven, hoher Ausbildung und wahrem Adel der Gesinnun sle zu aeben vermögen: denn nur unter solcher Leitung wird dit Lehrfreiheit ihre goidne Feucht zur Reife bringen ; nämlich da Anreaen eines Sinnes für Wissenschaft und Kunst, der den Ge chäftskreis aller gebildeten Stände im öffentlichen und Privat Leben durchdringt und veredelt, Es darf nicht besorgt werder, daß die Forderung allzuhoch gestellt sci: das lebendig erkannt Bedürsniß lchrt unfehlbar die Mittel, den äußern Beruf ni dem innern zu verbinden, der wie selten auch im Allgemei nen doch zur Zeit wahrscheinli dfter unbeachtet verküm mert, als aufgefunoen, und für das Lehramt benußt wird.

(Schluß folgt.)

Auswärtige Börsen. Amsterdam, 22. März.

Niederl. wirkl, Schuld 5614 5/4 do. 1023/4, Kauz-Bil 247. 5%/, Span 46/4. Pazaive 1529/6. Ausg. Schuld 22! Zim! 165%. Preuss. Präm.-Scheive 107. Folu. 117!/,. OVesterr. Met. 100,

Autwerpen, 21. März. F’assive 15!/,. Frankfurt a. M., 24. März.

Oesterr. 594 Metall. 10354. 10314. 4%, 9934. 995%. 2h 60, Br. 1%, 25% 6 G. Bank-Actien 1640. 1638. Pärtial-Oul. 142% G, Loose zu 500 FI. 1144. 114!4. Loose zu 100 FI. 216), Preuss. Präm, - Sch. 604 ür, do. 4%, Aul. 9974. G. lob [oose 66%. Br. 5% Span, Anl. 46. 457/.

5515/4 .-0512 0. ‘m i Hamburg, 25. März. Neue Anl, 2. London, 22. März. Belg. 103!4. Cortes —. Obl v. 1834 -—

Cons. 3% 918%. : : 214% Holl, 5634. 59,4 1084

Passive 15%. Ausg. Sch. 22/4. 2!/ 59/, Port. 804. do. 3% 50%. Eugl. Russ. 109 Bras. 89 / Columb. 324. Mex. 354. Peru 25. Chili 48'/,. . Nene Anl, 40% ¿‘aris, 21. März. 5%, Rente pr. compt. 107. 60. fin cour. 107. 70. 3% P" compt. 81. 10. fia cour. 81. 15, 5% Neap. 101. 80, 5% pw Rente 4674. Passive 19/4. Neue Ausg. Sch. 22/4. Ausg. eb, 17. 3%, Portug. 50. Wien, 22. März. 5% Met. 1037/6. 4% 9/6. 3% 757.

1% —. Bank-Actien 1359|. Neue Anl. 570.

Königliche Schauspiele.

gerlich und romantisch, Lustspiel in 4 Abth., von Bauernfeld. Mittwoch, 30. März. Im Schauspielhause: Zum ersten

Montag, 28. März. Die Reise auf gemeinschaftliche d sten, Posse in 5 Akten, von L. Angely. Vorher: Die eira durch das Vergißmeinnicht, Lustspiel in 1 Akt, von W. at.

Redacteur Ld. Cottel. - van. P I AU E C dar

Gedrukt bei A. W. Hay

feeiheit die Richtung der Studien allzufern von der Anwend, |

vorzüglih der Stand der Universitäts - Lehrer. Große Geist, F

it einem M ile velcher der sittlichen S E / A y _De Í fühls, oft mit einem Mutwillen, welch sittlich chranfn F außerordentliche Gesandte und bevollmächtigie Minister am Burs

anheimfallen: wer durch Geist und Herz sich gleich aúëge F

s „raß dièe Minister es Î That die Absicht N einen Reductions - Plan vorzulegen,

P Holl ï

I E S E: D ch n; E ter d 0A R L E R L T E Me E pn 7

214% - M talisten i ‘2 M leßtere wüßten jeßt, daß

Y lasse, entweder ihr

e ein halbes Pr x Ein 1 t Montag, 28. März. Jm Schauspielhause: Die Leibrentt F 1 datbes Prozent an ihrer Einnahme zu verlieren ; sie hätten

Schwank in 1 Akt. Hierauf: Zum erstenmale wiederholt: |

male: Kaiser Friedrih 1., Vierter Theil, oder: Friedrich's Ab

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89.

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Nllgemeine

Berlin, Dienstag

P E A Tr a DR E T E I R Zt

Beim Ablaufe des Quartals wird hiermit in Erinnerung gebracht, daß die Bestellungen auf dics: Zeltung nebst Pränunieration Yrovittzent aber bei den Königlichen Posi-Aemtern zu machen stnd, und daß der Preis für den ganzen Umfang der Monarchle au / jenten das Blatt am Vorabende seines Datums durch die Stadtpo frei ins Haus gesandt wird. Um jedoch die erforderliche Stärke der wir bitten, die Bestellungen bis spätesiens den 31sten d. M. an uns gelangen zu lassen, indem sonsi die Fnteressenten

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des Blattes cine Unterbrechung erleidet und nicht sämmtliche Nummern vom Anfange des Quartals än nachgeliefert werden

den 29sen März

N I A C E E A E O R: C (S I C P E (225 S G S E A! V B U EAITE E E M QUE S B

uner vier am Orte bei der Redaction ( Mohren - Straße Nr. 34), in den f 2 Rthlr. Preuß. Cour. vierteljährlich festgeseßt is, wofür den hiesigen Abon- üslage für das kommende Vierteljahr abmessen zu kdnnen, müssen

es sich selbs zuzuschreiben haben, wenn die Zusendun- fönnen

Mie Marten, D v A D G » Kronik? des Tages.

Des Königs Majestät haben den Historien - Maler und Leh- rer bei der Afademie der Künste, Lengerich, zum Professor Allergnädigsk zu ernennen und das darúber sprechende Patent Allerhôchstjelbst zu vollziehen geruht.

Angekommen: Der Kaiserl. Russisze Geheime Rath,

deótage, von Oubril, von St. Peteröburg.

h Zeitungs-Nachrichten.

j A La n 0. P anch Fj Paris, 22. März. Der König arbeitete gestern Vormit-

N tag mit dem Conseils - Präsidenten, und begab sich Nachmittag

N nah Neuilly.

1 U?der die gestrige Sibung der Deputirten-Kammer N ist noch Folgendes zu melden: Herr Berryer, der dem Con. j seils-Präsidenten auf der Rednerbühne folgte, um seine Meinung j über die Renten -Reductions : Frage abzugeben, erklärte zunächst, } daß es nicht seine Absicht sey, die Politik des vorigen Ministe- E riums zu beleuchten, oder an das j:ßige Kabinet die Frage zu h richten, weshalb c, um sein bisheriges System fortzus. sen, sich j von den Männern getrennt, die es vertheidigt, Und dagegen mit } Männern verbunden habe, die cs früher bekämpft hätten, Er } wolle die Frage bloß aus dem finanziellen Gesichtepunkte beirach- N ten; entweder sey die beabsichtigte Maßregel schlecht oder sie sey gut; im ersteren Falle dürfe sie niemals ergriffen werden, m lchteren aver kônne man si niht scühzeitig genug | dazu entschließen; es sey ihm daher durchaus unklar, was man mit einer Vertagung eigentli) sagen wolle; r halte eine solche für einen groben Fehler, ja fär in Verbrechen gegen das Land; weün leßteres sich in Geld- Verlegenheit befinde, so falle es ohnehin den Kapitalisten in bie

4 hiernach habe dasselbe aber auc) unbeziweifelt das Recht, in einer My günstigeren Lage das Geld zu nehmen, wo es solches am wohl- M feilsten erhalten könne; nihts weiter als dies sey nun die Renu-

4 Hände, und müsse so hoch borgen, als diese ihm leihen wollten ;

M ten:Reduction ; Herr Humann selbst habe die Déothwendigkeit

N diesec Maßregel dargethan, und er (der Redner) könne hiernach E nicht begreifen, weshalb, anstatt auf eine ungew!sse Zukunfc zu 4 verweilen, das Ministerium nit lieber aleich die Gründe angebe, V die es hinderten, die Maßregel sofort in's Leben treten zu lassen.

} „Wir wollen glauben“/, so {loß Herr Berryer seinen Vortraa, chrlih meinen und daß sie in der haben, uns in der nächsten Session l Warum denn aber eine f Debatte, die man schon jebt crôssnen kann, dis zum fünf-igen j Zahre vershicben? Und wenn die Nothwendinkeit einer Ver- È tagung vorhanden ist, warum uns solchze nicht beweisen? I

14 Tagen werden wir über das Budget zu berathschlagen haben,

Ausg. Schuld —. ZinsI. 1614. Neue Anl, 46h 7 Ian zeige uns alsdann, daß in unsertu Staats - Haushalte nad) 7 6 Jahren noch immer ein Aucfall ist, und wir wollen kein Wort

f i

waer verlieren; aber man verlängere nicht einen Zustand ck Ungewißheit, Úber den wir uns \chon so lange beklagen.“ Der andels - Minister, Herr Passy, der hierauf das Wort et- ' rif, verwahrte sich zunächst gegen eine Beschuldigung des Herrn Aug. Giraud. Auch unter dem vorigen Min sterium, bemerkte er, scy er der Meinung gewesen, ein tal, daß die Renten - Reductions - Frage nicht auf den Wege einer bloßen Proposition von Seiten eines Mitgliedes der Kammer erledigt werden dirse, und zweitens, daß die Regierung es schwerlich für angemessen finden möchte, eine Reduction des pinsfußes Unverzüglich eintreten zu lassen. Der Minister ieß sich 00ann in eine sehr ausführliche Erörterung der Grüude ein, welche der Regierung eine Vertagung der Maßregel bis zum nächsten Jahre als norhwendig erscheinen ießen; nament: ¿O berief er si darauf, daß in einem Lande, wo zum ersten Male eine Renten -Umschreibung von so bedeutendem Umfange ivie yier ftatisinde, die Regierung sich aroßmúüthig zeigen und den Kapitalisten allen möglichen Spielraum ‘lassen músse;

i in der nächsten S G | seß Entwurf vorgelegt werden würde U, A Kapital zurückzunehmen , oder künftig

T

4 bis dahin alle Zeit, ihre Maßregeln danach zu têcffen, M4 Mauguin stimmte gegen die Vertagung und hielt die dfortige Ausführung der Maßregel für um so nothwendiger,

06 Herr Humann kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Mi-

J N nisterium selb erklärt habe, daß f A :

: ; ; T1 ® Rau a. _ Des | : t ertiart ha (4 _daß ich seit der Juli - Revolut schied, historisches Schauspiel in 5 Aufzügen, von E Raup : M B e Staatshaushalte ergeben habe, I 1 er au im laufenden Jaßre wieder zu erwarten Königstädtisches Theater. go f fv. Herr von Lamartine bezeichnete dagegen jeden Reduc-

| Ves Plan als eine unmoralische Maßregel. „Alle Sophismen j willbüe Welt“, sagte er, „„vermdgen nicht das gewaltsame und | Gläubi e Verfahren eines Siaats zu beschônigen, der seine was se ai zwingen will, ihm für 100 Fr. zu verkaufen, E nun 4 Zuf jedem Markte für 110 Fr. absezen können. Wird Entschäd; vollends das Resultat der Maßregel eíne angemessene igung für den Treubruch gewähren? Jch sage, Nein,

Die zu gewärtigende Ersparniß wird nicht mehr ais 7 bis § Mil:

lionen betragen, wovon nech die Kosten dieses kolossalen Finanz- Geschäfts in Abzug zu bringen sind, während andererseits das zu eröffnende neue Anlehen von ctwa 400 Millionen den Kon- trahenten eineu Gewinn von 5—6 pCt. zuwenden und mithin die Kusten der ganzen Operation auf 20— 22 Millionen steigern wird. Nicht dadurch, daß man die Steuern um einige Millio- nen ermäßigt, wird man den Zinsfuß des Geldes herabscken. Gerade umgekehrt i| in unserem Lande der Grund und Boden in demselben Maße im Werthe gestiegen und der Getoerbfsleiß neu be- lebt worden, als wir uns genöthigt gesehen haben, bie Steuern zu crhôhen, um die Staats: Schuld zu verzinsen. Vor nicht gar langer Zeit fragte ih einige Picmontesische Landleute, warum sie denn mit ihrer Regierung unzufrieden wären, da sie doch #o sanft und väterlih sey. „„„„Das ist sehr wahr“ ‘/, eatgegneten sie, „„ „aber wir bezahlen fast gar keine Steuern mehr, und seit dieser Zeit rührt sich Niemand mehr und Alles erschla}t.‘* ‘/ Man betrachte die Türkei; hier giebt es weder Steuern noch Schulden, aber die Türken sind das elendeste und ärmlichste Volk von Europa. Man spricht uns immer von unseren großen Reich- thümern, deren wir uns zu entledigen suchen müßten. Dies ist aber nichts als eine reine Fiction Will man uns zur Kon- version der Rente bewegen, so ruft man uns zu: ,„„„Betrach: tet unser Defizit; wir gehen unter, wenn wir nicht konvertiren!//‘/ . Will man uns - zur Konversion zwingen, so sagt man: „„,,„„Betrachtet unsern Schaß; er weiß uicht, wo er mit dem Gelde hin soll! 4 Jch, m. H., rufe Jhnen lieber zu: Wenden Sie Jhre Augen von dem Schaß? weg, wenn Sie vor unserer finanziellen Zukunft nicht erzittern ioollen ; der Schaß hat cine chwebende Schuld von 722 Millionen Fr. Wer sáhe nicht, daß der vorgeschlagenen Reuten - Neduction ein politischer Gedanke, Eitelkeit und Geldwucher zum Grunde lies gen? Die Verwaliung will sch durch eine unerhörte Hand- lung auszeichnen, sle will beweisen, daß sie nach vierjäßrigen Unrußen zu thun im Stande sey, was Restauration nach zehnjähris gem Frieden nicht thun konnte ; sie will die Eifersuchk der Grund- besiber gegen die Kapitalisten nähren. Sehen wir uns wohl vor, m. H., die Departements werden bald gewahr werden, daß jeder Streich auf die Kapitalisten, zuglei die Steuerpflichtigen mit trifst; denn wenn diese reich sind, so sind sie cs nur dur den Reichthum Jener. Oder koramt nicht etwa der ungeheure Verkehr und Verbrauch der Hauptstadt den Provinzen mit zu Gute? Was würde wohl ein Enoländer dazu sagen, wenn man ihm riethe, England auf Kosten Londons zu bereichern? .. Und jeßt nur noH cin Wort: ich haite die vorgeschlagene Maß- regel für eine Verlezung des gegebenen Worts, die keinen an- dercn Erfolg haben kann, als daß sie die Leidenschafren einer Klasse von Bürgern gegen die andere nährt; für eine Maßregel, die keine Ermäßigung der Steuern zur Folge haben, wohl aber den Verbrauch der Hauptstadt und der Provinz vermindern und Frankreich zu einer lâstigen Anleihe nöthigen wird, falls es in den nächsten 5 Jah- ren zu einem Kriege kommen solite; sr eine Maßregel, die auf die wahre Höhe des Zinéëfußes nicht den mindesten Einfluß hat und nur dem Geldwucher zu Gute kommen wird; für eine Maßregel endlich, die den Werth des Bodens, der {on je6t den unteren Klassen unzugänglich ist, noch erhöhen und das Grundeigenthum so wie die davon abhängigen politischen Rechte in den Händen einer noch kleineren Anzahl, als gegenwärtiz, kon- zentriren wird. Jch weise sie daher aus allen Kräften und nach meiner innigsten Ueberzeugung zurück.“ Noch ließen sich die Herren Boissière und Felix Bodin zu Gunsten der Ren- ten-Reduction, jedoch erst im künftigen Jahre, vernehmen, wor- auf die Fortsesung der Debatte auf heute verlegt wurde.

In der heutigen Si6ung ließ sich zunächst Herr Laffitte vernehmen ; derselbe bedauerte, daß er als Mitglied der Kommis: sion die Ansicht der Majorität nicht habe theilen können. Das Recht der Rückzahlung halte er für unbedenklich, und cr glaube nicht, daß irgend Jemand in dieser Kammer es der Regierung bestreiten werde, Der Redner prüfte und widerlegte hierauf alle Gründe, die zu Gunsten der Vertagung vorgebracht worden sind. „Woher kömmt es“, sagte er, „daß der Conseils: Präsident heute cine Meiaung vertheidigt, die von der seiner vormaligen Kollegen abweicht? Wechselt man etwa seine Meinung mit scinem Por- tefeuille? Durch die Vertagung verpfändet man - die Zufunsft, und das ist unpassend und unpolitisch. Der Sturz des vorma- lizen Ministeriums hat die Rentiers auf die Reduction genugsam vorbereitet. Das Land erwartet die Ausführung einer Maßre- gel, die man ihm seit drei Jahren versprochen hat. Das Kadbi- net will zwar allerdings die Verpflichtung übernehmen, in der nächsien Session einen Geses - Entwurf vorzulegen, aber man weiß, wie elastisch die Klausel wegen der etwa eintretenden un- vorhergesehenen Hindernisse is. An etwas Unvorhergeehenem hat es einem Ministerium niemals cefeßlt. Wenn man den jebigen Moment ins Auge faßt, wenn man den Werth des Geldes bedenkt, fo kann es Niemanden einfallen, der Regie- rung die fernere Zahlung von 5 pCt. Zinsen zuzumuthen. Die Regierung zeigt eine überaus große Rücksicht und Sorgfalt fúr das Jnteresse der Rentiers; wenn man ihr aber von der Noth der Akerbautreibenden, oder von der Ermäßigung der Salz-Steuer spricht, die hauptsächlih auf den ärmeren Klassen lastet, so verschanzt sie sich hinter die Bedürfnisse des Schatzes.“ Herr Laffitte wirft den Ministern vor, daß sür außerordentliche Ausgaben über 600 Millionen verwendet worden wären; dies sey mehr, als man früher gebraucht haben würde, um die Rhein- Gränze wieder zu erobern. (Murren im Centrum.) Um die Nothwendigkeit der Reduction darzuthun, weist dec Redner noch auf etwaniac Ausfálle in der Einnahme hin. Es mird

faum môgiich seyn“, sagte er, „die Abgaben der Spielhäuser

beizubehalten, nachdem man die Lotterieen abzeschaffc hat. Sie sind sehr großmüthig gegen das Ausland gewesen; Sie haben bezahlt, was Sie ihm schuldig, und was Sie ißm nicht s{huldig waren (Gelächter); aber Sie erfahren nicht, wann Spanien und Belgien uns die ihnen gemachten Vorschüsse zurückzahlen werden. Die Gründe, die man für die Vertagung der Reduc- tion angegeben hat, sind von gar keinem Werth. Wenn die Avsführung der Maßregel eine jährlihe Ersparniß von sünfundzwoanzig Millionen (?) zu Wege bringt, so wirft maun durch die Vertagung bis zum nächsten Jahre fünfundzwanzig Millionen zum Fenster hinaus. Die materiellen Schwierigkei- tei, die man der augenblicklichen Reduction entgegensebt, halte i alle für iltusorisch; i glaube, daß man bie Reduction, sogar ohne Mitwirkung von Handlungs-Häusern, in drei Wochen be- iverkstelligen kann. Jch trage auf die Ueberweisung des Gegen- standes an eine neue Kommission an.‘ Der Finanz-Minister, Graf von Argout, begann wit folgenden Worten: „Die jebige Verwaltung vernachlässigt die Jnteressen der Steuerpflichtigen eben so wenig als es das vorige Ministerium, eben so wenig, a!s es Herr Laffitte gethan hat, da er noch Finanz-Minister war und die Vorschläge wegen Herabsezung der Getränk- und Salz- Steuer bestimmt zurückwies. Und wie würde auch noch irgend eine Regierung möglich seyn, wenn sie alle die Steuern ab\{chaffte, deren Abschaffung man von ihr veclangt.“/ (Gelächter und Un- terbrehung.) Herr von Argout entwarf darauf eine ausführliche Sczilderung von der finanziellen Lage Frankreichs, die er als sehr. blúhend darstellte, und wiederholte die feierliche Versicherung, daßim nächsten Jahre der Kammer ein Geses-Entwurf über die Rei- ten-Reduction vorgelegt werden solle. Die Klausel wegen der unvor- hergesehenen außerordentlichen Umstände sey an sih ganz Über- flüssig; denn wenn folhe Umstände einträten, so würde die Kammer von selóst das Ministerium auf die Unzeitigfkeit der Maßregel aufmerksam machen. Herr Laffitte habe gesagt, man dürfe die Erfüllung einer Pflicht nicht aufschieben. Als ein absirakter Grundsaß möge diese Behauptung geiten, aber auf den vorliegen den Fall sey sie nicht anwendbar, denn eben die Vertagung scy ein Theil der Pflicht, die man zu erfüllen habe. Herr Laffitte habe überhaupt viele Dinge vorgebracht; Herr Laffitte: ,7Ích habe Vieles gesagt, und es bleibt mir noch viel zu sagen úbrig!“ Herr von Argout, fortfahrend: „Das ehrenwerthe Mitglied nimmt die Maßregel offendar etwas zu schr auf die leichte Uchsel; es sind eine Menge Förmlichkeiten und Vorsichts- Maßregeln zu beobachten, die nicht in einigen Wochen zu besei tigen seyn dürften, sondern längere Vorbereitung erfordern. Jch beschwôöre die Kammer, an die Aufrichtigkeit der von uns ein- gegangenen Verpflichtung zu glauben. Wir sind redliche Leute!“ (Anhaltendes Gelächter). Herr Laffitte verlangte abermals das Wort zu einer kurzen Erwiederuna, und suchte neuerdings zu beweisen, daß die Ausführung der Maßregel im Laufe der gegenwärtigen Session möglich sey. „Jch glaube“, sagte er, „an die Rechtlichkeit der Minister, obgleich ih stets zu schr und zu leicht an die Rechtlichkeit der Menschen geglaubt habe (Be- wegung); aber zu leugnen ist doch nit, daß die Verwaltung sich in Geheimnisse hüllt, die wir nicht kennen, und ich bleibe also dabei, daß wir wohl thäten, uns einen neuen Bericht über die in Rede stehende Maßregel abstatten zu lassen.‘ Beim Abgange der Post befand sich Herr Gouin auf der Redner- bühne, der die von der Kommission beantragte Vertagung un - terstÜbte, und daran erinnerte, daß er bei Vorlegung seiner Proposition selbs den Wunsch ausgedrückt habe, daß man die Ausführung der Maßregel der Regierung Überlassen möge.

Der Herausgeber des kleinen Abendblattes „l'Estafette‘/, Herr Boulé, ist gestern von dem hiesigen Handels - Gerichte zu einem an das „Journal des Debats‘/ und den „Courrier fcançais‘/ zu zahlenden Schaden - Ersaße von 1900 Fr. dafür verurtheilt wor- den, daß er aus diesen beiden Blättern selbstständige Artikel am Tage des Erscheinens nachgedruckt hatte. Der „Temps“ und die „Quotidienne“, die gleichzeitig gegen Herrn Boulé klagbar geworden waren, sind mit ihrer Klage abgewiesen worden, weil der detressende Artikel erst am folgenden Tage nachgedruckt wor- den war. Uebrigens hat das Gericht dem Herrn Boulé, unter Audrohung einer Strafe von 500 Fr. verboten, fkünstig irgend einen selbsiständigen Zeitungs - Artikel weder an dem Tage des Erscheinens noch am folgenden Tage nachzudrucken.

Der Direktor der Kriegsschule zu Tours, Graf Karl von Beaumont, ehemaliges Mitglied des gese6gebenden Körpers und Deputirter uuter der Restauration, ist am 9ten d. M. auf set- nem Gute La - Motte-Sonzay im Departement des Jndre und der Loire verschieden.

Das Convents- Mitglied, Lacanal, ist in den Vereinigten Staaten mit Tode abgegangen. Herr Lacanal war Mitglied der Akademie der moralischen und politischen Wissenschasten.

Einige Fahnen, die den Arabern auf der Expedition nah Maëêcara abgenommen worden, sind in Paris angekommen, und in der Kirche des Jnvalidenhauses neben diejenigen aufgehangen worden, die bei dem ersten Feldzuge nah Algier in die Hände der Sieger gefallen waren. Man erwartet noch andere Trophäen von der Expedition nah Tremezen,

Der Phare von Bayonne vom l9ten d. gesteht jest selb ein, daß am 12ten kein Gefecht bei Vittoria stattgefunden habe, und daß er durch Berichte aus St. Sebastian hinters Licht ge- fährt worden sey. | .

Man erzählt, daß die Französische Regierung dem Herrn Mendizabal eine Note habe zustellen lassen, toorin ste erkläre, daß, wenn die Hinrichtung der Mutter Cabrera's nicht bestrafe würde, oder wenn deroaseiden Grausamkeiten sich ornenerton. (Go fi 24