1877 / 1 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Jan 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Verliúù, 2. Januar 1877.

Die Ausgrabungen zu Olympia. IX. (Vgl. Nr. 298 d. Bl.)

Die beiden leßten Wochen vom 1.—14. Dezember haben troß des Verlustes zweier Arbeitstage zu den bisherigen Grabungsresultaten höchst werthvolle Bereicherungen geliefert. Jn erster Linie steht der am 11. Dezember erfolgte Fund eines bis auf ganz geringe Verleßungen vollständig erhaltenen weiblihen Kopfes aus dem Wesst- giebel. Derselbe lag etwa 6 Meter vor der West- front unter den Trommeln der dritten Säule (von Norden gerechnet) und zwar auf der \hwarzen Erde, also un- mittelbar auf dem alten Boden der Altis. Der rechtshin ge- wendete Kopf besißt auffallend lange und s{chmale Augen mit starken Lidern; die Na}enlinie bildet eine gerade Frs der Stirn, der Mund ist wenig geöffnet, die Unterlippe ziem- li weit vorgeschoben, das Kinn ist sehr stark entwickelt. Daß eine Dreiviertel-Ansicht die beabsichtigte war, erkennt man daran, daß die linke abgewendete Seite vom Ohre an nur leiht an- gelegt ist. Ueber der niedrigen Stirn folgt ein \{hmaler welliger Streif des gescheitelten s während die Hauptasse als starker weit abjtehender Bund nah hinten zusammen- gedrängt und haubenartig in_ein glattes Tuch gehüllt ift, dessen Zipfel vorn über der Skirn zusammengeknotet find. Wegen des im Westgiebel dargestellten Kampfes zwischen Lapithen und Kentauren wird das gefundene Stü einer La- pithenfrau angehört haben. Der Charakter des einfah shönen Kopfes wird als ein durchaus idealer bezeihnet und neben der größeren Weichheit die weit lebendigere und sorgfältigere Aus3- führung gegenüber dem aus dem Ostgiebel geretteten Kopfe des Greises (früher Kladeos genannt) hervorgehoben. Es ist damit das erste größere Stück, das sicher dem Alkamenes zuge- schrieben werden kann, d. h. „des zweiten nach Pheidias“, wie ihn Pausanias (V., 10, 8) gerade bei Beschreibung der Giebel- felder am Zeus-Tempel nennt, gewonnen worden und glei- zeitig ein neuer, höchst werthvoller Maßstab zur Beurtheilung der bereits bekannten Monumentalskulpturen aus der Glanz- epoche des V. Jahrhunderts in Athen, Phigalia u. a. D, -

Der Westseite entstammt ferner das inm Berichte VTII. bereits erwähnte Metopenstück, welches am 1. Dezember nahe der Nordwestecke auf der zweiten Stufe im Sande liegend gefunden wurde. Dasselbe noch 0,81 M. go Und 0,50 M. breit stellt einen am rechten Nande stehenden naéten Mann dar, .der mit einer Viertelwendung nach links gedreht war. Nach sicheren Spuren hing der linke Arm hinter dem Körper herab und hielt einen runden oder eckigen Gegenstand, während der rechte Arm vorgestreckt war. „Der Körper is von geradezu ausgezeichneter Arbeit , ganz anders noch gefühlt und dur{gebildet, als die mit Recht so bewunderten nackten Körper auf der Atlas-Mcetope.“ Ob das gewonnene Stück zu dem Siege über die Hydra die von Pausanias hier als vorleßte enannte That oder zu dem Kampfe mit den Stymphalischen Vögeln gehört hat, muß vorläufig unentschieden bleiben, zumal seitdem bis 20 Schritte westlich von der Nordwestecke viele kleinere Fragniente gefunden sind, die ficher von Metopen herrühren und später entweder bei den neuerdings gefundenen oder bet den nach dem Louvre verpflanzten Stücken einzureichen sein werden. : |

Die große Komposition des Ostgiebels hat ebenfalls zwei niht unwichtige Ergänzungen erhalten. Ersilih durch das ansehnlihe Bruchstück zweier in Hochrelief gebildeter Pferd e- hälse, die zu der Quadriga in der rechten Giebelhälste gehört haben müssen g, zweitens dur den glüdlihen Fund eines weiblihen Torso, der, obschon auf der schwarzen Erde ruhend, weit vershleppt worden ijt. Er lag ca. 28 M. vor der zweiten Säule (von Norden gerehnet), seine Länge beträgt 0,80 M., die Schulterbreite 0,60 M. Die Figur ist mit einem einfa herabfallenden ärmellojen Chiton befleidet, der auf den Schultern geknüpft ist und von dort aus in mehrfachen parallelen Falten zur Brust hinabgleitet; unterhalb derjelben wird die Gewandung feiner und lebendiger. Das Nackte ist voll und wahr gebildet, die rehte Hand, deren zu- gehöriger Arm bis über den Ellenbogen herausgebrohen ist, liegt unter der linken Brust und stühte dort den linken Arm, der nach erhaltenen Spuren aufwärts gerihtet war, um dem nach links gewendeten und etwas herabgesenkten Kopfe selbst als Stüte zu dienen. Daher stand diese Gestalt in der süd- lichen Giebelhälfte und muß je nah der Znterpretation des Pausanias (V., 10, 6) als Sterope oder Hippodameia bezeich- net werden. Die Hinterseite ist roh gelasjen, eine Vertiefung, die zur Befestigung diente, noch zum Theil” erhalten. Die Gewandbehandlung ähnelt am meisten der des fog. Pelops.

Mit der Entdeckung dieser Figur sowie weiterer Pferde- fragmente scheint die linfe südliche Giebelhälfte gefüllt zu sein. Von der reten Hälfte fehlen noch außer dem Zeusbilde in der Mitte die beiden rechts von demselben gestandenen Haupt- figuren, ferner der Wagenlenker, fowie größere Bferdetheile. Doch darf nach den bisherigen Resultaten wohl erwartet werden, daß es schließlich gelingen wird, von der Gesammt- fomposition des Paionios eine sichere zu weiteren Vergleihun- gen so wünschenswerthe Vorstellung zu gewinnen.

Auch das Gebiet der Epigraphik ist nicht leer ausgegangen. Außer einer kurzen, aber interessanten auf Nero bezüglichen Inschrift, hat eine andere den bisher unbekannten Sieger mit dem Rennpferde aus Ol. 208, nämlih Tiberius Claudius Aphrodisius bekannt gemacht. Die wichtigste Jnschrift ist end- lih eine achtzeilige metrishe, welhe auf einem shwarzen Marmorblocke dicht vor der Nordostecke des Tempels einge- schnitten gefunden wurde. Die 0,64 M. breite und ebenso tiefe Basis trug das von Eumolpos geweihte Erzbild des Redners Gorgias von Leontinoi. Paujanias hat jene Jn- chrift zwar gelesen (VI., 17, 7) aber nit veröffentliht. Um jo anziehender ist es nun, aus derselben eine Hinweisung auf eine zweite Gorgias-Statue in Delphi, welhe Gorgias felbst geweiht hatte, zu empfangen und dadurch eine Bestätigung für die darauf bezügliche Mittheilung bei Pausanias (X., 18,7) zu gewinnen.

Zur Geschichte des Scchwanen-Ordens ift kürzlich in Ansbach im Verlage von C. Brügel und Sohn eine Monographie erschienen : Uréfunden und Nachweisungen zur Geschichte des Shwanen-VDrdens von S. Haenle. Die „Alg. Z.“ bringt eine eingehende kritische Beleuchtung derselbén und sagt darin:

„Der Schwanen-Orden, eine „Rittergesellschaft im Dienst unserer lieben Frauen“, war von Kurfürst Friedri 11, auf dem Marien- berge bei Altbrandenburg 1440 gestiftet und 1443 in seinen Befug- nissen weitér gegliedert worden. Pflege des christlichen Sinnes nach

der Anschauung und Weise jener Zeit, Milderung der rohen Sitten dankbar

im mêärkischen Adel selbs und eine engere Verbindung desselben mit dem Landesherrn waren der ausgesprochene e der Sefeniast. Albrecht Acilles zweigte 1459 den Orden au na Franken ab und bestimmte die Georgenskapelle bei St. Gumbertus in Onolzbah für diese Tochtergesellshast. 1484 \chied er die beiden Zungen „diefseit und jenseit des Thüringer Waldes“ und gab der fränkishen Gesellshaft 1485 ein neues or anishes Statut. Diese Anordnungen des Markgrafen und Kurfürsten find keine Maßnahmen von kurzer Berehnung; dehnte sich ja der Ordens- verband auf diese Weise von den nordishen Marken und deren Grenzlanden breit dur Mitteldeutshland aus bis nah Oesterreich, Bayern und Schwaben, und zeigen uns die mitgetheilten urkundli- chen Mitgliedertafeln {on bald näh der Stiftung des Schwanen- Ordens eine bedeutsame Zahl von Atel8ges{blechtern der oberdeut- schen Stämme, welche sch in Folge dieser Neegliederung, überaus erhöht, so daß sid Hunderte von Familien in der politischen Sphäre der Bra.:denburger begegneten und bewegten. Wer den Faden der Thatsachen denkend verkettet, kann in der Durchbildung, welche Al- brecht Achilles dem Schwanen-Orden gegeben hat, gleichsam die Grundsteine einer Familienpolitik erkennen, deren gewaltiger Ausbau nach großen Zwischenräumen und Thaten heut als Deutsches Reich bewundert vor uns steht. Mit Fug hebt Herr Haenle hervor, welche entsceidende Stellung der Markgraf {hon 1459 inner- und außerhalb des Reiches auch in europäischen Angelegenheiten eingenommen hat.“

Die Stadtverordnetenversammlung hat am 30. v. M.

ü J. hen Bis de Gemeinde-Einkommensteuer für Berlin pro 1877 auf 80% festgeseßt.

Der Verein Berliner Künstler beging heute die Feier des 100. Geburtstages Christian Daniel Rauchs durch einen Festaktus im Bildersaal des Vereinslokals, der einen großen Kreis von Künstlern und Kunstfreunden vereinigt hatte. Die ees wurde dur den Gesang des Integer vitae eröffnet, wer Dr. Rud. Lwenstein die Festrede hielt. Am Schluß der mit Beifall aufge- nommenen Rede wurde die Büste des Gefeierten mit frischem Lorbeer ges{müdckt. Ein vom Königlichen Opernsänger A. Fricke gesungenes Festlied, in dessen Schluß die gesammte Festversammlung , sichtlich bewegt, einmüthig einstimmte, {loß die würdige Feier.

Ras. aa at eid A Da

Paris, 31. Dezember. (Köln. Ztg) Die Revolte in der Ecole dos arts et métiers entstand dadur, daß einer der Zög- linge am Tische den Ruf: „Es lebe der Kaiser!“ ausstieß, und als deshalb seine Kameraden über ihn herfallen. wollten, der Direktor der Schule Partei für ihn ergriff. Die Schule wurde von 100 Mann

Infanterie beseßt.

Der „Köln. Ztg.“ wird aus Paris unter dem 30. Dezember telegraphisch gemeldet: Eine gerichtlihe Untersuchung, welche hier wegen der in ihr verwickelten Persönlichkeit viel Aufsehen erregt hat, ist beute ges{lossen worden. e Germiny, ein Sohn des ehe- maligen Gouverneurs der Bank von Frankreich, Advokat, Pariser Gemeinderath, Vize-Präsident des Comités für die katholischen Uni- versitäten, Mitgründer der katholischen Gesellenvereine u. \. w., ift wegen Verleßung der öffentlihen Schamhasftigkeit, verbunden mit Widerstand gegen die Behörden, zu zwei Monaten Gefängniß und 900 Fr. Geldbuße verurtheilt worden. Sein Schuldgenofse, ein chemaliger Galeerensträfling, Namens Chouard, der keinen Wider- stand gegen die Polizei geleistet, wurde zu zwei Wochen Gefängniß verurtheilt. Hr. d: Germiny wohnte der Verkündigung seines Urtheils nicht bei; er befindet si, wie man hört, in einem belgi- {en Kloster.

London, 1. Januar. (W. T4 B) An der \{hottischen Küste sind dur die Stürme, welche in der leßten Woche wüthe- ten, 80 Sth iffe, größtentheils deutsche und norwegische, gescheitert und 270 Seeleute ertrunken.

New-York, 30. Dezember. '(W. T. B.) Ein Expreßzug der Pacifichahn gerieth gestern in Folge heftigen Schneetrei- bens aus den Schienen und stürzte in der Grafschaft Ashtabula (Ohio) am Erie-See aus einer Höhe von 75 Fuß über die Joche einer Brücke hinweg in den Fluß hinunter. Eine große Anzahl von Rei- senden war auf der Stelle todt. Man glaubt, daß etwa 100 Per- sonen verunglückt sind.

Theater.

Im Königlihen Schauspielhause brachte der leßte Abend des jüngst verflossenen Jahres, wie nach altem Brauche, jeder Svylvesterabend, ein neues Lustspiel: „Touristen“ auf die Scene. Der Verfasser Otto Girndt nennt es ein „Scherzspiel“. Das Publikum ist in diesen Stunden im Angesichte der Jahreswende in heiterer Sylvesterstimmung und verzichtet willig zu Gunsten unbe- fangenen Amusements auf eine strengere Kritik. So fand denn auch dieses Scherzspiel eine freundlichere Aufnahme als es wahrscheinlich an einem anderen Abende vor einem ernster gestimmten Areopag ge- funden hätte. Die beiden ersten Afte lassen sich gut an und versprechen mehr als die beiden leßten Akte, welche darthun, daß für vier Akte der knappe Inhalt nicht ausgiebig genug ist, halten. Die handelnden Personen des Stückes bilden drei Gruppen. Da ist zu- nächst der Chefprasident Graf Kracht mit seinem Sohn Fritz, einem Offizier und dessen Kameraden Baron Schönbornz zu dieser Gruppe gehört dann noch weiter Christel, die Wirthin eines Gebirasgaft- bauses welches auf dem Grund und Boden des Grafen steht und welches sie von Letterem zur Pacht hat. Die zweite Gruppe besteht aus dem- Neich8tag8mitglied Freiherrn v. Horst und seinen beiden jungen Töchtern Doris und Vera. Die dritte Gruppe endlih bildet der Geflügel- und Wildpretthändler Anton Trillhase mit seiner Frau Adelgunde und Tochter Betty; dieser Gruppe ist auch der Doktor der Philosophie und Bibliotheksbeamte Eduard Posse zuzutheilen. Die Handlung geht in einer Gebirgsgegend vor si, theils im Wirthshause, theils im Schlosse des Grafen, theils im Walde. Graf Kracht liebt es, in einfaher Kleidung auf seinen Besißungen einsarn in Berg und Wald herumzustreifen und zu kurzer Rast und Erfrischung bei der „Christel“ einzukehren. Dieses Mal verbindet er damit den Zweck, seinem Sohn Fritz, den er mit seinem Kameraden Baron Schönborn auf Urlaub erwartet, entgegen zu gehen. Zum Zwecke der Erholung von den anstrengenden Arbeiten des Reichstages befindet \sich Hr. v. Horst mit seinen Töchtern auf einer Vergnügungstour, auf der fie zufällig mit den beiden jungen Offizieren zusammentreffen. Der junge Graf faßt zu dem älteren Fräulein , sein Sre zu ihrer jüngeren Schwefter eine Neigung. Nachdem Hr. v. Horst eine Einladung des jungen Grafen auf das gräflihe Schloß angenommen, trennen sie sich. Auf ihrer weiteren Tour treffen der Freiherr und seine Töchter auch den alten Grafen, halten ihn ob feiner einfahen Tracht für einen Führer. Der Graf geht auf den Scherz ein und wird der „Alte als für seinen Stand auffallend gebildet“ erklärt und wegen seiner guten Dienste als Führer bei der Christel im Gasthause mit einem riesigen Butterbrode und einen Glase Bier regalirt, was er acceptért. - Ebenfalls in dem

ebirgs - Gasthause

bei der Christel trifft als Touristengesellshaft Hr. Trill- hase mit Frau und Tochter und, getrennt von den Anderen, als einzelner Tourist auch der Doktor poli ein. Neben feinem ko-* misch wirkenden, linkfishen Aeußern besißt derselbe auch noch die Schwäche, Verse zu niacen, die nah einer von ihm gegebenen e besser nicht geschrieben wären. Er macht damit üble Erfahrun bei den beiden Fräulein v. Horst, denen er, und ¿war E beiden, in einem poetischen Perzbutergolse seine Liebe gesteht, und dafür au3gelaht wird. Besseren Erfolg erzielt er mit denselben ¡um zweiten Male in Anwendung gebrahten Versen bei den poetish gestimmten Seelen von Frau und Fräulein Trillhase, die einen grel- len Segentas bilden zu der durchaus praktischen, derben Natur des ‘aas rillhase. Leßterer reist nämlih nicht nur zum Vergnügen,

ondern, wie er selbst sagt, „aus Rahe“. Die Veranlassung dazu theilt er dem Freiherrn von Horst kurzer Hand mit. Gr erzählt, der junge Graf Kracht habe sich in der Residenz in sein Haus eingeführt, seiner Tochter den Hof gemacht, ihr die Ebe versp: ochen, und sich „seine gus und Fafanenwohls{chmedchcken lassen“, dann sei der Graf eines s{hönen

ages ausgeblieben, habe s in seiner Wohnung nicht sprechen lassen und die an ihn gerichteten Briefe unbeantwortet gelassen. Hr. Trillhase hat sich nun auf die Reise gemacht, um den alten Grafen aufzusuchen und denselben zur Rechenschaft zu ziehen. Die ganze Geschichte beruht natürlich auf einem qui pro quo, dessen voraussichtliche Löfung Girndt indessen viel zu weit hinaus\chiebt und dadur die für den kleinen Inhalt durchaus nothwendige rasche Abwickelung lähmend hemmt. Dieses Gefühl machte sich während der beiden leßten Akte auch bei dem Anfangs so günstig gestimmten Publikum deutlich bemerkbar. Die Lösung des Knotens ist eine schr einfahe. Die in dem Hause Trillhase's als Graf Kracht aufgetretene Persönlichkeit ist nicht der ete. junge Graf Kracht, sondern ein früherer Diener desselben, der sih den Namen seines ehemaligen Herrn fäls{lich angemaßt hat. Nach Aufdeckung dieses Mißverständnisses ergiebt sih dann von selbst die Schlußscene. Die beiden jungen Offiziere führen die Damen ihres Herzens, die beiden Fräulein v. Horst, heim, so gut wie der Doktor Posse Fräulein Betty Trillhase. Obwohl das Stück besonders in den beiden ersten Akten, recht wirksame erheiternde Scenen bot, hat es doch die beifällige Aufnahme vorzugs- weise dem allseitig vorzüglichen Spiele, welches über die Längen des dritten und vierten Aktes mit geschickter Hand hinwegführte, zu dan- ken. Hr. Berndal NpRBE den alten Grafen im Aeußern wie im ganzen Wesen m der ihm so treflich zu Gebote stehenden distinguirten Vornehmheit eines bhocbgestellten Herrn. Freilich hat der Dichter diese Fiaur in einzelnen Zügen verzeihnet, so z. B. wenn: der Graf sih in seinem eigenen palte von Hrn. Trillhase ganz unverdienter Weise die derbsten Grob-

eiten sagen läßt, ohne ihm die Thür zu weisen. Hr. Hiltl seßte in richtiger Auffassung der Rolle dem Bilde des breitspurigen, plumpen Geflügel- und Wildpretthändlers die grellen Lichter auf, die demselben nöthig sind, um diese Gestalt als das zu zeigen, was fie nach dem Dessin des Verfassers allein sein kann, eine Karrikatur. Seine empfind- same Gattin spic:lte Fr. Frieb-Blumauer mit gewohnter Meisterschaft. - Waren \{chon an diesen drei hervortretendsten Figuren des Stückes nur wenige charakteristische Züge bemerkbar, so zeigten die übrigen ein in Folge vielfahen Umlaufes noch mehr abgegriffenes Gepräge, dem auch durch sorgfältiges Benehmen der Darsteller kein eigen- artiger Ausdruck verlichen werden konnte. Die Damen Fr. Haase (Christel), Frls. Keßler (Doris), Abih (Vera), Hofmeister (Betty), und die Herren Klein (Freiherr v. Horst), Link (Dr, Posse), Goriß (der junge Graf) und Dehnicke (Baron Schönborn), machten aus ihren Rollen, was irgend daraus zu machen is und trugen ihr Theil zu dem gelungenen Zusammenspiele bei. Die Inscenirung ist in allen Theilen mustergültig.

Die frcanzösishe Schauspielergesells\scha ft des Hrn. Direktor Emil Neumann hat geftern im Konzertsaale des König- liden Schauspielhauses ihre Vorstellungen mit der geistreiten Co- médie Sardou's, „Nos Intimes“, ret E eröffnet. Nachdem der frühere Unternehmer Hr. Luguet selbst unter den mißlicsten äußeren Verhältnissen noch \sich die Mühe nicht hatte verdrießen lassen, eine Gesellschaft zusammenzustellen, die allerdings nur sehr mäßigen Anforderungen genügen könnte, und deshalb den Versuch \chließlich ganz aufgegeben hat, scheint die durch die Bemühungen des Hrn. Neumann zu Stande gekommene Gesellschaft recht Erfreuliches zu versprechen und für die zwei Jahre hindurh empfundene Lücke in dem Berliner Theaterleben einen um fo ees Ersatz zu bieten. Das Personal weist mehrere recht tüchtige Kräfte auf, und was den Anderen versagt ist, wird durch ein fleißig studirtes, treff- lihes Zusammenspiel nahezu ausgeglichen. Ee

Soweit sih nach dem ersten Debüt der Gegllschaft ein Urtheil fällen läßt, besißt dieselbe in Les Gerbert einen äußerlich gut aus- gestatteten, gewandten ersten Liebhaber (nah dem Rollenverzeichniß fort jeure premier rôle), der durch feine Darstellung des Dr. Tholosan selbst die Reminiscenz an die vortreffliche Leistung des Hrn. Luguet zu - verdunkeln vermochte. Hr. Demey (Maurice), zweiter Liebhaber, ist nach Kräften bestrebt, das, was ihm äußerlich fehlt, und dur eine Garderobe wie die gestrige... keineswegs besser wird, durch gewandtes Spiel zu ergänzen. Die Herren Léon, Noël (Marecat) und Duflost (Vigneux) find routinirte ko- mische Charafkterdarsteller (leßterer zugleih 2. ReElen) die eher zuviel als zu wenig thuen, während in_dem Spiel des Ver- treters der pères nobles, Hrn. Fleury (Caufsade), sich Wollen und Können nit immer zu decken scheinen. Dem Darsteller der dankbaren Partie des Abdalah, Hrn. Leroc, fehlte wie früheren der Beifall keineswegs. Von dem Damenpersonal traten gestern Frl. Deshays und Frl. Scriwand besonders hervor. Erstere Dame (grand premier rôle) entwickelte in der Rolle der Cecile ein beahtenswerthes dramatisches Feuer, Leßtere war als jeune ingénue in der Partie der Benjamine nicht ohne Anmuth. i A

Das Zusammenspiel war, wie chon bemerkt, ein trefflihes; na- mentlich gilt dies von der R über das Duell im 2. Akt, der Scene zwishen Maurice und Cecile, im 3. und den Ensemble- Scenen des leßten Akts. j j

Das zahlreich erschienene Publikum zeichnete besonders Hrn. Gerbert durch mehrfahen Beifall bei offener Scene aus und ermunterte au nach den Akts{chlüssen die Darsteller durch applaudi- rende Anerkennung.

Die zur Beglückwüns{bung Sr. Majestät des Kaisers hier anwesenden Fürsten von Waldeck und Schaumburg-Lippe beehrten am Neujahrstage die Vorstellung „Der Löwe des Tages“ im Wallner - Theater und wohnten der Vorstellung bis zum Sclufse bei. ;

Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Melena burg-Schwerin besuchte am Neujahrstage die Aufführung der Operette „Fatinißa“ im Friedrich-Wilhelmstädtischen Thea- ter und verweilte daselbst bis zum Schluß. Se. Durclaucht der ges von Waldeck und Pyrmont wohnte am Sylvesterabend ebendaselbst der Vorstellung hei.

Dur die fortdauerr1de Krankheit der Fr. Helßig-Becker muß die erste Aa der Atovität „Karageorg" oder „Um Serbiens Krone“ im Belle-Allio nce-Theater vertagt werden, und fo dürfte die nächste Novität, eru Schauspiel von Adolph Reiche, betitelt „Dombey und So hn“ sein. Dasselbe ist nach dem Roman von Diens bearbeite*..)

dacteur: F. Prebm. etîin: Redacteur: F. Pre

Vier Beilagen (einsließlih Börseu-B eilage).

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

* a/VE

e S ti ———

Königreich Preufßena.

Bekanntmachung.

In Betreff der von der unterzeichneten Direktion ressortirenden digebn Staatssteuern wird Nachstehendes zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

In Soige der Verlegung des Etatsjahres ist durch das Gesetz vom 12. i 1876 (Gesez-Sammlung Seite 288) bestimmt worden:

1) daß die Veranlagung und Erhebung der direkten Staatssteuern und der im Wege des Zuschlags zu den- selben für den Staat iy ehenden Abgaben vom 1. April 1877 ab nit mehr für das alenderjahr, sondern für das vom 1. April des einen und bis zum 31. März des folgenden Jahres laufende Etatsjahr erfolgt. i; E ___ Eine Ausnahme hiervon besteht“ für die Hausir-Gewerbesteuer, indem die Legitimations- und Hausirsteuer-Scheine bis auf Weiteres noch für das Kalenderjahr ausgefertigt werden.

2) Für das Uebergangsquartal vom 1. Januar bis 31. März 1877 findet eine neue und besondere Veranlagung und Einschäßung nicht statt; es bleibt vielmehr die für das Jahr 1876 bewirkte Ver- anlagung mit den eingetretenen Zu- und Abgängen unverändert fort- bestehen, und es wird bis zum 1. April k. Is.

die Grund- und Gebäude steuer,

die Klassen steuer,

dié Fal sifizirteEinkommen steuer (Staats-Einkommensteuer),

owie

die Gewerbesteuer vom stehenden Gewerbe, in denjenigen Beträgen weiter erhoben, in welchen dieselben für das Jahr 1876 veranlagt, beziehungsweise durch Zu- und Abgänge und dur Reklamationsverfahren endgültig febgester! worden find,

Ein Reklamations- oder Rekursverfahren bezüglih der für das Jahr 1876 bereits veranlagt gewesenen und für das I. Quartal 1877 n Den Beträgen weiter zu entrichtenden Steuersäße findet ni att.

Die Pflichtigen haben daher auch für die in dem Uebergangs- quartal vom 1. Januar bis 31. März 1877 fortzuentrihtenden Steuern die Zufertigung der ihnen seither mit dem Jahreswechsel zugegangenen besonderen Benachrichtigungsschreiben diesmal nicht zu erwarten, indem ihnen erst für das neue mit dem 1. April 1877 beginnende Steuerjahr gegen Ende des Monats März k. J. Benach- rihtigungsschreiben in der feither üblichen Weise zugehen werden.

3) Rücksichtlich der Klassensteuer wird insbesondere bemerkt, daß dieselbe mit Einschluß der neu eintretenden Zugänge in den nah der Bekanntmachung vom 27. Dezember 1875 (Geseß-Sammlung Seite 615) und deren Anlage für die ersten 3 Monate des Kalender- jahres 1876 festgestellten Beträge zur Erhebung gelangen, und daß eine Offenlegung der Rolle im Januar nicht stattfinden wird.

Die im Laufe des Kalenderjahres 1876 auf Grund des Artikel 111. des Geseßes. vom 16. Juni 1875 bewilligten Klassensteuer - Erlasse werden , soweit für dieselben nicht ausdrücklich ein anderer Endtermin bestimmt ist, auch für das I, Quartal 1877 fortgewährt. ; 3

4) Die Besteuerung und Steuererhöhung für die innerhalb des Zeitraums vom 1. Januar bis 31. März 1874 bewohnbar oder be- nußbar gewordenen Neubauten, beziehungsweise in ihrer Sübstanz verbesserten Gebäude beginnt mit dem 1. Januar 1877.

Dagegen werden die vom 1. April bis 31. Dezember 1874 ebenso wie die vom 1. Januar bis 31. März 1875 bewohnbar oder benußbar gewordenen Neubauten, beziehung8weise in ihrer Substanz verbesser- ten Gebäude erst mit dem 1. April 1877 d her Dausl

5) Die Gewerbe steuer (aus\{ließlich der Hausirsteuer) sowie flassifizirte Einkommensteuer (Staats- Einkommensteuer) werden mit den für das Jahr 1876 veranlagten, resp. ermäßigten Beträgen für das I. Quartal 1877 fort erhoben.

Berlin, 21. Dezember 1876.

Königliche Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin.

BElCUATLTMmaGUÜñ 6

Die Kasse der Königlichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin wird mit dem d. Januar k. I. aus dem gegenwärtigen Amtslokale, Markgrafenstraße Nr. 47, nach der

Mauerstraße Nr. 36, parterre links, verlegt, und vom 8. Januar k. J. ab für das Publikum geöffnet sein. Berlin, den 27. Dezember 1876. Königliche Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin.

dia

Personalveränderungen.

Königlich Preufische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versezungen- Im aktiven Heere. Berlin, 16. Dzbr. v. Platen 1, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 57, unter Belass. in seinem Kommdo. zur Dienstleist. bei der trigonometr. Abtheil. der Landesaufnahme, zum überzähl. Hauvtm. befördert. Conrad, bisher Unter-Lt. zur See, und Peters, bisher Unter-Lt. zur See der Res. der See-Offiz. Corps, in der Land-Armee und zwar als außeretatsm. Sec. Lts., ersterer mit einem Patent vom 15. Februar 1876 im Garde-Fuß- Art. Regt, leßterer mit einem Patent vom 12. August 1875 im Fuß-Art. Regt. Nr. 15 angestellt. 23. Dzbr. Auer v. Her- renkirchen, Pr. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 1, von seinem Kommdo. als Bureau-Chef und Bibliothekar an der Kriegs\{hule zu Cassel entbunden. v. Knobelsdorff, Sec. Lt. vom Inf, e Nr. 60, als Burean-Chef und Bibliothekar zur Kriegsschule in asel kom- mandirt. v. Heugel, Pr. Lt. vom 3. Garde-Gren. Regt. von seinem Kommdo. als Insp. Offiz. und Lehrer an der Kriegsschule zu Cassel zum 1. Februar 1877 entbunden. Goldmann, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Regt. Nr. 116, als Insp. Offiz. und Lehrer zur Kriegsschule in Caffel zum 1. März 1877 kommandirt. Gotts{chling, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 75 und Jackstein, Pr. Lt, vom Inf. Regt. Nr. 45 von threm Kommando als Insp. Offiziere und Lehrer an der Kriegs\hule zu Hannover entbunden. von dem Bus8she- JFppenburg, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 42, und v. Dewitz, gen. v. Krebs, Sec. Lt. vom Garde-Füs. Regt., als Insp. Dffize. und Lehrer zur Kriegs\hule in Hannover kommandirt. y. Daum, Be Lt. vom 2. Garde-Regt. zu Fuß und Stach v. Golßheim, ec. Lt. vom 2. Garde-Drag. Negt., von ihrem Kommdo. als La Offize. und Lehrer an der Kriegs\hule zu Potsdam entbunden. Frhr. v. Shönau-Wehr, Sec. Lk. vom Leib-Gren. Regt. Nr. 109, und v. Funke, Sec. Lt. vom 1. Garde-Ulan. Regt., als Insp. Offize. und Lehrer zur Kriegsschule in Potsdam komman- dirt. v. Blumenthal, Seconde-Lieutenant vom Hus. Regt. Nr. 16, von seinem Kommdo. als Insp. Offiz. und. Lehrer an der Kriegsschule zu Engers entbunden. v. Oheimb, Pr. Lt. vom Drag. Regt. Nr. 17, als Insp. Offiz. und Lehrer zur Kriegss{hule in Engers kommandirt. Wür, Sec. Lk. vom a Regt. Nr. 13, als Insp. Offiz. und Lehrer zur Kriegsschule in Grfurt kommandirt. Meißner, r. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 102, von seinem Kommdo. als Insp. ffiz. und Lehrer an der Kriegs\{hule ¡u Cassel entbunden. v. Roemer, Premier-Lieutenant vom Jäger-Bataillon Nx. 12, als Insp. Offiz. und Lehrer zur Kriegsschule in Cassel kom-

zum Deutschen Reihs-Anz A

Erfte Beilage

Berlin, Dienstag, deu 2. Januar

mandirt. Zimmermann, Pr. Lt. vom Drag. Regt. Nr. 23, unter Stellung a la suite dieses Regt3., als Lehrer zur Kriegss{ule in E: v. Hennigs, Pr. Lt. vom Ulan. Regt. Nr. 1, unter

ela. in seinem Kommdo. zur Dienstleist. beim Großen General- stabe, als ältester Pr. Lt. in das Drag. Regt. Nr. 23 verseßt. von Bonin, Sec. Lt. à la suite des Drag. Regts. Nr. 23, zut:n Pr. Lt. befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 16. Dzbr. Ulri, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 45, Behufs Uebertritts zur Marine ausgeschieden. 23. Dzbr. Flamant, Herzogl. anhalt- bernburg. Hauptm. a. D., in den Verband der preuß. Armee als Hauptm. a. D. aufgenommen.

Königlich Bayerische Armee.

Ernennungen, Dae run gen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 16. Dzbr. Fleischmann, Pr. Lt. à la snite des 15. Inf. Regts., und Handel, Pr. Lt. à la suite des 4. Inf. Negts., Beide kommdrt. als Aufsichts-Offize. im Kadetten- Corps, vom 1. Januar 1877 an in den etatsm. Stand ihrer Truppentheile verseßt. 26. Dzbr. erzog Marimilian Emanuel in Bayern, Königl. Hoheit, Major, bisher à la suite des 1. Ulan. Regts., auf Nachsuchen zum 1. Kür. Regt. verseßt und à Is suite dieses Regts. gestellt.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 14. Dezbr. Ritter v. Schallern, Pr. Lt. des 6. Inf. Regts., auf Nachsuchen mit Pens. und der Erlaubniß zum Tragen der Uniform verabschiedet. 16. Dzbr. Bauhof, Sec. Lt. z. D., und Fle- \chüBß, Sec. Li. z. D., auf Nahsuchen mit Pension, leßterer zuglei mit der Erlaubniß zum Tragen der Unif. verabschiedet. Steichele, Rath von der Intend. des 1k. Armee-Corps, als Sec. Lt. unter die Offiz. a. D. eingereiht und dems. die OLREY zum Tragen der Unif. der aus dem 1. E Regt. Verabschiedeten ertheilt. 19. Dzbr. Frhr. v. Bernhard, Pr. Lt. a. D., die Erlaubniß zum Tragen der Uniform eines aus dem 1. Inf. Regt. verabschie- deten Offiziers ertheilt. 24. Dzbr. v. Willibald, Sec. Lt. des 1. Ulan. Regts. auf Nachsuchen zur Res. des gea. Regts. verseßt.

Im Beurlaubtenstande. 20. Dzbr. Gloggengießer, Landw. Sec. Lt. des 3. Inf. Regts., Huber, Landw. Sec. Lt. des 2. Inf. Regts., Meyer, Landw. Sec. Lt. des 15. Inf. Regts., auf Nachsuchen verabschiedet.

Ju der Kaiserlichen Marine.

Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen 2c. Berlin, 16. Dzbr. Georgi, Kapitän-Lt., und Herbig, Kapitän- Lt., vom Marinestabe, zu Korvetten-Kapitäns, v. Raven, Geißler, Rötger, Lts. zur See, zu Kapitän-Lts, Siegel, Rofendahl, v. Seelh-.orst, Zeye, Unter-Lts. zur See, zu Lts. zur See beför- dert. Steinbart, v. Sivers, Unter-Lts. zur See, ausgeschieden und zu den Offizn. der Res. des See-Offiz. Corps übergetreten. v. Vogel, Hauptm. und Comp. Chef vom See-Bat., mit Pens. der Abschied bewilligt. Conrad, Unter-Lt. zur See, und Peters, Unter-Lt. zur See der Nef. des See-Dffiz. Corps, Behufs Üebertritts zur Landarmee aus der Marine ausgeschieden. Frhr. v. Malapert-Neufville, Unter-Lt. zur See, ein vom 19, De- zember 1874 Dd, datirtes Patent seiner Charge verliehen. Friese, Pr. Lt. von der Seewehr des See-Bats. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 45, mit der Landw. Armee-Unif. der Abschied bewilligt. Ulri ch, bisher Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 45, unter Beförd. zum Hauptm. und Comp. Chef, im See-Bät. ‘angestellt.

Nichtamtliches.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 30. Dezember. Der Kaiser hat gestern Vormittags den ungarischen Minister- Präsidenten von Tisza und später den Finanz-Minister Szell in Audienz empfangen. Beide Minister sind Nachmittag nah O zurückgereist, wohin sh der Monarch am 3. Januar gleichfalls begeben wird.

Dex Botschaster Graf Karolyi ist vorgestern Abends nah Berlin zurückgereist.

Die „Pol. Korr.“ shreibt: Wir sind bereits in der Lage gewesen, die Gerüchte, welhe anläßlih des vorgestern stattgefundenen gemeinsamen Ministerrathes aufgetaucht sind, auf ihren wahren Werth zurüczuführen. Ungeachtet dessen begegnen wir in verschiedenen Blättern, insbesondere in der „Neuen Freien Presse“ und dem „Extrablatt“, eingehenden weiteren Mittheilungen über die Vorkommnisse und Be- rathungsgegenstände des gedahten Ministerrathes. Wir sind ermächtigt, erneuert auf das Bestimmteste zu versichern, daß alle diese Mittheilungen in das Gebiet der müßi- gen Kombinationen zu verweisen sind.

Das „Fremdenbl.“ schreibt: „Se. E der Kaiser reist am 2. Januar nah Ofen. am 3. wird der Hof nach Gödöllö verlegt. Die Minister Tisza und Szell sind eben- ues bereits nah der ungarischen Hauptstadt zurückgekehrt.

on ungarischer Seite wird in Aussicht gestellt, daß wenige Tage nah Neujahr die Verhandlungen in der Bankfrage und dem, was mit ihr zusammenhängt, wieder beginnen wer- den. Das Jahr 1876 veriäßt uns jedenfalls, ohne die Lösung dieser Fragen erwirkt zu haben, die indessen nunmehr in kür- iffer Frist zum Austrag kommen müssen, da am 31. Dezember es kommenden Jahres das Bank-Privilegium abläuft. Die Frist, die uns zur Lösung der Bankfrage gegönnt ist, ist also nur noch nach Monateu zu berechnen.“

„Ein . Telegramm aus Belgrad, schreibt dasselbe Blatt, bringt uns die kaum mehr überrashend kom- mende Nachricht , daß das Ministerium Michailovics- Ristics, nachdem der ürst dessen Demission ab- gelehnt hat, im Amte b eibt. Man wird A er- innern, und wir haben seiner Zeit darauf hingewiesen, daß diesseits auf die Demission des serbischen Ministeriums keinerlei E genommen wurde. Das Wiener Kabinet und Fürst Wrede hat Gelegenheit genommen, das ausdrüdlih zu erklären das Wiener Kabinet (fs in der Demission des Ministeriums keine Satisfaktion für Oesterreich erblickt, es fann in dem Verbleiben dieses Ministeriums keinen Grund E einer Beschwerde finden. Ob die Jnteressen des Fürsten hums dur dieses Ministerium am besten wahrgenommen werden, ist eine Frage, in Bezug auf die das Ausland das gel ven Fürsten Milan und dem serbischen Volke übers assen muß.“

Pest, 28. Dezember. Der „Presse“ wird geschrieben: Vom Allerhöchsten Hoflager wird geme det, daß Zhre Maje- stät die Kaiserin niht nah Ofen übersiedeln, sondern bis

Ende Januar in Gödöllö verbleiben wird.

eiger und Königlich Preußischeu Staals-Auzeige

1877.

—_— L. Januar. (W. T. B.) Minister-Präsident Tisza empfing eine Deputation des Klubs der liberalen e und äußerte sich dabei dahin, daß die Besorgnisse

ezüglih der auswärtigen Lage zwar berechtigt seien, aber do vielfach übertrieben würden. Der Minister sprach wiederholt die Hoffnung aus, den Frieden erhalten zu sehen,“ va er an der Ueberzeugung festhalte, daß das Gut und Blut der Nation nur dann in Anspruch genommen werden dürfe, wenn es auf keine andere Weise möglich sei, die Rehte und Jnteressen des Staates und der Nation zu s{hüßzen. Bezüglich der inneren Fragen verwies Tisza unter Betonung der Mäßi- gung und Festigkeit der Regierung auf deren fsattsam be- kanntes Ziel mit dem Bemerken, daß es gerade Angesichts der auswärtigen Lage gelingen werde, eine Lösung in der einen oder anderen Form herbeizuführen.

Frankreih. Paris, 30. Dezember. Jm heutigen Ministerrathe wurde auf Antrag des Ministers des Jnnern die Abseßung mehrerer Gemeindevorstände beschlossen, deren republikanishe Gefinnung zu wünschen läßt. Unter ihnen befinden sich nach der „Fr. C.“, der Maire von Cavaillon, Herr von Bonadona, und sein Adjunkt, welche in der Wahlbewegung vom LBeuar d. J. Dein Gambetta niht den nöthigen Schuß gegen die Tumul- tuanten dieser Stadt angedeihen ließen, sowie der Maire von Maube (ebenfalls im Vauclusedepartement), Herr Rey. Der Marquis de Sayve, gegenwärtig erster Sekretär der französishen Botschaft in Berlin, ist zum Range eines bevoll- mächtigten Gesandten befördert worden. An seine Stelle in Berlin tritt, der „Köln. Ztg.“ zufolge, Herr Tiby, welcher unlängst dem Grafen de Chaudordy bei seiner Mission nah Konstantinopel beigeordnet worden war.

Der von dem Ausschusse desSenats mit Einstimmigkeit angenommene Bericht über das abgeänderte Budget er- flärt: Der Senat wurde von Neuem berufen, sein konstitu- tionelles Recht auszuüben und im Einvernehmen mit der Deputirtenkammer das Ausgabebudget für 1877 zu beschließen. Der Ausschuß hat dièsen Entwurf geprüft und denselben mit Einstimmigkeit angenommen. Der Bericht führt sodann die vom Senate vorgeschlagenen Veränderungen auf, die von der Kammer bei Berathung über die einzelnen Artikel mit großer Stimmenmehrheit angenommen seien, und be- merkt darüber: „Es sei uns gestattet, zu bedauern, daß niht alle unsere Beschlüsse angenommen werden, die unserer Ueberzeugung nah wirklichen Bedürfnissen entsprechen und heilsame Grundsätze bestätigen. Fndeß hat die Kammer, gleih uns, anerkannt, daß eine Verkürzung der bestehenden Geseße durch finanzielle Bestimmungen eine Ueberschreitung der einer Kammer zustehenden Rechte wäre. Was die von der Kammer herabgeminderten oder gestrichenen Kredite anbe- trifft, so haben wir die Ueberzeugung, daß die Regierung das Ungenügende der Bewilligungen anerkennen und nicht zögern wird, neue Hülfsquellen, und zwar nicht vergebens, von der Weisheit der beiden Kammern zu fordern. Wir verlangen von Jhnen die Annahme des Geseßentwurfs, und Sie werden sließlich Jhre Aufgabe im Geiste der Mäßigung lösen.“

Eine Korrespondenz der „Köln. Ztg.“ aus Paris, 29. Dezember, meldet: „Die hiesigen klerikalen und radika- len Blätter fangen an, sih mit den elsaß-lothringer Reichs- tagswahlen zu beschäftigen. Sie drücken alle die Hoffnung aus, daß die Bevölkerungen der „Frankreich entrissenen Lande der „Mère-patrie“ getreu bleiben werden und sie sich nicht dur die unpatriotischen Lehren der Autonomisten täuschen lassen.“ Der „Homme Libre“ von Louis Blanc predigt die „Enthaltung“, d. h. er will, daß die Elsaß-Lothringer wohl Deputirte wählen, diese aber im Reichstag stumm bleiben.“

31. Dezember. Die „Corr. Havas“ bemerkt zu Pou yer- Quertiers Erklärun g: „Jm Grunde giebt der Senat in nihts nach und willigt kaum in eine Vertagung, die er im politischen Jnteresse züerkannte. Und doch giebt es in der Deputirtenkammer noch eine große Anzahl Männer, deren republifanishe Gesinnung nicht bestritten werden kann, die aber ernsthaft behaupten, ihr vorgestriger Beschluß bilde keinen Präcedenzfall zu Gunsten des Senates. Nicht nur haben sie dem Senate ein Recht zuerkannt; die Deputirtenkammer is geschwächt worden und in der republikanishen Mehrheit der- selben zeigt sich einé tiefe Spaltung und schließ- lih find die Konflikte: nux véxrtagt worden“ Ueber die Zukunft bemerkt die „Corr. Hav.“ : „Die mini- steriellen Organe „Siècle“ (Simon) und „Debats“ (Say) aus- genommen, scheint nur eine Stimme darüber zu herrschen, daß der Konflikt nur zeitweilig bei Seite geschoben ist, um mit größerer Hestigkeit wieder auszubrehen. Eins wird jedo von fast allen Blättern hervorgehoben, die Niederlage Gambetta's der, nachdem er die Kammer für seine Opportunitätspolitik gewonnen, plößlih von der Mehrheit verlangte, sie solle eine neue De einschlagen, um sein persönliches Ansehen dadur zu heben.“

Versailles, 30. Dezember. (W. T. B.) Der Senat und die Deputirtenkammer sind heute durch Verlesung eines Dekrets des Marschall Mac Mahon , welches die außer- ordentliche Session für beendet erklärt, geschlossen worden. Dieselben treten am 9. Januar k. F. zur ordentlichen Session zusammen.

0

Gewerbe und Handel.

Von dem Aufsihtsbezirk des A En Ner tnes ür die Provinz Schlesien ist der Regierungsbezirk Dppeln abge- zweigt und die Stelle eines Fabrikeninspektors für T erielbun vom 1, Januar 1877 ab dem Bergreferendar a. D. Dr. Bernoullt, z. Z. in Berlin, kommifsarish übertragen worden.

Die euren tonen in den Regierungsbezirken Breslau und Sea i eiben nach wie vor dem Fabrikeninspektor Frief in Breslau unterstellt.

Brüssel, 30. Dezember. Der Verlust der Bank „L’Union du Kredit“ beziffert fich, der „Wes. 2 zufolge, auf 5,193,000 Fres. Etwa 2 Millionen Frcs. werden gedeckt aus dem Geschäftsgewinn in diesem und in früheren Jahren, der nochþ nicht zu Vertheilung ge» kommen f Bon allen Seiten werden Anstrengungen gemacht, die Bank zu halten. Eine Aenderung der Statuten und eine neue Ver-

waltung wird aber als erforderlich bezeichnet.