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eie h il5Túndige Pause ein. Nach Verlauf derselben wurde beschlossen, die weitere Diskussion über den Etat des Landgestüts E Nen, worauf die dfentlihe Sizung in eine vertrauliche erging. t E Mänchen, 14. Juni. Eine so eben erschienene Königk. Entschließung in Betreff der Fabrîcation! des unkelrüben- Zuckers ist folgenden Inhalts:
1) Dié Fabrication des Nunkelrüben -Zuckers ist in Gemäßheit- Axt. 8, Ziff. 2. der geseßlichen Grund - Bestimmungen füx das Ge- ipexbsivefên, vom 11. September 1825 in allen Theilen des Neichcs der freien Konkurrenz der Landwirthe überlassen. 2) Lebhafter Wunsch Sr. Königl. Majestät ift es, daß das erste Fabrications-Stadium, nämlich die Extraction des Zuckerstosfes, möglich lokal stattfinde, damit das als Düngermittel zu verbrauchende Residuum, so wie dies nur immer thunlich erscheint, dei Wirthschafts-Betriebe des Rüben-Produzenten setóst’ ju Güte-géhe:" 8) Dagegèn werden Alterböchskdiefelben “es schr gern has wéi die Landwirthe einzeluer “ Distrikte oder ganzer Krxeise Bchufs der spätèren kostspicligeren, ciuen großeren Appa- rät und erweiterte Technik vöraussegendén Fabrications - Momente sih_in_ förmliche Gesellschaften, ind zwar nach nuständen untcr Mitbêthtiligüug uicht guüferbefizender Kadvitalisfen Lereinigen, dâà- mit die Bayerische Zucker-Fabrication neben derx méglichsten Lokalisi- rung des Lokalisirbacen, auch die erforderliche Concentratien des mit vexcititen- Kräften leichter Durchfübibarèn darbiete, uud auf solche 2cise mit den zum Theil lolessalen-Socictiten des Auslandes volle nd nachhaltige Konkurrenz zu balten vermöge. 4) Se. K, Maÿj. werden solchen Gesellschaften die, uach deu Ge chen des Neiches jede Bereizsbilditig bediügeude, K. Genehmigung auf erfolgendes Ausu- G0 Und Vet entfpréchendèm Befünde der mit vorzulegenden Statt- ten nit Vergnägen ertheilen. 5) Uebrigens versteht sich vón selbft, dag sowohl dié in solchér Weise sich bitdenden Veretne, als auch. die iore Rübert bis zur gänzlichen Vollendung des Zuckérs- selbst verar- veiterden-efazeluen Gutsbésiger ; sich- in dex Folge allen jencn Be- ficcr0ngs uud Kontrolle:Auordnungen zu fügen haben, welch etwa aufdem durch Tit. Vl], &§. 2 dex Verfassungs-Urkunde vorgezecichne- lte Wege festgeseßt werden fönnten.
Portugal
Lissabon, 24: Mai. (Allg. Ztg,) Die Königin und ihr Gemahl befinden sich jest im besten Wohlseyn, und man siche se täglich zusammen spazieren fahren in einem gesche ck- voin offenen Wagen mit pier Schimmeln bespannt; zwei fleine ioctevs dien?n als Vorreiter. Die Oberhofmeisterin, eine Hofs dame teht dem dienstthuenden Kammerherrn und dem Adjutan- ten des, Prinzen, nehmen einen andern offenen Wagen ein, wel- er mit vier Maulthieren bespannt ift.
In der vorgestrigen Cortes-Sißung kam eine Scene vor,
in der sich -deutlih zeigte; in welcher geringen Achtung die Wi- | ) : ; j j ; sich ch zeigte; S O ; | Bulgarien eine neue Epoche beginne, indem in dem öffentlichen
nistet bei den: Volés-Repräfentanten stehen. Der Justiz-Mini- sier sprach) darin ironisch seinen Dank gegen diè Kammer aus wegen der Art und Weise, wie man ihn in der leßten Sibßung in ciner Abwesenheit behandelt, wo mau ein so großes Gewicht auf die Auklage eines Menschen gelegt weisling eines Verbrechens sieben Vèonate im Gefängniß ge- teien hahen sollte. Der Minister zeigte uun agüs den Akten vie Schuldhaftigkeit dieses Menschen. ganze Kammer wegen der Ungerechtigkeit ihrer Klagen auf das iurchtóarste herunter; einige Deputirt? hâtten sich der inde- centessen und beleidigendsten Ausdrücke gegen das Ministerium Ledient. Er wies auf das Unpolitische eines solchen Verfaßrens in einem Zeitpunkte, wo das Land sich in einer so mißlien, uzd Spanien in einer so kritischen Lage besinde.
'ic) gewesen, denn kein rehtlicher Männ wolle Miniiter sey, wein man fernerhin die Ungeschlifsenßeitea einer grobe und izfolenten Spracje zu ertragen habe. (Lärm im Saal und auf de Gallcrieen.) Er freue sich immer mehr, seine Dimission eangegeben zu haden, und die Herren Deputirten lönntèn ver- schert scyu, daß ihn keine mensczlihe Macht wärte vermögen können, sein Portefcville wieder anzunehmen. Er gehe ärmer cus dem Ministerium, als er eingetreten, allein reich und sogar übcrsatt au unverdienten Kränkungen. Der Kongreß dürfe ubrigers nicht glauben, daß er in dieselbe grobe und inselente Sprache verfallen werde, deren man sl gegen ihn bedient babe, {ewoh!l fein Charakter ais. seine bessere Erziehung hinderten ihn daran. — Valentin dos Santos ,- welcher eben in der vorigen Sißung die derbste Sprache gegen das Ministerium gefüdrt hatte, hielt eine stundenlange Rede, um darzuthun, daß sciue Worte einzig den Zweck gedabt hättea, das Recht zu vertheidi- gen. Der Méz1ister des Innern bemerkte in Antwort darauf, ¿nanwolle zu verstehen geben, daßdie Deputirten, weihemitden Mi- neítern stimmten, ihre Angestellten wären. Der Redner sey auch An- vcüelter gewesen und habe es so lange mit dem Ministerium gvaiten, bis man ihn bei den leßten Stellenvergebungen über- angen Habe. Diese Aeußerung brachte einea großen Ausrubßr betvor, unaufhörlich schrie man zur Ordnung, zur Orduung, wádrend ändere dazwischen ums Wort baten. Der Minister des Jmern wollte zu reden fortfahren , allein jedeêmal, so wiè er alstagy entstand ein solcher Lärm, daß er sich genöthigt sah, gu ickweigen; bloß dadurch wurde die Ruße wieder hergestellt. Snditch, attentids wie die Portugiesen zu seyn pflegen, brachte jeder seme Entschuidigungen vor, um zu zeigen, daß er Nie- zan habe beleidigen wollen. Dieses geschah Alles uit dem ü erslüsügsten Worikram, so daß die ganze Zeit dex Sipung reroxn ging.
äm 2ifien früh zwischen 7 und §8 Uhe verspürte man hier eine feine Erderschütterung, doch war sie so unbedeutend, daß die wenigen Menschen ctwas davon empfunden haben. Die UAtmviphäre fing aber von der Zeit an sich zu trüben, ein trock- ner Nebeidujst ließ kaum die Umrisse der entlegenen Gebirge er-
! schildert wird.
Kolonieen züchkigen zu können, worauf sie den neuen Gouverneur von Mozambique, Marquis d’Aracaty (Carlos d’Oeynhausen), an feinen Destimmungeort bringt, so kann wohl über ein Jahr «vergehen, bevor diese Expedition in Goa ankommt. Das Uebelste “bei diefem Unternehmen is, daß bei dem gegenwärtigen Zustande Portugals, wo man nicht weiß, ob mörgen noch aüfrecht steht, was man heute gebaut hat, diese Expedition aller moralischen Kraft entbehrt. Das schône Geschenk von mehreren Hundert Verbrechern, welche bei dieser A a der Mutterstaat seinen Kolonieen zuschickt, ist auch ni@t sehr geeignet, dort große Freude zu erregen. Täglich wird das Sch! erwartet, welches den slüchtigen Vice-König von Indien, Don Manoel de Portugal e Castro, an Word hat, und schon seit 14 Monaten unterwegs i. Es hatte in alle Afrikanischen Häfen einlaufen missen, um Lecke zu- stopsen; vielleicht, daß man deshalb die Abreise der Expèdition noch bis zur Ankunft: dieses Schiffs, welches jeßt in Fayal seyn soll, velschiébt.
Târklei
Belgrad, 30. Mai, (Allg. und Schles. Ztg.) Der Sultan if, Berichten avs Adrianopel zufolge, bereits in dieser ¿weiten Stadt seines Reichs auf der Rückreise nah Konstantinopel eingetroffen und mit undbeschreibiichem Jubel von einer zahllosen Menschentnasse begrüßt worden. Wie aller Orten, hielt auch hier der Sultan Anrede an die Türkischen Vorsteher der Stadt und die Oberhävpter der verschiedenen anderen Nationen, worin er das Slúck all seiner Unterthanen als das einzige Ziel seiner Wünsche und seiner Sorgfalt Lezeihnet, und einen Grad von Duldung predigt , der das civilisirteste Volk Europa’s ehren würde. Dabei erkundigte sich der Sultan angelegenlichst nah den Mängeln und Bedürfnisseu seiner Unterthanen, und wo er Noth sah, war seine Hand zur Hülfe bereit. Jn einigen Ge- genden, besouders denen, die dur den leßten Krieg stark gelit- ten, hat er die Steuern gänzlich erlassen, in andern sie bedeu- tend erleichte:t. Jn Adrianopel, wo vor kurzer Zeit eine Feuert- brunst fo großes Unglúck angerichtet hät, gab er Befehl, die Woh- nungen von Hunderten der ärmeren Abgebrannten auf scine Ko- sten wieder aufzubauen. Veranslassungen, die Noth zu lindern, fanden sich überall, so daß man sich nicht wundern darf, wenn die Wirkung, welche diese Reise des Sultans auf die Stim- mung des Volkes im Allgemeinen äußerte, als allmächtig ge- Léute, welche im Rufe der besien Kenntniß des Landes stehen, find unerschöpflich in Folgerungen von den wohl- thätigen Resultaten dieser Neise fúr das Land; sie gehen so weit, zu behaupten, daß damir wenigstens für Rumelien und
Geiste der Bewohner diescr Provinzen eine sichtbare Aenderung
| für das Gouvernement genommen habe. ie, 10 habe, der ohne Ueber- ; bis in die lesten Monate in diesem Theile der Türtei sich hin und wiede: Spuren von Unzufriedenheit bémer?bar machten,
Darauf machte er die | ncr Gebrauch war, ( i qui, y / Himmel slehten, so seyen un auc diese für den Sultan gewon-
Jene Dis- î
fuision sey der Bildung eines. neuen Ministeriums sehr hüider- ! B E : ; O / A i Si vg Hf c rene | hen itn Süden der Europäischen Türkei allein auf die Provinz
kennen, und die Sonnensirahlen vexloren ihre Macht. Während drei Tagen har dieser Nebel nun angehalten, Er pstegt beson- de¿s bei Untergang der Sonne gewöhulich stärker zu seyn, so daß dieje ungefähr in 159 uber dem Horizonte schon wie eine dunkle giühende Scheibe erscheint; dabei ‘weht den ganzen Tag üver cin äußerst empfindlich kalter Nordost, Nord- oder Nord- westwind abwechselud, der erst bei eintretender Nacht sich etwas legt. ; ¿a i
Man spricht abermals von mehreren Psferdediek.stählen, weiche ‘in voriger Nacht vorgefallen seyn sollen, unter Anderem in der Wohnung des Marquis von Valença, wo man auch einen Bedienten ermordet. haben soll. Alle solche Streiche giebt man
den Miguelisten Schuld. Es--geht das Gerücht, daß nächstens fieben von denen, ‘die man hei-Loires gefangen genommen hat, | auf dem Campo d’Ourique erschossen werden sollen.
Endlich hat man es doch_ so weit: gebracht, cine Fregatte, eine Charrua und eine kleine Brigg auszurüsten, welche in diesen Tagen nah Goa absegeln sollen, um die dortigen Unruhen zu llen und ein ordentliches Gouvernement wieder einzusegen. Ha’ diese Expedition zuerst an den Kap-Verdischen Jujeln landen |
| gesammte daselbst bis zum Schlusse des genañnten
soil, um auch, da die schon fo pf. unterbrochene Ordnung der Dinge herzustellen, und auch Angola besuchen witd, um zu zeigen, daß Portugal noch eine Seemacht hat, um unruhige *
vorgegaugen und derselbe nun eine bestimmt günstige Richtung Wenüú, sagen sie, noch
wenn vor kurzein noch manche Rayas, wie dies früber allgemei: um einen Herrscher ihres Glaubens zum
nen, und es sêy nur zu wünschen, daß es diesem Monarchen durch den Besuch sciner übrigen Provinzen auch dort gelingen möchte, den dfsentlichen SVeist zu regeneriren. Wir lassen dahingestellt, wie viel Uebertreibung in diescn Versicherungen liegen-und wie viel bloß deim Eindruck des ersten Moments “angehören mag. — Neue aus Bitoglia hier eingegzngené Briefe versichern, daß sich die Uneu-
Thessalien beschränken. Dies bestätigt, daß die bitherigen Nach- ritten darüber in hoßem Grade übertrieben waren. — Aus Konstantinopel beriGtet man, daß die Truppensendungen von Odessa nah Sebastopol fortdauern, und daß es keinem Zweifel unterliege, daß diese Rüstungen gegen die Tscherkessen gerichtet seyen. -— Briefe aus Bucharest melden, daß Fürst Ghika nach beskandener Quarantaine am 21sten d. von Silistria zurúck wieder in seiner Residenz eingetroffen sey. — Herr Urquhart it in Bel- grad eingetroffen, und will morgen in öle Semliner Kontumaz eintreten. — Der Englische Könsul für Serbien, Oberst Hodges, foil Lci seinem ersten Besuch von dem Pascha von Belgrad, Jufsuff Pascha, nicht mit der Achtung und Höflichkeit empfan- gen worden seyn, welche zu fordern seine Stellung ißm zur Pflicht macht. Er soll dééhalb, ohne ein Wort mit dem Pascha zu wechseln, ‘dessen Palast sogleich wieder verlassen haben. Man ift begierig, etwas Näheres hierüber zu erfahren. Jussuff Pa- scha ijt bekannt als Gouverneur vou Varna, als welcher er im leßten Kriege diese Festung den Russen überlieferte, und sich selóst unter ihren Schuß begab. Der Sultan konfiszirte damat!s seine Güter, und gab sie iÿm erst später auf Verwenden Rußÿ- lands mit der Würde eines Pascha’s von Belgrad zurück. Smyrna, 22, Mai. Ein Türkischer Kutter, welcher eincn Abzeordneten der Pforte an Bord hat, if des schlechten Wetters wegen in dem hiesigen Hafen vor Anker gegangen. Sobald die Witterung es erlauben wird, beabsithtigt er wieder unter Segel zu gehea, und die Neise nah Alexandrien, wohin seine Bestimmung lautet, fortzuscsen. Der Abgeordnete ist mit ciner speziellen Mission an Mehmed Ali beauftragt. Man vermuthet, daß er dem Pascha zu. insinuiren habe, sich der gro- pen. Belástigungen zu enthalten, womit er wieder gegèn den fremden Handeisftand vorgeht, und ißn bejonders aufmerksam zu machen, daß es ihm nicht zustehe, irgend cin aus schlicßli- ches Handes-Mouopol anzusprechen; es wird ihrm- dabei bemertt, daß die darunter leideaden Nationen wiederholte Beschwerde bei der Pforte über ihn gefüßrt haben. Um diesen Beschwerden abzuhelfen, und dem Engl:scien und Französischen Kabinette die verlangte Genug(Zuunig zu geben, soll der Abgeordnete, der zue gleich mit einem Ferrian der Pforte versehen ist, wodurch die Aus- und Einfuhr in Aegypten auf Befehl des Sultans regu- lirt wird, b-auftragt seyn, Mehmed Ali anzudeuten, ‘daß die Pforte die Veröffentlichung Und Befolgung jenes Fermans von ihn erwarte; dadurch würdên die Unterhandlungen erleichtert, welche die Psorte im gegeuwärtigen AugenbliÆ fast mit allen Europäischen Regierungen zur Festsezung eines Haudels-Tarifs betreibe. Diese Sache ist also wichiig; sie wird dazu dienen, die Unterwürfigkeit zu prüfen, welche Mehemed Ali fottwäßrènd für die Pforte zu haben affsektirt.
FJ-n-l:a n-d:
Berlin, 17, Juni. Am 1öken sind zum Wollrnarkte in Stettin 932 Ctr. 44 Pfund feine und 1378 Ctr. 17 Pfund mittel, zusammen 2310 Cte. 61 Pfund Wollen tiugetrossen: das
ages ecin- gegangene Wollquantum berrägt mithin 25,400 Etr. 34 Pfund. Selbst am isten, als dem leßten Markttage, gingen noch éinige Posten Wolle ein. Besonders lebhaft war der Markt am 15tei, indem, angeblich“ durch eingegangeñe günstigere Nachrichten voin Auslande veranlaßt, bis spát am Abend so lebhaft gekaufc wux-
de, daß nur ein unbedeutendes Quantum für den leßten My, tag übrig blieb und der Markt mit dem erstgenannten Tage beendigt angesehen werden kann. Die Preise blieben deney Vortage mit geringen Schwankungen gleich, neigten sich | mit der Abnahme des Tages mehr zum Sinken und warey, 16ten noch gedrückter.
— In der Nacht vom 11lten äuf den 12ten d. M. if) große Spinnerei der Herren C. H. und A. Bauendahl in Fu drihsthal, eine Stunde von Lenn?p, dur eine Benerébng gänzlich in Asche gelegt worden. i i
— Berichtigung. Jm gestrigen Blatte- der St S. 668, Sp. 2, Z. 17 v. u., lies: wilde, statt: ¡Wilden
Friedrich Ancillon,
ilm den Nekrolog des verewigten Staats -Miairiersy cillon würdig zu schreiben, müßte man, wie er, die Höhe, den Glanz der Nede mit der Kraft und der Seele dee drucfes vereinigen und der Schriftsteller A ncillon selber iy Billig und schön wäre es in der That, wenn sein nter ger Lebenslauf, seine außerordentlichen Geisteëgaben und V noch bewundernswlirdigeren- Cigenschaften scines Herzens vorgehoben und mit Meisterhand geschildert würden, nj selbst in seinen zahlreichen Schriften und bei fo vielen Gel, heiten an Anderen gethan hat und erhebend, begeisternd zu verstand. Dies scheinen auch Viele zu erwarten, went vad nem Aufsaße Über ihn in diesen Blättern die Rede ist; sie i nen vorauszuseßen, daß, wer sich an deu hohen Gegeniy wagt, auch demselben gewachsen sehn müsse. Ein für dey V fasser des gegenwärtigen Nefrologs so gefährliche verständniß muß derselbe vor allen Dingen zu berichtigy müht seyn. Niemand würde herzlicher, dankbarer, wie t, M cillon’s Grab mit dem verdienten Denkmale eines wil Nachrufes, mit deu Blüthen und Kränzen feiner Berelul s{chmücken. Niemand fühlt aber auch niederschlagender, wg daß er, bei dem redlichsten Willen, in Ansehung der Beh lung doch stets unter seinem Gegensiand bleiben würde, (h ter diefen Umständen zieht er es denn vor, jedem Bestreby sich auf die ganze Höhe seines Gegenstaudes hinaufzuschwing vorweg zu entfagen und sich dagegen die größte Einfach und die s{lichteste Darstellung zum Geseße zu! machen. F Absicht sindet übrigens auch seine Rechtfertigung in An lon’s wohlwollender, gemüthlicher Persönlichkeit felbst, dil nie verleugnete, wenn auch vielleicht sein bffentliches Wirkey Staatsmann und Schriftsteller, und die wlirdevolle Haltu die er dabei zu behaupten wußte, zuweilen eine andere Mein über ihn hervorgerufen haben mögen.
Bon einem weltbefkaunten Schriftsteller des vorigen J hunderts wurde gesagt, daß aus dem bei ihm vorhandenen j fügen Schaße mehrere ausgezeichnete Philosophen, Gesil schreiber, Dichter und Schbönschreiber gebildet werden tbn Ein Aehnliches würde sich auch von Ancilion behau lassen. Zu dem scharfsinnigen, hinreißenden und nur d Gute und Schbne bezweckenden Schriftsteller würden hier abi noch der hohe Staatsmann und der treffliche Mensch hinutr ten. Als Staatsmann und Schriftsteller ist Anciilon d Welt schon bekannt und es käme hierbei nur auf mehr 0 weniger vollständige und genaue Angaben an, deren Zusam tragung oder Ermittelung nicht minder der Zukunft als der ( genwart offen steht. Anders verhält es si aber mit demŸ vatmaun, mit dem eigentlichen Menschen. Man muß ti Maun persönlich und näher gekfaunt haben, um sich Über sei Eharafïter mit vollfiändiger Ueberzeugung aussprechen zu nen. Da dem Verfasser diese Ehre in Bezug auf den Verei ten zu Theil geworden war, da er von Jugend an fast ul terbrochen dem Leben des berühmten Mannes gefolgt ift, sol es ihm hauptsächlih gestattet, Ancillon?s Persönlichkeit h vorzuheben. : / |
__ Voraus schickt er indessen einige Worte über die amtl Thätigkeit des Verstorbenen. : G
Nachdem Ancillon zu Genf am November 1789 Weihe zum geistlihen Stande erhalten hatte, wurde er in | nem 23sten Jahre, Aufangs 1790, zum Prediger bei der 2 derschen Kirche der Berliner Franzöfischen reformirten Gemeil und zwar dur Abstimmung derselben, erwählt. Dies war h eine Auszeichnung und die ersie ehrenvolle Anerkennung s Tüchtigkeit, indem nicht nur die Werdersche Kirche damali! ter den fünf in Berlin bestehenden Französisch ¡reformirten chen vorzugéweise mit der Gegenwart des Königlichen f beehrt wurde, sondern auch weil vorschriftsmäßig die bei U fünf Kirchen anzustellenden zehn Prediger wenigstens Fahre vorher das Predigtamt bei eiuer Provinzial Pfar! waltet haben mußten; — eine jeßt noch bestehende Einribh Des damals regierenden Königs Majestät ernannten ug später den Prediger Ancillon zum Professor der (M bei der Militair-Akademie, welche Stelle er, zugleich mi Predigtamt, im Fahre 1810, wegen des ihm Ai diese A gewiesenen neuen, feine volle Thätigkeit in Anspruch 1 d den Wirkungstreises niederlegte, nahdem er alfo 18 J9A Professor und 20 Jahre Prediger gewesen war. S A ihm am Sonntage den 5. August 1810 gehaltene Pre u die Trauerrede über die verewigte unvergeßltche Königin
Um jene Zeit fing für A acillon gleichfam ein i ben an, indem er eine, dem Anscheine na, mehr weltli d bahn betrat, in welcher er wieder 26 Fahre lang für e h mit Erfolg wirkte. Wäre er aber auch damals schon 2A Mesltbühne abgetreten, so würde er immer einen mit fa rüßmten Namen als Kanzelredner und Geschichtschre 4 tief denfender, glänzender, mächtig beredter politischer t losophischer Schriftsteller hinterlassen haben. Jm H v nämlich wurde Ancillon zum Erzieher Sr. A | des Kronprinzen, der damals im 1öten Serben oe A nannt, — eine Stellung, E er dem feitden vel ehr verdienten Dr. Delbrü folgte. cid 4 Schon ein Jahr zuvor, nach, Auflösung des Lan supéCrieur der Französischen Gemeinde, war 2 n ifi Staatsrath bei dem. Departement des Kultus im (rische des Innern ernannt worden. Seine eigentliche poli jet, bahn, für die er einen angebornen Beruf zu Aa relichen 6 ginnt aber erst im Jahre 1814, wo er zum wil 1 Angd men Legationsrath im Ministerium der auswärtige t u heiten, das damals der Staats-Katzler leitete, befu feiner O Die mit dieser Ernennung verbundene O O s Gui schäfte veranlaßte ihu jest, niht nur seine Stel s die rath bei dem benannten Departement, oper, N gifadenl als Secretairx der philosophischen Klasse der hiesig d entli der Wisseuschäften, die er 1810 angetreten hatta, auch die Stelle “als ‘Historiograph des Pr welche ihm 1803 Allerhöchst verliehen worden ws?/
27.
derselben mit ciner großen
dhgleih Ancillon's Verhältniß als Erziehex Sr. Königl. “oheit des Kronprinzen {hon früher aufgehört ‘hatte, so blieben ch Beide durch ein Baud tief empfundener Dankbarkeit einer-
V
eits und unerschütterliher Anhänglichkeit audererseits ve1einigt,
4s der Tod allein zu zerreißen vermochte.
Bei der im Jahre 1817 erfolgten Errichtung des Aus\cus- g für die Bearbeitung und Einführung der Provinzialständi- en Verfassung und des Ober-Censur-Kollegiums „wurde A n- illoû als Mitglied hinzugezogen. Auch ward er vermöge be- jideren Allerhöchsten Vertrauens zum Mitgliede des Staats- aths ernannt, als’diese oberste Staats-Behörde im Fahre 1817 us Lebe gerufen wurde.
Der Zeitraum von 1817 bis 1830 führte zwar in Ancil- on's amtlichen Verhältnissen keine solche Veränderungen wie er von 1810 bis 1817 herbei, gab indessen seiner Thätigkeit inen weiten Spielraum. An der Spige des Ministeriums er auówärtigen Angelegenheiten stand seit dem Jahre 1818 der geheime- Staats-Minister Graf von Bernstorff, bei dessen wie- erholten und langwierigen Krankheits:-Anfälleu Ancillon die heshäfte ‘der politischen Section des Ministeriums leitete; und (s etidlich die zunehmende Kränfklichfeit des Grafen von Bern- orf diesen allgemein verehrten Staatsmann zwang, sich eines heils seiner Geschäfte gänzlich zu entledigen, ward A neillon vittelst Allerhöchster Kabinets - Ordre vom 16. Mai 1831 zuin pirflihen Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz und zu- ih zum felbstständigen Chef des Departements für das Für- Fuhum Neuchatel und Balangin erhoben. Kurz darauf, durch ¡n Kabinets-Ordre aus Teplip vom 25. Juli 1831, erfolgte ¡6 scine Ernennung zum Staats -Secretair für die auswärti- jo Angelegenheiten. Durch eine Allerhöchste Kabinets- Ordre m 10, Mai 1832 endlich trat er als Geheimer Staats- und Minifier der auswärtigen Angelegenheiten ganz an die Stelle (s Grafen von Bernstorff, der inzwischen bis zu seinem am 3, März 1835 erfolgten Tode nie wirklich pensionirt war. Nicht iht war es, der Nachfolger eines Mannes zu seyn, welcher ch, wie Bernstorff, unter s{wierigen Umsländen eben o sehr urch ‘seine würdige Haltung, ‘als durch seine gemäßigten Ge- nungen in der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten fo ihmlich ausgezeichnet hatte. Ancillon zeigte sich aber während jer fünf Jahre, in welchen er diese Angelegenheiten leitete, der ihm jstellten Aufgabe in mehr als einer Beziehung so gewachsen, daß in Hinscheiden mit Recht als ein {wer zu erseßender und denfalls höchst empfindlicher Verlust für den Staat betrachtet wurden mußte.
Vieles würde über diese, sich so mannuigfach gestaltende milihe Thätigkeit Ancillon?s zu bemerken sehn, und mehr h, wenn man zugleich mit dem Staatsmann, den Gelelrten, h Schriftsteller , besonders aber den Privatmann zusammen: halten woilte. Kein Mensch hat sich je das friedliche stille Pri- hatleben süßer als er geträumt, während die Vorsehung ihm jinahe sein ganzes Leben hindurch das häusliche Glück vorents ilt und ihn dagegen für das öffentliche Leben bestimmte, das jielleicht auch Wenige, so herrlich ausgerlistet wie ex, betraten. emter und Stellen hat er nie nachgesucht, vielmehr hielt er sh, so lange er konnte, von denselben fern. Bei der uner- hdpflichen Fruchtbarkeit seines Geistes wlirde er als Schrift- sller mehr Stoff zu ciner ehrenvollen Beschäftigung gefunden hen, als er zu bearbeiten im Stande gewesen wäre, und bei sier ‘einfachen Lebensweise und seiner großen Genuügsamfeit iren seine obwohl bescheidenen Vermögens-Umstände nach sei- hen eigenen Ermessen mehr als hinreichend gewesen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Doch aber seßte er- seine Pflichten egen den Staat unbedenklich über seine persbnlichen Neigun- hen, und wurde ihm einmal vón seinem uneigenntigig, tief ver- hrten Könige ein Amt angewiesen, so galt ihm kein \chriftstel: rischer Ruhm, selbst fein häusliches Stillleben ; der redlichen füllung der ihm neu auferlegten Pflicht ergab er sich nun- chr mit derselben Hingebung, als wenn er längst nah dem m anvertrauten Amte gestrevdt hätte. Daß die einfluß- ihe Stellung, in der er sich seit dem Fahre 1810 be- und, ihm Auszeichnungen aller Art zuwenden mußte, ver- (ht sih von selbsi. És war schon fein Leichtes, bei Ab- \ssung der im Gelehrten. Berlin enthaltenen Biogra- hie Ancillon's das Verzeichniß der ihm verliehenen Or- e zusammen zu tragen, und hauptsächlih nur durch die ah des Juhabers Tode vorgefundenen Jnsignien haben die lu hinzu gekommenen @mittelt werden können. Eben so mit un gelehrten Gesellschaften. Auch in dieser Beziehung vermag r Verf. für jeßt nicht eine genaue Auskunft liber die verschie- nen Afademicen zu ertheilen, deren Mitglied A ncil lon war. ur vier oder fünf lassen sich mit Gewißheit angeben. Hier nige es, die Königliche Akademie der Wissenschaften in Min zu _neunen, in welche Ancillon im Fahre 1804 lt auf höhere Veranlassung, sondern in Folge einer Ab- sinmung, was damals und in früheren Zeiten einen besonde- n Werth hatte, aufgenommen wurde. Fm Fahre 1810 er- ihlte ihn die Afademie zum Secretcair ihrer philosophischen Masse, ein ihm ohne Zweifel zusageudes gelehrtes Ait, welches er iber schon vier Fahre nachher, wegen des ihm angewiesenen neuen Geschäftsfreises wieder aufgeben mußte, wie er denn, nah der ebernahme des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, auch als wirfliches Mitglied der Akademie ausschied, nachdem er in einer Reihe von beinahe 30 Yahren die Abhandlungen mit Menge eben fo nüglicher als glän- gender Beiträge theils in Deutscher theils in Französischer Sprache bereichert hatte. Zur näheren Schilderung des außerordentlichen Mannes dürfte wohl die Bemerkung nicht liberflüssig seyn, daß tr denno bis zu seinem Lebensende wirkliches Mitglied der Ver- waltung des Französischen Gymnafiums blieb, dessen erste Ein- tihtung wesentlih {hon seinem Urgroßvater zu verdanken ge- wesen var und in welchem er vor mehr als 50 Fähren seine Vhmnasial : Studien vollendet hatte. Das sogenannte consi- Be academicum beehrte er noch am 26. März d. X. zum ttenmale nit feiner Gegenwart, wo er an den Berathungen tniselben angelegentlihen Antheil nahm, den er tur immer an liter wichtigen politischen Konferenz hätte nehmen fbnnen. Noch hr: als er im Jahre 1810 seine Kirche verließ, übernahm er N Stelle eines Aeltesten bei derselben und noch furz vor sei: 4 Erneunung zum Staats-Minister sah man ihn in den klei-
1 Lokal-Angelegenheiten einer vollfommen demokratischen Kir- m Berwaltung, wle jedes andere E RSO und bei vorfkoms- „ner Gelegenheit nicht ohne gleichen L iderspruch zu finden, seine Stimme abgeben,
Leb Unter den Begebenheiten, welche Ancillon's (ußeres wen ‘bezeihnen, würden auch noch, bei weniger beschränktem „me, seine verschiedenen amtlichen Reisen eine befondere Be- ing quigung verdienen, Die zwei größten, die er in Beglei- s eines ehemaligen erhabenen Zöglings unternahm, waren die ge von 1813 und 1814, Am 20. September 1828 trat
‘, als Begleiter Sr. Kbniglichen Hoheit des Kronprinzen,
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die Reise nah YVtalien bis Neapel an. Er hatte eine aus: führlihe Beschreibung dieser leßtern angefangen, wurde. aber an der Fortsegung derselben durch übérhäufte Geschäfte verhin: dert. Die Beschreibung. seiner Neisen in den Fahren 1813 und 1814 fand sich hingegen in seinem Nachlasse in einem höchst anzie- henden und lehrreichen Briefwechsel mit seiner ersten Gattin vor. Bieser für die Geschichte jener bewegten denkwürdigen Zeit so fost- bare Schaß hat aber leider nach des Verewigten ausdrülichem Willen den Flammen geopfert werden müssen. Es war ein ent: schiedener Zug in Ancillon?s Charafter , daß, wenn gleich vielleicht wenige Menschen es mehr wie er verdienten, Andere mit ihrer Persönlichkeit zu beschäftigen, solches doch nie in seinen Absichten lag; vielmehr schien es ihm immer nur darum zu thun zu sehn, als ein Werkzeug zu gelten, das nach Erreichung des Zweckes, zu welchem es gedient, den Augen des Zuschauers wie- der entzogen werde. Dieser bescheidene Sinn, der sich seit A n- cillon’s erstem Auftreten als Schriftsteller und Staatsbeams- ter bis zu seinem Tode stets bewährte, konnte ihn denn auch allein bewegen, sich von dem einen seiner drei Testaments-Vollstrecker das Bersprechen geben zu lassen, gleih nah seinem Tode seine ganze Privat-Korrespondenz den Feuer zu übergeben, was denn auch mit \{merzlicher Gewissenhaftigkeit geschehen ist. Aus eben demselben Charafterzuge Aucillon's läßt sich auch erflären, varum er, dem alle Waffen der scharfsinnigsten Dialektik und eines unerschöpflichen s{lagenden Wites zu Gebote standen, auf Kritifen seiner Werke zu feiner Zeit ein einziges Wort zu deren Berichtigung oder Widerlegung döffentlih vernehmen ließ. Sein Werk: „Ueber den Geist der Staats-Verfassungen““ be- schließt das im Gelehrten Berlin im Jahre 1825 enthal- tene Verzeichniß. Hierzu kommen seitdem noch, seine „Geédan- fen“ und die „Vermittelung der Extreme“/, welche let: tere Schrift er nicht selbt niedergeschrieben, sondern einem Schnell- schreiber diftirt hat. Nach der Heräusgabe dieser beiden Werke durfte man glauben, däß fein schriftstellerisches Talent, nunmehr von der Masse der Geschäfte überwältigt, geruht habe; .in- dessen war dies nicht der Fall. Fm Jahre 1825 besaß Ancil- lon noch einen ansehulichen Vorrath hochwichtiger Manuscripte, geschichtlichen und politischen Inhalts, welche er damals der Desfentlichkeit*noch nicht übergeben wollte, und seitdem hat- ex diesen literarischen Schaß durch eine Ménge bedeutender, theils diftirten, theils selbst niedergesebßten Schriften, gleichen, auch mitunter rein literarishen Jnhalts, vermehrt. |
Ancillon’'s Sprachkeuntnisse dürfen hier nicht ganz mit Stillschweigen übergangen werden. Außer seinen beiden Mutter: sprachen, der Deutschen und Fra nzösischen,' seßen die von ihm als Kandidat der Theologie ehrenvoll bestandenen Prüfun- gen eine genügende Aneignung der todten Sprachen, des La: teinishen, Griechischen und Hebräischen voraus; und in den lebenden Sprachen, dem Jtaliänischen und Spa- nischen, vorzüglih abec dem Englischen, hatte er die besten Werke gelesen. Es ist eine bekannte Thatsache, daß er beinahe bis zu der Zeit seiner Ernennung zum Staats - Minister noch) fortwährend mit einem Philologen theils eben solche Werke las, theils auch die alten Klassifker wieder durchging.
Ancillon leistete in seinen amtlichen Verhältnissen so viel, als hâtte er sich mit Schriftstellerei gar nicht beschäftigt, und er war daneben ein so fruchtbarer Schriftsteller, als ob er uur für die Presse geschrieben hätte. Zugleich erschien er bei Hofe, hatte fast tägli die Ehre, in der Gesellschaft Sr. K. H. des Kronprinzen zu seyn -und eutzog si doc eben so wenig seinen alten bewährten Freunden. Um eine so vielseitige Thätigkeit und Wirksamkeit zu begreifen, muß-man seine außerordentliche Auffassungs- und Darstellungsgabe berücksichtigen. Er besaß sowohl im Denfen wie im Ausdru des Gedankens eine wahre fünstlerische Virtuosität. Er schrieb, wie er spra, und sprach, wie er schrieb. Die besten Stellen in seinen Schriften sind in Einem Guß zu Papier gebracht worden, ohne daß irgend eine Wortänderung hinzugekommen wäre. Auf diese Leichtigkeit, die Feder zu handhaben, legte er indeß nux den Werth des Augenblickes; was er bleibend s{chäute, war ernster Verstand und Tiefe des Gemüthes, vorzüglich aber ein wohlwollendes ge- fühlvolles Herz. Ju dem Glanze seiner Schreibart, in seinen häufigen aber trefffenden Gegensägen haben Kritiker, namentlich Herr von Sismondi, eine allzukünstliche Ueberarbeitung er- bliéen wollen; man fann hierauf mit Necht attworten, daß niemaud weniger wie Ancillon im Schreiben zu fünsteln suchte, niemand mehr, wie er, den bloßen Eingebungen seines Geistes zu folgen brauchte, in welchem sie sich augenblicklich in ihrer ganzen Fülle entfalteten.
Eine wichtigere Bemerkung iu Beziehung auf den Inhalt seiner Schriften glaubt aber dex Verf. hier noch hinzufügen zu müssen. Sie betrifft die ihnen beiwohnende seltene Einheit in philofophischer , religidser und politischer Beziehung. “ Beinahe ein halbes Jahrhundert .lang \chrieb Ancillon; gedruckte Briefe von ihm, hon im Jahre 1788, liegen dem Verf. vor, dem auch mündliche Aeußerungen Ancillon's, nah seiner Rückkehr von Paris im Jahre 1789, auf durchaus authentischem Wege bekannt sind. Dies war gerade die Zeit, in welcher“ die Französische Revolution ausbrach und leider Viele, felbst außer- halb Franfreihs, mit Bewunderung erfüllte. Was für ein Hin- und Herwogen der Meinungen in Europa hat nicht seit dieser ver- hängnißvollen Zeit bis zur Gegenwart stattgefunden ! Welcher Staatsmann und Publizist kann fih rühmen, in diesem Zeit- Abschnitte in seinen Meinungen und Ansichten nie gewankt zu haben. Ancillon blieb sich unter allen Umständen fonsequent. Es lag nicht in seinem Charakter, jemals ein Wort hierüber fallen zu lassen: vielleicht wird sogar jene Behauptung über ihn hier zum erstenmal öffentlich aufgestellt; aber sie ist deshalb nicht minder wahr. In den erwähnten Briefen sinden si bereits die ersten Keime der Hauptgrundsäuße, welche er seitdem uners{chütterlich fest hielt, vielseitig entwickelte und auf die unaufhaltsam vor- überziehenden, verschiedenartigsten großen Weltbegebenheiten, sich selber immer glei bleibend, anwendete. Der zwanzigjährige Ancillon beurtheilte {on bei. seinem ersten Eintreten in die Welt die Ereignisse in derselben Weise, wie späterhin der gediegene Schriftsteller und erfahrene Staatsmann. Eine so seltene Er- scheinung seut, nebst den herrlichsten natürlichen Anlagen, eine hohe geistige Ausbildung und eine treffliche sittliche Erziehung voraus. Diese war aber dem-jungen Ancillon auch zu Theil geworden.
Louis Fréderic Ancillon, sein Vater, war ein geiftreicher und gelehrter Mann, welcher unter den damaligen berühmten Predigern der Französischen reformirten Gemeinde zu den aus- gezeihnetsten gehörte und die Königliche Afademie der Wissen- schaften zu Berlin, deren Mitglied er war, wie die ganze ge- lehrte Welt, mit vielen gehaltreihen Abhandlungen beschenkte, von denen wenigstens drei als Preisschriften“ gekrönt wurden. Daß dieser Ancillon, welcher von seinen 9 Kindern, nämlich 4 Söhnen und 5 Töchtern, nur drei Tbchter und einen einzi- gen Sohn, den jetzt betraüérten Jean Pierre Fréderic Ancil-
lon, am Leben behalten hatte, diesem leyten männlichen Sprößling seiner Familie, eine ganz besondere Sorgfalt. zewidimet. Cte
würde niht zu bezweifeln sehn, wenn auch die ‘Früchte derz:
selben minder glücklich gerathen wären. Gleich ausgezèihné€
durch strenge Gewissenhaftigkeit und gediegene Gelehrsamfeit
war er treffflich dazu geeignet, den hohen Geistesgaben seines
Sohnes die angemessenste Richtung und Nahrung zu geben und
ihm zugleich als Führer und Muster zu dienen. Daher darf man si ao niht wundern, wenn in den vielen Notizen übe
Vater und Sohn, Beide so oft mit einander vertvechselt und bis: Sr auch nur für einen und denselben Schriftsteller gehalten
werden.
Ehe wir dem jungen Ancillon in seiner ferneren geistigen
Ausbildung weiter folgen, führen uns jene Mißverständni}e dar-
auf hin, über seine hohachtbare Familie hier genauere Nachrichs
ten, als die theils abgerissenen, theils widersprechenden mitzü-
theilen, welhe darüber in den bis jeßt erschienenen Schriften,
wie fie auch immer heißen mögen , zu finden sind. Die vielen,
sowohl von den Réfugiés als von Anderen herrührenden Büsz-
cher, und selbst die befannten, §8 Bände starfen „Mémoires pour servir à lhistoire des réfugiés français dans les états du Roi,
par Mrs. Erman et Reclam, Berlin, 1782 — 1794” geben über
die Abstammung des jüngst verstorbenen Staats-Ministers feine
genügende Auskunft. Fn ihm hat seine Familie mit ihrem Auss
sterben zugleich ihren Culminationspunkt erreiht. Fn ihm ha
ben alle seine Vorfahren sich abgespiegelt, und man lernt daher
hon die Persönlichkeit des ausgezeihneten Mannes kennen,
wenn man die glänzende Reihefolge seiner Vorältern überschaut.
Die nah dem Widerruf des Edifts von Nantes mit so vie-
len anderen Französischen Flüchtlingen nach Preußen ausgewan-
derte Familie Ancillon kam aus Mes her, wo ein anderer Zweig
derselben jezt noch leben und ansässig seyn soll. Beim Anbé-
ginn der Reformation war schon, nach den geschihtlihen und
biographischen, dem Verfasser vorliegenden alten Werken und
Handschriften, ein Ancillon Präsident eines Französishèn Reichs-
gerichtes gewesen, eine Stelle, die er aber niederlegte, weil
er zur. neuen Lehre überging. Dessen Sohn Georgin war
später ein Hauptbegründer der protestantischen Kirche zu Meg
und Pfarrer bei derselben. Abrahan, ein Sohn von Geor-
gin, zeichnete sich wiederum als Nechtsgelehrter aus, besaß
ein ansehnlihes- Vermögen. und bildete sich in einem ZBejts
raum von 40. Jahren eine der bedeutendsten Privat - Biblios
theken des damaligen Frankreichs. Sein Sohn, David Ancil-
lon, geboren zu Mes den 18. März 1617, war es nun, welcher
unmittelbar nach dem Widerruf des Edifts von Nantes mit seis
ner Familie Met verliéß und eine neue friedlihere Heimath in
der Mark Brandenburg unter dem Schubte des großen Kur-
fürsten suchte und fand. David Ancillon, dem Bayle in seinem
bekannten Dictionnaire einen langen Artifel widmet, is das Fg-
milienglied, welches zuerst niht bloß durch seine Auswande- rung, sondern auch durch seine gelehrten Kenntnisse den aus-
gebreiteten Ruf feines Namens in Europa begründete. Als der
69jährige Greis dem Kurfürsten zu Potsdam“ 1686 vorgestellt wurde, empfing der christlich menschenfreundlihe Held ihn mit den Worten: „Jch danke Gott dafür, daß er Ihnen den Ge- danken eingegeben, sich in meinen Staaten niederzulassen; was ich kann, werde ih thun, damit Sie bei uns hre übrigen Le- benstage so angenehm wie möglich zubringen mbgen.““ Er wies ihm auch sogleich eine Pfarrerstelle in Berlin an und versorgte in derselben Stunde seine beiden ihm zugleich Horgestellten Söhne. Der Aeltere, Charles, welcher, wie sein Großvater, Jurist war, wurde zum Oberrichter der Französischen Flüchtlinge ernannt, deren Gesammtzahl, nah seiner Berehnung, im Fahre 1700 14,844 Seelen betrug, und die in. den zwei folgenden Jahren noch um 2000 Orangisten wuchs. Der Füngere, der ebenfalls den Namen David führte und, erst 16 Fahr alt, seine theolos gischen Studien noch nicht vollendet hatte, wurde ju diesem Bes hufe bei der Universität zu Frankfurt an der Öder auf Kosten des Kurfürsten unterhalten. David Ancillon, Vater, starb zu Berlin den 3. September 1692, in einem Alter von etwas über 75 Jahren, und etwa 4 Jahre nach seiner Einwanderung. Ju seinem langen Leben hatte er, durch die Zeitumstände nothge- drungen, nur Vertheidigungs-Schriften in den damaligen firch- lichen Streitsachen herausgegeben, welche aber ein großes Aufs» sehen erregten und ihm bei seinen Gegnern selbst Achtung er» warben. Doch war er nie zu bewegen, seinen gediegensten Pre- digten, zu welchen die Katholiken selbst sich drängten, durch deu Druck eine andere Oeffentlichkeit, als die rein apostolische zu geben. Er war nicht bloß ein gelehrter, sondern auch ein über- aus wohlthätiger Mann, der die Armen, ohne Unterschied auf Religion, kräftig unterstüßte. Echter Glaube, fromme Hinge- bung in den göttlichen Willen, galten ihm über Alles, und ein wahres apostolisches Leben führte erx bis zu seinem gleichwÜürdi- gen christlichen Ende. ?
Charles Ancillon, der Sohn des Vorigen, geboren zu Mes den 29. Juli 1659 und gestorben den 5. Juni 1715 zu Ber- lin, wshin er in seinem 27sten Fahre mit seinem Vater getom: men war, erwarb sich in seiner neuen Heimath mannigfache Verdienste in- der ihm - dur seine juristische Ausbildung vorge- schriebenen Laufbahn. Da er anfänglih OÖberrichter der Fran: zösischen Kolonieen war, so wird er oft mit seinem Oheim Yo- seph Ancillon verwechselt, welcher gleihfalls jenen Titel hatte und den ten November 1719 zu Berlin im 94sten Lebensjahre starb. Außer jenem Oberrichter-Amt erhielt aber Charles An- cillon die Stellen als Historiograph, als Aufseher des eben be:
ründeten Französischen Gymnasiums, als Polizei-Direftor, als Risbeftar sämmtlicher Französishen Gerichte und als Hof: und Ambassade-Rath. Schon von Met aus war er vou den Pro- testanten nach Paris abgesandt worden, um wo möglich eine mildere Behandlung zu erwirken. Der Kurfürst Friedrich III,, nachher König Friedrih L., beorderte ihn auch in wichtigen Verhandlungen na Basel, wo er sich seit 1695 bis 1699 auf- hielt. Mit dem lebtverstorbenen Staats-Minister hatte Charles Ancillon, außer seinen diplomatischen Functionen, auch noch das gemein, daß er neben seinen zahlreichen amtlichen Geschäften literarisch thätig war und mehrere zum Theil recht {äbbare Schriften herausgab, welche in den biographishen Wörterbüs chern angegeben werden. Zuglei rührend und lehrreich ist sein „Discours sur la vie de feu Mr. Ancillon et ss dernières heures. (Bâle, 1698.)“ Man weiß nicht, wenn man dieses Buch liest, wen von beiden man glückliher preisen foll, den Sohn, der einen folhen Vater, oder den Vater, der einen sol: hen Sohn hatte. Leider sind über Charles Ancillon?s Lebenslauf selbst ausführlihe Nachrichten nirgends zu finden. Während er, ivie der Staats-Minister, ganz für Andere lebte, scheint er, wie dieser, darauf bedacht gewesen zu seyn, da, wo scin Name nicht vershwiegen bleiben konnte, wenigstens seine Person \o viel als möglich dem Lobe der Welt zu entziehen.
“ David Ahcillon, der Bruder des Vorigen, war den 22. ‘Febrügr 1670 zu Meß geboren- und starb zu Berlin den 16,