1876 / 301 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Dec 1876 18:00:01 GMT) scan diff

diè Kullageiqeist nur auf Beshlus des Gerichtes einzureichen Jei, während der Abg. Dr. v. S&warze einen Zusaß wünschte, nach welchem dem Angeklagten eine Aufforderung zu einer Erklärung zugehen soll, ob er die Vornahme einzelner Be- weiserhebungen vor der Hauptverhandlung beantragen wolle. Für den ersteren Antrag sprachen der Abg. Klos, für den leßte- ren der Bundesraths-Bevollmä Bas der Abg. Reichensperger (Olpe) und der Antragsteller. er Antrag Dr. v. Schwarze wurde hierau men. Jn den §8. 301 und 380, die von der Rechtsbelehrung der Geschwornen - handeln, wurde auf Antrag der Abgg. Miquel und Gen. die Bestimmung, daß auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Vertheidigers bestimmt zu bezeichnende Säße der Rechtsbelehrung vom Vorsißenden f ritt: lih zu fassen, zu verlesen und dem Protokolle beizufügen sind und bei einem ev. Aer die Revision begründen fönnen, gestrichen ,- nahdem der Abg. Dr. v. Schwarze sein Bedauern darüber ausgesprochen, daß man der Jnstitution der g abgeneigt sei. §8. 333 bestimmt die Möglich- keit der Beschlagnahme des Vermögens eines Abwesenden, egen welchen Anklage erhoben worden. Der Abg. -Reichen- pergcr (Olpe) wollte diese Bestimmung auf die Anklage wegen eines Verhrehens beschränken. Nachdem \\ich der Bundesraths - Bevollmächtigte, Justiz-Minister Dr. Leon- hardt und die Abgg. StruckEmann (Diepholz) und Dr. Lasker gegen diesen Antrag ausgesprochen, wurde derselbe abgelehnt. Dem §. 413. wurde ohne Debatte auf den Antrag des Abg. Spielberg ein neues Alinea hinzugefügt, nah welchem die Aufhebung eines früheren Urtheils durch ‘die amtlichen Blätter des betreffenden Ober-Landesgerichtsbezirks und durch den „Reichs-Anzeiger“ zu veröffentlichen ist. Aus Konsequenz des zu §. 207 gefaßten Beschlusses wurde auf Antrag des Abg. Dr. v. Schwarze §. 215 Abs. 2 gestrichen. §. 501 handelt von den Kosten des Verfahrens und bestimmt, daß, wenn ein Aer als unschuldig erkannt oder außer Verfolgung gefeßt ist, die Kosten des Ver- fahrens der Staatskasse zur Last fallen. Der Antrag der F Miquel und Genossen will diese Bestimmung fakultativ assen.

An der Debatte betheiligten sich die Abgg. Eysoldt Miquel, Dr. Lasker und der Bevollmächtigte zum Bundesrat Justiz-Minister Dr. Leonhardt. Der A Miquel wurde angenommen, ebenso ohne Debatte ein redaktioneller Antrag zu §. 507. Die übrigen Paragraphen des Geseh- entwurfs, sowie des Einführungsgeseßes zu demselben wur- den ohne Debatte genehmigt. Die Kommission hatte auch eine Resolution vorgeschlagen, daß der Reichs- kanzler ersuht werden sollte, baldmöglichst eine Militär- Strafprozeßordnung vorzulegen und darin die Kompetenz der Militärgerichte nur auf die Dienstvergehen zu beshränken. Der Abg. Dr. Gneist erklärte sich überhaupt, der Abg. v. Etel, der Bundesraths-Bevollmächtigte Kriegs - Minister v. Kameke und ein Bundesraths-Kommissar nur gegen den zweiten Theil der Resolution, während der Abg. Herz dieselbe befürwortete. Der erste Theil der Resolution wurde angenommen, der leßte abgelehnt. Ebenso wurde eine Resolution auf Vorle- gung eines Gefängnißgeseßes angenommen.

Der Abg. In zu Hohenlohe-Jngelfingen zeigte hierauf dem Hause an, daß er sein Mandat niederlege, um dem Hause eine längere Wahlprüfungs-Debatte zu ersparen.

Auf Antrag des Abg. Miquel wurde sodann in dritter Berathung der Entwurf einer Civilprozeß-Ordnung en bloc fast einstimmig angenommen.

Im' Einführungsgeseß zu derselben wurde auf Antrag der Abgg. Miquel und Genossen ein §. 1a eingeschaltet, welcher bestimmt, daß das Gebührenwesen für alle bürgerlihen Rechtsstreitigkeiten im Umfange des Reichs durch eine Gebührenordnung geregelt werden soll. Die nth g Paragraphen wurden unverändert ohne Debatte genehmigt. 3 Auf Antrag des Abg. Miquel wurde auch der Entwurf einer Konkursordnung in dritter Berathung en bloc an- genomen. att ,

Die zu den Justizgeseßen eingegangenen Petitionen wurden auf Antrag der Justizkommission, Namens welchet der Abg. Miquel referirte, dur den Erlaß der Gesetze für er- ledigt erflärt.

Die hierauf folgende namentliche Schlußabstimmung über das Gerichtsverfassungsgeseß ergab die Annahme des- selben mit 194 gegen 100 Stimmen. Mit derselben Majo- rität wurde die Strafprozeßordnung angenommen und demnächst die Civilprozeßordnung sowie die Konkurs- ordnung einstimmig genehmigt.

Der Bundesraths-Bevollmächtigte Präsident des Reichs- kanzler-Amts Staats-Minister Hofmann verlas hierauf eine Allerhöhste Botschaft, welhe die Mitglieder zum Schluß der Session auf Freitag 21/4 Uhr in den Weißen Saal des Ea Residenzschlosses einladet. Der Präsident von Forckenbeck gab sodann die übliche Uebersicht über die Geschäftsthätigkeit des Bause; worauf der Abg. von Bonin dem Präsidium für die unparteiische Geschäftsleitung, E der Zustizkommission für ihre mühevolle zweijährige Thätig- keit den Dank des Hauses aussprach. Der Präsident v. Forcken- beck dankte dagegen dem Bureau für die Unterstüßung in der Leitung der Geschäfte und {loß die Sißung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, in welhes das Haus dreimal lebhaft einstimmte. Schluß 25 Uhr.

Bis Ende Oktober 1876 sind für Rechnung des Deuischen Reichs an Landes-Silber- und Kupfer- münzen zur Einziehung gelangt: A. Landes-Silber- münzen: Thalerwährung 413,236,828 4 98 /Z, süddeutsche Guldenwährung 195,669,423 65 _Z, Kronenthaler 7,974,020 A6 11 5, Konventionsmünzen des Zwan iggulden- fußes 1,910,327 M S, Silbermünzen Rurfürstlih und Königlich sächsischen Gepräges 9,117 6 42 -Z, Silbermünzen s Gepräges 1,617,855 M 49 _.§, Silber- münzen hannoverschen Gepräges 1613 M 45 5, medcklenbur- gishe Währung 204,826 4. 97 3, Be Courantwäh- tung 1,766,962 M 11 „S, Lübische Währung 754,691 4 84 3, Gesammtwerth A. 623,225,667 4 02 _,5; B. Landeskupfer- münzen: Thalerwährung 2,368,589 M 27 3, Taodertie Währung 647,668 46 16 „3, mecklenburgishe Währung 32,645 58 S, Gesammtwerth B. 3,048,903 # 01 S, hierzu Ge- E A. 623,225,667 46 02 S, Gumme 626,274,570 M6

Die in der E T Börsen-Beilage abgedrudckte ta - bellarishe Uebersicht der ochen-Ausweise der deutschen Zettelbanken vom 15. Dezember {ließt mit fol- genden summarischen Daten ab: Der gesammte Kassenbestand

angenom-

igte, Juttiz-Minister Dr. Leon- 1

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der 19 FÎnstitute der Tabelle betrug 721,801,000 f und ist der Vorwo egenüber um 6,481,000 M angewachsen, wäh- rend der eHselbestand bei einem Gesammtbetrage von 680,181,000 Æ eine Abnahme um 10,298,000 4 und die Lombardforderungen mit 87,954,000 #6 eine solhe von 1,289,000 / nahweisen. Gleichzeitig ersheint der Noten- umlauf in Höhe von 926,923,000 H gegen die Vorwoche um 2 437,000 é gekürzt, wie auch die täglichen Verbindlichkeiten bei einem Betrage von 187,202,000 # einen Rückgang um 2,968,000 M und endlich die an eine Kündigungsfrist gebun- denen Verbindlichkeiten mit 121,846,000 4/6 eine Abnahme von 222,000 A tonstatiren.

F” Auf Allerhöchsten Befehl fand heute Mittag 12 Uhr die Feier der Eröffnung der vereinigten Artillerie- und Jngenieurschule zu Charlottenburg statt.

Jn der Untersuhung gegen einen Schulvorsteher- welcher einen ihm untergeordneten Gemeindelehrer mehr- mals beleidigt hatte, sprah das Ober-Tribunal in seinem Erkenntniß vom 24. November d. J. folgende Säße aus: 1) Bei der Beleidigung eines öffentlich angestellten Lehrers ist die Königliche Bezirksregierung zur Stellung des er- forderlihen Strafantrages berechtigt. 2) Die ehren- kränkende, dienstlihe Anzeige über einen öffentlichen Lehrer Seitens des Schulvorstehers an die vorgeseßte Behörde ift nur dann strafbar, wenn die Absicht, zu beleidigen, fest- gestellt ist. Dagegen genügt niht das Bewußtsein des ehrenkränkenden Fnhalts der dienstlihen Anzeige zum That- bestande eines rechtswidrigen Angriffes auf die Ehre der an- gezeigten Person, auch ist die Annahme der Leicht fertigkeit ‘der Anzeige nicht geeignet, die fehlende Feststellung der belei- digenden Absicht zu erseßen. 3) Jn einer Untersuhung wegen Beleidigung ist der Beleidigte als Zeuge nicht unzulässig; welchen Glauben aber die Richter ihrem Zeugniß schenken wollen, steht zu ihrer freien, aus dem Fnbegriff der Verhand- lungen geschöpften Ueberzeugung. 2

Die E o Mer Ie LoR Königlich bayerishe Ministerial-Räthe von Riedel und von Loë, so- wie der Großherzoglich oldenburgische Staatsrath Selkmann os cas München ‘und beziehungsweise Oldenburg zurück- gereist.

Görliß, 20. Dezember. Der oberlausißerTKom- munal-Landtag nahm in seiner heutigen (zweiten) Ple- narsißung Mes Kenntniß von den gemeinnützigen Be- \{lüsjsen, welche bezüglich der Revenüen des Fonds der Land- städte und Landgemeinden von den Vertretern derselben ge- faßt worden sind. Sodann gelangte der Verwaltungsbericht über die Provinzial-Sparkasse zur Mittheilung, aus welhem sich - das fortwährende Wachsen der Einlagen ergiebt. Der Landtag genehmigte nachhträglich mehrere Kapitals-Ausleihun- gen, sowie die Errihtung neuer Neben-Sparkassen in Penzig und Waldenburg und vollzog die Wahl mehrerer Ku- ratoren, Stellvertreter und Rendanten, resp. . bestätigte er die zum Theil bereits Seitens des Direktorii getroffenen Wahlen. Hierauf erstattete die Direk- tion der oberlausizer Hülfskasse ihren Jahresbericht. Auf den Bericht des Bank-Kuratorii bestimmte der Landtag den Schlußtermin“ für die nachträglihe Einlösung der noch umlgufenden Banknoten und stellte den Geschäftsunkosten-Etat für das Jahr 1877 fest. Der Landtag nahitt ferner davon Kennt- niß, daß die von; ihm beagnspruchte Entschädigung' für Auf- s des Banknoteñ- d h vi sowohl von den Reichs- resp.

taatsbehörden, als auch Seitens des Reichsbank-Aus\chusses abgelehnt worden ist und bezeichnete seinerseits diejenige Ent- schädigung, welche unter g.wissen Bedingungen in Aussicht gestellt ist, als miht annehmbar. Schließlih wurde dem Kreise Görliß zu Wegebauzwecen ein Darlehn bis zu 450,000 aus ständischen Fonds bewilligt. *

Bayern. München, 19. Dezember. Ein hiesiges Blatt hatte gestern Abend gemeldet, das Befinden des Prinzen Otto habe sih in den leßten Tagen so sehr verschlimmert, daß man das Schlimmste befürchten müsse. Wie man der „Leipz. Ztg.“ s{hreibt, ist diese Angabe unbegründet. Nachdem nun auch der oberbayerishe Landrath die Reorga- nisation der Gewerbeschulen mit 29 gegen 10 Stim- men angenommen und die dazu erforderlichen Mittel bewilligt hat, steht der o berpfälzische Pa mit Nichtgenehmîi- a derselben allein dagegen die Landräthe der sieben anderen

reise.

Württemberg. Stuttgart, 18. Dezember. Jhre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrih von Würt- temberg ist heute nah Arolsen abgereist. :

Vaden. Karlsruhe, 19. Dezember. Der Groß- herzog und die Großherzogin haben sih heute Vornittag zum Besuch der big: dat von Schweden nah Heidelberg begeben und sind am Abend hierher zurückgekehrt.

Hessen. Darmstadt, 18. Dezember. Das neueste Regierungsblatt enthält das Gesey über die Besteuerung des Weines. Die Kleinverkäufer haben hiernach von den in Quantitäten unter 40 Liter verkauften Wein anstatt der Tranksteuer und Zapfgebühr eine Abgabe. zu entrichten (7 ‘und 5 6 per Hektoliter). Die Weinhändler ' zahlen von ihren Weinlagern statt Tranksteuer eine Abgabe von 5 A für je 10 Hektoliter. Bei der Besteuerung ist der Wein frei zu lassen, den die Gewerbetreibenden aus dem Zollvereinsauslande oder aus zollamtlichen Niederlagen nah vorheriger Verzollung- unmittelbar bezogen. Zur Feststellung der Weinsteuer erfolgen Schäßungen durch Kommissionen, gegen deren Entscheidungen der Rekurs an die Ober-Steuerdirektion zugelassen.

Anhalt. Dessau, 19. Dezember. (Leiyz, Ztg.) Die Abreise der Prinzessinnen Friedrih und Hilda nah Kopenhagen findet heute statt. Der Prinz Eduard ist zum Besuche seiner Hohen Eltern für die Weihnactszeit hier angekommen, und werden der Erbprinz und Prinz Friedrich in diesen Tagen von Berlin eintreffen.

Elsaß - Lotyringen. Straßburg, 14. Dezember. (Str. Ztg.) Die Elementarschulen der Stadt werden voraus r in nächster Zeit eine bedeutende Erweiterung erfahren. Es liegt nämlich im Plane der Den Ver- waltung, Mittelschulklassen ins Lebenzu rufen und dieselben auf Vorschlag des Kreis-Schulinspektors so an die vorhandene Elementarschule CMue en, i leßtere möglichst Mer uet bleibt, während die Mittelschulklassen die fähigeren Schüler aus der Elementarschule, etwa im 10. bis 12. Lebensjahre, au Knaben anderer Lehranstalten gleichen Alters übernimmt und dieselben nach einem erweiterten Lehrplan etiva bis zum

15. und 16. Lebensjahr fortführt. Neben dem Unterricht in: den Elementargegenständen wird der Lehrplan auch Französisch vermehrtes Zeichnen und Naumlehre und ein erhöhtes Maß von Geographie, Geschihte und Raturkunde berücsichtigen. Dex Eintritt in die untere Klasse wird von einem Examen. mit ernsteren Anforderungen abhängig gemacht.

Oefterreich -: Ungarn. Wien, 19. Dezember. / Das „Fremdenbl.“ e: Graf Andrassy ist heute E von: Budapest angekommen und gedenkt bis gegen Weihnachten hier zu verweilen. Eine Hieherkunft ungarischer Minister ist r jeßt nicht in Aussfiht genommen. Jn Bezug auf ver-- chiedene Personalveränderungen im diplomatischen Dienst des. Reiches, von denen einige Journale berichten, können wir, in Wiederholung des bereits gestern Mitgetheilten, nur versichern, daß bis jeßt noch keinerlei Entscheidung getroffen ist.

Das Abgeordnetenhaus hat fh heute zu den üblihen Weihnachtsferien vertagt, ohne einen bestimmten Tag für den Wiederzusammentritt in Aussiht zu nehmen. Doch wird, wie die „N. fr. Presse“ mittheilt, algemein an- genommen, daß es zwischen dem 20. und 22. Fanuar si wieder versammeln wird. Jm Laufe dieser Woche wird a das Herrenhaus eine Sißung halten, um das Finanzgeseß und den Staatsvoranschlag zu erledigen; dann dürfte auch ditses. Haus auf unbestimmte Zeit vertagt werden.

Schweiz. Bern, 19. Dezember. (N. Zürch. Ztg.) Nach- dem unterm 13. d. M. das Präsidium und Vizepräsidium. des Bundesrathes für 1877 bestellt worden sind, wurde gestern die Vertheilung der Departements folgender- dermaßen bestellt : Politisches: Bundespräsident Heer, (Stell- vertreter : Vizepräsident Schenk); FJnneres: Bundesrath Droz (Stellvertreter: Bundesrath Anderwert); Justiz und Polizei: Bundesrath Anderwert (Stellvertreter: Bundesrath Welti); Militär: Bundesrath Scherer (Stellvertreter: Bundesrath. Hammer); Finanzen und Zoll: Bundesrath Hammer (Stell- vertreter : Bundesrath Scherer); Eisenbahn und Handel : Vize- präsident Schenk (Stellvertreter : Bundesrath Droz); Post und. Telegraphen : Bundesrath Velti (Stellvertreter: Prästdent Heer). Troßdem die Sendung von Truppen nah dem Kanton Tessin vorläufig nicht nöthig geworden, zeigt ein Bli in die Tessiner Blätter sofort, daß der Kampf der Parteien mit ungeshwächter. Leidenschaftlichkeit fortdauert. So sagt „U Gottardo“ unterm 15. Dezember: „Wir wollen uns keinen Jllusionen hingeben. Der Kanton Tessin wird niht zur Ruhe kommen , bevor der Liberalismus nicht vollständig Ln gewonnen hat, und wenn bei den nächsten Wahlen den Män-= nern des 21. Februars 1875 wiederum die Majorität zufallen sollte, so wird die Agitation niht aufhören und wird s{hreck-= licher werden denn ; Dem Oberst A ubert in Genf ist die verlangte Entlassung vom Kommando der I. Armee-Division,. sowie aus dem Militärdienst überhaupt bewilligt worden. Der Nationalrath hat die Berathung der Budget- einnahmen begonnen, wobei er überall dem E beistimmte, und einen Antrag auf Revision des Zol tarifs angenommen. Jn der Schlußabstimmung wurde das Gesetz, betreffend die zivilrechtlichen Verhältnisse, mit 57 gegen 51 Stimmen angenommen. h : 20. Dezember. Der Nati'onalrath genehmigte die tessiner Verfassungsdekrete und beauftragte den Bun- desrath mit der Sicherung der Freiheit der bevorstehenden. Großrathswahl.

Belgien. Brüssel, 17. Dezember. Als vorgestern in der Deputirtenkammer das Budget des Justiz-Ministeriums. welches gestern unverändert angenommen wurde Gegen- stand der Berathung war, machten einige Abgeordnete auf die in einzelnen Bezirken des Landes, besonders in dem Di- strikt von Charleroi, bedeutende - Vermehrung von \chweren Verbrechen aufmerksam. Es wurde daran die Frage geknüpft, ob nicht die seit dem Jahre 1863 nie mehr vollzogene Todesstrafe dieselbe ist bekanntlich in Belgien nicht aufgehoben in gewissen Fällen wieder zur Vollstreckung: zu bringen sei. Einige Abgeordnete der ministeriellen Seite des Hauses sprachen G da die Zunahme, schwerer Ver- brechen im Lande nicht abzuleugnen sei für diese Ansicht: aus; von liberaler Seite ward ihr widersprochen. Jrgend- welche neue Argumente für oder gegen Beibehaltung der Todesstrafe- wurden nicht vorgebracht.

Großbritannien und Jrland. London, 19. ift Mr.

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(Engl. Corr.) Zum Gouverneur von Quebec ijt Mr. Letellier St. Just ernannt worden. Bei einer Vertheilung von Preisen an kentische Freiwilligein Woolwich hielt General=

Militärstärke Englands in jeßiger Zeit mit der zur Zeit vor dem Krimkricge. Damals, sagte er e es weder die Miliz, noch die Freiwilligen gegeben und das heimische Heer habe nur 70,000 Mann ausgemacht. Jeßt zähle das reguläre Heer in England 100,000 Mann mit 3—400 Geschüßen, eine nh sehr s{hnell vermehrende Reserve, 100,000 Milizen, von denen viele Regimenter in vortrefflihem Stande wären und 170,000 Freiwillige. Das Heer sei besser geschult und kriegs- fertiger als in irgend einer früheren Zeit. Der römi ch- tatholishe Bischof von Roß, Dr. Michael O'Hea, ist On in Clanakilty (Grafshaft Cork) gestorben. Der

erein zum Schutze der Eingeborenen hat sih

betreffs der Cena einheimisher Weiber durch L =

Unterthanen während der zwischen den Boers und den Ka fern geführten Kämpfe an Lord Carnaroon gewandt. Der Kolonial-Minister hat am 11. Dezember dem Vereine antworten lassen, daß er mit dem größten Schmerze die Be- rihte von diesen Verbrechen gelesen habe. Er habe sich mehr als einmal betreffs dieser ZER an den Gouverneur des Cap- landes. gewandt. Sir Hen arkly fei angewiesen, weitere Untersuchungen anzustellen, in diesem Augenblicke jedo seien die Urheber der Unthaten vor einem englischen Geri tshofe nicht zu belangen.

21. Dezember. (W. T. B.) Wie die „Times“ er- aaf hätte Graf Derby Lord Russell angewiesen, die eutsche Tg zu chden den Sklaventransporit an der brasilianischen Küste durh Schiffe unter deutscher Flagge zu verhindern.

Frankreich. Paris, 19. Dezember. Das „Journal officiel“ veröffentlicht den Bericht, welchen der Civilgouverneur von Algerien, General Chanzy, bei Beginn der Session des Ober- Regierungsraths (14. November 1876) über die Lage der

Kolonie erstattet hat. Pouyer-Quertier hat als General- Berichterstatter heute dem Kompetenzkonflikte Stimme ge-

Major Sir p Adye eine kurze Rede und verglich die - e

geben. Die Opposition zwischen beiden Häusern is damit eine tsache geworden. s den näcstvorliegenden Fall anbetrifft, so betrug der von der Regierung der Kammer vor- gelegte Entwurf, die hon bewilligten Fuses redite mitgerechnet, 2,742,162,334 Fr. ; die Kammer seßte hiervon 5,672,962 Fr. ab. Die empfindlichsten Striche erlitt das Kultus-Ministe- rium, das von 55,228,345 auf 53,569,745 Fr. herabgemin- dert wurde, während die geforderten 6,865,430 Fr. für die \{hönen Künste auf 7,417,480 Fr. von der Kammer erhöht wurden. Der Finanzaus\huß des Senats wird laut der „Corr. Havas“ über das Einnnahmebudget \{leunigst Bericht erstatten, der Senat dann sofort seine Nets zung über das Ausgabebudget unterbrehen und das Einnahmebudget bewilligen, damit die Regierung dasselbe vor dem 1. Januar noch veröffentlichen kann. Sämmtliche Blätter beschäftigen sich heute mit diesem Kompetenzstreite der Kammern. Der Vize-Admiral Le Barbier de Tinan, Großfreuz der Ehrenlegion, ist im Alter von 73 Jahren gestorben. Er hatte im Krimkriege den Oberbefehl über die Schiffsstation der Le- vante geführt.

Versailles, 19. Dezember. (Köln. Ztg.) Jn der heuti- gen Senatssizung wurden Berichte über verschiedene Budget- gegenstände auf den Tisch des Hauses gelegt. Nah Annahme mehrerer Geseßentwürfe über Lokalangelegenheiten {ritt der Senat zur Berathung des Budgets für 1877. j

Der Erstatter des allgemeinen Berichtes, Ponyer-Quertier, erklärt, der allgemeine Bericht sei noch nicht fertig, weil dem Aus- (a noch alle nöthigen Elemente fehlten, um einen solchen zu ent- werfen; dagegen wolle er im Namen des Ausschusses einige Bemer- kungen über die dem Senate gemachte Lage und über die Arbeiten des Ausschusses machen. Pouyer-Quertier (Bonapartist und kurze Zeit Finanz-Minister unter der Präsidentschaft des Hrn. Thiers) äußert: Das Budget, das der Deputirtenkammer am 14. März vorgelegt wurde, ist uns erst vor einigen Tagen vorgelegt worden. Der Aus\{huß konnte vor der end- ültigen Abstimmung über das Budget durch die Kammer keinen Bes luß fassen. Wir haben bei Gelegenheit des Budgets für 18377 die theoretische Frage über den aag unserer Vollmachten nicht aufzuwerfen; es genügt uns, zu versichern, daß wir in unseren An- trägen unsere Vollmachten niht überschreiten werden. Wir ersuchen Sie, gewisse von der Regierung verlangte und von der Kammer ge- minderte oder gestrihene Kredite herzustellen und gewisse gesetzgeberische Bestimmungen, die nicht im ministeriellen Entwurfe vorhanden sind, auszuscheiden. Diese Anträge zielen einzig und allein darauf ab, die Aufrechterhaltung der bestehenden Geseße und den Gang der öffentlichen Dienstzweige zu sichern. So angewandt, ist unser Recht unbestreitbar, und der Ausschuß hat dasselbe einstimmig anerkannt; _es ist der Verfassung und allen Ueberliceferungen unseres Landes gemäß. Wir hatten hauptsächlih die Ansichten der neuen konstitutionellen Partei im Auge, als wir den Entwurf, der Ihnen vorgelegt wurde, beriethen und Beschlüsse faßten, und Sie werden ihn in demselben Geiste und mit der Absicht berathen, Ihre Verhandlungen so rasch wie möglich noch vor der Eröffnung der nächsten Session zu beendigen. Die Deputirtenkammer machte von ihren Rechten einen freien Gebrauch, und Sie werden si gleichfalls Jhrer Rechte ausgiebig bedienen. Diese gleiche Freiheit wird die Harmonie unter den Staatsgewalten herbeiführen (Unruhe) und bei Éluger Praxis das Einuernehmen derselben erzeugen. (Neue Unruhe.) Es können zwishèn zwei Versammlungen über gewisse Punkte verschie- dene Meinungen vorkommen, aber kein entgegengeseßter Wille. Diese Verschiedenheiten der Meinungen müssen leicht ausgeglichen werden, weil wir, die Einen wie die Anderen, aus Achtung vor dem Gesehe „uud aus Vaterlándslicbe uns bemühen, sie zu heben. Nach diesen Er- flärungen \{lägt der Berichterstatter vor, heute noch nicht in die allgemeine’ Diskussion einzutreken, sondern sih mit dem Budget des Auswärtigen zu beschäftigen, das keine Schwierigkeiten mache. Picard (vom reten Centrum) {ließt sich diesen versöhnlichen Ansichten Pouyer-Quertiers unter dem Vorbehalt an, daß es stets gestattet sei, im anderen Hause die Diskussion über die vom Senat abge- änderten Kapitel des Budgets hervorzurufen. Der Senat schreitet hierauf zur Berathung des Budgets für das auswärtige Ministe- rium, das nah kurzen Bemerkungen angenommen wird. Morgen soll das Budget des Ministeriums für Ackerbau .und Handel zur Be-

rathung kommen.

20. Dezember. (W. T. B.) Der Senat hat heute das Budget für das Ministerium des Adckerbaus und des Handels genehmigt. Morgen soll das Budget für die Ministerien des Krieges, der Marine und der Justiz

berathen werden.

Griechenland. Athen, 14. Dezember. Der / W. „Presse“ wird geschrieben :

Täglich treffen hier Auswanderer aus den türkischen Grenz- Pro Epirus, Thessalien und Macedonien ein, um den ort an ihnen geübten Erpressungen zu entgchen. Alles Geld, alle Viktualien, Stoffe und Hausthiere sind zu wenig, welche sie den tür- kischen Vilajets-Regierungen zur Beihilfe für die von ihnea betrie- benen Rüstungen liefern müssen. Um dem Ruine zu entgehen, er- übrigt ihnen fein anderes Mittel, als nach Gricchenland zu flüchten. Man besorgt jedoch hier, daß die Einwanderung aus den türkishen Grenzländern Dimensionen annehmen onnte, welche Anlaß zu Verlegenheiten für die andauernd nah Fest- baltung der Neutralität strebende griechische Regierung werden könnten. Ein interessantes Faktum ist, daß die Regierung im Einverständnisse

mit der Kammer die Kolonisation von 42 albanesischen |

Familien, welche sich 1840 in Sicilien und Calabrien nieder- elassen, und nun um Bewilligung zur Uebersiedlung nah Griechen- and gebeten haben, in der Provinz Patras beschlossen hat. Jede dieser albanesischen Familien, welche sich insgesammt in Italien durch ihren Fleiß und ruhiges Benehmen vortheilhaft bemerkbar gemacht haben, erhält von der Regierung 400 Drachmen als erste Einrich- io. P und zwei Hektaren urbaren Landes als Eigenthum zu- gewiesen.

Türkei. Konstantinopel, 19. Dezember. Dem W. „Fremdenbl.“ wird telegraphish gemeldet: Da die Mitglieder der Konferenz alle ihre bisher gefaßten eia u ad referendum nahmen, so werden dieselben gänzlih geheim gehalten, bis die betreffenden Regierungen darauß geantwortet haben werden. Nichtsdestoweniger is "man in den hiesigen Regierungskreisen mit den bisherigen Ergebnissen der Vorkonferenz sehr zufrieden. i

20. Dezember. (W. T. B.) Die Vorkonferenz hielt heute ihré e Sizgung. Die Bevollmächtigten einigten sih dahin, ihre Vorschläge in eine für Alle annehm- bare Form zu E Die Plenarkonferenz mit Zuziehung der türkischen n dürfte am Sonnabend er- Hs werden. Die Veröffentlihung der Verfassung steht e L unmittelbar bevor. Bis jeßt hat keine neu- trale Macht sich bereit erklärt, die Okkupation Bulgariens zu übernehmen. :

Wien, 2. Dezember. (W. T. B.) Ueber den gestrigen Vorfall bei Belgrad wird der „Politischen E gemeldet: „Auf dem austro-ungarishen Monitor ¿Maros“ wurden gestern gelegentlich des Manövrirens in dem gewöhnlichen Fahrwasser, als er bei der Belgrader oestung vorübersuhr, von dieser Ee Gewehrschüsse ab- gegeben, welche anfangs für blinde gehalten, später aber durh

die hinterlassenen Spuren als scharfe erkannt wurden. Der Monitor erhielt in Folge dessen von dem an Bord befindlichen Gencral-Konsul, Fürsten Wrede, den Dele sofort gegen Bel- grad vorzurücken, um dort Posto zu fassen. Mit dem Fürsten

rede befand sich auch der deutsche Generalkonsul an Bord des Monitors. Als der Monitor Nachmittags vor Belgrad Aufstellung nahm, explodirten im Thurme des „Maros“ einige Granaten. Wahrscheinlich nahm man in Folge dessen in der Festung irriger Weise an, daß der „Maros“ auf die Festung Feuoré und gab noch einige scharfe Gewehrschüsse auf den Monitor ab, die jedoch Niemanden verleßten. Der Minister- Präsident Ristics beeilte fich, in speziellem Auftrage des Fürsten dem österreichish-ungarischen Generalkonsul sein tiefes Bedauern über den Vorfa auszudrüden, indem er glei- zeitig mittheilte, daß der Festungskommandant seines Postens enthoben worden set.

(W. T. B.) Ueber die Kollision zwischen einem österreihishen Monitor und der Festung Belgrad geht die folgende ausführlichere Mittheilung ein: Von der Festung Belgrad aus ist auf den öôösterreichish-ungarischen Monitor „Maros“ geschossen worden. Auf demselben befan- den sich der österreichishe nnd der deutsche General-Konsul, sowie der österreichishe Militär-Attahé in Konstantinopel, Oberst-Lieutenant Raab. Der diesseitige General - Konjul, Fürst Wrede, reklamirte fofort bei der serbishen Regierung und drohte, die Festung durch die Monitors beschießen zu lassea. Minister-Präsident Nistics überbrachte darauf persönlich die Entschuldigung der Regierung und machte zugleih die Mittheilung, das Ministerium habe um seine Entlassung ge- beten, um dem Fürsten seine Stellung zu erleihtern. Später ershien im Aust rage des Fürsten dessen General-Adjutant Protics, wiederholte die Bitte um Entschuldigung und lud den Fürsten Wrede zum Fürsten Milan ein. Die österrei- ischen Vonitors verbleiben vorläufig vor Belgrad, obschon die wegen des „Radeßky“ entstandenen Schwierigkeiten in- zwischen ihre Erledigung gefunden haben.

Semlin, 20. Dezember. (W. T. B.) Auf dem öster - reihisch-ungarishen Monitor „Mars“ wurden durch das beim Laden im Thurme erfolgte Plaßgen einer Granate ein Linienschiffs-Fähndrih und 4 Matrosen \{chwer, 7 andere Personen leiht verwundet. Die Verwundeten sind zur ärztlichen Behandlung hierher geschaffff worden. e

Wien, 21. Dezember. (W. T. B.) Die Nachricht hiesiger Vlätter, wonach der österreichish-ungarische General-Konsul in Belgrad, Fürst Wrede, von dort abberufen sein sollte und eine Okkupation Serbiens durch Desterreich bevor- stände, wird von unterrichteter Seite als unbe- gründet bezeihnet, mit dem Bemerken, daß ein Grund zu derartigen Maßnahmen um so weniger vorliege, als die serbische Regierung die größte Geneigtheit bekundet habe, Oesterreich füx die jüngsten Vorfälle in Belgrad volle Genug- thuung zu geben. i

London, 21. Dezember. (W. T. B.) Die „Times“ zieht die Möglichkeit eines Widerstandes der Pforte gegen die Beschlüsse der Konferenz in Betracht und meint, ein E Verhalten würde die Türkei ifoliren und vielleicht cin

(bbrechen der diplomatishen Beziehungen Seitens Englands eor Weiter s{hreibt das genannte Blatt, obwohl eine Okkupation Bulgariens durch Rußland bedauerlih sein würde, so würde doch kein englisches Ministerium auch nur ein einziges Regiment zum Schuße Bulgariens marschiren lassen. Englands Jnteressen lägen am Bosporus. Es wäre Zeit, sie zu shüßen, wenn sie angetastet würden. /

Das W. „Fremdenbl.“ vom 19. schreibt: „Ein hiesiges Blatt meldet heute „aus sonst zuverlässiger Quelle“, daß der Waffenstillstand bis zum 1. März verlängert worden sei. Die „sonst zuverlässige Quelle“ hat sich diesmal wenigstens nicht bewährt, denn die Meldung von einer Verlängerung des Waffenstillstandes ist vollständig E Es lag und liegt für eine solche Verlängerung momentan kaum eîne

töglichkeit vor, nachdem die Konferenz ja noch gar nicht zu- sammengetreten ist. Sache der Konferenz wird es sein, den Waffenstillstand im Bedarfsfalle zu verlängern und die eminent friedlichen Dispositionen, die sih bei den Kabineten zeigen, deuten darauf hin, daß eine folhe Verlängerung keinen unübersteiglichen Schwierigkeiten begegnen wird. Aber bis jeßt, wie gesagt, konnte noch nichts geschehen, da für die Kabinette kein Anlaß vorhanden ist, der Konferenz vorzugreifen. Wéênn, wie anzu- nehmen, diese recht bald, vielleicht bereits am Sonnabend zu- sammentritt und die förmlichen Berathungen unter Zuziehung de: türkishen Bevollmächtigten begonnen haben werden, dann wird allerdings der Zeitpunkt S sein, sich über die Waffenstillstandsfrage zu verständigen. An dem baldigen Zu- sammentritt der Konferenz ist übrigens, nachdem über alle Vorfragen eine Verständigung erzielt ist, kaum zu zweifeln, die Pariser und St. Petersburger Kundgebungen, die uns der Telegraph übermittelt hat, zeigen am besten, wie sehr die friedlihen Dispositionen prävaliren.“

„Die Berichte aus Konstantinopel“, schreibt das „W. Fremdenbl.“ unterm 19., „lassen die diplomatische Situa- tion nah wie vor in günstigem Lichte ersheinen. Nachdem, allen Unglücspropheten zum Troß, über die Vorfragen ein prinzipielles Einverständniß erzielt ist, wird die Konferenz anstandslos eröffnet werden können. Jhr und nur ihr kann die Aufgabe zufallen, eine Verlängerung des Waffenstillstandes über den 2. Januar hinaus zu beschließen. Den Schwerpunkt ihrer E wird fie nah wie vor in der Regelung der Garantiefrage zu suchen haben; nachdem indessen, wie wir immer betont haben, das Kabinet von St. Petersburg keineswegs in einer russishen Okfkupation die einzige wirksame Garantie erkennt, follte man meinen, daß eine Verständigung keinerlei unüberwindlihe Schwierigkeiten dar- bieten kann. Die DurWhführung der nothwendigen Refor-

men in Bulgarien ist bi eine Aufgabe, die die’

volle Beau der damit beschäftigten Staatsmänner er- heischt. ón dem Gedanken einer „politishen Autonomie“, ‘das heißt der faktishen Schaffung eines neuen Duodezstaates zwischen Donau und Balkan ist man wohl allseitig abgegan- gen, es wird sich darum handeln, Jnstitutionen zu s{haffen, die den thatsächlihen Bedürfnissen jener Provinz, vor Allem deren E Jndividualität entsprechen, die die Aus- beutung derselben dur die s{hlechte Paschawirthschaft verhin- dern, es handelt sich darum, wenn man diesen Ausdru ge- brauchen darf, die M Ia Fe Autonomie Bul- ariens zu stabiliren ein Problem, das siche lich nicht über ie Grenzen der Durchführbarkeit hinausgeht.“ E Ferner schreibt dasselbe Blatt: „Aus den asiatischen D EN der Türkei kommen sehr ernste Nachrichten.

eitdem man in Konstantinopel damit umgeht, den Krieg zum Religionskriege zu stempeln und man sich in den Kaiser-

lichen Jraden unter persönlihem Gruße des Sultans an alle Muslimin nicht \{eut, dieselben „zum heiligen Kampfe für Glauben und Ret“ zu entflammen, so hat, besonders nach- dem der Beschl ergangen ist, alle bis auf den heutigen Tag rüdckständigen Nediss zu mobilisiren, der Haß und Fana- tismus derTürken gegen alle Christen einen solchen Höhepunkt erreicht, daß es {wer halten wird, thm den richtigen Dämpfer Uriuegen, Als Beweis aber, wie die Dinge in Haleb stehen und wie fritish die Lage der Christen daselbst geworden, mögen folgende Bei- spiele, die die türkenfreundliche „A. A. Z.“ erzählt, genügen.

„Bereits seit mehreren Wochen kommt es häufig vor, daß Tür- ken des Abends an die F eines beliebigen reichen Christen flopfen und von ihm eine Summe Geldes verlangen. Im Weige- rungsfall wird er au8geraubt, und flagt er, so kann er sier sein, wieder ausgeraubt oder gar ers{lagen zu werden. So kam es auch vor, daß der Vater eines vor einem Monat von einem Araber er- stobenen Sohnes nicht bei der Behörde klagte, weil ihm ganz einfach erflärt wurde, daß, wenn er es thue, er andern Tags bei sei- nem Sohn im Jenseits sein werde. Vergangenen Freitag (17. November) zeigte sih so recht der Fanatismus der Türken, als einige hundert Mann Redifs nach Alcrandrette marschirten und in das außerhalb der Stadt liegende Christenviertel Azizie gelangten, wo sie die Fenster der Gebäude einwarfen. Als sie aber an das Haus des russishen Konsuls Hrn. Iwanoff kamen, der eben im Begriff war abzureisen, machte das Militär und das sie begleitende Civil Halt, und uun griff Alles, was. nur por hatte, zu den Steinen, und im Nu war im Hause des Konsuls keine Fensterscheibe unzertrümmert, geblieben. Das Fluchen und Schimpfen auf den Kaiser von Ruß- land, auf den Konsul, auf seine Kawafen und auf alle Christen wollte kein Ende nehmen. Nachdem so cinige Zeit die Menge und die Soldaten gewüthet, zogen sie unter der Androhung ab, daß nun bald der Tag gekommen sei, wo sie alle Christen ermorden würden. Bald darauf kam der kommandirende General Osman Pascha, sowie der Gouverneur Emir Pascha zu dem bestürzten Konsul, der mit knapper Noth den Steinwürfen dur die Flucht in - sein Haus ent- gangen warz sie trösteten „ihn, drückten ihr offenes Bedauern über diesen Vorfall aus, und brachten es endlich dahin, daß der stark er- \cchreckte Konsul zur Weiterreise fich bestimmen ließ, indem fie ihm 30 Reiter als Bedeckung mitgaben. Wer Geld hat, kauft fich für 500 Gulden los; wer nicht, gleichviel ob Vater von 3, 6, 9 Kindern ohne weitere Verwandte (und deren giebt e- viele), muß fort und hinterläßt eine hungernde Familie.“ : |

Ueber den Fnhalt der bereits erwähnten Petition der christlihen Bosnier an den Sultan und die Kon- ferenz erfährt die „Pol. Korr.“ einige Details :

Zuerst wird die große Nothlage der Provinz geschildert, welche dur die bekannten Vorgänge hervorgerufen wurde, an welchen die große Masse der bosnischen Christen gänzlih unschuldig sei. Seit August 1875 sind 1400 bosnishe Dörfer zerstört, 89 Kirchen und: 11 Klöster niedergebrannt worden. Unter den in Schutt und Asche ge- legten Dörfern waren 594 von loyalen Unterthanen des Sultans bewohnt, die sich nah keiner Richtung eine ungeseßliche Hand- lung zu Schulden kommen ließen. In der Petition wird fer- ner behauptet, daß theils in den verschiedenen Kämpfen, theils in den friedlihsten Gegenden 6586 Christen ums Leben gekommen sind. Ueber die Grenzen haben sich bei 168,000 Menschen geflüchtet und von diesen 30 Prozent nur aus dem Grunde, weil fie, wiewohl an der Bewegung gänzlich unbethciligt, dennoch die Rache der Mohame- daner gefürchtet haben. Die bosnishen Christen verlangen durchaus nicht, vom türkischen Reiche abgelöst zu werden, wobl aber müssen fie eine gründliche Besserung ihrer Lage wünschen. Die Petition verlangt eine fünfjä“rige Steuerfreiheit für Bosnien, den Aufbau der zerstörten Dörfer auf Rechnung des Aerars, Versehung mit Geldmitteln zur An- schaffung von Wirthschaftsgeräthen, die Autonomisirung der Gemeinde, Schule und Kirche, Abschaffung des Zehents für den Staat und des dritten Theiles der Ernte für den Spahija, und s{ließlich Gleich- berechtigung mit den Mahomedanern in Betreff der Gestattung des Waffentragens, da dies allein der Najah die entbehrte Sicherheit gewähren könne. Die Petition muß natürlich im Gcheimen kolpor- tirt werden. Die Mahomedaner ergreifen Gegenmaßregeln und außer- dem, daß sie eine Petition gegen die, Reformen an den Sultan ge- richtet haben, wollen sie eine Liga gegen die Najah bilden, um zu verhindern, daß leßtere den Grund und Boden der Spahis an sich reiße und das nur den „Rechtgläubigen“ zustehende Recht des Waf- fentragens erlange.

Cettinje, 19. Dezember. Der Namenstag des Fürsten wurde feierlichst begangen, zahlreihe Glüd- wünsche kamen von allen Seiten. Der kriegsgefangene Ds- man Pascha brachte dem Fürsten auch seine Gratulationen dar, worauf ihm der Fürst die Freiheit schentte.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 19. De- zember. Weitere Ergebenheits-Adressen wurden dem Kaiser überreicht: Seitens des Adels von Schazk, Seitens der Landschaft von Jefremow und Timsk, der Stände des Lichwinschen (Gouv. Kaluga) und des Grjasowezschen (Gouv. Wologda) Kreises, Seitens der Stadt Narwa, der Stadt- fommunen von Sfamara, Ssaratow, Jekaterinosslaw, Kostroma und Minsk. Die Einführung der neuen Städteord- nung indenODstseeprovinzen ist, wie die „Rev. Z.“ erfährt, zustehenden höheren Ortes bereits definitiv für das nächste Jahr beschlossen worden. Die von demselben Blatte gebrachte Nachricht von einer dahingehenden Entscheidung, daß bei den Verhandlungen der Stadtverordneten zunächst die deutsche und die russishe Sprache neben einander werden gebraucht werden dürfen, nah fünf Jahren aber aussc{ließlich die rusfische Sprache, ist, wie der „St. Pet. Herold“ hört, in jedem Fall als verfrüht zu betrachten.

20. Dezember. (W. T. B.) Ueber eine am 18. d. während des Gottesdienstes in der Kasanschen Kirche vor der- selben stattgchabte regierungsfeindiiwze Demonstra- tion, bei welcher einige Personen verhastet wurden, ist eine Untersuchung eingeleitet. Dem Anscheine nah waren bei derselben Studirende und Studentinnen der medizinischen Akademie sowie des technischen FJnstitutes betheiligt. :

Kischenew, 15. Dezember. Der „Pol. Korr.“ wird von hier geschrieben: Die Truppentransporte waren in den leßten Tagen so Maledalt, daß nunmehr nur geringe Nach- {übe stattfinden dürsten. Jn Folge dessen erhielt der Betriebsdirektor der Odessa-Kischenewer Bahn die Erlaubniß, die genannte Linie sowie jene von Odessa-Branißa für den Waarenverkehr zu eröffnen. Vom 283. d. M. ab werden vor-- läufig zwei Lastzüge täglih verkehren. Mit Anfang Januar dürfte aber ganz wahrscheinlich der normale Verkehr auf allen südrussishen Eisenbahnen wieder aufgenommen werden.

Dänemark. Kopenhagen, 20. Dezemher. (H. N.) Jn einer bis. nach Mitternaht währenden Abendnßung, worin sich beide Parteien einander die Verantwortung für einen Konflikt zushoben und Berg ein pr E Finanz- gese als veticfuntartidtia bezeichnete, nahm das Folke- thing den Vorschlag, betreffend die Schließung des Theaters, mit 69 gegen 23 Stimmen an.

Australien. (E. C.) Die geseßgebende Versammlung von West-Australien hat die (in Großbritannien nicht ge-

stattete) Ehe mit der Schwester einer verstorbencn