1876 / 218 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

\{werin'\{he Regierung), Ober-Medizinal-Rath Dr. Volz (badi- \{hes Ministerium des Jnnern). i T :

Außerdem haben sih Deutscherseits als Kongreßmitglieder bis jeßt angemeldet: Dr. Pfeiffer, Sekretär des ärztlichen Vereins von Thüringen (Weimar), Bergwerksdirektor Haßlaher (St. Iohann a. d. Saar), Baumeister Schmieden (Berlin), Ober - Bürgermeister Becker (Cöln), Ober - Stabsarzt Dr. Beyer (Dresden), Fabrikbesizer Dr. von Heyden (Dresden), Professor Dr. Liebreih (Berlin), Geheimer Kom- merzien-Rath Günther (Brüssel), Direktor Dr. Struck (Berlin), Geheimer Staats-Rath und Hofmarshall Baron von Warden- burg (Weimar), Ober-Präsident Wirklicher Geheimer Rath Günther (Posen), Geheimer Kommerzien-Rath Meyer jun. (Harburg a. /E.), Gutsbesizer von Hoenika (Herzog8walde in Schlefien), Ge- heimer Sanitäts-Rath Varrentrapp, Chef-Ingenieur W. Lindley und Civilingenieur W. H. Lindley (Frankfurt a. M.), Geheimer Sanitäts-Rath und Kreisphyfikus Dr. Hoffmann (Glogau), Di- rektor Professor Dr. Dünkelberg (Poppelsdorf bei Bonn), Major a. D. Freiherr von Séeherr-Thoß (Dresden), Dr. W. Siemens, Mitglied der Akademie der Wissenschaften (Berliri), Fabrikbesißer Aug. Dollfus (Mülhausen i. Els.), Stabsarzt Dr. SBiemfsen (Aachen) , Kreisphysikus Dr. Willems (Meckenheim, Rheinprovinz) , Sanitäts - Rath und Kreis- physikus Dr. Feldmann und Dr. B. Claus (Elberfeld), Dber- Muedizinalrath Dr. Hoelder (Stuttgart), Geheimer Regierungs- Rath Dr. Finkelnburg (Berlin), Oberstabsarzt Dr. Boerner (Berlin), die Deutshe Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (Bremen), Rentier Suermondt (Aachen), das Zentralcomité der deutshen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrantter Krieger (Berlin), der- vaterländishe Frauenverein (Berlin), die AfktiengesellschGaft Bleyberg ez Monten (Aachen), das Hessische Hülfscomité für verwundete Krieger (Darmstadt), die Stadt Essen und der Verband öffentliher Feuerversiherungs- anstalten in Deutschland.

Uebrigens ist hervorzuheben, daß Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Sachsen- Weimar dem Kongresse die Ehre erwiesen haben, fich als Mit- glieder eintragen zu lassen.

Nach einem Cirkular-Reskript der Ressort - Minister vom 4. d, Mts. sind die Beiträge, welche den Arbeits- und Lehrherren zur Unterhaltung der gewerblichen Fort- bildungs\schulen durch Ortsfstatut auferlegt werden sollen, niht als Schulgeld im Sinne der Cirkularverfügung vom 4. Wärz 1871, fondern als Beiträge im Sinne des Gesetzes vom 9. Februar 1849 §8. 57 Rr. 2 aufzufassen. Indem diese allegirte Vorschrift des Gesches vom 9. Februar 1849 durch die Bestimmungen der Reichs - Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, insbesondere durch den §, 106 der leßteren nicht außer Kraft gesegzt, vielmehr, da sie neben der Reihs-Gewerbeordnung beftehen kann, in Geltung geblieben is, erscheint die ortsfiatuta- rishe Bestimmung an si zulässig, nah welcher die Lehr- und Arbeitsherren der nah §. 1 zum Besuche der Fortbildungsschule verpflichteten Lehrlinge und Arbeiter gehalten sein sollen, zu den Unterhaltungskosten der Anstalt einen monatlichen Beitrag zu zahlen. Ebensowenig find Bestimmungen des Statuts über die exekutivishe Beitreibung der von den Lehrherren zu zahlenden Beträge und der für den freiwilligen Schul- besuch Seitens der Arbeitnehmer zu entrichtenden Schulgelder mit Rücksicht auf §. 59 der Verordnung vom 9. Februar 1849, bezw. den §8. 1 der Allerhöchsten Ordre vom 19. Juni 1836 (Gef.-Samml. S. 198) zu beanstanden.

Der Ober-Präsident von Jagow ifff nah beendigtem Urlaub nach Potsdam zurückgekehrt.

Der Königliche Gesandte in Darmstadt, Fürst zu Ly- nar, ist von seinem Urlaube dorthin zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder Übernommen.

Dem ständigen Hülfsarbeiter im Reichskanzler - Amt, Regierungs-Rath Dr. Haller, if auf seinen Antrag die Ent- laffung aus dem Reichsdienste gewährt worden.

Der General-Gouverr eur von Wilna, General-Adjudant von Albedinsky, it heute morgen aus Wilna hier einge- troffen und im Hotel Royal abgestiegen.

Briefsendungen für S. M. S. „Ariadne“ find von heute ab bis incl. 12. Dftober cr. nach Plymouth zu dirigiren.

Vayzern. München, 13, September. Die Königin- Mutter von Sachsen i gestern von Possenhofen hier ein- getroffen. Heute hat Ihre Majestät der Ausstellung einen län- geren Besuch gewidmet. Morgen soll die Rückreise nah Drcs- den angetreten werden. Die Großherzogin von Mecklen- burg-Schwerin hat \sich Heute zum Besuch der Herzoglichen Familie nah Possenhofen begeben und wird morgen gleichfalls die Heimreise nah Mecklenburg antreten.

Der König hat seinem funktionirenden Kabinets-Sekre- târ Dr. v. Ziegler die früher von dessen Amtsvorgänger Staatsrath von Eisenhart in der Residenz innegehabte Woh- nung angewiesen. Morgen nehmen die 7 Tage andauernden Divisions-Manöver des I. Armee-Corps ihren Anfang.

Sachsen. Dresden, 14. September. Se. Majestät der König hat dem „Dr. Journ.“ zufolge nachstehenden Tagess- befehl an das Königlih Sächfische (X11) Armee-Corps erlassen:

Tagesbefehl. Merseburg, den 13. September 1876. Soldaten!

__ Zum ersten Male seit den denkwürdigen Jahren 1870/71 ist das Sächsische Armce-Corps in diesen Tagen als Ganzes wieder vereint gewesen, um auch unter den Auen Sr. Majestät dcs Deutschen Kaisers von seiner Schlagfertigkeit Zeugniß abzulegen.

Sowie dem Corps die Chre des Beifalls unseres Kaiserlichen Oberfeltherrn bcreits zu Theil geworden, so gereicht es auch Mir zur Freude und Genugthuung, Euch wegen Eurer bewiesenen guten Lei- stung, Haltung und Disziplin Meine volle Zufriedenheit und Aner- kennung aussprechen zu können.

Der eht soldatishe Geist, der Meine Truppen beseelt, sowie

deren stetes, gewissenhaftes Streben nah Vervollkommnung, be- fähigten dieselben nur erneut auch jeßt als ein tüchtiges Ganze si zu bewähren. __ Euch Allen, von Eurem Erlauchten Führer herab bis zu dem jüngsten Soldaten entbiete Ih hierfür Meinen Königlichen Dank, indem Ich von Euch Meinen braven Truppen erwarte und vertraue, daß Ihr alle Zeit fortfahren werdet in Eifer, Hingebung, Treue und Tapferkeit das Volk Meiner Sachsen, in Mitten unseres großen deutschen Heeres, würdig zu vertreten.

Das walte Gott!

Albert.

Württemberg. Stuttgart, 14. September. Der „St. A. f. Württemb.“ enthält heute cinen Aufruf der Kom- mission der bürgerlihen Kollegien zum feierlihen Empfange Sr. Majestät des Kaisers und Königs bei Allerhöchst- dessen bevorstehendem Besuche Stuttgarts.

Baden. Karlsruhe, 14. September. Die „Karlsr. Z.“ veröffentliht heute folgenden Erlaß Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs :

Die Vollendung meines 50. Lebensjahres wurde in henrlister Weise als Anlaß ergriffen, um mir aus allen Kreisen der Bevölke- rung des Großherzogsthums so viele Kundgebungen wärmster Theil- nahme zu widmen, daß ich mir die Beantwortung im Einzelnen zur Vermeidung einer meinem Gefühl widerftrebenden Verzögerung ver- sagen muß. Ich spreche daher Allen, welche mir ihre treuen Wünsche zu meinem Geburtstag dargebracht haben, hiermit meinen aufrichtigen Dank aus.

Die Gefinnungen der Liebe und des Veitrauens, welche mir in so wohlthuender Weise entgegengebraht wurden und die ih im vollen Maße erwidere, gelen mir das befriedigende Bewußtsein, daß mein Streben, die Wohlfahrt des Landes zu fördern, gerne erkannt wird und lassen mich zuversichtlich hoffen, daß ih auch fortan bei der Löfung meiner Regentenaufgaben auf die wirksame Unterstüßung meines Volkes zählen kann.

Schloß Mainau, den 12. September 1876.

Friedri ch.

Hessen. Darmstadt, 13. September. Das Finanz-Ministe- rium hat unterm 6. d. M. an die Zweite Kammer der Stände eine Vorlage gelangen lassen, welche beantragt, die Kam- mer möge ihre Zustimmung dazu ertheilen, daß zu besonderen einmaligen Vergütungen an die mit der Umwechselung der Münzen f\üddeutsher Währung in Reihsmünzen beauftragten Großherzoglihen Kassenbeamten der Betrag von 13,313 # aus den Ueberschüssen der Hauptstaatskasse entnommen werde. Die Vorlage wurde dem Finanzaus\{chus}se zur Berichterstattung über- wiesen.

Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer hielt heute zwei Sitzungen ab.

Sachsen -: Coburg - Gotha. Coburg, 12. September. Die Kaiserin von Brasilien ift heute Nachmittags mit Ge- folge hier eingetroffen und im Hotel Leuthäußer abgestiegen. Die hohe Frau begab \ich \ofort nah izrer Ankunft in die hiesige katholishe Kirhe zu St. Augustin, wo ihre Tochter, Prinzessin Leopoldine, vermählt an den Prinzen August von Sachsen-Coburg- Gotha (gestorben am 7. Februar 1871), beigeseßzt ist.

Schwarzburg - Sondershausen. Das heute aus- gegebene Landes: Geseßsammlungsfstück enthält: Verordnung vom 4. September 1876 zur Ausführung des Geseßes über die Fortbildungs\schulen im Fürstenthum Schwarzburg-Sonders- hausen vom 15. Januar d. J.

Desierreich-Ungarm, Wien, 13. September. Aus Hermannfstadt wird telegraphisch gemeldet, daß der Kaiser heute um 75 Uhr Abends von dort abgereist \ci.

Wie man dem „Pester Lloyd“ von verläßliher Seite von hier berichtet, ift die Meldung von einer Verschiebung der Eröffnung des Reichsrathes bis Mitte Oktober zus- nächst vollkommen unbegründet, da ein in den nähsten Tagen stattfindender Ministerrath, zu dem die Mehrzahl der Minister von ihren Urlauben nah Wien zurückgekehrt, diese und andere Fragen von größerer Wichtigkeit endgiltig feststellen wird. Die Annahme, daß ein Provisorium damit geschaffen werden solle, indem man den bestehenden Ausgleih auf ein Jahr verlängert, sei durch die ganze Lage der getroffenen Abmachungen ausgeschlofsen, ‘da die Schwierigkeiten, die nah den Anschauungen einigeë Blätter zwis{hen beiden Regierungen noch bestehen sollen, einfach s{chon längft überwunden seien. Dem gegenüber wird von anderer Seite versichert, daß denn doch eine Differenz zwischen beiden Regierungen bestehe, und daß dieselbe den Abschluß des deutshen Handelsvertrages be- treffe, welhen die österreihishe Regierung gleichzeitig mit den Ausgleihsvorlagen in Behandlung gezogen sehen wolle, wäh- rend fih die ungarishe Regierung diesem Standpunkte bisher niht angeschlossen habe, Da die ungarische Regierung mit der Antwort in dieser Angelegenheit zögere, lasse sch der Termin für die Einberufung des Reichsrathes vorläufig niht bestimmen und könne ein sehr später werden. Sollte diese Darstellung rihtig sein, bemerkt hierzu das „Fremdenblatt“, dann sehen wir in der That nur ein Mittel, um berehtigten Klagen dar- über, daß die parlamentarishe Prüfung der Ausgleihsvorlagen hüben und drüben überstürzt werden solle, vorzubeugen, ehen jenes einjährige, sogenannte „Provisorium“. Uebrigens drückt sh der Korrespondent des „Pest. Lid.“ ungenau aus, wenn er von „Verlängerung des bestehenden Ausgleiches“ auf ein Iahr \priht. Das Quotengesecß und das Bankstatut erlöshen de facto erst mit Ablauf des Jahres 1877. Es könnte ih also ledigli um die Verlängerung des von Ungarn gekündigten ZoU- und Handelsbündnisses auf die Dauer des Jahres 1877 handeln.

Unter Vorsiß des Minister - Präsidenten Fürsten Auersperg, welher seinen Urlaub unterbrach, fand heute ein Ministerrath ftatt, an welhem Freiherr v. Lasser, Freiherr v. Prets, Pr, Unger, Di Glaser, v. Chlumecky, Dr. v. Ziemialkowsfi und Oberst v. Horst theilnahmen. Derselbe dürfte, dem „Fremdenbl.“ zufolge, wohl auh der Feststelung , des Termins für die Einberufung des Reichsrathes gegolten haben, obschon es auf der Hand liegt, daß der endgiltige Beschluß die Erledigung aller jener Ange- legenheiten zur Voraus\eßung hat, welche derzeit noch Verhand- lungs-Objefte zwischen den Regierungen beider Reichshälften bilder. Gleichzeitig erfährt das „Fremdenbl.“, daß die unga- rischen Kabinetsmitglieder in den nähsten Tagen hier eintreffen werden, um jene Verhandlungen mündlich aufzunehmen, welche im Laufe des Sommers nur \chriftlih geführt werden konnten.

Salzburg, 12. September. Der K. K. Botschafter am britishen Hofe, Graf Beust, ist vorgestern in Gastein ange- kommen.

__ Prag, 13. September. Der Prinz Arthur von England ist gestern Morgens von hier nah Dresden abgereist.

Krakau, 13. September. Der „Czas* bespriht das Sam- borer Wählerprogramm und bekämpft dessen. Oppositions- Prinzip. Er sagt, es sei nothwendig zur Heilung der Krank- heit, daß endli einmal niht die Schuld alles Unheils der Re- gierung zugeschrieben, sondern erkannt werde, was den eigenen Fehlern entstamme. Beklagenswerth sei, daß eine ähnlihe Po- litik, wie sie das Samborer Programm formulire, auch im Tar- nower Bezirk Platz greife.

Triest, 13. September. Die Kaiserin is gestern Abends hierher zurückgekehrt. Morgen früh reist der Kronprinz nach Wien ab. Heute Nachts um 11 Uhr trifft der Erzherzog Stephan, aus Fiume kommend, hier ein.

Agram, 13. September. Der Landtag hat heute. die Spezialdebatte über das Geseg, betreffend das Straßenneßt, fortgeseßt, aber nicht beendet. Das Budget ift behufs vor- läufiger Sanktion nah Wien abgegangen und wird dem Kaiser nahgeshickt werden.

Schweiz. Bern. (N. Z. Z.) Der italienishe Minister- Präfident Depretis hat ih bei der am 5. in Göscheneu ftatt- gehabten Konferenz sehr befriedigt über den Gang der- Arbeiten an der Gotthardbahn ausgesprochen. Derselbe gab auch dem hohen Interesse Ausdruck, mit dem Italien einer möglichst baldigen Vollendung des Werkes entgegensche und sprach die Hoffnung aus, daß der dafür angeseßte Termin eingehalten werden fönne.

Aargau. Am 17. d. M. findet in Rheinfelden die Konsekration des altkatholishen Bischofs Herzog durh den Bischof Reinkens ftatt.

Großbritannien und Frland. London, 13. Sep- tember. Neue Meetings zur Erörterung der orien- talishen Frage werden noch fortdauernd veranstaltet, dohch lehnten der Minifter des Innern, Mr. Croß, und der Unter- Staatssekretär im Auswärtigen Amte, Mr. Bourke, sowie Lord Granville es ab, sich an denselben zu betheiligen, da fie es nicht für opportun erachteten, sich gegenwärtig über die Frage auszulafsen.

Nath den neueften Telegrammen aus Shanghai find die Beziehungen Englands zu China fortwährend sehr gespannt. Der englishe Gesandte Wade, der ih ebenso wie die Vertreter Rußlands, Deutschlands, Frankreihs, Desterreihs, Nordamerikas ur.d Spaniens bereits seit längerer Zeit in Chefoo befindet, wurde dort von dem chinesishen Spezialkommissar Li-Hung- Chang behufs Regelung der Yünnan-Frage am 21. August auf- gesuht. Mr. Wade verlangte, der frühere Statthalter von Yünnan, \sowie verschiedene andere Beamte und Personen von Rang sollten zur Untersuchung und Aburtheilung wegen des an dem englishen Konsularbeamten Margary verübten Mordes nah Peking vorgefordert werden. Li-Hung-Chang er- widerte, diesem Verlangen könne nahgegeben werden, wenn die bezüglihen Anschuldigungen ausreihend begründet würden. Auf den bloßen Verdacht hin könne dies aber niht geschehen. Bei einer späteren Gelegenheit ersuchte er cken englishen Gesandten um \chriftlize Abfassung der Anklage und der Beweisgründe gegen den früheren Statthalter von Yünnan.

Frankrei. Paris, 13. September. Der Marschall- Präsident begab sich heute früh in Besançon in die Ka- thedrale, wo der Erzbishof Mgr. Paulinier an ihn folgende Anrede hielt:

„Als Franzosen begrüßen wir den tapferen Soldaten, defsen ruhmvoller Degen nah fo vielen Kämpfen dem Bruderkriege ein Ende gemacht hat, das Oberhaupt und den ehrenwerthen Bürger, dem das dankbare Vaterland seine Geschike ar. vertraute. Als Prie- ster begrüßen wir nah dem Marschallstabe und der Aureole des Obersten Staatsoberhauptes den Katholiken; wir wissen, daß, wenn je die unvergänglichen Rechte Gottes und der Kirche in Ge- fahr kämen, diese Gesetze in Ihnen, Herr Marschall, nah dem alten Wahlspruhe der Mac Mahon: „sic nos, sîc 8acia tuemur!“ einen unverzagten Vertheidiger finden werden,“

Der Marschall erwiderte nichts auf die Rede. Er besuchte demnächst verschiedene Etablissements, das Arsenal u. \. w. Um 11 Uhr fand feierliher Empfang der Behörden {statt und \päter ein vom Herzog von Aumale gegebenes Déjeuner. Nach einem großen offiziellen Diner is der Präfident Abends um 11 Uhr hierher abgereist, wo morgen ein Ministerrath stattfinden wird.

In Lorient soll bekanntlich nähstens „La Rédou- table“ vom Stapel laufen; der „K. Z,“ wird hierüber ge- schrieben: Der Bord: dieses neuen Schiffes, an welchem mehr als 1000 Arbeiter seit drei Jahren beschäftigt sind, ist mit einem Panzer bekleidet, dessen Dike nach Aussage der französischen Marine-Dffiziere alles bisher Dagewesene übertrifft. Das Ge- wicht einer jeden dicser Panzerplatten beträgt ungefähr 25,000 Kilogramm. Die ganze Länge des „Rédoutable“ üverschreitet 100 Meter. Das Schiff ist fast gänzlih aus Stahl konstruirt, und nur der Kielrand besteht aus Eisenblech. Es if das erfte Mal, daß man Stahl in diesem Maße bei dem Erbau eines Kriegsfahrzeugs verwandt hat. Der Bug des „Rédoutable“ ist mit einem Sporn von Schmiedeeisen in einem Gewichte von 31,400 Kilogramm versehen. Das Verdeck i bombenfest her- gestellt; die Schraube, welhe einen Durhmesser von 64 Meter hat, ist aus Bronze und wird durch eine Maschine von 6000 Pferdekraft gedreht; andere kleinere Dampfmaschinen werden für die Drehung des Steuers verwandt. Die Bewaffnung dieses Kriegs\chifses besteht aus Kanonen vom größten Kaliber, und werden dieselben nach einer neuen Einricztung \so auf dem Schiffe vertheilt, daß fie nah allen Richtungen feuern können.

14. September. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas“ erfährt, wären von dem Minister des Auswärtigen, Herzog De- cazes, in dem heutigen Ministerrathe ebenfalls beruhigende Ang über die Lage der Dinge im Orient gemacht worden.

_ Jtalien, Rom, 5. September. Dur ein vom Minister- Präsidenten kontrasignirtes, telegraphisch bereits erwähntes Königlihes Dekret vom 25. v. M. ist der Wirkungskreis des Ministerraths und die Stellung des Minister- Präsidenten im Verhältniß zu den einzelnen Fachministern neu geregelt worden.

Das Dekret verfolgt die doppelte Tendenz, einmal die Kompetenz des Minifterraths genau festzustellen und sodann die Autorität des Minister-Präsidenten seinen Kollegen gegenüber zu stärken;- um ihm die Mittel zu einheitliher Leitung der in- neren und äußeren Staatsangelegenheiten zu fichern.

Unter Fortlassung der Eingangs- und Shlußformel lautet das Dekret in deutscher Uebersezung wie folgt:

Art. T. Der Berathung bezw. Beschlußfassung des Ministerraths sollen folgende Gegenstände unterliegen :

1) Fragen der ösffentlihen Ordnung und der bochsten Staats- verwaltung ; ?

2) die dem Parlament vorzulegeaden Gesetzentwürfe;

3) Vertragsentwürfe;

4) Entwürfe organischer Verordnungen ; tis 2 Völkerrechtliche und auf die Auslegung von Verträgcn bezüg- iihe Fragen;

6) Kompetenzstreitigkeiten zwischen verschiedenen Minifterien und den von densclben ressortirenden Behörden ;

__7) Petitionen, welche vom Parlament dem Minifterrath übers wiesen werden ;

__8) Vorlagen, welche die Beziehungen des Staats zu den kirch- lien Behörden betreffen ; l

9) Die Ernennungen zum Senat des Königreichs, zum Staats- rath, zum Rechnungéhofé und zu den General-Kommandos, sowie diejenigen der Gesandten bei den fremden Mächten, der Präfidenten, General-Prokuratoren und General. Advokaten bei den Gerichtskolle- gien, des General-Advokaten des Schaßes, der Präfekten, Unterprä- fekten, der Kommandanten ‘der Militär-Divisionen und der Marine- Departements, ferner die Ernennungen der General-Sekretäre der Ministerien, der General-Direktoren und* anderen Chefs bei den General-Central-Administrationen und den Provinzial-Regierungen.

10) Eatiassungs-Anträge, Pensionirungen uad Abschungen der im vorhergehenden §. 9 aufgeführten Beamten,

Art. T1. Im Ministerrath sollen vorgelegt werden :

1) Die Entwürfe von Ausführungs Verordnungen der Geseße ; allgemeine Verwaltungs-Reglements und alle Angelegenheiten, für welche nah vorhberigem Gutachten des Staatsraths durch Königliches Dekret Entscheidung getroffen werden muß, in denjenigen Fällen, wo der zu- ständige Minister fich. dem Gutachten des Staatsraths nicht anschließen zu können meint; : L s

2) die Entwürfe derjenigen Königlichen Dekrete, durch welce die nach Wortlaut des Artikels 9, §. 4 des Gesetzes Über den Sfaats- rath an den König gecihteten Berufungen erlcdigt werden ;

3) die motivirten Mittheilungen an den Rechnungshof in den- jenigen Fällen, wo die Eintragung unter einem vom Ministerrath vorher beschlossenen Vorktehalt erforderlich ift ;

4) Auslieferungsanträge, welche an fremde Regierungen gerichtet werden sollen oder von denselben auëgehen ; :

5) die Berichte über Konflikte, welche von der richterlichen oder Verwaltunas- Instanz erboben sind. 5 :

Art. IIT. Der Präsident des Minifsterraths beruft die Sißungen desselben, leitet die Verh zndlungen und verwahrt das Verzeichniß der Beschlüsse. t :

Er theilt \{riftlich allen Miniftern2 die Beschlüsse von prin- zipieller Tragweite mit, und jedem einzelnen diejenigen, üver deren Ausführuna derselbe wachen soll. -

Act. 1V. An den Präfidenten des Ministerraths werden die An- träge der Minister gerichtet, damit die Angelegenheiten, welche sie vorzut: agen haben, auf die Tagesordnung geseßt werden.

Derselbe hat das Recht zu verlangen, daß jede beliebige Frage

selbst wenn fie niht in den vorstehenden Artikeln einbegriffen ift an den Ministerrath gebracht werde, weun er es für angezeigt hält, eine Beschlußfassung über dieselbe im Ministerrath herbet- uführen. s Art. V. Der Präsident des Ministerraths vertritt das Kabinet, er hält die Einheit in der politischen und adminiftrativen Leitung sämmtlicher Ministerien aufrecht und wacht darüber, daß die Ver- vflichtungen, welche die Regierung in den Reden der Krone, im Berkehr mit dem Parlamente und in Kundgebungen an das Land übernommen hat, erfüllt werden. j

Er fordert Rechenschaft von der Ausführung der von den Räthen der Krone gemeinschaftlih gefaßten Beschlüsse, und erhält Mittheilung derjenigen Rundscbreiben, Erlasse und Berichte jedes Ministeriums, durch welche die Oberleitung der Regierurg und der Landeëverwaltung verbindl-ch gemacht wird und welche dur die Pcesse zur Kenntniß des Publikums gebracht werden follen.

Dem Präsidenten des Minifterraths muß vor der Ausführung jede Angelegenheit mitgetheilt werden, welche eine außerordentliche Auégabe nah si zieht oder nothwendig machen kann. |

Art. VII. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten beräth sih mit dem Präsidenten des Ministerraths über alle Noten und

littheilungen, durch wel{e die Politif der Regierung in ihren Be- ziehungen zu den fremden Regierungen verbindlih gemacht wird.

Ait. VIIT. Der Präsident des Ministerraths kontrasiguirt die Ernernungsdekrete der Minister Staattsekretäre und nimmt die Ob- liegenheiten eines Sekretärs des höchsten Ordens der Verkündigung

wahr. Art. IX. Alle dem gegenwärtigen Dekret entgegenstehenden Be-

{immungen sind aufgehoben.

Türkei. Konstantinopel, 12. September. Der Kaiserliche Hat, - erklärt der „Pester Lloyd“, fei ein sehr mageres dürftiges Aktenstück über die reklamenhaft ange- fündigten Reformen Midhat Paschas, doch fei er keineswegs von den abstrakt liberalen Tendenzen desselben durchweht. Die Konstitutionalisirung der Türkei auf dieser Basis sei nicht zu erwarten . . . Allerdings seien die Friedensbedingungen, wie fie jezt von der Pforte formulirt wurden, \{chlechthin - unan- nehmbar. Allein die Pforte sei nur die Eine Partei in dieser Kontroverse, Europa die zweite. Der Fricde könne nur auf der Basis der europäischen Interessen geshtossen werden: dazu könne die Pforte ebenso angeßalten werden, als im entgegengeseßten Falle Serbien und Montenegro. Das europäische Interesse aber fordere, daß die Voraussezungen eines möglihf| dauernden Friedens ge- \chaffen und alle Lösungen vermieden werden, welche den Keim eines neuen Zwiespaltes in sich s{chließen. Darum ergäben si für die Haltung der curopäishen Mächte ganz klare, sowohl positive als negative Standpunkte. In leßterer Beziehung gehe daraus hervor, daß von der Abseßung des Fürsten Milan, von der Erneuerung des tür- kishen Besaßungsrechtes nicht die Rede sein könne. In posi- tiver Beziehung ftelle sich heraus, daß die Pforte in energischer Weise zur Durhführung der von den Mächten vorgeshlagenen Reform-Maßregeln in . den insurgirten Provinzen verpflichtet werden muß, d. h. es leben auch in dieser konkreten Frage alle politishen Zdeen des Drei-Kaiser-Bündnisses wieder auf.

13. September. Der Spezialkorrespondent des „Wiener Fremdenbl.“ telegraphirt von hier: „Mit dem Regierungsantritte des neuen Sultans hat auch für die katholische Kirche in Der Türkei eine neue Aera begonnen. Wie nämlich aus authen- tischer Ouelle verlautet, habe es \fich nun die Regierung des Sultans Abdul Hamid zur strengsten Richtschnur gemaht, weder die Hafsuniten noch die Anti-:Hassuniten besonders zu bevorzugen, und die eine dieser Religionsparteien zur Freude und zum Frommen der andern zurückzuseßen. Seit einigen Tagen find daher hohe Regierungsbeamte, die diesen beiden Parteien ange- hören, fortwährend. bestrebt, lehtere einander näher zu bringen und zwishen ihnen womöglih eine völlige Aussöhnung herzustellen. Dies dürfte auch vollständig gelingen, da die türkische Regierung diese Bestrebungen moralisch unterstüßt. Der österreichische Bot- schafter hat zwar in den lehten Tagen den Versuch gemat, zwischen der Pforte und dem heiligen Stuhle eine vollftändige Versöhnung herbeizuführen, und Erstere zugleich zu veranlassen, Monseigneur Haun wieder in seine früheren Rechte einzusezen. Die Pforte erklärte sh zwar bereit, ihre Hand zur Versöhnung hinzureihen, doch weigerte fie sich entschieden, dies auf Kosten der Anti-Hassuniten zu thun. Monseigneur Hafsun hat daher keine Ursache, auf seine frühere Rehabilitation hier zu hoffen.“

Betreffs ihres neuesten Berichtes aus Kreta schreibt die „Pol. Korr.“ : „Die hiesige (Wiener) ottomanische Botschaft hat den Wiener Zeitungen ein Telegramm des General-Gouver- neurs von Kreta, Reouf Pascha, zugehen laffen, welches einen Bericht unseres Korrespondenten in Canea, vom 14. August, als unbegründet bezeihnet. Wir accepliren dieses Dementi als ebenso berehtigt, wie den seinerzeitigen Widerspru, welchen unsere bulgarishen Berichte von ders:lben Seite erfahren haben. Wir acceptiren dieses Dementi als ebenso legitin, wie die fünf Stunden vor dem Eintreffen des Telegrammes über die Thronbesteigung des Sultans Abdul Hamid in unserer Redaktion von maßgebliher ottomanischer Seite abgegebene Versicherung, daß unser Konstantinopeler Kor- respondent mit seinen Ankündigungen einer bevorstehenden neuen Veränderung auf dem ottomanishen Throne uns tendenziös irreführe. Im Uebrigen verweisen wir auf ein lange vor unse- rem obbezogenen Berichte aus Canea in der „N. Fr. Pr.“ ver- öffentlihtes Telegramm über die Vorfälle in Rhetymno. Wir verweisen auf die Mission Kadri Beys nah Kreta und berufen uns \ch{ließlich auf das Athener Telegramm vom ?0. September, ae die Verhaftung des fkretensishen Deputirten Mizotachi meldet,

Vom türki\sch-\erbischen Kriegs\chaupTkaße liegen heute folgende Mittheilungen vor:

Man \chreibt der „Pol. Corr.“ aus Belgrad, 10. Sep- tember: „Die Türken, auf dem rechten Ufer der Morawa zu- rückckgewiesen, versuhen nun mit großer Anfirengung, ins Morawa- Thal vom linken Ufer aus einzudringen. Dieser Weg ist den Türken aus dem Jahre 1813 bekannt. Damals kamen fie auf diesem Wege bis Belgrad und zwangen den Kara Georg, über die Donau . nah Semlin fih zu flüchten, worauf die türkische Herrschaft abermals in Serbien reftaurirt wurde. Abdul Kerim Pascha hofft nun auch auf diesem Wege nah Belgrad gelangen zu können. Dieser Versuch dürfte aber vorausfihtlich \heitern, da die Linie Deligrad-Djunis- Krusewaß nicht leiht zu durh- brechen ift.

Die Türken haben von Belina aus am 8. d. einen Vorftoß mit gehörigen Nahdruck gegen Alimpics versuht. Die Vorhut des serbishen Corps repliirte fich auf das Gros, da die tür- kischen Kräfte sehr zahlreih waren. Allein eine Viertelstunde von der Drina entfernt, empfing die \erbische Drina-Armee die Türken, welche selbst fünf Batterien Geshüge des größten Kas- libers mit sich führten, mit einem gewaltigen Geshüßfeuer, und zwang nach einem längeren Kampfe den türkishen rechten Slügel zum Rückzuge.“

Der Bel grader Korrespondent des Reutershen Bureaus in London telegraphirt vom 12. d. M.:

„Am leßten Sonntag versuchten die Türken, eine Brücke über die Morawa in der Nähe von Trnjan zu s{chlagen, wurden aber von den Serben zurückgeworfen. Gestern erneuerten sie den Versuch bei Bo- bowihte, worauf si längs der ganzen Linie zwischen Vonfkonja und Nischni Androwaßtz ein scharfes Gefecht entspann. Die Montenegriner unter Macho Verbißa zeichneten sich besonders in der Affaire aus, Verbißa wurde leiht verwundet. Die Bewegungen der Türken er- kiären sich aus dem Grunde, daß fie es für unmsglih halten, Alexinaßz durch einen Frontangriff zu nehmen, und zwär wegen der den Plaß vertheidigenden 19 Schanzen. Sie sind demnach bemüht, Alexinaß zu umgehen, um in den Rücken von dessen Vertheidigungswerken zu ge- langen. Das Gros der serbishen Macht steht in Deligrad, und da der in Alexinaß befehligende Major Popovich nur über eine Streitmacht von 6400 Mann verfügt, dürfte der Feind in einem Frontangriff auf die Verschanzungen reusfiren. Die Einnahme von Alexinaßz ist schon aus dem Grunde nothwendig für die türkische Armee, weil sie des Platzes bedarf für eine Operationsbasis gegen Deligrad und auch für die gehörige Sicherheit der türkischen Verbindungen mit Nis, die jeden Ançenblick unterbrochen werden möchten, wenn Alerinatz in serbischem Besihz bleibt. Oberst Horvatovic hat mit 12,000 Mann von Deligrad aus eine Flankenbewegung gemacht und via Djunis, Karnik, Silge- jovaß und Gredelin Korman erreiht, Sodann griff er die türkische Armee im Rücken an, während Tschernajeff dieselbe vorne attakirte. Der Kampf dauerte den ganzen gestrigen Abend obne entscheidendes Resultat fort und endigte erf bei Einbruch der Naht. Heute früh begann das Treffen wieder.“

Die „Times“ lassen sich aus Belgrad, 12. Sep- tember, telegraphiren: Es herrsht hier bereits (in Folge der Nachriht vom Wiederbeginn der Feindseligkeiten) große Niedergeshlagenheit und Gerüchte von frishen Mißgeschiken der serbishen Waffen sind im Um'aufe. Vergangene Nacht wurde allgemein geglaubt, Alexinay sei \{chließlich genommen. Die Ende vergangener Woche gemachte Mittheilung, daß es Horvatovic unmöglich gemaht worden, aus der Umgegend von Banja hervorzubrehen, bestätigt fh als wahr. Es ift nun gewiß, daß er noch vorx kurzer Zeit sehr weit von St. Stefan entfernt war. :

Der „Standard? erhielt folgendes Telegramm: Vor Alexinay (türkishes Hauptquartier) 10. September. Während der lehten fünf Tage hat Ruhe geherrsht, obgleih gelegentlihe Scharmüßgel stattfanden. Die Truppen waren mit dem Bau von Brücken über die Morawa beshäfs tigt. Diese find endlih vollendet, und 6 shwere Geschüße wur- den aus Nifsa bezogen. :

Diesen Nachmittag fand heftiges Geshüßfeuer zwischen Hafis Pascha auf unserer äußersten Linken und den Serben statt. Da unsere Brücken über den Fluß niht weit von Deli- grad geschlagen find, muß diese Position genommen werden, bevor wir uns gegen Alexinag zurückwenden können. Es kann das auch durchgeführt werden, wird aber \{chwere Kämpfe erfordern.

Der Wiener „N. Fr. Pr.“ vom 14. geht folgendes Telegramm zu: Belgrad, 13. September. „Ueber die Shlaht vom 11. September hat die Regierung aus dem Hauptquartier des Ge- nerals Tschernajeff in Deligrad einen vom 12. d. M., 7 Uhr 30 Minuten früh, datirten telegraphis&;en Bericht erhalten, dem die nachfolgenden Details zu entnehmen find: „Gestern früh um 5 Uhr rückte die serbishe Armee gegen Alexinaß auf den Nerevec Han, längs des rechten WMorawa- Ufers, vor. Der Kampf begann sogleih mit einem kräftigen Angriff von Seite der Serben. Die Türken wurden von zwei Seiten angegriffen: in der. Front von General Tschernajef und im Rücken von Horvatovih. Dieser hat mit seinen drei Brigaden eine glänzende Umgehungsbewegung ausgeführt, indem er von Deligrad über Djunis und weiter in den Rücken der Türken bis gegen Silfegowaß drang. Die Türken befanden fich zwishen Trujan und Adroway und versuchten bei Bobovifte eine Brücke über die Morawa zu shlagen. Während des Brücken- \chlages wurden die Truppen von Horvatovich angegriffen. General Tschernajef entsendete zwei Brigaden nah Vukanja, um den Türken die Straße nach Tesica abzuschneiden. Der Kampf entbrannte auf der ganzen Linie, von Vukanja bis Adrowaß und Korman. Die Türken griffen die serbishe Armee wiederholt an, und einige Brigaden derselben wurden durch das Ungestüm der türkishen Angriffe gezwungen, sih zurückzuziehen. Mascha Vrbica hat sich mit seiner Yatagan-Legion und zwei serbischen Bataillonen am meisten ausgezeihnet, Er wurde leicht ver- wundet. Die Schlacht dauerte bis 64 Uhr Abends, und ver- blieben die Kämpfenden in, ihren Positionen. Heute früh um 5 Uhr 30 Minuten wurde der Kampf von Seite der türkischen Armee wieder aufgenommen.“ :

Belgrad, 14. September. (H. T. B.) Die Serben haben gestern Sait\ char wieder eingenommen. Osman Pascha retirirte bis Veliki Jzror. Die Serben errihteten bei Katun eine Brülke über die Morawa.

Ein im serbischen Lager weilender Korrespondent des „Moniteur“ hat am 2. September die Werke von Deligrad besucht und entwirft eine anshaulihe Schilderung von dem Zu- stande, in welchem er diese für die serbishen Waffen so wichtige Position gefunden hat. Unter Anderem \hreibt derselbe:

* Gegen 10 Uhr Morgens kamen wir im Lager von Deligrad an, wo wir von dem Kommandirenden, dem Obrift Nikolics empfangen wurden. Er hatte bis ‘dahin noch fkeineclei Ordre er- halten; seine sämmtlichen Stellungen waren von Truppen ent- bI6ößt, und wenn ihn die Türken jeßt area würden, #0 Fönnte er ihnen etwa nur 3500 Mann mit Pistongewehren bewaf-

neter Milizen dritter Klasse entgegensteUen. Während dieser Zeit rüden die Türken R bas linke Morawa-Ufer herab; - die

T\cherkessen galoppiren voraus und mit ihnen wälzt sih die Flamme

von Dorf zu Dorf weiter. Innerhalb vier Stunden sehe wir die Ortschaften Adrovaß, Trnjan, Gredelin, Pescanißa, Ko*"man, Srezovaß und Vitkovaß in Feuer aufgehen. Die act Bataillone welche sich in jener Gegend befanden, baben sich nach Djunis zurüdck-- gezogen. Die durch diesen Rückug kecker gewordenen Tfcherkessen sprengen Deligrad gegenüber am linken Ufer herum. Eine äußerst wichtige Höhe, San Nestorberg genannt, rechts von Deligrad auf dem linken Ufer der Morawa gelegen, war troß aller Vorstellungen des Obersten Rikolics nicht beseßt und bef:stigt worden. Die Türken konnten, wenn fie derselben fich“ bemächtigte-, die Laufgräben und Redouten von Deligrad in Enfilade nehmen. Oberft Nikolic, \{hickte darum, ohne weitere Befehle abzuwarten, ein Bataillon mit Schaufeln und Haden ab, um dort Befestigungea an:ulegen, und etablirte alsdann daselbst eine eben von Alexinaß angekommene Bat- terie Zwölfpfünder, deren Feuec die Türken abhalten wird, in diefem Theile des Thales irgend ein Ges{hüß aufzustellen. Die Türken wollen übrigens, wie ihr Marsh anzeigt, das Lager von Deligrad nicht in der Front angreifen, sondern dafselbe durch Wegnahme von Diunis umgehen, um von da Krusewaßz oder das untere Morawathak zu gewinnen und die Verbindung zwischen Deligrad und Belgrad abe zushneiden. Um 11 Uhr kamen Tscheruajef und General Protics, der Kommandant von Alexinaß, in Deligrad an. Drei Brigaden Jnfanterie waren vor ihnen eingetroffen und hatten in den Redouten Stellung genommen. Die ganze Armee foll, mit Ausnahme von zehn Bataillonen und einigen Feldgeshüßen, welche in den Alexinaßz zu- nächst gelegenen Redouten zurückgelassen worden sind, nach Deligrad zurückehren. Die übrigen Vorwerke von Alerinaß, namentlich die Redoute von Schumatovaß wurden geräumt. Wahrscheinlich will man Alexinaß nur noch einige Tage halten, bis das dort befindliche tranêportable Material in Sicherheit gebracht worden ift.“

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 13. Septem- ber. Am 26. August (7. September) hat der Kaiser durch einen Ukas auf Antrag des Ministeriums befohlen, daß die Kanzlei für die Angelegenheiten des Königreichs Polen aufgehoben wer- den und ihre Obliegenheiten zwischen der Sektion der Privat- fol des Kaisers und der Enquete-Kommission getheilt werden ollen,

Der Kaiser von Brasilien is, wie man dem „Golos“’ aus Moskau telegraphirt, daselbst am Sonntag, den 10. September, eingetroffen und hat in dem Gasthause „Ss\la- wanskij-Basar“ Wohnung genommen. Bald nah seiner An- kunft begab fich der hohe Reisende in die katholishe Kirche, zoorauf er die Kirhen im Kreml und die Universität zu besuchen, beabsichtigte.

Amerika. Vereinigte Staaten. Washington 29, August. (N. Y. H. Z.) Der zwishen den Vereinigten Staaten und der Insel Bermuda abgeschlossene neue Poft: Vertrag if heute hier unterzeihnet worden. Das Porto nah und von Bermuda wird dem neuen Vertrage zufolge, überein- stimmend mit dem Berner Post-Vertrage, fünf Cents für jede halbe Unze oder deren Bruchtheil betragen und die bisher obli- gatorishe Frankatur aufgehoben. Bermudas Gesuch, der durh den Berner Vertrag gebildeten postalishen Union beizutreten, wird wahrscheinlich in Bälde gewährt werden.

(A. A. C) In den Vereinigten Staaten von Columbia ist einer New-Yorker Depesche vom 11. d. zufolge der Belagerungszustand proklamirt worden. Antioquia und Tolina, zwei Staaten des Bundes, haben der Regierung den Krieg erklärt.

Mexiko. (N. Y. H. 3.) Nathrihten zufolge, welche im mexikanischen Konsulat in San Francisco -bis- zum 31. August eingetroffen find, haben die Revolutionäre, welhe Calican besezt hatten und von dort aus Mazatlan bedrohten, erstere Stadt wieder evacuirt, und befinden fih die Regierungstruppen auf dem. Marsche dorthin.

Costa Rica. Die centralamerikanischen Zeitungen mel- deten, daß Präsident Esquirol gestürzt, und Dr. Vicente Herrera zum provisorishen Präsidenten gewählt wurde.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statifstischen Bureaus der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 3. September bis inkl. 9. September cr. zur Anmeldung ge- kommen: 151 Eheschließungen, 893 Lebendgeborene, 16 Todtgeborene, 988 Sterbefälle.

Gewerbe und Sandel.

Sn der Generalversammlung der Aktionäre der Aktien- gesellschaft zur Verwerthung der Herrschaft Stolzen- burg waren 700,000 Thlr. Aktienkapital vertreten. Die General- versammlung genehmigte die im April ftattgehabte Auszahlung einer Liquidationêrate, nahm den Revisionsberiht entgegen und ertheilte auf Grund- deffelben der Verwaltung Decharge. Die bis j-8t zur Rückzahlung gebrachten Beträge belaufen sih auf 567 °%.

Verkehrs-Anstalten.

Stettin, 12. September. Aus der Sißung der Vorsteher der Kaufmannschaft vom 7. d. Mts. berichtet die „Ostsee-Ztg.* vem 13, d.: Bei dem Reichs-Eisenbahn-Amt find eine Anzahl von Anträgen auf Aenderung einzelner Beftimmungen des Be- triebs8-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands eingegangen und von demselben dem Vorsteheramte zur Begutachtung mitgetheilt worden. Die Vorsteher beschlossen, die Mehrzahl der vorgeschlagenen Aenderungen zur Annahme zu empfehlen. Die w'ch- tigsten sind folgende: 1) auf denjenigen Hauptstationen, welche von der Aufsichtsbehöde mittelst öffentliher Kundmachung beflimmt wer- den, soll der Billetverkauf wie die Expedition des Reisegepäcs künftig zu allen an dem betr. Tage abgehenden Zügen ununterbrochen oder nur mit den ausdrüdcklich nachgelassenen Unterbrechungen stattfinden; 2) bei Wagenladungen soll das Gewicht nicht wie jeßt îtets auf 200 Kilogramm, sondern nur von 10 zu 10 Kilogramm akbg-- rundet werden; 3) im Falle der leßte Tag der Lieferfrist auf einen Sonn- oder Festtag fällt, soll dieselbe künftig erst an dem nächstfolgenden Werktage ablaufen.

Die Liquidatoren der Nienburger Zuckerfabrik ver-

Sffentlihen eine Bilanz pr. 30. April 1876; dieselbe weist als

Passiva nah: Aktienkapital 1,500,009 4, E Dividenden 36 4, Creditoren 3988 4, zusammen 1,504,024 6. Dieser Summe ftehen als Aktiva nur 135,075 H gegenüber, mithin Verluft: 1,368,949 A Rechnungsmäßig wird also ein Vermögensstand von 131,051 4 oder ca. 8/0 des Aktienkapitals nachgewiesen. Doch dürfte nur eine geringere Quote zur Vertheilung an die Aktionäre gelangen. Nach dem Gewiun- und Verluft-Conto seßt sich der Berlust von 1,368,949 M 60 -Z folgendermaßen zusammen: An Saldo 1874 83,609 4 75 S, Realitäten-Conto, an Verlust beim Verkauf der Fabrik, der Güter Dornbock und Hohendorf 918,807 4 30 „F, an Unkosten-Conto: Saläre, Löhne, diverse Unkosten, Zinsen 111,687 32 S, an Inventar und Vorräthen 254,845 4 23 -Z, zusammen 1,368,949 M 60 S. : .

Nach dem Geschäftsbericht der Pariser Gürtelbahn pro 1875 wurden mit großer Geschwindigkeit befördert : 4,267,691 Per- sonen und 74,943 Messagerie-Sendungen ; mit geringer Geschwindig- keit: 1,958,025 Tonnen Waaren, 2664 Wagen und Eisenbahnfahr- zeuge, 1,077,582 Stük Vieh. Die Spezialeinnahmen der Gürtel- bahn beliefen sich 1875 im Ganzen auf 3,093,282 Fres., die Aus- gaben des Betriebs 2c. auf 2,327,116 Fres. Der Einnahmne-Ueber- {chuß von 766,166 Frcs. kommt zur Vertheilung unter die im Be- triebe betheiligten 5 Gesellschaften.