1876 / 304 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Dec 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Uebrigens tritt vom 1. Januar 1877 ab in den eigent- lichen Portokosten nur bezügli der Versendungen nah Groß- britannien eine Erhöhung ein, wogegen sich für die Versen- dungen nah den Vereinigten Staaten von Amerika, Spanien und Portugal Ermäßigungen ‘ergeben. Soweit bei einer ge- ringen Zahl von Zeitungen Leßteres niht der Fall ist, find die Ausnahmen auf den Umstand zurückzuführen, daß das Gewicht der einzelnen Zeitungsnummern gegen früher ih theilweise erhöht hat. :

Die in der Sißung des Reichstages am 15. Dezember d. J. von dem Abgeordneten Liebkneht aufgestellte Behauptung, „daß in neuester Zeit Kreuzbandsen dungen, die von Seiten des sozialistischen N na Kirchhain adressirt wurden, in der Stadt Finsterwalde von der dortigen Postbehörde direkt der Polizei überliefert worden sind,“ ist unrichtig. Eine ähnliche Beschuldigung gegen das Postamt Finsterwalde, wie solhe der Avgeordnete Liebkneht ausge- prochen, ist in der Nr. 27 der Zeitschrift „Vorwärts“ ent- halten gewesen. Auf den Antrag des Postamtes in Finster- walde und unter Zustimmung des Rechtsbeistandes der Ober- Postdirektion in Frankfurt a. O. ist die Königliche Staats- anwaltschaft in Luckau bereits unterm 12. Dezember d. J. ersuht worden, gegen die Redaktion der Zeitschrift „Vorwärts“ das Strafverfahren wegen Verleumdung einzuleiten.

Nachdem die Untero ffizier-Schulen und die Militär-Schießschule in die Kategorie der rttitie auf- genommen- worden sind, geht mit Allerhöchster Genehmigung die durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 28. Januar 1869 den General-Kommandos übertragene Du niß zur Feststel- lung resp. Abänderung der Kasernements-Belegungspläne Hin- sihts der vorgenannten Schulen nunmehr auf das Allgemeine Kriegs-Departement über.

Privat-Versicherungs-Gese!lschaften sind nah einem Reskript des Ministers des Jnnern nicht verpflichtet, den Versicherungsanträgen, welche sie nah §. 14 des e I vom 8. Mai 1837 und §. 27 des revidirten Reglements die Land-Feuer-Sozietät der Kurmark und der Niederlausiß vom 15. Januar 1855 durch Vermittelung der Ortspolizei- Obrigkeit dem ständischen Kreis-Feuer-Sozietäts-Direktor vor- ulegen haben, Taxen beizufügen, welhe durch die von der Kändishen Sozietät erwählten Taxatoren angefertigt worden.

Zur Beseitigung vorgekommener Zweifel hat der Mi- nister des Jnnern Veranlassung genommen, die betreffenden Behörden seines Ressorts dahin anzuweisen, daß die Beträge der in den Strafanstalten durch Vollstrekung von Frei-

eitsstrafen aufgewendeten Verpflegungskosten nicht ediglih aus dem Grunde niederzuschlagen sind, weil A zeitig auch Seitens eines Gerichtes die pahlung von Kosten aus dem Vermögen des Sträflings verlangt wird und bei einer vorzugsweisen Berichtigung dieser Kosten jene Beträge im Konkurs- resp. Liquidationsverfahren ausfallen würden, daß vielmehr s diese Beträge gleichfalls das Vorrecht des 8. 78 der Konkursordnung in Anspruch zu nehmen ist.

Der Courierzug 4 und der Schnellzug 8 der Ostbahn für den 23. d. Mts. sind wegen Schneeverwehung der Strecke zwischen Königsberg i. Pr. und Dirschau hier nit eingetroffen. Die Passagiere sind mit den anderen Zügen nah“ hier beför- dért. Der Courierzug 4 vom 24. d. Mts. ist um 9 Uhr 10 Minuten Vormittags mit 3 Stunden Verspätung hier einge- troffen. Grund der Verspätung: Schneeverwehung der Strecke Dirschau-Königsberg-Jnsterburg.

Der Courierzug 4 vom 25. d. Mts. ist um 7 Uhr 20 Mi- nuten Morgens hier eingetroffen. Grund der Verspätung des- elben uÉm 70 Minuten: Betriebsstörungen und starker Frost. Der 2. R des Courierzuges 4 (Streckle Thorn- Insterburg) ist erst um 10 Uhr 20 Minuten Vormittags aus denselben Gründen hier eingetroffen. Der Schnellzug 8 vom 24. d. Mts. ist um 8 Uhr 13 Minuten Abends mit 133 Minuten Verspätung hier eingetroffen. Grund derselben ist starker Fro und Betriebsstörungen.

Der Schnellzug 8 traf am 25. d. Mts. um 8 Uhr 56 Mi- nuten Abends mit einer Verspätung von 2 Stunden 56 Mi- nuten hier ein. Grund der Verspätung: Reifensprünge der Maschinen in Jnsterburg und Driesen.

Am 23. d. Mts., gegen 12 Uhr Nachts, ist der mit zwei Maschincn bespannte, von Frankfurt kommende Personenzug 12 der Niedershlesisch-Märkischen Eisenbahn auf der Sta- tion Nummelsburg, dem Anschein nah durch zu frühzeitige De- blockdirung der Station auf einen in der Abfahrt nah Berlin begriffenen Güterzug 328 aufgefahren, so daß von leßterem ein Wagen ganz, ein anderer theilweise zertrümmert und die Vorspannmaschine des Personenzuges stark beschädigt worden ist. Verleßungen von Personen sind bis jegt nicht bekannt geworden.

Dex C ourierzug Nr. 10 der Berlin-Hamburger Eisenbahn is am 25., Morgens statt um 5,9 erst um 8 Uhr 53 Minuten hier eingetroffen, weil die Zugmaschine zwischen Hagenow und Jasniß defekt geworden und außerdem in Folge sehr ungünstiger Witterung die Fahrzeiten sih ver- längert haben.

Aus einer Depesche, welhe das Haus Godeffroy in Hamburg am 22. d. M. aus San Francisko naten hat, geht hervor, daß S. M. S. „Hertha“ am 20. Oktober von den Samoa-Jnseln abgesegelt ist, um nah den Tonga-Fnseln zu gehen. Wenn dasselbe Schiff, welches diese hierher tele- graphish übermittelte Nachriht von den dortigen Jnseln nah San Francisko gebracht hat, auch Briefe der „Hertha“ an Bord hatte, q sind dieselben für Mitte Januar zu erwarten, da die Post von San Francisko hierher durscnittlich 3 Wochen braucht. Als Beweis, daß Nachrichten von S. M. S. „Hertha“ nit eher eintreffen konnten, möge dienen, daß das Haus Godeffroy ebenfalls seit derselben Zeit, wo Nach- rihten von dem Schiffe hätten hierher geschickt werden können, keine folche erhalten hat.

Offiziell kann den mehrfach aufgetauhten Gerüchten von Besorgniß über das Schick}al des Schisses gegenüber nur hervorgehoben werden, daß gar kein Grund zu irgend einer Besorgniß vorhanden ift. '

Wenn - die Nückehr der Seekadetten, welche per Posi frage werden sollten, noch nicht erfolgt ift, so liegt ies unzweifelhaft darin, daß der Kommandant der „Hertha“, Kommandant zur See Knorr, bei der geringen und unregel- mäßigen Postverbindung auf jenen Snseln eine Gelegenheit gefunden hat, dieselben in die Hema ju fenden.

S. M. S. „Hertha“ ist, - zufolge eines Telegramms vom 26. crc., in Auckland Behuss Ergänzung von Vorräthen

eingetroffen. Weitere Nachrichten sind abzuwarten. An Bord Alles wohl.

Hessen. Darmstadt, 23. Dezember. Prinz Hein- ri ist heute Vormittag zum Besuche über die Feiertage bei dem Prinzen Carl eingetroffen. Ver Finanz- aus\chuß der Zweiten Kammer ui, wie das „Frkf. J.“ mittheilt, behufs definitiven Abschlu ses seiner Thätigkeit rücsihtlih des Budgets eine vergleichende Uebersiht über die im Voranschlag der Regierung vorgesehenen und die von den Ständen genchmigten Einnahmeposten ausgestellt, aus welcher sih ergiebt, daß die Stände an direkten Steuern Eg eingestellt haben 917,451 #4, während andererseits aus Domänen 176,117 M#., aus Regalien 3428 M 57 S, aus Einnahmen aus verschiedenen Quellen 465,795 Ái mehr eingestellt sind. Hiernah ergiebt sich im Schlußresultat eine Weniger-Einstellung gegenüber dem Voranschlag der Regie- rung von 272,110 Á 42 S.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 22. Dezember. Wie die „N. Fr. Presse“ meldet, begiebt fih der Kaiser auf die Weihnachlsfeiertage nah Gödöllö, wird aber Anfangs Fa- nuar nah Wien zurückehren, um hier einen längeren Auf- enthalt zu nehmen. Während desselben werden die bis dahin in Schwebe bleibenden Ausgleihsverhandlungen neuer- lih aufgenommen werden, zu welhem Zwecke die ungarischen Minister nah Wien fommen werden.

2. Dezember. Vorgestern hat unter Vorsiß des Kaisers ein Ministerrath stattgefunden, an welchem die gemeinsamen Minister und mehrere Mitglieder des cisleitha- nischen Ministeriums A Die Budgetkommi1is- sion des Herrenhauses hat gestern ihre Berathungen ge- {lossen und das Finanzgeseß wie den Staatsvoranschlag für das Jahr 1877 genau nach den Beschlüssen des Abge- ordnetenhauses angenommen. Die Plenarberathung über das Budget im Herrenhause findet am 28. Dezember statt.

Zur Bankfrage reibt man dem „Fremdenbl.“ aus Pest: „Man wird fi in Sachen der Nationalbank bei den sofort nach den Feiertagen wieder C nenden Verhandlungen formell an den dualistishen Bankentwurf halten, aber zu Zugeständnissen bereit sein, wenn dieselben nur wenigstens die formelle Unabhängigkeit einer für die Vester Filiale zu bestellenden Direktion wahren. Dieser Filiale sollen mindestens jene Prärogative vorbehalten bleiben, welche eine freie Verwendung der Noten bis zu 30 Prozent der Gesammtemission gestatten. Desgleihen wird man, - wie Jhnen bereits mea angedeutet, mit einer sich zu Wien vollziehenden Theilung des Metallschaßes sich begnügen, ohne auf der Dislocirung desselben nah N zu bestehen. Daß die Banknoten in zwei Sprachen gedruckt werden, dürfte wohl selbst zu Wien keinen Anstoß erregen. Desgleichen wird man ungarischerseits eine gemeinsame Verwaltung der cis- leithanishen Filialen durch ‘eine der Pester Direktion gleich- estellte Wiener Direktion heishen, welche jedoch gleih der Pester Direktion einem Wiener Centralorgan subordinirt sein soll, das aber zum Unterschiede von dem dualistishen Ent- wurs nicht N die erein Regierungen, sondern dur das, geme nsame Fiztänz-Ministerium zu betinflussen wäre. Dieser Einfluß soll jedoch formeller Natur sein, so daß die Verstaatlihung des Bankwesens, wie selbe aus dem

dualistishen Entwurf hervorgegangen, ausgeschlossen bleibt.“

Prag, 22. Ertener. Im Eisenwalzwerke bei Libschiß haben an 300 Arbeiter die Arbeit eingestellt, weil ihnen keine Unterstüßungen aus der Krankenkasse gewährt wurden. Gegen eine allfällige Ruhestörung wurden die nöthi- gen Vorkehrungen getroffen.

Pest, 21. Dezember. Das Abgeordnetenhaus empfing das Nuntium des Oberhauses über das Budget und mehrere kleinere Vorlagen, die nun zur Sanktion unterbreitet werden. Die sanktionirten Geseße über die Verwaltungsaus- gaben der Komitate und die Ergänzung des Wahlgeseßes wur- den promulgirt.

‘27. Dezember. (W. T. B.) Minister - Präsident Tisza und Finanz-Minister Szell sind heute nah Wien abgereist. Der Kaiser begiebt sih heute ebenfalls nah Wien, wo großer gemeinsamer Ministerrath stattfindet.

Großbritannien und Jrland. London, 23. Dezember. (Köln. Ztg.) Jm Holyrood-Palast zu Edinburgh fand estern die Wahl zweier schottischen Pairs zum Ober- hause, an Stelle des Marquis v. Tweeddale und des Earl of Leven, die gestorben sind, statt. Die Wahl fiel auf den Earl of Mar and Kellie und den Lord Balfour of Burleigh. Kardinal Manning isst seit einer Woche von Rom hie- her zurückgekehrt.

24. Dezember. (K. Z.) Der gestrige Einzug Lord Ly:tons in Delhi war überaus großartig. Der Pracht- zug mit über tausend Elephanten, imposanter Truppenmacht und reih geschmüdckten Fürsten dauerte vier Stunden. Tie Truppen bildeten neun Kilometer lang Spalier.

__ Frankreih. Paris, 23. Dezember. Das „Journal officiel“ meldet, daß der Präsident der Republik durch Dekret vom 19. Dezember Begnadigung, Strafmilderung und Ver- änderung der Strafe für 61 Leute bewilligt, die wegen Be- theiligung am Aufstande von 1871 verurtheilt wurden. Der Deputirte Méline ist zum Unterstaatssekretär im Ministerium der Justiz und des Kultus ‘ernannt worden. Der Marquis de Castellane, der sich in seinem Klub fompromittirte, hat seine Entlassung als Deputirter eingereicht.

Die „Agence Havas“ meldet: „Da Deutschland es ablehnt, an der Ausstellung Theil zu nehmen, und die Geschäftsordnung der Ausstellung nicht gestattet, daß Be- ziehungen zwischen den auswär.igen Ausstellern und dem Kommissariat anders als durh- Vermittlung . der von den be- ea Regierungen ernannten Bevollmächtigten stattfinden, o kann die französische Regierung keine persönlichen Gesuche

eutsher Jndustrieller annehmen.,,

25. Dezember. Der Budgetstreit zwischen den Kammern hat bis jeßt keine Lösung gefunden und die Haltung der M in der Kammer ist, laut der „Korr. Havas“, der Art, daß von dieser Seite keine Nachgiebigkeit zu erwarten is. Jn der gestrigen Versamm- lung der republikanischen Linken der Kammer bildete die Wiederherstellung der Kredite durch den Senat das Haupt- gespräg. Die Versammlung gab ihren Bevollmächtigten den

uftrag, sich über diese Frage mit den Bureaux der anderen republikanischen Gruppen zu verständigen. Die drei Bureaux -

werden morgén vor der Si

i illes zusammenkommétt. Die Mehrheit dürfte si, de g Versailles zus

3 „Köln. Ztg.“ zufolge, für eine einfache Verwerfung des vonSenat amendirten Budgets aus- sprechen und für das Votum \x Kammer sein. Der Antrag, eine Generalversammlung aller«epublikanishen Gruppen, so- wohl des Senats als der Kam zuy veranlassen, wurde mit großer M hrheit abgelehnt. e Lyoner Blätter mel- den die Aufhebung der Verordnun, des früheren Präfekten Ducros Betreffs der Civil-Beerdgungen.

Versailles, 23. Dezember. (U T. B.) Jn der heuti Sißung des Senats wurde das Lud ne O Ministeriums genehmigt. Die Möigzahl der Positionen des Etats, bei denen von der DeputirteXammer Abstriche vor- genommen worden waren, wurden vom Snat der Regierungs- vorlage gemäß wieder hergestellt. DaèBudget des Finanz- Ministeriums und das Einnahmebudget wWixde ebenfalls an- genommen. A

2. Dezember. (W. T. B.) Vom SFenate wurde das Ausgabebudget vollends durchberathen und genehmigt. Die Deputirtenkammer genehmigte. dasEinnahme- budget; das Ausgabebudget, sowie dasselbe von, Senate um- geändert worden ist, gelangt nächsten -Donnersag zur Be- rathung. Die Abtheilungen der republikanisch& Linken und des linken Centrums haben beschlossen, \as Mini- sterium bei der Budgetdebatte zu unterstüßen, das Bixeau der Gambettistischen Linken bestreitet das Recht des Senatz, Aen- derungen im Budget vorzunehmen.

Jtalien. Rom, 25. Dezember. (W. T. B.) Der Pap hat gestern das Kardinal-Kollegium empfangen. Kardinal- bischof di Pietro verlas in Stellvertretung des unpäßlichen Dekans des Kollegiums, Kardinalbischof Amat, eine Adresse, in welcher dem Papste die Glückwünsche zum Weihnachts- und Neujahr- feste dargebracht werden. Der Papst antwortete, daß es in gegenwärtig stürmish bewegter Zeit, wo die Revolution gött- liche und menschliche Geseße vernichte, die Gesellshaft umstürze, Pflicht der Kirchenhäupter sei, si dieser Barbarei zu wider- seßen. Auf die Verhältnisse in Deutschland und Jtalien hin- weisend, forderte der Papst zur Einigkeit auf. |

Griechenland. Athen, 27. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat außer der Vorlage über Be- wigung eines Kredits von 10 Millionen zu außerordent- lihen Rüstungen auch die Vorlage wegen Einberufung von 120,000 Mann genehmigt und das Ministerverant- wortlichkeitsgeseß angenommen.

Türkei. Konstantinopel, 23. Dezember. (W. T. B.) Die Verfassung für das ottomanische Reich ist heute pro- flamirt worden. Dieselbe enthält im Wesentlichen folgende Bestimmungen : Das ottomanische Reich ist untheilbar. Der Sultan is der Khalif der Muhamedaner und der Souverän aller Ottomanen. Die Vorrechte des Sultans sind dieselben wie die der konstitutionellen Souveräne des Occidents. Die Unterthanen des Reichs werden Ottomanen genannt. Die Freiheit derselben ist unverleßlih. Der Jslam ist die Staats- religion. Derselben soll indeß kein theokratisher Charakter beiwohnen. Die religiösen Privilegien der Gemeinden sowie die freie Ausübung aller Kulten werden garantirt. Die Preß- freiheit, die Lehrfreiheit, der obligatorische Elementarunterricht, das Vereinsrecht, das Petitionsreht an die Kammern, die Gleichheit aller Unterthanen vor dem Gesetze, die Zugänglich- keit der öffentlihen Aemter ohne Unterschied in Bezug auf die Religion, die gleihe Vertheilung der Steuern, sowie endli die Einhebung der Steuern kraft eines Geseßes werden zugesichert. Das e wird garantirt und das Haus- ret für unverleßlih erklärt. Sodann werden die Befugnisse der Gerichtshöfe festgeseßt. Niemand soll seinen natürlichen Ricltern entzogen werden. Die Verhandlungen vor den Gericht:n sollen öffentlich sein. Das Recht der Vertheidigung wird aner- fanut. Die Urtheile sollen veröffentlicht werden. Die Staats- anwaltschaft soll keine Jnugerenz auf die gerichilihen Ange- legenheiten haben. Konfiskationen, Frohnarbeiten ; sowie die Anwendung der Tortur und der Folter werden verboten. Die Minister werden für verantwortlich erklärt. Dieselben können von der Kammer angeklagt werden, und sollen in die- sem Falle von einem obersten Gerichtshofe, welcher aus den höchsten Gerichts- und Verwaltungsbeamten gebildet wird, ab- geurtheilt werden. Die Beamten follen ohne geseßlichen Grund nit abgeseßt werden können. Es sollen zwei Kammern, ein Senat und eine Deputirtenkammer, gebildet werden. Der Sul- tan richtet an dieselbe Botschaften. Die Kammern haben die Freiheit der Abstimmung und der Meinungsäußerung. Jedes im- perative Mandat wird untersagt. Die Fnitiative in der Ge- seßgebung steht den Ministern und der Deputirtenkammer zu. Die von der Deputirtenkammer angenommenen und von- dem Senate revidirten Geseve erhalten die Sanktion des Sultans. Dem Senate steht das Recht zu, Geseße, welche gegen die Verfassung verstoßen, zu verwerfen oder an die Deputirten- fammer zurückzuverweisen. Die Deputirten sind unverleßlich. Die Deputirtenkammer volirt- die Gesezge nah Artikeln und das Budget nach Kapiteln. Richter und Beamte sind unabseßbar. Es soll ein Rechnungshof gebildet werden, dessen Mitglieder vorbehaltlih der Entscheidung der Deputirtenkammer unab- sezbar sind. Dieser Rehnungshof soll der Deputirtenkammer am Ende eines jeden Jahres einen vollständigen Rechnungs= beriht vorlegen. Die provinzielle Verwaltung foll auf der breitesten Grundlage der Dezentralisation eingeführt werden. Es sollen Generalräthe und Munizipalräthe gebildet werden, deren Mitglieder gewählt werden sollen. Die Verfassung kann nur nach einem von beiden Kammern abgegebenen und von dem Sultan sanktionirten Votum abgeändert werden.

(W. T. B.) Die feierliche Verlesung der Ver=- fassung erfolgte heute Mittag in T eeiden der Minister, der Großwürdenträger und einer zahlreichen Volksmenge. Nach der Verlesung ertönten Geschüßsalven. Ueber den Fn- halt der Verfassung, betreffend die Wahlen zur Deputirten- kammer ist noch Folgendes mitzutheilen: Auf je 50,000 Men- schen entfällt ein Deputirter; ein besonderes Geseß wird den Wahlmodus festsezen. Das Mandat zur Deputirtenkammer ist mit der Stellung eines öffentlihen Beamten die Mi- nister ausgenommen unvereinbar. Die Legislaturperiode dauert 4 Sahre. Die Deputirten erhalten per Session vom November bis März 4500 Frcs., während für die vom Sultan auf Lebenszeit ernannten Senatoren monatlih je 2300 Frcs2 ausgeworfen sind.

%4. Dezember. (W. T. B.) Gestern Nachmittag um 2 Uhr hat die erste Sihung der Konferenz stattgefunden. Das Präsidium in derselben führte Safvet Pascha, als Sekre- täre En Kara Theodory, Serkis Effendi und der fran- zösishe Botschastssekretär Graf Moury. Nachdem die Konse-

renzbevollmähtigten ihre Vollmachten ausgetauscht hatten,

wurde die Sitzung eröffnet, und Safvet Pascha wies dabei auf die neue türkishe Verfassung mit den Worten hin: Die eben vernommenen Artilleriesalven gelten der Veröffent- lihung der Verfassung, durch welche der türkishe Staa* umgestaltet werden wird. Hierauf wurde ein Resumé über die Ergebnisse der Arbeiten der Vorkonferenz verlesen und Safvet Pascha überreicht. Leßterer verlangte Frist zur Prü- fung desselben. Die zweite Sißung der Konferenz findet wahrscheinlich am Dienstag statt, alsdann tritt wegen des Kurban-Bairam (Opferfest der Türken) Vertagung ein. Jn der nächsten Sizung foll die Frage der Verlängerung des Waffenstillstandes erörtert werden, es gilt eine Verlängerung desselben auf 14 Tage für wahrscheinlih. Anläßlich der Verkündigung der Verfassung begab sih gestern die Ephorie der Börse nach dem Palais des Sultans, um denselben zu beglückwünschen.

%W. Dezember. (W. T. B.) Der Sultan - hat gestern den österreichish-ungarischen Delegirten v. Calice in einer Privataudienz empfangen und ertheilt dem Lord v. Salisbury morgen eine besondere Audienz. Jn Betreff der Rückkehr des englischen Botschafters, Lord Elliot, nah England wird jet weiter gemeldet, daß der- Felbe erst nach dem Schlusse der Konferenzen Konstantinopel verlassen solle. Ob die zweite Sißung der Konferenz morgen noch stattfinden wird, ‘ist ungew1ß, es wird auch der Donnerstag- als Tag der nächsten Sißung genannt.

(W. T. P [Telegramm der „Agence Havas“.] Wie verlautet, stehe die Annullirung des Dekrets vom 6. Oktober 1875 in Betreff der Rentencoupons bevor. Derselbe solle vollständig gezahlt werden, sobald die Ver- hältnisse dies gestatten. : :

26. Dezember. (W. T. B.) Der Marquis v. Salis- bury wird, wie die „Agence Havas“ meldet, heute vom Sultan die Annahme der von den Großmächten gemachten Vorschläge verlangen. Sollte dieselbe ver- weigert werden, so habe der Marguis den Befehl, abzureisen und den Abgang der englischen Flotte zu veranlassen.

(W. T. B.) Der Marquis von Salisbury hat heute dem Sultan erklärt, daß alle Mächte darüber einig seien, auf der Annahme ihrer Forderungen zu bestehen, und daß im Ablehnungsfalle alle Botschafter abreisen würden. Die nächste Sitzung der Konferenz ist endgültig auf nächsten Donnerstag festgeseßt worden. tan erwartet, daß die Pforte dann ihre Entschließungen kundgeben werde. Wie es heißt, würde der Waffenstillstand um 14 Tage verlängert werden. Midhat Pascha hat heute den Botschastern und den Konfer:nzbevollmächtigten der Mächte Besuche abgestattet. Odian Effendi gcht in besonderer, wie es heißt finanzieller Mission na Paris und Lon- don. Edhem Pascha ist zum Präsidenten des Staatsrathes ernannt worden.

Cöln, 26. Dezember. (W. T. B.) Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Pera vom 25. d. gemeldet: Es scheint, daß die Vertreter der Mächte entschlossen sind, falls die Pforte es ablehnt, die von der Vorkonferenz gefaßten Beschlüsse als Grundlage für die Konferenz gelten zu lassen, die diploma- ‘tischen Beziehungen mit der Pforte abzubrechen und den General Jgnatiesf mit der Ueberreihung eines Ultimatums zu beauftragen. Wie die „Kölnische Zeitung“ weiter erfährt, habe die Pforte bisher die Annahme der Beschlüsse der Vorkonferenz hartnäckig verweigert, unter dem Hinweise, daß sie diejelben als die Schaffung eines Staates im Staate betrahten müsse. Eine Bereinbarung seî je- doch noch niht ausges{chlossen. Das Verlangen der Großmächte, den Waffenstillstand auf weitere 14 Tage zu verlängern, is einstweilen Seitens der Pforte unbeantwortet.

St. Petersburg, 26. Dezember. (W. T. B.) Wie der „St. Petersburger Herold“ erfährt, könne die Verlängerung des Waffenfstillstandes bis zum 15. Januar 1877 als gesichert betrachtet werden. Nach anderweitigen Nachrich- ten hat sich die Pforte über diese Angelegenheit noch nicht erflärt. :

Wien, 23. Dezember. (W. T. B.) Die von dem hiesi-

en „Tageblatt“ veröffentlihte An alyse eines belgischen

U T in welchem der Vorschlag der Verwen- dung belgisher Truppen zur Ofkfkupation Bulga- riens abgelehnt wird, gilt in unterrichteten Kreifen als apokryph. - n A A : i

Die dur die österreichish-ungarishe Regierung in der Angelegenheit des Donaumonitors „Maros“ von Serbien geforderte Genugthuung ist, wie die „Politische Korrepotdenz“ aus Semlin meldet, von der ser- bishen Regierung in allen Punkten dem vollen Um- fange nah bereitwilligst gewährt worden und ist die Salutirung der auf den Donaumonitors aufgehißten österreichish - ungarischen Flagge in der verlangten feierlihen Weise auf heute anberaumt.

(W. T. B.) Wie der „Presse“ aus Velgrad gemeldet wird, ist von òer serbischen Regierung die vonO ester- rei -Ungarn in der Angelegenheit des Donau- monitors „Maros“ verlangte Genugthuung nun- mehr heute geleistet worden. Die aufgehißte öster- reichische Flagge wurde von der Belgrader Festung mit 21 Salutschüssen begrüßt. Der Kommandant der Festung ist, wie bereits gemeldet, abgeseßt und mit den huldigen Wacht- posten vor ein Kriegsgericht gestellt worden. Ein Akbjutant des Fürsten Milan überbringt der österreichisch - ungarischen

e doig Entschuldigungsschreiben.

T. B.) Die heutige „Wiener Abendpost“ be- trachtet dié Nachricht, daß heute die eigentlihen Konferenzen in Konstantinopel eröffnet werden sollen, als eine Be- fräftigung der Annahme, daß unter allen Konferenz- bevollmächtigten über alle kontroversen Punkte, also insbesondere auch über die Garantiefrage ein prin- zipielles Einverständniß erzielt worden sei.

26. Dezember. (W. T. B.) Nach einer der „Poli- tishen Korrespondenz“ aus Belgrad zugegangenen Mitthei- lung stößt die Bildung eines neuen Kabinets auf Schwierigkeiten. Jn Belgrad kursirt folgende Minister: krisis: Marinovitsh V inister-Präsident, Zakitsh Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Nikola Christitsch Minister des E Ga, Filipp Christitsh Kultus-Minister, General Protitsh

riegs-Minister, ijatovitsch Finanz-Minister, Obersi FFovano- vitsh, Minister der Kommunikationen. A

(W. T. B.) Der „Politischen Korrespondenz“ wird telegraphish aus St. Petersburg vom heutigen Tage ge- d Nach hier vorliegenden I achrichten ist zu erwarten, daß die Pforte auf die ihr gemachten Eröffnungen über

Valabanow sind, von Berlin

das Ergebniß der Präliminarkonferenz eine aus- weichende Antwort geben werde.

27. Dezember (W. T. B.) Wie hiesige Blätter ans Belgrad melden, tritt der vorgestern dort angekommene russische General Nikitin an die Stelle Tschernajeffs, der niht nach Serbien zurückehrt. Nikitin hat eine Revue über sämmtliche aus russischen Freiwilligen bestehenden Ab- theilungen der serbishen Armee abgehalten und dem versam- melten Offizier-Eorps gegenüber erklärt, er sei auf Befehl des Kaisers gekommen, um das Kommando der Armee zu über- nehmen. Die Corps-Kommandanten erhielten den Befehl, fich unverweilt an ihren Bestimmungsort zu begeben, sämmtliche Freiwillige wurden angewiesen, an die Drina abzugehen.

Brüssel, 23. Dezember. (W. T. B.) Die von einigen Blättern veröffentlichte Mittheilung in Betreff einer bel- gischen Depesche in Bezug auf eine Verwendung belgi- scher Truppen zur Ofkkupation in Bulgarien wird in hiesigen gouverneméentalen Kreisen dementirt.

%W. Dezember. (W. T. P Nach einer Meldung der „Indépendance Belge“, hätte die belgische Regierung in der Frage wegen der Okfupation Bulgariens bisher nur dütans fonfidentielle Mittheilungen erhalten und davon au an die diplomatischen Vertreter Belgiens im Auslande nur vertraulihe Mittheilungen gemaht. Der Minister Malou hätte dieselben wissen lassen, daß Belgien ohne ein Ersuchen, welches eventuell etwa an dasselbe gestellt werden sollte, absolut von der Hand zu weisen, sich dennoch verpflichtet glaube, die Unnahme eines solchen Verlangens von der Gewäh- rung gewisser moralischer und finanzieller Ga- rantien abhängig zu machen. Die „ZFndépendance“ äußert \{ließlich e Zweifel, daß die von Belgien gestellten Bedingungen Aussicht hätten, von den Großmächten acceptirt zu werden.

London, 25. Dezember. (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Konstantinopel gemeldet, die Pforte sei entshlossen, sih jeder Offupation der insur- girten Provinzen zu widerseßen.

(W. T. B.) Nach einer Meldung des „Daily Tele- graph“ aus Konstantinopel kehrt der englische Botschafter, Sir H. Elliot, aus Gesundheitsrücksihten demnächst nah England zurück. Nach einer anderweitigen Meldung be- absichtigt derselbe schon nächsten Donnerstag mit seiner Familie Konstantinopel zu verlassen. (Vergl. die vorstehende Depesche vom 25. Dezbr. aus Konstantinopel. D. R.) Die neue türkishe Verfassung bildet das Hauptthema der Leitartikel aller Zeitungen. Die „Times“ führt aus, daß, so lange die christ- liche Bevölkerung in der Türkei auf die Gnade der Muhame- daner angewiesen sei, die angekündigten Reformen das theoretishe Stadium nicht überschreiten würden ; Garantien seien unerläßlich. Wenn die von Midhat Pascha ausge- arbeitete Konstitution das leßte Zugeständniß der Pforte bilde, so sei eine weitere Debatte nußlos.

97. Dezember. (W. T. B.) Die „Times“ be- \pricht die leßten ven Konstantinopel eingegangenen Nachrihten und führt der Pforte wiederholt warnend die Folgen eines Widerstandes gegen das Reformprogramm Der Konferenz vor Augen. Weder England, noch die übrigen Mächte würden die Türkei vom sicheren Verderben retten und dürfte die Türkei bei solhem Widerstande jogar Me noch mehr Feinden, als .blgs. mit Rußland abzurehnen

aben.

) Zara, 2. Dezember. Wie der „Pol. Korr.“ gemeldet wird, hat der bosnishe Fnsurgentenführer Desp0- tovic vorgestern die türkischen Kriegsgefangenen freigelassen und nur den Serifovih Beg zurückbehalten, dessen er sich als Dolmetsh der türkischen Sprache zu bedienen ge- dentt. Heute ist der von Wien“ in Ragusa eingetroffene Schakir Pascha von dort nah Trebinje abgereist. Ein Ba- taillon Nizams mit 400 Pferden is von Trebinje an der Grenze eingetroffen, um von Konstantinopel eingelangten Pro- viant und Monturen abzuholen.

Der „Djeridéi Havadiß“, das Organ des türkischen Krieg *- Ministeriums, meldet, daß, sobald es die Verhältnisse nöthig machen, der Serdar Ekram Abdul Kerim in Schumla sein Haupt- quartier aufschlagen wird, um die Vertheidigung der Pässe des großen %Balfan zu leiten, während Ejub Pascha den Oberbefehl über die längs der Donau echelonirten Truppen übernimmt. Sami Pascha, gegenwärtig Muschir des vierten Armee-Corps, hat das Ober-Kom- mando über die bei Erzerum und Kars konzentrirte Armee, der Brigade-General Mustafa Pascha das Kommando der Festung Batum erhalten. Ferner werden die Divisions-Generale Arif Pascha, gegen- wärtig in Skutari, Tahir Pasha, Selim Pascha und Azis Pascha, die si vor Alerinaß ausgezeichnet haben, sowie Fuad Pascha, der in der Herzegowina gestanden, Kommandos in der Donau-Armee über- nehmen. In Anatolien kommandiren der Divisions-General Hassan Pascha, seither Militär-Gouver::eur von Konstantinopel, der Brigade- General Mustafa Pascha vom vierten Armee-Corps und der circassishe Oberst Cahin Bey. Izzet Pasha, Gouvernenr von Siwas beschäf- tigt sih mit der Bildung von vier Kavallerie-Regimentern circafssi- scher Freiwilliger.

Rumänien. Bukarest, 26. Dezember. (W T. B.) DieDe- putirtenkammer hat heute den Gefeßentwur} angenommen,

durch welchen die Gemeinden verpflichtet werden, die

Felder der einberufenen Reservisten zu bestellen und für die Familien derselben zu sorgen. Die ehemaligen Minister werden, wié der „Timoul“/ meldet, heute zwangsweise vor das Untersuchungscomité der Depu- tirtenkammer geführt werden.“ Die angeklagten früheren Mi- nister „hatten \{riftlih erklärt, daß sie nur den ordentlichen Instruktionsrihtern antworten wollten.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. De- zember. Die bulgarishen Abgesandten Zankow und kommend, gestern hier einge- troffen und heute bereits vom Reichskanzler Fürsten Gort- \chakoff empfangen worden. Der franzö} Tis Bot- schafter, General Leflô, ist seit vorgestern von seiner Reise hieher zurückgekehrt. : | ]

24. Dezember. (W. T. B.) Die Meldung eines Berliner Blattes, daß Se. Majestät der Kaiser Alexa n der erkrankt sei, ist vollständig unbegründet. Die Bewohner St. Peters- burgs haben den thatsächlihen Beweis für die Unrichtigkeit durch das Mei Erscheinen des Kaisers. B

(W. T. B.) Das hiesige Centralcomité. des rothen Kreuzes macht bekannt, daß in Folge Genehmigung des Kaisers von heute ab sowohl hier, wie bei den Provinzialcomités die Entgegennahme von Gaben statt: findet zur Deckung der Sanitätsdien -Bedürfnisse, welche bei der aktiven Armee und bei den Truppen im Kaukasus und im Distrikte von Odessa vorkommen könnten. ;

2. Dezeuber. (W. T. B.) Der „Regierungs-Anzeiger“ veröffentlicht ein Bulletin, wona der Ober-Kommandirende

der aktiven Armee, Großfürst Nicolaus Nicolajewit\sch der Aeltere, am 7./19. d. in Folge einer Erkältung an einem Unterleibsleidenr erkranfkt ist. Jn dem Befinden des Großfürsten war bis zum Abend des 12./24. d. keine Besse- rung eingetreten. Das Bulletin ist von 5 Aerzten, darunter den Doktoren Pirogoff und Obermüller, unterzeihnet.

Amerika. Washington, 25. Dezember. (W. T. B.) Bei einer Unterredung, welhe der Präsident Grantx gestern mit einem Korrespondenten der „Asffociated Preß“

ite, erklärte der Präsident, er wisse nihts von einer demo- ratishen Vershwörung in der Armee, er glaube auch nicht, daß in derfelben anläßlih der Präsidentenwahl ein Zwiespalt bestche.. Die Armee werde denjenigen bereitwillig als Prä- sidenten der Republik anerkennen, der als der Gewählte proklamirt werde.

New-York, 25. Dezember. (W. T. B.) Nach hier cin- gegangeñen Nachrichten aus St. Domingo ist daselbs eine Revolution ausgebrochen. Der Präsident Gonzalez ist seines Amtes entsezt worden und hat sih geflüchtet.

Asien. Japan, Yedo, 30. Oktober. Jn der Nacht vom 24. auf den 25. d. M. drang eine Schaar von 170? bis 200 mit japanishen Schwertern bewaffneten Leuten in die Kasernen der in Kumamoto garnisonirenden Tzu ppen ein, tödtete ctwa 400 Soldaten und Offiziere und steckte die Kajserne in Brand.

Weder Volizei noch Offiziere, noch die Behörden f{einen von dem Ueberfall vorher die geringste Ahnung gehabt zw haben, sie wurden so vollständig überrafcht, daß viele Leute im Shlafe in ihren Betten in Stücke gehauen wurden, und daß im ersten Augenblick an Widerstand nicht zu denken war. Der Haufen bemächtigte sich sodann der Waffen des Militärs und ermordete den Gouverneur und verschiedene Regierungs- beamte in ihren Wohnungen und brannte das Regierungs- gebäude nieder.

Die hiesige Regierung wurde von dem Aufstande eb:nso völlig überrascht, wie die Behörden an Ort und Stelle, man schien jedo ernstlihé Besorgniß über weitere Verbreitung der aufrührerischen Bewegung von Anfang an nicht zu hegen und hoffte der Sache durch sofortige energische Maßregeln Herr zu werden.

Es sind denn auch shleunigst zwei japanische Kriegsschiffe, einige Beamte und Offiziere, sowie 100 Polizisten von vier nah Nagasaki und Kumamoto dirigirt worden, und ein Theik. det Garnisonen von Osaka und Hiroshinma halten si mars{-

ereit.

Angeblih soll es übrigens {hon am 25. und 26. der Garnison gelungen sein, die Ruhe vollständig wieder her- zustellen.

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Hauptveran= lafsung zu dem mehr oder weniger von augenblicklihem Ex= folg gekrönten Ausbruch fanatisher und verzweifelter Wutly einer zügellosen Samurai-Bande in dem neuen Edikt über die Ablösung der Adelspenfionen zu suchen is. Lokale Gründe, namentlich gehässige Maßregeln der Provinziakregierung mögen dazu gekommen sein.

Die fremden Jnteressen werden vorläufig von der Sache mn keiner Weise berührt.

Aus London, 23. Dezember, wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: „Chinesische Blätter berichten von der förmlichen Bekanntmachung eines Kaierlichen Erlasses, dur welchen den Ausländern volle Rechte zugestanden werden. Der Vertrag von Tschisu hatte dies festgeseßt. Die Blätter versprechen sih davon viel Gutes, um }o mehr, da der eng=- lische Gesandte zwei Jahre hindur China bereisen und dabei Acht darauf geben läßt, daß die Proklamation auch wirklih allerwärts angeshlagen wird. Besondere Gesandten Chinas, Kuoh und Liuhsihung, kommen mit zahlxeichem Gefolge hierher.“

Afrika. Aegypten. Kairo, 24. Dezember. (W. T. B.) (3. W. Romaine is zum englishen General-Con- troleur für die Ausführung der von Go-:schen und Joubert gemachten Vorschläge zur Regelung der ägyptischen An-=- leihen ernannt worden. : /

95. Dezember. (W. T. B.) General Marviot ift zum Verwaltungschef der Eisenbahnen ernannt wor- den. Der overste Rath des Schaßes hat aufgehört zu: funktioniren; sämmtliche Mitglieder desselben haben ihre Demission gegeben. L

Statistische Nachrichten.

Mortalitäts - Statistik und Gesundheitsver- hältnisse. Bis zu der am 9. Dezember c. beendeten Jahres- woche sind von je 100,000 Einwohnern _als gestooben_ notirt: in Berlin 44, in Breslau 50, in Stettin 37, in Cöln 35, in Han=- nover 39, in Hanau 56, in Frankfurt a. M. 35, in Magdeburg 58, in Altona 48, in Straßburg 42, in Dresden 42, in Stuttgart: 42, in Karlsrube 39, in München 68, in Leipzig 40, in Chemuiß 43, in Hamburg 52, in Wien 47, in Budapest 67, in Paris 50, in Brüssel 41, in Amsterdam 55, in Rotterdam 50, im ags 50,. in Basel 69, in Christiania 42, in Stockholm 44, in Kopenhagen 40, in Rom 54, in Neapel 57, in Turin 44, in Alexandria egyp= ten) 108, in London 41, in Glasgow 44, in Liverpool 50, in Dublin 46, in Edinburgh 45, in New-York 40, in Philadelphiæ: 40, in Boston 34, in Chicago 44, in Bombay 53, in Madras 65, in Kalfutta 54. A6 l - 4 j

Fn den meisten europäischen Städten hat sid» der Gefundheits= zustand gegen die Vorwoche gebessert und sind die Steælichkeits- zahlen niedriger geworden. Zwar dominirt das Scharlachßfieber noch immer in vielen deutsben und außerdgutschen Städten, zum Theil in. noch erhöhßterer Zahl, wie in Königsberg, Magdeburg u. a... doch zeigen die meisten anderen Krankheiten wesentliche Nackläsje. So crscheint: die Diphtherie und Bräune an vielen Orten, namentl in Berlin und Wien in erheblih kleinerer Zahl als Todesursache, fo zeigt die Potenepidemie in London einen bemerkbaren Rückgang, auch iw Wien. treten sie in mäßigerer Zahl auf. Dagegen grassiren sie neuerdings heftig in Lille und in Lenbergz; au in Paris werden sie däufiger

odesursache. Der Typhus hat in Paris envas nachgelassea, doch ijt die wöchentliche Zahl der daran Gestorbenen noch ?mmer nit un- bedeutend; au in Rom und Neapel ist die Zahl rsclben geringer, dagegen in Turin und Budapest vermehxt. Jn Wien, Berlin und in den meisten deutschen Städten tritt zur Zeit der Typhus nur in sehr geringer Ausdehnung auf. In den Städten der Nordamerikauisdbeæ Union herrschen meist diphteritische Affektionen vor, in einigen Sztädtea, me Baltimore, Chifkago in Verbindung mit heftiger Scharlachz epidemie. ' S

Y (Stat. Porr In dem kürzlich veröffenilichten statistischen Jahresberichte der E. für die Rheins iffabrt werden über die allgemeinen Verhältniffe der Swiffahrt, jowie über den Schiffs- und den Güterverkehr auf diesem Strome interessante - Nngaben veröffentlicht, die crkennen lasten, daß im Jahre 1875, ob- \{on Handel und Industrie in gedrüter Lage verharrten, sich in der K “inschiffahrt, im Vergleich zum vorhergehenden Jahre, eine mers