1900 / 169 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Jul 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichs-Anzeiger

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des Deutschen Reichs-Anzeigers

und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers

Berliu §W., Wilhelmstraße Nr. 32.

1900.

¿ 169.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Ober-Forslmeister, Professor Dr. Borggreve zu eo den Rothen Adler-Orden dritter Klasse mit der Schleife, s dem Oberlehrer a. D., Professor Brockhaus zu Köln, em Pfarrer emer. Hornung zu Dortmund, dem Rechnungs- tevisor a. D., Rehnunasrath Fran ck zu Kiel, dem bisherigen Handelsrichter, Fabrikbesißer Sauerhering zu Eibirg und em Lederfabrikanten Friedrih Schramm zu Dillenburg en Rothen Adler-Orden vierter Klasse,

dem Geheimen Sanitätsrath Dr. Elias zu Breslau und )em Regierungs - Sekretär a. D., Rechnungsrath Mispagel u Trier den Königlichen Kronen-Orden dritter Klasse,

dem Kreis - Sparkassen - Rendantcn und Gemeinde - Ein- ehmer, Gutsbesißer Bolen zu Daun, dem Eisenbahn- Stations-Assistenten a. D. Berghof zu Köln, dem bisherigen Lehngutsbvesißer und Amtsvorsteher Zernickow zu Fürsten- palde (Spree), bisher zu Neuendorf im Kreise Lebus, und em Modelleur und Werkführer Nikolaus Schweißer zu Wallerfangen im Kreise Saarlouis den Königlichen Kronen- Drden vierter Klasse,

den emeritierten Lehrern Haller zu Dillingen im Kreise Saarlouis und Fischer zu Garchen im Kreise Kolberg-Körlin den Adler der Jnhaber des Königlichen Haus-Ordens von Hohenzollern,

dem Regierungs-Botenmeister a. D. Wilhelm Schroeder u Lieg im Kreise Cochem, bisher in Trier, und dem Färber Fulius Leiser zu Halle a. d. S. das Kreuz des Allgemeinen Ehrenzeichens,

dem Gemeinde-Vorsteher Dertwig zu Grabow im Freise Königsberg N.-M., den Eisenbahn-Weichenstellern a. D. Fetkenheuer zu Steitin und Mielenz zu Struvenberg im Kreise Oberbarnim, den Bahnwärtern a. D. Otto zu Schmargendorf im Kreise Angermünde, ermann zu

N e und Piepenhagen zu Greiffenberg U.-M. desselben

Rréijes, dem Kämmerer Karl Koslowski zu Storchnest im Kreise Pr.-Holland und dem Aufseher Friedrich Müller zu Belleben im Mansfelder Seckreise das Allgemeine Ehren- zeichen, sowie

dem emeritierten Lehrer Karl Kenski zu Kurziontken im K l Johannisburg die Reitungs-Medaille am Bande zu derleihen.

Deutsches Reich.

Vos L:0LD n: Un. 0:, Vetreffend die Jnkraftsezung der im § 154 Abs. 3 der Gewerbeordnung getroffenen Bestimmung.

Vom 9. Juli 1900.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reichs, nach ees ustimmung des: Bundesraths, auf Grund des Artikel 9 Abs. 1 des Gesetzes, Jeireffend die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 1. Juni 1891 (Reichs-Geseßbl. S. 261), was folgt :

Die Bestimmung des § 154 Abs. 3 der Gewerbeordnun ritt am 1. Januar 1901 mit der Maßgabe in Kraft, daß Uf die dort bezeihneten Werkstätten mit Motorbetrieb, vor- ehaltlih der Ausnahmen, welhe der Bundesrath zuläßt, die S8 135 bis 138, 139 a, 139, sofern aber in: diesen Werk- ätten in der Regel zehn oder mehr Arbeiter beschäftigt verden und es sih nicht um Betriebe der Kleider- und Wäsche- tonfeltion 1 der Verordnung* vom 31. Mai 1897 Neade:-Geseßbl. S. 459 —) handelt, auh die 88 138 a, 139 der Gewerbeordnung entsprechende Anwendung finden.

Die gegenwärtige Verordnung erstreckt sich nicht auf Werlstätten mit Motorbetrieb, in denen der Arbeitgeber aus- Yließlih zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift Md beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

L. Gegeben Kiel, den 9. Juli 1900. E (L. S.) Wilhelm. Graf von Posadowsky.

H Bekanntmachung, effend die Ausführungsbestimmungen des desraths über die Bel pelttgung von jugend- en Arbeitern. und von Arbeiterinnen in Werk- stätten mit Motorbetrieb.,

Vom 13. Juli 1900.

Auf Grund des § 154 Abs. 3 der Gewerbeordnung hat ndesrath Va erkstätten, in welhen dur elementare Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität u. \. w.) Triebwerke nicht bloß vorübergehend zur Verwendung

, die aus dem Folgenden fih ergebenden Ausnahmen

von den nah der Kaiserlihen Verordnung vom 9. Zuli 1900 (Reichs-Geseßbl. S. 565) vom 1. Januar 1901 ab auf sie Anwendung findenden Bestimmungen der 88 135 bis 139 b der Gewerbeordnung nachgelassen. '

I. Werkstätten mit zehn oder mehr Arbeitern.

1) Jn Werkstätten mit Motorbetrieb, in welchen in der Regel zehn oder mehr Arbeiter beschäftigt werden, dürfen Kinder zwischen dreizehn und vierzehn Jahren, welche nicht mehr zum Besuche der Volks\shule verpflichtet sind, zehn Stunden täglich beschäftigt werden. Jn Schleifer- und Poliererwerkstätten der Glas-, Stein- und Metallverarbeitung darf jedoch ihre Beschäftigung die Dauer von sechs Stunden täglich niht überschreiten.

IT. Werkstätten mit weniger als zehn Arbeitern.

A. Allgemeine Bestimmungen.

2) Auf Werkstätten mit Motorbetrieb, in denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, finden die SS 135 bis 138 der Gewerbeordnung mit den aus Ziffer 3 bis 10 sih ergebenden Abänderungen Anwendung.

3) (8 135 der Gewerbeordnung.) Kinder unter dreizehn Jahren dürfen nicht beschäftigt werden. Kinder über dreizehn Jahre dürfen nur beschäftigt werden, wenn sie niht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind.

Die Beschäftigung von Kindern unter vierzehn Jahren und von jungen Leuten zwischen vierzehn und sechz-hn Jahren darf die Dauer von zehn Stunden täglih nicht überschreiten. Fn Scleifer- und Poliererwerkstätten dec Glas-, Stein- und Metallverarbeitung dürfen jedoch Kinder nicht länger als \scchs Stunden täglih beschäftigt werden.

4) (8 136 der Gewerbeordnung.) Die Arbeitsstunden der jugendlichen Arbeiter (Ziffer 3) dürfen niht vor fünf- einhalb Uhr Morgens beginnen und niht über achteinhalb Uhr Abends dauern. Zwischen den Arbeitsstunden müssen an jedem Arbeitstage regelmäßige Pausen gewährt werden. Für jugendliche Arbeiter, welhe nur sechs Stunden täglih be- ]hâftigt werden, muß die Pause mindestens eine halbe Stunde betragen. Den übrigen Oen Arbeitern muß mindestens ent- wedêér Mittags eine einstündige sowie Vormittags und Nach- mittags ‘je eine halbstündige, oder Mittags eine einundeinhalb- stündige Pause gewährt werden. Eine Vor- und Nachmittags- pause braucht nicht gewährt zu werden, sofern die jugendlichen Arbeiter täglih nicht länger als aht Stunden beschäftigt werden und die Dauer ihrer durch eine Pause nicht unter- brochenen Arbeitszeit am Vor- und Nachmittage je vier Stunden nicht übersteigt.

Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung im Werkstattbetriebe nicht gestattet werden.

An Sonn- und Festtagen sowie während der von dem ordentlihen Seelsorger für den Katehumenen- und Kon- firmanden-, Beicht- und Kommunionunterriht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden.

5) 137 der Gewerbeordnung.) Arbeiterinnen dürfen viht in der Nachtzeit von achteinhalb Uhr Abends bis fünf- einhalb Uhr Morgens und am Sonnabend sowie an Vor- abenden der Festtage niht nah fünfeinhalb Uhr Nachmittags beschäftigt werden.

Die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sechzehn Jahre darf die Dauer von elf Stunden täglich, an den Vorabenden der Sonn- und Festtage von zehn Stunden, nicht überschreiten.

Zwischen den Arbeitsstunden muß den Arbeiterinnen eine mindestens einstündige Mittagepause gewährt werden.

Arbeiterinnen über sechzehn Jahre, welche ein Haus3wesen zu besorgen haben, sind auf ihren Antrag eine halbe Stunde vor der Mittagspause zu entlassen, sofern diese niht mindestens ein und eine halbe Slunde beträgt.

Wöchnerinnen dürfen während vier Wochen nach ihrer Niederkunft überhaupt niht und während der folgenden zwei Wochen nur beschäftigt werden, wenn das Zeugniß eines approbierten Arztes dies für zulässig erklärt.

Die Bestimmungen im Abf. 1, 2 finden auf Arbeiterinnen, welche in Badeanstalten ausschlicßlich oder vorwiegend mit der Bereitung der Bäder und der Bedienung des Publikums be- schäftigt sind, keine Anwendung. S

6) (8 138 der Gewerbeordnung.) Sollen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, so hat der Arbeit- ther vor dem Beginn der Beschäftigung der Ortspolizei- ehórde eine shriftlihe Anzeige zu machen. Jun der Anzeige iv Me Lage der Werkstätte und die Art des Betriebs anzu- geben. i

Der Arbeitgeber hat dafür zu - sorgen, daß in den Wérkstatträumen, in welhen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, eine Tafel ausgehängt ist, welche in der von der Landes-Zentralbehörde zu bestimmenden Fassung und in deutlicher Schrist einen Auszug ‘aus den Bestimmungen über die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern und von Arbeiterinnen enthält. M

7) Ueber die in Ziffer 5 Abs. 1, 2 festgeseßte Zeit hinaus dürfen Arbeiterinnen über sechzehn Jahre an vierzig Tagen im A beschäftigt werden. Dieje Beschäftigung darf dreizehn

tunden täglih nicht überschreiten und nicht länger als bis

zehn Uhr Abends dauern. Hierbei kommt jeder Tag in An- rechnung, an welchem auh nur eine Arbeiterin über die nah Ziffer 5 zulässige Dauer der Arbeitszeit hinaus beschäftigt ift.

Gewerbetreibende, welche Arbeiterinnen über sehzchn Jahre auf Grund der vorstehenden Bestimmungen über die in Ziffer 5 Abs. 1, 2 festgeseßte Zeit hinaus beschäftigen, sind verpflichtet, ein Verzeichniß anzulegen, in welches jeder Tag, an dem Ueber- arbeit stattgefunden hat, noch am Tage der Ueberarbeit ein- zutragen ist. Das Verzeihniß ist auf Erfordern der Orts- Ps sowie dem Gewerbeaufsichtsbeamten jederzeit vor- zulegen.

8) Für mehr als vierzig Tage im Jahre kann auf Antrag des Arbeitgebers eine Ueberbeschästigung in dem aus Ziffer 7 Abs. 1 sih ergebenden Umfang von der unteren Verwaltungs- behörde gestattet werden, wenn die Arbeitszeit für die Werk- stätte oder die betreffende Abtheilung der Werkstätte so geregelt wird, daß ihre täglihe Dauer im Durchschnitt der Betriebs- tage des Jahres die regelmäßige geseßlihe Arbeitszeit nicht überschreitet.

Der Antrag ift schriftlich zu stellen und muß den Grund, aus welchem die Erlaubniß beantragt wird, die Zahl der in Betracht kommend: n Arbeiterinnen, das Maß der längeren Beschäftigung sowie den Zeitraum angeben, für welchen die- selbe statifinden soll. Der Bescheid dec unteren Verwaltungs- behörde auf den Antrag ist binnen drei Tagen \{riftlich zu ertheilen. Gegen die Versagung der Erlaubniß steht die Bz- schwerde an die vorgeseßte Behörde zu.

Die untere Verwaltungsbehörde hat über die Fälle, in welchen die Erlaubniß ertheilt worden ist, ein Verzeichniß zu führen, in welhes der Name des Arbeitgebers und die für den schriftlizen Antrag vorgeschriebenen Angaben einzu- tcagen sind.

Die untere Verwaltungsbehörde kann die Beschäftigung von Arbeiterinnen über scchzehn Jahre, welche kein Hauswesen zu besorgen haben und eine Fortbildungsshule nih1 besuchen, bei den im 8 105c Abs. 1 der Gewerbeordnung unter Ziffer 3 und 4 bezeichneten Arbeiten an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen Nachmittags nah fünfeinhalb Uhr, jedoch nicht über achteinhalb Uhr Abends hinaus, gestatten. Die Er- laubniß ist shriftlich zu ertheilen und vom Arbeitgeber zu ver- wahren.

9) Wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regel- mäßigen Betrieb einer Werkstätte unterbrochen haben, so können Ausnahmen von den in Ziffer 3 Abs. 2, Ziffer 4 und 5 Abs. 1 bis 3 vorgesehencn Beschränkungen auf die Dauer von vier Wochen durch die untere Verwaltungsbehörde, auf längere gee durch die höhere Verwaltungsbehörde zugelassen werden. In dringenden Fällen solcher Art, sowie zur Verhütung von Unglücksfällen kann die Ortspolizeib hörde solche Ausnahmen höchstens auf die Dauer von zwei Wochen geitatten.

Wenn die Natur des Betirichs oder Rüctsihten auf die Arbciter in cinzelnen Werkstätten es erwünscht erscheinen lassen, daß die Arbeitszeit der jugendlihen Arbeiter oder der Arbeiterinnen in einer anderen als der durch Ziffer 4, 5 Abs. 1, 3 vorgesehenen Weise geregeli wird, so kann auf besonderen Antrag eine anderweite Negelung hinsichtlich der Pausen durh die untere Verwaltungsbehörde, im übrigen durch die höhere Verwaltungsbehörde gestattet werden. Jedoch dürfen in solhen Fällen die jugendlichen Arbeiter nicht länger als sechs Stunden. beschäftigt werden, wenn zwischen den Arbcitsstunden nicht Pausen von zusammen mindestens einstündiger Dauer geme werden.

Die auf Grund vorstehender Bestimmungen zu treffenden Verfügungen müssen schriftlih erlassen werden.

B. Besondere Bestimmungen für Werkstätten des Handwerks.

10) Jn Werkstätten des Handwerks mit Motorbetrieb, in denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, finden auf die Beschäftigung männliher jugendlicher Arbeiter die Bestimmungen unter Ziffer 3 Abs, 2 Sah 1, Ziffer 4 Abs. 1, 2 und Ziffer 6 keine Anwendung.

Zum Handwerk im Sinne der vorstehenden Bestimmung sind zu rehnen die Betriebe der Bandagisten, Bandwirker, Böttcher, Buchbinder, Büchsenmacher, Bürsten- und Pinsel- macher, Drahtflehter, Drechsler, Stein, Zink-, Kupfer- und Stahldrucker, Färber und Zeugdrucker, Feilen- hauer, Feinmechaniker, Gerber, Glaser, Gold- und Silberarbeiter, Graveure, Handshuhmacher, Hutmacher, Kammmacher, Klempner, Kürschner, Kupfershrniede, Mesfer- \chmiede, Metallgicßer, Meßger (Fleischer), Mühlenbauecr, Musikinstrumentenmacher, Posamentiere Sattler hate Täschner), Schifsbauer, Sch:osser, Grob- und Hufshmicde, Schneider, Schreiner (Tischler), Schuhmacher, Séifensieder,

Seiler, Stellmacher (Wagner, Radmacher), Tapezierer, Töpfer,

Tuchmacher, Uhrmacher, Weber. :

Durch Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde kann für ihren Bezirk oder Theile desselben bestimmt werden, r gewisse Arten der vorbezeihneten Gewerbszweige, welche na den besonderen Verhältnissen des Bezirks nicht handwerks- mäßig betrieben werden, nicht zum E im Sinne der vorstehenden Bestimmung zu rehnen sind.