1904 / 62 p. 11 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Mar 1904 18:00:01 GMT) scan diff

der Neuwahl nicht bestätigt. Den Beamten wird die Beteiligung an unseren Volksbanken verboten. Der Minister hat im Herrenhause unsere Reden eine belanglose Luftershütterung genannt. Nun, wir sind Polen und werden Polen bleiben.

Minister des Junern Freiherr von Hammerstein:

Meine Herren! Nach der Zurehtweisung, die der Herr Vorredner dur Ihren Präsidenten erfahren hat, habe ih eigentli geglaubt, auf die Ausführungen desselben überhaupt nit erwidern zu follen. Viel Belangreiches hat er nit vorgebracht, sondern alte Geschichten wiederholt, die sih seit Jahren abgespielt haben und die im vorigen Jahre zum Teil {on erörtert sind.

Der Herr Abgeordnete hat gesagt, die Staatsregierung sei unter die Hakatisten gegangen. Einen Beweis dafür hat er nit erbracht, Wenn der Ostmarkenverein oder irgend eine andere Genossenschaft uns Mittel an die Hand gibt, um der Polen Meister zu bleiben, so werden wir diese Mittel erwägen und, wenn nötig, sie anwenden, einerlei ob fie vom Hakatistenverein oder von irgend einer anderen Seite kommen.

Der Herr Vorredner ist dann auf das Ansiedelungêgeseßz ein- gegangen, worauf ih mi hier nit einlassen werde, weil das An- siedelungsgeseß ja dem hohen Hause demnächst vorliegen und, ih glaube, genügend Gelegenheit geben wird, dann auf den § 15þ näher zurückzukommen.

Er hat mir dann vorgeworfen, daß ih im Herrenhause gesagt habe: eventuell würde ih auch vor Ausnahmegeseßen nit zurück- scheuen. Er hat dabei gesagt, das würde ein Verfassungsbruch sein. Ja, meine Herren, ein Ausnahmegeseß is immer verfassungsmäßig; sowie es Geseßz ist, so ist es auf Grund der Verfassung Geseg. Wie darin ein Verfassungsbruch gefunden werden kann, ist mir unverständlich. Viel eher halte ih es für einen Verfassungsbruh, wenn man als preußischer Abgeordneter Tendenzen verfolgt, die darauf hinzielen, Teile Preußens von Preußen loszureißen. (Sehr richtig rets.)

Meine Herren, zu den nah der Meinung des Herrn Vor- redners Schandtaten, die er mir vorgeworfen hat, bekenne ih mich ganz ofen, Selbstverständlich stehe ih auf demselben Standpunkt wie der Herr Justizminister. Jh habe auch meinen Beamten verboten, sich an polnishen Banken und Genossenschaften weiter zu beteiligen. Es ist in den östlihen Provinzen nicht eine Er- findung der Haäkatisten, sondern über allen Zweifel erhaben, daß diese vielen polnischen Banken nur im Gegensaß zu dem Deuts{htum ge- gründet sind, im direkten Kampfe gegen das Deutschtum. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, das ist nit nur die Ansicht der Verwaltung, sondern es liegt mir hier eben cin Urteil vor, das ein Landgericht vor wenigen Tagen gefällt hat, und zwar in Beuthen. Dieses Landgericht sagt ausdrücklichß ih gestatte mir, einige Worte vorzulesen :.

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, daß seit Jahren in Oberschlesien eine polnische Bewegung eingeseßt hat, die es sich zur Aufgabe macht, eine sozialpolitishe und wirtschaftlihe Trennung des Deutschtums von der polnischen Bevölkerung. herbeizuführen.

(Hört! hört!)

Schwächhung des Deutschtums, Stärkung und Kräftigung der polnischen Einwohner sind die Tendenzen dieser national- polnishen Bewegung, deren ersehntes Endziel eine Verschiebung der jeßigen Besißverhältnisse im Sinne einer Wiederherstellung des ehemals polnischen Neiches ist. . Zu den dazu angewendeten Mitteln gehört aber ganz besonders die Schaffung der sogenannten polnischen Volksbanken, deren Zweck in der politischen Hebung der polnishen Bevölkerung usw. besteht.

Meine Herren, das ist nach meiner Auffassung von diesem Land- geriht durchaus treffend geurteilt. Wer nur einigermaßen gerade in die Tätigkeit dieser vielen polnishen Banken chineingesehen hat ih glaube, diese Frage wird uns noch bei dem Ansiedelungsgeseß näher beshäftigen —, der wird si überzeugen, daß sie das polnishe Geld der ganzen Welt flüssig machen, nicht für polnishe Bestrebungen im Sinne der Rasse, sondern für antideutsche Bestrebungen in den preußischen Landesteilen des Ostens. (Sehr richtig! rechts.)

Dann hat der Herr Abgeordnete mir Vorwürfe gemacht über die Zulafsung der Abänderung vieler polnischer Ortsnamen, der Abänderung von Personennamen und der nah feiner Ansicht mangelnden Necht- schreibung bei den Standesämtern. Meine Herren, alle diese Vorwürfe nehme ich auf mih. So weit ih nur kann, strebe ih dahin, daß in unseren polnischen Landesteilen deutsche Namen zur Geltung kommen. (Bravo! rechts.) Wir tun nur, was jede andere Nation im gleichen Falle tun würde. Frankrei hat vor 40 Jahren einen Teil Italiens erworben. Ich glaube, die Herren Polen gehen sehr gern dorthin. Sie werden niemals ctwas anderes als Nice, niemals etwas anderes als Ville- franche angeshrieben finden, amtlich nennen hören, niemals aber Nizza oder Villa Franca, wie es italienisch heißt, finden. Sie gehören eben dem Staat Frankreih an, und der Staat gibt die Sprechweise an, wie sie seinen Laukverhältnissen entspriht. (Sehr richtig! rets.)

Aehnlich verhält es si mit den Personennamen, und da ift auch wieder eine polnische Eigentümlichkeit bemerkbar. Jch bin früher viel im Auslande gewesen, habe die Freude gehabt, mit einer Anzahl sehr liebenswürdiger und ehrenwerter Herren aus den polnischen Landes- teilen, sei cs diesseits oder jenseits der preußischen Grenze, zusammen zu.fein; wir haben Visitenkarten gewechselt, und auf diesen Visiten- karten waren ihre Namen so geschrieben, daß jeder internationale Mensch den Namen au lesen konnte, während Sie von uns, von unseren Standesämtern, von unseren, ich will sagen, nit höchst- gebildeten Beamten verlangen, daß sie Namen schreiben sollen, die überhaupt mit deutshen Schriftzeihen gar nicht wiederzugeben sind ; Sie wissen den Unterschied nicht zwischen dem 1 mit dem Strich und dem 1 ohne Strich und dem a mit der Cédillo und ohne Cédilles ih weiß es selbst niht. Da verlangt man nun von unseren kleinen Beamten, daß sie dem genau folgen sollen! Meine Herren, das ist zu viel! Na meiner Auffassung gehört in eine deutsche Urkunde ein Name, der auf deutsch verständlih. ist. (Sehr richtig!) Bei- den Endungen auf ki und ka ist dem Wunsche des Abg. von Czarlinski vollständig Nechnung- getragen, sofern nur der Nahhweis erbracht wird, daß die Mutter, die Großmutter si ka geschrieben haben. Dieser Nachweis ist doch dur die Standesämter oder dur die Kirhenbücher sehr wohl und sehr leiht zu erbringen. Ich nehme an, daß die polnischen Kirhenbücher vor 50 bis 60 Jahren niht im polnishen Sinne fals geschrieben find. So, wie fle aber geschrieben sind, so ist der Standesbeamte verpflichtet die Namen einzutragèn. Ih glaube, meine Herren, das ist ‘das. allergrößte Entgegenkommen, das wir überhaupt alten [assen können.

Der Herr Abg. von Czarlinski hat dann mit einer gewissen

Emphase gesagt, daß die Muttersprache ein Stammes®eigentum ist, dessen man sich niemals entäußern solle. Meine Herren, das ist ganz richtig; ih göónne Ihnen Jhre Muttersprache, sprehen Sie sie, soviel Sie wollen. Aber wenn Sie sich um öffentlihe Dinge in Preußen, um preußishe Angelegenheiten kümmern, so \prehen Sie die Sprahe des Staats, zu dem Sie gehören! (Sehr richtig!)

Es handelt si hier um Staatsangehörigkeit, die etwas ganz anderes ist wie die Nassenangehörigkeit.- Und ih habe es Ihnen schon oft gesagt, au Kollegen vor mir haben es gesagt, und Kollegen nah mir werden es Jhnen wieder sagen: Wir gönnen Ihnen Ihre Natio- nalität, Ihre Rasse, aber werden Sie Preußen und seien Ste Preußen und sprechen Sie in öffentlichen Angelegenheiten deuts, dann werden Sie von der Regierung und ganz gewiß auch von der gesamten deutshen Bevölkerung nur Entgegenkommen, aber keine Feindschaft ‘finden. (Bravo!) ; ,

Meine Herren, der Herr Abgeordnete ist dann eingegangen auf

Erfahrungen mit der Ostmarkenzulage und hat gesagt, es müßte jede Nechnung do auch kontrolliert werden, ob denn das nun au rihtig ausgegeben sei. Ja, meine Herren, eine Rechnung wird kontrolliert, wenn eine gewisse Zeit abgelaufen ist, beim Nechnungsabs{chluß; wir fangen ja eben erst an mit der Ostmarkenzulage, es ist noch kein Jahr darüber vergangen! Es ist ganz natürlich, daß bei der ersten Einrichtung einer solchen Maßregel hier und da vielleicht eine Stockung vorgekommen ist. Unnatürli ist es aber in meinen Augen, wenn ein deutsher Beamter sich bei dem Herrn Vorredner be- \{wert, daß er keine Ostmarkenzulage bekommen habe. (Sehr richtig !) Für mi, meine Herren, würde diese Tatsache schon genügen, dem Beamten die Ostmarkenzulage zu verfagen. (Sehr richtig!) Er hat si an seinen Vorgeseßten zu halten, nit aber an den Herrn Vor- redner zu wenden. / Í

Dann ist der Herr Vorredner eingegangen auf eine ganze Anzahl von Angelegenheiten, die meines Erachtens hier {hon im vorigen Jahre vollständig erledigt sind. Ih will das hohe Haus damit nit weiter beshweren, ‘ih will nur dem Herrn von Czarlinski zusagen, den Fall des Knaben in Thorn nochmals zu untersuchen. Jch habe ersl dur die Replik erfahren, daß es sich darum handelt, ob der betreffende Mann, bei dem der Knabe untergebraht isl, dafür Geld bekommen soll oder niht. Im vorigen Jahre ging die Klage dahin, daß dem Mann der Knabe entzogèn sei, das Vormundschafts- gericht habe geglaubt, daß er dort \{chlecht erzogen werde, und es müsse ihm der Knabe deshalb genommen werden. Nach meiner Erinnerung bezog sih die Beschwerde des Herrn Vorredners auf diese Fortnahme, auf welche ih erwidern konnte, daß der Knabe auf Nemonstration des Mannes demselben wiedergegeben fei. Wie ih jeßt aus den Aus- führungen des Herrn Abgeordneten höre, handelt es sih jeßt darum, daß der Knabe früher gegen Entgelt, jeßt unentgeltlich von demselben Manne erzogen wird. Ich werde sehen, ob in der Sache meinerseits etwas zu machen ist, möchte aber bemerken, daß, soweit mir der Fall erinnerlich ist, es fi ledigli um eine Unterbringung durch die Vor- mundschaftsbehörde, also durch das Gericht handelt, aber nicht um cine polizeilihe Verfügung. (Abg. von Czarlinski: Nur durch polizei- lihe Verfügung!) Jedenfalls werde ih der Sale näher treten.

Der Herr Abg. hat dann gesagt, daß die Reden, die ih und die anderen Minister in der Polensache hielten, nur eine belanglofe Luft- ershütterung seien. (Heiterkeit.) Dann ist es wenigstens eine Luft- ershütterung, die Rede des Herrn Abgeordneten, der vor mir ge- sprohen hat, hat aber, glaube ih, niemanden und nihts erschüttert, sie war so wenig pointiert, wie ih sie von dem Herrn Abgeordneten gar nicht gewohnt bin. Im Eingange hat er mir vorgeworfen, ih hätte hier vor einigen Monaten mit einem Sate geschlossen: wir haben zu befehlen, und ihr habt zu gehoren, und gesagt, der Minister habe überhaupt nichts zu befehlen, er habe nur die Gesetze auszu- führen. Das ist natürlich ganz rihtig, wer aber damals meinen Aus- führungen zugehört hat, der hat ganz gewiß die Ueberzeugung mit- genommen, daß diese Worte ganz anders gemeint waren, so gemeint, wie ih sie, wie ih hoffe, wörtlih wiederholen will: Wir Deutschen find viel zu langmütig gegen die uns Deutsche verleßenden Polen, und wir haben im Deutschen Reih und in Preußen zu befehlen, und Sie, die Polen, haben zu gehorchen. (Sehr rihtig! und Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

_ Abg. von Heydebrandt und der Lasa (kons.): Meine Er- widerung auf die Ausführungen des Abg. von Czarlinéki behalte ih mir für die Zeit vor, in der hier der nl eines Ausnahmegesetzes vorliegen wird. Wir stellen uns ganz auf den Standpunkt des Ministers und hoffen, daß die Regierung eine starke deutsche Politik gegen die Polen ohne Schwäche und ohne Kleinlichkeiten durchführen wird. Wir wünschen nur, daß der Minister darin nicht wankend wird. Die vom Vorredner aus dem Hause angeführten Fälle zu beurteilen, sind wir außer stande; sie müssen erst iten werden. Dem Abg. Kirsch stimme ih darin bei, daß es nicht zweckmäßig war, die NReichstags- und die Landta swahlen so weit auseinander zu legen, d. h. die Landtagswahlen so spät anzusezen. Von der Wahlbewegun abgesehen, war dies deshalb litiwedita, weil die Negierung Sir frühzeitige Wahlen in die Lage gekommen wäre, das Abgeordnetenhaus [hon vor Weihnachten einzuberufen. Daß wir infolge der späten Ein- berufung in Schwierigkeiten bei der Behandlung unserer Geschäfte ge- raten würden, war vorauszusehen. Man wußte do, was man uns vorlegen wollte und was beraten werden sollte. Da wäre eine frühe Anordnung der: Wahlen am Plate gewesen. Was wir zum Etat zu Sh möchte jedo im anen Freunden no spêter vo 1 Vinfîter es e E die an das Verhalten des Ministers anläßlit bet wobl fraglidh, ob e Ph der preusithen Regterun wee reges Latte, in preisen Abgeordnetenhause Rede und Antwort gestanden liegt mir durÓjaus, ans ieine Mee N liege reti t Regierung aufgefaßt zu sehen Daß unsere Minister im beut das Net haben, praußise An eee ) an x im Bundesrat treten, daran kann kein Br f f “Sh ‘bi h B i der Ansicht, daß die Minister zu entscheide hab aus % / tin folhen Rechte Gebrau gemacht MEEDeN soll STDeRS f diésem Falle ist das Verhalten der Minister doch vielleicht der Mh: deutung aus E Die Minister sind in den Reichstag gegangen, fie

huldigung ausgesprochen, daß sie dorthin gegangen sind. Man hat den Eindruck, daß sie einer gewissen Pflicht genü n wenn sie dorthin gingen, und es war mir bedauerlih, von Herrn Bebe zu hören, daß es für thn und seine Freunde cin Triumph wäre, daß

: j s ; rt die preußishen Minister dort erscheinen und ihnen Rede und Ankwo,

ben E Das war ein formeller Sieg der S bei ihrer völligen Niederlage in der Sache. Und Me stag tanedn patfen, 0 Une aon esen (u D werden so viel Angelegenheiten “endli die Grenze zwischen Meth

preußischen Charakters find, daß f _#Iqh erkenne an, daß in dem

Und Staat Tae E E pandelt, die geseßlihe Unterlage nicht

R was Reichsrecht und was Landesrecht ist.

haben ihre Ent

In gese Gebieten ist die Souveränität des preußischen Staates auf das Reich übergegangen, aber andere Gebiete sind den Einzel- staaten überlassen. Noch besteht kein Beau dchtigungsreht des Reiches. Cs können nicht zwei Faktoren gleichzeitig in derselben Sache souverän sein. In den Gebieten, die dem Reich nicht über- trägen sind, besteht kein Ret des Reichstages, sie zu behandeln, und keine T der Regierung, dem Reichstage Rede und Antwort zu stehen. enn es dahin käme, daß der Neichstag bestimmen wollte, wie das Koalitionsrecht der Eisenbahnarbeiter gehandhabt werden soll, wie die Gehälter der Eisenbahnbeamten sein, wie die Tarife gestaltet - werden sollen, ja, da ist das Gnde überhaupt nicht abzuschen. Haben wir hier Reichsangelegenheiten besprohen, so haben wir das getan, weil wir den preußishen Stimmen im Bundesrat eine Direktive geben wollten. Wir können daher Reichsangelegenheiten besprechen, aber niht umgekehrt der Reichstag Landesangelegenheiten. Ich will dem Reiche geben, was des Reiches ist, aber die Grenzen müssen ge- zogen werden. Wir können nur ein starkes Reih haben, wenn die

Bundesstaaten behalten, was ihnen gebührt.

Minister des Jnnern Freiherr von Hammerstein: ?

Meine Herren! Was zunächst die Einberufung dieses hohen Hauses anbetrifft, so besteht ja allerdings eine Differenz der An- shauungen zwischen der Königlich preußischen Staatsregierung und dem Reichstag über den Anfang ‘und das Ende der Legislaturperiode. Während im Reichstag der Beginn der Legislaturperiode mit dem Wahltage angenommen wird, ist in Preußen bis jeßt daran fest- gehalten, daß die Legislaturperiode des Landtags erst mit der Kon- stituierung desselben beginnt. Es ist mir sehr wohl bekannt, daß vor 3 oder 4 Jahren auch hier im Schoße dieses Hauses andere Ansichten zur Sprache gebracht sind. J habe niht Grund, ohne in die Prä- rogative dieses Hauses einzugreifen, von dem abzugehen, was seither in Preußen Uebung und Rechtens gewesen ist. Danach war der 16. Januar der früheste Tag der Einberufung. (Zuruf: späteste!) Ich hâtte niht mal nötig gehabt, diese ih möchte sagen wissenschaftlihe Begründung zu geben, sondern es gibt auch noch einen anderen, einen rein tatsählichen Grund. Die beiden Häuser des Landtags müssen gleichzeitig einberufen werden, und das neue Herrenhaus war unmögli {hon zum 10. oder 12. Januar fertigzustellen. Tatsache ist es, daß mir das Gebäude am 15. Januar zur Disposition gestellt ist, und daß, nahdem das Herrenhaus am 18. Januar das Haus verlassen hatte, gleichß wieder die Arbeiter hineinzogen. Einige Tage früher wäre es unmöglich gewesen, in diesem Gebäude, und ebenso unmögli, im alten, leer stehenden Gebäude eine Sigzung abzuhalten. Es war also absolut notwendig, die Cinberufung bis zum 16. Januar hinauszuschieben. Ich bemerke ' ausdrücklich, daß die staatsrechtlihe Frage ja nur alle 5 Fahre vorkommt, daß es im nächsten Jahre mögli ist, auch etwas früher einzuberufen.

Was dann die sehr viel wihtigere Frage betrifft, die Auseinander- seßung ‘dessen, was Reichsreht und was Landesrecht ist, so gestatten Sie mir, meine Herren, daß ich darauf im einzelnen niht eingehe. Ich meine, eine jede Beantwortung dieser Frage, die mir überraschend gekommen ist überraschend in dem Sinne, daß ih es zwar etwas vorher dur die Freundlichkeit des Herrn Vorredners erfahren habe, aber doch erst heute Mittag und nicht einige Zeit vorher erfordert doch ein so genaues Studium, daß ein Minister, wenn er von diesem Plate aus spricht, ganz genau wissen muß, wie weit er in seinen Ausdrücken gehen kann. Ich möchte also bitten, mich davon zu dispensieren, hier irgend eine Linie zu ziehen, die zwischen dem Reichsrecht und dem Cinzelstaatsrecht die rihtige Grenze für alle Zukunft sein soll. Ih stimme darin aber mit dem Herrn Vorredner vollständig überein, daß es niht nur im Interesse Preußens, sondern auch im Interesse des

ganzen Deutschland liegt, daß die Einzellandtage ihre Befugnisse voll und ganz behalten, und daß das Reih so wenig wie mögli auch der- artige Angelegenheiten an si zieht, welhe mit ebenso gutem Erfolge für das Gefamtwohl des Reichs in den Einzelstaaten erledigt werden Éönnen. \

Ebenso bin ich mit dem Herrn Vorredner darin ganz einver- standen, daß es nit Pflicht der preußischen Minister ist, im Neichs- tage zu ersheinen, um über eine Angelegenheit Auskunft zu geben, welche Landesreht und nit Neichsrecht ist, und daß es den preußischen Ministern als Bevollmäthtigten zum Bundesrat freisteht, dort zu er- scheinen.

Und nun werde ih Ihnen die Gründe angeben, weshalb ich und mein Herr Kollege von der Justiz in dieser Angelegenheit im Reichs- tage ershienen sind. Wir haben bei der ersten Interpellation der Sozialdemokraten im Reichstag es abgelehnt, und zwar aus staats- rechtlihen Gründen, aus dem Grunde, weil die Angelegenheit nicht vor das Forum des Reichstags nah unserer Ansicht sondern vor das Forum des preußischen Landtags gehört, zur Beantwortung dieser Interpellation im Reichstag zu erscheinen. Es hat dann in

dankenswerter Weise einer der Abgeordneten dieses hohen Hauses diese Angelegenheit hier aufgenommen, um uns Ge- legenheit zu geben, alles das im einzelnen zu besprechen,

wàs die Sozialdemokraten in ihrer Interpellation der preußischen Regierung zum Vorwurf gemaht haben. Ünd das ist hier geschehen, Meine Herren, i darf es, glaube ih, mit Stolz konstatieren: mit dem Erfolg, daß die sämtlichen Angriffe der Sozialdemokraten voll- ständig in ihr Nichts zerfallen sind. (Sehr rihtig!)

Nun kam die Angelegenheit zum zweiten Male im Reichstag zur Verhandlung, und es war da zu erwarten, daß die Sozial- demokraten eine Replik versuhten gegen die Aeußerungen und Auf- stellungen, welche hier die beiden preußishen Minister im Abgeordneten- hause gemacht haben, und da erschien es uns erstens als ein gewisses Gebot der Noblesse, von unserem RNehte Gebrauh zu machen," nun- mehr, nachdem wir unseren prinzipiellen Standpunkt gewahrt E im Reichstag zu erscheinen, weil eben diesen Sozialdemokraten L L Gelegenheit, hier im Hause zu sprechen, glücklicherweife ho B gegeben ift. :

Und dann, meine Herren, war es au noch ein anderer Grund,

on den Verhandlungen dieses hohen Hauses fo groß E ASra 4 s denken wollen; wir können uns ec verhehlen, daß derartige Verhandlungen wie eine E 7 ; draußen im Reich, und vielfah auch im preußischen Staat, von größerem Widerhall sind, wenn sie aus dem Reichstag, als wenn sle aus dem Landtag kommen. (Widerspru rechts, sehr richtig! links.) Ja, meine Herren, ih glaube, daß der Eindruck der Niederlage, die die Sozialdemokraten erlitten haben, und zwar \chon hier im Haufe erlitien hatten, im ganzen Deutshen Reih erheblich vertieft und vershärst worden ist dur die Erwiderungen, die wi ihnen im Reichstag haben zuteil werden lassen (sehr rihtig! links),