1903 / 46 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Feb 1903 18:00:01 GMT) scan diff

Zweite Beilage

“zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

M 46.

(Shluß aus der Ersten Beilage.)

Ih erkenne die Verdienste, die Herr Dr. Jastrow sich um die Auf- klärung der Verhältnisse des Arbeitsmarktes erworben hat, voll an. Er hat freilich {on auf diesem Gebiete Vorarbeiten vorgefunden; ih erinnere an die Arbeiten des Vorsißenden der Berliner Versicherungsanstalt, Herrn Dr. Freund, ferner des Herrn Professor Hirschberg, des jetzigen Direktors des Berliner städtischen Slatistischen Amts. Herr Dr. Jastrow hat si aber unzweifelhaft das Berdienst erworben, daß er versuht hat, was bisher nur jahrweise zusammen- gestellt war, monatsweise zusammenzustellen (Zuruf links) und so ein Augenblicksbild zu geben, was wesentli wertvoller für die Beurteilung des Arbeitsmarktes ist wie jährliche Zusammenstellungen. Ih stelle aber au ferner fest, daß gerade Herr Dr. Jastrow selbst die Notwendig- Tei anerkannt hat, daß die private Arbeit, die er leistet, dur eine vollständigere, umfangreihere amtliche Arbeit ersegt werden müßte, Herr Dr. Jastrow hat in seinem neuesten Buch „Sozialpolitik und Verwaltungswissenschaft" ausdrücklich anerkannt, daß die Arbeit, die er leistete, selbstverständlih mit gewissen Fehlergrenzen und Mängeln behaftet sein mußte, die eine solche Privatarbeit nicht vermeiden könne, Herr Dr. Jastrow hat aber auc ferner bei der Konferenz des Ver- bandes deutschêr Arbeitsnahweise im Oktober 1902 persönli eine von der Versammlung einstimmig angenommene Resolution befür- e der zufolge der Verband die Bestrebungen des Kaiserlichen Statistischen Amts in Bezug auf die Herbeiführung einer periodischen, möglichst umfassenden und genauen Arbeitsmarktstatistik mit allen Kräften unterstützen zu wollen erklärte. Also Herr Dr. Jastrow selbst ist troß seiner eigenen verdienstvollen Arbeiten do überzeugt gewesen, daß die Auf- gabe vollkommener und besser geleistet werden muß dur ein amtliches Organ, und hat selbst befürwortet, daß ein solhes amtlihes Organ herausgegeben werden möchte. Ich glaube, wir haben deshalb nur getan, was die Wissenschaft und der ganze Reichstag wollte. (Sehr rihtig!) Sowohl in der Budgetkommission wie im Plenum des Reichstages ist seiner Zeit die ausdrückliche Ankündigung, daß wir amtlih die Bewegung des Arbeitsmarktes beobahten und unsere Beobahtungen veröffentlihen wollten, mit Beifall aufgenommen worden. (Sehr richtig !) Jch glaube, daß dur meine Mitteilungen die Mißverständnisse, die in Bezug auf die Angelegenheit geherrscht haben, befriedigend aufgeklärt sind.

* Einer der Herren Vorredner erkundigte sich sodann, wies es mit der nächsten Berufs- und Gewerbezählung stände, ob insbesondere für 1905 eine solche in Ausficht genommen sei. Auf dem leßten stati- stishen Kongreß in Jena hat man sich nicht endgültig geeinigt darüber, ob und wann eine neue Berufszählung stattfinden foll. Man war dort nur allgemein der Ansicht, es sei wünschens- wert, eine solche alle 10 bis 15 Jahre abzuhalten. Innerhalb der Reichsinstanzen ist man darüber noch nicht \{lüssig geworden. Aber die Kosten einer Berufszählung erfordern mehrere Millionen, deshalb wird bei der Entscheidung darüber auh die Finanzfrage eine Rolle spielen. : :

J komme {ließli auf eine Aeußerung des Herrn Grafen Kani. Ich habe allerdings wiederholt ausgeführt, daß die städtische vex die mit städtischen Arbeiten si ernährende Bevölkerung fort- geseßt wachse im Verhältnis zu der . sich ledigli mit Landwirtschaft beshäftigenden. Herr Graf Kaniß hat diese Prämisse und er onnte ja nit anders ausdrüdlih als zutreffend anerkannt. Ich

habe auf Grund dieser Prämisse weiter ausgeführt, es sei selbstver-

ständlich, diese Verschiebung mit der Zeit auch einen Einfluß haben N E E tian der geseßgebenden Versamm- lungen; denn auch in den Krei|en, die man als ländliche anspreche, vermehre si der Teil der Bevölkerung, namentli in West- und Mitteldeutschland, verhältnismäßig immer stärker, der eigentlich einen städtishen Charakter trage. Daraus habe ih weiter ge» folgert, daß, wenn diese Verschiebung der Bevölkerungsverhältnisse \hließlih auch einen Einfluß auf die Zusammenseßung der geseh- gebenden Körperschaften ausübe, es für die Regierung immer \chwieriger würde, selbst berehtigte Forderungen der Candwirtschaft durGzuseßen. Ih glaube, das ift die Feststellung von Tatsachen ur gar kein Urteil; und wenn Herr Graf Kanitz meine Prämissen als rihtig anerkannt hat, muß er auch die Schlüsse daraus als richtig anerkennen. Der Zweck meiner ganzen Ausführung war nur der, zu zeigen, daß die Vertreter landwirtschaftlicher Interessen befriedigt sein sollten, daß die Regierung diesen Augenblick ergriffen hat, um einen höheren Schuß der Landwirtschaft beim Reichstag zu beantragen, und daß die landwirtschaftliche Bevölkerung fernerhin darüber - befriedigt sein sollte, daß dieser Zolltarif jeßt zur Ver- abschiedung gelangt ist. Wenn ein Barometer unsicheres Wetter an- zeigt, und es liest jemand an dem Barometer sicheres, beständiges Wetter ab, so kann der Mann entweder das Barometer nicht richtig lesen, oder er will es nicht richtig lesen und ih glaube, beides wird mir der Herr Graf Kaniy nicht zumuten wollen. A : ü . Die lezten Ausführungen des Staalde- sekretä i E E Die lezten Pfeil, wie recht vi hatten, als wir diese. Zollfrage der ntscheidung des Volkes I u A f in wollten; in den fünf Jahren, seit dieser Reichstag a ist, ha

von. i i n; außerordentlihe Fort- Eon selbst anerfann e A nin für die neue Berufs-

rit noch kein e t hi A Regierung si bereits mit den Vorarbeiten für die Fragebogen befassen. Die Höhe der Kosten kann do fein Grund sein, die Zählun seltener vornehmen zu lassen. Redner bemängelt zum S luß die Darstellung des Staatsselretärs über die Angelegenheit des Dr. Jastrow.

Staatssekretär des Jnnern, Posadowsky-Wehner: L

Meine Herren! Ich glaube, der Herr Redner hat "mich miß- verstanden. Jch habe nur festgestellt, daß die Unterbrechung, die im Januar d. J. stattgefunden hat in der Zeitschrift des Herrn Dr. JIastrow, noch nicht auf der Anforderung des Arbeitsstatistischen Amts beruhen kann; denn das Arbeitsftatistishe Amt hat überhaupt die Daten erst eingefordert voin 10. Februar d. I. ab. Also diese Unter-

; i Staatsminister Dr. Graf vo n

Berlin, Montag, den 23. Februar

brechung im Januar, die das Erscheinen der Zeitschrift mit einer oder mehr leeren Seiten herbeiführte, kann nit auf der Anforderung des Arbeits\tatistischen Amts beruhen.

Meine Herren, es ist mir sehr wohl bekannt, daß die Verdienste des Hecrn Dr. Jastrow in Bzzug auf die Ermittelung der Arbeits- verhältnisse vorzugsweise darin bestehen, daß er die Materialien kombiniert hat in Bezug auf dezn Verkauf von Invalidenmarken, in Bezug auf die Statistik der Arbeitsnahweise und in Bezug auf die Statistik der Krankenkassen, und daß er vor allen Dingen diese Verhältnisse dadur wesentli klarer gestellt hat, daß er nicht diese Arbeiten für ein ganzes Jahr gemacht, sondern monatsweise zusammen- gestellt und dadur natürlih ein viel aktuelleres und brauch- bareres Material geliefert hat. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, ih glaube, das kann der Herr Vorredner

doch nicht verlangen, daß wir im Reichstag in die Methode eines -

einzelnen Gelehrten bis in die feinsten Details hineingehen; da müßte man die Sache einer Kommission überweisen, wenn dazu der Reichstag geneigt wäre; aber in weitere Einzelheiten einzugehen, dazu liegt, glaube ih, kein genügendes öffentliches Interesse vor, und das ist doch das Entscheidende. Wir haben hier flar- gelegt, wie die Sache liegt. Wir haben mit Zustimmung des Reichstages diese Arbeiterzeitung in Bewegung gesebt, die am 1. April erscheinen soll, und es ist hier vom Hause ausdrücklich anerkannt worden, daß das öffentliche Interesse das hat auh der Herr Abg. Südekum gesagt jedem Privatinteresse vorzugehen hat. Damit glaube i, ist die Frage vollkommen entschieden, und ich glaube, es ist au von allen Seiten ausdrücklich anerkannt worden, daß Herr Dr. Jastrow sih um die Ermittlung der Verhältnisse des Arbeits- marktes sehr wesentlihe Verdienste erworben hat. Etwas weiteres, meine Herren, kann von dieser Stelle niht mehr geschehen.

Was ferner die Shlüsse betrifft, die Herr Dr. Südekum aus meinen leßten Aeußerungen gezogen hat, so möchte ich ausdrüdsih be- merken: wie spätere Reichstage beschlossen hätten, weiß ih nicht, aber ob spätere Reichstage, wenn sie nicht das Bedürfnis zu stärkerem Sqhuyh der Landwirtschaft anerkannt hätten, au sahlich recht gehabt hätten, das ist eine ganz andere Frage.

Abg. Roesicke- Dessau: Wenn der Präsident von Schicker es tadelt, daß ih aus dem Protokolle des Beirats eine herbe Kritik herausgelesen habe, #0 fann er mir das nicht verdenken. Die über die Arbeiten des Herrn Dr. Jastrow in Verbindung mit der Be- sprechung des Artikels der „Frankfurter Zeitung" gemachten Be- merkungen E eine folhe durchs{immern. Um eine Geld- entshädigung ist es Herrn Jastrow natürlich niht entfernt zu tun gewesen; er hat selbst die Notwendigkeit davon anerkannt, daß die mit seinen Mitteln begonnene Arbeit mit Reichsmitteln ortgeseßt werde. Ein persönlicher Angriff gegen den von mir hochverehrten he {denten Wilhelmi hat mir jel stredend gänzli fern gelegen.

reiberr von Heyl trägt zwei Seelen in seiner Brust, die landwirt-

schaftliche und die industrielle; die landwirtschaftliche dürste zur Zeit in ihm die Oberhand gewonnen haben. Ein direkter Vergleich der land-

wirtschaftlichen Nerhältnisse Hessens und des preußischens Ostens L

doch hon deshalb ganz unzulässig, weil im Westen der Kleinbe herrscht, im Osten der Großgrundbesiß. Heute richtet er au en feinen früheren raktionskollegen, den lepigen Handelsminister Möller, deswegen einen Angriff, weil er die Kaufleute aufgefordert hat, für stärkere Vertretung im Reichstage zu sorgen. Herr Möller hätte ja als ein Minister gegen den D erwiesen, wenn er nicht so ge- prochen hätte. Auch Freiherr von Heyl würde nihts zu beanstanden gefunden haben, wenn es sich um die Landwirtschaft ehandelt hätte. Abg. Graf von Kani: Gerade der jebige Reichstag war be- rufen, den Zolltarif zu erledigen; die Vorlage hätte ja ion zwei Jahre früher an uns gelangen können Graf von Posadowsky hat sich heute anders in der Frage der Verschiebung der Bevölkerung geaußert, a!s er F in der von mir beanstandeten früheren Aeußerung getan hat. Die Frage der Kündigung der Handelsverträge kann ih nit auf sich beruhen lassen. Ich sehe keinen Grund, warum wir einen Zustand, dem jene traurige Verschiebung zu danken ift, ins Un- gewisse fortdauern lassen follen.

Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Jch will nur dem Herrn Grafen von Kaniß erwidern, daß ih diese Aeußerungen, die er jeßt zitiert hat, viel um- fassender bereits bei früheren Gelegenheiten gemacht habe, ganz in dem Sinne, wie er es heute ausführte. Ich glaube ganz bestimmt, ih habe diese Ausführungen auch bei der Generaldebatte zum Zolltarif

gemacht. : Abg. Freiherr eyl zu Herrnsheim tritt nochmals den Abgg. Or. Sia und Koi N des Falles Jastrow entgegen. Abg. Dr. Südeku m bleibt dabei tehen, taß die betreffenden Gemeinden Herrn Jastrow die betreffenden Zahlen für Januar nicht mehr zugeschickt haben, weil inzwischen das Statistische Amt sich an die Gemeinden gewandt hatte, und zwar bereits Anfang Dezember. Gerade wegen dieses Ueberganges hätte man mit dem Dr. Jastrow verhandeln müssen, und mit Ret werde dem Reichsamt aus der Unter-

lassung ein Vorwurf gema k

l Abg. Hoch (Soz.): Den Abg. von Heyl muß ich nohmals darauf aufmerksam machen, daß die „Wormser Volksztg.“ ihn ersucht hat, seine Angriffe in der Oeffentlichkeit zu wiederholen, damit sie ihn“ verkflagen kann. Die alljährlih erscheinende amtliche Streik- statistik hat von sakundiger Seite eine bemerkenswerte Kritik er- fahren; zwishen den Angaben der Generalkommission der Gewerk- chaften Deutshlands und den An aben der amtlihen Statistik haben k Widersprüche ergeben. Diese amtliche Streikstatiftik hat sich dana als wertlos erwiesen, und sie wird zuverlässig nur werden können, wenn die Gewerkschasten zur Mitarbeit herangezogen werden. Sn der amtlichen Statistik fehlen niht weniger als 316 Streiks mit 6341 Streikenden, welche die Gewerkschaftskommission nach- gewiesen hat. E

Bei den Ausgaben für die Bureauvorsteher und andere Beamte des Statistischen Amts befürwortet der ;

Aba. Werner (Reformp.) einen gerehteren Ausgleih zwischen den Gehältern der nah 1897, angestellten Bureaubeamten, der expedierenden Sekretäre und der übrigen Beamten.

Kommissar des Bundesrats, Geheimer Regierungsrat Neumann weist auf die Konsequenzen hin, die eine Aufbesserung der Gehälter jener Beamten für zahlreiche ähnliche Beaintenkategorien in Preußen haben müßte.

boi . Singer (Soz) bedauert, daß die Regierung den Wünschen dieser Boccikten niht Rechnung tragen wolle, obwohl der Reichstag im vorigen Jahre eine entsprechende Petition ihr zur Berücksichtigung

1903.

empfohlen habe. Der Reichstag werde zweifellos denselben Beschluß sassen, wenn die Petition ihn abermals beschäftigen werde. Am besten wäre es, die betreffende“ Summe in den Etat einzustellen und es der egierung zu überlassen, ob sie wegen einer solhen Kleinigkeit den ganzen Etat scheitern lassen wollte. Er stelle aber einen solhen Antrag nicht. Es handle sich hier allerdings um Beamte, die nah 1897 angestellt seien, aber diese Beamten hätten tatsählih dieselbe Arbeit zu leisten wie die vor 1897 angestellten Beamten. Solle etwa das Reich alles nach- machen, was Preußen Schlechtes habe ?

Abg. Werner: Der Kommissar hat uns nichts Neues gesagt. Daß die Gehaltsaufbesserung {hon beschlossen is, wissen wir. 7 handelt si aber gar niht um eine Gehaltsaufbesserung, sondern um einen Ausgleih zwischen Beamten gleicher Kategorien. Eine ähnliche Disparität habe ih nirgends gefunden. °

Das Kapitel wird bewilligt, ebenso ohne Debatte das Kapitel: Normaleihungskommission.

Die weitere Beratung wird um 5% Uhr auf Montag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 97. Sigung vom 21. Februar 1903, 11 Uhr.

Ueber den Beginn der Sißung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus geht zur ersten Beratung des „Geseh- entwurfs, betreffend die Bildung eines Ausgleichs§- fonds für die Eisenbahnverwaltung, über.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Bereits bei meiner Etatsrede habe ih mir erlaubt, auf die Frage der Schaffung eines Ausgleichsfonds für die Cisenbahn- verwaltung einzugehen, und mußte darauf eingehen, weil in dem Gesetzentwurf vorgesehen war, aus Anleihemitteln für die Jahre 1903 und 1904 je 30 Millionen Mark für den außeretatsmäßigen Dis- positionsfonds der Eisenbahnverwaltung zur Verfügung zu stellen, der Gesetzentwurf also für die gedachten beiden Jahre direkt eine Ver- \tärkung der etatsmäßigen Mittel vorsah. Bei der Schwierigkeit der Materie bitte ich aber um die Erlaubnis, auh heute in aller Kürze die grundlegenden Gedanken dieser Vorlage Ihnen nochmals darlegen zu dürfen.

Meine Herren, wenn man das leßte Vierteljahrhundert unserer preußischen Eisenbahnpolitik verfolgt, so sieht man neben weitgehenden Verbesserungen der verschiedensten Art vor allem ein Ziel konstant angestrebt: die Durchführung des Staatsbahnsystems. Anhebend vom Jahre 1879, ist fortdauernd dieses Ziel im Auge behalten worden. Es ist ein unvergängliches Verdienst des großen Mannes, der ausruht von seiner Lebensarbeit unter den Buchen des Sachsen- waldes, des Fürsten Bismark (Heiterkeit bei den Freisinnigen) und seines getreuen Mithelsers, des Staatsministers von Maybach, daß sie diese Verstaatlihung der Privatbahnen durchgeführt haben. (Sehr richtig! rets.)

Meine Herren, auf die Bedeutung der Verstaatlichung der Privat- bahnen für unser ganzes Wirtschaftsleben meinerseits einzugehen, das würde heißen, dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten in das Hatidwerk pfushen. Ich will aber und muß meinerseits eingehen auf die Einwirkung, die diese Verstaatlichungen auf die gesamten Finanzen des Staates gehabt haben. Durch die Verstaatlihungen is unser Staatshaushaltsetat nach der Einnahme-, wie nah der Ausgabe- seite in der entsheidendsten Weise beeinflußt worden. Während wir vor dem Beginn der großen Verstaatlihungsaktion, vor dem “Jahre 1879, nur einen Eisenbahnetat hatten, der sih belief in Einnahme auf 161 Millionen und in Ausgabe auf 105 Millionen, stiegen nah den ersten Verstaatlichungsgesegebungen die Einnahmen bereits auf 564 Millionen und die Ausgaben auf 416 Millionen, und in dem Etat des laufenden Jahres 1902 sind die Einnahmen auf 1416 000 000 gestiegen und die Ausgaben auf 974 Millionen, so daß sih also die Einnahmen von 161 Millionen im Jahre 1878/79 auf 1416 000 000 4 1902 gehoben haben. Bekannt- li balanziert unser gesamter Staatshaushaltsetat für 1902 mit 9 614 000 000 6, und Sie wollen daraus ersehen, daß die Eisenbahn- einnahmen mehr als die Hälfte der ganzen Einnahmen des Staats- haushaltsetats ausmachen. Dank der günstigen Entwickelung der Staatseisenbahnen, dank der Vorsicht, die namentli beim Ankauf der Privatbahnen obgewaltet hat, ist es möglich gewesen, daß die Staatseisenbahnen einen erheblihen Beitrag zur Deckung der allgemeinen Kulturaufgaben des Staats leisten. Dieser Beitrag hat 1900 sich auf 171 Millionen gestellt, er ist 1901 auf 185 Millionen gestiegen, jedoch 1902 auf 157 Millionen gefallen und 1903 sogar auf 110 Millionen, also vom Jahre 1901 von 185 Millionen auf 110 Millionen herabgegangen.

Nun ist die Frage der Leistung ines Beitrags der Staats- eisenbahnen zu den allgemeinen Staatsfinanzen eine sehr umstrittene Frage. Ich kann es nur billigen, daß die Staatseisenbahnen au einen Beitrag leisten zur Deckung der allgemeinen Staatsausgaben, (Sehr richtig!) Ich glaube, man billigt vielleicht jeder kommunalen Verwaltung, die gewerbliche Institute verwaltet, zu, daß diese Jn- stitute cinen mäßigen Ueberschuß abwerfen und einen Beitrag leisten für die übrigen Ausgaben, die die Kommune zu leisten hat. Genau so ist es im Staat. Es ist. nur zu billigen, daß die Staatseisen- bahnen so zweckmäßig und wirtschaftlih verwaltet werden, daß sie zu den immer steigenden Aufgaben des Staats auf anderen Gebieten einen gewissen Beitrag leisten fônnen. Wie man auch darüber denken möge, die Tatsache ift unbestreitbar, daß bei der Entwickelung, die unsere gesamten Staatsfinanzen genommen

haben, wir auf den Beitrag unserer Staatseisenbahnen nicht verzichten .

können. Hätten wir den Beitrag nicht gehabt, so hätten wir in den legten Jahren die Kulturaufgaben des Staats lange nicht in dem Maße fördern können, wie wir es erfreulicherweise getan haben. Ih brauche nur darauf hinzuweisen, welche enormen Aufwendungen dex Staat gemacht hat auf dem Gebiet der Volksschule und dem Gebiet