1922 / 149 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Jun 1922 18:00:01 GMT) scan diff

»ziale Kampfes rnbfes stellen. (Abg. abre. Zentr. : Sie halten Ihre Bahirede!) Aber die Arbeiter werden Sieger sein. (Beitall links.) __ Reichsarbeitsminister Dr. Braun 3 : Nah meiner Auffassun geht die Kritik des Abg. ailer Wie zu weit. Jn den Paci ie für die Ausshußbeschlüsse gestimmt haben, gibt es doch auch och Arbeiter. kann nicht anerkennen, daß die Regierung, tuen M die Annahme der Ausshußbeshlüsse plädiert, sich da- Die A

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iderspruch stellt zu ihrer sonstigen politischen Haltung. des Geseßzes hat mit politisher Reaktion nihts zu tun (Lachen links). Weil dem Vorredner die Vorlage nicht gefällt, hat er ein Shreckgespenst an die Wand gemalt. _ Abg. Riefeberg (D. Nat.): Den Bürgerlichen kann man nicht den Vorwurf der Sabotierung dieses Geseßes machen. Wären wir nicht der Linken entgegengekommen, wären wir heute noh niht mit dem Gesey fertig. Wir wollten es verabschieden troß der shweren Bedenken meiner Freunde. Ausgerechnet den deutsch- nationalen Handlungsgehilfen, die sich hier nicht verteidigen können, werden. Vorwürfe gemacht, weil man ihnen eben nit beikommen kann. Dabei ist das ideale Bestreben dieser Vereini- gung über allen Zweifel ‘erhaben. Oer eeu links.) Ueber die Kosten der Arbeitsnahweise ging der Abg. Aufhäuser leicht hinweg. Jn Quedlinburg betrugen die Kosten 1920 über 200 000 Mark und für 1922 betragt der Voranschlag über 600 000 Mark. Soll das die Bürgerschaft allein aufbringen? Die Kommunen sind aber an der Grenze der Leistungsfähigkeit angekommen.“ Auf den Kopf der Bevölkerung entfallen 24 Mark Kosten für den öffent- lichen Nachweis. Auch der Städtetag hat seine Bedenken gegen die durch die öffentlihen Nachweise entstehenden hohen: Kosten geltend gemacht. Große Befürhtungen haben wir, daß durch dieses Geseh wieder ein neuer großer Beamtenapparat geschaffen wird; für eine beruhigende deutliche Erklärung des Ministers wären wir dankbar. Wir wenden uns auch dagegen, daß au den öffentlihen Arbeit3- nachweisen die Lehrstellenvermittlung und die Berufsberatung überwiesen werden kann. Diese Tätigkeit ui nah wie vor den Jnunnungen und Handwerkskammern überlassen bleiben. Oder aber es sollte eine- bestimmte unzweideutige Regelung etwa durch Aenderung der Gewerbeordnung erfolgen. Der Redner befür- wortet mehrere Abänderungsanträge seiner Partei, die u. a. die Ermächtigung an die öffentlihen ÄArbeitsnachweise, ihre Tätigkeit auch auf die Lehrstellenvermittlung und Berufsberatung aus- udehnen, und die Möglichkeit, den öffentlichen Nachweisen weitere Aufgaben, so die Mitarbeit auf dem Gebiet der Arbeitsbeschaffung, der Erwerbsbeschränkten- und Wandererfürsorge, zuzuweisen, durch Streichung der betr. Bestimmungen beseitigt wissen wollen. Ein anderer Antrag fordert, daß dem Reichsamt für Arbeitsvermitt- lung nur die Ueberwachung, nicht aber auch die Regelung der An- werbung, Vermittlung und Beschäftigung ausländischer Arbeit- nehmer übertragen werden soll.

Abg. M o st (D. Vp.): Meine Freunde sind der Meinung, daß der öffentlihe Arbeitsnahweis der Gemeinden eine gute, Leziale Einrichtung ist, weil er sich aus freier Junitiative der Selbst- verwaltung entwickelt hat. Gewiß spielten im Ausshuß auhch politishe Momente mit, aber wir alle ließen uns von sachlihen Erwägungen leiten. Es is ein starkes Stück Verantwortungs- losigkeit, zu sagen, daß es sih hier um ein Geseß gegen die Arbeiter handelt. (Sehr wahr!) - Wie kann man ohne weiteres die link3 gerichteten Arbeiter mit den Arbeitern überhaupt identifizieren? Auch wir von der Deutschen Volkspartei haben vom ersten Augen- blick uns auf den Standpunkt gestellt, daß wir in einem guten offentlichen Arbeitsnahweis ein Fnstrument. der Verständigung erblickden. Wir sind für eine einheitlihe Praxis der Arbeitsnach- weise und wollen thre finanzielle Sicherstellung. Wenig geshmack- voll war die Anrempelung des deutshnationalen Handlungs3- gehilfenverbandes. Verwundert hat mich die Behauptung, daß wir niht geneigt gewesen wären, der Linken entgegenzukömmen. Meine Freunde stechen auch diesem Entwurf niht ohne Bedenken gegenüber, namentlih wegen der- Bestimmung über die schon bestehenden nicht gewerblichen Arbeitsnahweise. Wir werden aber, . wenn der Entwurf keine Vershlechtecung - erfährt, dafür stimmen. Es fommt nicht auf den Wortlaut, sondern den Geist an, Hoffentlich wirkt der Minister auf cine Zusammenlegung der Arbeitsnahweise hin. Die Richtlinien für - Berufsberatung und Lehrstellenvermittelung müssen so gestaltet werden, daß individuell ._ gehandelt werden kann. Bei ruhiger Betrahtung wird man erkennen, daß dieses Geseß einen Fortschritt bedeutet, und ih hoffe, daß auch die Arbeiterschaft das einsicht. Wir haben auf Anträge, mit Ausnahme eines redaktionellen, verzihtet. Den Antrag der Sozialdemokraten, betreffend ein Monopol des öffentlichen Arbeitsnachweises, lehnen wir ab. Wir werden für das Gesetz stimmen. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. Dr. F ick (Dem.): Wir haben einen verhältnismäßig günstigen Arbeitsmarkt, aber das Gespenst der Arbeitslosigkeit, die bisher in anderen Ländern viel größer gewesen ist, kann auh bei uns plößlih auftauchen, denn die Arbeitslosigkeit hängt mit dem Dollaxrkurs zusammen. Das Steigen des Dollarkurses bringt uns vermehrte Arbettsgelegenheit, ein niedriger Markkurs bedeutet ein Aufkaufen Deutschlands; sein Steigen aber bringt unerhörte Arbeitslosigkeit. Deshalb freuen wir uns, daß durch dieses Geseß ein leistungsfähiger Arbeitsnahweis geschaffen wird. Nach unserer Ansicht darf dieser Arbeitsnachweis aber unter keinen Umständen einen monopolartigen Charakter haben. Es wäre sehr zu bedauern, wenn den vortréfflihen Einrihtungen der Städte, wie z. B. Bres- lau und Würzburg, durch eine monopolartige Ausgestaltung des Arbeitsnahweises der Lebensfaden abgeschnitten werden sollte. Unsere Bedenken gegen die Einbeziehung der Angestellten in dieses Geseh haben wir in dem Augenblick zurückgestellt, wo der monopol- artige Charakter beseitigt wurde. Die Demokratische Partei ist von jeher eine Freundin der Selbstverwaltung gewesen, und wir hätten es liebér gesehen, wenn diese große Organisation völlig auf dem Boden der Selbstverwaltung der Arbeitgeber und Arbeit- nehmer gestellt worden wäre; wir möchten nicht den Ver- mittelungsstellen der | Arbeitgeberverbände oder Arbeitnehmer- verbände, die sich organisch aus sih herqus entwidelt haben, das Leben verkümmern. Wir hätten gern adler. wenn diese Stellen der großen Organisation, wie im ersten Entwurf vorgesehen war, organisch eingegliedert worden wärem Es is aber einiger- maßen gelungen, diese freiwilligen Arbeitsnahweise der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrehtzuerhalten und sogar die Möglichkeit zu geben, daß neue private Arbeit3nahweise ent- stehen. Natürlich müssen auch diese privaten Stellen fih gewissen Normen fügen, aber maßgebend muß immer das Bedürfnis und die Leistungsfähigkeit sein. Jn diesem Sinne kann ih mi mit den Ausführungen des Ministers über einen lückenlosen Ausbau des Arbeitsnachiveiswesens nah Schema F nicht befreunden. Die beruflihe Gliederung entspriht unseren Ansichten, aber dieses Prinzip ist im Geseß niht so durchgeführt, wie wir es wünschen, denn es tritt hinter dem Territorialprinzip des Aufbaues zurü. Vir wünschen, daß ganz Deutschland einheitlih behandelt" wird. Hier haben wix aber den typischen pyramidalen Aufbau. Die Ländesämter sind vor allen Dingen Aufsicht3- und Beschwerde ämter. - Es scheint eben nihts wichtiger zu sein, als daß der Deutsche einen groen Jnstanzenzug vor si sicht; sonst ist er nit zufrieden. Er will möglich\st viele Beshwerdeinstanzen haben. Deshalb ist uns der Antrag Aufhäuser sympathisch, der dies ändern will. Die freigewachsenen Arbeitsna-hweise, wie z. B. der des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes, kommen auch mit einer Zentralstelle und Unterstellen aus. Wir begrüßen es jeden- falls, der Selbstverwaltungsgrundsaß energisch betont ist, und daß gegenüber der Autokratie des Vorsizenden in allen 2 a

die Zuständigkeit des Vertoaltungsrats vorgesehen ist. Bei den

Bestimmungen über die Ne handelt es sich um einen

Triumph des N Tisches. An Stelle eines Gartens mit selb\t-

ewachsenen Bäumen soll ein Garten treten, der die französische

Hede schere bearbeitet hat. (Lebhafte Zustimmung.) Den Be-

i mona, haben wir Demokraten von ang an abgelehnt v De: Ÿ

wenn das Reich ein

höchstens für siatisshe Zwecke in Frage kommen. - Die niht- oewerbsmäßigen Nachweije müssen bleiben... Daß Herr Aufhäuser die gewerblichen Arbeitsnahweise geradezu als verabsheuungs- ivertes, unehrlihes Gewerbe bezeihnet, dagegen möhte ih. Vex- wahrung einlegen. Es zeigt sih doch, daß sie sehr oft in An- spruch genommen werden. Also ms doch wohl ein Bedürfnis dafür vorliegen. (Unruhe links.) ir sind für die Auss{huß- beschlüsse. Eine wahre Verfolgungswut herrscht gegen diése ge- werblihen Jnstitute auf der Linken. Selbst z. B. die Fenjster- reinigungsinstitute sollen aufhören. Solche Unbilligkeiten müssen vermteden werden. Auch Stellungsgesuche iu Zeitungen sind etne Notwendigkeit. (Sehr wahr!) Zur Kostenfrage möchte ih darauf

keit des Stellenwechjels zu erheben. Die Stellungnahme der Herren von der Linken war doch wohl übertrieben. Der Entwurf bringt den Arbeitern so viel Vorteile, daß Sie (nah links) sich der Mitarbeit bei der Ausführung nicht werden entziehen können. Jh hoffe, daß dieses Geseß sih doch als sehr wirkungsvoll in E es Arbeitslosigkeit erweisen wird. (Beifall bei den Demo- raten. : Abg. Schirmer - Franken (Bayer. Vp.): Es muß vor allem Schematisierung und Bürokratisierung vermieden und die Freiheit der Person gewahrt werden. Früher sind Sie (nah links) immer für den Schuß der Minderheit cingetreten, heute, wo Sie die Macht zu haben glauben, ist das vergessen. Schön ist das ja nicht. Wenn die Kollegen von der Linken von der Arbeiterschaft sprechen, tellen’ sie sh immer allein als Vertreter der Arbeiterschaft ‘hin. So liegen die Dinge niht. Wir werden für die Vorlage stimmen. (Beifall.) Abg. Malzahn (Komm.): Dieses Gesetz ist ein Geseß gegen die Arbeiter. Die gewerbsmäßigen Stellenvermittler werden sogar eschont, die die Aermsten der Armèn ausplündern. Der öffent- iche Arbeitsnahweis muß monopolisiert werden, das ist auch die Vorausseßung für Berufsberatung. - Meldepflicht- der Unternehmzr und Benußzungszwang halten wir für selbstverständlih. Die Arbeiter eht werden die Dinge sehr aufmerksam verfolgen. Tragen Sie (zur Rechten) den Forderungen der neuen Zeit Rèch- nung, sonst werden die Arbeiterbataillone Sie dazu zwingen! Wir verlangen, daß die Arbeiter allein die öffentlichen. Arbeitsna:hwzeise und auch das Reichsamt für Arbeitsvermittlung verwalten. Den Unternehmern können wir. die Parität bei der Beseßung dieser Behörden nicht zugestehen. Die Kosten für die öffentliten Nach- weise muß das Reh tragen, das sie von den Unternehmern sich erstatten lassen soll. Die Zusammenseßung der Landesämtez, des Reichsamts sowie des Verwaltungsausshusses sihert den freien Gewerkschaften mit deren 9 Millionen Mitgliedern keinen nennens- werten Einfluß zu; Reaktion und Bürokratie haben die Oborhand. Wir verlangen in unseren Anträgen eine den Interessen der Arbeiter entsprechende Zusammenseßung und insbesondere, daß die sechs Beisißer im Verwaltungsauss{chuß ausschließlih der Arbeiterschaft entnommen werden. Die Auss{hußbestimmungen über die weitere O der gewerbsmäßigen und sonstigen privaten Arbeitsnahweise lehnen wir ab. Die Regierung und die Koalitionsparteien werden bei der sozialen Geseßgebung, der Zwangsanleihe und Getreideumlage zu zeigen haben, ob sie- die Konsequenzen aus den Regierungserklärungen der leßten Tage ziehen wollen oder nicht.

Nach einer persönlichen Bémerkung des Abg. Giebel (Soz.) wird die Weiterberatung auf Freitag, 1 Uhr (außerdem - Getreideumlage und Rapallo-Vertrag sotoie - kleinere Vor- lagen) vertagt.

Schluß gegen 8 Uhr.

Prenßisher Landtag. 157. Sigung vom 28. Juni 1922, Vormittags :11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Prôsident Leinert eröffnet die Sißkung um 11,25 Uhr. Der Geseßentwurf über eine Erhöhung der Beamtenbez Uge, welher den Ausgleih3zuschlag auf 105 vH erhöht, wird nah kurzer Debatte in allen drei Lesungen angenommen.

__ Der Geseventwurf über die Errichtung eines Provinzialsynodalverbandes Grenz- mark Posen—Westpreußen wird dem Hauptausschusse Ubertoiesen. ;

Der auf Beschluß des Staatsrats - vorgelegte Geseß - entwurf, betreffend die Außerkraftseyung des Gesetzes über die Etnführung einer Altersgrenze vom 15. Dezenrbe r 1920, steht hierauf zur Beratung.

Abg. Neumann us (Soz.) wünscht, daß die Vor- lage abgelehnt wird. Die inführung etner Altersgrenze sei eine Staatsnotwendigkeit gewesen. Gewiß litten unter dem Geseh manche Beamten. Auf die große Sen der Beamten aus den abgetretenen Gebieten müsse jedoch Rücksicht genommen werden. Ou BIMae E sollen für den Staat nußbar gemacht werden. Der republikanische Beamte bedürfe noch mehr gEjeblider Schußmittel. Dos alte Gese müsse in der jeßigen Lage aufrechterhalten werden. Eine Aus\{hußberatung sei nicht nötig. (Beifall.)

_ Abg. Del ze (D. Nat.) betont das Gefühl der Rechtsunsicher- heit, das in den Beamtenkreisen durh das Geseß über die Alters- grenze hercht. Die Urteile des Reich3gerichts über Streitver- fahren im Anschluß an das Gesetz seien außerordentlih bedenklich, mindestens müsse eine gleichmäßige O des Gesetzes im Reich und in Preußen stattfinden. Die Wirkung des Gesetzes auf die Universitäten sei unerfreulich gewesen. Eine De Anzahk von I EC Gen Dozenten habe einen Ruf nah Berlin ab- gelehnt. Redner stimmt der Vorlage zu und wünscht, daß die Be- denken im Ausschuß gründlich beraten werden und das Geseß noch vor der Sommerpause zux Verabschiedung gelangen möge.

Abg. Lichtenstein (U. Soz.) lehnt die Vorlage ab. Die deutschnationalen Herren wollen in der Verwaltung, besonders in der Just ij unter sih bleiben. Diesem entgegenzuwirken, sei das Geseß über die Altersgrenze ein kleines Mittel. Ein Amts- gerihtsrat habe Ermittlungen über die Mörder Räthenaus ver- hindert. So sähen. die preußishen Richter aus!

Abg. Meyer - Herford (D. Vp.) weist auf die wohlerwor- benen Rechte der Beamten hin. Die Mitarbeit der alten Beamten sei für das Staatswohl notwendig. Grundsäßlih seien seine Freunde gegen das Altersgrènzengeseß gewesen. Eine Aufhebung des E, würde manche Stoiarigtéiten nah sich ziehen. Da aber ein cageles mit dem gleichen JFnhalt in Vorbereitung sei, würde es nicht as ‘mäßig sein, hier das Geseß aufzuheben. Redner beantragt, die Vorlage dem Beamtenaus\huß zu überweisen.

_ Abg. Bartel d- Hannover (Dem.) lehnt die Vorlage namens seiner Freunde ab. nn * das Altersgrenzengesez wieder auf- ehoben würde, dann würden die auf Grund des Geseßes in den Nane edin Salbieen Pi Le, wieder eingestellt zu erden. ein im Schuldienst seien in Preußen 15 300 onen nicht beschäftigt. Y ta

Abg. Scchülin g (Zentr.): Es wäre angenehmer gewesen, 2 i Geseß über die Altersgrenze geschaffen hätte. Die Not der Anwärter sei außerordentli E us -Ober- slesien kämen jeyt allein 3000 Lehrer. Das Reich hat den Krieg

nuß und alle darauf ausgehénden Anträge ablehnen. Auch den Meldezwang ‘des Arbeitgebers lehnen wir ab. Er könnte

hinweisen, ob es nicht möglih ist, die Umlage nah der. Häufig-

verloren, daher muß es a die Beamten aus den Gebieten. E N e Sieht eno Voran überweisung an. i

‘Finanzminister Dr. v. Richter: Der Herr Abgeordnete Barteld hat soeben nah der Stellung der Staatsregierung zu dem Geseßentwurf gefragt, den der Staatsrat angenommen und dey Staatsministerium auf Grund einer Bestimmung der Verfassung dem Landtag vorgelegt hat. Das Staatsministerium Hat darüber hat der Herr Abgeordnete Barteld ausgesprohen absihtlih zu dem Gesezentwurf, als er dem Landtag zuging, keine Stellung genommen, weil es ihm richtiger erschien, den Geseßentwurf, ohne Stellung zu nehmen, dem Land- tag vorzulegen und hier erst, insbesondere wenn es gewünscht wird, die vom Staatsministerium festgelegte Stellung zu erklären. Wir glaubten, das mit Rücksiht au auf den Staatsrat tzu zu jollen, um niht von vornherein die Stellung, die wir einnehmen wollen, in dem Ueberjendungsshreiben zum Ausdruck zu bringen und damit dem Staatsrat vielleiht Gelegenheit zu geben er ist ja in dieser Beziehung leiht etwas empfindlich —, sich verleßt zu fühlen. Nachdem aber die Herren ausdrücklich danach gefragt haben, habe ich die Stellung, die auf einem Beschluß des Staats- ministeriums beruht, folgendermaßen darzulegen.

Das Staatsministerium steht auf dem Standpunkt, daß es grundsäßlih etwas anderes ist, ein Geseß zu erlassen und cin er- lassenes Geseß wieder aufzuheben. (Sehr rihtig!) Das Staats- ministerium hat fi gesagt, daß s{hließlich der Umstand, daß vicl- leiht wir wissen es ja niht, meine Damen und Herren, vermöge der. anderen Zusammensezung des Landtags nah den Wahlen jeßt die Stellung zu dem Geséße nunmehr eine andere sein werde, wenn das Geseh jeßt eingebraht würde, daß diejer Umständ allein für das Staatsministerium kein hinreichender Grund sein kann, um seinerseits für die Aufhebung des Geseßzes zu sein. Meine Damen und Herren, wir haben uns gesagt, daß derartige Verhältnisse nah Wahlen auch auf umstrittenen Gebieten sehr leiht eintreten könnten, und daß es natürlih doch auf die Dauer für eine geordnete Staatsverwaltung außerordentlih {wer zu tragen wäre, wenn nun nah jedem Wechsel der Mehrheit des Landtags die in den vier Jahren von einer anderen Mehrheit beshlofsenen Geseße wieder aufgehoben werden.

Wir haben uns auf der anderen Seite gesagt, daß in der Tat darin kann ih dex Ausführungen des Herrn Abgeordneten Meyer nur zustimmen die Aufhebung des Geseyes an sih ge- wisse Schwierigkeiten, Härten und Ungerechtigkeiten uotwendiger- weise für diejenigen zur Folge haben muß, die unter diesem Gesetze abgegangen sind. Denn, meine Damen und Herren, daß die von dem Geseß Betroffenen es als eine besondère Härte empfinden werden, wenw die Beamten, die am 1. April, 1. Oktober 1921 und am 1. April 1922, weil sie bis dahin thr 65. oder 68. Lebensjahr vollendet hatten, nunmehr endgültig in den Ruhestand verseßt sind, während diejenigen Beamten, die bis zum 1. Oktober 1922 ihr 65. oder 68. Lebensjahr vollenden, im Falle der Annahme dieses Gesezentwurfs wiht in den Ruhestand verseßt werden; die drei erstgenannten Arten der Beamten werden das als eine ungeheure Härte empfinden; darüber kann doch gar kein Zweifel sein. (Sehr rihtig!) Es steht ébenso fest, daß \ich die Regierung gegenüber den Wünschen dieser Beamten, die naturgemäß, soweit sie dienst- fähig sind, in schr umfängreihem Maße wmunmehr mit Gesuchen entweder -um Wiederansiellung oder um Zahlung ihres vollen Gehalts oder auch um Zahlung eines höheren Ruhegehalts oder was weiß ih, kommen würden, niht ohne weiteres unter Berüe- sihtigung der Rechtslage vollkommen ablehnend verhalten würde; darüber kann kein Zweifel sein. Prüft man diese vershiedenen Gesichtspunkte, so hat das Staatsministerium geglaubt, \sich auf den Standpunkt stellen zu. müssen, daß die mit einer Aufhebung des Geseyes verbundenen Nachteile doch größer sind als die, wie ja gar niht zu verkennen ist, bei jedem solchen Geseß mit seiner Aufrechterhaltung notwendig verbundenen Folgen und die damit verknüpften Härten.

Wenn das hohe Haus diesen Geseßentwurf. einem Ausschuß

überweisen will, fo bin ich natürlich namens der Staatsregierung bereit, in diesem Ausschuß auf alle verschiedenen Fragen ‘es sind da bereits Fragen finanzieller Natnr schon gestellt worden die weitgehendsie Auskunft zu geben und meinerseits daran mit- zuarbeiten, daß diese ganze Frage, die man ja zweifellos von den verschiedensten Gesichtspunkten betrahten kann, eingehend geflärt wird. Nicht maßgebend das möchte ih hier ausdrücklih er- klären kann für das Staatsministerium, zumal in seiner jeßigen * Zusammenseßung, die politishe Seite der Angelegenheit sein, wenn es überhaupt eine politishe Seite gibt. Jch habe damals an den Gesetzentwurf mitgearbeitet und habe nah meiner Ueberzeugung gegen das Geseß- gestimmt. JFch darf aber darauf hinweisen, daß damals in der Begründung der politishe Gesichtspunkt, der heute so in den Vordergrund gestellt ist, überhaupt niht berührt wurde. Die Frage der Einführung oder Aufrechterhaltung ciner Alters- grenze darüber kann gar kein Zweifel sein hat mit der Politik eigentlich wihts zu tun. Man kann durchaus der Ansicht sein wir haben früher im Staate, als von einer demokratischen Mehrheit gar keine Rede sein konnte, das längst gehabt —, daß eine automatishe Verabschiedung mit einem gewissen Alter einer Verabschiedung bedeutend vorzuziehen ist, die s{ließlih leicht, ih möchte sagen, den Eindruck der Willkür machen kann. Das ist die Stellung des Staatsministeriums zu der An- gelegenheit. Jch habe mich gefreut, daß mir der Herr Abgeordnete Barteld Gelegenheit gegeben hat, etwas ausführlicher auf die Sache einzugehen, und ih bin gern bereit, falls die Sache einem Aus\chuß überwiesen werden sollte, auch dort etwa erforderliche Aufklärungen nah der einen oder anderen Richtung zu geben.

tretenen us|chuß-

“(Fortsehung in der Ersten Beiloge.)

Verantwortlicher Scriftleiter: J. V.: Weber in- Berkin. Varantwortlies e den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle 2 echnungórat Mengering in Berlin. :

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

i uten Buchdruckerei und Verla ganstalt, | Drutck der Nordbewigen Mlkelmte 38 g

Fünf Beilagen (einsließlich Börsenbeilage.)

___*) Mit Ausnahme der dur S i E der Herren Minister, die im Wortlaute wieberaogebLa gat Neben |

und Zweite Zentral-Handelsregiste

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setne Verwunderung

zum Deutschen Reichsa

Fr. 149.

Erste Veilage

Berlin, Donnerstag, den 29. Funi

nzeiger und Preußischen Staatsan

zeiger 1922

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(Fortseßung aus dem Hauptblatt.)

Abg. Knoth - Frankfurt (Komm.) spricht fich gleichfalls gegen die Vorlage aus. Die Zentrumspartei, die dem Zustandekommen des Gesetzes eine kleine Handhabe gegen die Reaktion erblickte, wolle jeßt diesen Schritt zurücktun. ; i :

Jn der Abstimmung wird die Ausshußüberweisung des Geseßes gegen die Stimmen der Rechten und des Zentrums abgelehnt. (Beifall links.) Ein Antrag der Sozialdemokraten, sofort auch die zweite und dritte Lesung vorzunehmen und das Geseh abzulehnen, stößt bei der Rechten auf Widerspruch.

Darauf wird die zweite Beratung des Haushalts des Finanzministeriums fortgeseßt.

Abg. Dr. Berndt (Dem.): Das Personalproblem drängt heute mehr denn je zur Lösung. Nach der Untat vom leßten Sonnabend hat die Reichsregierung entschiedene Schritte zum Schuße der Republik getan. Unsere demokratishe Regierung hat eine Politik der Versöhnung nah allen Seiten, auch nah der Rechten getrieben, diese Politik ehrt die Regierung, aber sie beruht auf einer völligen Verkennung der Tatsachen; die Kreise der Reaktion wollen sich gar niht mit dem heutigen demokratishen Staat versöhnen, sie streben im Gegenteil immer offener auf ihr Ziel hin, auf die Wiederaufrichtung einer neuen reaktionären Klassenherrshaft. Es geht um die ganze Zukunft des deutschen Volks; Republik oder Untergang, ein Drittes gibts nicht. Darum kann nur rüdcsihtsloses Durchgreifen auch gegen- über der reaktionären Beamtenschaft helfen, die sich gegen die Republik vergeht, diese Beamten müssen aus ihren Aemtern ent- fernt werden, in die sie nicht gehören. Es muß endlih ganze Arbeit gemacht werden. Die Auseinanderseßung zwischen dem Staat und dem ehemaligen Königshause ist eine der allerwichtigsten Fragen, ihre Lösung muß so bald wie möglich erfolgen, weil ‘in weiten Kreisen des Volks geglaubt wird, daß dem Hohenzollern- haufe Mittel zugewendet werden, die thm nicht zustehen. Da die Regelung auf dem Wege des Vergleichs niht beliebt worden ist, zichen auch wir den Weg der shiedsgerihtlihen Auseinander- seßung ohne Fnanspruhnahme der Reichsgeseßgebung vor. Es werden bestimmte Vorbedingungen festzustellen sein, die vor etner schiedsvertraglichhen Regelung erfüllt sein müssen. Die. Rechts- beziehungen einfaher Bürger untereinander _dürfen hier nit maßgebend sein, wenn nicht die dringende Gefahr entstehen soll, daß dadurch Kulturgüter von unerseßbarem Werte der Allgemein- heit entzogen werden. Jn erster Linie hat das öffentliche Interesse als Richtschnur zu dienen. Die siedsgerichtliche Entscheidung darf also niht nach striktem Recht erfolgen, sondern muß ge- troffen werden nah billigem Ermessen unter gerechter Würdigung der beiderseitigen Fnteressen. Fn bezug auf das Kronfideikommiß ist für eine shiedsgerihtlihe Entscheidung überhaupt kein Raum, das ist eine der unerläßlihen Vorbedingungen, ohne die wir der Entscheidung niemals zustimmen würden. Ausdrücklich hat 1910 der Justizminister Beseler das gesamte Kronvermögen in einem Gutachten als Staatscigentum festgestellt, und auch das Haus- ministerium hat dieses Gutachten nahträglich anerkannt. Zu den Werten von kunstgeschihtliher Bedeutung, die ohne jede Ent- schädigung als Staat3eigentum anzuerkennen sind, gehören die Schlösser mit ihrer Ausstattung, soweit kfunstgeschichtlihe Werte in Betracht kommen, die Theater, das Hausarchiv, die Haus- bibliothek. Dabei ist es gleichgültig, ob beim Erwerbe staatliche oder private Mittel verwendet wurden. Es handelt sich hier ni6t um nußbares, werbendes Eigentum, sondern um Objekte, welche idealen Zwecken des ganzen Volks zu dienen haben. Die Krone hat auch gar keine Vermögensinteressen an dem DENY dieies Werte, deren Verwaltung im Gegenteil eine Ausgabe von ährlich 70 Millionen erfordert, die Krone will nur ‘eine möglichst große Entschädigung herausschlagen. Dazu kann sich Preußen O in seiner heutigen furchtbaren Notlage nicht verstehen. : nser Standpunkt ist 1866 von der damaligen preußischen Regierung und von dem Hohenzollernhause gegenüber dem Kurfürsten von Hessen ganz genau in der gleichen Weise eingenommen worden, und was diesem damals recht war, muß heute den „Hohenzollern billig sein. Aufgabe der Koalitionsparteien ist es, die Rechte des Staates gegenüber der Krone mit aller Entschiedenheit wahrzu- nebmen, in erhöhtem Maße is das die Aufgabe M Gs regierung und besonders des Finanzministers, der als treuer Anwalt des Staates dessen Rechte bis zum Aeußersten ene muß. Es liegt auch niht im Jnteresse der Krone, es auf : ege- lung durch Reichsgeseße ankommen zu lassen. Die große Me 1E des Volks steht ihren Ansprüchen durchaus ablehnend gegenüber. (Beifall bei den Demokraten.) : i

Finanzminister Dr. von Ritter: Meine Damen und Herren! Die Verhandlungen über den Haushalt des Finanzminifteriums Haben fc, wie das immer der Fall ist, über eine Reihe der verschiedensten Dinge erstreck. Zum Teil liegt das daran, daß in der Tat, wie das von verschiedenen Herren aus dem Hause hervorgehoben worden ift,

das Finanzministerium eine Reihe der verschiedensten Gegenstände

a V der Abg. Lüdemann, auf 2 unächst bat mein Herr Vorgänger, der Abg. LU ; Ealen ia, die an sich vielleiht mehr zum Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung gehören, aber man kann ja natürli bei dem Gehalt des Finanzministers auch diese Dinge alle erörtern, meine den Unterschied zwischen den Betriebs- und den Hoheitsverwaltungen, Herr Abg. Lüdemann ist so freundlih. gewesen, Ausführungen, die ich in der Beziehung, sei es hier im Hause, sei es in einem Aus\chuß, gemacht habe, zu teilen und sie einer freundlihen Kritik zu unterziehen. Er hat dann aber bedauert, daß ich bei seinem Keblingshaushalt, dem der Gestüt- verwaltung, den er sowohl hier im Hause wie im Ausschuß immer wieder vorgebracht hat, von diesen guten und an fh rihtigen Grund-

säßen abgegangen fei. : : Meine Damen und Herren, lassen Sie mi dazu zwei Worte sagen, die, glaube ih, au dem Herrn Abgeordneten Lüdemann, wie er das {on einmal freundlich anerkannt hat, gut und richtig er- \{heinen werden. Ob eine Verwaltung eine Betriebsverwaltung ist oder nicht, hängt im wesentlichen davon ab, wie der Staat sie betreibt JIch kann eine Verwaltung, die zweifellos an si, ihrem ganzen Jn- halte na, eine rihtige Betriebsverwaltung ist, doc ni&t als Be- triebsverwaltung betreiben, wenn ih fie nämlich bewußt unwirt- \{haftlichß aus Gründen betreibe, die mit dem eigentlichen Betrieb gar nits zu tun haben. J kann ine Betriebsverwaltung des Staats so betreiben, daß mir jeder Besißer, Kaufmann, Industrielle sagen würde: das ist ja heller Wahnsinn, wenn Sie das so betreiben, müssen Sie ja zuseßen, das is ganz irrationell! Darauf werde ih ibm erwidern: das weiß ih, das tue ih aber, denn ich betreibe diesen Betrieb absichtlich aus irgendwelchen, sagen wir einmal, höheren

Meine Damen und Herren, um ein Beispiel zu nehmen: wenn id beispielsweise bei einer Universität ein Landgut zu Versuchszwecken habe und auf diesem Gut bewußtermaßen Versuche anftelle, von denen ich mir sage, daß sie ter landwirtschaftlihen Wissenschaft nuten, daß sie mir aber betriebs8wirtshaftlih feinen Vorteil bringen, / dann kann ih nicht sagen: diese Art des Betriebes ist fals, weil fie unrentabel ist, sondern es ist eben kein wirtschaftliher Betrieb mehr, vielrhehr ein Betrieb, der geleitet und diktiert wird von dem Ge- sihtspunkt der Versuche, um damit die Landwirtschaft zu heben. / Das ist nun der Unterschied zwischen dem Herrn Abgeordneten Lüde- mann und mir, glaube i, daß er bei seinem Lieblingskinde, der Gestüts- verwaltung, diesen Gesichtspunkt nicht berücksihtigt. Herr Abgeord- neter ÆAdémann sagt nämli: die Gestütverwaltung ist eine Betriebs- verwaltung, und deshalb muß sie si selbst tragen. (Widerspruch des Abg. Lüdemann.) Das ist meineèr Meinung nach eine petitio principii. Wir betreiben die Gestütsverwaltung fo, wie wir sie betreiben, deshalb, um die Landespferdezuht zu heben, und daraus ergibt si, daß es nit von vornherein falsch ist, wie Herr Abg. Lüdemann annimmt, wenn sich die Gestütsverwaltung nit felbst trägt, sondern im allgemeinen landwirtschaftliGen, im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse gewisse Zuschüsse erfordert. Meine Damen und Herren, wir haben ein großes Interesse daran, das zu tun. Jch habe neulih {on darauf hingewiesen, daß das Reich bereit ist, uns die Befoldungs- erhöhnngen in gewissem Umfange zuzubilligen, aus seinen Mitteln zu zahlen, soweit es sich nicht um Betriebsverwaltungen handelt. Das Reich geht davon aus, daß sich eine Betriebsverwaltung natürlich selber tragen muß. Wenn ih aber eine Betriebsverwaltung auch oas nenne, was “ih eben sagte, eine Verwaltung, von der ih von vornherein sage: sie will und soll sich gar niht selber tragen, weil nicht das Erzielen von Gewinn der Zweck des Betriebes ist, sondern die Hebung der Landespferdezuht, dann kann ih mich natürli nicht auf den Standpunkt stellen: sie muß si selber tragen und kann fie niht als Betriebêéverwaltung aufstellen, die mir diese Zuschüsse des Reichs entzieht. (Abg. Lüdemann: Ein ganz falsches Merkmal; troßdem könnte man fie rein betriebswirtschaftlih betreiben !) Könnten sie rein betriebswirtshaftlih betreiben, das ist ganz richtig! (Abg. Lüdemann: Ein Betrieb kann dauernd Zu- \{ußbetrieb sein und betriebswirtschaftlich geführt werden!) Aber i kann nit, wrnn ih in diesem Fall die Hebung der Landespferde- zut als Zweck habe, im anderen Fall des Versuchsgutes die An- stellung aller möglihen Versuche, um die Landwirtschaft zu beben, für meine Verwaltung den Gesichtspunkt des Verdienens das treibende Moment sein lassen. Und weil das niht der Gesichtspunkt ift, ift es feine betriebswirtschaftlihe Verwaltung in dem Sinne. Man fann natürlih ganz vershiedener Meinung sein, ob es richtig ist, aus allgemeinen Mittein die Gestütsverwaltung zu unterstüßen, um die Landespferdezuht zu heben. Wenn Herr Abg. Lüdemann sagt: F will, daß die Gestütverroaltung nur betrieben wird, daß fie sich au troß dieser Ausführungen selbst trägt, so kann man darüber, wie gesagt, zweierlei Ansicht sein. Aber Herr Abg. Lüdemann darf nit von vornherein denjenigen, die auf dem von mir \kizzierten. Stand- punkt stehen, vorwerfen, daß sie den Begriff der Betriebsverwaltung verkennten, und daß insbesondere ih mich mit meinen eigenen Aus- führungen in Widerspru seße. Ich freue mich aber, mit Herrn Abg. Lüdemann, wie ih das {hon wiederholt gesagt habe, mih darin durhaus in Uebereinstimmung zu wissen wie auch mit dem Herrn Handelsminister, daß wir wir sind auf dem besten Wege jeßt

im „Berliner Tageblatt“ : Zeitungen liegen mir nicht vor zu, Angriffen oder wenigstens zu Aeußerungen gegen Herrn Finanzminister Saemisch geführt, die fh vom politischen Gebiet niht ganz fernhalten, infofern als Herr Saemisch in Anführungszeichen als sogenannter Fachminister in dem einen Blatte a!s früherer freikonservativer, in dem anderen Blatte als rehtsgerichteter Minister, jedenfalls nicht als unparteiischer, hin- gestellt wurde. Meine Damen und Herren, da halte ih mich doch im Interesse meines Herrn Amtsvorgängers ministeriums für verpflichtet, hier kurz den Sa(hverhalt darzulegen,

wie er tatsächlich gewesen ift.

die Frage, was mit dem Gebäude werden sollte.

darin Gelegenheit genug sein, auf diese Dinge einzugehen, und es wird auch Herrn S{ellen Gelegenheit zu seinen Ausführungen ge- geben werden, was bisher nicht der Fall gewesen ist.

Aber die hier seinerzeit gemahten Mitteilungen haben nun doh und- in der „Volkszeitung“ andere

und des Finanz-

Als im Landtag beschlossen wurde, die preußisce _Ge- sandtshaft in München aufzulösen damals war preußischer Gesandter noch der jeßige Reichsbevollmächtigte Graf Zech —, ergab sich Man war sich darüber einig, daß das Gebäude jebenfalls nicht vom Reich über- nommen werden follte und daß der preußishe Staat es nicht be- halten sollte; es trat also die Frage der Vermietung heran und ebenso die Frage, was mit den Gegenständen und Snventarienstüdcken werden sollte, die darin find und die übrigens im großen ganzen feinen besonderen Wert hatten ; ih werde ihnen das nachher beweisen. Das hat sich im wesentlichen auf gewisse Auéëstattungs\tücke, nament lich in einem größeren Tanzsaal, erstreckt ; der Gesandte hat für seine Wohnung eine . Einrichtung nicht gehabt. Graf Zeh s{chlug vor, diese Sachen zu verkaufen und veranlaßte eine Ube s{äßung durch einen gerichtlichen Sachverständigen. In- zwishen kam als Gesandter Preußens Herr Schellen dorthin; ihm erschien die Abschätßzung, die Herr Graf Zech hatte vornehmen lassen, als zu niedrig, und er veranlaßte eine zweite Abschäßung durch einge dortige Möbelfirma. (Hört, hört! rets.) Nachdem der Herr Ministerpräsident die Inventarienstücke und das Gebäude der preußischen Gesandtschaft in München dem Finanzministerium zur Verfügung ge- stellt hatte, wurde von Herrn Schellen ein Bericht hier vorgelegt, in dem er die Genehmigung des Finanzministers dazu erbat, daß die von ihm namentlich aufgeführten und von dieser Möbelfirma abges{häßten Gegenstände in München verkauft würden. Meine Damen und Herren, dieser Bericht hat dem Herrn Finanzminister Saemish seinerzeit niht vorgelegen. Wohl aber hat sih das Finanzministerium unter dem 5. Oktober 1921 mit der Veräußerung des Inventars nah diesem Vorschlage zu den ermittelten Taxpreisen einverstanden erflärt. (Hört, hört! rechts.) Der Herr Minisier Saemisch, gegen den fich die Angriffe der „Volkszeitung“ und des „Berliner Tageblatts“ richteten, hat, wie’ gesagt, mit dieser Angelegenheit garnihts zu tun gehabt, kommt dafür also garnicht in Betracht. Wohl aber ift diese Genehmigungs8- verfügung gezeihnet „Der Finanzminister, im Auftrage: Bachem“. (Hört, hört! rechts.) Also der Ministerialdirektor Bachem, von dan neulich hon fo viel die Rede war, hat diesen Erlaß gezeichnet. Ich glaube, damit ist wenigstens im Sinne des „Berliner Tageblatts* und der „Volkszeitung“ die Gewähr gegeben, daß nicht ein rehts« gerihteter Politiker sch im Interesse des Herrn Schellen oder sonstiger Personen mit dieser Angelegenheit bes faßt hat. (Sehr richtig! rechts. Abg. Lüdemann: Soll das heißen, daß diese Verfügung von dem Herrn Minister nicht

die Berg- und Hüttenverwaltung in der Tat als einen kaufmännischen Betrieb aufziehen, losgelöst von gewissen Fesseln der Staatshoheit* verwaltung, der es uns ermöglicht, aus dem geradezu unverstänblichen Zustand herauszukommen, daß augenblicklich bei uns die Bergverwal- tung, eine Zuschußverwaltung ist. :

Wir sind ferner ih habe es {hon hervorgehoben, es ist aber nicht ganz leiht damit beschäftigt, Ihnen beim nächsten Hauhalt ein klareres Bild als zurzeit über den Haushalt in dem Sinne zu geben, daß wir tatsächlih bei jeder einzelnen Ver- waltung die vollen Einnahmen und Ausgaben aufs geführt sehen wollen, so daß jeder, der den Haushalt zur Hand nimmt, ohne weiteres sagen kann: die und die Verwaltung fostet im . ganzen den preußischen Staat so und so viel. Dazu gehört natürlich daß man eine Reihe von Ausgaben, die jet in andern Kapiteln und Titeln stehen, mit dorthin überträgt. Ob sih das im Etat wird maten lassen, ob es in besonderen Anlagen erfolgt, ist {ließlich eine Frage für sich und ziemlih gleidgültig. Es wird im wesentlichen nur darauf ankommen, daß Sie aus dem Etat das, was ih sagte, ersehen können.

Bevor ih auf den Inhalt des Etats und die einzelnen Beamten- fragen, die hier angeschnitten find, komme, möchte ih auf zwei An- gelegenheiten eingehen, die zum Teil bei den Herren, die davon ge- sprohen haben, einen sehr breiten Raum eingenommen haben. Zu- nächst ist es etwas, was nit bei meinem Etat vorgekommen ist, sondern beim Haushalt des Herrn Ministerpräsidenten, nämli die Angelegenheit beim Verkauf der Möbel der preußischen Gesandtschaft in München, die neulich, wie ih nur nadh° trägliß gehört und aus den Zeitungen gesehen habe, zu Angriffen gegen meinen sehr verehrten Herrn Amtsvorgänger, den Herrn Finanz- minister Saemisch, geführt haben. N

Ih gehe auf die Sache, soweit es sih um eine Kritik des Ver- haltens des preußischen Bevollmächtigten in München, des Herrn Stellen, handelt, nit ein; das ist nit meine Sache, sondern Sache seines Dienstvorgeseßten, des Herrn Ministerpräfidenten. . Herr Abg. von Kries hat s{chon die Anficht ausgesprochen : entweder sind diese Beschuldigungen wahr, dann muß gegen Herrn Schellen das Disziplinarverfahren eingeleitet werden, oder sie sind nicht wahr, wahr, dann muß Herrn Schellen eine Ehrenerklärung aus- gestellt werden. Dieser Wunsch ist bis zu einem gewissen Grade insofern erfüllt, als Herr Schellen selbs auf i Grund der Mitteilungen aus den Zeitungen das _Disziplinarverfahren gegen sich beantragt hat, und der Herr Ministerpräsident wird ja nun in der Lage sein, eine Entscheidung darüber zu treffen,

gedeckt wird ?) Ich habe jeßt darüber zu sprechen, ob der Mirister Saemish mit Recht, Herr Abg. Lüdemann, angegriffen worden ist » oder nit. Ih habe dargelegt, daß der Herr Minister Saemisch mit

dieser Sache gar nichts zu tun hat, und ih habe, glaube ih, damit

meiner Verpflihtung, meinen Amtsvorgänger gegen unbegründete An-

griffe in Schuß zu nehmen, genügt. JIch würde übrigens genau so

handeln, Herr Abg. Lüdemann, wenn dieser Fall niht unter Herrn

Saemisch, sondern unter Ihrem Ministerium vorgekommen. wäre,

denn es ist natürlich undenkbar darüber wollen wir uns klar sein,

das wissen Sie so gut wie ich —, daß ein Minister unmöglich alles

séhen kann. (Abg. Lüdemann: Troßdem bleibt es ungewöhnlich, die

Verfügung eines einzelnen Beamten heranzuziehen!) Das ist dess

halb geschehen, Herr Abg. Lüdemann, weil Herr Minister Saemish

persönlih dafür verantwortliß gemacht worden ist. Um den Herrn

Minister Saemish, mit dem ih gestern noch gesprochen habe,

dagegen zu s{chüßen, erschien es mir notwendig, vorzulefen, daß nicht

Herr Saemisch, sondern ein anderer Beamter diesen Erlaß gezeichnet

hat ob das Herr Bachem gewesen ist oder ob es ein anderer ges

wesen wäre, ist dabei selbstverständlih vollkommen gleichgültig. (Abg.

Lüdemann: Um fo verwunderlicher ist die Namensnennung!) Fch muß do aber den Namen nennen, wenn ih Herrn Saemisch in

Schutz nehmen will.

Nun lassen Sie mih zu der eigentlihen Sache kommen. Da handelt es sich um folgendes. Von den gesamten Gegenständen, die verkauft sind, hat Herr Schellen einen kleinen niedrigen Tisch von 63 cm Höhe und 68 ecm Durchmesser gekauft, so wie von den vorbandenen 30 Goldstühlchen zwei für feine Diele. Er hat ferner einen Lambrequin gekauft, der eine Länge von über 4 m hatte. Nach der chemishen Reinigung ist daraus eine Decke von 1,30 m Länge, von 1,50 m Breite geworden. Er hat sich fêrner einen früheren Treppenläufer gekauft und \sih daraus einen Läufer in der Gesamtlänge von 12,20 m machen lassen: Für diese drei Stücke, um die es ih handelt, hat Herr Schellen 2840 4 nah der Schäßung des Sachverftändigen gezahlt. Ebenso find von einer anderen Person die Möbel gekauft worden. Der Sachverständige des Finanz- ministeriums, der Herrn Lüdemann fehr wohl bekannt ist ih werde in diesem Falle keinen Namen nennen, damit Herr Lüdemann nicht Anstoß nimnt —, hat die Sachen besichtigt und hat mir aus- drücklich erklärt er ift bereit, das auch dem Landtage zu ere kfiären —, daß die Sachen seiner festen Ueberzeugung nah keinen höheren Wert als die taxierten Preise gehabt hätten, zu denen fie verkauft worden sind. (Hört, bört! bei der D. Vp.) : Ih glaube also, daß mein verehrter Amtsvorgänger, der Herr Minister

Giaatéêgründen, unwirts{aftlih.

und wenn das Difsziplinarverfahrenu eingeleitet wird, so wird ja

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Saewish, in dieser Sache völlig korrekt verfahren is und

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