1922 / 149 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Jun 1922 18:00:01 GMT) scan diff

- «lagen Beschluß zu fassen, die dem Staatsministerium von dem

daß auÿ die anderen Beamten des Finanzministeriums, die ih mit dieser Angelegenheit beschäftigt haben, keinerlei Vorwurf trifft. _Jch habe ms für verpflichtet gehalten, im Jüteresse der Beamten des j und im Interesse meines Amtsvorgängers _Saemish auf diese Sache einzugehen, nahdem, wie ih aus der Presse erfehen habe, der Eindruck entstanden ist, als ob im Finanzministerium «unter dem Finanzminister Saemisch Dinge vorgekommen seien, die das Licht der Oeffentlichkeit zu sheuen hätten. “S Tomme nun zu einer anderen Sache, die von dem Herrn Kollegen Dr. Berndt sehr ausführliß und auch von dem Herrn Abg. Lüdemann, wenn auch weniger ausführlich, erörtert worden ist, __auf- die Frage der Auseinanderseßzung mit dem Hause Hohenzollern. Ih möchte da zunächst, da das von Herrn Lüdemann erwähnt . worden ist, kurz auf den Fall Bachem eingehen und bemerke „dabei, daß nit ih es gewesen bin, der den Namen in die Oeffent- lichkeit gebraht hat, fondern andere Herren, insbesondere Herr ¿ Abg. Lüdemann... (Abg. Lüdemann: Ih habe den Namen gar nit genannt!) Sie haben doch în Ihrer Rede den Namen - genannt. Sie haben f\ofort erzählt, daß man fürchtete, daß man deshalb an den Abgang (Zuruf des Abg. Lüdemann.) Nicht wahr? Es ift richtig. Der Ministerialdirektor Bachem hat sich also, nachdem er \ich bei mir verabschiedet hatte, um eine Reise anzutreten, ih dadur verletzt gefühlt, daß ih mit Rücksicht darauf, daß der Herr Justizminister auch sehr bald in Urlaub gehen “wollte, eine Besprechung in meinem Ministerium anberaumt hatte in einer Angelegenheit, in dèr ih notwendiaerweise auß den Justiz- “minister sprechen mußte. Er hat es übelgenommen, daß er, der fi - hon bei mir abgemeldet hatte, zu diefer Besprehung nicht zugezogen * wurde, und hat mir von Hambuxg aus in einem etwas ungewöhnlichen Schreiben sein Abschied8gesuch unterbreitet. Nah meiner Auffassung “ag für Herrn Bachem nicht der geringste Anlaß dazu vor. Wenn ich “an Stelle des Herrn Bachem gewesen wäre, so hätte ich vorauss{tlich - meinem Minister geschrieben: Ich habe gehört, Sie haben eine Be- spreGung abgehalten, ohne mich zuzuziehen; ih fühle mich dadur ver- leßt; ih muß augenblicklich nach Amerika reisen, behalte mir aber “vor, nach meiner Rückehr auf die Angelegenheit zurückzukommen, “ind biîtte Sie, mir dann Gelegenheit zu geben, mit Ihnen gemeinsam über die Sache zu \prechen und die Sache zu klären. Hätte Herr Bachem das getan, so hätte ih seinen Brief in meinem Schreibtish verschlossen und nah seiner Rückehr mit Herrn Bachem darüber gesprochen. Statt dessen hat Herr Bachem es für notwendig erachtet, sein Abschiedsgesuh einzureichen, indem er davon ausgihg, daß ich ihn bewußter Weise bei dieser BespreGßung übergangen hätte. Fch habe dazu gar keine Veranlassung gehabt, ich habe mich mit Herrn Ba®Gem einen Tag vorher über alle diese Sachen unterhalten und habe vier Monate Zeit, BespreGungen ohne ihn abzuhalten. Es Tag für mich nit der geringste Grund vor, Herrn Bachem absi{tlih dabei zu \{neiden. Ebensowenig aber das werden Sie mir zu- “geben konnte ich auf den Gedanken fommen, jemanden zu dieser «* Besprechung zuzuziehen, der sich am Tage vorher als auf vier Monate auf Reisen gehend verabschiedet hatte. (Abg. Ademann: . Am selben Tage!) Nein, am nächsten Tage, Herr Lüdemann; am Sonnabend hat \sich Herr Bachem verabschiedet. (Abg. Lüdemann: Wann sind ‘die Einladungen zu der Sißung ergangen ?) Am Sonntag wurde die BespreGung abgehalten. Die Einladungen zu dieser Besprehung habe ich am Sonnabend erlässen. (Erneute “Zurufe des Abg. Lüdemann.) Aber ih konte doch nicht wissen, daß ér ‘am Sonñkag oh da war, und, wenn er da war, mußte ich annehmen, daß er mit den Vorbereitungen zu seiner Reise beschäftigt war. IH habe gar keinen Grund gehabt, Herrn Bachem niht zuzuziehen, ih Habe Herrn _ Bachem immer zugezogen. (Abg. Ldemann: Warum haben Sie es nicht versuHt? Heiterkeit.) Herr Lüdemann, wenn einer meiner Herren auf Neisen fährt und #ich heute verabschiedet, dann foll ih “am nächsten Tage noch sagen: Herr Gott, er hat sich zwar verab- schiedet, er geht vier Monate auf Urlaub, aber ich will do sehen, _ vielleicht ist er noch da. Wie foll ih dazu kommen? Also die Sade wäre hst einfah gewesen und ist nun durch das Schreiben _ des Herrn Bachem so geworden. Ich muß sagen: wenn Herr Bachem “mir dieses etwas ungewöhnlihe AbshHiedsgesuh \chreibt, dann fage ih mir: des Menschen Wille ist fein Himmelreih, und einen Neisenden soll man nicht aufhalten. (Sehr rihtig! rechts.) Ich weiß ganz genau, daß er nit die geringste Veranlassung dazu hat, und i bin überzeugt, wenn er fi die geringste wie soll ich sagen? Mühe “gur Aufklärung gegeben hätte, so wäre die Sache sehr einfah auf- geklärt worden.

j Nun aber, meine Damen und Herren , was ja sehr viel wihtiger - Mt, die Frage der Ausetnanderseßung selbst. Da muß ih ganz offen sagen: ih habe den Eindruck. als ob der verehrte Herr - Kollege Berndt eine Rede gehalten hat, die er hätte halten follen, “wenn die Vorlage des Staatsministeriums über die Auseinander- seßung dem Hause zugegangen ist. Denn vorläufig ist die Sache so : - das Staatsministerium hat darüber ist gar kein Zweifel über die weitere Behandlung dieser Angelegenheit auf Grund von Vor-

- Sustizminister und dem Finanzminister gemeinsam zu machen sind. Diese Vorlagen find dem Staatsministerium noch nicht gemackt worden, und das Staatsministerium hat {G daher nach keiner Nich- tung hin irgendwie {lüssig gemacht. Ich habe mit dem Herrn Justiz- minister wiederholt über vershiedene Dinge persönlich gesprocen. “Er ist jeßt auf Urlaub. Die Sache liegt jeßt so, daß wir an das _ Staatsministerium votieren und daß im Staatsministerium, nachdem ih die anderen Herrn Minister mit der Angelegenheit befaßt haben, Beschluß gefaßt wird, und auf Grund dieses Beschlusses des Staats- _ministerius wird dann eine Vorlage an den Landtag kommen, über ‘die der Landtag zu befinden haben wird.

Nun,. meine Daméên und Herren, ist es doch immerhin un- gewöhnlich, wenn Sie jeßt vom Finanzminister verlangen und darauf gehen. doch die Reden. hinaus —, daß er, bevor \ich das Staatsministerium überhaupt mit der Sache befaßt hat, bevor das Staatsministerium überhaupt einen Befchluß in der Angelegenheit gefaßt hat, jet, ich möchte gewissermaßen sagen : das Staatsministerium _ festlegen soll.

' Das, was Herr Abgeordneter Dr. Berndt ausgeführt hat, was ih mit großem Interesse gehört habe, ist mir als die Meinuf seiner Frattion darüber sehr interessant gewesen, wie nach seiner und ihrer Auffassung eine derartige Vorlage beschaffen sein muß, um die Zustimmung der demokratisGen Fraktion zu finden, und in der-

selben Richtung, glaube ih, hat \sich ja auch bewegt, was Herr Abgeordneter Lüdemann gesagt hat. Aber ih, meine

" hat über diese Arbeiten sind. wir dann wieder mit dem Justiz-

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[ nit entsGieden Bat, nur auf gewisse allgemeine Ge- sihtspunkte beschränken. Ih kann auch unmöglih in dieser Einzel- beit irgend ctwas vortragen, von dem ih gar nicht weiß, wie sich das Staatsministerium naher dazu stellen wird. Eins möchte ih nur sagen. Jch glaube, die Herren untershäßen eine, fagen wir mal, Schwierigkeit oder einen Umstand. So einfa, wie Herr Abg. Dr. -Berndt. si das vorgestellt hat ih komme- nachher auf andere Ausführungen noch ist die Angelegenheit zweifellos nicht- Dabei übersieht Herr Dr. Berndt nach meiner Auffassung, wenn er es auch angeführt hat, daß wir doch tatsächlih die Reichs- verfassung haben, den Artikel 153 der Reichsverfassung, / und daß auf diese Reichsverfassung und auf deren gerechte Anwendung ih ebenso jedes Mitglied des Hohenzollernhaufes berufen fann wie jeder andere Staatsbürger, und daß diese Reichsverfassung dem Hause Hohenzollern auch den Schuß feines Eigentums |zu- billigt, und daß das Haus Hohenzollern, solange die Gesetzgebung des Reichs nicht geändert ist, auch in der Lage ist, im. allge- meinen im Wege der Klage vor den Gerichten dieses sein ver- meintlihes Eigentum zu erstreiten. Das ist der grundlegende Unter- schied au gegenüber demjenigen, was Herr Dr. Berndt aus 66 vor- getragen hat. Deshalb ist es nach meiner Auffassung ganz fals, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, als wenn der Preußische Landtag einfa die Macht hätte, wenn es zu einer Einigung nicht kommt, einfa seinerseits mit souveräner Kraft diese Einigung anzu- ordnen. liegt die Sache zweifellos nicht, und weil sie nicht so liegt, und weil andererseits, wie ich ohne weiteres anerkenne, au das ehemalige Königshaus an einer gütlichen Einigung oder wenigstens an einer Beteiligung, die ohne zu große Neibungen - erfolgt, ein großes Interesse hat (Zuruf) der Staat au, Herr Lüdemann —, deshalb habe ich immer die Hoffnung gehabt, daß wir zu einer Einigung kommen werden. Ich mache kein Hehl daraus, meine Herren, ih bedauere es ganz außer- ordentli, daß der damalige Vergleich, der keineswegs von mir etwa oder Leuten, die Sie ohne weiteres im Verdacht einer nach Ihrer Meinung zu weit nah rechts stehenden Gesinnung haben, vorgelegt worden ist, sondern ein Vergleich, der bekanntlich von dem jeßigen Sustizminister am Zehnhoff und dem Finanzminister Dr. Südekum vorgelegt wörden ist, nit zustande gekommen ift.

Fh darf ferner darauf hinweisen und Herr Dr. Berndt, meine ih, ist in diesen Sachen viel zu sehr zu Hause, um das nit zu wissen —, dur die - beiden Beschlagnahmeverord- nungen vom 13. und 30. November 1918 is bewußtermaßen das steht ausdrücklich in der leßten Verordnung drin eine Neiße von unzweifelhaft rein privateigentümliß den Hohenzollern gehörigen Gegenständen vorläufig mit Beschlag belegt worden. Man hat fie damals vorläufig das steht in dem Geseß mit Beschlag belegt, weil man ih fagte: wir können dieses reine Privat- eigentum und das sonstige streitige Eigentum nicht voneinander trennen. Die damaligen Verfasser dieser Bes{lagnahmeverordnungen und, Herr Lüdemann, sie datieren vom 13. und 30. November 1918 und tragen die Unterschriften sämtlicher sozialistisher Volksbeauftragter waren alle der Ansicht, daß zweifellos Privateigentum mit von der Beschlagnahme betroffen sei. Bei diesem Rechtszustand würde kein Gesetz das frühere Königshaus hindern, wenn wir niht zu einer Einigung kommen, im Prozeßwege sein vermeintliches Recht zu erstreiten. Und das möchte ih gern vermeiden im Interesse des Königshauses, im Interesse au des Staates. und ‘vor allem îm politishen nteresse, besonders mit Nücfsicht darauf, daß in einer Reihe von Prozessen- über die alle paar Wochen die Zeitungen“ melden, der preußische Fiskus, vertreten durch den Finanzminister, - verurteilt wird, das Eigentum, sagen wir mal: des Prinzen Friedrich Leopold oder eines anderen an den und den Gegenständen anzuerkennen. Wir kommen auf die Dauer in eine nach- meiner Auffassung ganz unmögliche Lage.

* Fh möchte ein Wort unterschreiben, daß ein angesehener Herr aus der demokratischen Partei mir gesagt hat, als ih über diese Frage eingehend mit ibm sprach. Er sagte wörtlih: Jch betrachte es geradezu als ein Zeichen für die kulturelle Erxistenzfähigkeit der Nepublik, daß es ihr gelingt, die Auseinandersetung mit den Hohen- zollern in einer den Interessen des Staats und des früheren Königs- hauses Rechnung tragenden Weise durchzuführen. (Bravo! rets.) F erinnere daran, daß mein verehrter Kollege, Ihr Fraktionskollege Dr. Wendorff, als mecklenburgisher Ministerpräsidèént die Auseinander- seßung ¿wischen dem großherzoglichen Haufe und dem Lande Melenburg- Schwerin in einer Weise durchgeführt hat, daß ihm der frühere Groß- herzog dafür in einem durch alle Zeitungen gehenden Brief seinen Dank ausgesprochen hat. (Zurufe des Abg. Lüdemann.) Sie haben vielleiht gelesen, daß man in Bayern auch fo weit ift, daß die Aus- einandersezung vor \sih geht.

Eins ist ganz zweifellos —- darin stimme ih Hexrn Dr. Berndt zu —: es ist meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit als preußi- scher Finanzminister, die Interessen des preußishen Staats aufs aller- \chärfste wahrzunehmen. Dazu bin ih da; dazu ist jeder preußishe Staatsminister auch da doch. auch Herr von Kries hat darin nit unrecht gehabt —: auch die Interessen des Nets wahrzunehmen gegenüber einem jeden, mit dem der preußisde Staat als Prozeß- oder sonstiger Gegner zu tun hat, mag das ein Kleinbürger oder Angehöriger des früheren Königshauses sein. (Zuruf bei den Sozialdemokrgten.) Das ist insofern kein Unterschied, als die Mitglieder des früheren Königshauses vielfah jeßt kleine Bürger sind. An diesen Grundsaß wird jeder, der die Sache nicht rein partei- politis betrachtet, festhalten müssen.

Nun gebe ich Herrn Abg. Berndt ohne weiteres zu, daß \ich unter der streitigen Vermögensmasse eine Neihe von Gegensiänden, namentlich der Kunst, befinden, die der Staat s{chlechterdings nicht entbehren kann, nah meiner Meinung auch nit zu entbehren braucht. Aber ich bin selbstverständlih nicht in der Lage, von vornherein ein Urteil darüber abzugeben, inwieweit diese Gegenstände etwa Eigentum des früheren Königshauses sind. Auch - die Aufstellungen, die Herr Ministerialdirektor Bachem, der bekanntlich ausdrüdlich zu diesem Zwecke in das Finanzministerium berufen worden ist, mit seinen Mitarbeitern in sehr eingehenden und wertvollen Arbeiten aufgestellt

ministerium in einen Schriftwechsel eingetrèten —, zèigen, wie un- endli s{chwierig die Beurteilung aller dieser Rechtsverhältnisse bei den einzelnen Gegenständen ist. Es ist nah: meiner Meinung ganz unmöglich, sie jezt au nur in größeren Zügen zu erörtern. : Eins möchte ih aber sagen auch darin stimme ich mit Herr Abg. Berndt überein —: selbstverständlich- ist das keine Frage des

Hexren, kann mi do hier, beyor das Staatsministerium

Privatrechts, man kann das nit nach den Normen des Bürgerlichen

entziehen und den Hohenzollern zuzuwenden.

insbefondere Fragen des öffentlißen NeHts. Aber în eînem Punkte - möchte ih nicht so weit gehen wie Herr Abg. Berndt, wenn ih ihn

| ret verstanden habe, nämlich zu verneinen, daß es überhaupt Rechts-

fragen sind. Es sind leßten Endes Rechtsfragen, allerdings nit Fragen des Privatrechts, aber doch Fragen des öffentlichen Rechts. Allerdings spielt wie bei vielen Fragen des öffentlihen Rechts au in diese Frage. das gebe ih ohne weiteres zu die politishe Auffassung des einzelnen sehr hinein, neben den rein rechtliden Fragen, auß neben den rein rechtlihen Fragen des öffentlihen Rechts, müssen hierbei vom Staatsministerium unter allen Umständen schwerwiegende Inter- essen des Staats berücksihtigt werden. Insoweit stimmen, glaube ih, Herr Abg. Berndt und ich durhaus überein. i Als Herr Abg. Lüdemann .von dem Ausscheiden des Herrn Ministerialdirektors Bachem sprach, hat er der Befürchtung Ausdruck gegeben, nachdem er sich auf Grund meiner Erklärungen vorher eigentlich durdhaus befriedigt erklärt hatte, man wäre deshalb so beunruhigt, weil man in dem Abgange des Herrn Ministerialdirektors Bachem einen Systemwechsel erblicken könnte. Ih weiß nicht, worauf ih das Wort Systemwechsel beziehen follte. Jh weiß zwar nicht, welhes System Herr Lüdemann, der ja damals als Finanzminister Herrn Bachem berufen hat, befolgt hat; jedenfalls besteht ein Systemwechsel zwischen dem, was Herr Saemish gewollt hat, und dem, was ich will, nicht; wir sind uns beide darüber einig, und ih bin mir auch mit Herren Bachem und den Herren, die in seiner Ab- teilung arbeiten, durchaus darin einig, daß alle diese Fragen in der objektivsten und gründlihsten Weise bearbeitet und geklärt werden müssen. Wenn Herr Bachem jet seine Entlassung nachgesucht hat- so könnte darin also ein Systemwehsel nur in dem Sinne liegen, daß Herr Lüdemann die Befürchtung hat, daß nunmehr eine gründ- liche, nah meiner Auffassung unbedingt notwendige Klärung nicht mehr so gründlih erfolgen würde. Ich glaube, ih kann Herrn Lüde- mann darüber völlig beruhigen. Ih wüßte gar nit, aus welhem vernünftigen Grunde ih das nit machen sollte. Erstens einmal er- folgt diese Klärung auch im Justizministerium. Zweitens aber, meine Damen und Herren, ganz gleihgültig auf welchem politischen oder sonstigen Boden man steht: an einer restlosen, gründlihen Klärung aller dieser chwierigen Fragen hat, glaube i, jeder von uns ein Inter esse. (Sehr richtig! bei der D. Vp.) Ih kann mir also nit denken, worauf die Annahme des Herrn Lüdemann von einem Systemwechsel beruht. Vielleicht hat er die Güte, mir auseinanderzusegen, - worin fein System bestanden hat und inwiefern er befürchtet, daß mein neues System von seinem System abweichen würde.

Nun will ich nicht auf alle die unzähligen Unwahrheiten ein- geben, die aus Anlaß aller dieser Sachen in der Presse, insbesondere gegen midh, ausgesprohen worden sind. Ich kann mich hier darauf beschränken, zu sagen, daß alle Behauptungen, die in der Presse aufgestellt worden sind, mit Ausnahme der einzigen, daß Herr Ministerialdirektor Bachem sein Entlassungsgesuch ekngerciht hat, falsch sind. Keine einzige davon ist wahr, auch nicht die Behauptung, Herr Abg. Meier, die Sie in der großen Anfrage der Unabhängigen aufstellten die Kronrente sollte den Hohen- zollern gesichert werden. Ich habe mir ja erlaubt, Ihnen gleich am nächsten Tage zu schreiben, das sei unwahr; Sie haben leider viel- leiht .häben Sie 8s niht bekommen jedenfalls irgendwelhen Gebrau von meiner Erklärung niht gemacht (hört, hört! rechts), obglei ich. do {ließli der einzige bin, der es wissen muß, ob der Finanzminister wirklih diese Absicht hat, wie die Unabhängigen be- haupten, oder nicht. (Sehr richtig! rechts.) Ebenso find die anderen

und

Millionen es können au noch viel mehr sein nach Doorn zu \{icken. (Zuruf des Abg. Meier [Berlin]). Deshalb kann ih die großé Anfrage doch bei dieser Gelegenheit erwähnen. Auf eine Anfrage, die, glaube ich, der Herr Abg. Berndt an mich vorhin gerichtet hat, kann ich ihm mit größtem Vergnügen Auskunft geben. Meine. Damen und Herren, der einzige preußische Finanz- minister seit dem Umsturz, . der noG keinen Pfennig an den früheren Kaiser geschick hat, steht vor Ihnen. (Hört, hört! rechts.) Es ift mögli, daß das auch Herr Lüdemann als Finanzminister nicht getan hat; das weiß ich nicht. Es ist eine Ver- ffigung da vom Mai 1921 ih weiß nicht, ob sie in die Zeit des Herrn Lüdemann oder des Herrn Saemish fiel —, alle übrigen Neberweisungen sind zu Zeiten der anderen Herren Finanz- minister erfolgt. Also auch darin kann ich den Herrn Abg. Berndt völlig beruhigen. Es besteht au zurzeit gar kein Anlaß und keine Absicht, wie jezt in den Zeitungen stand, jeßt eine Million nah Doorn zu s{icken,

Dann hat Herr Abg. Kaß neulich Vorwürfe erhoben und hat geglaubt, einé große Tat zu tun, indem er ein Schreiben vorlas, das er glaubte gegen den Herrn Ministerialrat Zachariae verwerten zu können, und er ging sogar so weit, mir aus Anlaß dieser Notiz klipp und klar zu sagen: Herr Finanzminister, ich werde Jhnen den Beweis führen, daß Sie oder Ihre Herren die Absicht haben, hinter dem ‘Rücken des Hauses das Vermögen der Hohenzollern dem Staate zu Der Herr Abg. Kaß hatte zum Beweise dafür eine Zuschrift zur Hand genommen, die mir völlig unbekannt ist, von der ih gestern erst Kenntnis genommen häbe und die, glaube ih, auß meinem Referenten, gegen den die Beschuldigung geht, Herrn Ministerialrat Zachariae, bisher völlig unbekannt war. Meine Damen und Herren, dabei handelt es si einfa um folgendes: Wix sind selbstverständlih nicht in der Lage, die Verwaltung, die wir im Finanzministcriuum oder die der Finanz- minister auf Grund dér Beschlagnahmeverordnung zu führen hat, nun völlig selbständig oder selbst im Finanzministerium auszuüben, Wir haben infolgedessen eine Reihe von Persönlichkeiten, die diese Ver- waltung besorgen, und wir haben dort, wo wir glaubten das tun zu können das habe auch wieder nit ich getan, sondern das ist ein Zustand, den ih vorgefunden habe, der auch unter dem Finanzminister Lüdemann besta nden hat —, da, wo nihts dagegen einzuwenden war, namentlich da, wo wir mit einer gewissen Sicherheit Privateigentum annehmen fkonnten, unter Oberaufsicht des Finanzministeriums den bisherigen Verwaltern die Verwaltung überlassen, selbstverständlih mit der Verpflitung, dem Finanzministerium Rechnung zu legen, selbstverständliß mit der Verpflihtung des Finanzministeriums, ein wachsames Auge zu haben und in diese Rechnung hineinzuleuchten; und so hat denn auc die Verwaltung der sogenannten Prinz Albreht- sen Linie, also die drei Söhne des früheren Prinzen Albrecht, ihr Vermögen, das zweifellos im wesentlichen Privateigentum ist, in eigener Verwaltung dur ihre eigenen Beamten behalten. Darüber

Geseybuchs entscheiden, sondern das siud sehr schwierige Redtsfragen, |

hat Herr Zadchariae eines Tages mit dem Hofrat Neimanns, der au

Behauptungen nit rihtig, es bestände die Absicht, ih glaube 200.

der Spitze dieser Verwaltung steht, verhandelt. . Das hat Herr Katz peulich hier vorgelesen Dinge, über die Herr Zachariae natur- notwendig mit Herrn Neimanns gesprochen hat und sprehen mußte, wie es alle Tage vorkommt, genau fo, wie das Finanzministerium, wie ich persönlich mit den Bevollmächtigten des früheren Königs ver- handle, genau fo, wie der Hofkammerpräsident zu uns kommt und wir mit ihm verhandeln müssen, genau so hat Herr Zachariae mit dem Vertreter der Prinz Albrehts{hen Linie verhandelt. Ich wüßte nit, wie wir das anders machen sollten und was dabei sein soll.

Im übrigen kann Herr Abg. Dr. Berndt auch in der Beziehung vollkommen beruhigt sein: was die Hofkammer tut, was sie ver- waltet, jeder Pfennig, den sie einnimmt, ist uns bekannt, geht durch ihre RNechnung und wird bei uns nachgeprüft; kein Pfennig ist nicht beschlagnahmt dur die Verordnung, und es ist kein Pfennig, über den dem Finanzministerium nicht Rechnung gelegt wird.

So glaube ih nit, daß ich zurzeit, bevor das Staatsministerium gesprochen hat, weiter noch etwas sagen kann als ich gesagt habe. Fh würde mich freuen, wenn es möglich wäre, unter allen Um- ständen entweder zu einer gütlißen oder zu einer \chiedsgeriht- lien Einigung zu kommen auf der Grundlage, die ich vorhin fffizziert habe, und zwar, weil ich fürhte, daß mag auch vieles rihtig sein, was Herr Dr. Berndt gesagt hat wir aus diesem unleidlihen Zustande des weiteren Bestehens der Beschlag- nahmeverordnung, die {ließlich doch nicht dauernd aufrehterhalten werden kann, irgendwie herauskommen . müssen, und weil ich ver- meiden möchte, daß \{ließlich der Ausweg in einem Prozeß gefunden wird, bei dem nach meiner Auffassung weder das Ansehen des früheren Königshauses noch das des Staates gewinnen kann.

Aber diese Möglichkeit sehe ih nur, wenn wir auf beiden Seiten den guten Willen dazu haben, wenn wir anerkennen so gut wie wir es von dem früheren Königshause erwarten —, daß die Frage im wesentlichen eine Rechtsfrage ist, wenn auch eine Frage des öffent- liGßen Rechts, wenn wir uns niht auf den Standpunkt stellen, den wir gar nicht durchführen können, daß wir einfa zu befehlen haben. Dazu brauen Sie die Reichsgeseßgebung, und wie Sie diese auch în Bewegung seßen mögen, daß das mit den allerschwersten poli- tisGen Erschütterungen auch im Reichstage verbunden sein wird, darüber kann gar kein Zweifel sein.

Ih wiederhole zum Schluß meiner Ausführungen, daß ich völlig unterschreibe, was ein sehr angesehenes Mitglied der Deutschen demokratischen Partei gesagt hat: ih betrachte es geradezu als den Berveis der kulturellen Eristenzfähigkeit der Republik, daß fie auch diese \{chwierige Frage unter gerechter Berücksichtigung der Interessen beider Teile löfen kann. Ich glaube und hoffe zuversichtlich, daß das Preußische Staatsministerium, au die Herren Minister aus der Sozialdemokratishen Partei, #ich. bei der Beratung im Staats- ministerum im wesentlichen auf diesen Standpunkt stellen werden. G habe doch den Eindruck, daß cine große Menge von Herren und Damen, die in der preußischen Landeêversammlung gegen den damals vorgelegten Vergleihsvorschlag waren, jeßt diese Abstimmung Bereuen, und id habe den Eindruck, daß in weitesten politischen Kreisen, auch in sehr weit linksstehenden, man sehr froh sein würde, wenn diese in jeder Beziehung für älle Teile heiße und unangenehme | Angelegenheit. bereits. aus der. Welt geschafft wäre : denn sie wird dur längeres Hinausschieben nicht besser, sondern meiner Meinung nah immer schlechter. : :

Meine Damen und Herren, ich möhte mi nach diesen Aus- Yhrungen doch noch gewissen Fragen zuwenden, die mit dem Haushalt zusammenhängen. Herr Abgeordneter Berndt hat vorhin in längeren Ausführungen ‘im Anschluß an die unseligen Vorfälle der lehten Tage sich über Beamtenpolitik und Beamke aus- gesprochen, Es ist das ja eine Frage, die an si, soweit die politische Seite in Frage kommt und von der hat Herr Berndt haupt- Mdlid gesprohen —, im wesentlichen zum Haushalt des Ministeriums des Innern gehört, und ih nehme an, daß auG Herr Dr. Berndt wobl Veranlassung nehmen wird, bei der dritten Lesung des Haushalts des Ministeriums des Innern auf diese Frage zurückukommen. Ich mödte aber über eins gar keinen Zweifel lassen darin, glaube i, stimmen alle mit mir überein, gleihßgültig, jwelhe politishe Auffassung sie font - haben mögen =—: id sehe tas allerdings ohne weiteres als selbsiverständlichß an daß derjenige, der im preußischen Staatsdienste ist, vorbehaltlo3s auf dem Boden der Reichs- verfassung und der preußischen Verfassung stebt und stehen muß, daß er unter feinen Umständen feine Hand dazu bieten darf, irgend etwas8zutun- was dem Geiste oder dem Sinn dieser Verfassung widerspricht. Wer das nicht kann, meine Damen nund Heren, kann meiner Ueberzeugung nach— und diese Ueberzeugung habe i auch vertreten, bevor i Minister war naturgemäß im preußischen Staatsdienst nit bleiben. Es ift gar nit unehrenvoll für ïßn, wenn er seiner Ueberzeugung ein Opfer bringt; aber das muß manallerdings verlangen, daß ein Beamter, der der deutschenReihsverfassung undder preußi- sen Verfassung den Eid geleistet hat, sich auch bewußt ist, imSinne desGeistes dieserVerfassung zu handeln, und wenn ihm das \{chwer wird, dann muß er sich eben darüber klar werden: wird mir das so s{chwer, daß ih gehe, oder er muß ih sagen: es wird mir zwar {chwer, aber selbstverständlih tue ih meine Pflicht. Auf der anderen Seite is auch das wird Herr Berndt zugeben durch die Reichsverfassung den Beamten die Frei- heit ihrer politischen Gesinnung gewährleistet, und es ist natürltch ohne Aenderung der Reichsverfassung nicht mögli, einen Beamten lediglih deshalb ih spreche jeßt von nichtpolitisGen Beamten ns seinem Amte zu entfernen, weil er eine sagen wir mal oppositionelle Gesinnung. hat. J{ch wüßte wenigstens niht untd auch Herr Berndt wixd mir darin zustimmen —, wie Sie das ohn Aenderung der Reichsverfassung machen wollen; das können Sie nicht. Sie sprachen vorhin von Disziplinarbestimmungen. Das läßt sich aber nur dur Aenderung der Neichsverfassnng machen, nicht durch preußische Disziplinarbestimmungen. Wohl aber kann id, wenn der Beainte die Grenzen und die Pflichten, die ich vorhin \fizziert Habe und die meiner Meinung nach auch den Herren der Demokratishen Partei genügen dürften nicht erfüllt, . selbst- verständlich das. Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten wegen Ver- Teßung der Reichsverfassung und wegen Verleßung der preußischen

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anders Viegt, darüber Tann - gar kein - Zweifel - sein, und darüber brauchen wtr uns hier in diesem Kreise jeßt nicht weiter zu unterhalteu-

F möghte aber noch auf eins kommen, was, glaube ih, Herrn Berndt und eine Reibe von anderen Herren interessieren wird es ist auch darüber \{hon, ih glaube, auch beim Ministerium des Innern gesprochen worden —: das ist der NaGwuchs unserer Ver- waltungsbeamten. Ich habe zu einer Zeit, als in Preußen noch die Monarchie bestand, nicht nur auf demStandpunkt gestanden, sondern auch sffentlich immer vertreten, daß der Nahwucch{s in der all gemeinen Verwaltung, der Nachwuchs der Re- gierungsreferendare in einer völlig unzulässigen einseitigen Weise erfolgte. Ich habe es beklagt, daß nicht weitere Schihten und weitere Kreise des Volkes schon damals zur MitarbeitamStaate herangezogen sind, aber ih fürchte, wir find jeßt auf dem Wege, in den entgegengeseßten Fehler zu verfallen. Meine Damen und Herren, wir leiden jeßt daran, daß wir tatsächlich einen Mangel an geeigneten Persönlichkeiten geeignet im weitesten Sinne des Wortes unter Heranziehung aller Kreise der Bevölkerung für die Stellung der Referendare bei der Regierung haben. Ih muß Ihnen ganz ofen sagen, daß mir nit sehr wobl gewesen ist, als ich neulich mit dem Herrn Minister des Innern zusammenn ein Schreiben an die Oberpräfidenten und an die Regierungspräsidenten losließ, in denen fie gebeten wurden, in weitesten Kreisen auf die großen Vorteile aufmerksam zu machen, die der Uebertritt zur Verwaltungslaufbahn für die inngen Referendare biete. (Hört! hört ! rechts.) Es ist mir doch ein bishen so vorgekommen, als ob ich den guten preußishen Staat und die gute preußische Verwaltung auf dem Markt ausklingelte: Heréin- herein, immer hereinspaziert! Das ist mir verdammt {wer ge- worden, aber ih habe es deshalb getan, weil mir der Herr Minister des Innern in bestimmter Weise dargelegt hat, daß in der Tat der Nachwucls kaum zu bekommen sei. Jch bin allerdings der Ansicht, daß das nicht nur an den sehr viel besseren Verhältnissen in der VFndustrie und in den anderen Berufen liege. Das allein ist es nit. Eine solche Abwanderung findet ja von der Justiz nicht statt, und wir erleben es, daß sehr tüchtige Herren, die in der allgemeinen Verwaltung beschäftigt sind, Gerichtsassessoren, auf die Bitte, nun dauernd zu uns zu kommen, erklären : - Nein, dem seßen wir uns: nit aus. Wir wollen lieber in die Richterkarriere; da sind wir unabhängig. Wir riskieren ja, daß wir eines Tages, ohne daß wir uns etwas baben zu Gulden kommen lassen, nur um einen anderen Plaß zu machen, aus politischen Gründen, da und dahin ges{chickt werden. Das wird mir erklärt; ob es richtig ist, lasse ich dahingestellt. (Sehr richtig! rechts Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Va, Herr Kollege Lüdemann, das is nun einmal so, und es steht vollkommen fest, daß es die ernsteste Sorge des sozialdemokratishen Herrn. Innenministers ist, wie er einen genügenden Nahwuchs an tüchtigen und geeigneten jungen Leuten bekommen kann. Das erftreckt si nit auf irgendwelhe Kreise, von denen Sie nichts wissen wollen, sondern das erstreckt #sich auch auf Jhre Kreise. Sehen Sie mal, warum geht jemand, der tüchtig ist, der nicht auf den Kopf ge- fallen ist, der Interesse hat, in die Verwaltung? Weil er glaubt, dort eine Tätigkeit zu haben, dié seinen Fähigkeiten und seinen Interx- essen ‘entsprichit, weil er glaubt, . dort _ etwas -Gutes “für seinen preußishen Heimatsstaät leiften zu können. Aber er ‘fagt fich: Je mehr ich in diesem Staate aufgehe, je mehr ih alles, was ih habe, in den Dierist dieses Staates stelle, desto mehr hoffe ih, in Stellungen zu kommen, wo ih diese meine Fähigkeiten möglichs nußbringend verwerten fann. Und wenn er dann sieht, daß ihm das oft nicht gelingt, weil die leitenden Stellen eben vielfach nicht nach diesen Fähigkeiten, sondern nach rein politishen Gesichtspunkten besetzt werden (bört, bört! rechts), dann bleibt er natürli lieber fort. Ich babe im Staatsministerium darauf hingewiesen, und deshalb fann ih es hier ebenso gut sagen: das ist die ungeheuere Gefahr einer zu weitgehenden Politifierung der Stellung der Verroaltungs- beamten. (Sehr richtig! rechts.) Ich darf darauf aufmerksam macen, daß das garnihts mit dem parlamentarischen Regiment zu tun hät. (Sehr richtig! rechts8 Große Unruhe bei den Soz. Abg. Lüdemann: Es ist die höchste Zeit, daß das fommt! Lachen rets Abg. Peters (Hohdonn): Man sollte heute anders über diese Frage reden, Herr Minister! Zurufe rechts, Abg. Lüde- mann: Der Herr Minister hat den Staat zu verteidigen! Erneute Zurufe rechts. Fortgesette große Unruhe und Zurufe bei den Soz. Glode des Präsidenten.)

x6 bin au bereit, den Staat zu verteidigen. (Lebhafte an- dauernde Zurufe bei den Soz. und den Komm. Glodcke des Präsidenten.)

Fh \prehe von dem alten System überhaupt nicht. Ih habe an die Spitze (lebhafte Zurufe bei den Soz, und den Komm.) G muß doch annehmen, daß Sie in der Lage sind, ruhig und objektiv meinen Ausführungen zu folgen. Ih habe ausdrüdcklich, Herr Abg. Lüdemann, an die Spize meiner Ausführungen gestellt,

noch nit im politischen Leben standen. (Zuruf des Abg. Lüde- mann.) Ic werde mir das Recht nicht nehmen lassen, auf Schwierig- keiten hinzuweisen, die augenblicklich vorhanden sind. Diese Schwierigkeiten, Herr Abg. Lüdemann, werden dadur nicht beseitigt und es wird nit besser, daß man den Kopf in den Sand -steckt (Zuruf links), sondern sie werden nur dadurch besser, daß man sie objektiv bespricht.“ Nun lassen Sie ‘mich ruhig meine Gedanken zu

Zweifel sein, (Lebhafte Zurufe links.) Meine Damen und Herren, auch der Herr Abg. Berndt und

haben, haben über das Altersgrenzengeseß und über die Beamten- bezüge gesprohßen. Sie können doch niht von mir verlangen, daß

ih in dieser furchtbar ernsten Zeit immer nur an die Sachen denke

und von den Sachen spreche, die am Sonnabend passiert sind, - die aber nit auf der Tagesordnung stehen. Das ist nicht denkbar, und Sie werden mir nit vorwerfen können, daß ich in meiner ganzen Ausführung diesen - bitterernsten Zeiten des preußischen und des deutsdhen Volkes irgendwie niht gerecht geworden wäre. (Zuruf bei den Kommunisten : Sie wollen die Reaktionäce in der Ver- waltung behalten!) Meine Herren Kommunisten, daß wir uns nit einigen werden, daran ist gar kein Zweifel. - Jch will auch gar

was i son zu einer Zeit vertreten habe, wo Sie, Herr Lüdemann, :

Ende führen. Daß ih mich in Uebereinstimmung mit dem Herrn Minister des Innern befinde (Zuruf links), darüber kann gar kein

andere Herren, die zu dem Etat des Finanzministeriums gesprochen

bin: gesagt. I sage, man soll das parlamentarische Syftem, das ih für rihtig und gut halte, nicht dadurch übertreiben, daß man die Kinderkrankheiten wiederholt, die Länder mit parlamentarischem System, wie Amerika und England, längst abgeshüttelt haben. (Leb- hafte andauernde Zurufe bei den Sozialdemokraten. Glocke des Präfidenten.) L Nur zwei Worte. Ih bitte, mir von allen Seiten zu bestätigen i glaube, alle Damen und Herren, vielleiht mit Ausnahme des Herrn Lüdemann und seiner Freunde, werden es tun —, daß ich kein Wort für das alte System und kein Wort für das neue System ge- sprochen habe. Als ih dazu kam, vor dem parlamentarischen System zu \sprehen und sagte, daß ich mi als dessen Anhänger fühle, da unterbrach mich Herr Lüdemann und mate mir einen Vorwurf. (Zuruf links.) Wie ih dazu kommen soll, mi nicht als Anbänger des parlamentarishen Systems so, wie es übrigens au Herr Schiffer hingestellt hat, der hundertmal gesagt hat: Uebertreiben Sie es nit, zu bekennen, das weiß ich nicht. In dem Augenblick, wo ich es tue, unterbrit mi Herr Lüdemann. Das, was ih gesagt habe, im parlamentarischen System hat mit der Frage (lebhafte Zu- rufe links -— Gegenrufe rechts große Unruhe Glode des Präsidenten.)

IchG bin im wesentlichen auch fertig. Jch darf nur noch furz sagen: Herr von Kries hat an mi die Frage gerichtet, wie es mit dem M inisterpensionsgeseß steht. Wir werden in Ueber- einstimmung mit dem Reich vorgehen, das mit Vorarbeiten zurzeit

beschäftigt ift. :

Es ist dann von der Bauverwaltung die Rede gewesen. Wir stehen durhaus auf dem Standpunkt, daß, wenn es mögli ist, eine weitere Zentralisationin der Bauverwaltung herbei- geführt werden muß. Ob und wie das mögli sein wird, ist s{chwer zu sagen.

Sparsamkeit beim Finanzministerium dur- zuführen, ist außerordentliß {wer aus den Gründen, von denen Herr von Eynern {hon gesprochen hat, daß wir nämli gerade in der Finanzverwaltung Persönlichkeiten haben müssen, die in die Etats der andern Ministerien hineinsehen, und wir, wenn wir diefe Persôn- liGkeiten entbehren, die Aufgaben, die uns gestellt sind, nicht mehr erfüllen Tönnen. /

Sie müssen mir {hon gestatten, die Ausführungen zu machen die ih für rihtig halte. Ich möchte nur, weil ih sehe, daß es morgen in Ihrer Presse (nah links) wieder losgehen wird, darauf hinweisen: So wenig wie ein Beamter aus seiner politischen Ge- finnung heraus abgelehnt werden will, sofern er auf dem Boden der Verfassung steht, so wenig habe ih ein Wort gesagt, das fich gegen die Sozialdemokratische Partei richten könnte. Jch habe nichts weiter getan, als darauf hingewiesen, daß in jedem Staat beim parla- mentarischen Regime, das Lloyd George als eine Regierung der Amateure bezeichnet hat, es nit mögli ist, durch diese Amateure ich will mir das Wort nicht zu eigen mahen die Regierung ordentli führen zu lassen, wenn fie nicht von cinem Stab sah- verständiger Leute umgeben und getragen sind; je mehr Sie die politisGe Gesinnung der Leitenden in den Vordergrund stellen, defto notwendiger müssen Sie auf die FaGhbildung der Nichtleitenden, die jene unterstüßen sollen, Gewicht legen. Wenn sich Ihre Leidenschaft oder Erregung wieder gelegt haben wird, werden Sie auch diesen vernünftigen und sachlihen Gesichtspunkt, den alle sozialdemokratischen Herren Minister übereinstimmend. mit mir teilen, anerkennen. (Leba haftes- Bravo! rechts. Starkes Zishen und Pfeifen links.) i

Abg. König - Swinemünde (Soz.): Jch hätte es nicht für möglich gehalten, daß in der Situation, in der si{ch Preußen und Deutschland heute befinden, der Finanzminister eine ige Rede halten könnte. Es if doch Tatsache, daß in der Verwa tung bis in die Kreisbehörden hinein mindestens 75 bis 89 Prozent Monar- isten noch tätig find, die gegen den Staat Stellung nehmen. Es ist ein. unerhörter Vorgang, wenn sich der Finanzminister hinter einen Ministerialdirektor verkrieht. Wir erleben einen Anschla auf die Republik nach dem andern, und in dem Augenblick wende sih dexr Finanzminister dagegen, daß die republikanishen Kreise niht die nötige Vorbildung für die Verwaltung hätten (Ruf rechts: Nicht wahr!). Die Räte des Finanzministers haben ent- [e neen Einfluß auf die gesamte Verwaltung in allen

inisterien. Man weiß es, daß oft notwendige Forderungen unter den Tisch fallen. Nicht die finanziellen Gesichtspunkte, sondern die Leben8notwendigkeiten des Volks müssen in den Vordergrund gestellt werden. Die Feinde der Republik müssen in allen Stellen der Verwaltung beseitigt werden (Ruf links: Da würde er selbst Ee. Das Fundament der Republik ist die gesamte deutsche rbeitershaft und ohne sie wäre die Republik lärgst dahin. Für den Ausbau von Betriebsräteschulen, von wirtschaftlichen Schulen usw. muß zur Schulung der Arbéitermassen gesorgt werden. Vom Ps aus versucht man sogar, in andere Ressorts ineinzuregieren. Die unteren und mittleren Beamten müssen mindestens das Existenzminimum haben. Wenn der ganze Besiy der Hohenzollern umgerechnet wird, dann geht es in die Milliarden. Wenn man noch für die Theater und Museen Abfindungen zahlen soll, dann sind die. Milliarden überhaupt nicht abzusehen. Kann man das heute noh verstehen, daß ls die Hohenzollern Milliarden hergegèben werden sollen, wo sie sich an monarhistischen Feiern beteiligen und das Volk Not leidet. Die Frage der Abfindung muß vom Gesichtspunkt der Staatsnotwendigkeit betrachtet werden. Er sollte zu einer Enteignung schreiten. Jst es Absicht gewesen, bei einem eventuellen Vergleich Museen, S{löfser usw. auszu- halten? Reaktionäre Beamte müssen im Fnteresse der Republik beseitigt werden. Der Finanzminister muß mit allen Mitteln den Ausbau des Staates fördern. au Ebersbach (D. Nat.): Uebex die Frage der Hohen- zollernabfindung hat mein Parteifreund Dr. v. Kries schon ge- \sprochen. Nah der Vorlage des Finanzministers werden wir unsere Stellungnahme darlegen. Durch die Bestimmung. der Reichs= vere daß die Grundrehte der Beamten unverleßlih sind, „war damals ein Zustand der Beruhigung atn worden, ZJn- zwishen haben sich die Dinge aber merklich vershlechtert. Die gegenwärtige Besoldungsordnung und das Besoldungssystzm it dringend reformbedürftig. Durch die Zwangspensionierung ist den Beamten zweifellos ein Unrecht zugefügt worden (Zustimmung rechts). Das Penfionskürzungsgeseß und das Geseß Über ander=- weitige Verwendung von Wartegeldempfängern und Herabseßung deren Bezüge hat der Reichsrat abgelehnt aus rechtlihen, aus mora- lishen und aus Gründen ‘der Unzweckmäßigkeit, Diese vernich- tende Kritik ist charakteristish. Jm Reichstag fehlte dann nur noch eine Stimme, um das Geseb zu beschließen. Wir fürchten, diese Gesetze aber wieder vorgebraht werden. Die Rechts tellung der Beamten i} also \o unsicher geworden, daß sih die eamten ir dem heutigen Staate niht mehx wohlfühlen. Der Finanzminister möge seinen gangen Einfluß dafür einseßen, . daß die Rechte dexr Beaiten unter allen Umständen gewahrt bleiben.

h , Dr. Ka lle (D. Vp.): Meine Fraktion legt Wert darauf, festzuste daß die Behauptungen des Heilmann über die Öögensauseinande ngen völlig aus derx Luft ge

T iffen find Der Abg. Kriege ist niht Rechtsverwalter des Ha / . Der Abg. Krie n echt8ver r 1U ‘Hohenzollern. Der Abg. Kriege is auch nicht von dex Deutsche

Verfassung. Daß

diese Sache bei den sogenaunten ‘politishen Beamten

| feine Reaktionäre in der Verwaltung haben, das habe ih schon vor-

| Volkspartei in den Landtag gesandt worden, um“ die Juteressen des Hauses Hohenzollern zu vertreten. Uus hat es sehe unau-