1838 / 288 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Er trägt das Kreuz der Ehrenlegion, Nachdem er scinem Vertbeidi- ger, dem Herrn Hardy, die Hand gereicht, und fich vor seinen Rici- terun verneigt hatte, nabm er auf der Banf der Angeklagten Plat. Auf die gewöhnlichen Fnterpellationen crflärte er, Franz Eduard Be- rard zu beißen, Capitain Tresorier im 34ficn Linfen - Regiment und 37 Jahr alt zu seyn. Der Präsident stellte alsdann folgendes Verbör mit ihm an: Frage: „Welche Gründe haben Sie vcranlaßt, die Flucht zu nebmen?“ Antwort: „Jh war vom Unglü ver- folgt; ich hatte Verluste erlitten; und die Verzweiflung hatte sich meiner bemächtigt.“ Fr. „Erklären Sie sih über die Thatsachen, die Jhnen zur Last gelegt werden.“ Antw. „Es existirt cin Defizit in meiner Kasse; ich habe die Zahlen verändert, uw die Exisienz desselben zu verbergen.“ Fr. „Sie wußten, daß Sie ein Falsum begingen?“ Antw. „Jch wußte, daß ih cinen Fehler beging.“ Der Präfsideut (mitWürde): „Mein Herr, Sie haben gegen die Ehre, das ersie Gescy des Militairs, gefehlt; Sic täuschten das Vertrauen Jhrer Oberen; erklären Sie sich deutlicher./‘ Der Augeflagte: „Mein Defizit datirt schon vom Fahre 1834. Xm Jahre 1833 wurde ih beauftragt, in Villefranche au der Spanischen Gränze Bureaus für verschiedene Detaschements zu organisiren, weiches mich zu einigen außerordentli- hen Ausgaben veranlaßte, die sih auf etwa 800 Fr. beliefen. Jch war nicht reicz, ih konnte diesciben niht decken. Nach Louiouse zu- rücfgekchrt, ward ich an die Spige einer neuen Rehuungéführung ge- stellt; ih wurde zu Ausgaben ähnlicher Art veraniaßt und befand mich mit 1500 Fr. im Rücfstaude. Zu dieser Zeit trat ich als Capét- taiu und Schagmeister in das 34. Linien-Regimeut ein.“ Hier zäbit der Angekiagte die verschiedenen Ausgaben auf, zu deuen cr d scinem Eintritt in das Regiment genöthigt gewescu ivar, und er!ählt daun, daß ihm in Pont-Saint-Esprit cine Summe von !500 Fr. ge- Ntohlen worden sey. Fr. „Haben Sie zu irgend Jemand von die- sem Diebstahl gesprochen?“ Antw. „Zu Niemand. Jch batte in der Nacht, wo der Diebstahl begangen wurde, ohne Erlaubniß außer dem Hause gesc;lafeu, und da ih Tadel fürchtete, so verschwieg iz Alles.“ Der Präsident ertheilte hierauf dem Angeîlagten die Erlaubniß, eine ziemlih lange Schrift zu verlesen, in welcher die Verluste, die er na und nach erfahren hatte, ausführlich aufgezählt wurden, und dereu Summe dem in der Auklage bezcichneten Defizit ge- nau entspricht.—Fr. „Wiecgeht es zu, daß Sie, inmitten so vieler Veriegen- heiten, sich nicht Jhrem Obersten, oder anderen Offizieren Xhres Ne- giments, bei denen Sie in großer Achtung standen, anvertraut bg- ben?‘ Der Angeklagte (nach einer Pause): „Es war die Schaam, mein Oberst, die mich zurüdclhielt.“ Fr. „Wie geht es zu, daß Sie nicht den Muth gehabt haben, Jhrem Major oder Jhrem Obersien die ganz ungewZ3hnliche Lage mitzutheilen, in der Sie sich befanden, besonders, da Jhuen von Jhren Waffenbrüdern verschiedene Suta1- men auvertraut waren, die Sie sich angeeignet haben?“ Ant iy. „Es war dasselbe Gefübl der Schaam, welches mich zurückgehalten hat.“ Fr. „Welchen Gebrauch haben Sie von dicfen Summen gemacht?“ Antw. „Jch bediente mich ihrer zur Bestreitung der lau- fenden Dienst-Auégaben.“’ Fr. „Erklären Sic dem Gericht, was mir als Corps-Chef unerklärlich ist, wie Sie dem Obersten Jhre Lage verbergen fonuten, der doch Jhr Freund scyn mußte, da cr sein gan- zes Vertrauea iu Sie gesetzt hatie?“ Antw. „Es war cine Schwäche oon mir, daß ich es nicht that, aber ih fürchtete scine Vorwürfe.“ Der Präsident (mit Güte): „Sie konnten Jhrem Chef Jhre Fehler cingestchen; Jhr früheres Leben, das Kreuz, welches Sie tragen, mußten Jhnen Vürge sevn, für die vätcrlicze Auf- uahme, welches jenes peinlicze Geständniß gefunden haben würde.“ Antw. „Was soll ih Jhuen sagen... Es war das Gefühl der falschen Schaam, welches mich zurlickbielt.“ Herr Hardy: „Es dürfte von Wichtigkeit seyn, zu wissen, mit welcher Summe dér Angekiagté fic cutfernt und was cer während der 59 Tage sciner Abwesenheit gethan hat.“ Der Ungeklagte gab die (gesiern mitgetheilte) Auskunft. Es wurde bierauf zum Zeugen-Ver- bôr geschritten. Der Capitain Pottier sagt aus, daß er, von dem Verschwinden Berard?s benachrichiigt, den Öbersien davon in Kennt- géscht und das Vincenner Gehölz habe durchsuchen lassen. Jun der Kasse habe fich ein bedeutendes Defizit vorgefundea. Einige Tage darauf ward ihm gesagt, daß eine gewisse Katharina Florentin, die Maitresse Berard's, die Absicht babe, fich in dem Kanal Sit. Martin zu ertränfen. Er benachrichtigte zwei Polizei-Ageuten, die ihr nach- ciltcen und sie 11 dem Augenblicke, wo ste sich ins Wasser stürzen wollte, verhafteten. „Jch war““, fügte der Zeuge binzu, „ein Freund Berard?s, er genoß in dem Regimente des beiten Rufes. “Jch be- dauere, daß er sich zur Decéung seines Defizits nicht an mich gewandt hat; ich würde ihur sogleih diesen Dienst geleitet haben.““ Der zweite Zeuge war Adèle'Laboyrie, bei der Katharina Florentin jogirte, und die deshalb den Angeflagten öfter gesehen hatte. Fr. „Hat Berard Euch etwas vou seinen Geld-Verlegenheiten gesagt?‘ Ant w.,,Nie- mals.“ Fr. „Schien er traurig?“ Antw. „Uls ih ihn das lette- mal sah, war er sehr niedergeschlagen und seine Züge waren verän- dert. Wenige Tage vor seinem Verschwinden kam Katharine in Thrä- nen aufgelöst zu mir 1.nd fagte, daß Berard sich téoten wolle.“ Als hierauf der Präfideut die Katharine Florentin vorrief, gab sich cine lebhafte Bewegung der Neugier in der Versammlung fund. For Gesicht ist blaß und interessant; sie antwortet mit schwacher und dewegter Stimine, daß sie Puymacherin und 25 Fabr alt sey. Nacz- dem ihr der Präsident einen Sessel hatte reichen lassen, begann fol- gendes Verhör: Fr. „Was haben Sie über deu Angekiagien zu sagen? Antw. „Was ich zu sagen habe, hat man schon früher auf- geschrieben.“ Fr. „Sie müssen cs hier wiederholen. Wo haben Sic den Capitain Becard fennen gelernt?“ Antw. „Jun Dijon.“ Fr. „Sie sind ihm nach Paris gefolgt?“ Antw. „Ja, mein Herr.“ Fr. „Gab er Jhnen Geld?“ Antw. „Sebr wenig.“ Fr. „Welche Gefühle drückte er Nhnen aus?“ Untw. „Er sagte, daß cr mich liebe.“ Fr. „Und war er nicht traurig? Sagte er nicht, daß er sich ums Leben bringen wolle?“ Antw. „Ja, mein Herr, er war traurig und niedergeschlagen und in den legten Tagen des Juli sprach er von Selbstmord.“ Fr. „Warum haben Sie seine Kameraden nicht davon in Kenntniß gesetzt. Antw. „Jch glaubte nicht, daß es sein Ernst sev, sondern daß er mich nur entferuen wolle. Fr. „Hat er mit Fhnen zuweilen von dem begangenen Falsum gesprochen ?“ Antw. „Niemals, mein Herr.“ Fr. „Haben Sie seit dem 26. Juli nicht cine bedeutende Veränderung in dem ganzen Benehmen des Capitain Berard wahrgenommen? Antw. „Er sagte, daß er in Verzweiflung scy und daß er sich in Geldnoth befiude.““ Fr. „Und haben Sie ihm darauf Ihre fleinen Ersparnisse angeboten ?““ Katharine (die Augen niedershlagend und mit leiser Stimme): „Es ist wahr, mein Herr, aber er hat es nicht angenommen.““ Fr. „Wieviel haben Sie dem Unglücklichen angeboten?“ Antw. „Méine Garderobe und das Wenige, mas ih an baarem Gelde besaß.‘ Fr. „Wieviel war das?“ Antw. „Ungefähr 500 Fr.“ Fr. „Und wieviel fonnte Jhre Garderobe werth seyu?“ Antw. „Viel- leicht auch 4 bis 500 Fr.“ Der Präsident: „Jhr Benehmen ge- gen diesen Offizier ijt Über alles Lob erhaben.“ Der Berichter- statter zum Zeugen: „Was veranlaßte Sie, den Versuch zum Selbstmord zu machen?“ Katharina: „Als ex verschwunden war, glaubte ih, er scy todt, und sogleich faßte ih den Entschluß, meinem Leben ein Ende zu machen; man hat mich daxan verhindert, und das is eín Unglück. Fch lege keinen Werth mehr anf das Le- ben, und wenn ich nicht fürchtete, seine schmerzliche Lage noch zu er- shweren, so würde ih bald todt seyn, deun ich leide zu viel. Hier erstickten Thränen die Stimme des jungen Mädcheus und der Prä- | sident sagte ihr mir sichtlicher Rührung, daß sie auf ihren Pilas zu- rücfehren fönne. Der Soldat Archidec, der Bursche des Ange- flagten, erklärte, daß er niemals ungewöhnliche Ausgaben oder Plänc des Selbsimords bei scinem Capitain bemerft habe; nur sey er vor scinem Verschwinden schr niedergeschlagen gewesen. Der Major Edeles ertheilte dem Angeklagten das ehrenvollsie Zeugriß. Er sey

von allen seinen Kameraden geliebt gewesen und wenu er sich ihnen j

cröffnet hätte, so würde ihn gern ein Jeder aus seiner Verlegenheit gezogen haben- Niemals habe man bemerkt, daß sich der Capitain zu ungewöhnlichen Ausgaben habe verleiten lassen. Des Lientenant

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ren. Er fkounte diese selbst bei dem Zahlmeister ina Empfang nehmen, aber statt dessen Übergab er mir furz vor seinem Verschwinden jenes Mandat und trug mir die Einziehung desselben auf, weiches ich auch gethan habe.“ Der Präsident: „Also konnte er jene 42,000 Fr. cinfassiren und mit sh nehmen? Antw. „Ohne allen Zweifel, mein Obersi.“ (Anbaltende Bewegung.) Nachdem noch der Oberst des Regiments selbst, so wie mchrere Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten günsiig für den Angeklagten ausgesagt hatten, bielt der Ber ichtcrsiatter scin Requisitorium, we!ches Kerr Hardy mit großer Energie beantwortete, worauf der Präsident die Debatten für geschicssen erklärte. Der Angeklagte wurde bier- auf abgeführt, und das Gericht zog ch in sein Berathungs-Zimmer zurü. Nach einer Stunde begann die öffentliche Sizung wieder und der Präsident verlas das Urtheil, dur welches der Capitain freigesprochen, und seinem Regimente wicdergegeben ward. Wie man vernimmt, wird der Capitain Berard sich mit Katharine Florcn- tin auf gesegliche Wrise verdinden.

Paris, 11. Okt. *) Das Journal des Débats ent- hâlt einen Artikel über die Antwort des Luzerner Bundes-Di- reftoriums, in dem folgende Stelle vorkommt: „Frankreich hat Genugthuung erhalten, ohne daß es zur Gewalt seine Zuflucht zu nehmen brauchte. Unser Bündniß mit der Schweiz wird nicht gestôrt werden.““

Die Presse meldet, daß die Taufe des Grafen von Pa- ris definitiv bis zum Frühjahr verschoben sey und in Fontaine- bleau stattfinden werde.

Der Graf Demidoff is gestern mit Depeschen aus St. Pe- tersburg in Paris eingetroffen.

Die hiesigen Blättter sprechen heute von einem Of- und Defensiv-Traktat, der zwischen England und der Pforte gegen Persien abgeschlossen seyn soll.

Der Pariser Handelsstand hat n auch seine Petition und zwar zu Gunsten der Runkelrüben-Zucker-Fabriken an den Handels-Minister gerichtet.

In Perpignan hatte sch am 4ten d. bei Abgang der Post das Gerücht verbreitet, daß in Barcelona die bestehende Regierungs-Form durch einen Volks-Aufstand umgestürzt wor- den sey. Die Garnison hätte sich mit dem Baron von Meer in die Citadelle geflüchter. Diese Nachricht scheint sehr der Bestätigung zu bedürfen.

Großbritanien und Jrland.

London, 10. Okt. Die Versicherung, daß die Reformer von Liverpool nach der von Lord John Russell dort gehaltenen Rede viel zufriedener von dem Minister Abschied genommen, als sie ihn bewillkommt, findet unter den hiesigen Liberalen nicht rechten Glauben. Sie erblicken in demjenigen, was der Lord bei dem ihm zu Ehren vom Mayor der Stadc Liverpool ver- anstalteten Diner gesagt, wenigstens so viel man davon erfah- ren hat, nicht die geringste Bürgschaft dafür, daß das Ministe- rium die Absicht hátte, seine vergeblichen Bemühungen um Versöhnung der Opposition im nächsten Jahre fahren zu lassen und ftatt dessen, mehr auf seine Freunde sich stúßend, mit grd- ßerer Energie auf der Bahn der Reformen fortzuschreiten. Man will im Gegentheil schon aus dem Umstande, daß keine Schnell- schreiber zu dem Diner zugelassen wurden, den Schluß ziehen, daß Lord J. Russell eine vollständige Verdffentlichung seiner Rede nicht gewünscht habe, weil er sih bewußt gewesen, daß dieselbe der liberalen Partei wenig gefallen würde. Daß er für die freie Erörterung gesprochen und den radikalen Volks- Versammlungen nicht habe wehren wollen, dies wird ihm nicht als ein besonderer Rußm angerechnet, da es einer der Grundsäße der Englischen Verfassung ist, daß das Volk berechtigt sey, sich ungehindert in öffentlichen Ver- sammlungen über seine Juteressen zu berathen, so lange der Frie- den der Gesellschaft dadurch nicht gefährdet wird. Hätte also Lord J. Russell ikgendwie angedeutet, daß die Minister gegen jene Versammlungen einzuschreiten beabsichtigten, so würde er sich denen gleichgestellt haben, die im Jahre 1819 die bewaf}- nete Macht gegen die große Volksversammlung in Manchester aufboten , che diese noch Miene gemacht, die dffentliche Ruhe zu sidren. Es heißt zwar, einige Pairs hätten dem Premier- minister, Lord Melbourne, die Nothwendigkeit vorgestellt, Maß- regeln gegen einige der heftigsten Agitatoren zu ergreifen. Daß aber das Ministerium auf diese Vorstellungen nicht eingegangen, darin findet die liberale Partei, wie gesagt, weiter nichts Verdienstliches, sondern nur eine ganz natürliche Klug- heit, da ein getwaltsames Einschreiten gegen die Umtriebe der Herren Feargus O’'Connor, Ebenezer, Oastler, Pfarrer Stephens und ähnlicher Demagogen das Volk nur erbittert und selbst diejenigen, die jeßt am lautesten gegen diese Männer sprä- chen, vielleiht zur Sympathie für dieselben gestimmt haben würde. Es sey daher für das Ministerium selbst, um so mehr als es bei seiner {wachen Stellung die Radikalen nicht zu sehr gegen sich aufbringen dürfe, das Gerathenste, jene Leute gewäh- ren zu lassen, in der Vorausseßung, daß ihnen nihts Schlim- meres widerfahren könne, als Nichtbeachtung, während sie gar zu gern als Märtyrer erscheinen möchten, wie z. B. der Agita- tor gegen das Armen-Geseß, Oasiler, der mit Ciném Genossen, dem Pfarrer Stephens, gemeinschaftlich das Voik zu den Waffen ruft, den General? Prokurator schon wieder sich herausgefordert hat. Auch zeige sich bereits, wie richtig berechnet in dieser Hin- sicht die ministerielle Politik sey, denn die Agitation zu Gunsten der sogenannten Volkscharte verliere sich immer mehr und werde bei jeder Erneuerung unbedeutender. Jn Schottland, wohin man dieselbe auch fortpflanzen gewollt , habe sie fast gar keinen Anklang gefunden, und die erste Versammlung der arbeitenden Klassen, die dort auf einem freien Felde bei Dumfries unter den Auspizien der Volkscharte veranstaltet worden, sey nur von höch- stens 400 Individuen besucht gewesen und habe sich durch außerordentlich gemäßigte Reden ausgezeichnet. Ueberdies könne man darauf rechnen, daß der JInstinkt der Selbferhal- tung am Ende Alle, die noch irgend etwas zu veclieren hâtten, um die Regierung sammeln würde, fohald die Ruhe des Landes wirkli bedroht schiene. Während also die Liberalen auf diese Weise in den Aeußerungen Lord John Russell’'s hinsichtlih der Volksversammlungen gar keinen Grund zu der Hoffnung finden, daß das Ministerium in der nächsten Parlaments-Session sich ihren Wünschen und Reform: Projekten mehr anbequemen würde, klagen sie vielmehr darüber, daß die Rede des Ministers nur den® niedrigen Volksklassen und ihren Versammlungen Schus verheiße, aber auf die Beschúßung der Mittelklassen nicht die mindeste Rücksicht nehme, indem sie gar nichts über die geheime Abstimmung bei den Parlamentswahlen sage, und keine Aussicht auf- eine günstige Beurthei- lung dieser Reform - Frage von Seiten des Ministeriums

*) Die Französischen Zeitungeu gehen uns so diht vor dem

Wenning's Aussage machte einen tiefen Eindruck auf das Andito- rium. „Herr Berard“, sagte er, „hatte cinen Schaßschcin von |

Schlusse des Blattes zu, daß wir unseren Lesern uur einen ganz ge- drängten Auszug aus denselben gehen fönneu.

42,000 Fr. crhalten, welche für den Sold der Dffiziere bestimmt tva-

durchblicken lasse. Es scheint indeß, als ob den . telklassen selbst sehr wenig an der geheimen Abstimm, so wie überhaupt an weiteren Parlaments - Reformen gel wäre, sonst würden dieselben wohl nicht solche Gleichgüti,, bei der Einregistrirung ihrer Wählerrehte zeigen, wie Ge nach dem eigenen Eingeständniß der Liberalen, in diesem 5,“ thun. Der eigentliche Mittelstand hat bei der Registrirun, nirgends großen Eifer bewiesen; in Marylebone,- wo dos f einigen Monaten ein Verein zur Beförderung der (iße, Wähler-Registrirung gebildet worden ist, findet man, ungegga der Bemühungen des Vereins, ganze Straßen mir Häusern 40 bis 50 Pfund jährlichen" Miethswerthes, in denen ein einziger Einwohner sich um die Registrirung gekümme be Eben so steht es in vielen anderen Wahl-Distrikten, und die (ibe, ralen Blätter klagen beständig über die Saumseligkeit ihrer), während die Konservativen sich des Gewinns freuen, dy ihre Sache daraus erwächst, und gewiß haben sie {on ug tend gewonnen, wenn sich ein Theil ihrer Gegner nur unte verhält, um so_ mehr, wenn dies gerade die Mittelklassen j! in denen die Whigs stets ihre Hauptstüke gesucht haven, j scheint dies allerdings darauf hinzudeuten, daß jene Klassen

der Verwaltung der jeßigen Minister niht mehr ganz zufrig, sind, und daß der Widerstand gegen die Konservativen nul und nach geringer werden dire. Dann wäre viel doch die Zeit für cin Coalitions- Ministerium gekommen, y so môchte es zu erklären seyn, wie Lord Meibourne, h, John Russell ufd einige andere Mitglieder des Kabinets | Hinnecigung der bemittelten Klassen zum Konservatismus du, shauend, schon in der vorigen Session den Häuptern der (y servativen Partei sich zu nähern angefangen. Eine neue An herung findet man in der mehrerwähnten Rede Lord Jy Russel's, indem er es bei Gelegenheit seiner Aeußerungen j den Volks-Unterricht so sehr hervorhebt, daß derselbe auf j Religion begründet werden müsse, im Widerspruch gegen Anhänger des, nameñtlich von den Dissenters aufgestellten, \ genannten freiwilligen Prifizips, zu denen auch eine du bia bestehenden Gesellschaften zur Beförderung des Unkerrichti hört, und die ihrém Lehrplan kein besonderes Glaubensbetlny niß zu Grunde legen wollen. Gleichzeitig dat der Minister Wg Innern ein Schreiben an die Armen - Kommissarien ey hen lassen, aus welchem sh ergiebt, daß dem Ministerimn datum zu thun ist, dem etwanigen Mangel an Religienh unterricht in England abzuhelfen. Alle Armen - Vorsteher i

den einzelnen Bezirkén jollen nämlich aufgefordert werd dem Ministerium darúber Bericht zu erstatten, wie viel Ky chen und Kapellen der Anglikanischen Konfession und der Ny konformisten es in jedem Bezirke giebt, wie viel Personen « jedes dieser Gotteshäuser zu fassen vermag, wie viel Schuly sich in jedem Kirchspiel befinden, ob dieselben unter der N tional - Gesells{aft oder unter der Britischen- und auswärtig Schul - Gesellschaft oder mit irgend einer Religions - Gemei schaft in Verbindung stehen, ob es Sonntags- oder Woch tags-Sihulen sind, wie viel Kinder in den Schulen eines jedi Kirchspiels unterrichtet werden, nebst Angabe der gegenwär gen Bevölkerung des Kirchspiels, und wie viel Leute ungefi in jedem Kirchspiel, im Verhältniß zu der ganzen Einwohny zahl desselben, weder schreiben noch lesen können.

Der neue Lord - Mayor von London für das nächste Jah Alderman Wilson, isi seit mehreren Jahren als Hof - Four beim Königlichen Haushalt angestellt und als solcher courfähi

Den leßten Nachrichten aus Lissabon zufolge, war dasel immer noch davon die Rede, daß der Finanzminister, Herr M noel Carvalho, seines Amtes müde, nächstens seine Entlassuy einreichen würde.

Die Times, die in den Mißhelligkeiten zwischen Fra! reich und der Schweiz fortwährend gegen die Französtsche gierung Partei genommen und behauptet hatte, daß dem V kerrechte gemäß wohl ein Staat von dem anderen das Versptt chen fordern kônne, innerhalb seines Gebiets keine gegen gerichtete Unternehmungen dulden zu wollen, aber nicht di Verbannung von ‘Personen, von denen er etwas Feindliches j befürchten hätte, diejes Blatt äußert heute, in Folge de Nachricht von der freiwilligen Entfernung Louis Bonaparte aus der Schweiz, die Französische Regierung könne si Glick dazu wünschen, daß die Sache ein solches Ende genomtet, denn sie hätte in einem Kampfe mit der Schweiz leiht den Kürzeren ziehen können. Dann aber fragt die „Timä“, 0b Frankreich wohl vor einem feindlichen Unternehmen von Seiten Louis Bonaparte's sicherer seyn würde, wenn dieser etwa zu Dover seinen Aufenthalt náhme, ob ein solcher Punkt, von det man in 3 oder 4 Stunden an jedem Winterabend in dem etsit besten Fischerboot nah Frankreich gelangen könne, nicht eit weit bequemere Position für jenen Abenteurer seyn würde, al irgend ein Theil der Sardinischen, Belgischen, Spanisch oder Schweizer Gränze, oder ob Frankreich etwa dan! eine ähnliche Aufforderung an Großbritanien, wie an d Schweiz, richten und mit einer“ Landung an der Englishd Küste drohen wolle, und ob es glaube, daß das Englisd! Volk auf eine solche Aufforderung hdôren und einem Minist! rium die Bewilligung des Verlangens gestatten würde. Ebe so wenig, meint die „Times“, würde dies geschehen , wie t dem Englischen Volke eingekommen wäre, etwarwährend di Jusurrection in Kanada von den Vereinigten Staaten zu f! dern, daß sie die Kanadischen Rebellen, die sich auf deren E biet geflüchtet, von dort verbannen sollten.

Belgten.

Brüssel, 11. Oft. Dem Moniteur zufolge, hatten s an mehreren Orten Besorgnisse wegen Theuerung des Getrab des und namentlich des Weizens verbreitet. hungen haben jedoch die Regierung überzeugt, daß es überal in den Provinzen hinreichende Vorräthe für die Consumtion giebt und daß man vielmehr die Hoffnung hegen dürfe, dl Preise allmälig wieder weichen zu sehen. |

Einer im Moniteur enthaltenen Uebersicht zufolge, hs! mit den in diesem Jahre neu hinzugekommenen Eisenbahn Seciionen die Anzahl der Reisenden und die Einnahme sich

nachstehender. Weise vermehrt : | Anz. d. Reisenden, Gesammt-Eiunahmt:

m Pahre E. 1,357,711 1,384,502 Fr. 10 & m 1. Vierteljahr von 1838 314,600 374,354 - 49! Im 2. Vierteljahr von 18388 575,279 740,525 - 8 /

Im 3. L von 1838 791,561 1,076,052 - 9 ¿

Unter der Zahl dieser Reisenden sind die Militairs nid! begriffen, von denen allein im Monat September 9752 T auf der Eisenbahn transportirt wurden. Der Moniteur 7 klagt sich, daß die Reisenden fortwährend von den Wa enflassen des ersten Ranges nur wenigen Gebrauch machen. as Ve

G i 60 hältniß ist, ungefähr folgendes: von 100 Reisenden nehmen ire Pläbe auf den offenen (billigsten) Wagen, 30 auf de!

Nähere Nachfot!F

Chars-à-banes, 9 auf den Diligencen und nur Einer auf den Berlinen, wo die Preise am hôchsken sind. Nur sehr ungün- stiges Wetter oder ein ungewöhnlicher Andrang bewirken zuwei- len cine Abweichung in diesen Verhältnissen.

Deutschland.

München, 10. Oft. (L. A. Z.) Was einige Blätter von der Auszahlung der dritten Griechischen Anleihe-Serie gemeldet haben, hat nicht den geringsten Grund. Es wäre wohl mdg- lih, daß unter den jezigen Umständen Rußland Geld - Unter- stukungen an Griechenland gelangen ließe, aber eine Emission der dritten Serie der garantirten Anleihe von Seiten der drei Schubmächte dürfte wohl bei den jeßigen Verhältnissen weniger als je statt haben. Uebrigens ist auch von dieser dritten Serie, nah Abzug der Interessen und der Amortisation für die zwei ersten Serien, so wenig mehr disponibel, daß dadurch Griechen- lands Geld-Bedüärfnissen nit sonderlich abgeholfen werden wúrde. Die ganze Nachricht beruht aber auf einem leeren Ge- ráchte, das sich hier verbreitet hat und in die Zeitungen über-

angen if. o Éin Sohn des Herrn Geheimen Hofraths, Professors Schelling is als Professor der Rechte bei der Universität Er- langen angestellt worden. Der dortige Senat hat zwar gegen diese Anstellung einige Reclamationen erhoben, doch konnten selbige nicht berüfsichtigt werden.

Hannover, 13. Okr. Se. Durchlaucht der Herzog von Holstein - Glücksburg nebst Gemahlin Königl. Hoheit sind ge- stern von Ballenstedt hier eingetrofsen und im British Hotel abgestiegen.

5 inen 13. Okt. Die Frau Großherzogin und der Erb- großherzog werden heute in der Residenz zurückerwartet.

In dem Nachlasse des verstorbenen Hof - Kapellmeisters, Ritters Hummel, Es sich verschiedene noch nicht gedruckte musikalische Manuskripte, wie Klavier - Kompositionen, Konzerte fár Pianoforte und andere Jnstrumente, Lieder, Kantaten, Messen, Ouvertären, gefunden, welche jeßt dem Dru über- geben werden.

Oesterreich.

Wien, den 11, Oft. Die Feldmarschall-Lieutenants Laval Graf von Nugent, Graf Vetter von Lilienberg und Graf von Walmoden sind zu Feldzeugmeistern und zum General der Ka- vallerie befördert worden. Graf von Nugent wird zugleich ad latus des kommandirenden Generals in Jllyrien, Jnner-Oester- reich und Tyrol gestellt. Der General-Major Graf Bigot von St. Quentin ist zum Feldmarschall - Lieutenant ernannt worden.

Schweiz.

Luzern, 10. Okt. Die Tagsaßung hat in ihrer Sitzung vom 9. Oktober beschlossen, ein Observations - Corps an der Französischen Gränze aufzustellen. Der linke Flügel desselben, zur Deckung der Gränze von Genf bis Neuchatel, wird unter dem Befehl des Generals Guiguer stehen; der rechte Flügel, von Neuchatel bis Basel, unter dem des Obersten Zimmerli. Ferner wurde beschlossen, daß '/; von dem Kontingents-Geld von den Ständen entrichtet und !'/z aus der eidgenössischen Kasse genommen werden joll. “Nach dem „Schweizerboten““ sol dieses Observations-Corps aus 19,000 Mann gebiidet werden.

Die Antwort des Kaisers von Oesterreich auf das Beglük- wünschungsschreiben der Eidgenossenschaft zur Krdnung in Mai- land lautet wie folgt:

„An unsere lieben und getreuen Freunde, dic bochachtbaren E id- genossen der 22 Kantone. Hochachtbare viclgeliebie Freunde! Es i} uns sehr angenehm gewesen, aus deu Händen des Bundes-Yräsiden- ten von Planta auf Neicheuau und des Staatsraißes Molo das Schreiben zu erhalten, welches in Jhrem Namen Schultheiß und Staat s- rath des eidgenössischen Vororts Luzeru an uns gerichtet haden, um nus zu der eben vollzogenea Krönung in Mailand Glück zu wünschen. Ueberzeugt von der Aufrichtigkeit der Gesinnungen, weiche Sie, hoch- achtbare, vielgeliebte Freunde, bei dieser erfreulichen Gelegenheit gegen uns an den Tag gelegt haben, sind wir Jhuen für die Bethätigung derselben freundlichst verbunden, und bestärkt sie uns in dem stets ge- hegten Wunsch, der Schweizerischen Eidgenossenschaft Beweise unseres freunduachbarlichen Wohlwollens zu gebeu und zwischen derselben uud unseren Staaten immerwährend das beste Einvernehmen unterhalten zu schen. Jrdem wir schließlich der Art und Weise, mit welcher die Abgeordneten der Eidgenossenschaft sich ihres Auftrages entledigt ha- ben, mit Vergnügen das wohlverdiente Zeugniß der Befriedigung er- hälen, ergreifen wir sehr gern diesen Aulaß, der hohacztbaren Eid- genossenschaft die Versicherung unserer vollkommenen Achtung zu cer- neuern. Mailand, 13. September 1838. Ferdinand.“

Italien.

__— Venedig, 6. Okt. Gestern um drei Uhr Nach- mittags ist, der Kaiser in Venedig eingetroffen. Das lebte Nachtlager war Padua; von dort ging der Wagenzug längs der Brenta bis Fusina am westlichen Ufer der Lagunen, wo sich der Kaiserliche Hof einschiffte. Die Gondel „,Galleggiante ‘“‘, welche die höchsten Herrschaften trug, war festlich geshmückt, eine zahllose Menge von Barken, Gondeln und Böten der Kai- serlichen Kriegs-Marine umgaben das Kaiserliche Schiff. Der Zug kam durch den großen Kanal vor der Piazzetta, unter dem Geläute aller Glocken und dem Donner des Geschüßzes der ge- N in diesem Hafen stationirten Kaiserl. Kriegsschiffe an.

ter den größtentheils festlich geshmückten Bdöten zeichneten sich vorzüglich die der verschiedenen Zünfte aus, welche mit den Emblemen der Gewerbe verziert waren. Als der Kaiser und die Kaiserin auf der Piazzertta landeten, erscholl die Luft von dem Jubelrufe einer ungeheuren Menschenmenge: aus den Fen- stern des Königlichen Palastes, von den luftigen Zinnen des Palazzo Ducale, bis zum Markusthurm hinauf, wehten Tücher Urid Hüte, um die angekommenen Gäste zu begrüßen. Ve- nedig bietet jezt den heitersten und reizendsten Anblick dar; eine alten verfallenen Paläste scheinen wieder belebt, der Gon- dolier begleitet, wie früher, den Ruderschlag mit munterem Ge- sang, auf der Riva de’ Schiavoni, am Markuspla6, drängen sch Fremde aller Zungen und Zonen, der Occident und der

kient begegnen sih hier in den Lebenden, wie man die go- ische Rose mit dem byzantinishen Rundbogen der Markus- irche und des Dogen- Palastes vermählt sieht. Der Kaiser sieht gesund aus, und soll sich in seinen Jtaliänischen Staaten sehr wohl gefallen. Der Hof wird bis zum 18ten hier verwei- en, und dann die Rüreise nah Wien antreten, ohne, wie es vorher bestimmt war, Triest zu berühren. ß Folgendes ist die Tagesordnun während der Zeit des Kai- rlihen Hoflagers in Venedig. Äm sten : feierlicher Einzug is Venedig; am sten: Vorstellung der Behörden bei Hof; am

Tten: Militair-Messe. Regatta; am Lten: große Hoftafel; am'

ten: Fahrt nah den Däâmmen von Murazzo; am 10ten: Vesuch in Murano, Hofball; am llten: Tombola oder M fest am Mei sine; am l2ten: Besuch des Arsenals.

andver der Marine. asser - Feuerwerk; am 13ten: Besuch

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der Akademie. Beleuchtung des Markusplaßes und der Piaz- zetta; am lten: Maskenball in der Fenile; am 15ten: Volks- fest am Lido; am 16ten: große Hoftafel, am 17ten: Abschieds- Audienzen; am 18ten: Abreise.

Rom, 4. Okt. (A. Z.) Gestern legte in einer feierlichen Audienz der Graf Septime de la Tour Maubourg, begleitet von dem ganzen Personal der hiesigen Französischen Gesandt- schaft, seine Kreditive als Französischer Botschafter beim heiligen Stuhl in die Hände des Papstes. Hierauf begab |ch der neue Botschafter zum Kardinal-Staats-Secretair, dann in Abwesenheit des Dekans des heil. Kollegiums, Kardinal Pacca, zum Kardi- nal de Gregorio, und später verrichtete er nach hergebrachter Sitte sein Gebet am Grabe des heil. Petrus in der großen Kirche dieses Apostels. Der von den Römern gehoffte pomphafte Aufzug des Botschafters und der Einzug durch die Porta del Popolo, wie in den frúheren Jahren, beim Eintreffen von Botschaftern, zumal bei einem des „Allerchristlihsten Königs“/ zu geschehen pflegte, unterblieb gänzlich, obgleich der Graf bei seiner vor vierzehn Tagen erfolgten Ankunft in Civita-Vecchia mit 101 Kanonenschüssen empfangen worden war.

Der Unter-Staats-Secretair Msgr. Cappacini ist aus Flo- renz, wo er eine Zusammenkunft mit dem Fürsten Metternich hatte, zurücfgekehrt. Msgr. Altieri, Päpstliher Nuntius in Wien, ist von hier nah Venedig abgegangen.

Spanien.

Madrid, 2. Okt. Es ist hier eine geheime Polizei errich- tet worden. :

Die Hof - Zeitung enthält sehr strenae Bestimmungen in Bezug auf die in Disponibilitäts - Zustand versezten Mi- litairs.

Spanische Gränze. Jn dem Gefecht zwischen Caspe und Maella, welches bekanntlich zu Gunsten der Karlisten aus- fiel, sind außer dem General Pardiñas, der sich selbst auf dem Schlachtfelde erschossen haben soll, der Oberst Alvarez, vom Regiment „Afrika“, der Obersi Serrano, Commandeur der Kavallerie und Sohn des Generals Serrano, und der Sohn des Marquis von Cajeston, der Oberst-Lieutenant in der Chri- stinischen Armee war, getödter worden. Jm Ganzen soll dic Armee der Königin 1000 Mann Jnfanterie und 400 Kavalle- risten verloren haben.

In Lan H.

Stettin, 15. Okt. Bugsirfahrt. Um dem dringenden Bedürfnisse einer bei jedem Wind und Wetter der Schifffahrt gesicherten Communication zwischen hier und Swine- múnde zu begegnen, ‘hat sich hier ein Actien-Verein zur Einrich- tung einer Dampf-Bugsirfahrt gebildet, dessen höhere Bestätigung zu erwarten steht. Wohlthätigkeir. Am 18ten v. M. bei Gelegenheit der Anwesenheir Sr. Königl. Hoheit des Kron- prinzen in Stargard wurde von mehreren Dilettanten unter Leitung und Mitwirkung der einst als mimischen Känstlerin be- rúhmten Frau Professorin Händel-Schüß zum Besten des dor- tigen Privat - Armen - Vereins eine theatralische Vorstellung ge- geben, welche einen Ertrag von ungefähr 220 Rthlr. ge- währte. Kirchenwesen. Am 1öten v. M. wurde eine von dem Orgelbauer Schulze verfertigte, durch die Gnade Sr. Majestät des Königs für die higsige Schloßkirche er- kaufte, vortreffliche Orgel feierlich eingeweiht. Auch in der Kirche zu Labes wird eine von demselben Meister verfertigte ähnliche Orgel aufgestellt, zu deren Anschaffung die Einwohner bereits 550 Rthlr. an freiwilligen Beiträgen unter- zeichnet haben. Eben so erfreut sich die Gemeinde der Land- kirche zu Güsßlaffshagen, Kreis Greifenberg, seit kurzem des Besißes einer Orgel, zu deren Ankauf sämmtliche Gemeinde- glieder ohne Unterschied und Ausnahme im Ganzen 200 Rthlr. zusammengebracht hatten. Miklitairwesen. Die zu den Herbst - Uebungen bei Stargard zusammengezogen gewossenen Truppen sind wieder in ihre Garnisonen zuri@gekehrt. Se. Königl. Hoheit der Kronprinz inspicirte dieselben, ließ am 17ten und is8ten v. M. mehrere Mandver im Feuer ausführen und wohnte am folgenden Tage einem ähnlichen Manöver der hier zusammengezogenen Truppentheile bei. Die in Naugard ge- standene Garnison-Compagnie des 2ten Jnfanterie-Regiments ist zur Formation des 2ten Reserve-Bataillons nach Colberg abge- gangen und dagegen ein Kommando des 9ten Jnfanterie-Regi- ments zur Bewachung der Straf- und Besserungs- Anstalt in Naugard eingerückt. /

Bromberg, 12. Okt. —Wohlthätige Einrichtung. Die Königl. Regierung bringt Nachstehendes als solche, und als nachahmungswürdiges Beispiel für andere Gemeinden zur öffentlichen Kenntniß: „Jn der Gemeinde Schönmädel, Kreis Schubin, war es, wie in manchen anderen Gemeinden bisher üblich, daß neue Ackerwirthe oder neu anziehende Schmiede, Hirten 2c. der ganzen Gemeinde eine sogenannte Ergösblichkeit, die in Branntweinspenden bestand, geben mußten. Jn der Ueberzeugung von den verderblichen Folgen des vielen Brannt- weinstrinkens, hat die dortige Gemeinde durch einmüthigen Be- {luß diese Gewohnheit abgeschafft und bestimmt, daß das dazu hergegebene Geld zu Schulzweken verwendet werde. Schon hat dadurch die dortige Schule eine bessere Ausstattung mit Schul - Utensilien erhalten.“

Düsseldorf, 12. Okt. (Düsseld.Ztg.)— Eisenbahn. Die Probefahrt auf unserer Eisenbahn ist gemacht. Heute früh ein Viertel nach 7 Uhr ging der erste Dampfwagen vom Bahn- hofe ab, und legte eine Strecke von etwas mehr als einer hal- ben Preußischen Meile zurück. Die erste Fahrt ging langsam, um die Bahn zu prüfen; dann kam der Wagen in fünf Minu; ten die halbe Meile zurück. Mit der leßtgenannten Geschwin- digkeit wurde die Fahrt noch dreimal wiederholt, und kann nach dem Urtheile der Techniker versichert werden, daß nicht nur der Dampfwagen seine volle Schuldigkeit gethan, sondern auch die Bahn sich so gut gehalten hat, daß man mit vollem Ver- trauen ihrer Benubung für die Zukunft entgegensehen kann.

Köln, 12. Okt. (Köln. Ztg.) Eisenbahn. Der

inister der dffentlichen Arbeiten in Belgien, Herr Nothomb, so wie der Ober - Jngenieur der Belgischen Eisenbahnen , Herr Simons, trafen gestern Abends hier ein und stiegen im „Kai- serlichen Hofe‘/ ab, wo sie von den hiesigen Herren Mitgliedern der Direction und des Administrations-Rathes der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft bewillklommt wurden und später an einem ihnen zu Ehrèn veranstalteten Souper Theil nahmen. Heute Morgens besichtigten die beiden Herren die Arbeiten an der Eisenbahn beim Stationsplaße am Thürmchen und in der Nähe der Stadt und sprachen sih, wie wir vernehmen, im

j

des Administrations-Rathes verließen der verd;enstrolle Staats-

mann und der frôftige Leiter der Belgischen Eisenbahn - Arbei- ten, Herr Simons, welcher auch mit der Leitung der Arbeiten in der Nähe dec Preußischen Gränze beaustragt is , heute Mittags unsere Stadt, um die Arbeiten an der Bahn bei Müängersdorf, Königsdorf und Horrem zu besichtigen, und dann von dort heute Abends nah Aachen zurücfzukehren.

E R A E E D E S

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Wissenschaft, Kunft und Literatur.

Ausstellung auf der Königlichen Akademie der

a Ó Künste.

Das shône Biid von Julius Hübner, dessen Verschwinden wir beklagten, isi nunmehr wieder ershicnen und fann in bessereux Licht, als zuvor, geschaut werden. In architeftonisher Umschlicßung und Anordnung uud wit eutsczieden symboliswer Auffassung slellt der Künsller uus das Evangelium vom Pharisäer und Zöliaer dar. Eine frewdartige Architektur, welche die Phantasie gern für die vom Teupel Salomonis nimmt, bildet zwei Bogen, in denen die beid: «Figuren fich dem Heiligihum nähern, rets der slolze Geistliche, links das irojibeduürftige Weitfind. Der Pharisäer, welcher, cin großes Buch unter dem Arm, sich selbsigefällig umschaut uach dem reuevoll Be- tenden, zeigt etn Antlig voll geisiüihen Hocwmuths; wir lesen darin jenes Jußerliche berzlose Formenwesen, und diese Züge vergegenwär- tigen thu uns zugleich lebhaft, wie er im Tempel seine Gebete herzu- plappern pflegt. Fener dagegen ist wahrhaft in dem Moment genoum- menu, wo er an sein Herz s{lägt und spricht: „Gott scy mir Sün- der gnädig! An die Thür gelehnt, stehend in si zusammengebeugt, scin Haupt scnkend und fast verbergend, bekundet er in seiner ganzcu Haltung so viel von zerkuirschtem Schuldbewußtseyn uud reuiger Hingebung, fo viel innere Scham und mit dieser cben noch cine ge- retteix Unschuld des Herjens, daß dies von jedem Beschauer sogleich verftanden und gefühlt werdeu muß; in solchem Gegeysay aber tritt diese Charafterisiif doppelt wirksam und rübrend hervor. Der Künst- ler bat nichts versäumt, um den Gegensay nach allen Seiten hin auszu- bilden; schon durch die bloße Wahl der Gewandfarben untersczied er scine Figuren sehr glückälich, denn er fleidete den Pharisäer in grelle Farben, in ein oranges Obergewand auf cinem hartblauen Unterkleide, und gab dem Zöllner dagegen sanfte, modeste Farben, die sich in der Phantasie des Beschauers mit dem geistigen Juhalt der Figuren leicht zu cinem harmouishen Eindruck vereinigen. Aber biermit ist die Darstellung noch nicht erschöpft; jene zwei Bogen find von einem dcitten überwöolbt und den Zwischeuraum auszufüllen erschcint Gott der Herr, weicher den Zöllner mit der einen Hand segnet, und mit der anderen den Pharisäer von sich weist. So schön dies gedacht feyn mag, so mußte doch die figurative Ausführung in unauflöslicze Schwierigkeiten stürzen. Die Figur, welche, um wenig zu sagen, dice erhabenste seyn sollte, ist entschieden die unbedeutendste; und wic fann es auch anders seyu? Nur fkindlih naiven Zeitaltern darf der Ee- danfe, das Geistigsle und Unschaubarsie, gleich wie jedes andere ab- ¡ubiiden, verzichen werden, und ihre völlige Unschuld bei solchem Be. ginnen macht dann auch das nothwendige Mißlingen weniger beleidigend. Aber in unserer Zeit, wo die Kunft von viclem Seibsibewußiseyn nicht mehr zu trennen ifi, und die des gegenwärtigen Künstlers scheint es nns ganz besonders zu seyn, fann wohl auch die wahrste Fröm- migfcit auf solche Auffassung nicht mehr führen, im Gegeutheil sich: cine soiche Darstelungsweise mit unsern Begriffen vou Erhabenzeit und mit dem Geist uuseres Christenthums im Widerspruch. Derglei- chen streng ausznschlicßen wäre eigentlich schou Sache des bloßen Ge- schmacks3, deu doch der Künstler in so hohem Grade besißt und den er namentlih hier in der ganzen malerischen Behandlung bewun- dernswürdig bewährt bat.

Die Ausstellung besißt nocch ein drittes Bild von Hübner, cin Chrisifind auf Wolfen, im linken Arm eine Lilie haltend, die Rechte seguend erhoben. Das Werk zeichnet sich durch eine zarte und belle Malerei sehr vortheilhaft aus, seiner Auffassung nach bringt es aber ähnliche Betrachtungen entgegen, wie das vorige. Wir müssen ge- stehen, außer der segne erhobenen Hand wenig in diescm Kinde zu finden, was die Benennung eines Chrisikindes rechtfertigen könnte, zumal eincs auf Wolken thronenden. Raphael hat immer danach gestrebt, selbst auf dem Arm der Mutter, uns in dem Kinde den Heilaud der Welt und den Herrscher der Himme! darzustellea, Leben und Klarheit läßt er von seinem Antlig ausftrahlen, er giebt dem Kinde den crhabensien Ernst und in seinen Mienen malt er himm- liche Seligfeit. Das hier vorgestelie Christfind hat dagegen iu sei- nem Anódrucf wenig von Verklärung und siegreicher Herrlichkeit, sondern eher etwas Befangenes, und in seiner Haltung, die wir nicht rühmen möchten, erscheint es seibst hülflos und hülfsbedürftig. Mit der ganzen Jutention möchten wir uns nicht einverstanden er- flären; die ascetische Auffassung, mit der uns Hübner vor zwei Yah- ren den Heiland darstellte, und wiederum diese, welche findlich naiv seyn soll, scheint uns den wahren Geist des Christenthums nicht aus- zusprechen, denn nach der cinen wie nach der anderen Seite ist ihm das Schwächliche gleich fern. Was das Naive aulangt, so is es ge- wiß cine schöne Sache, wenn es si von selbs ergiebt, allein es er- streben wolleu, ist gefährlich; ohnedies wird es nur zu leicht ein blo- ßer Euphemismus für das Unbedeutende.

Noch immer umhetsuchend nach historischen Vildern von deweg- terem Leben, wenden wir uns zu zwei Darstelungeu der Judith. Judith ist häufig von älteren Malern behandelt worden, und nicht mínder häufig schen wir die neuere Kunst auf diesen Gegenstand zu- rücffehren ; man entsinnt sich vielleicht noch eines Bildes von Theo- dor Hildebraudt auf der Ausstellung von 1828, und bekannt acnug, wenigstens nah dem Kupferstich, ist das Gemälde von Horace Vernet. Mun bringt uns gegenwärtige Ausstellung eine zwiefache Lösung dieser Aufgabe, cinmal von Wach, dem Anführer einer hiesigen Schuie, und dann von Mengelberg, einem jüngeren Künstler ans Düfselz dorf. Der Gegenstand muß also wohl etwas besonders Bedeutsames für die malende Kunst einschließen: cin Weib, das von Begeifieruug getrieben, sih über ihre Natur erheöt und, dur Gebet geitärft, ein beroisches Werk vollbringt, dann solchem Aufshwuug tegeenver die blutige That und die geheime Stille der Nacht, mit Allem, was sie Malerisches darbietet ; endlich die Zurüstungen zu einem Bacchanal, aus welchem dennoch das Heldenweib unbefleckt davongeht, das ist wahrlich eine große Aufgabe für den Maler, die zu immer erueutem Versuch einladen fann. Die Wahl des Moments pflegt dieselbe zu seyn: nach der That; nur Vernet stellt uns seine Judith während der That vor, wie fie so cben ausZhoit zu dem mörderischen Hiebe. Es ifi im Sinn des Franzosen, nach dem zu greifen, was die höchste Bewegung giebt und die Culmination dcr äußeren Handlung cin schließt; fouß aber dieser Moment uur unvortheilhaft, weil der frampfhafte Anlauf zur That uns die Judith nur unweiblih darfßelit und das cigentlich Poetische dieser Gestalt zur Seite liegen läßt. Der wahre Juhalt besteht eben darin, daß die Frau zur Anschauung komme, welcher der Herr Sieg gegeben hat; eine grause That, verübt durch ciu zartes Werkzeug, dieser Kontrast dürfte nicht verloren gehen. Als ein Deutscher Künsiler hat Wach zunächst hiernach gestrebt, und er hat mit aller Kraft cine Judith in dem ganzen Umfange ihres Wesens und in der Tiefe der Situation erfafsen wollen. So leuch- tet denn aus scinem Bilde, gegenüber der uaturalistischen Auffassung des Franzosen, sogleih etwas Jdeales hervor. Ernsi und Heiden- thum ist in diescr Judith, die Erhebung durch die Gottesfkraft, weiche sie ftärkte, lebt noch in éhr fort, und zugleich ein Schauer vor der vollbrachten That ; nervighält sicin der Rechteu das Schwert gefaßt, nicht minder spannt sie den linken Arm und kräftig greift fie mit den Fingern in den Schopf. Allein die Art, wie sie beides thut und wie sie selb schreitet, bat feine hinreißende Wahrheit der Situatiou und verseßt uns nicht mit darstellender Kraft auf die gefahrvolle Schwebe des Moments. Dies S&hwert, so gchalten , bleibt ein Svmbol, dieser Kopf, in dew sich weder Leben uoch Tod ausspricht, ist eine Maske, cin bloßes Attri- but, und diese Judith bleibt eine Repräsentativ- Figur. Als eine solche hat sie noch viel Leben und Charakter, und wer die einzelnen

De Grade beifällig über das bisher Geleistete aus. Jn egleitung der Herren Direktoren und der Herren Mitglieder

Andeutungen zergliedern will, wird darin viel Augemessenes finden, aber dice unmittelbare Wirkung für die Anschauung bleibt aus, und

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