1876 / 226 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

dd. E Pi R E f Ma M Eri S Ag Md F MTN Cr iu BER pi Mae LE R M S Cts U NE A L ch »: R s

Nachmittags 4 Uhr empfingen Se. Majestät der Kaiser eine Deputatiov, welhe Allerhöh\. dieselben zu der, im näh- sten Jahre Fiattfindenden 500 jährigen Stiftungsfeier des Ulmer Dowes einlud. Dos Diner wurde um 5 Uhr en famille eir.genommen. Für den Abend waren Einladungen an circa ‘300 Personen zu einem thé dansant im Stadtshloß ergangeri, dem die Alleroöchsten und Höchsten Herrschaften bis

egen "11 Uhr beiwohnten.

f X.m 1 E Nachmittags 2 Uhr haben Se. Maje stät Stuttgart verlassen und Sich- nah Weißenburg be- gebr n. Auf dem Bahnhofe verabschiedeten Sich Allerhöchst- die’ elben auf das Herzlichste von Sr. Majestät dem Könige vo,n Württemberg. Vor der Abreise überreichten Se. Majestät, v ah telegraphisher Meldung, Sr. Mazezstät dem Könige von F KLürttemberg die Kette zum Schwarzen Adler-Orden.

Jhre Majestät die Kaiserin-Königin empfing in Baden den Besuch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Carl Ludwig. Zhre Majestät wird am 27. einer Einladung der Königlih württembergifchen Majestäten folgen und mit

hrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden nah Stuttgart reisen. Am 28. Abends wird ALerhöchstdieselbe mit Sr. Majestät dem Kaiser und König von dort in Baden wieder eintreffen.

Berlin,, 25. September. Die vereinigten Ausschüsse Des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und Für Rehnungswefen, jowie für Zoll- und Steuer- wesen und für Handel und Verkehr, und der Aus- {chuß für 2oll- und Steuerwesen kbielten heute Sizung ab.

Ven dem günstigen Emdruck, welchen die befriedigende Ertedigung der „Anna“-Angelegenheit in Ostasien her- vorgebracht hat, giebt ein Artikel der in Hongkong erscheinenden ¿North China Daiby News“ vom 6. Juli d. J. Zeugniß, welcher in auszugsweiser Ueberseßung wie folgt lautet:

- „Wir freuen uns, berichten zu können, daß die „Ann a“- Angelegenheit dur Zahlung der beiden Summen von 14,000 Doll. und 22,600 Doll. endli erledigt worden ist.

Die Theilnehmer an dem Verbrechen sind bestraft und die chinesishen Beamten, welche sih Pflichtverleßungen zu «Schulden kommen Tießen, als es sich um die Wiedererlangung des geraubten Eigenthums handelte, zur Verantwortung ge- Zogen worden.

Die chinesische Regierung sträubte sih zwar eine Zeit lang, Die ‘leßtgenannte Summe zun bezahlen, aber der deutsche Ge- Jandte blieb unerbittlich und zwang die Regierung nachzugeben. Es ist dies unjeres Erachtens der erste Fall, in welchem LVersicherer einen derartigen Verlust wieder erseßt erhalten haben, und diese Thatsache ist bemerkenswerth.

Der Schadensanspruch der deutshen Behörden war äußerst Torrekt und durchaus gerecht, und auf die Befriedigung def- Jelben wurde mit der größten Bestimmtheit und Hartnätigkeit bestanden.

Allem Anscheine nah ließ sich die deutsche Regierung in éeine -nußlosen Verhandlungen ein, sondern forderte einfa in perremtorisher Weise die Wiedererstattung des vollen be- rTehneten Schadens. Ohne Zweifel hat sie dadur für die Zukunft ein warnendes Beispiel geseßt und den chinesischen Beamten eine Lehre ertheilt, deren sie für die nächsten Jahre gedenken werden. Und wirkli Hat ihr Auftreten {hon jeßt Den Erfolg gehabt, daß die chinesishe Regierung für 18 Vro- vinzen Verordnungen über Rettungswesen nah europäischem Muster erlassen ‘hat, welche, wenn odentlich durchgeführt, Fülle wie die des Schiffes „Anna“ unmöglih machen werden.

Jedenfalls wird die Einführung der vorerwähnten Stran- dungsordnung durh die chinesishe Regierung ein harter Schlag für das Seeräuberwesen sein.

Und selbst, wenn durch die Verhandlungen über die „Anna“-Affaire weiter nihts gewonnen wäre, als diese Ein- Führung, so würde dies allein shon ein lohnender Erfolg der Bemühungen Deutschlands gewejen sein, in diesem Falle Ge- nugthuunrg zu erhalten. «

Der moralische -Eindruck eines solchen Schrittes auf die «hinesische Beamtenwélt ist sicherlich ein bedeutender gewesen, Und der Umstand, daß wieder eine europäishe Macht ersten Ranges gegen China aufgetreten it, muß die Regierung zu Peking überzeugen, daß das Verharren bei einex erklusiven Und eigenfinnigen Politik nicht länger durchführbar ist.“

Derselbe Artikel hebt noch zwei Punkte hervor, welche Bou den Führern deutscher Schiffe iu den chinesischen Gewässern beherzigt zu werden verdienen.

„Der deutsche Kapitän und der Steuermann der „Anna“, êo meint der Verfasser des Artikels, „waren sicherlih mit den Verhältnissen an der chinesishen Küste unbekannt. Sonst

ätten fle wissen müssen, daß man dort die Einge-

orenen nicht ohne weitere Sicherheit anwirbt, son- derm deß man die ganze Schiffsmannschaft, in- Joweit sie aus -Chin&en béfteht, aus einem einzigen Dorfe zu nehmen pflegt und sich uon ihren Angehörigen Bürgschaf- ten stellen läßt. Erweisen si die auf solche Weise angemuiter- ten Matrosen später aïs unzuverlässig oder desertiren sie, so Üt es Leicht, sie wieder aufzufinden und zur Nechenschaft zu Ziehen. Wäre dies Verfahren von Seiten des Kapitäns der „Anna“ beobachtet worden, so würde die Meuterei s{wcrlih auzgebrochen fein.“ :

Ferner wird ben Kgpitänen, welche chinesishe Matrosen an Bord haben, in dem Artiksl noch der Rath ertheilt, den Whinesen bereitwillig solche fleine Konzessionen zu gewähren, Die ihren besonderen nationalen Anschauungen entspreœen, Imdéjjen niemals mit einer Bemannung in See zu gehen, avelhe ganz aus Chinesen bestehe, weil diese leßteren, wie alle Akaten, leiht gereizt und in diesem Zustande zur plöt-

Lichen Keuterei nur zu sehr geneigt seien.

Uls deutsche Mitglieder des bevorstehenden in- ternationalen Kongresses in Brüssel für Gesund- heitspflege und Rettungswesen sind, außer den in dem früherez Vezzeichniß*) bereits namhaft gemachten, inzwischen noch

Folgende Personen angemeldet worben: General-Arzt Dr. Roth

uÞid Ober-Stabsarzt Dr. Frölich in Dresden (Delegirte des König-

li) sächsischen B Physikus Dr. Pabst und

Senator Dr, Kíttsher (Delegirte des Lübecker Senates), Ge-

heimer Sanitäts-Nath und Kreis-Physikus Dr. Forsbeck in Südxeln, Sanitäts-Rath Dr. Graf in Elberfeld (Vorsißender Des Niederrheinishen Vereins für öffentliche Gesundheits- Pflege), praktischer Arzt Dr. Lent in Cöln (Sekretär desselben | Vereins), Regierungs- und Medizinal-Rath Dr. Schwarß in Cöín, praftisher Arzt Dr. Schaberg und Apotheker Schem- |

|

—,

*) Siehe Nr, 218 des Blattes,

mann in Hagen i. W., Hofrath Professor Dr. von Held in Würzburg, Dr. Hirt in Breslau, Fabrikant Al. Aird in Berlin, Stadtbaumeister Stübben, in Aachen, Sanitäts-Rath und P.reis-Physikus Dr. Küpper in. St. Johann a. d. Saar, Sani*.äts-Rath Dr. Ebermaier in Düjjeldorf, Docent an der Thierarzneischule Dr. Schüß in Berlin, Dr. Süßbah in Liegniß, Prof. Dr. A. Oppenheim in Berlin, praftisher Arzt Dr. Stegehaus in Senden bei Münster, Dr. | Junker von Langegg in St. Johann a. d. Saar, Dr. May- weg in Hagev., praktischer Arzt Dr. Hopmann in Cöln, Graf Cieszkowsfi in Posen, Dr. Goose in Essen, erster Bürgermeister Hache in Essen, Dr. Schmidt in Norderney, Ober-Arzt Dr. Hagedorn in Magdeburg, E. Winsbach in Met, Professor Dr. Beneke in Marburg; Adolph Guillaume in Cöln, Dr. jur. Hozer in Oldenburg, Dr. med. Lorent in Bremen , Fa- brikant Buclers in Düren; Polizei-Präsident Staudy in Posen und Stabsarzt Dr. Noegel in Colberg. Jm Ganzen beläuft sih die Zahl der Deutscherseits angemeldeten Kongreß- mitglieder bis jeßt auf 99. -

Schließlich ist noch zu bemerken, daß der Ober-Medizinal- Nath Dr. von Hoelder in Stuttgart (f. das frühere Ver- zeichniß) als Delegirter des württembergishen Ministeriums des Jnnern an dem Kongresse theilnimmt.

Das Geseß vom 3. Juli d. J., betreffend die Be- steuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen und einige Abänderungen des Gewerbesteuergeseßes vom 30. Mai 1820 (G. S. S. 247), enthält in den §88. 27 bis 30 die Bestim- mungen, nah welchen das Strafverfahren in den Unter- suchungen wegen Hinterziehung der Steuer sowohl vom stehenden Gewerbebetriebe als vom Gewerbe- betriebe im Umherziehen vom 1. Oftober d. F. ab eine wesentliche Aenderung erleidet. Behufs richtiger Ausführung der betreffenden Vorschriften hat der Finanz-Minister den Behörden unterm 30. August d. F. eine ausführliche Anwei- sung zugehen lassen, welche in den Amtsblättern veröffentlicht wird.

Mit Bezug auf §. 41 des Reichs-Militär-Geseßes vom 2, Mai 1874 haben Se. Majestät der Kaiser und König

bestimmt, daß die zur Uebernahme von Vormund- schaften erforderlihe Genehmigung Seitens derjenigen

Generale und Stabsoffiziere, welche sih in einer Jmmediat- stellung befinden, bei Sr. Majestät unmittelbar nahzusuchen, dagegen Seitens der übrigen Generale und Stabsoffiziere ebenjo wie von allen andern Militärpersonen, bei der zunächst vorgeseßten Militärbehörde zu beantragen und geeigneten Falls zu ertheilen ist.

Mit Genehmigung des Chefs des Generalstabes der Armee ist heute mit der Lehrter Bahn ein Kommando des Eisenbahn-Regiments in der Stärke von 1 Offizier, 2 Unteroffizieren, 20 Mann zum Legen von eisernem Oberbau an der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn von hier nah Staffelde bei Hümersten abgerückt und wird daselbst auf circa 14 Tage Quartier beziehen.

Der General der Jnfanterie, von Stosch, à la suits des See-Bataillons und Chef der Kaiserlichen Admiralität hat sih, in Begleitung des Korvetten-Kapitäns Schering vom Admiralstabe, nah Kiel zu Inspizirungen, der General-Lieute- nant von Dannenberg, Kommandeur der 2. Garde-Jnfan- terie-Division, mit Urlaub nach Dassow begeben.

Die Bundesraths - Bevollmächtigten, Großherzoglich mecklenburg - s{hwerinscher Ober-Zoll-Direktior Oldenburg und Königlich sähsisher Geheimer Finanz - Rath Wahl sind hier eingetroffen.

Stralsund, 21. September. Jn der heutigen Schluß- sißung des Kommunal-Landtags für Neu-Vorpommern und Nügen wurden die Angelegenheiten 1) wegen „Ueber- nahme der Verwaltung und Unterhaltung der früheren Staats- Chausseen Seitens des Kommunalverbandes gegen ein Pausch- quantum,“ 2) wegen „Umbildung beziehungssweise Aufhebung des diesseitigen kommunalständishen Verbandes und seiner Organe“ (§8. 128 Alinea 4 der Provinzialordnung) und 3) wegen „Verlegung des Etatsjahrs“ berathen. Stände beschlojsen ad 1: Die Verwaltung und Unterhaltung der bisherigen Staatschausseen innerhalb des diesseitigen Kommunal- verbandes für das offerirte Pauschquantum zu über- nehmen; ad 2: in Hinblick darauf, daß die Umbildung be- ziehungsweise die Aufhebung der einzelnen kommunalständi= jhen Verbände nach §. 128 Alinea 4 ausdrücklich von dem Erlaß „besonderer Geseze“ abhängig ist, die Jnitiative in dieser Angelegenheit lediglih den geseßgeberishen Faktoren zu überlassen; und ad 3: auch bei der fommunalständischen Verwaltung das Etatsjahr fortan mit dem 1. April jeden Jahres beginnen zu lassen.

Nachdem fodann noch einige Gegenstände von weniger

allgemeiner Bedutung abgethan, namentlich das Gesuch eines ständischen“ Chausseegeld - Pächters auf wesentliche Herabseßung der Pacht, eventuell Aufhebung des be- stehenden MaBtvertektes pure abgewiesen waren, wurde die Sißung und damit der gegenwärtige ertraordinäre Kom-

munal-Landtag für Neu - Vorpommern und Rügen dur den

| Fürsten Putbus geschlossen.

Hannover, 23. September. Der Provinzial-Landtag genehmigte heut die Abänderungen der lüneburgshen Ver- safsung, bewilligte dem Henriettenstifte, Friederikenstifte und dem Kinderhospital Beihülfen, genehmigte die Wiederbeseßzung der Stelle eines Direktors der Blindenanstalt, die Tagegelder und Reisekosten der Mitglieder der Ober-Érsaßkommission, wiederholte zu def Uebersichten über den Klosterfond die alten Desiderien und beschloß eine Abänderung des hannoverschen Wegegeseßzes. i

Merseburg, 23. September. Jm Amtsblatt wird fol- gendes Dankschreiben Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Georg von Sachsen veröffentlicht :

_ Die Truppen des Königlich sächsis{en Armee-Corps haben bei Gelegenheit der tiesjährigen großen Herbstmanöver an der Saale während ihres Aufenthalts in Königlich preußischen Gebieten, von allen Seiten ein fo herzlihes Entgegenkommen und freundliche Auf- nahme gefunden, daß es uns Alle zu aufrihtigem Danke verpflichtet. Ich ersuche Ew. Hobwohlgeboren ganz ergebenst, diesen meinen Dank und den der mir unterstehenden Truppen den EinwoYnern der Kreise Merseburg und Weißenfels in geeigneter Weise auSssprechen zu wollen und benute gern diese Veranlassung, mi in vorzüglicher

Hocbachtung zu nennen Ew. Hocbwohlgeboren ergebensten Georg, O. z. S., General der Infanterie und kommandirender General des XII. (Königl. sächs.) Armee - Corps. Dresden, den 16. September 1876. :

An den Königlichen Regieruugs-Präsidenten, Ritter hoher

Orden, Herrn v. Diest, Hochwohlgeboren. 1

Bayern. München, 23. September. Der König hak

Ö polgesern von Schloß Berg auf den Schachen bei Parten-

rchen begeben. Wie der „K. v. u. f. D.“ vernimmt, hat Se. Majestät die Einladung zur Theilnahme an den Festlichkeiten zur Feier des Jubiläums des Kunst- und Kunstgewerbe-Ver- eins mit verbindlihem Dank. abgelehnt.

Die Königin-Mutter ist gestern über Biessenhofen nah Hohenschwangau zurückgekehrt.

Die Königin Maria von Sachsen traf gestern von Mailand wieder hier ein und begab sich s\ofort nah Possenhofen, wo sie vor -ihrer Rückehr nah Dresden noch einige Tage verweilen wird. Der Gesandte Jtaliens an hiesigem Hofe, Graf Rati-Opizzoni, hat einen längeren Urlaub angetreten und der Legations-Sekretär Graf Zannini die Leitung der Gesandtschaft übernommen.

Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen ijt am 22. d. M. Morgens 8 Uhr, in Begleitung des Grafen von Brühl und Höchstihrer Hofdame Gräfin von Schulenburg hier eingetroffen, und auf dem Bahnhofe von dem preußishen Gesandten Freiherrn von Werthern und dem Militär-Attahe Major von Stülpnagel empfangen worden. Bald nah der Ankunft besichtigte Jhre Königliche Hoheit die Kunst- und Kunstgewerbe-Ausjtellung tm Glaspalast, in welchem Höchstdieselbe mehrere Stunden ver= weilte. Fhre Königliche Hoheit nahm im Hotel „Zu den vier gahreszeiten“, wo Höchstdieselbe abgestiegen, das Diner, wozu ¿Freiherr von Werthern und Major von Stülpnagel geladen waren. - Sonntag Vormittag beabsichtigte Jhre Königliche Hoheit München wieder zu verlassen, um Höchstsih, einer Ein- ladung des Fürsten von Hohenzollern folgend, auf dessen Be- sißung bei Weinburg zu begeben.

Der General-Feldmarschall Frhr. v. Manteuffel traf gestern Morgens von Berlin hier ein und feßte nah kurzem Aufenthalte, welhen er zu einem Besuche des Generals v. d. Tann benüßte, die Reise nah Gastein fort.

___ Württemberg. Stuttgart, 23. September. (St. A.

f. W.) Von der Königin, der hohen Protektorin der Cen-

tralleitung des Wohlthätigkeitsvereins, ist in Folge des Ab-

lebens des Staats-Ministers v. Golther folgendes Hand-

schreiben an den stellvertretenden Vorstand ergangen : „Werther Präsident v. Oppel!

Durch das Ableben des Präsidenten v. Golther, welchbes Sie Mir am 17. d. M. angezeigt haben, hat die Centralleitung des Woblthätigkeitsvereins einen Verlust erlitten, welben Ich tief mit- empfinde. Das verdienstvolle Wirken des Verewigten und das uner- müdlihe Bestreben, das unter seinem Präsidium stehende Institut seinen edlen und erhabenen Zielen immer näher zu bringen, haben demselben ein Andenken in unseren Herzen erworben, wel(hes bei Mir wie bei den Mitgliedern der Centralleitung gewiß lange fort- leben wird. Möge es im Segen bleiben!

Stuttgart, den 21. September 1876.

Olga.“ __Vaden. Karlsruhe, 21. September. Ein heute erschienenes Geseßblatt publizirt das neue Schulgeseß,

so daß mit demselben die obligatorishe Einführung von gemishten Schulen im Lande perfekt geworden ist. Die Vollzugsbestimmungen, wie sie die leßte Konferenz der Schulräthe begutahtet hat, sind zugleih veröffentlicht worden. Nach denselben muß das neue Geseß überall mit Beginn des neuen Schuljahres April 1877 durchgeführt sein. Jene Gemeinden, in denen noch sogenannte Kloster=- schulen für Mädchen bestehen, welche nach dem Geseß nicht mehr zur Ertheilung des Volkss{hulunterrihts befugt sind, haben für die Beschaffung der Räumlichkeiten zur anderweiten

Ertheilung dieses Unterrichts zu sorgen.

24 Séptember: Dle :;: „Karlar: : Zeil.“ hal ein Extrablatt folgenden FJnhalts ausgegeben: Se. König- lidge Hoheit der Großherzog haben unterm 21.

d. Mts. den Staats-Minister Dr. Jolly auf dessen An- suchen seines Amtes als Präsident des Staats-Ministeriums und Minister des Fnnern unter Vorbehalt der anderweiten Verwendung im aktiven Dienst gnädigst zu entheben geruht. Nachdem in Folge dessen auch die sämmtlihen übrigen Mit- glieder des Staats-Ministeriums dem Großherzog ihre Aemter zur Verfügung gestellt haben, wurde von Allerhöchstdemselben mittelst eines heute früh hier eingetroffenen Schreibens aus Stuttgart vom 23. d. M. der seitherige Präsident des Handels- Ministeriums Turban aufgefordert, die Aufgabe zu über- nehmen, auf Grundlage der bisher maßgebend gewesenen Richtung der Regierung sowohl in Betreff der inneren Politik als auch in Bezug auf die nationalen Entwicelungsaufgaben ein freisinniges Ministerium neu zu bilden. Präsident Turban hat sih bereit gefunden, dem durch das ehrenvolle Vertrauen des Großherzogs ihm gewordenen Auftrag sih zu unterziehen, und sofort die zu dessen Vollzug erforderlichen einleitenden Schritte unternommen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. September. Die Kaiserin von Brasilien ist heute Morgen nah Pest ab- gereist. Erzherzog Albrecht ist gestern Nachmittag hier angekommen.

23. September. Unter dem Vorsiße des Kaisers hat heute eine Ministerkonferenz stattgefunden, welcher, wie die „Politishe Korresponz“ erfährt, de Minister des Aus- wärtigen, Graf Andrassy, die beiderseitigen Minister-Präsidenten Fürst Auersperg und Koloman Tisza, der Reichsfinanz- Minister, v. Hofmann, der ungarishe Minister am Hoflager v. Wenckheim, der österreichishe Minister des Jnnern, von Lasser, der ungarische Kultus-Minister, v. Trefort, der öster- reihishe Handels-Minister, v. Chlumebky, der österreichische Finanz-Minister, v. Pretis und der ungarische Finanz-Minister v. Szell, beiwohnten. Die Ausgleichsverhandlungen werden demnächst zwischen den genannten Ministern fortgeseßt werden. 24. September. (W. T. B.) Die Konferenzen der österreichishen und der ungarischen Minister über den zol l- politischen Ausgleih zwischen den beiden Regierungen sind nunmehr beendigt worden. Von der Ueberzeugung ge- leitet, daß alle auf den Ausgleih bezüglichen Geseße gleich- zeitig vorgelegt werden sollen, was bis jeßt noch nicht mög- lih gewesen wäre, haben sich, wie das „Telegraphen-Korre- eau erfährt, die Regierungen dahin geeiniat, die Zesammtheit der fraglichen Sorlaceu im Januar 1877 vor die Vertretungskörper zu bringen und leßteren der Art Ge- [legenheit zu bieten, fich über den ganzen Ausgleich ein klares und vollständiges Bild zu machen. Um die Verhand- lungen mit der österreihishen Nationalbank über das fkünf- tige Bankinstitut sofort einleiten zu können, sind die Regie- rungen, da beide Theile an ihrem Standpunkte in Bezug auf die Frage der 80 Millionen-Schuld festhalten, übereingekom-

men, den Vertretungskörpern einen Geseßentwurf vorzulegen,

nah welchem diese Frage den Deputationen der Vertretungs- | Friedens\{lus}ses, damit das Werk der Wiederaufrihtung des

körper vorgelegt werden und für den Fall, daß auf diesem Wege eine übereinstimmende geseßliche Lösung nicht herbei- geführt würde, ein eigen zu fonstituirendes Schiedsgericht be- rufen werden joll.

und den ungarischen Ministern sind, wie von gutunterrihteter Seite verlautet, nunmehr mit günstigem Erfolge beendet. Alle Gerüchte von einer angeblihen Ministerkrisis entbehren jeder egründung. L E p: Krafte: u, 23. September. Der „Czas“ bespriht die ver- schiedenen Wahlprogramme in Galizien und bedauert, daß wieder eine Epoche leerer Phrasen beginne. Man fpiele noch jeßt mit Abstinenz-Phrafen, obschon man wisse, daß seit den direkten Wahlen von einer Abstinenz vom Reichsrathe keine ede sei. j D E 23. September. Jn der heutigen Landtags- sißung gelangte Safics Beschlußautrag betreffs Erla)sung einer Danfkadresse an den Kaiser zur Verhandlung. Safsic empfahl seinen Antrag unter Hinweis auf die Loyalität der froatishen Nation, Miskatovic stellte folgenden Gegenantrag : „Der Landtag der Königreihe Dalmatien, Kroatien und Slavonien geht mit dem Ausdrucke der tief- sten Loyalität gegen Se. Majestät . den Kaiser für jene Hochherzigkeit, wodurch der Bevölkerung stammver- wandter Länder des benahbarten Kaiserthumes, welche, den gerechten Kampf für Freiheit und menschliche Eristenz be- innend, großer Graujamkfeit und jeglicher Gefahr stets ausge- segt sind, die Möglichkeit geboten wurde, brüderlihen Schuß in der österreichish-ungarishen Monarchie und troß der finanziellen Nothlage ausgiebige Unterstüßung zu finden über den Antrag Sasjic zur Tagesordnung über.“ _ Kukuljevic erklärte, da die Zeit zu kurz, um an Se. Ma- jestät eine Dankadresse zu rihten, den Antrag Miskatovic an- zunehmen, und {loß mit einem Hochrufe auf den König, in welchen das Haus begeistert einstimmte. i “Miskatovics Antrag wurde hierauf mit überwiegender Majorität angenommen und die Sißung geschlossen.

Schweiz. Genf, 21. September. Der große Rath be- gann in seiner gestrigen Sißung mit der Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Güter der aufgehobe- nen religiösen Korporationen, wonach dieselben einfach zu Staatseigenthum erklärt werden. Der Entwurf wurde von G. Fazy sowohl mit Bezug auf die konstitutionellen Garantien des Eigenthums, als auch mit Bezug auf die Trennung der Gemwalten einer sehr scharfen Kritik unterworfen, der von ihm gestellte Antrag, die Berathung des Entwurfs auf unbestimmte Zeit zu verschieben, indessen verworfen. Nach einer längeren Berathung wurde die weitere Diskussion auf den 23. vertagt.

Großbritannien und Jrland. London, 23. SÞ2p- tember. Die Großherzogin von Medcklenburg-Strelitß ist zu einem Besuche ihrer Mutter, der verwittweten Herzogin von Cambridge, aus Deutschland hier eingetroffen. :

Heute findet das erste Kabinetsconseil nah dem Schluß der Parlamentssession statt.

Die neue Panzerfregatte „Alexandra“ hat ihre Probefahrten einstellen und nach Chatham zurüdcfehren müssen, weil während einer dieser Fahrten ihre Kurbe einen Bruch erlitt. Der Unfall, der glüclicherweise mit keinen fehr ernstlihen Folgen verknüpft war, wird die Jndienststellung des mächtigen Kriegsfahrzeuges um beträchtliche Zeit verzögern.

Ueber die leßte Rede des Earl von Beaconsfield Jagt die „Times“, dieselbe werde nur dazu beitragen, den Sturm der Entrüstung gegen die Pforte eher zu vergrößern als zu beshwichtigen. Heute liegt wieder eine neue Aus- lassung Gladstone's über die orientalische Krisis vor. Jn einem Briefe in Beantwortung einer an ihn gene Einladung, einem „Entrüstungs-Meeting“ in Whithurch, Salop, beizu- wohnen, sagt er u. A.: „Auf jedem Schritt des Pfades be-

finden si Fallstrike, und die Gefahr, die ih in diesem Augenblick |

am meisten fürchte, ist, daß ein Versuch gemacht werden dürfte, den eFall Serbiens von dem der übrigen Länder zu trennen, die jeßt zerrüttet sind oder jüngst die absheulihen Exzesse erlitten. Einer solchen Trennung wird das britishe Volk gewiß keinen Vorschub leisten.“

Auf einem dieser Tage in Glasgow abgehaltenen Pro-

test-Meeting gegen die türkishen Grausamkeiten in Bulgarien

at der Herzog von Argyll, der im leßten Gladstone'schen Kabinet Minister für Jndien war, eine sehr heftige und leidenschaftliche Sprache gegen die Orientpolitik der Regierung geführt. Er tadelte insbesondere die Ablehnung des Beitritts zum Berliner Memorandum und beschuldigte die Regierung großer Parteilichkeit für die Türkei.

Frankreich. Paris, 23. September. Das „Journ. off.“ veröffentlicht zwei Dekrete betreffs Errichtung von juri- dischen Fakultäten zu Douai und Bordeaux.

Der General Cialdini ist hier eingetroffen und hat fich im italienishen Gesandtschaftshotel definitiv installirt.

Dem „Univers“ wird aus sicherer Quelle mitgetheilt, der Minister der Justiz und der Kulten habe unlängst an die Präfekten ein Rundschreiben gerichtet, um ihnen Acht- samkeit zu empfehlen darüber, daß die Pfarrer ihre Pfarreien nicht verlassen. Eine achttägige Abwesenheit darf nur mit Genehmigung des Bischofs stattfinden und bei einer vierzehn- tägigen muß der Präfekt benachrihtigt werden. „Univers“ nennt diese Maßregel „Mißbrauch der ministeriellen Gewalt“ und droht dem Minister mit der Opposition der Bischöfe und Des ganzen Klerus.

Das vom „X1IX. Siécle“ verbreitete Gerücht, der Ka- pitän Mairet d’Ahny sei in Neucaledonien von Wilden ge- tödtet und verzehrt worden, ist, wie die „K. Z.“ erfährt, unbegründet. Kapitän Mairet hat einem seiner Freunde ge- schrieben, seine Expedition wäre vollkommen gelungen und er habe sich nie wohler befunden.

Türkei. Konstantinopel, 19. September. Der Sultan |

Abdul Hamid wohnte, wie die „Pol. Korr.“ meldet, am 14. d. Mts. einem vom Kriegs-Minister ihm zu Ehren gegebenen Diner bei. Fm Verlaufe der Unterhaltung gab der Sultan seine Befriedigung kund über die freundschaftlihe Haltung

Oesterreich-Ungarns seit dem Beginne der Verhandlungen, so- | wie über die besonders wohlthuend hervorstehende versöhnliche | Sprache des Grafen Zichy. Am Schlusse des Diners nahm

der Sultan Veyanlafsung, der Armee für ihre wackere Haltung zu danken und die Hoffnung auszrdrücken, sie demnächst zurückehren zu seen. E Freitags warey der Großvezier und einige Minister zur großherrlichen Tafel im Yildiz-Kiosk geladen. Auch bei dieser Gelegenheit betonte der Sultan die Nothwendigkeit eines

Die Ausgleihskonferenzen zwischen den österreichischen | tr | Einhalt zu

Landes unverzüglih in Angriff genommen werden könne. Gestern brachte der Sultan den Abend im Marine-Ministerium zu. Gleihwie auf dem Seraskierate bemühte er sich auch hier nachzuweisen, daß die Türkei alle mit ihrer Ehre ver- träglihen Opfer bringen sollte, um dem Blutvergießen thun und so viele durch einen ungerechte! Angriff ihren Familien entrissene Männer wieder in den Schooß derselben zurückzuführen. Die wohlbekannten Ge- finnungen des Souveräns werden von einem großen Theile der Bevölkerung gebilligt und getheilt. Die kluge Haltung des Sultans hat ihm das öffentlihe Vertrauen erworben. Die mohamedanische Geistlichkeit, deren Einfluß allmächtig ist, hat sich von dem ersten Tage an ihm angeschlossen, als sie sah, daß er seine religiösen Pflichten strenge erfülle. Seine Popularität gestattet ihm, Konzessionen zu machen, vor welchen jeder andere Souverän zurückgeschreckt wäre. _ i

Mehrere Mächte seßen alle Hebel zur Erlangung eines formellen Waffenstillstandes in Bewegung. Auch der öster- reichisch-ungarische Botschafter ist in dieser Nichtung ununter- brochen thätig. S

Die Schwierigkeit der gegenwärtigen Verhältnisse erlaubt es dem Grafen Zichy nicht, feiner Absicht gemäß eine Reise nach Wien anzutreten, indem die ununterbrohenen Verhand- lungen seine Gegenwart hier nothwendig erheischen.

21. September. Nah der gestrigen feierlichen Audienz, welhe Graf Zichy beim Sultan hatte, wurde er von leßterem in Privataudienz empfangen, welcher auch der Minister des Aeußern und der erste Dollmetsh der österreichish-ungarishen Botschaft, Legations-Rath Ritter von Kosjek beiwohnten. Wie die Journale versichern, betraf die Be- sprehung die Reformen, die Friedensverhandlungen und den Waffenstillstand. Der Sultan habe den Wunsch nah Beendi- gung des Krieges so wie den Willen kundgegeben, die im Hat versprochenen Reformen auszuführen. : Der heute abgehaltene Ministerrath hat wegen des Waffenstillstandes keinerlei Beschluß gefaßt; aber der aus etwa 100 Mitgliedern bestehende Große Rath wird am 23. zu- sammentreten.

(Auf indirektem Wege.) (W. T. B.) Der österreihishe Botschafter, Graf _Zichy, gab bei der heute erfolgten Ueberreihung feiner Beglaubigungsschrei-

ben zunächst- der Theilnahme Ausdruck, welche Oesterreih- Ungarn für die Türkei hege und die um so lebhafter fei, als die Türkei eben eine s{chwere Krisis zu bestehen habe; sodann sprach derselbe den Wuns des Kaisers von Oesterreich aus, daß die gewünschten Reformen zur Verbesserung des Loojes der christlihen Bevölkerung ausgeführt würden. i 923. September. (W. T. B.) Die angekündigte Sitzung des Großèn Rathes, in welcher über die Waffen- stillstandsfrage berathen werden sollte, hat nit stattgefunden, dagegen ist ein Ministerrath abgehalten worden, welcher sih mit der gedachten Frage beschäftigt haben dürfte. Morgen werden, dem Vernehmen nach, die Botschafter die Entschließungen der Mächte bezüglich des Friedens der Pforte in identisher Weise bekannt geben und dabei zugleih den Abschluß eines Waffenstillstandes verlangen. W L us 24. September. (W. T. B.) Gestern haben ih die ersten Dolmetscher der Vertreter der sechs Garantiemächte zur Pforte begeben und, wie aus. gut unterrichteter Quelle ver- latitet, auf das Nachdrüeflichste die s{leunige Gewährung eines Waffenstillstandes angerathen. Der Großvezier ist erkranft. E Wien, 29. September, (W. © B.) Die „Wiener Abendpost“ schreibt: „Von autoritativer Seite wird bestätigt, daß sämmtlihe Großmächte sich über die der Pforte vorzu- schlagenden Friedensbedingungen geeinigt haben. Die Basis der Vorschläge bildet das von dem britischen Kabinet formulirte Programm. Fn Konstantinopel werden nun un- verzüglih Schritte gethan, um die Pforte zur Annahme der Friedensbedingungen aufzufordern. Da lebtere bereits prin- zipiell ihre Bereitwilligkeit ausgesprochen hat, den Wünschen der europäischen Mächte, soweit sie nur immer mit den Fn- teressen des türkishen Reiches vereinbar sind, loyal zu ent- sprechen, fo ist an dem baldigen Zustandekommen des Fricdens shwerlih mehr zu zweifeln.“ E hs 7 : Dem Wiener „Fremdenbl.“ wird von hier (23. Sep- tember) gemeldet: Noch immer melden sih beim Seraskierat (Kriegs-Ministerium) zahlreihe Freiwillige zum Eintritte in die türkishe Armee und wurde erst gestern (Freitag) eine be- deutende Anzahl derselben aufgenommen. Dieselben werden nun eguipirt und eingeübt, um dann in das Lager Abdul Kerim Paschas abgeschickt zu werden. N Serajevo, 16. September. Aus dem Kriegs-Ministe- rium in Konstantinopel traf, der „Pol. Corr.“ zufolge, eine sehr strenge Jnstruktion an alle Militär: und Civil-Paschas hier ein, deren Wirkung mögliher Weise für die Sicherheit der Christen eine wohlthuende werden dürfte. Die Fnstruk- tion beginnt damit, daß jie alle Eigenschaften aufzählt,„ welche die Baschibozuks haben müssen. Vor Allem sollen dieselben geseß- liebende Männer sein, die als Säulen der legitimen Ordnung betrachtet werden können. Sodann haben fie si durch Nüchtern- heit, Gehorsam gegen die Vorgeseßten und reinen Lebenswandel

auszuzeichnen. Feder Baschibozukist berufen, die Feinde des Reiches zu verfolgen, wo und wann es ihm anbefohlen wird. Da- gegen macht ihm der Kriegs - Minister zur ersten Pflicht, Kranke, Weiber und Greise, selbst wenn dieselben Angehörige von Rebellen wären, zu s{honen, ja wo nöthig diejelben zu beshüßen. Kein Baschibozuk darf sich unterfangen, den christlihen Unterthanen des Sultans auch nur das Gering|te ohne Baarzahlung zu nehmen. Das Eigenthum aller Ein- wohner muß geshüßt und auf das Gewi}senhafteste respektirt werden. Wer gegen diese Vorschriften verstoßen jollte, würde den strengsten Strafen auf Grund des Kriegsrechtes verfallen. Die geringste Strafe ist dreijähriger Kerker, die höchste der Tod durch Erschießen. Eben fo streng wie die Strafen, eben so reich werden die Belohnungen ausfallen. Für guten | Lebenswandel werden verschiedene Arten von Anerkennungen

den Leuten zu Theil werden. Dies ist die Essenz der einge- | [angten Jnstruktion, für deren strikteste Durchführung alle | Kommandanten wie Civilbehörden verantwortlich gemacht wer- den. Es ist zu hoffen, daß man nunmehr, da das Amtsblatt die „Bosna“/ den Leuten die Befolgung dieser An- ordnungen noch speziell ans Herz leat, in ein Stadium der Beruhigung und größeren öffentlichen Sicherheit treten werde. Der Eindruck, welchen dieser Erlaß des Kriegs-Ministeriums auf die hiesigen Christen gemacht hat, ijt ein günstiger. Belgrad, 23. September.

Die aus Wien hierher ge- langte Kunde von der Einigung der Mächte in der Angelegen- | heit der Friedensvermittlung und den fortge}eßten Bemühungen,

die Waffenruhe in einen Waffenstillstand zu verwandeln, hat hier, wie der „Pol. Corr.“ von hier geschrieben wird, um so größere Genugthuung hervorgerufen, als man die sichere Hoff- nung heat, daß die Pforte dem geeinigten Europa bezüglich der vorzuschlagenden Friedensbedingungen keinen Widerstand entgegenseßen werde. Was die Woaffenruhe betrifft, so läuft dieselbe in den nächsten Tagen ab; doch sind hon jeßt für eine weitere Verlängerung derjelben bis zum Eintritte eines förmlichen Waffenjtillstandes von maß- geblicher Seite die nothwendigen Vorkehrungen getroffen wor- den. Es ist aber anzunehmen, daß die Pforte nunmehr auch der Vereinbarung eines Waffenstillstandes nicht länger wider- stehen werde, da ihre wesentlihste Einwendung gegen leßte- ren, wie man hier erfahren haben will, mit der 5ixirung der Friedensbedingungen Seitens der Mächte hinfällig gewor- den ist. L, :

Wie man nämli hier wissen will, soll die Pforte ihre Ab- neigung gegen den Abschluß eines Waffenstillstandes vor Verein- barung der Friedenspräliminarienim Wesentlichen damit motivirt haben, daß sie ihre große Armee während eines längeren Waffenstillstandes, welcher keine sichere Gewähr für das ZU- standekommen des Friedens böte, nit erhalten fönne. Ganz aus demselben Grunde foll die Pforte, wie man gleichfalls hier erfahren haben will, den Wunsch zu erkennen gegeben haben, daß die die Wiederherstellung des Friedens mit Ser- bien und Montenegro betreffenden Verhandlungen gesondert von den über die Verbesserung des Looses ihrer christlichen Unterthanen in Bosnien und der Herzegowina nebenher lau- fenden geführt werden mögen. S

Cettinje, 15. September. Die „Pol. Corr.“ schreibt von hier: Bekanntlich hat der Fürst von Montenegro jeiner- zeit eingewilligt, daß Fürst Milan auch für Montenegro die Mediation der Großmächte nahsuhe. Die Waffenruhe, die in Folge dessen von den großen Kabineten verlangt und von der Pforte nach längerem Widerstreben bewilligt wurde, er- streckt sich auch auf den montenegrinisch-türkishen Kriegs- ihauplaß. Troßdem ift hier - zwishen den Kommandantet beider Armeen eine eintägige Kündigungsfrist vorläufig ver- abredet worden. Fürst Nikolaus wünscht vor Allem eine Negulirung der türkijh-montenegrinischen Grenze bei Veli- und Malo-Brdo (dem sogenannten „leinen und großen Berg“) etwa in der Weise, daß die hinter diesen Bergen sich ausbrei- tende Ebene an Montenegro fallen solle. Von hier aus wurde gegenüber den Vertretern der Großmächte die absolute Noth- wendigkeit geltend gemacht, sür die Einwohner der Brdas einen Weideplaß zu erlangen, wodurch die bisherige Veran- lassung alter Zwistigkeiten zwishen der Pforte und dem Fürstenthume beseitigt würde.

Vom Kriegsschauplaß liegen heute folgende Nach- rihten vor: O

Wien, 23. September. Der „Politischen Korrespondenz“ wird aus Belgrad vom heutigen Tage gemeldet: Die fer- bishe Regierung hat die Vertreter der Großmächte gestern da- von in Kenntniß geseßt, daß die türkischen Truppen nit auf- hörten, die Waffenruhe zu verleßen; folche Fälle hätten fich namentlich am 17. d. bei Alexinay und Jankowa-Kliffura, am 19. und 21. bei Javor und an der Drina ereignet. i

Ragusa, 23. September. (W. T. B.) Nach aus dem montenegrinishen Hauptquartier hier eingelangter Meldung hat Fürst Nikita den Befehl ertheilt, daß alle Mannschaften, welche die Waffenruhe benußt hätten, um sich nach Hause zu begeben, noch in diefer Nacht zu ihren respektiven Corps zu- rückehren sollten.

Numänien. Bukarest, 23. September. (W. T. B.) Die Regierung hat einen aus Rußland kommenden Extrazug mit einem General, 40 Offizieren und 130 Unteroffizieren in Slatina anhalten, dann aber in Folge einer Reklamation des russishen Konsuls passiren lassen, nachdem den übrigen Kon- sulaten Anzeige davon gemacht worden war.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. Septem- ber. (Kronst. Westn.). Die jeßt in den griehi]chen Gewässern vereinigte Abtheilung der russishen Flotte besteht aus: der Panzersregatte „Petropawlowsk“ (mit 32 Kanonen), der Schraubenfregatte „Swjetlana“ (mit 16 Kanonen), den beiden Schraubenkorvetten „Bogatyr“ !und „Askold“ (jede mit 12 Kanonen), dem Dampfklipper „Kreuzer“ (mit 8 Kanonen), und den beiden Schrauben-Schoonern „Psesuape“ “und „Kelassura“ (jeder mit 4 Kanonen). L L

Die Grenzstreitigkeiten zwischen der Türket

und Persien wachsen, wie der „Golos“ mittheilt, mit jedem Tage. Täglich sollen blutige Zusammenstöße an den Grenz- ortschasten stattfinden, und auf beiden Seiten sind f{on C fangene gemaht und Dörfer niedergebrannt worden.

Das „Journal de St. Petersbourg nimmt da-

von Att, daß die türkishen Friedensbedingungen überall als unzulässig erahtet werden und daß fh die beru-

fensten Preßorgane in London und Berlin, in Wien, Paris und Rom fast mit gleihen Worten in diesem Sinne ausge- sprochen haben. „Ueberall fährt das genannte Blatt fort hat man ertannt, daß es niht blos den friegführende! Parteien, sondern auch den Mächten zusteht, die Bedingungen zu formuliren, unter welchen der Friede geschlo))en werden joll. Ueberall ist man auch der Ansicht, daß der Friede zwischen der Türkei und den beiden Fürstenthümern mit der Regelung der Verhältnisse in den aufständi)hen Provinzen verfnüpft fein, und daß diese von Europa im Einverständnisse mit der hohen Pforte vorgenommene Regelung unter die Garantie der Mächte gestellt werden muß, um vor den Launen und der Willkür der türkischen Behörden geschüst zu fein. Auf diejen Grundlagen werden ohne allen Zweifel gegenwärtig die Berhand- lungen zwischen den Mächten geführt und dieselben werden sicher- lih weder dur den in Konstantinopel , verlesenen Hat, noch durch den aus Alerxinaß gemeldeten Zwischenfall alterirt. Der Hat enthält eine Anzahl von Verfprechungen und erwähnt mehrere Projekte, deren Verwirklihung recht vortheilhaft sein kann. Aber die Verwirklihung der Versprehungen und Pro- jekte, die an si selbst schon sehr vag find, is even nicht ge- sicherter, als fie es unter den Sultanen Abdul Medschid, Abdul Aziz und Murad V. war. Jeder Ausdruack des Kaiserlichen Manifestes läßt eine Reihe von Auslegungen zu, und Uder- dies ist die Ausführung derselben Verwaltung anvertraut, welche, wie au der Hat bezeugt, den Maßstab für ihre Un- fähigkeit und ihren üblen Willen selbst geliefert hat. Nach den Ereignissen der leßten fünfzehn Monate vermag Europa sich nicht mehr mit ähnlichen Garantien zu begnü- gen, und wollte es das auch, so würden ihm die dabei betheiligten Bevölkerungen auf diejem Wege micht folgen, 70 daß das Pazifikationswerk s{hon beim Beginne ins Stocken gericthe. Was die oben erwähnte Kundgebung im Lager von