1922 / 152 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Jul 1922 18:00:01 GMT) scan diff

darf die Regierung der Kirche keîne Mittel gewähren. Auch wir fordern die völlige Trennung von Staat und Kirche.

Der Vertreter des Ministeriums für Wissen- Thaft, Kunst und Volksbildung erklärt sich für den Ausf Ußvorschlag.

ie Abstimmung wird am Dienstag erfolgen. Ueber den Geseßentwurf, betreffend Bereit- ellung von Staatsmitteln zur Urbar- machungvonstaatlichenMooren, berichtet namens des Siedlung3aus\chusses

Abg. Frau Lehmann (D. Nat.): Der Aus\chuß bab d Vetrag von 100 auf 200 Millionen Mart u T N Die Arbeiten sollen durhch Erwerbskose, zum Teil auch durch Ge- fangene ausgeführt werden.

Die Vorlage wird in der Ausschußfassung angenommen. Bei der sih sofort anschließenden dritten Lesung wird dieser

Dees a d

bg. Dr. iemer «Ip. i i Welerent für den A ean g enpera 2 taate d A Finanzverwaltung über diejenigen Anträge, welche bei der zweiten Beratung des Staatshaushaltsentwurfs für 1922 an den Hauptaus\{huß verwiesen oder zurückverwiesen worden sind. Es hckdelt sich um eine Fülle von Anträgen, die zum großen Teil auf die Hergabe F staatlicher Auf- wendungen für die verschiedensten Verwaltunaszweige hin- zielen. Unter anderem hat der Ausschuß den Fonds zur Ver- fügung für Kunstzwecke im außerordentlichen Haushalt um 1 Million erhöht, zur Gewährung von Beihilfen für Zwecke der gemeinnüßgigen Theaterpflege die allgemeinen Ausgaben im Haushalt des Finanzministeriums um 7 Millionen auf 17 Millionen Mark verstärkt. Die Abgabe gewisser Forstneben- nubungen soll den Förstern unter Oberleitung der Revierver- waltungen übertragen werden. Jm Haushalt des Volkswohl- fahrtsministeriuums sind die Beihilfen für Veranstaltungen “Dritter zur Förderung der Pflege der shulentlassenen Jugend von 10 auf 15 Millionen erhöht worden: für die Krüppelfür- sorge sind zehn Millionen neu eingestellt, sowie aht Millionen für Wanderungen der Schuljugend und für Kinderheims zur Ausnahme gesundheitlih gesährdeter und unterernährter Kinder. Jm Extraordinarium sind zur Förderung des gemein- nüßigen Kleinwohnungswesens statt 20 Millionen 60 Millionen im Haushalt ausgeworfen.

In der Besprechung bedauert Abg. Gott \chalk (Dem.), daß der Aus\chuß den Anträgen im Bereich der Unterrichtsverwaltung nicht genügend entgegen- getfommen sei, namentlich für die Ausbildung der Junglehrer fh als zugeknöpft erwiesen habe, über deren Notlage kein Wort mehr verloren zu werden brauche. i

Abg. Heilmann (Soz.) beantragt und befürwortet erneut die Bewilligung det Stelle eines neuen Ministerialrat3 im Wohlfahrtsministerium, für welhe Stelle das sachliche Bedürfnis auf der Hand liege. Der Finanzminister habe die Ablehnung im Ausfhuß mit ganz unzureichenden Gründen motiviert. j

Finanzminister Dr. von Richter: Meine Herren, der Herr Abgeordnete Heilmann hat folgenden wesentlichen Unter- schied gegenüber den zwei Fällen, auf die er zu sprechen gekommen ist, übersehen. Diese Stelle wird nicht von dem Wohlfahrts- ministerium etwa verlangt und vom Finanzministerium abgelehnt, sondern das Wohlfahrtsministerium und das Finanzministerium sind sich völlig darüber einig, daß zurzeit diese Stelle nicht not- wendig ist, (hört, hört! rechts) und daß also die Frage bei dem nächsten Haushalt geprüft werden kann und geprüft werden soll. Es handelt sich also nicht, was fonst die Regel ist, um cinen An- trag des betuesfenden Ministeriums, den die Finanzverwaltung abgelehnt hat, und den nun etwa der Landtag wieder aufnehmen will, sondern es handelt sich um ein Vorgehen des Landtags allein, ohne daß selbst das am meisten interessierte Ministerium ein Interesse an dieser Angelegenheit hat. Jedenfalls is weder der Herr Wohlfahrtsminister selbst noch irgend jemand aus seinem Ministerium an mi jemals wegen dieser Sache herangetreten. Das ist der große Unterschied gegenüber den beiden Fällen, von denen Herr Abg. Heilmann gesprochen hat, und von denen der eine ohne weiteres niht zutrifft. Das ist nämlih der Fall Koska in der Bergverwaltung. Da besteht zwischen dem Herrn Handelsminister Siering und mir völlig Uebereinstimmung dar- über, daß an sich ein sahliches Bedürfnis für eine neue Vor- tragenderatsstelle in der Bergabteilung des Handelsministeriums nicht vorliegt, sondern die Bergabteilung legt Wert darauf, in Herrn Koska eine für die Veberleitung der Bergverwaltung aus dem rein staatlichen in einen mehr kaufmännischen Betrieb geeig- nete Persönlichkeit zu gewinnen. Und diese geeignete Persönlich- keit kann sie ihrer Meinung: nah nur gewinnen, wenn Herr Koska Vortragender Rat wird. Es wird also niht eine Vortragende- ratsftelle geschaffen aus sachlihen Gründen und mit Herrn Koska besevt, sondern es wird bewußtermaßen für Herrn Koska eine Vortragenderats\telle geschaffen, weil man sonst Herrn Koska nicht bekommen kann, und der Herr Handel3minister auf die Gewinnung des Herrn Koska großen Wert legt. Wie wenig diese Sache zu vergleichen ist mit anderen Stellen, sehen Sie daraus, daß der Herr Handelsminister sich ohne weiteres mir gegenüber bereit er- flärt hat, dafür die nächste freiwerdende Stelle seiner Berg- verwaltung einzuziehen, mit anderen Worten: es wird eine Stelle von den um die Koskasche Stelle vermehrten Stellen als künftig wegfallend bezeihnet. Das ist also ein singulärer Fall, den man niht heranziehen fann.

Im zweiten Fall handelt es sich um den Leiter des Staat- lihen Schlagwetteramts im Handelsministerium; ih weiß nicht, ob der Herr Vortragender Rat ist. J kann nicht zugeben, daß die Ausführungen des Herrn Heilmann zutreffen, daß anderen Ministerien das versagt sei und daß dem Wohlfahrtsministerium niht etwas konzediert werden könnte, ohne daß ih persönlih gegenüber den anderen Ministerien illoyal handelte. Sie werden mix niht verdenken können, daß ih als Finanzminister zunächst an dem Grundsaß festhalte, mir das sachlihe Bedürfnis von dem Herrn Fachminister anmelden und begründen u lassen. Da das bisher nicht geschehen ist, da e3 andererseits ein Grundsatz -ist, üßer den bisher mit der Staat3regierung sämtliche Parteien des Hauses einig gewesen sind, so werden Six mir vom Standpunki der Finanzverwaltung nicht verdenken können, wenn ih bei diesem bewährten Grundsay geblieben bin und zunächst gesagt habe: eine Stelle, die von keiner Seite sahlich gefordert und begründet wird, öuzugestehen, hat die Finanzverwaltung keine Veranlossung. (Sehr richtig! rets.)

Abg. Weissermel (D. Nat.) bekämpft alen Antrag.

der Arbeit zusamumenbreche. Man solle cine neue Stelle ichatfen, dann würde auch mchr getan werden. Daraufhin wurde im Aus- \chuß die Pen Stelle wieder gefordert.

Abg. Kloft (Zentr.) {ließt sich den Ausführungen des Vor- redners an. : :

Es folgt die zweite Beratung des Haushalts der allgemeinen Fina nzverwaltung.

__ Der Aussch hat verschiedene Aenderungen zu den einzelnen Titeln beantragt, die der Geldentwertung durch er- höhte Zuschüsse des Reichs zu den Beamtenbesoldungen und den entsprechenden Mehrausgaben gleichkommen. Ju einer Reihe von Entschließungen beantragt der Aus\{huß u. a., daß die Grundevrwerbsteuer ganz den Ländern überlassen wird, daß an dem auf die Gemeinden entfallenden Anteile an der Umsaßsteuer auch die Betriebsgemeinden beteiligt werden. Zum Zwecke von Vorerhebungen für eine organische Reform der Grundsteuer soll den Katasterämtern die nah der Reichs- abgabenordnung den Finanzämtern hinsichtlih der Auskunfts- pflicht zustehenden Befugnisse gegeben werden. Ferner wird etne Fahrzeugsteuer verlangt. In einev weiteren Ent-= s{ließung werden Vorschläge für die Deckung des über den Haushaltsanshlag hinausgehenden tatsächlichen Fehlbetrages gefordert.

_Abg. Dr. Negen born (D. Nat.): Die wichtigste Frage ist die Gestaltung des Verhältnisses zwishen Reich, Ländern und Gemeinden. Als der leßige Finanzminister noch Abgeordneter und als solcher Mit- glied des Hauptausscusses war, hat er eine reinlice Scheidung zwischen Reich und Ländern und Gemeinden dur einen beweglichen Steuerfaktor der Länder und Gemeinden gefordert. Aus Aufsäßen hervorragender Persönlichkeiten in der „Deutschen Nation“ vom März 1921 geht hervor, daß die Verfasser, Staatsminister Dr. Preuß und Dr. Drews sowie Panesior einge zu der Auffassung gekommen sind, daß die Reichsver assung einen {weren Konstruktionsfehler ent- halte. Dieser A ist eine zu große Zentralisation. Wir haben nun einma die Länder und müssen mit ihrem Bestande rechnen.

r Abgeordnete Heilmann hat einmal gesagt, der Einheitss\taat werde kommen; man wisse aber nit ob in 50 oder 100 Jahren. Jb bin der Ansicht, daß die Stunde zu ernst ist, um sih den Kopf darüber zu zerbrechen, was in 50 oder 100 Jahren sein wird. Auf- gabe der Stunde ist, zu prüfen, was für die Gegenwart nottut. Nach der Erklärung des Ministers hängt die Gestaltung des laufenden Etats àb vom Abschluß des Rechnungsjahres 1920, Es ist aber mit Sicherheit damit öu renen, daß bei der gegen- wärtigen Handhabung der Veranlagung ein Teil der Steuer nicht eingehen wird, weil viele Steuerpflichtige die Steuern für eine fo weit rückliegende Zeit nicht aufzubringen în der Lage sind. Das gegenwärtige Steuersy|\tem muß geändert werden. Die Erhöhung der

msabsteuer belastet namentlih den gewerblihen Mittelstand, der {hon fo {wer um seine Cristenz zu kämpfen hat, abermals außer- ordentlich. Die gegenwärtige Finanzgebahrung entspriht durchaus niht dem Programm, das der jeßige èFtinanzminister als Abgeordneter entwidelt hat. Auch der deutshe Städtetag hat das System der Zu- \hußleistung seitens des Reichs an die Länder als geradezu ruinös und als eine Gefährdung des Selbstverwaltungsrehts Pow et Dieses System ist au tatjählih im höchsten Grade verderblich, denn es er- stidt jedes Verantwortungsgefühl. Auch der Oberbür ermeister von Mannheim, der sicher meiner Fraktion nit anFehört, Var als einzig brauchbare Steuer die Ginkommensteuer bezeichnet, und hält alle andern Steuern nur für Behelfssteuern. Er fordert Zuschläge zur Ein- Tommensteuer. Nun ist allerdings die Erhebung von Zuschlägen zu der leßigen Einkommensteuer niht mehr möglih. Wir streben weder nad der Beseitigung der Veranlagung durch das Reich, noch danach, daß die ganze Cinkommensteuer den Ländern überwiesen wird, aber wir sind der Ansicht, daß eine Reform der Erzbergershen Steuergeseß- gebung unbedingt notwendig ist. Eine solche Reform hat auch bereits einmal der Abgeordnete Dr. Heß anerkannt. Die Erzbergersche Steuerreform war übereilt und verfrüht. Üngeheure Ausgaben werden aemacht durch das Ueberweisungs- und Nücküberweisungsverfahren. Dier könnte viel gespart werden. Die Länder müssen im Reichsrat ihre Stimme auch zur Geltung bringen können. Die Methode am Bau des Reiches muß nur geändert werden. Man hat am Dache zu bauen angefangen. Wir wollen dem- Reich geben, was es braucht, um finanziell gesund und kräftig zu sein. (Beifall rets.)

Abg. Dr. Wänt i g (Soz.): Der Finanzminister hat niht nur in den Koalitionsparteien, sondern im eigenen Lager Feinde, die ihm in den Rücken fallen, Die Finanzpolitik Preußens is so verwidelt, weil sie zwischen der Finanzpolitif des Reichs und der Gemeinden eingekeilt ist. Gs kann gar keine Rede davon sein, daß dur eine Besserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage die Finanzen des Nerchs eine Besserung erfahren. Wir kommen nicht aus der Mtisere heraus, wenn wir die Steuerveranlagung und «einzichung von einer Stelle zur andern verschieben, sondern nur dadur, daß wir an einen Abbau des Nichterforderlihen herangehen. Wir müssen daran fest- halten, daß die Länder und vor allem Preußen aus eigenen Mitteln das aufbringen, was sie selbst dauernd nötig haben. Die Reichs- mittel, die den Ländern zufließen, müssen nur für die im Auftrage des Reichs auszuführenden Arbeiten verwandt werden. Früher wurden gegenüber dem Reich immer die Länder ausgespielt. Diese Politik hat dazu geführt, pay wir cine Schuldenlast von 5,2 Goldmilliarden im Reiche während des Krieges uns zuzogen. Gegen diese Tendenz, die Länder und Gemeinden in den Vordergrund zu stellen, müssen wir uns aufs entschiedenste verwahren. Die Bedürfnisse des Staates müssen immer in den Vordergrund gestellt werden, auch bei der Grundsteuer. Zielbewußie preußishe Finanzpolitik ist notwendig, dann werden wir aub den Finanzminister unterstüßen.

Nach kurzev Geschäftsordnungsdebatte wird die Weiter-

beratung auf Dienstag, 11 Uhr, vertagt. | Schluß 614 Uhr. ' I O 4 Ps

Parlamentarische Nachrichten.

Der Arbeitsaus\chuß des vorläufigen Reichs- wirtshaftsrats zur Erörterung der Frage der Um- formung der Reichs bank und der Arbeitsaus\huß für die Arbeitslosenversicherung hielten heute Sizungen.

Jn der am 7. Juli abgehaltenen Sizung des Rechts- aus\chusses des Reichstags wurde von der eingeseßzten Unterkommission eine Reihe von Vors chlägen für die Fassung des Gesezes zum Schutze der Republik vor- gelegt, nach denen die grundlegenden aragraphen, wie folgt, auten sollen:

Z 1. Wer an einer Vereinigung oder Verabredung teilnimmt, zu deren Zielen es gehört, Mitglieder einer republikanishen Ne- gierung des Neichs oder eines Landes oder Mitglieder des Reichs- tags oder eines Landtags oder andere Personen aus Gründen, die in der Stellung dieser Personen im öffentlichen Leben liegen, dur den Tod zu beseitigen, wird mit Zuchthaus nit unter fünf Jahren oder mit lebenslangem Zuchthaus bestraft.

Ist în Verfolgung dieser Ziele eine Tötung begangen oder versuht worden, \o wird jeder Teilnehmer an der Vereinigung oder Verabredung, der diese Ziele kannte, mit dem Tode oder mit Ilebenslangem phibaus. bestraft.

1a. Wer an einer Verbindung der in § 128 des Straf- gefeßbuchs bezeichneten Art teilnimmt, wird mit Zuchthaus bestraft, wenn die Verbindung ein in § 1 Abs. 1 genanntes Ziel verfolgt. 3 1b. Der Teilnehmer an einer in den ps 1, la bezeihneten Vereinigung, Verabredung oder Verbindung bleibt straffrei, wenn er der Behörde oder der bedrohten Person von dem Bestehen der Vereinigung, Verabredung oder Verbindung, von den ihm be-

Abg. Heilmann (Soz.) erklärt, daß de isterialdirekto Pracht bei einer Kritik iber die Jugendpflege im Ausf r

kannten Mitgliedern und ihrem Verbleib Kenntnis gibt, bevor în 4

| habe, er önne nicht meßr leisten, weil er unter dex 1eberstins

\ “wee Bra prt gter E

Verfolgung der Ziele der Vereinigung, Verabredung oder Vers bindung eine Tötung begangen oder versucht worden ift. i

S 1c, Dem Teilnehmer an einer in den 88 1, la be- zeichneten Vereinigung, Verabredung oder Verbindung steht glei, wer die Vereinigung oder Verbindung oder einen an der Ver- abredung Beteiligten mit Rat oder Tat, insbesondere mit Geld unterstüßt.

§ 1d. Wer einen anderen begünstigt (S 257 des Strafgeseßz- bus), der eine in § 1 Abf. 1 genannte Person vorsäßlih getötet oder zu tôten versut hat oder an einer solchen Tat teilgenommen hat, wird mit Zuchthaus bestraft.

§ le. Wer von dem Dasein einer in den 88 1, 1a genannten Vereinigung, Verabredung oder Verbindung oder von dem Plan, eine in § 1 genannte Person zu töten, bestimmte Kenntnis hat, wird mit Zuchthaus, bei milderen Umständen mit Gefängnis be- straft, wenn er es unterläßt, von dem Bestehen der Vereinigung, Verabredung oder Verbindung von den ihm bekannten Mitgliedern, ibrem Berbleib oder von der geplanten Tötung und der Person des Täters der Behörde oder der bedrohten Person unverzüglih Kenntnis

1 F 04 GUUUiie

Diese: Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Anzeige gegen einen Angehörigen oder von einem Geistlichen oder Ver- teidiger in Ansehung dessen, was ihm bei Ausübung der Seelsorge oder des Berufs anvertraut worden ist, hätte erstattet werden müssen. Angehörige im Sinne dieser Vorschrift sind: Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Ehegatten, Ge- s{wister und deren Ehegatten und Verlobte.

Mit diesen Vorschlägen war versucht wordea, die zahlreichen Anträge der verschiedenen Parteien nah Möglichkeit einander anzu- nähern und zu einem einheitlihen Ganzen zu vershmelzen. Troß dieser ausgleihenden Arbeit des Unterausshusses führten die Vor- {läge auch noch im Rechtsaus\{uß zu einer längeren Diskussion.

„Aba Dr Dirtvger . Nat.) bemängelte die einseitige Nichtung des E der lediglich Vertreter der republika- nischen Staatsauffassung vor dem Morde s{chüßen wolle und beispiels- weise deutshnationale Politiker vor den Mordbuben nicht bewahre.

eman ale führte Abg. Dr. Levi (U. Soz.) ‘aus, daß das

Gesetz die Aufgabe haben solle, die Nepublik zu \{hügen. Notwendiger- weise sei mit diesem Zwek auch der Schuß der Vertreter der republikanishen Staatsform verbunden.

Abg. Hoffmann - Kaiserslautern (Soz.) verwahrte sh mit Entschiedenheit gegen die Unterstellung, die -der deutshnationale Redner der Linken mit dem Vorwurf gemacht habe, die Deut\{- nationalen follten unges{üßgt den Mördern ausgeliefert werden. Erstens sei das allgemeine Strafreht doch niht aufgehoben, dann aber sei auch ‘wissentlich Mee daß die Sozialdemokraten ich ausdrüdli damit einvers anden erflärt haben, daß gegen das Mordkomplott zum Schuße der politischen Persönlichkeiten aller Richtungen durch die Schlußbestimmungen ein besonderer Paragraph in das Strafgeseßbuch eingefügt werden foll.

Abg. K o ch -Weser (Den.) wies darauf hin, daß das Gesetz be- kanntlih alle Negierungsmitglieder in Deutshland {hüten solle und daß nicht alle Regierungsmitglieder durchaus republifanisch seien; man denke an Bayern. Daraus ginge doch klar hervor, daß das Geseß einen einseitigen Standpunkt nit einnehme.

Auch Abg. Dr. Rosenfeld (U. Soz.) wandte ih gegen die

Vorwürfe des deutshnationalen Redners, die er für völlig unberedtigt hielt. Die Unterstellung sei nicht zu rechtfertigen, daß die dem Abg. Düringer (D. Nat.) nabestehenden Kreise für vogelfrei erklärt werden sollten. Das ganze Verhalten der Linksparteien bei Aus- arbeitung des Geseßentwurfs spreche hiergegen. _ Bei der Abstimmung wurde die Fassung des § 1, wie sie der Unteraus\huß Gewä ltt hatte, in wesentlißen Punkten geändert. Statt des Wortes „Ziele“, das zu sehr das Programmatische einer strafbaren Vereinigung betone, wurde das Wort „Bestrebungen“ gewählt. Die Schutzerweiterung auf die Mit- glieder des Reichstags oder eines Landtags oder auf andere Perfonen aus Gründen, die in der Stellung dieser Personen zum öffentlichen Leben liegen, wurde aus §1 berau8gestrihen. Eine entsprechende Bestimmung soll dem Schluß des Geseßes angefügt werden. Der ¿weite Absaß des § 1 wurde dahin geändert, daß mit dem Tode oder mit [ebenslänglidem Zuchthaus bestraft wird, wer Teilnehmer an einer strafbaren Vereinigung zur Zeit der Ausführung einer Tötung ift, oder wer in Kenntnis dieser Bestrebungen Teilnehmer einer dahin gerichteten Verabredung ist. § 1a wurde nach dem Wortlaut des Unteraus\husses angenommen, nur wurde statt des Wortes „Ver- bindung“ das Wort „Geheimverbindung“ gewählt. Unverändert in der Fassung des Unteraus\husses wurden alsdann die SS 1b, le und 14 angenommen.

Bei der Beratung über § 1 c entwickelie sich eine ausführlidße Debatte darüber, ob der Unterlasser einer Anzeige zu bestrafen ist, wenn er in Ausübung feines Berufs als Verteidiger davon Kenntnis erhalten hat, oder wenu er mit dem vom e Bedrohten verwandt, vershwägert oder verlobt is. Nach lebhafter Diskussion, an der die Abgg. Dr. Spahn (Zentr.), Dr. Lewy (U. Soz.), Koch- Wefer (Dem.) und Dr. Bell (Zentr.) teilnahmen, beschlcß der Nechtsaus\{chuß, daß nur die Geistliheù, die in Ausübung der Seelsorge Kenntnis von dem geplanten Verbrechen beloinmen, nit verpflichtet seien, die Anzeige zu erstaticn. Alle anderen dem geplanten oder ausgeführten Verbrecheu oder von dem Bestehen einer strafbaren Vereinigung Kenntnis habenden Personen machen si elbst „strafbar, wenn sie die Anzeige unterlassen, also auch Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Ebegatten, Geschwister und deren Ehegatten und Verlobte wie auh Verteidiger. Bezüglich des nunmehr abgelehnten Schweigerechts der Verteidiger wurde von linker Seite angeführt, daß nach den Vorgängen bei der Untersuchung des Mordes an Erzberger sih- gewisse Erschwernisse der Aufdeckung des Verbrechens als Folge des Schweigerechts dex Verteidiger sich ge- zeigt hätten, was in Zukuntt nicht mehr geschehen dürfe.

Der Ausschuß wandte sich nunmehr der Beratung des § 2 des Geseßentwurfes zu. Die Bestimmung, die mit Gefängnis von drei Monaten bis zu fünf Jahren denjenigen bestrafen will, der Mit- glieder der republifkanishen Regierung des Reichs oder eines Landes verleumdet oder öffentlih beschimpft, wurde von rechter Seite stark angegriffen. Nachdem in jetziger Zeit Minister oft in Volks- versammlungen als Parteiredner auftreten, \ei es nal Ansicht des deutschnationalen Redners nit mögli, den Negierungsmitgliedern außer dem üblichen Rechts\chuß noh einen besonderen Schutz gegen Beleidigungen zu gewähren. Häufig gebe in Volksverjammlungen ein Wort das andere, Zwischenrufe erfolgten, die nit immer durhaus parlamentarish seien, und es würde dann besonders {were Strafen regnen können, abgesehen von der Mundtotmachung des Parteigegners. Hierauf trat eine kurze Mittagspause ein.

Jn der Nachmittagssißung des Rechtsaus\chusses begann die Beratung mit dem § 3 des Scleder e us s '

Abg. Ko ch-Weser (Dem.) beantragte, den zweiten Absaßz ded F 3 dahin zu fassen, daß noben der Verurteilung dem Verurteilten der Aufenthalt in bestimmten Teilen oder an bestimmten Orten des Meichs auf die Dauer bis zu - fünf Jahren verboten oder angewiesen Er E K ab l (D. Vp.) Abg. Dr. Ka - Bp.) trat dafür ein, daß Absaß 1 des 3 a U bestimmen folle, es fei neben jeder Berurteilon auf eldstrafe bis zu fünf Millionen Mark zu erkennen, wenn diese Be- strafung geeignet erscheine, weiteren bodverräterischen Umtrieben des Verurteilten vorzubeugen. i Ma wurde §3 in folgender Fassung: _ Neben jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen §1 Hela E pati Gi oerrals oder wegen einer Vorberei: dazu Ul auf Geldstrafe zu erkennen. Die Geld« strafe ist niht beschränkt. \ ries t Bei einer solchen Verurteilung kann dem Verurteilten ferner der Aufenthalt in bestimmten Teilen oder an bestimmten Orten des Reichs auf die Dauer bis zu fünf Jahren angewiesen werden. Gegen Ausländer is auf Ausweisung aus dem NReichsgebiet zu erz kennen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bestraft. ail raf /KRAW]

(Fortfebung in der Dritten Beslegay 451

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Cr. 152.

ie E Bie ip

(Fortseßung aus der Zweiten Beilage.)

Bei Besprechung des § 4 drehte fih die Diskussion darum, ob der Staatagerichtshof bei diesbezüglihen Vergehen von Landesbeamten au zuständig sein solle, auf. dauernde 'und zeitweilige Unfähigkeit zur O öffentliher Aemter und auf Entzug der Ruhegelder zu erfennen.

Die Abga. Wi \\ell (Soz.) und Hoffmann - Kaiserslautern {Soz.) wollten vermeiden, daß die Disziplinarkammern in den etn zelnen Ländern nach Verurteilung von Beamten durch den Staats- gerihtshof dann über Aberkennung von Amt und Ruhegehalt ganz verschieden urteilen. Man denke an Bayern, das auf disziplinarishem Wege seine Beamten vielleiht bedeutend milder behandeln würde als der Beamte eines anderen Landes, der dasfelbe Verbrechen gegen die Republik begangen hat, behandelt werde.

Auf Añregung des Abg. Dr. Bell (Yentry der die Abgg. Dr. Stresemann (D. Vp.) und Schüccking (Dem.) in weiteren Ausführungen beitraten, wurde § 4 Abs. 2 alsdann für die Beratung im Unterausschuß zurükgestellt. Bezüglich des Abs. 1 dieses. Paragraphen wurde festgestellt, daß der Rechtsaus\huß im Prinzip dem Standpunkt des Antrags des Abg. Hoffmann- Kaiserslautern (Soz) beitritt, der erklärt, daß neben jeder Verurteilung zu Todes- oder Zuchthausstrafe wegen einer im Gefeß bezeichneten strafbaren Handlung und neben den auf Grund des Strafgeseßbuchs eintretenden Folgen bei Beamten und Militärpersonen auf Verlust aller gegen Reich, Länder und Gemeinden und Gemeindeverbände be- stehenden Ruhegehaltsansprüche zu erkennen ist. Auch kann auf Verlust der aus öffentlihen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden. Gegen Beamte oder Militärpersonen im Ruhestande ist auf

Verlust des Nuhbegehalts zu erkennen.

Es folgte die Beratung über den Staat3gerichtshof zum Schuße der Republik.

Als Berichterstatter machte Abg. Dr. Bell (Z.) darauf auf- merksam, daß gerade dieser Teil des Gesetzentwurfs zu Reibungen und zum Aufeinanderprallen verschiedener Meinungen Anlaß geben kann. Es handle sich um die Schaffung - einer Justitution, die eine Ver- fassungsänderung vorausseße und deshalb mit zwei Drittel Mehrheit vom Hause beschlossen werden müsse. Cs beständen im Rahmen der Verfassung bereits zwei Staatsgerichtshöfe und deshalb empfehle es si vielleicht, das neue Gremium zum Schuß der Republik, das sich in die bestehende Verfassung nicht ohne weiteres einfügen lasse, nicht als Staatsgerihtshof zu bezeichnen, sondern, um Verweselungen zu vermeiden, als höchster Gerichtshof zum Schuß der Republik oder so ähnlih. Selbstverständlih solle es sih bei diesem Vorschlag nur um die nominelle Bezeihnung des zukünftigen Gerichtshofs zum Schuß der Republik handeln.

Im weiteren Verlauf der Diskussion erhob der Abg. Dr. Lev i (U. Soz.) Vorwürfe gegen das bayerische Negierungs\ystem, das sich bisher immer als Hort der Neaktion erwiesen habe. Der bayerische Handelsminister Ha m m als Mitglied des Reichsrats erwiderte in längeren Ausführungen, daß man durch derartige Angriffe auf Bayern denen, die ehrlich an der Belebung der Neichsfreudigkeit arbeiten, ibr Werk nicht erleihtere. Die bayerishe Regierung habe alles getan, um die Verbrecher sowohl des Erzbergermordes wie des Rathenau- mordes zu fassen. : i:

Reichsjustizminister Dr. Radbruch riet ebenfalls dazu, die Beratungen über diesen Gesetzentwurf in dem Sinne zu führen, daß alle Länder daran mitarbeiten könnten und, statt die Gegensäße zu verschärfen, lieber einmütig miteinander zu arbeiten. Es treffe zu, daß der bayerische InnenministerSchw eyer angeordnet habe, es möge der Vollzug von Anordnungen der Reichsanwaltschaft hinausgeschoben werden, bis fich das Ministerium des. Innern dazu äußern könne. Er, der Reichsjustizminister, habe ihn darauf aufmerksam gemacht, daß sh diese Anordnung im Widersvruch zu den Bestimmungen des Gerichtéverfassungsgeseßes befinde. Er habe aber auch durchaus das Empfinden gehabt, daß der bayerisGe Minister Shweyer bemüht ge- wesen sei, einen alle Teile befriedigenden Ausweg zu finden. Im übrigen sei den Verhaftungen in München keinerlei Hindernis in den Weg gelegt worden. E |

Die Verbreitung der Geheimorganisationen über“ganz Deutschland mache es {hon aus technischen Nücsichten notwendig, daß der Kampf gegen diese Organisationen nicht von Organen der Länder geführt werden könne, die vor den Grenzvfählen jedes Landes haltmachen müßten und deshalb zu keiner großzügigen einheitlihen Verfolgungs- ation fähig seien. Was die Zusammenseßung des zu errichtenden Staatsgerihtshofs betreffe, so müsse leitend der Gedanke sein, daß in diesem Gerichtshofe alle Weltanshauungsrihtungen vertreten seien. Es sei also nicht genügend, ein Kollegium in der richtigen partikulären Mischung zu bilden; denn eine derartige Zusammensezung bürge lediglich für eine ents \prehende Wiedergabe und der Stimmungen und Anschauungen der Länder. Hier handele es sch aber darum, alle Weltanshauungen in. gerehter Weise zu Worte kommen zu lassen. Deshalb müsse auch von der Einschaltung des Neichsrats, der ebenfalls nur die“ Stimmen der Länder widerspiegele, nit die Welt- anschauungsrihtungen im Deutshen Reih in . threr wirklichen Verteilung, abgesehen werden. Er (der Neichsjustizminister) habe wiederholt fein felsenfestes Vertrauen in die hohe Ob- jektivität des. Meich8gerihts betont und er wiederhole diese seine Anschauung au hier îm Ausschuß. Aber ebenso wie das Reichsgeriht das höchste Vertrauen verdiene, so ver- diene auch die Persönlichkeit, die von der Wahl des ganzen deutschen Volkes getragen fei, nämlih der Präsident des Deutschen Reiches, die Anerkennung unbedingter Obijektivität, denn bereits durch seine Wahl sei bekundet, daß ihm das Vertrauen aller Kreise des. Volkes gehöre. Aus diesem Grunde fei es nur recht und billig, daß dem Reichspräsidenten die Wahl für die Mitglieder des Staatsgerichtshofs zustehe. Daß als Mitglieder dieses Gerichtshofs dret Gerihtsräte dem Reichégericht ; 1 rden m beweise ebenfalls. das Vertrauen, das man ‘in die Obijektivität des Neichsgerichts setze. j

U Gb HoG die Behandlung des § 2 des Geseßentwurfs einem Untérausschusse zur Beratung überwiesen worden war, vertagte \ich der Ausschuß.

Jn der am 5. Juli abgehaltenen Sißung des Steuer- aus\chu}ses des Reichstags wurde die Aenderung des Erbschaftssteuergeseßes behandelt.

Der Abgeordnete Dr. Curtius (D. Vyp.) und Geheimrat Dr. Dorn vom Reichsfinanzministerium sprahen \ich zusammen- fassend über die Anträge der verschiedenen Parteien aus, die eine Aenderung des Erbschaftssteuergeseßes bezweckten. Die Entwürfe der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei und der Demokraten hätten zum leitenden Gesichtspunkt die Anpassung an die Geld- entwertung genommen, während der Antrag des Zentrums neben diesem hæuptsächlihen Ziel auch noch drei andere wesentliche Zwette verfolge, nämlich die praktisch dringend erforderliche Vereinfachung der Erbschaftssteuerveranlagung, dann die Frage der Behandlung der Auslandsdeutschen im Steuerrechßt und \{ließlich den- Versuch, die im Inland belegenen und darum erfaßbaren Werte im Erbschaftssteuerrecht zu erfassen, auch wenn sie Eigentum von Ausländern sind. Abg. Dr. Bernstein (Soz.) äußerte Bedenken darüber, ob es im gegebenen Zeitpunkt ritig sei, überhaupt an die Aenderung des Erbschafts\steuergeseßes heranzugehen. Gegenwärtig

den wir uns noch iu einer derartigen bhodgradigey Unsicher-

entnommen werden müssen,

Dritte Beilage E zum Deutschen Reichsanzeiger unò Preußischen Staatsanzeiger

Berlin, Donnerstag, den 13. Zuli

heit aller Wirtschaftsverhältnisse, in einer Periode derart auêgeprägter Labilität des Geldwertes, daß feder Versuch der Aufstellung eines neuen Tariss zur Erbschaftssteuer fehr problematisch erscheine. Abg. Mer ck (Bayer. Volksp.) hielt bezüglih der . Beseitigung der Nawhlaßsteuer die hierfür von den Negierungsvertrètern bervorgebrahten Gründe für. fo durchs{lagend, daß er sich durchaus dafür aussprechen möchte. Die Befeitigung der Nachlaßsteuer fei im Interesse einer Vereinfahung der Steuer- veranlagung und einer Beschleunigung der Stenererhebung ent- schieden geboten. Was den Vorschlag - der Verschiebung der Nevisfion der Erbschaftsstener anlange, so glaube er für seine Fraktion die Erklärung ‘abgeben zu Fönnen, daß: fie - unbedingt auf gleichzeitiger Verabschiedung dieser Revision mit den Ent- würfen über die Zwangsanleiße und die Einkommensteuer bestehen müsse. Die Zustimmung seiner Fraktion zum Steuerkompromiß sei an die Bedingung geknüpft worden, daß auc die Erbschaftssteuer den veränderten Geldverhältnissen angepaßt werde. Seine Fraktion könne also nur dann dem Gese der Zwangsanleihe zustimmen, wenn die beiden anderen Steuergeseße jeßt miterledigt würden. Auch der Abg. Dr. Curtius (D. Vy.) gab für seine Partei die prinzipielle Crfklärung ab, daß sie den Geseßentwurf für die wangsanlkeihe nur gleihzeitig mit der Revision des Erbschafts\teuergeseßes verabschieden würde. Die Abgg. Dr. Fischer - Köln (Dem.) und Herold (Z.) erläuterten ihre jeweiligen Anträge. Der demokratishe Redner er- Me sh bereit, gewisse Gesichtspunkte des Zentrurnsantrages anzu- erkennen.

In der Abstimmung wurde gemäß dem Zentrums3antrag folgende Aenderung des Erbschastssteuergesezes angenommen: §1 erhält folgende Fassung : / :

„Der Erbschafts\teuer unterliegt: 1. die durch den Tod einer Person eintretende Bereicherung einer anderen Person (Erwerb von Todes wegen), 2. die freigebige Zuwendung unter - Lebenden (Schenkung), 3. die infolge einer Verfügung von Todes wegen oder durch RNechtsgeshäft unter Lebenden eintretende Verpflichtung einer anderen Person zur Verwendung von Mitteln zu einem be- stimmten Zweck (Zweckzuwendung). Die Vorschriften dieses Ge- seßes über den Erwerb von Todes wegen gelten, soweit nihts be- sonderes bestimmt ist, auch für Schenkungen und Zweckzuwendungen.

Die §8 2 bis 19 des Erbschafts\teuergeseßes wurden aufgehoben. Damit wurde die gesamte Nachlaßsteuer gestrichen.

Bezüglich der Erbanfallsteuer wurde Absatz 2. des § 20 des bisher geltenden Erbschaftssteuergeseßes durch folgende Vorschrift

erseßt:

„Als vom Erblasser zugewendet gilt auch 1. der Uebergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung; 2. was jemand infolge- Vollziehung einer vom Erblasser angeordneten Auf- lage oder infolge Erfüllung einer vom Erblasser geseßten Bedingung erwirbt, es sei denn, daß eine einbeitlide Zweckzuwendung vorliegt; 3. was jemand dadur erlangt, daß bei Ge- nehmigung einer Zuwendung des Erblassers Leistun en an andere Perfonen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung frei- willig übernommen werden ; 4. was als Abfindung für einen Ver- zicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Aus- s{lagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird; 5. was als Entgelt für die Uebertragung der Anwartschaft eines Nacherben gewährt wird."

Als Absatz 3 wurde folgende nene Vorschrift angenommen:

„Das Erlöschen pon Leibrenten und anderen von dem Leben einer Person abhängigen Lasten gilt nicht als Erwerb von Todes wegen.“ i

Ointer § 20 des altén Erbschäftésteuergeseßes wurden folgende neue Vorschriften eingefügt : y

„Als Schenkung im Sinne des Gesebßes gilt: 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlihen Rechts; 2. jede andere freigebige Zu- wendung unter Lebenden, soweit der Bedachte dur sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird; 3. was infolge S einer von dem Schenker angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeshäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprehende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, daß eine einhbeitlide Zweckzuwendung vorliegt; 4. was jemand dadurch erlangt, daß bei Genehmigung einer Schenkung Leistungen an andere Perfonen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden; 5. was als Ab- findung für einen Erbverzicht gewährt wird; 6. was ein Vorerbe den Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ibrem Eintritt hberausgibt; 7. der Uebergang von Vermö en auf Grund eines Stiftungêgeshäfts unter Lebenden ; 8. was bei Auf- lôfung eines Fideikommisses, anderweitiger Aufhebung der Bindung von Vermögen und bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird.

Im Falle des Abs. 1 ist der Versteuerung auf Antrag das Ver- hältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen. Gegen- leistungen, die nit in Geld verans{chlagt werden können, werden bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht berücksichtigt. Die Steuerpfliht einer Schenkung wird nicht dadurch aus- ges{lossen, daß sie zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrags gekleidet wird. Ausftattungen, die Abkömmlingen zur Einrichtung eines den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung der Beteiligten angemessenen Haushalts gewährt werden, gelten nicht als Schenkung, sofern zur Zeit der Zuwendung ein Anlaß zur Ausstattung gegeben ist und der Zweck der Zuwendung innerhalb zweier Jahre Erfüllt wird. Ausstattungen, die über das angegebene Maß hinaus- gehen, sind insoweit fteuerpflihtig. Ein neuer § 20b defintert dann den rechtliden Begriff der Zweclzuwendung. Der § 21 erhielt eine veränderte Fassung, wonach im Falle der Fortseßung der che- lihen Gütergemeinshaft der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut so behandelt wird, wie wenn er aus\{ließlidch den anteilsbere(tigten Abkömmlingen angefallen wäre, Im Falle des Todes eines anteilsberechtigten Abkömmlings gehört dessen Anteil am Gefamtgut zu seinem Nachlaß. Weitere Bestimmungen über den Fall der Nacherbfolge wurden durch Aenderung der im 8 23 des alten Sche stehenden Vorschriften festgelegt. Angeuommen wurden auch die Bestimtinungen über den Eintritt der Steuers- pflicht, die dem § 24 des alten Geseßes folgende Fassung geben:

Die Steuerpflicht tritt ein für den gesamten Erbanfall, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Erwerber zur Zeit des Eintritts der Steuerpfliht ein Inländer ist. Die Steuerpflicht tritt in allen anderen Fällen ein für den Erbanfall, soweit er in inländishem Grund- oder Betriebsvermögen, in einem Nußungs- recht an einem folchen Vermögen oder in im Inlande befindlichen Sachen usw. besteht. (

Die vom Auss{uß alsdann angenommene neue Fassung des § 25 regelt die Errechnung des Betrages, von dem die Erb- shaftösteuer zu erheben ist. Der § 26 wurde dahin geändert, daß der Erwerb des Ghegatten der Erbschaftssteuer nur dann unterliegt, wenn der Altersunterschied zwischen den Ehegatten mehr als 20 Jahre beträgt und die Ebe noch nicht fünf Jahre bestanden hat. Auch wurde eine neue Fassung bezüglich der unehelichen Kinder ge- wählt. Die Behandlung des Steuertarifs wurde zunächst aus- geseßt. Angenommen wurde dagegen gemäß dem Zentrums- antrage die. Beftimmung, wona für je angefangene 100 000 .4 des Betrages, der .das zur Zeit des Anfalls bereits vorhandene Vermögen des Grwerbers von einer Million Mark übersteigt, ein Kas von 10 vH des Steuerbetrags erhoben wird. Der Zusch ag soll die

älfte des eine. Million Mark übersteigenden Betrags nicht über- reiten. Er daxf fergex uicht mehr betragen als 100 vH. der

—_ 1922

Steuer. § 29 wurde dahin abgeändert, daß für dea obenbezeihneten Zuschlag das Vermögen des Ertwerbers bend fein soll, wie es bei der dem Erwerbe vorangegangenen Veranlagung zur Vermögensfteuer festgestellt if. Solange eine solche Veranlagung nicht stattgefunden hat, ist die Feststellung des Vermögens- standes für die Erhebung des Reichsnotopfers zugrundezulegen. Dem für das Reichsnotopfer festgestellten Vermögen

der leßten Veranlagung des Erwerbers eingetretene R E anfälle bhinzuzurechnen, soweit sie den Betrag von 50 000 .4 über- steigen. Soweit das Vermögen von Ehegatten zusammen „veranlagt ist, ist es jedem Ehegatten zur Hälfte zuzureHnen, fofern die Anteile nicht anderweit feststehen. Auch für den § 30 des alten Gesehes wurde eine neuc Fassung gewählt. Der § 33 soll in der neuen fassung Bestimmungen darüber treffen, was steuerfrei bleibt. Hierbei ührte die Definition dessen, was man unter Hausrat zu verstehen hat, und ob insbesondere darunter auch der Schmuck aus Edelmetallen und Kunstgegenstände zu verstehen sind, zu einer lebhaften Diskussion. Ueber diesen Paragraphen wurde infolge der vorgeschrittenen Zeit die Abstimmung ausgesezt und die weitere Verhandlung vertagt.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Teuerung im Juni 1922.

Die nah den Erhebungen des Statistishen Reichsamts über den Aufwand für Ernährung, Heizung, Beleuhtung und Wohnung be- rehnete Inderziffer für die Lebenshaltungskoften ist im Durchschnitt des Monats Juni auf 3779 gestiegen gegenüber 3462 im Monat Mai. Die Steigerung beträgt demna 9,2 egen 9,0 vH vom April zum Mai. Die Grnährungskosten f sich in ungefähr gleidem Maße wie die Gesamtausgaben erhöht (um 9,4 vH). Die Reichsinderziffer für die Ernährungé- kosten stellt sich im Durchschnitt des Monats Juni auf 9119. Die Steigerung der Lebenshaltungskosten ist hauptsächlich durch wesentlice Preiserhöhungen für Nährmittel, Fleis, tte, Zucker, Eier und Milch verursacht. Auch Brennstoffe fowie Gas und Elektrizität sind überall teurer geworden. Anderer- seits haben sich die in den Vormonaten beson ers stark im Preise gestiegenen Kartoffeln (alter Ernte) in - der Berichtszeit überall wesentlich verbilligt. Die erheblichen Preiserhöhungen infolge der nenerlihen Valutavershlechterung kommen in der Indexzi er für Juni noch nicht zuin Ausdruck. Jn den mittleren und kleineren Städien zeigt fich diesmal meist ein stärkerer Fortschritt der Teuerung als in den Großstädten. (W. T. B.)

Die Bewegung der Großhandelspreise im Monat: Unt 1922

stand unter der Einwirkung einer im Anschluß an die JOSE ergebnislosfen Anleiheverhandlungen wieder EEEEE visen- hausse, die sich infolge der innerpolitisGen Erschütterung gegen - Ende des Monats verschärfte. Dem sinkenden Geldwert entspre Preissteigerungen auf allen Gebieten der Waren- wirtschaft. Die im Statistishen Reichsamt bearbeitete Gr oß» bandelsziffer stica von 6458 im Durchschnitt des Monats Mai auf 7030 im Durbséhnitt des Monats Juni. Von den Groß- handelsindexziffern sür die einzelnen Gruppen stieg die für Ge- treide und Kartoffeln von 5802 auf 6052, die für Fette, Zucker, Fleish und Fische von 5148 auf 6613, die für Kolonialwaren: von 8621 auf 9254, -die für- Lebensmittel zusammen von 5847 auf 6405,- ferner die für Häute und Le derx von 7040 auf 8011, die für Terxtilien bon 10604 auf 11 851, die für Metalle von 6489 auf 7029, die für K ohle und Eisen von 7061 auf 7469, die für Industriestoffe zue fammen von 7602 auf 8197. Die Großhandelsindexziffer für die vorwiegend im Inlande erzeugten Waren (Ge- treide und Kartoffeln, Fette, Zucker, Fleisch und Fische, Kohle und Eisen) stieg von 6026 auf 6540, die für die vorwiegend aus dem Auslande eingeführten Waren von 8617 auf 9479. Der Dollar erfuhr eine Höherbewertung um 9,4 vH. Dem ente spriht die Preisfteigerung der Einfuhrwaren um 10 bH, während die Preise der Inlandswaren um 8,5 vH anzogen. Die stärkste" Auf- wärtsbewegung hat die Lebensmittelgruppe Fette, Zucker, Fleisch und Fische zu verzeichnen, deren Großhandelsindexziffer im Berichtsmonyat um 28,5 vH emporgeschnellt ist. Die Gesamtinderxziffer hat fich um 8,9 vH gehoben. (W. T. B.)

Verkehrswesen.

MetallsiegelverschGluß bei Postpaketen. Als Verschlußmittel für Wertpakete von mehr als 900 bis. 3000 werden vom 1. Juli an neben den bisher vorgeschriebenen aegen auch Bleisiegel und Stahblblechsiegel versu{sweise zugelassen. ere Auskunft erteilen die Postanstalten. :

LuftpostKairo—Bagdad. Gewöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen aller Art aus Deutshland nah Bagdad, Bassora, dem übrigen Mesopotamien und nah Persien können mit der alle 14 Lage verkehrenden englishen Luftpost Kairo—Bagdad versandt werden. Abgang der deutsden Ans{lußposten bon München jeden zweiten Donnerstag 9,20, erstmalig am 13. Juli, Abflug von am 22, Juli. ‘Weitere Posten verkchren ab München am 27. Zuli, 10. August, 24. August, 7. September, 21. September usw., die anschließenden ab Kairo am s. August, 19. August, 2., 16. und 30. September usw., alle 14 Al Flugdauer Kairo—Bagdad 1 bis 2 Tage. Gesamtbeförderu dauer für deutshe Post nach Bagdad 10 bis 11 Tage. Zeitgewäüi gegenüber Dampferbeförderung über Bombay bei günstigster Auf- Lieserungszeit 18 Tage. Als Flugzuschlag neben den gewöshnlihen Auslklandsgebühren wird erhoben für Postkarten # Goldfrank, für andere Briefsendungen für je 2 & ] Goldfrank. Die Flugpostsendungen müssen in der linken i Ede der Aufschriftseite den deutlichen Vermerk tragen: „Par ayion Cairo—Bagdad“. Die Auflieferung erfolgt am besten am Schalter. Weitere Auskunft erteilen die Postanstalten.

lugzeuge

Handel und Gewerbe.

Die Verkaufsftelle Vereinigter Fabrikanten isolierter Leitungsdrähte Gesellschaft mit beschränkter voltung n G.) Berlin SW. 61, Tempelhofer Ufer 11, teilt laut c „W. T. B.“ mit, daß fe die Teuerungsaufschläge Preisliste 11 vom 1. April 1922 mit soforti ger Wirk auf fo rozente erhöht hat: N. G. A, N. G. A. B., N. G. A. #F., N.G.

.G.A.T.,, N. F. A. [nan imprägnie rt 100 vH, ! N. P. L. N., N. P. L. S., N. S. A., N. F. A. mit Glanzgarnk 120 -vH. . Für alle übrige n Typen, das sind Pos. 5a, 5b 9—20 der Preisliste 11—140 vH. A „— Bezüglih der deutschen Ladungen @& während des Krieges in Uruguay 1 i deutshen Schiffen berihtet die in Montevide

eitung „El Dia“ vom 25. April 1922, daß die 9 lossen habe, cine Frist von 90 Tagen festzusi en, in der

tümer der Waren dtese zurückordern können.