1876 / 241 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Oct 1876 18:00:01 GMT) scan diff

farrer Huber (Neichstagsabgeordneter) als Kandidaten für die am 17. d. M. stattfindende Abgeordnetenwahl aufgestellt.

Sachsen. Dresden, 10. Oktober. (Leipz. Ztg.) Der Nüdcktritt des Finanz-Ministers, Frhr. v. Friesen, erfolgt nunmehr bestimmt am 18. d. Mts. und wird bis zum Antxitt Feines Nachfolgers interimistish ein Ministerial-Direktor die Führung der Geschäfte übernehmen. Der Kriegs-Minister, General der Kavallerie v. Fabrice, hat bereits am Soanabend zu Ehren des scheidenden Minister-Präsidenten ein Diner ver- anstaltet.

IVürttemberg. Stuttgart, 9. Oktober. Die Sißung der Zroeiten Kammer wurde heute vom Präsidenten v. Höl- der eröffnet. Nachdem er die Mitglieder des Hauses willkom- men geheißen und einige Bemerkungen über die Vorlage des Gesebentwurfs die Verwaltun gs-Rechtspflege betreffend, gemacht hat, wird sogleih das Geseß in Berathung genommen. Die Kommission erkennt das Neformbedürfniß an und bemerkt, daß die Sraatsregiecung nicht auf eine provisorische Regelung der Oraanisationsfrage si beschränkte, sondern eine endgültige, fast aïle dabei auftretenden s{wierigen Fragen umfassende Organisation vorschlägt, die wohl wiederholter sorglicher Prü- fung und Erwägung bedurft haben mochte. Die Kommission gelangt zu dem Antrage, auf die Berathung der Vorlage ein- zugehen.

190. Oftober. Die Zweite Kammer erledigte heute Art. 2 des Gesetzes, betreffend die Verwaltungs-Rechtspflege und ging dabei nach langer Debatte mit 41 gegen 39 Stim- men über den im Entwurf ausgesprochenen Grundsaß, daß Entschädigungsklagen gegen Beamte wegen des durch pflihtwidrige Amtshandlungen gestifteten Schadens vor die bürgerlichen Gerichte gehören, zur Tagesordnung über.

Baden. Scch{loß Baden, 10. Oktober. Der7Groß- herzog und der Erbgroßherzog sind gestern nah Heidelberg gereist und haben dort von 12 bis 3 Uhr Nachmittags die landwirthschaftlihe und Fndustrie - Aus- stellung besichtigt. Am Abend kehrten Fhre Königlichen Hoheiten nah Baden zurück. Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar sind gestern früh hier zum Besuch eingetroffen und werden morgen nach Weimar zurückkehren, 9

—- A TRIS Arret Meeklenburg. Schwerin, 9. Oktober. Von den eîin- gegangenen französischen Kriegskosten-Entschädigungs- geldern wurden auf Antrag der Großherzoglichen Regierung 450,000 6 als Landesbeitrag zu deim Bau eines Museums in Shwerin von den Ständen bewilligt. Weiter wurde ein Betrag von 400,000 6, zu einem in Rosto ck zu errich- tenden Gebäude für medizinische Jnstitute ausgeseßt. Der Bau dieses leßteren hat bereits begonnen, der Museumsbau in Schwerin wird im Frühling 1877 in Angriff genommen wer- den und soll im Herbst 1881 vollendet sein. j

IWaldeck. Arolsen, 7. Oktober. Von hier wird oer „Ó. M. Z.“ das Hinscheiden des Prinzen Hermann zu Waldeck gemeldet. Prinz Hermann, geb. den 12. Oktober 1809, war der Vaters-Bruder des regierenden Fürsten Georg, vermählt mit Agnes, geb. Gräfin v. Teleki-Szek, und hinter- läßt keine Kinder. Der Verstorbene war Königlich preußischer General-Lientenant à la suite und residirte auf Schloß Landau bei Arolsen.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 7. Oftober. Eine Beilage zu Nr. 7 der „Gemeinde-Zeitung für Elsaß- Lothringen“ enthält eine Aeußerung über die Bedeutung der Anwesenheit des Kaisers in den Neichslanden, der wir Nachstehendes entnehmen :

„Zum ersten Male sah das elsässishe Volk in seiner Mitte den von der ganzen deutschen Nation, die er geeinigt und groß gemacht hat, geliebten und verehrten Herrscher. Neu und bedeutsam war der Eindruck, den die Kundgebung deutscher Treue, die in Deutschland Fürst und Volk und die Stämme unter sich verbindet, hervorgerufen hat. Wenn der Kaiser die Hoffnung ausgesprochen hat, daß „das liebe Elsaß dem deutshen Stamme hier wieder- gewonnen, unter Seiner Regierung in treuer Sorge verwaltet, mit den neuen Verhältnissen sich befreunden und bald fich glücklich fühlen werde“, wenn ferner der Kaiser in den leßten Tagen wiederholt öFentlih sih dahin geäußert hat, daß das versöhnliche humane Wirken der Landesverwaltung Seinem Sinn entsprehe und daß Er von der Fortsetzung dieses Wirkens die Wiedergewinnung des Elsaß Für Deutschland hoffe, jo hat Er damit Seinen Kaiserlihen Willen Tundgegcben und das Programm der Politik des Deutschen Reiches än Elsaß;-Lothringen ausgesprochen. Dafür, daß es das Bestreben Don Kaiser und Reich sein wird, Elsaß-Lothringen wieder zu gewinnen und glücklich zu machen, besißt nunmehr das Volk des Kaisers Wort als Pfand. Der erste Besuch des Kaisers im Elsaß if von weit- tragender geschichtlicher Bedeutung.“ i:

Gestern fand die erste Grundsteinlegung in der neuen Stadtumwallung, und zwar diejenige des Schirm- ecker Thores statt. Wie die „Straßb. Ztg.“ weiter vernimmt, Toll in diefen Tagen noch ein weiterer Grundstein in dieser Abtheilung, und zwar zu der Einlaßschleuse bei der Jll gelegt werden.

9, Oktober. (Köln. Ztg.) Die Erdarbeiten zum Bal des - dreizehnten Forts ant. obeyen Nein béim Altenheimer Hose sollen noch in diesem Jahre in Aagriff genommen werden, nachdem nunmehr auch die neu angelegte Militärstraße durh den Rheinwald zwischen Fort Werder und dem Altenheimer Hof fertiggestellt worden Ust. Die Speziclentwürfe sind vom Kriegs-Ministerium ge- nehmigt wgrden und sind die auszuführenden Arbeiten im Wege der Subniüssion an ein Konsortium vergeben worden ; €s wird Lur noch der Eingang der Bestätigung des betreffen- Den Kontraktes abgewartet, um den Bau ungesäumt zu be- ginüen. Durch die Anlage dieses Forts soll die Verbindung mit den rectsrheiniFchen Forts hergestellt werden. Lettere jollen in diesem Zahre bis auf den inneren Ausbau beendet werden.

Destert-cich-Ungarn. Wien, 10. Oftober. Der König von Griechewzland, dessen Ankunft heute oder morgen bevorsteht, wird einige Tage in Wien verweilen.

__— Aus Abgeordnetenkreifen erfährt das „Freendenblatt“, daß ciner der exsten Schritte der Verfassungspartei nach Wiederzusammentritt des Hauses darin bestehen soll, die Re- gierung über die politishe Lage und über ihre Stellung zu den Drientereignissen zu interpellire. Die FJnitiative soll von hier weilenden Mitgliedern des „Fortschritts-Klubs“ er- griffen worden sein; doch wird beabsichtigf, auch die anderen Klubs der Verfassungspartei zum Beitritte einzuladen, unt

Prag, 10. Oktober. Die Jnstallation der Frau Erzherzogin Marig Christina fand heute unter dem herkömmlichen Ceremoviel bei lebhafter Theilnahme der Be- völkerung statt. Die Installation vollzog Erzherzog Rainer unter Theilnahme des Kardinals Fürsten Schwarzenberg und der beiden Stiftskommissäre: des Statthalters Baron Weber und des Freiherrn v. Hennet. Nach Beendigung des feier- lichen Aktes fand ein Hochamt statt, wobei Kardinal Schwar- zenberg unter Assistenz des Domkapitels pontifizirte.

Olmüt, 10. Oktober. Das Stadtverordneten- Kollegium beschloß gestern, eine Petition an das Abgeord- netenhaus zu rihten, dahin gehend, dasselbe möge bei Abschluß des Ausgleihs mit Ungarn sich gegen jede Mehrbelastung der westlihen Reichshälfte aussprehen. Bei den heutigen Gemeindewahlen siegten troß der starken Agitation der Czehen und Klerikalen die Kandidaten der deutsch-libe- ralen Partei mit großer Majorität.

Pest, 10. Oktober. Wie „Pesti Naplo“ mittheilt, wurde in der gestrigen Konferenz der beiderseitigen Minister derGes eb- entwurf betreffs der Quota festgestellt. Derselbe wird den Legislativen im Januar vorgelegt werden, mit dem Antrage, daß zur Lösung dieser Frage beide Legislativen Deputationen entsenden mögen. Auch wurde ein Geseßentwurf betreffs der Steuer-RNestitution textirt, dessen Feststellung mit Nücksicht auf die fomplizirte Natur der Manipulation und Verrehnung viele Schwierigkeiten bot. Ebenso wurde ein Geseßentwurf über Spiritussteuer auf ganz neuer Basis endgültig fest- gestellt, gleihwie das einigermaßen modifizirte Zuckersteu er- geseß. Bei beiden wurde natürlich auch der Schlüssel der Restitution geändert.

Die Schlußrehnungen pro 1875 verlassen nächster Tage die Presse; das Defizit beträgt 36 Millionen.

Das ungarische Abgeordnetenhaus hat sih, wie bereits gemeldet, bis Mitte November vertagt. Die Pause soll dem Finanzausschusse Gelegenheit geben, das Budget zu prüfen und sein Referat über dasselbe zu er- statten. Dec Finanzausshuß beginnt denn auch Montag, den 17. d. M,, bereits die meritorische Verhandlung der Budgets der einzelnen Ministerien. Die Reihenfolge, in welcher die Nessortsbudgets zur Verhandlung gelangen, wurde folgender- maßen festgestellt: Das Budget des Minister-Präsidiums, der Ministerien für Kroatien und am Allerhöchsten Hoflager, des Justiz-Ministeriums, des Kultus-Ministeriums, des Handels- Ministeriums, des Ministeriums des Jnnern, des Landes- vertheidigungs-Ministeriums, des Kommunikations-Ministe- riums, des Finanz-Ministeriums. Die heutige Sißung des Finanzausschusses {loß Präsident Zsedenyi mit der an die einzelnen Referenten gerichteten Bitte, daß sich dieselben ihre Unabhängigkeit, den betreffenden Ministerien gegenüber, streng wahren mögen.

Zum Budget von 1877 bemerkt der „Hon.“: Bei den 233 Millionen sind 70 Millionen Zinsen, 88 Millionen Amortisation, 4,3 Millionen Agioverlust. Es sei dies völlig unverhältnißmäßig, aber im ungarischen Budget jeßt der Fall. Der Agioverlust is bei der Eisenbahn-Anleihe 836,686 Fl., den Gömerer Bahnen 69,161 Fl., beim 30-Millionen-Anlehen 341,811 FL[., beim 54-Millionen-Anlehen 682,254 Fl., beim 153-Millionen-Anlehen 1,652,400 Fl., beim 80-Millionen-An- lehen 576,000 Fl., bei der Ostbahn 190,000 Fl., so daß die Zinsen- und Amortisatior,slast Ungarns wegen des Agios um 5!/4 Prozent zunimmt. Wit müssen dahex zur Valutaregelung schreiten. \

Die österreihischen Minister sind mit dem heu- tigen Frühzuge nah Wien zurückgekehrt.

Ragusa, 10. Oktober. _ Der italienische Konsul Durando erhielt von seiner Regierung den Befehl, sich aber- mals nah Cettinje zu begeben, wohin er heute abge- reist ist.

Schweiz. Bern, 10. Oktober. Die Einnahmen der eidg. Zollverwaltung stellen sih für das Jahr 1876 auf 12,531,183 Fr., was gegen die Einnahmen des Jahres 1875 (12,372,151 Fr.) ein Mehr von 159,032 Fr. ergiebt. Auf eine von der Stadt Genf ausgeschriebene Konkurrenz über die Frage der „billigen Wohnungen“ sind 14 Arbeiten ONAIAAUAER, Dieselben werden nun von einer Jury geprüft werden.

Niederlande. Haag, 7. Oktober. Die neuesten Post- berihte aus den niederländish-westindischen Ko- [lonien reichen bis zum 2. September. Das niederländische Uebungsgeschwader hatte am 29. August Curaçao ver- lassen, um nun, da die vollständige Regelung der Diffe- renzen mit Venczuela gesichert ist, wieder nah den Nieder- landen zurückzukehren.

Großbritannien und Jrland. London, 10. Oktober. (A. A. C.) Der Herzog von Connaught, Prinz Arthur von Großbritannien, if in Dublin angekommen, um als Oberst das Kommando über das dort stationirte erste Bataillon der Rifle-Brigade zu übernehmen.

(E. C.) Lord Lisgar, ehemals Right Hon. Sir Fohn Young, ist im Alter von 69 Jahren gestorben. Von 1831 bis 1855 (während sieben Sessionen) vertrat er als gemäßigt Konservativer die Grafschaft Cavan im Parlamente. Unter Nobert Peel war er Sekretär des Schaßamtes, unter Lord Aberdeen Sekretär für JFrland, später Schußherr der Fonischen Jnseln, dann Gouverneur von Neu Süd-Wales und General- Gouverneur von Canada. Seit 1870 war er als Lord Lisgar zum Peer erhoben. Da er keine Kinder hinterläßt, so erlischt die Peerschast, der Baronetstitel geht auf den Neffen Mr. William Young über. Das neu gebaute Panzer\chiff „Dreadnought“ ist gestern von Pembroke nah Portsmouth gebracht worden. Die Vertheidigungswerke an der Themse und am Medway sind alle mit großen Wintervor- räthen versorgt und eine Reihe von Pläßen mit Torpedos und elektrishen Batterien ausgerüstet worden. Das lange angekündigte _PTOLCNE - WMCelna. der Arbeiter M Hyde Park hat gestern stattgefunden und folgende Resolution angenommen: „Daß nah den wiederholten Wortbrüchen der türkishen Regierung gegen ihre christlichen Unterthanen ihr keine materielle und moralische Hülfe geleistet werden und daß die britische Regierung sogleih und deutlich sih für die Unabhängigkeit Bosniens, Bulgariens und der Herzegowina erklären solle.“ Die bulgarischen Ab- gesandten, die Herren Zancof und Balabanow, wurden gestern im Westminster Palace Hotel bewirthet. Auf den Sympathieausdruck des Vorsißenden Sir John Bennet erwiderte dankend Hr. Valabanow in einer längeren“Franzö- sichen Nede. Er bestritt, daß ctne Vershwörung zur Érmor-

womöglich eine Kundgebung im großen Style zu veranlassen.

dung der Türken bestanden hätte, erklärte, daß die türkischen

Gemwaltihaten noch fortdauerten uxd behauptete, die verschie- denen christlichen Sekten des türkisgen Reiches würden, wenn befreit, hon in Eintracht leben.

Herr Gladstone schreibt unter dem 8. Oktober an den „Daily Telegraph“: „Mein Herr, ih lese in Jhrem gestrigen Leitartikel , daß „Mr. Gladitone nihts mehr mit öffentlichen Meetings über die orientalishe Frage zu thun haben will.“ Diese Behauptung muß unahtsamer Weise ge- macht sein, wenigstens bin ih mir keiner Autorität dafür bewußt. Jch habe von Anfang an den Besuch öffent- licher Meetings dbgelehnt, ausgenommen im Falle einer ört- lichen oder besonderen Verbindung mit ihnen; und ic werde einfa fortfahren zu handeln, wie ih bis dahin gehandelt habe, das heißt, ernstlich und standhaft alle Mittel, die mir zur Verfügung sind, unbedeutend wie fie au sein mögen, zu gebrauchen, um den Wunsch der Nation nach einer wirklichen Befreiung Bulgariens, Bosniens und der Herzegowina von einer grausamen und treulosen Tyrannei und den Wunsch nah gerechtem Handeln mit Serbien und Montenegro in An- ordnung der Friedensbedingungen zu befördern. Jch habe u. f. w.

W. E. Gladstone.“

Die Frage der Betheiligung Deutschlands an der für 1878 in Aussicht genommenen Pariser Weltaus- stellung wird gelegentlih des Rundschreibens des Handels- Ministers Dr. Ahenbach von dem „Standard“ besprochen. Das Blatt räth entschieden zur Beschikung der Ausstellung und schließt seine Auslassung mit folgenden Worten: „Wir wünschen, daß die Handelskammern die Angemessenheit einer Theilnahme an der Pariser Weltausstellung anerkennen werden und hoffen, daß keine Anstrengung gespart werden wird, um Deutschland seinen geeigneten Plaß bei jener Gelegenheit zu erringen. Mit Einigkeit und Entschlossenheit müßte \sich ein guter Erfolg erzielen lassen.“

Frankreich. Paris, 10. Oktober. Das „Fournal officiel“ veröffentlicht die Ernennung des Brigade-Generals Tho- massin zum Abtheilungs-Direktor im Kriegs- Ministerium an Stelle des in Ruhestand verseßten Generals Bouchemann. Der Kriegs-Minister hat in Folge des Votums der Kammer, dem zufolge der zweite Theil des Kon- tingents der Klasse von 1876 ein Jahr anstatt sechs Monate, wie es bisher der Fall gewesen, unter den Waffen erhalten werden soll, an die Ober-Kommandanten der Armee-Corps ein Circular gerichtet, worin er anordnet, auf welhe Weise dief Rekruten in die einzelnen Regimenter vertheilt werden sollen. Der Unterrihts-Minister Waddington macht behufs Jnspektion der höheren Lehranstalten cine Nundreise in Südfrankreich. Er weilt gegenwärtig in Bordeaux und wird nächstens in Toulouse E Montpellier erwartet. Wie der „Français““ meldet, befindet sih gegen- wärtig Hr. de Corcelle, Botschafter Frankreihs am Vatikan, in Paris und wird bis Ende der Woche hier verweilen.

(Köln. Ztg.) Heute Nachmittag um 2 Uhr wurde Ministerrath gehalten und zuerst die orientalische Frage, sodann über die Kontroverse wegen der bürgerlichen Be- gräbnisse in Frankreich berathen. Dem Vernehmen nah wurde in Bezug auf letztere beschlossen, daß in Zukunft die militärishen Ehren im Hause des Todten abgestattet werden sollen; die Truppen sollen fortan überhaupt nicht mehr mit zur Kirche oder zum Kirchhofe gehen. n wurde definitiv die Einberufung der Kammern auf den 30. Oktober festgeseßt. Jn der gestrigen Sißzung des engern Budgetausschusses, der mit der Neform der Steuern betraut ist, theilteGambetta seinen Bericht über diese Frage mit, Der Vortrag dauerte über zwei Stunden. Nachdem der- selbe das ganze Steuersystem beleuchtet, stellte er den Antrag, die vier direkten Steuern in eine einzige Einkommen- steuer - umzugestalten. Was die indirekten Steuern anbe- langt, so sollen dieselben im Maß der Ueberschüfse der Einnahmen verringert oder ganz unterdrücktt werden. Dieses System soll zu einer gerechteren Vertheilung der allgemei- nen Lasten, diejedem Steuerpflichtigen anheimfallen, und ebenfalls zur Herstellung des Gleichgewichts zwischen den indirekten und direkten Steuern führen. Die Einkommensteuer wird dem Bericht zufolge in fünf Kategorien zerfallen: 1) Grund- besig-Einkommen; 2) Einkommen von unbeweglihem Gut; 3) industrielle und kommerzielle Einkommen; 4) Einkommen von beweglichem Gut; 5) Perfonal- und Wohnungssteuer. Jn die fünfte Kategorie fallen alle Besoldungen, Honorare, Gehälter 2c., die über eine gewisse Ziffer hinausgehen. Ob- gleih der Bericht nur ein provisorischer ist, so verfügte der Aus\chuß doch dessen Druck und bestimmte, daß jedes Aus- schußmitglied einen Abdruck erhalte, um ihn einer genauen Prüfung unterwerfen und in der allgemeinen Sißzung vom 16. diskfutiren zu können.

Der Pariser Gemeinderath trat heute zu einer

außerordentlichen Sißung zusammen; demselben wurde das Budget der öffentlichen Unterstüßungen vorgelegt. Die jährlihen Ausgaben desselben betragen 24,973,000 Fr., die gewöhnlichen Jahreseinnahmen 14,263,000 Fr., so daß die Stadt Paris über 10 Millionen zuzuschießen hat. _ Man liest in den klerikalen Blättern: „Dem Beispiele seines Waffengefährten Grafen Mun folgend, hat auch der Rittmeister de Fraussu, um sih ganz den katholischen Gesellenvereinen widmen zu können, seinen Grad nieder- gelegt.“

11. Oktober. Der Arbeiter-Kongreß {loß seine Sizßungen in guter Ordnung; derselbe wird 1877 wieder in Lyon zusammentreten.

Italien. Nom, 10. Oktober. (Jtal. Nachr.) Die Zei- tungen melden, daß der Conseils-Präsident in Stra- della eine aus dem Senator Scoito Pintor und den Herren D'Ancona, Canini und Dell’ JFsola bestehende Kommisfion empfangen hat, welche ihm die in einem neulich in Turin ab- gehaltenen Meeting für dieSlaven gefaßten Beschlüsse überreißzte. Der Minister-Präsident antwortete, daß die Ne- gun den im leßten März abgegebenen Erklärungen treu Leibe und ihr Möglichstes thue, daß in Uebereinstimmung mit den übrigen Mächten die Lage der der Türkei unterwor- fenen Christen verbesscrt werde.

Türkei. Konstantinopel, 6. Oktober. Der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien beschäftigen sich ange- legentlihst damit, die Sehenswürdigkeiten von Konstantinopel eingehend in Augenschein zu nehmen. Mittwoch wurde der Kaiser vom Sultan empfangen, welcher einige Stunden später dem Kaiser die Gegenvisite abstattete. Der Sultan be- sucht jeden Tag cinige Moscheen und beobachtet mit der größten

Strenge alle religiösen Vorschriften während des Ramazans.

11. Oktober. (W. T. B.) Nach Meldung der kbie- sigen „Agence Havas“ sind die Bedingungen des gestern von der Pforte zugestandenen sechsmonatlichen Waffen- stillstandes den Vertretern der Mächte heute mit- getheilt worden; alle über den Jnhalt dieser Bedingungen bisher veröffentlichten Nachrihten beruhen auf reiner Komb1- nation. Zur Ausarbeitung einer Geschäftsordnung für den Senat und den Nationalrath tritt eine befondere Kommission unter dem Vorsiße Midhat Paschas zusammen. Die Her- zogin von Edinburg ist gestern auf der Reise von Livadia nah Malta hier durhpa}}irt.

Aus Konstantin opel, den 29. v. M., wird der „Times“ Dn Verhältnisse der Armenier im türkischen Reiche geschrieben :

Pa E armenische Patriarb, Msgr. Narfes, hat die An- gelegenheit der Armenier vor die Hohe Pforte und die Vertreter aller europäis{hen Mächte gebracht. Die Leiden dieses begabten, fleißigen und barmlosen Volkes sind nit weniger hart als die ihrer bosnischen und bulgarischen Mitunterthanen, aber sie find weniger bekannt, theils weil Armenien weit von den Pfaden des Reiseverkehres abliegt, theils weil die Armenier auch ihre Leiden als das Loos ihres Volkes immer \{weigend und ergeben hingenommen haben. Jett erheben sie aber auch ihre Stimme, um bei der Neugestaltung des Reiches nit über- schen zu werden. Sie bildeten eint eine Nation von act Millionen Köpfen ; jeßt sind sie nah ihren eigenen Angaben in ihrem Heimathlande Groß - Armenien um den Ararat herum noch eine Masse von 92,500,000 Köpfen; 500,000 leben in Klein-Asien und Syrien und viele Tausende auch in Konstantinopel. Ihre Klagen gehen, wie die der anderen Christen auch dahin, daß sie von dem herrschenden tür- fishen Stamme auf alle Weise unterdrückt und auszebeutet werden. Der Patriarch Narses zählt in seiner Denkschrift die Beschwerden seines Volkes ausführlih auf und sagt, zu den allen anderen christ- lichen Völkerschaften in der Türkei gemeinsamen Leiden komme in Armenien noch der Umstand, daß an dessen Grenzen Schaaren von Kurden, Turkomanen und Tfcherkessen angesiedelt worden feien, welche nun das Land mit Raub und Plünderung heimfuchen.“

Jn einem zweiten Briefe führt der Korrespondent nach armenischen Berichten mehrere Beispiele von Gréuel- und Gemwaltthaten der Kurden in Armenien an.

Wie dem Wiener „Fremdenblatt“ von hier telegraphisch mitgetheilt wird, erhielt der Patriarch der schismatischen Ar- menier, Monsignore Kupelian, von der Pforte die Zusicherung, daß sie zwar bereit sei, mit dem Heiligen Stuhle ein Ueber- einkommen wegen threr katholisch-armenischen Unterthanen zu treffen, ein Konkordat werde sie aber nie abschließen. Uebrigens werde auch diese Uebereinkunft, die nur aus einem Protokoll bestehen wird, nichts enthalten, was der schismatisch- armenischen Kirche nachtheilig sein könnte.

Rust\schuk, 5. Oktober. Jn militärischen Kreisen spricht man, wie der „Pol. Korr.“ gemeldet wird, von einem aus Konstantinopel eingelannten Befehl, längs der Donau Ufer- Batterien zu errihten. Jn den nächsten Tagen sollen diese Arbeiten in Angriff genommen werden. Da Rumänien an- dauernd Beweise seiner A Gesinnung giebt, so dürste diese Vorsichtsmaßregel schwerlich gegenüber diesem Nachbarlande getroffen werden. Hier werden vierzehn Bataillone aus Jemen erwartet. Diese Truppenmacht soll niht nah dem Kriegs- \chauplaye abgehen, sondern in den Donau-Grenzstädten unter- gebracht werden. Aus Tophané langen einige Munitions- sendungen in den Donaufestungen ein. Es sicht ganz fo aus, als bereite sich die Pforte auf einen Angriff auf Donau-Bul- garien vor. Gestern sind zwei Batterien großer Geschüße nah Widdin per Donau geschicit worden. Assim Pascha giebt sei- nen Besorgnissen über größere kriegerische Verwidelungen offen Ausdruck und deutet damit zugleih die Ursache der militäri- schen Vorkchrungen an, die in größerem Maßstabe getroffen

werden.

Belgrad, 11. Oktober. (W. T. B.) Der Regierung sind von den Vorständen einer ganzen Reihe von Bezirken Berichte zugegangen, in welchen von neuerdings vorgekomme- nen arausamen und barbarischen H andlungen der türkischen Truppen gemeldet wird; durch dieselben sollen besonders empfindlich die Bezirke Tchernareha, Oubßiße und Kruseway gelitten haben. Der am Privateigenthum durch die Verheerungen angerichtete Schaden wird auf 90 Millionen

geschätzt.

London, 11. Oktober. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Belgrad vom heutigen Tage: Der serbische Ministerrath hat beschlossen, einen regelredch- ten Waffenstillstand anzunehmen, fobald der vbezüg- lihe Antrag durch die Konsuln der Mächte an die ferbische Regierung gelangt.

Vom tür kisch-serbischen Kriegsschauplaße schreibt ein Korrespondent der „A. Allg. Z.“ über die Armee Abdul Kerim Paschas: „Das Wetter wird immer abscheulicher, heiterer Himmel und Sonnenschein fangen an die Ausnahme, trübe Luft, Regenschauer und Nordstürme den normalen Zustand zu bilden. Dieser Umstand fann der türkischen Armee, falls, wie es fast den Anschein hat, die Operationen wieder beginnen sollten, geradezu verderblich werden. Erstens ist ein großer Theil der vor Alexinaß ver- fammelten Truppen an ein ganz anderes Klima gewöhnt als das, welches der serbische Winter mit sih bringt (es sind nämlich Asiaten); zweitens is die Bodenbeschaffenheit der von den Türken beseßten Höhenzüge eine derartige, daß wenige Stunden anhaltenden Regens genügen, jeden Ver- kehr auf den improvisirten Kolonnenwegen fajt zur Unmög- lihkeit zu machen. Die steinigen Felsschichten der weiter rüd- wärts gelegenen Gebirgszüge treten an den Abhängen des Morawa- Thales nirgends zu Tage. Sie sind hier mit einer tiefen Schicht fetten Lehmes bedect, der zäh und undurchlässig ist und dafür an seiner Oberfläche zu einer auf hartem Unter- grund liegenden spiegelglatten Masse wird, auf welcher selbst die ohsenbespannten Karren nur unglaublih langsam und mit stets erneuter Vorspann vorwärts kommen. Die Pferde aber, die in der türkishen Armee durhgéhends nah arabischer Sitte mit runden Tellereisen beschlagen sind, kommen in den Vergen aus dem Rutschen und Fallen niht heraus. Sollte, wie es nicht ausbleiben kann, später wochenlang andauerndes Regenwetter eintreten, so würde sih zwar die Glätte verlieren, dafür aber ber ganze Boden mit fußtiefem Schlamm über- zogen werden, der, durch Wagen und Reiter aufgewühlt, erst recht jede Kommunikation verhindern muß. Zunächst ist es nur díe türkische Armee, die unter diefen Terrainschwierig- keiten zu leiden hat; die Serben sind Herren der innerhalb ihrer Stellungen vorhandenen großen Chausseen, während sie

die einzize auf der türkischen Morawaseite im Thal entlang führende Strafe unter dem Feuer ihrer Batterien halten.

Belgrad, 8. Oktober. Aller Wahrscheinlichkeit nah, wird der „Pol. Corr.“ von hier geschrieben, dürfte Leschjanin die Offensive gegen Osman Pascha ergreifen. Nach sicheren Nachrichten ist die Stadt Saitshar kaum von 8 Bataillonen Nizams besetzt. Die Hauptmachtist muthmaßlich über Knjazewab nah dem Morawa-Thale abgerückt. Die serbishe Avantgarde, aus der Branitschewer Brigade zweiter Klasse und dem dritten Belgrader Bataillon sammt einer leichten Batterie bestehend, soll heute ihren Vormarsch auf Saitschar antreten. Tschernajeff verlangt Verstärkungen in größeren Dimensionen. Der Kriegs- minister dürfte die lezten wasfenfähigen Männer, vom 42. bis zum 52. Lebensjahre, zu den Fahnen einberufen. Diese Altersklaïe würde ein Kontingent von über 30,000 Mann er- geben. Mit dieser Verstärkung foll die Morawa-Armee auf 140,000 Mann gebracht werden.

Vom türkisch-montenegrinischen Kriegsschau- plaße liegen heute folgende Depeschen vor:

Ragusa, 11. Oktober. (W. T. B.) Wie von türkischer Seite hierher gemeldet wird, ist Derwish Pascha in den Distrikt Bielopawlitji eingedrungen, bis Martinitj vorgerückt und hat daselbst alle wihtigen Positionen beseßt. Der Wojwode Dafovi ist zu den unter Vukotic stehenden Truppen zurücfkgekehrt.

Cettinje, 11. Oktober. (W. T. B.) Gestern sind aus Grahovo 15 türkishe Gefangene hierher gebracht worden. Von den Truppen Dakovics ist niht nur, wie bereits ge- meldet, Liubinje in Asche gelegt worden, sondern sämmtliche türkishe Dörfer des Bezirks von Liubinje sind niedergebrannt worden. Dabei kamen gegen 1500 Türken um, die theils während des Kampfes fielen, theils in ihren Häusern ver- brannten. Der Verlust der Montenegriner wird auf 130 Todte und Verwundete angegeben.

St. Petersburg, 115 Vltober. (W. T. B,) Nach einer Meldung der „Jnternationalen Telegraphen-Agentur“ aus Ragusa vom heutigen Tage hat ein Jnsurgenten-Detache- ment der Truppen Despotovics am 8. d. die türkischen Ortschaften Liskne und Buskobrato, südlih von Livno, ein- genommen.

D Numänien. Bukarest, 10. Oktober. Bei sechs Se- natswahlen sind der Regierungspartei fünf Mandate zu- gefallen.

Nus§land und Polen. St. Petersburg, 10, Oftober. (St. Pet. Herold.) Der Großfürst Nikolai Nikolaje- wit \ch der Aeltere ist am 4. Oktober, Abends, aus Skerne- wice in Warschau eingetroffen und bald darauf nah St. Petersburg abgereist. Der Finanz-Minister, Staats- Sekretär von Reutern, ist heute nah Livadia abgereist. Der Kommandirende der Flotte des Schwarzen Meeres ist nach der „Ag. gén. russe“ am 7. d. M. in Livadia eingetroffen. Der General-Adjutant Pota po w befin- det sih seit dem 1. Oktober in Wien, unter Behandlung des be- fannten Professors M. Leidersdorf.

Ein im „Regierungs-Anzeiger“ publizirter Erlaß des Ministers des Fnunexn ordnet unter Hinweis auf einen Kaiserlichen Ukas vom 25. August d. J. die Aufzeich- nung der zum Militärdienst tauglihen Pferde in 33 Gou- vernements für den Fall der Mobilisirung der Armee an. Unter diesen Gouvernements befinden sich auch die litthauischen, südwestrussishen und polnischen.

Die „St. Pet. Wed.“ bringt folgende Mittheilungen : „Einige Offiziere der Kronstädter Festungs-Artil- lerie, welche mit Errihtung von Küsten-Batterien für Ge)chüße großen Kalibers ganz besonders vertraut sind, jollen in den Süden abkommandirt worden sein, um daselbst an einigen wichtigen Punkten ihre speziellen Kenntnisse praktisch zu ver- werthen. Ein Freiwilligen-Corps von 30 Mann ist wiederum von hier auf den Kriegsschauplaß adgegangen. An der Spiße des Corps steht der verabschiedete Lieutenant Nikolai Obodowskij. Mit Ausnahme noch eines Offiziers treten die anderen 28 als Gemeine in die Reihen der serbischen Armee.“

Schweden und Norwegen. Stockholm, 8. Oktober. (H. N.) Die Staatsrevisoren haben in diesen Tagen ihre Arbeit vollendet und soll unter Anderem das Verhältniß, in welchem die Gefle-Dala-Bahn zur schwedischen Regierung steht, Veranlassung zu Anmerkungen gegeben haben. Be- kanntlich hat diese Bahn vom Staat f. Z. ein Darlehen unter äußerst günstigen Bedingungen erhalten und dringt der Reichs- tag, nachdem alljährlih hohe Dividenden zur Austheilung ge- fommen, auf Abtragung desselben. Wie verlautet , schlagen die Neviforen vor, daß der Zinsfuß von 2 auf 4 pCt. erhöht werde. Die Offiziere der Dragoner-, Husaren- und Grenadier- Corps des Königlichen Leibregiments, aus welchen Corps das frühere Leibregiment bestand, haben beschlossen, den 200. Jahrestag der Schlacht bei Lund am 4. zember 1676, in welcher das Leibregiment sich besonders her- vorthat, zu feiern.

Dänemark. Kopenhagen, 9. Oktober. (H. N.) Gestern Morgen 8 Uhr erfolgte die glücklihe Entbindung der Kron- prinzessin von einem Prinzen.

10. Oktober. (H. N.) Jn der heutigen Folket hings- Sitzung griff anläßlich der B udgetverhandlungen Berg das Ministerium hestig an, und forderte dasselbe auf, ab- zutreten, aus Nücksichten auf die innere und äußere Politik, fowie auf die Dynastie, da kein anderer Ausweg aus der vor: handenen Krise möglich sei. Estrup antwortete, das Ministe- rium wolle gern abtreten, aber niht vor Männern weichen, die einen Befestigungsplan aufgestellt, dem sie selbst kei- nen Werth beilegen könnten. Das Folkething repräjentire nur einen Theil des Volks; die Dynastie sei zu erhaben, um als Gegenstand der Erörterung zu dienen.

Amerika. (A. A. C.) Aus New-York wird unterm 9. d. per Kabel gemeldet: Das gelbe Fieber in Savan- nah ist im Abnehmen begriffen.

New-York, 11. Oktober. (W. T. B.) Das Re- sultat der Wahlen in Ohio und Fndiana ist nod immer nicht vollständig bekannt, doch wird angenommen, daß in Ohio die Republikaner gesiegt haben. Betreffs der Wahlen in Indiana schreiben beide Parteien si den Sieg zu, indeß bleibt es wahrscheinlih, daß die Demokraten die Majorität erzielt haben. Unzweifelhaft ist, daß die demokratische Partei

C UVC-

12. Oktober. (W. T. B.) Den neuesten Berichten zufolge beträgt die Stimmenmehrheit, welche die demo- fratishe Partei in Jndiana erzielt hat, etwa 2000, die Stimmenmehrheit, welche für die Republikaner in Ohio re- sultirte, ungefähr 8000 Stimmen. Jn beiden Staaten zu- sammen haben die Republikaner mindestens aht Kongreßs1ße gewonnen. Die in Jndiana für den Kongreß ausgettellten

Kandidaten der Greenbakpartei sind unterlegen.

Philadelphia, 9. Oktober. Der Gouverneur Cham- berlain von Südcarolina hat einen Aufruf erlassen, daß es unmöglich sei, die Ordnung in gewissen Grafschaften auf- recht zu erhalten wegen der ungesebßlihen Organi- sationen, „Rifle Clubs“ genannt, und befiehlt diesen Clubs, sich innerhalb 3 Tagen aufzulösen, anderenfalls werde er dies mit Gewalt bewerkstelligen. Außerdem appellirt er an den Präsidenten wegen militärischer Hülfe. Das demokratische Staatscomité hat eine Adresse erlassen, in der es jenen Auf- ruf für ungeseßlih und thatsächlich unverechtigt erklärt.

Afrika. Aus der Capstadt find Mittheilungen vom 9. September in Amsterdam eingetroffen. Aus Trans- vaalien hatte man günstigere Nachrichten. Es waren mehrere in der Richtung nah dem Gebiete Secocuni's hin ge- legene wichtige Punkte befestigt und mit ansehulihen Be- saßungsmann/schasten versehen worden; es waren diese Vor- kehrungen so getroffen, daß sie mcht nur eine Angriffsbewe- gung Secocuni's hemmen, sondern diesen felbst bedrohen. Die Gerüchte, daß überlegene Schaaren feindlicher Kaffern gegen Lydenburg vordrängen, stellten sich als Erdichtung heraus. Es waren indeß von dem Präsid Burgers kräftige Maßregeln zur Vertheidigung dieses Distriktes in Vollzug ge- bracht worden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Auf Einladung der Professoren Michaelis und Hoppe hatte sich am Mittwoch Abend eine ansehnliche Zahl meist dem Lehrerstande angehörender Herren im Saale der Schultheißschen Brauerei einge- funden, um in Berathung darüber zu treten, nah welchen Grund- säten eine Besserung der deutshen Rechtshreibung anzu- streben sei. Professor Michaelis, der die Versammlung eröffnete, erklärte \ich weniger für eine sofortige durchgreifende Reform, als vielmehr für ein \chrittweises Vorgehen. Die Versammlung theilte diese Ansicht in vollem Maße, konnte sich jedoch zunächst niht über die Fassung der Resolution einigen, in der sie ihre Ansicht in allgemeinen Zügen niederzulegen gedahte, Die ŒFinen wollten den Ausdruck Einigunx, die Andern Verbesserung, die Dritten endlich. Vereinfachung in der zu fassenden Resolution be- sonders hervorgehoben haben, noch Andere plädirten für mehrere dieser Ausdrücke zu gleicher Zeit. Man einigte sich endlich dahin, daß man es für nothwendig erklärte, „eine einheitliche und verbesserte deutsche Rerbtschreibung“ anzustreben. NVerwirkflichung dieses Strebens beschloß man, einen Verein für deutsche

Dip I R Gt

ULeMT- \chreibung zu stiften, dessen

1 konstituirende Versammlung am näßsten Mittwoch im Schultheißschen Saale stattfinden wird. 7 L

Am 25. d. M. wird die Eröffnung des neuen Univer- sitätsgebäudes zu Kiel stattfinden.

Ihorn, 10: Oktober. (Thorn. Did. Z)- In der gestern ah gehaltenen Sitzung des Kopernikus-Vereins wurde auf Antrag des Hrn. Gymnagßiallehrers Dr. Curtze beschlossen, innerhalb des Vereins eîne Bibliothek zu gründen, welche die auf Kopernikus bezüglichen Werke enthalten foll. Zunächst follen in der Bibliothek, für welche alljährlich vom Verein eine bestimmte Summe ausgeseßt werden soll, diejenigen Werke aufgenommen werden, welche in den hiesigen öffentlichen Bibliotheken nicht vorhanden sind. In der wissenschaftlichen Sitzung hielt Hr. Gymnasiallehrer Dr. Curße einen Vortrag über das Kapitel aus dem neuesten Werke von Carl Ma- logola, in welchem derselbe den Aufenthalt des Kopernikus in Bo- logna behandelt. Der Vortrag wird später in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht werden.

London, 9. Oktober. (E. C.) Der Herzog von Devonshire hat den provisorischen Verwaltern des Fonds zum Ankauf der wissenshaftlihen Apparate, die jeßt in South Kensing- ton ausgestellt sind, seine Bereitwilligkeit ausgedrückt, 5000 L zu uuterzeihnen unter der Bedingung, daß vier andere Personen dasselbe thnn werden. Schon sind fünf Zusicherungen von 1000 £, viele von 500, 250, 200, 100 £ u. a. da.

=— 10 Ollober. (A A. C) Von dem mit Genebmigung der Königin von Hrn. Theodore Martin herausgegebenen Werke : Pho Life of the late Prince Consort“ (Lebensbeschreti- bung des verewigten Prinzen Gemahls) ist soeben der zweite Band erschienen. Derselbe behandelt die ereignißvolle Periode von 1848 bis eins{licß;lich 1854, also die Revolutionszeit, die große Londoner Ausstellung, den Pariser Staatéstreih und den Anfang des Krimkriceges.

E C) Il November wird m Museum die allgemeine Bewerbung um den Preis für das Byron-Denkmal stattfinden. Täglih kommen aus allen Theilen Guropas Modelle an. Mehr als hundert Bildhauer wollen ich zur Bewerbung melden. Am 3. November beginnt die Ausstellung. Nach dem 31. Oktober wird kein Modeil mehr angenommen.

South Kensington

Die circa 15,500 Einwohner zählende Stadt Corleone in der Provinz Palermo auf Sicilien wird noch immer von häufigen Erdbeben heimgesucht. Der „N. fr. Pr.“ liegt aus Corleone vom 97, September der folgende Bericht des Professors Gazzoni vor: Seit mehreren Tagen kann man von dem Erdbeben von Corleone sagen, daß es si in Permanenz befindet. Nach den vielen seit dem April vorgekommenen Erdstößen, nach den vielen unter der gewohnten Begleitung vons Vlißen und Donnern gefallenen Regen und nach der Verminderun( der sommerlichen Hitze hoffte man bei uns, daß dieser ungelegene und geheimnißvolle Gast verschwinden werde; aber unglüctseligerweise haben wir uns getäuscht. Thatsächlih folgen seit dem Abende des 22. die unterirdischen Getöse und sismischen Vibrationen in den kürzesten Iwischenräumen auf cinander. Zu dem materiellen Schaden, welcher an dem größeren Theile der Gebäude angerichtet wurde, geselit 1h der noch ernstere Fall von drei Individuen, die irrsinnig geworden sind; frühzeitige Geburten sind an der Tagesordnung. Die außer- ordentliche Dauer dieses sonderbaren Phänomens, mehr als die o18- ber von demselben entwicktelte Kraft, hält die hiefigen Einwohner in beständiger Aufregung, und der grösite Theil derselben zicht es aus Furt vor größeren Gefahren vor, sih des Nachts, ftatt in den eigenen Wohnungen und Häusern, unter freicm Himmel auf dem

bloßen Straßenpflasier oder den zunächst liegenden Feldern zu lagern.

Verkehrs: Anstalten. Q 4 Q) Vie graphengecsellsccha ft in London bescloß in einer am 2. Versammlung, ein neues submarines Kabel von London nach Marseille und von da nah Algier und Aegvpten zu legen. Dic Kosten des Kabels werten auf 100,000 Pfd. Sterl.

Oriental - Tele [} ch( d. M. abgehaltenen Spezial=-

bei den Wahlen in Ostvirginien den Sieg davon getragen hat.

veranschlagt.