1836 / 186 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

rung zu bringen, nach Tunis sendet. Die Dinge kdnnen uicht länger in diesem Zustande bleiben, eine Lösung ist nothwendig; môge dieselbe {nell stattfinden und günstig seyn.“ :

Man schreibt aus Bayonne vom 2WBsten d. M: „Es beißt, der General Evans habe den Befehl aus Madrid bekom- men , - die Karlisten anzugreifen und sch um jeden Preis zum Herrn der Linie von Frun nach Hernani zu machen; er habe darauf bemerklich gemacht, daß die unter seinen Befehlen ver- sarnmelten Streitkräfte ihm nicht hinreichend schienen, um mit Erfoíg zu operiren, Und daß er es der Vorsicht gemäß erachte, die beiden Regimenter abzuwarten, deren Absendung ihm angekün- digt worden sey. Man weiß nicht, was nach dieser Antwort beschlos- seix worden ist. Die Christinos sollen aber heute Morgen von San Schastian und von der Passage, so wie von Valcarlos aus, an- gegriffen haben : es is außer Zweifel, daß der Besiß von Her: nani in diescm Augenblick das Hauptstreben der Christinos ist, andererseits aber deutet Alles darauf hi, daß dieser Pia ihnen auf energische Weise streitig gemacht werden wird.“

Großbritanien und Jrlan

London, 28. Juni. Se. Maj. der König werden morgen von Windsor nach der Stadt kommen, um Lever zu halten. Vor- gestern wurden zur Feier des Jahrestags der Thronbesteigung Sr. Maj. im Park und im Tower die Kanonen gelöst, Jhre aj. gaben in Windsor ein großes Gastmahl.

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Oranien ist nach Bath gereist und wird sich von da nah Oxford begeben.

Die Morning Chronicle sagt, sie kônne mit Vergnügen melden, daß der König nach dem für Lord Melbourne günftigen Ausspruch der Jury unverholen seine Freude über diesen den Wünschen und Gefühlen des Monarchen so entsprechenden Aus- gang des Prozesses geäußert habe.

Der Französische Botschafter und der Türkische Gesandte sollen in der Churchillschen Angelegenheit lange Konferenzen mit Lord Palmerston gehabt haben. E

Der zweite Brief O'Connell's an das Volk von Großbri- tanien ist in Vergleich zu seinen früheren ähnlichen Schreiben dieser Art ziemlich kurz gefaßt. Er beginnt folgendermaßen :

„Es giebt cin altes Englisches Zprüchwort, welches sagt: „Ein Faftum wiegt ciue ganze Fracht vou Argumenten auf 4 O will Jhnen das Faktum geben. Es ist cine Sache, die mich sclbst betrifft. Jch habe cinen Wohnsiß in Jrland, er licgt in cinem Kirch- spiel, genaunt Kilcrohane, in der Grafschaft Kerry. Das Kirchspiel 17 ungefähr 17 Euglische Meilen lang und 3 bis 4 breit, Seine jeßige Bevölferungszah! ift 10,154. Davon sind 9990 Katholiken und 164 Protestantcn. Von diesen Protestanten komuien 87 auf die Kü- stenwache und die Polizei uebst deren Familien. + Diese Personcn lud im cigentlichhen Sinn des Wortes nicht Pfarrkfiuder. Sie stcheu im Dienst des Staats, könneu nach Beliedeu entfernt werden uud werden auch zu bestimmten Zeiten immer wieder entfernt; genng, es fiud Fremde, die sich uur zu cinem besiimmten Zweck und für cine ge- wise Jeit indem Kirchspiel aufhalten. Dic Zahl der protestantischen PBfarr- finder ist also nur 77. Der Pfarrer diefes Kirchspiels ist Hr. Longfield. Er ift es seit den leuten 10 oder 12 Jahren. ch glaube aber, er hat nicht so viel Tage in deu Kirchspiel zugebracht. Jch sah ihn nie, und der cinzige Dienst, den er mir je geleistct, war, daß er seinen gewöhnlichen Wohnsitz, zu Bath oder Cheltcuham verließ und zu ci- ner Wahl nach Kercvy kam, um gegen mich zu stimmen; das war Alles. Sein Zehnten - Ertrag aus den Kirchspiel beläuft sich auf 500 Pfund jährlich êder fo ungefähr. Er hat auch drei oder vier Pfarrhäuser. Nach der katholischen Eintheilung sind es zwei Kirch- spiele, und wir Katholiken unterhalten gern die katholischen Geistli- hen beider Theile. Die Sache steht also folgendermaßen: Jch, als Katbolif, habe meine eigenen Geistlichen zu unterstüßen, nicine eigene Kirche zu bauen und sie in Stand gu erhalten. Das Kirchspiel thi m, und ble Hauptlast vou. dem Allen fáslt auf mich; und nun bestebt außerdem noch Se. Ehrwürden Herr Longfield darauf, daß ic ihm jáhrlih 50 Pfund für Zehnten zahlen soll, und weil ich diese Forderung, wie sie es offenbar ift, für hochst unges recht und uncernünftig halte, läßt er aur Schaßfammer-Gericht cine Klage gegen mich anhäugig machen, überlicfert mich einem gicrigen Anwalt, um mir schwere Geldbußen abzupressen, und sagt dann, ich bitte Sie, die Religion, die ihn dazu getrieben uud die diese hand- greiflicze Ungerechtigkeit gutheißt, sey besser, a!s meine Religion. Jch glaube cs nicht, Engläuder, ich glaube es nicht! Jch halte - meiuce Religion für besser ais die seinige, und ich werde thm daher uie ci- nen Shilling zahlen, nein, keinen Heller. Er und scin Auwait möÖ- gen mein Vich, mein Getraide, mein Hausgeräth fortnehmen, sie mögen meine Pächter fortführen, sie mögen Alles wegschleppen und verfaufen oder vernichten, ich werde nimmermehr cinen Peunv eut: richten. Jch werde dem Gese nicht Widerstand leisten, weil auch dies, wie fo manche andere unerhörte Unbilligïeit, Gescß T Uer, E es, {ih werde ihm cder für ihn nie einen Heller ablen.“

/ Nachdem O'Connell dies noch ein Dußend Mal mit ande- ren oder mit denselben Worten wiederholt hat, fragt er die Eng- länder, ob sie so etwas ruhig dulden, ob sie Zehnten für fatho- lische Geistliche entrichten würden, und behauptet, die Katholiken könnten sich das Umgekehrte noch weniger gefallen lassen, da die Zehnten ursprünglich zu katholischen Zwecken bestimmt gewesen seyen; er vergleicht die protestantische Geistlichkeit in Jrland mit dem Gdken Dschuggernauth, der unersátilich stets nur blutige Opfer fordere, und droht zuleßt damit, daß es bald zu einem friedlichen Vergleich zu spät seyn werde.

In den Kirchspielen St. Pancratius, Marylebone und in Finsbury wurden heute Aufforderungen an die Kirchen-Vorsteher und Wahl-Beamten unterzeichnet, so bald als möglich öffentliche Versammlungen der Wähler zu veranstalten, damit diese dar- über berathschlagen könnten, ob es nicht angemessen sey, das Unterhaus um Unterstüßung der O’Connellschen Motion auf Reform des Oberhauses zu ersuchen.

Zwei Capitaine und drei Lieutenants von der Plymouther Marine - Division haben Befehl erhalten, sich an Bord des Dampfboots „„Pluto‘/ zu ihrem Bataillon nah der Küste von Spanien einzuschissen. Auch 4 Offiziere und 199 Mann von der Woolwicher Division, so wie eine kleine Abtheilung Marine- Artillerie, sind dorthin beordert.

Die Kriegsschiffe ¡„„SGannet‘“ und „Racer‘/ haven zwei Skla- venschisse, jedes mit 259 bis 300 Negern an Bord, aufgebracht.

Die verwittwete Marquise von Conyngham hat vor einigen Tagen bei dem Umsturze ihres Wagen eine Rippe gebrochen.

Nach Nord-Amerikanischen Blättern vom 1. Juni war der Ober-Befehlshaber der Texianischen Truppen, General Houstoun, am 22. Mai zu New-Orleans eingetroffen, um we- gen der in dem Trefsen vom 21. April erhaltenen Wunde ärzt- liche Hülfe zu suchen. Durch ihn erfuhr man den genauen Hergang der Niederiage Santana's. Von 7000 Mann, welche unter ihm in Texas eingerückt, waren kaum 2509 entkommen, und diese wurden von den siegreichen Texianern eifrig verfolgt. Santana befand sich unter strenger Bewachung in Velasco. Seine Anträge auf Wassenstillstand waren zurückgewiesen wor-

den, worauf er sich erboten hatte, die Unabhängigkeit von Texas anzuerkennen. Der Rio Grande soll die beständige Gränze zwi- {chen Mexiko und Texas seyn, und Santana bleibt als Geisel

den Interessen Frankreichs |

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inden Händen der Texiauer, bis der Vertrag vom Mexikanischen Se- natgenechmäigtund von den Vereinigten Staaten Nord-Amerifka's rantirt seyn wird. Aus Mexiko wird im Globe ohne Au- gabe des Datums gemeldet, daß der Tod des General Barra- gan in jener Hauptstadt große Verwirrung verursacht habe, und daß Alles in Anarchie und Aufruhr begriffen sey: das Haus des Schwedischen Konsuls sey geplündert und er felbst ermor- det worden: die liberale Partei suche cine Revolution herbeizu- führen und zeige ofene Feindseligkeit gegen die bestehende Ord- nung der Dinge. R

Bel gien.

Beûssel, 27. Juni. Jm Senate wurde vor dem Schlusse der Session ein Bericht úber einen Geselzesvorschlag erstattet, der von allgemeinem Juteresse ist, Es is dies der Gescbesvor- schlag gegen die Duelle. Der Bericht der mit Prüfung deffel- hen beauftragten Kommission, der von Herrn v. Haussy erstattet wurde, hat die dffentliche Aufmerksamkeit in cinem hohen Grade gefesselt, und der Senat hat verordnet, daß alle richterlichen Behörden offiziell davon in Kenntniß geselzt werden sollen, Die Hauptpunkte des Gesebesvorschlags sind folgende: Auf jede Herausforderung steht eine Gefängnißstrafe von 1 bis 3 Mo- naten und eine Geldbuße von 190 bis 500 Franken. Hat das Duell stattgefunden , ohne Verwundung oder Tod zur Folgen zu haben, so werden die Duellanten mit 2 Monaten bis 1 Jahr Gefängniß, 2090 bis 1000 Franken Geldbuße be- straft. Jst einer der Duellanten leiht verwundet, so kann der andere zu 3 bis 18 Monaten Gefängniß und 300 bis 1590 Franken Geldbuße verurtheilt werden. Hat die Verwundung eine Untächtigkeit zum Arbeiten während 20 Tagen zur Folge, so steigt die Strafe von 6 Monaten bis 2 Jahren und von 500 bis 2509 Franken. Außerdem is der Verlust eines Theils oder aller bürgerlichen Rechte, und der Stelle, wenn es ein Beamter ist, während einer der Gefängnißstrafe gleichen Zeit damit verbunden. Hat das Duell eine Verstümmelung und eine Krankheit von mehr als 40 Tagen zur Folge gchabt,- so fann die Strafe auf i bis 5 Jahr Gefängniß und 1000 bis 5000 Franken Geldstrafe geschärft werden, neben dem Verlust des Amtes und dev bürger- lichen Rechte. Wer endlich seinen Gegner im Duell getödtet hat, soll mit 2 bis 10 Jahren Gefängniß, 2000 bis 10,600 Franken Geldbuße und Verlust des Amtes und Jnterdiction aller bürger- lichen Rechte, während eines der Dauer der Gefängnißstrafe glei- chen oder sie bis um das Doppelte úbertreffenden Zeitraums, bestraft werden. Bei Duellen auf Leben und Tod ohne Sekun- danten und dergleichen werden die Strafen noch geschärft. Die Sekundanten werden, wenn das Duell Verwundung oder Tod zur Folge gehabt hat, zu der Hälfte der Strafe, der die Duel- lanten unterliegen, verurtheilt. Duelle, die keine oder: nur eine leichte Wunde verursacht haben, gehören zur Kompetenz der cor- rectionellen Gerichte. Alle übrigen werden von den Assisen ge- richtet. Außer der Verurtheilung kann noch Entschädigung ver- langt werden. Belgier, die sich außerhalß des Königreichs duel- sirt oder sefundirt haben, können bei der Rückkunft in dasselbe gestraft werden, wenn sie nicht schon im Auslande darüber zur Rechenschaft gezogen sind. Das Geseb findet seine Anwendung auf alle Stände der Nation, Militairs sowohl als Civilisien.

DeutsMland.

Dresden, 1. Juli. Se. Majestät der König geruhten gestern dem Königl, Bayerischen Gesandten, Wirklichen Staats- und Geheimen Rath Grafen von Luxdurg, sodann dem Königl. Preußischen Gesandten , Wirklichen Geheimen Rath von Jor- dan, und dem Königl. Französischen Besandten von Bussierre Partikular-Audienzen zu ertheilen und die von ihnen úberreich- ten neuen Beglaubigungsschreiben in Empfang zu nehmen. Auch hatten gestern der Königl. Bayerische Kämmerer und Ge- neral-Lieutenant, Graf von Pocci, so wie der Königl. Preußi- he General - Major von Quadt die Ehre, Sr. Majestät dem Kdnige in den ihnen bewilligten Partikular- Audienzen die von ihnen überbrachten Kondolenz- und Glukwunsch-Schreiben ihrer Allerhöchsten Souveraine zu überreichen.

Augsburg, 30. Juni. Se. Majestät der Kdnig von Bayeru sind diesen Morgen nach acht Uhr hier eingetroffen und in der Kdnig!. Residenz abgestiegen. Sie besuchten sogleich das Benediktiner - Institut, wo Sie üver eine Stunde verweilten, und von wo Sie sich in das polytechnische Institut und die Gemälde-Gallerie verfügten. Um zwei Uhr wollen Aller dchst:- dieselben Ihre Reise fortsezen und, dem Vernehmen nach, Nördlingen übernachten.

Mainz, 39. Juni. Se. Kdnigl. Hoheit der Prinz Bil helm von Preußen, der allverehrte Gouverneur hiesiger Bun- desfestung, kam gestern mit seiner Erlauchten Gemahlin und Fa- milie hier an, und man giebt sich der Hossnung hin, daß Se. Königl. Hoh. längere Zeit hier verweilen werden.

Darm stadt, 30. Juni. (Hess. Ztg.) Se. Königl. Hoh. der Großherzog haben heute den Landtag in höchster ‘Person ge- {lossen Die Mitglieder beider Kammern versammelten sich um halb 12 Uhr in dem Großherzogl. Residenzschlosse. Der Großherzog erschien in Begleitung der Prinzen des Hauses und hielt von dem Throne folgende Anrede an die Stände:

„Meine Herren Stände! Jch habe Sie um Mich versaunzaelt, n am Schlusse dicscs Landtages noch einige Worte persönlich zu Fhnen sprechen zu können. . Läuger, als son} gewöhnlich, mußten Sie sich Jhren Familien und Jhrea cigenen Geschäften entziehen. Fch erkenue dic Widinung und die Ausdauer, mit welcher Sie Jhre ständischen Pflichten erfüllt haben, in vollem Maße an, und das Land wird mit Mir die Opfer zu würdigen wissen, welche vou Vielen un- ter Jhnen dein allgemeinen Wobl gebracht wörden sind. Ihre Aufgabe war weitumfasseud und wichtig, Siesollten erledigen, was zwei erfolgiose Landtage unerledigt gelassen hatten. Ske sollten sich deu Arbeiten unterzi:hen, die ohnehiu jeder Laudtag mit sich bringt. Noch mchr! Nch batte Mich zu Maßregeln genöthigt gesehen, dje Viele, obgleich sehr wahrheitswidrig, als cine Folge von Zerwürfuissen zwischen Mir und Meinen Uukerihanen und des Verlustes des Vertrauens und der Liebe cines Volkes, mit dessen Wobl uud Weh Jch Mich dech so innig verslechten fühle, darzustellen bemüht waren. Daher erwar- tete das Laud vou dem acgeuw(äirtigen Landtage vor Allem die Be- seitigung jedes Qwcifels Über seine Gefinnungen gegen scinen Für- sten, uud es war Jhuen, meine Herren beider Kammern, vorbcha!- ten, durch Jhr Beispiel zu zeigen, wie die Entfernung des Mißtraucuns, das Festhalten an dem wahren und ursprünglichen Geiste der Verfas: sung und das offenC und redliche, vou Parteisucht freie, Zusammen- ivirten der Regierung und der Stände zu dem genuiciusameu Ziele, dem bdffentlichen Wohle, dem Stagte fromme. Diese Aufgabeu sämmilich baben Sie gelös. Mit Umficht, mit ruhigem und unbe- fangenem Ecnste haben Sie die zahlreichen Vorlagen, die Jhucen ge- macht waren, geprüft, und überall hat cine Vereinigung der Ansich- ten, zum wahren Besien des Vaterlandes, unsere Bestrebungen ge- frönt, Jch fühle Mich glücklich in der Ueberzeugung, daß auf diescm Landtage wichtige und große Fortschritte zur Beförderung des

allgemeinen Wohls theils gemacht, theils- begründet worden sind, und Mitwirkung hicrzit.

in

Jch danke Jhnen herzlich für Jhre treue Eben so erhebend is für Mich die Aussicht, daß unter dem Schutze

des Friedens, dén dle göttliche Vorsehung uns erhalten zu llen scheint, Mein Land einer immer bessern Zufkünuft entgegenschüiten werde, -— Jch habe befohlen, daß Jhneu Meine landesherrlhen Enlschließungen auf Jhre Eingaben nunmehr verkündigt undder Landtag in Meinem Namen geschlossen werdeu fol. Wenn pi dann in Jhre Heimath zurückkehren, fahren Sie fort, auch dort für Eintracht, Bertrauen and Erhaltung der geseßliche Ordnung \y wirken, damit das Gute, was Sie so thätig mitbegründen hai

sciue segensreichen Früchte eutwickle, in deren Gedeclhen guch j hren schönsten Lohn fiuden werden. Wohlwollens schn Sie zugleich versichert.“

Minister des Jnnern, Freiherr du Thil, ließ den Landtags: Ab

z0gs, den Landtag für geschlossen. beider Kammern hatten die Ehre, von Sr, Königl. Hoheit den Großherzoge zur Tafel gezogen zu werden. /

Stuttgart, 30, Juni. (Schwäb. Merk.) Jn des heutigen Sißung der Abgeordneten-Kammer war die Berathung des Berichts der Justiz-Gese6gebungs-Kommission über den An, trag des Abgeordneten Menzel : „die Regierung um ein Gese zu bitten, wodurch der Nach druck, als ein das Eigenthum| »eeinträchtigendes, der öffentlichen Moral schädiiches und die Ehre des Württembergischen Namens vor dem Auslande verun- glimpfendes Jnstitut, unbedinat aufgehoben werde‘“/, an der Tages- Ordnung. (Berichterstatter Pfizer.) Der erste Kom-| missions-Antrag geht dahin: Die Regierung um den Entwurf eines Gesetzes zu bitten, wodurch, unabhängig von Erlangung eines Privilegiums gegen Nachdruck, die Rede der Schrift: steller und Verleger gegen den Nachdruck sicher gestellt werden. Geh. Rath v. Schlayer will nur kurz vemerten, daß die Re gierung schon längst mit einem solchen Geseß-Entwurfe umgehe der schon der Stände-Versammlung zur Berathung úbergebey worden seyn würde, wenn nicht allgemeine Bestimmungen voy Seiten des Bundes für ganz Deutschland in dieser Beziehung demnächst zu erwarten ständen.

Schweiz.

Neuchatel, 25. Juni. Hinsichtlich der auf den Artik( über die Revision der Bundes-Akte folgenden Paragraphen des eidgenössischen Kreisschreibens, bis zum 31sten, wurde in der vor gestrigèn Silzung des geseßzgebenden Körpers das Gutachten det Staatsraths ohne weitere Diskussion gedilligt. Die Versamm lung sprach sich zum erstenmal ganz einmüthig zu Gunsten vot Schwyz aus. Als die Reihe an den Stand Meuchatel kam verlangte der Abgeordnete von Fleurier, Herr Jeanrenaud noch einmal die Verlesung der von Sv. Majestät in Bezug au den Fürstenthums - Titel dieses Standes ertheilten Antwort, d von der Versammlung von neuem mit der grdßten Freude angt| drt wurde. Ucber die Farben kam es zu feiner Debatte; die Medaille aber beschäftigte die Versammlung einige Augenblie. Herr L’Eplattenier, der Abgeordnete von Coffrane, sprach sid nämlich mit höchster Entrüstung üver das Votum von Genus aus, welches sciner Tagsaßungs-Deputation anbefohlen, zu ver langen, daß das Tragen keiner Decoration, die zur Bezeichnunz einer Partei diene, gestattet werden solle; es sey, sagte er, eine seltsame Gedanken-Verwirrung, wenn man die Medaille, welch die Neuchateller trügen, ein Parteizeichen nenne; das heiße Treue und Empdrung, Pflichterfüllung und Verbrechen auf glei he Stufe seßen und mit gleichen Namen -bezeichnen ; er wünsch te, daß die Neuchateller Tagsaßungs - Deputation einen solche Vorschlag fo, wie er es verdiene, zurückweise und sich kurz u! G bündig gegen eine Anmaßung ausspreche, die zu beweisen schein! daß man nicht mehr den Muth habe, die Dinge bei threm wah ren Namen zu nennen. Der Vortrag diesés Redners wurd! mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen, und Hr. v. Chat brier erklärte, die Jnstruction an die Deputátion sey auch vo Staats - Rath gánz in diesem Sinne ertheilt. Herr: Jean renaud stimmte für gänzliche Abschaffung aller Decora tionen in der eidgendssischen Armee; eine solche Maß regel, meinte er, sey dem alten Schweizer Geiste angemessen, doch wollte er die bei Gelegenheit der Ereignisse von 1815 voi der „„Eidgenossenschaft‘/ verliehenen Ehrenzeichen davon ausg nommen wissen. Der Kanzler machte aut die Jnkonse quenz, um sich keines stärkeren Ausdrucks zu bedienen, in diesel Verlangen aufmerksam, indem cine Medaille, welche Männern, die eine Schweizer Kantonal-Souverainetät vertheidigt hätten, zuf Belohnung verliehen worden, ausgeschlossen und dagegen ausnahm& weise cine andere, ohne Zweifel sehr ehrenwerthe, aber fir Dienste, die cinem fremden Souverain geleistet worden, theilte, beibehalten werden sollte; viel einfacher, meinte er, un namentlich viel offener und loyaler wäre es gewesen, wenn du Abgeordnete von Fleurier statt dessen gerade herausgesagt hätte} er wolle die Neuchateller Medaille nicht; man. würde, um de Frieden zu erhalten, wohl bereit seyn, cine aligemeine Maßrege! zu genehmigen, aber ohne Ausnahme. Herr von Perregauz g{aubte, daß eine allgemeine Maßregel dieser Art den wahre Jnteressen der Eidgenossenschaft widerspreche, weil ste tüchtige Of fiziere von der eidgenössischen Armee zurückhalten dürfte, inden dieselben chrenvoll erlangte Decorationen - für die Ehre ein Kommandos in dieser Armee nicht würden abkegen wollen. Das Gutachten des Staatsraths wurde demnächst auch über diesen Punkt mit großer Majorität angenommen ; die Minorität belief sich immer nur auf 5 bis 7 Stimmen. Die Debatten nahmen dann wieder einen ruhigeren Gang bis zum 46sten Paragraphen} der von den Basellandschaftlichen Angelegenheiten handelt. Dée! Staatsrath hatte vorgeschlagen, sich um eine friedliche Ausglel chung zu bemühen, übrigens aber anzuerkennen, daß Liestal sid im Unrecht befinde, denn der Landrath habe sich, um den Aus spruch des vollziehenden Raths zu kassiren , auf den 5, Arcikl des Baseler Gesezes von 1816 gestülzt, welches den Juden dit Niederlassung in diesem Kanton verbiete, aber durch ein Geseh vom Jahre 1821 seyen die Artikel 5 und des Gesetzes vo! 1816 förmlich ausgehoben worden, und dis Entscheidun) des Landrathes beruße also auf einer falschen Grund (age. Herr Jeanrenaud wollte zwar uicht die Sympat) der Versammlung zu Gunsten L estals anrufen, doch meinte es heiße, die einem eidgenössischen Stande schuldige Rücksich! verleben, wenn man so unumwunden erkläre, daß derseibe Un recht habe; wenigstens müsse man doch seine Vertheidigung hd ren; auch sprach sich dieser Abgeordnete jchr stark gegen die v Frankreih ergrissenen Maßregeln aus, Der Maire von b Chaux de Fonds antwortete ihm, wenn man sein Urtheil d Aktenstücke begründe, laufe man feine Gefahr, sich zu irren, ut die vorgelegten seyen klarer als der Tag; ohne Zweifel wäre die Maßregeln Frankreichs hart, aver cs sey in seinem Recht übrigens habe man bei dieser Gelegenheit sehen kdnnen, daß Vogel, dessen mächtigen Fittich man eins der Schweiz als ihr Schußdach gezeigt, auch Krallen und Schnabel zu gebrauche! wisse. Da der Vorschlag des Abgeordneten von Fleurier gal fel nen Anklang fand, so wurde nicht erst darüber abgestimmt,

Weines landesfürsilichak L : : e s d auf die Geschichte ; Se. Königl. Hoheit verließen hicrauf den Thronsaal. D44 f O schied verlesen und erklärte sodann, auf Befehl des Großher| erges Sämmtliche Mitgliede?

Kanzler

die Dlkte so verwerflich erscheine, ersucht, doch zu sagen , worin die

Gelegenheit des 48sten Artikels nahm Herr Jeanrenaud wle- r das Wort und klagte darüber, daz man den politischen Flücht- ingen “eine Zuflucht in der Schweiz verweigern wolle, da es ih doch die alte Schweiz stets zum Ruhm angerechnet habe, Rerbannte und Verfolgte in ihren Schooß aufzunehmen, und a das göttliche Gessz selbst gebiete, den Fremden zu beherber- enz jedenfalls sollte man einen Unterschied machen und nicht lle Flüchtlinge in eine und dieselbe Kategorie stellen. Herr v'on hambrier verwies dagegen den Redner auf die Verträge niemals, sagte er, habe sich die alte zum Schlupfwinkel für alle schlechte Subjekte Europas en: in der Zeiten ihres größten Anschens, als von allen Mächten gefürchtet und geachtet worden, abe sle doch Verträge abgeschlossen, durch die sie sich nheischig gemacht , Leute, welche die Ruße ihres Vaterlandes estdrt, nicht auf ihren Gebiet zu dulden; ja în neuerer Zeit hátten selbst Individuen, die vor dem Revolutionsbeil geflohen, die sich aus ihrem Vaterlande entfernt, nicht weil sie dort Un- uhen angestistet,

wei

sondern weil sie ihrer Religion und ihren Ei- ben treu bleiben gewollt, keine Zuflucht hier finden können , ob- gleich sie diejelbe gewiß nicht würden gemißbraucht haben, deun Frankreich habe die Ausweisung der Emigrirten verlangt, weil s gefunden, daß sie seinen Gränzen zu nahe seyen, und die Schweiz habe gehorcht; die Verträge erheischten "ogar die Aus- ieferung jener Individuen, hinsichtlich deren der Staatsrath ih auf den Vorschlag beschränke, fie aus dem Gebiet der Schweiz hu entfernen, wodurch - der Eidgenossenschaft selb] ein großer Dienst gescheße, da sie durch ihr Benehmen nur die Ruhe der- selben stdrten. Auch bei dieser Frage fand der Antrag des Ab- geordneten von Fleurier nicht die geringsie Unterstüßung. Eben so ging es demselben mit seinen Bemerkungen über den die Pe- ¡tionen an die Tagsaßung betreffenden Artikel. Herr Jeanre- naud meinte nämlich, die Bevölkerungen múßten durchaus das Recht haben, sich bei der Tagsatzung über ihre Regierungen zu beschweren, denn die Menschen glichen einander alle, und so wie sie zur Macht gelangten, bdten sie alles Mögliche auf, sich darin zu erhalten, und scheuten sich nicht, die Verfassung zu verleßen, wenn sie dadurch ihre Stellen behaupten könnten; in dieser Hinsicht handelten die Radikalen eben \o wie die Libera- ei, und die Liberalen wie die Aristokraten; man müsse also dem

olle cine Bürgschaft gegen diese allgemeine Tendenz, eine Bürgschaft gegen die Berlezung der Verfassungen geben. Der erwiderte darauf, wenn man Verlezungen der Ver- assung nur von Seiteu der Regierungen fürchte, \o fônne man zohl ganz ruhig seyn, und es wäre zu wünschen, daß dicjenigen, ie unaufydrlich Garantieen gegen die Regierungen forderten,

die Gesetze und die Verfassung eben so streng, wie jene, beobs-

chteten und nicht durch fortwährende Anregung von erdbitternden nd unnúüsen Fragen Überall Unzufriedenheit und Unruhen zu nähren suchten; so bediene man sich auch der Frage über die Revision der Bund:s- Akte nur zur Aufregung der Gemüther, während die Thatsachen bewiesen, daß das Schweizer Volk eine olche Revision gax nicht wolle, weil es nicht Männer zu seinen Repräsentanten ernenne, die für die Revision wären; die Bun- des:Akte sey allerdings cin Pakt der Regierungen unter einan- er, jeßt aber garantivre sie, wo die Bevölkerungen souverain seyen, die Vo!ks - Regierungen eben so, wie sie früher die ‘aristokra- hen Souverainetäten garantirt habe, und die in den Kanto- nal - Verfassungen eingetretenen Veränderungen erheischten einesweges auch eine Veränderung in der Bundes - Akte, ndem diese die erneuerten Confstitutionen eben so ver- ¿ûrge, wie früher die alten; in jeder Session habe man Liebhaber der Revision, denen die jelzige Bundes-

Mängel derselben lägen, aber tnmer seyen hie stumm geblieben.

ne längere Debatte wurde schließlich noch durch die Reclama- ion der Klöster von Aargau veranlaßt. Herr Jeanvrenaud Fand es unangemessen, daß der geseßgebende Körper sich jet chon erläuben wolle, über eine Maßregel einer so achtbaren Re- gierung, wie die von Aargau, seine Meinung zu äußern, ohne diese Regierung gehört zu haben. Herr Frochaux da- egen dankte dem Staagisrath für das von - ihm vor- eschlagene Gutachcen c fúrchtetee nach den Beschlüs- en der Aargauer Zegierung, daß sich ein heißer Kampf ntspinnen möchte, doch se6te er noch seine Hoffnung uf die Neuchateler Deputation, die gewiß, wie immer, o auch hier die Sache des guten Rechts vercheidigen werde. Er machte sodann auf die Lage aufmerésam , in welche die reli- gidsen Corporationen durch die Dekrete der Aargauer Regierung erseízt worden, auf die gewaltsamen Maßregeln, die man gegen

Mie ergriffen, und auf die ungerechte Behandlung, die man ih-

nen habe widerfahren lassen; man bedürfe, meinte er, gar kei

Wer Erklärung von Seiten der Aargauer Regierung, ihr Dekret

S A Bundes - Akte garantire den Corporationen den Schus der Eidgenossen- (chast, und die Güter einer Corporation in Beschlag neh- nen, den größten Theil ihrer Einkünfte fkonfisziren, ih- nen neue Verstärkung zu verbieten, heiße, sie ganz ver- iten, Herr L'Eplattenter hieit es sehr. \chwie-

La | ; | für rig, zu entscheiden, wie weit sich die Rechte einer Regierung

wit Hinsiche auf die Auflösung von Corporationen überhaupt und derjenigen insbesondere, deren Existenz unnús oder gefähr: lih werde, erstrecke; die Klöster, sagte cr, zätten der Civilisation

M große Dienste geleistet ; sie seyen die Mittelpunkte gewesen, wo

die Wissenschaften cine Zuflucht und die Unglüeölichen in einer eit, als die bürgerlichen Gesese noch nicht die nôthige Macht gehabt, um die Freiheit Einzelner gege die Verfolgung der Stävrêeren zu {ützen, cin Obdach" gesunden ; auch der Ackerbau verdanke ihuen viele Vervollklommnungenz aber die Zeit sey vorgeschritten, die Bildung habe sich verbreitet, die Geselze reichten jest zum Schuß der Bürger hin, und die Kldster sèyen gegenwärtig kein Bedürfniß mehr. Judeß wenn man nun auch den Regierungen das Necht zugestehe, unnüße oder gefährliche Corporationen aufzulösen, so müsse man doch auer- kennen, daß sie vor Allem verpflichtet seyen, den Mitgliedern derselben den ungeschmälerten Genuß ihrer Güter zu lassen, und daß sie ihnen davon nicht das Geringste eatziehen dürften; so ader habe die Aargauer Regierung uicht gehandelt, denn sie habe die Mitglieder der Klöster beraubt und scheine sie auf das Gras in ihren Gärten verweisen zu wollen indem sie ihnen kzum et-

Aas zu ihrem Lebens-Unterhalt gelassen; solche Maßregeln könn-

U nie die Billigung eines Standes erlangen, der die Gerech- igs du seiñem Wahispruch und die gewissenhafte Beobachtung A verträge zu sciner Regel gemacht habe. Herr Perrochet cesuchte es, die Regierung von Uargau zu vechtfertigei ; es habe Mle Ld8te er, in Folge der Annahme der Badener Konferenz- T cel in Aargau eine Bewegung kund gegeben , die

eine po'itisch-religièse nennen wolle; die Regierung hade sehr qut gewußt, woher diese Bewegung fomme, ‘und sie habe die rhebex derselben bestrafcn wollen. Herr von Chambrier aber

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sprach sein Erstaunen darüber aus, -daß man, nicht zufrieden, die Beraubung der Aargauer Klöster gutzuheißen, dieselben auch noch der Anzettelung von Komplotten beschuldige, und auch Herr von Perrot war der Meinung, daß ein Stand, der sich selbs achte, ein Land, welches das Glûdck habe, unter der Regierung eines Königs zu leben, dessen Wahlspruch; Suum cúique sey, sei ner Deputation zur Tagsaßung keine andere Instruction ertheilen könne, als daß sie von der Aargauer Regierun

verlange, das, was sie ungerecht und gewaltsam an sich gerif\- sen, wieder fahren zu lassen. Diese Älisteuetión wurde eben- falls mit großer Majorität genehmigt; nur 7 Stimmen erho- len sich dagegen. Hiermit waren die Berathungen über die Jnstruirung der Tagsaßungs-Deputation beendigt, und es wurde nun zur Ernennung der Deputirten selbst geschritten. Herr von Chambrier ward mit 68 Stimmen unter 74 zum ersten Deputirten ernannt; die Wahl des Anderen mußte bis zum fol- genden Tage verschoben werden, da bei der nächsten Abstim- mung feiner mehr die erforderliche Majorität erhielr. Herr von Chambrier legte sodann noch den Bericht über die Aus- gaben und Einnahmen des Jahres 1835 auf dem Büreau nieder ; die ersteren betragen 438,476, die lesteren 458,000 Franken; unter den ersteren befinden sich jedoch mehrere außerordentliche, so daß, wein diese davon abgezogen werden, ein Ueberschuß von 74,005 auf Seiten der Einnahmen bleibt. Se. Majestät der König haben im vorigen Jahre eine Sumtne von 88,000 Fr. an das Fürstenthum Neuchatel geschenkt.

Jn der gestrigen Sizung wurde die Wahl des zweiten De- putirten für die Tagsaßung vorgenommen; sie fiel auf Herrn Tevrisse, der von 70 Stimmen ds6 erhielt. Den übrigen Theil der Sikung füllten Debatten úber die Wirthshäuser aus.

Jta len.

Turin, 24. Juni. Ein Ködnigliches Dekret hat die #0 genannte persdnliche Servite zur Ausbeutung der Salinen auf der Insel Sardinien abge\chasst und 24 Gemeinden des Be- zirks Oristano, die seit 1791 für die Befreiung davon ein jährliche Geldzahlung leisteten, von leßterer befreit.

_— Die Allgemeine Zeitung schreibt von der Jt a- liänishen Gränze vom 23. Juni: „Da der Herzog von Nemours noch nicht völlig hergestellt is, so heißt es, er werde vielleicht in Mailand verweilen, während sein Bruder nach Florenz reist. Der Großherzog von Toscana hat die bei: den Prinzen ausdrüklich eingeladen, ihn mit ihrem Besuche zu beehren. Der Aufenthalt des Herzogs von Orleans in Florenz wird aber nur einige Tage dauern. Vor wenigen Tagen kam ein Adjutant des Königs der Franzosen in Florenz an und reiste bald darauf den Prinzen entgegen. Jn Mailand sind große An- stalten zum Empfange der Prinzen gemacht worden, in Turin nicht. Der Turiner Hof lebt bekanntlich sehr eingezogen, und die hohen Gäste werden daher ihre Unterhaltung nur in dem en- gern Kreise der Königlichen Familie suchen müssen. In Turin wollte man Nachrichten aus Spanien haben, die ziemlich günstig für Don Carlos lauteten. Besonders soll die Geldnoth im Kar- listischen Hauptquartier nachgelassen haben und seit einigen Wochen alle Rückstände der Armee ausgezahlt worden seyn. Auch versicherte man, es bereiteten sich in Aragonien und Gali- zien große Bewegungen vor.

S panien.

Madrid, 20, Juni. (Franzd\sische Blätter.) Die größte Verlegenheit der Regierung entsteht aus dem Geldman- gel. Der Schatz hat keine Einnahmen, und das, was noch eingeht, erleidet solche Reductionen, daß es für die Bedürfnisse der Verwaltung icht ausreicht. Wenn die Abgaben im gan- zen Königreiche regelmäßig gezahlt wúrde, so würden die Cin- nahme 1130 1140 Millionen Realen betragen; allein es kommen nie mehr als 450 500 Millionen ein. Diese ungeheure Dif- ferenz zwischen- den veranschlagten und den wirklichen Einnah- men erklärt hinlänglich den verworrenen Zustand der Finanzen.

Der Morning-Herald giebt in einem Schreiben aus Villafranca vom 13. Juni folgende Details über den Hof und die Armee des Don Carlos: „Villafranca, die jelige Re- sidenz des Don Carlos, ist eine kleine Stadt an der großen Straße von Tolosa nach Bergara, etwa neun Spanische Mei- len von der Französischen Gränze entfernt. Sie hat ungefähr 1590 Einwohner, die sich hauptsächlich mit dem ‘Ackerbau be- schäftigen. Die Festungswerke bieten einen ziemlich guten Schulz gegen einen Handstreich dar, und im Junt vorigen Jahres be- lagerte Zumalacarreguy diese Stadt vierzehn Tage lang, ehe er sie einnehmen konnte, obgleich die Garnison nur aus 250 Mann bestand und feine Artillerie hatte, Die hier errichtete ‘Po- lizei ist sehr streng, und Niemand darf ohne die Erlaubniß des Ministers in die Stadt kommen. An den beiden nach Tolosa und Villareal führenden Thoren sind mehrere Mu- nizipal-Beamte stationirt, die jedem Reisenden sogleich den Paß abfordern. Js der Reisende so glücklich, cinen Paß zu haben, so wird er von einem Soldaten auf das Polizei-Amt geführt, und findet es sich, daß er mit der gehdrigen Erlaubniß versehen ist, so ist es ihm gestattet, seine Angelegenheiten zu besorgen, allein ohne einen besonderen Befehl darf er unter feiner Bedin- gung seinen Aufenthalt verlängern. Diese strenge Wachsam- keit könnte auf den ersten Blick ein úbles Licht auf Don Carlos wer- fen, der mitten unter seinen treuen Unterthanen lebt; erwägt man aber die weiter unten zu erwähnenden Umstände genau, so wird mana einsehen, daß dem Herrn Erro großes Lob für die Weis- heit der von ihm ergriffenen Maßregeln gebührt. Es kommt mir nicht zu, eine Parallele zu ziehen zwischen Herrn Erro und dem vorigen Minister Cruz: Mayor; “indeß ist es von Wichtig- keit, verschiedene Maßregeln anzuführen, die von beiden Meini- stern zur Verwaltung der Provinzen ergriffen worden sind. Herru Cruz- Mayor gebührt die Ehre, zu einer Zeit, wo sein Königlicher Herr im Gebirge Umherirrte und fast jeden Tag seinen Aufenthalt verändern mußte, eine Verwal- tung organisirt zu haben; allein er fand, sey es nun, weil er die Gewohnheiten des Baskischen Volkes nicht kannte, oder weil er die Juntas dem Willen des Don Carlos unter- werfen wollte, mächtige Hindernisse beiseinen Entwürfen, die zuleßt seine Entlassung herbeiführten. Es war durchaus nothivendig, einen Mann von Festigkeitan seine Stelle zusezen. Die Subordination un- ter den Civil-Beamten war sehr erschlafft , und die Chri- stinos, denen der Aufenthalt in den Provinzen gestattet worden war, hielten Zusammenkünfte und zettelten Ver- schwdrungen gegen Don Carlos an. Eine andere Klage gegen Eruz - Mayor war, daß er, während Mendizabal die Aushebung von 100,00 Mann eifrig betrieb, nichts that, um’ die Armee zu vermehren, und daß während seiner Verwal- tung die Provinzen. ihrer Hülfsmittel beraubt wurden und feine fremde Anleihe kontrahirt worden war. Ich weiß nicht, inwie- fern diese Anklagen begründet sind, allein ih muß zur Steuer der Wahrheit erklären, daß man, seit die Zügel der Regierung

in die Hände des Herrn Erro übergegangen sind, überall Ver: besserungen wahrnimmt. Jn dem Augenblick, wo Unordnung und Zwietracht aufs höchste gestiegen waren, wurdeHr.Erro zumMinister ernannt. Dieser Staatsmann hatte vorher eine Anleihe abgeschlossen, und es war Geld in Menge vorhanden. Die erste Handlung des Ministers war die Organisirung der verschiedenen Departe- ments des Staates. Er ernannte Secretaire für die Finanzen, für die auswärtigen Angelegenheiten, für die Justiz und den Krieg; Aemter, die sich früher sämmtlich in den Händen von Cruz-Mayor und Villemur befunden hatten. Er errichtete èb- nen Geheimen-Rath, übernahm selbst das \{hwierige Amt eines Universal - Ministers und leitete, als solcher, die Regierungs- maschine mit fester Hand. Die Mitglieder der Juntas wur- den aus Gegnern des alten Ministers Freunde des neuen und versprachen ihm alle in ihrer Macht stehende Unterstüßung. Herr Erro bemerkte bald, daÿ es im Hauptquartiere des Königs eine Menge unbeschäftigter ‘Personen gäbe, und daß überhaupt in Spanien der Mangel an Thätigkeit immer in Jntrigue aus- arte. Er versetzte daher mehrere Unter - Beamten des Hofes nach entfernten Orten und befahl zugleich, daß Niemand ohne besondere Erlaubniß an den Hof kommen dürfe. Er hatte in- deß noh einen anderen Grund zu dieser Vorsichtsmaßregel. Seit einiger Zeit war eine verbrecherische Korrespondenz mit gewissen Christinos in Cordova unterhalten worden, die in die Hände des Ministers fiel. Es fanden mehrere Verhaftungen statt ; da man jedoch die Namen dieser Verräther nicht sämmtlich kannte, so war die grôßte Wachsamkeit nöthig. Die verschiedenen von Herrn Erro erlassenen Dekrete sind bekannt, allein feines hat ihm eine größere Popularität verschafft, als das Dekret zu Gun- en der Familie Zumalacarreguy's. Fch war erstaunt, hier eine so große Zahl achtbarer und -einflußreicher Personen zu finden, die mit Gefahr Madrid verlassen hatten, um Don Car- los ihre Dienste anzubieten. Besonders zog ein junger Mann von Adel meine Aufmerksamkeit auf sich; er hatte niemals, we- der im Civil, noch im. Militair gedient, und auf meine Frage, welche Laufbahn er einzuschlagen denke, erwiderte er: „(Ich bin gekommen, um meinem Könige zu dienen; er hat über mein Vermdgen und mein Leben zu gebieten. Meine Absicht ist, an der Seite der tapferen Bergbewohner als Freiwilliger zu fechten.//// Jch bemerkte, daß er ohne Zweifel fogleih ein Offizier- Patent erhalten werde, worauf er antwor- tete: „Nein, es wäre ungerecht, nach einem dreijährigen Kampfe dergleichen Patente Anderen, als Basken zu geben ; ich werde meinem Souverain als ein Soldado distinguido dienen.“ A2 hatte die Ehre, dem Don Carlos vorgestellt zu werden. ch fand diesen Prinzen voll Zuversicht und sehr wohl. Er scheint des endlichen Erfolges gewiß zu seyn und sagte mir, daß er seit den leßten drei Monüten Zusicherungen erhalten habe, die seinen Einzug in Madrid ußer Zweifel seßten. Herr Erro ist etwa 60 Jahre alt; Benehmen zeigt von guter Erziehung und seine Physiogno:.e den Mann von Kenntnissen. Er is etwa sechs Fuß groß, gut gewachsen und eher mager als forpulent. Er is leicht zugänglich und hört gern und aufiner?- sam diejenigen an, die sih ihm nähern. Er ist sehr thätig, steht früh auf und begiebt sich sogleich in sein Kabinet. Um Mittag begiebt er sich zu Don Carlos, mit dem er bis 1/4, Uhr arbei- tet, worauf Don Carlos eine dffentlihe Audienz giebt. Herr Erro kehrt in seine Wohnung zurück, um zu Mittag u speisen, und um 4 Uhr findet man ihn von neuem in Linen Kabinet, wo er oft bis nach Mitternacht bleibt. e Worte über den General Eguia und die Armee. Die effffektive Macht, ohne den Aufstand in Masse zu rechnen, besteht aus 35,000 Mann Fußvolk, 1i00 Mann Kavallerie und 459 Artillerísten mit 24 gut bespannten und etwa 50 Reserve- Geschüßen. Diese Armee is folgendermaßen vertheilt: Die Generale Eguia , Villareal, Jturralde und Gomez stehen jet mit einer Beobachtungs-Corps von 14,000 Mann bei Vittoria; der General Saxasa mit ¿000 Mann vor Bilbao; Jturriza mit 8000 Mann vor San Sebastian und der Passage, und die Generale Garcia und Taragual beobachten mit 6000 Mann den Französischen General Bernelle und die Christinischen Garnisonen in der Ribera. Die Artillerie-Depots befinden sich zu Oñate und Mondragon. Die Kavallerie is größtentheils bei dem Corps des Generals Eguia. Der Enthusiasmus der Armee für Don Cartos ist noch immer derselbe und eher noch größer, als früher. Die Diszi- plin und die Organisirung des Heeres machen bedeutende Fort- schritte.” Die am wenigsten Unterwürfigen in der Armce sind wohl die Navarresen, und man versicherte, daß sie Bedenken tragen, die Engländer in ihren Verschanzungen anzugreifen. Sie sagen: „„„„Es ist unnüß, eine durch unzählige Kanonen vertheidigte Linie ohne eine gleiche Artillerie angreifen zu wollen; man lasse die Engländer nur aus ihren Verschanzungen herauskommen, dann wollen wir sie so empfangen, daß auch nicht ein Mann nach San Sebastian zurückkehren soll.//// Diese Meinung der MNavarresen scheint allgemein gebilligt worden zu seyn, und es wird sich nun zeigen, ob der General Evans cs wagen wird, chne Lord John Hay und dessen Geschwader vorzurücken. Die ganze Armee ist gut gekleidet, und ich war gestern zugegen, als die Truppen cinen vierzehntägigen Sold empfingen, mit dem man nur sechs Wochen im Rückstande ift. Der General Eguia ist sehr beliebt bei der Armee; die Soldaten sezen großes Ver- trauen in ihn, allein sie wünschen eine größere Thätigkeit und mehr reelle Vortheile als Resultzt ihrer Siege. Eguia. .ist ein umsichtiger, bedächtiger Mann ; er wagt niemals ein Gefecht oder einen Angriff gegen cine befestigte Stadt, ohne vorher die Vortheile und Nachtheile gegen einander aözuwägen; wenn er dagegen cinmal etwas unternimmt, so ist er auch des Erfolges gewiß. Ich glaube, daß jeine jeßige Unthätigkeit die Folge einer vernünftigen Politik ist ; er muß es zu verhindern suchen, daß die Christinos in die Provinzen eindringen, und auf jeden Fall einen ernstlichen Verlust vermeiden. Er verhin: dert dadurch zugleih , das das neue Kabinet in Ma- drid eine moralishe Stärke gewinnt, und Cabrera, der Zumalacarreguy Aragonien's, erlangt Zeit, seine Armee zu or- ganisiren und zu vermehren , denn es ijt ganz gewiß; daß Don Carios durch Aragonien und Valencia nach Madrid marschire! wird. -— Wenn Eguia ohne Kavallerie nach dein Ebro marschirte, so wárde er nicht nur nichts dadurch gewinuen, jondern er könnte sogar noch eine Niederlage erleiden. Cadreva hat vor etwa acht Tagen sich erboten, Don Carlos im Triumphe bis vierzig Stunden von Madrid zu führen, und ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich versichere, daß im Hauptquartier des Königs ernstlich davon dio Rede gewe}en ist, ob es nicht besser sey, wenn Don Carlos sich an die Spike der Truppen von Aragonien und Valencia stelle , 6000 Mann Jufanterie und drei Battericen Geschúßz mit sich nehme und den General Eguia mit dem Reste des Heeres zum Schub der Provinzen zurüklasse. Was Cata- lonien betrifft, so it chon ein Anführer, zu dem die Bewohner dieses Fürstenthums Vertrauen haben, auf dem Wege dorthin,

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Nun noch eini

und man wird bald sehen, daß alle von der Madrider „„Hof-Zei-