der Kanäle zu erfolgen hake. Bezüglich des Ems-Jahdekanals ist es befannt, vie diese Angelegenheit bereits ia Hause zur Sprache ge- braht ift, wie sebr langwierige Verhandlungen über den- selben stattgefunden baben, wie di&e Verhandlungen urfprüng- li ouf den Widerspruch der Grundeigenthümer stießen und wie jeßt endli, wie ih glaube, das Resultat erreicht ist, daß der Kanal auf der gewonnenen Basis zur Ausführung gelangen kann.
Anders steht es bei dem Nete- und Majurischen Kanal; hier ift die lektere Frage noch nicht befricdigend gelöst, es sind namentlich bei dem Netzekanal aub die Vorarbeiten in der leßten Zeit zum Ab- {luß gelangt Die Brahe-Kanalisirung is aus dem Grunde nicht vollständig in Angriff genommen worden, weil die Expropriation auf die allergrößten Schwierigkeiten gestoßen ist, so daß die Aktiengesellschaft, welde den Hafen anlegen will, mit welhem die Kanalisirung in Verbindung steht, noch nicht zu ihrem Ziele Hat gelangen können. Was von Seiten der Bauverwaltung zur Befc{leunigung geschehen konnte, ist in ausreicheudstem Maße geschehen. :
Nun kommen unter Anderem cine Anzahl von Bauten in Berlin. Meine Herren, es handelt sich dabei zum größeren Theil um Summen, die mit tem zu erribtenden Polytehnikum im Zusammenhang stehen, bei denen das Abgeordnetenhaus troß meines Widerspruches be- {losen hat, daß diese Posten niht eher zu verausgaben sind, bis cine Beschlußkfasung über die Gestaltung der erwähnten Unterrichts- anstalt ven Seiten des bohen Hauses erfolgt sei. Auch hier ift also aus den Beträgen zur Zeit eine Verwendung nicht zu machen und der Bau nit auszuführen. Ingleichen finden sih unter den Rest- beständen verschiedene Summen, die zu Regierungsgebäuden ver- wendet werden sollen, bei denen die Ausführung auf Schwierigkeiten bezügli der Projekte gestoßen ist. Es sind weiter Restbestände ge- blieben bei dem Rhein, dem Saar-Kanal und der Havel. Was den Rhcin betrifft, so haben die außerordentlich ungünstigen Wafferstände der Bauverwaltung nicht erlaubt, diejenigen Summen wvollitändig auszu; eben, die für die Negulirung bestimmt waren. Dasselbe trifft bei der Saar zu, bei der Havel aber, welche der Hr. Vorredner speziell erwähnte, Hängt dieSache damitzusammen, daß dieses hoheHaus gegen meineAusfüh- rungen nur die Petition in Betreff des Rostoker Kanals zur Er- wägung, ob der Kanal auszuführen sei, überwiesen hat, ein Beschluß, an dem, wenn ich nit irre, auch der Hr. Abg. Duncker theilgenom- men hat. Es haben tcshalb Ermittlungen darüber staitfinden müssen, inwiefern die Bauten fo auszuführen seien, daf sie, falls jener Kanzl cinmal zur Ausführung gelangt, an letzteren sich anschließen könnten. Es ist also gerade in sehr entgegenkommender Weise gegenüber dem Beschlusse des Abgeordnetenhauses verfahren, und einen etwaigen Todel weise ih hier wie überall mit aller Entschiedenheit zurü.
Meine Herren! Es is sehr leiht, derartige Bemerkungen auf- zustellen, wenn man nicht sieht, wie die Dinge wirklich betrieben werden. Ich würde gegenüber einem Tadel, gegenüber jenem auf- fälligen Belegstücke, nämlich einer Zeitung, aus der uns ein Artikel vorgelesen wird, doch andere Beweise darüber vorbringen Fönnen, wie man im Lande bei wirkli) Sachverständigen denkt. Venn G «B. auf die von Wit erwahnte Oderregulirung, die angeblich keine Resultaie gehabt haben foll, ein- gehen wollte, so könnte ih ihm unter Anderem @us einem an mich gerihto-ten Briefe der Direkton der Stettiner Dampfschleppschiffahrts- Aktien-Gesellschaft das Gegentheil beweisen, da diese die wesentlichen (rfolae der Oderregulirung in den letzten Jahren zu Gunsten der Schiffahrt ausdrüctlih anerkennt. So beißt es in dem Briefe:
Ew. 2c. wollen gestatten, daß sich die unterzeichnete Gesellschaft die Ehre ausbittet, ihrem Dank Ausdru geben zu dürfen für das bervorragende Interesse, welches Hochdiesclben in den letzten Jahren der Verbesserung der Schiffahrtsverhältnisse auf der Oder zuge- wandt haben. Wir wissen die großen Schwierigkeiten wohl zu würdigen, welche die Regulirung der Oder crshweren, umsomehr aker müssen wir die guten Erfolge anerkennen, welche in den leßten Jahren namentlihß durch die Oderstrombau-Direktion bereits er- xeihtësind u. \. w.
Daßelbe, meine Herren, würde ih aus einer Aeußerung der Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft mitzutheilen in der Lage sein, in welcher gleichfalls anerkannt ift, daß diejenigen Maßregeln, welche die Bauverwaltung in den leßten Jahren getroffen hat, von sehr günstigem Einfluß auf die Gestaltung der Schiffahrt gewesen sind. Aehnliches würde ich aus anderen Gegenden berichten können.
Wie fommt man nun dazu, dem Handels-Minister vorzuwerfen,
daß er in den Zeiten der gegenwärtigen Kalamität nicht im Stande fei, auégiebigere Mittel, als sich im Etat befinden, ausbringen zu können. Der Handels-Minister muß wie jeder Andere auf die augenblickliche Finanzlage des Landes Rücksicht nehmen; er kann nit ohne Beach- tuug derselben einseitig die Interessen seines Ressorts in den Vorder- grund stellen. Nun aber wird gerade das, was ih in den vergan- genen Jahren gethan habe, “als Angriff gegen mich benußt. Ich habe in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, daß auferordentlih ausgiebige Mittel für die Bauverwaltung im Etat ausge- worfen wurden, beute wird es als Angriff gegen mich gebraubt, weil ich nicht in der Lage bin, in ganz der- felben Weise, wie in der Vergangenheit, sehr beträchtliche Mittel für die Bauverwaltung zu erlangen, Der Hr. Abg. Dundter wird sich nicht verhehlen können, daß der preußische Staat nicht im Stande ist, regelmäßig derartige Extraordinarien, wie in den ver- gangenen Jahren, aufbringen zu können. Daß jene beträchtlichen Summen in Zukunft eine Schmälerung -exleiden müßten; darüber kann doch im Hause kein Zweifel bestanden haben. Daß ih persön- li als Handels-Minister die eifrigste Förderung der meinem Ressort unterstehenden Arbeiten wünschen muß, liegt ja auf der Hand, wer wollte daran zweifeln. Der Hr. Abg. Duncker kann nicht über die- jenigen Schritte unterrichtet sein, welhe ih gethan habe, um das von mir gewünschte Ziel zu erreichen. Wenn mir aber aus dem Grunde, daß meine Bestrebungen den bestimm!en Zweck noch nicht erreiht haben, cin Mangel an Energie und Junitiative vorgeworfen wird, so ist dabei übersehen, tvas ih bereits vorhin bervorge boben habe, daß auch dcr Handels-Minister sich den allge- meinen Verbältnissen des Staates zu fügen und zu unterwerfen habe, daß er nicht einseitig die Interessen seines Ressorts in den Vorder- grund ftellen kann.
Nun führt der Herr Abg. Duncker noch einige Fälle an, bei denen Klagen aus dem Lande an ihn gelangt seien. Die Oder habe ih bereits erwähnt, ebenso die Havel. Er nannte ohne jede Begrün- dung auch die Anlagen in Königsberg. Meine Herren, wenn irgend
cin Ort in der Monarchie ist, für den gerade ich persönlich sehr Erhebliches erstrebt und geleistet habe, so ist es Königsberg. Ich habe denn auch aus Königéberg von vielen Seiten Dank dafür erhalten, daß ich mit Energie die verschiedensten baulichen Anlagen gefördert habe. Die Umgestaltung der Bahnhofs- anlagen, der Bau der neuen Werkstätten, die Quaibauten verdanken mir ihre Entstehung, und ebenso ist von mir die Jnitiative zur Ver- besserung der Anlagen bei Pillau ergriffen worden. Wenn ich nit im Stande bin, für eine Anlage, wie die in Pillau, die allein über 3 Millionen Thaler erfordern wird, in der gegenwärtigen Zeit erheb- lide Summen auf den Etat zu bringen, so kann daraus ein Vorwurf nit abgeleitet werden. Freilich wird die Sache so behandelt, als ob, weil in den vergangenen Jahren manch großartige Schöpfung in Auêsicht genommen werden konnte, es deshalb auch ret und nothwendig sei, dies alle Zeit fortzuseßen. Solche Bestrebungen finden aber ihre ganz selbstverständlihe Grenze. Jch würde es nun als den größten Undank bezcichnen, wenn aus der Mitte jener Königs- berger Bevêlkerung eine Anschuldigung gegen mich erhoben würde, denn der dortigen Verhältniffe habe 1ch in d.r That außerordentlich viel gethan. Wer anders behauptet, behauptet nicht das Richtige. Ich werde derartige Angriffe mit dem vollen Bewußtsein, hier Gutes ge- wollt und geleistet zu haben, mit Entschiedenheit zurückweisen.
Meine Herren, was die Bauten in Berlin betrifft, deren der Hr. Abgeordnete gedachte, wie beispielsweise den Kreuzberg und den Königsplat, so hat auf dem Königéplaß niht am wenigsten gerade das Projekt des Reichstagsgebäudes die Ausführung verhindert. Dem Hrn. Abgeordneten ift aber im Uebrigen wohl eben so gut wie mir
befavut, daß, was diese Anlage betrifft, keineswegs der Handels- Minister die alleinige Entscheidung besißt, daß er feinéê#wegs allein mitzureden hat, und daß Verzögerungen entstehen, die am allerwenig- sten mit dem Ressort des Handels - Ministeriums in Zusammenhang stehen Ob überhaupt die Anlage auf dem Kreuzberg zur Ausführung kommen wird, muß ich dahingestellt sein laffen.
Der Herr Abgeordnete weist {ließli auf die schweren Folgen bin, die die®angeblichen Verzögerungen gehabt haben sollen. Da ih cine Verzögerung nicht zugeben kann, so werde ih an si{ch nicht nöthig baben, über die angeblihen üblen Folgen zu reden. E :
F eracbte aber alle desfallsigen Ausführungen im Ganzen wie im Einzelnen für unrihtig. Hr. Dun@er wies auf die Verhältnisse der betheiligten Kreise hin. Meine Herren, gerade diese Kreise baben es mir persönlih und meiner Amtsthätigkeit zu verdanken, daß die betreffenden Anlagen beschloffen und begonnen sind. E
Wenn beispielsweise der Hafen von Rügenwalde oder ährliche Anlagen in Pommern erwähnt werden, so jollte ih doch wahrlich meinen, daß man dem leitenden Minister zu erheblichem Dank ver- vflichtet sei, daß er die Projekte aufecnommen, uid die Arbeiten mit folcher Energie in Angriff habe nchmen lassen, und ich möchte grade diejenigen, die diesem Gegenstand angehören, meinestheils bestimmt fragen, ob sie Ursache haben, Beschuldigungen "zu erheben, oder ob sie nit vielmehr zu Dank für Dasjenige verpflichtet sind, was ge- leistet ist, und was in Zukunft noch geschehen wird. Dieke angeb- liden Leiden der betheiligten Kreise existiren daher nur in der Phantasie; gerade das Gegentheil is der Fall. Nun weist der Herr Abgeordnete andererscits au auf die vielen unbescäftigten Bergleute der leßten Zeit hin. Ih habe me.nestheils nit die Anregung des Herrn Abg. Dunckter abwarten brauchen, um das Meinige zu thun. Ich war, wie es mein Amt ist, rechtzeitig von der Lage der Dinge unterrichtet und habe keine Minute versäumt, 1m inébesondere der Eisenbahnverwaltung die Anweisung zu geben, in erster Linie auf diese unbeschäftigten Leute Rücksicht zu nehmen. Ob aber der Bergmann im Allgemeinen bereit sein wird, sich dem Eisenbahnbau oder gar dem Wasserbau zuzuwenden, möchte i lebhaft bezweifeln, es - gehört nur eine geringe Kenntniß der Verhältnisse dazu, um annehmen zu können, daß cin Kchlen- bergmann sich nicht an ‘der Weichsel als Wasserbauarbeiter beschäftigen wird, und wie diese Leute sogar bei Hoch- bauten in größerer Masse zu verwenden sein sollen, das ist mir un- Élar geblieben. Dasjenige, was Seitens der Regierung geschehen konnte, ist in der au8gicbigsten und weitgehendsten- Weise bereits an- geordnet worden; nicht die angebliche Nichtausführung einiger Wasserbauten erkennt man am Niederrhein als die Ursache der dort bestehenden Kalamität anz; nein, die Vorwürfe gegen die Regierung werden aus einem ganz anderen- Grunde hergeleitet, und der Herr Abgeorducte würde auf einem richtigeren Wege sein, wenn er die Beschwerden, welche man dort bezüglich der Nothstände hat, mit der Handelspolitik der Regierung in Verbindung bringen wollte. Ob ein solcher Vorwurf ein begründeter ist, habe ih hier nicht zu erörtern, ich babe meine Ansicht darüber bereits bei verschiedenen Gelegenheiten aus8gesproßen. Dem gegenwärtigen Versuche aber, in ganz ungerechtfertigter Weise im Lande die Ansicht zu erwecken, als wenn vorhandene Nothstände durch Regierungësmaßregeln hervor- gerufen worden seien, meine Herren, diesem Versuche kann ih nur mit der größten Entschiedenheit meinestheils entgegentreten.
Der Herr Abgeordnete hat im Eingang seiner Rede- gefragt, warum man bei den Milliarden nicht zugegriffen. Meine Herren, gerade die Verwaltung des Handels - Ministeriums hat mehr wie irgend eine andere die günstige Zeit zur Sicherung von Anlagen be- nußt. die dem Lande von wesentlihem Nuten sein werden und nun- mehr auch beshäftigungs{osen Arbeitern Verdienst gewähren können. Ich verweise insbesondere noch auf das, was bezüglich des Eisenbahn- baues im großartigsten Umfange geschehen ist. Würde ich dem Drängen Einzelner gefolgt sein, würde ih ihn haben folgen können, so würden möglicherweise unsere Cisenbahnbauten im gegenwärtigen Augenblick bereits vollendet sein und keine Gelegenheit sh mehr dar- bieten, augenblicklich ‘die Arbeiter zu beschäftigen. Wir würden die Gisenbahnen zu einerckZeit gebaut haben, wo es noch an Arbeiter- kräften fehlte, wi? wütden durch den forzirten Eisenbahnbau bewirkt baben, daß die wirthschaftlichen Verhältniffe nah keiner Seite hin sich hâtten reguliren können, wir würden die theuersten Preise be- zahlt haben, die Arbeitslöhne auf derselben Höhe erhalten haben, um dann \{ließlih eine Krifis zu erleben, wie sie niht größer ge- dacht werden kann, um einen jähen Sturz zu thun, bei dem plötlih alle Verhältnisse sich völlig umgekehrt hätten. Gerade durch die Wege, welche wir eingeschlagen haben, hat sich die Gelegen- heit geboten, eine gewisse Ausgleihung herbeizuführen, und gerade mein Ressort únd meine Thätigkeit hat das her- beigeführt, was der Hr. Abg. Dundcker fordert, während er heftige Angriffe aus Gründen herleitet, die, selbst wenn sie richtig wären, nur irgend eine andere Persönlichkeit treffen kTönnten.
Wenn also derartige Motive der Grund des Antrags sind, welchen der Hr. Abg. Duncker gestellt hat, so kann ih denselben meinestheils nicht acceptiren, ich kann diese Gründe niht_al8 gerecht- fertigt ansehen. Ich bin mir bewußt, frei von diesen Vorwürfen zu jein. Es ist ein übles Ding, denn, wenn man das Beste gewollt, und das Möagalichste geleistet zu haben glaubt, solchen Angriffen aus- gesetzt zu sein.
Auf eine Erwiderung des Abg. Duncker entaegnete der Handels-Minister Dr. Achenbach:
Nachdem. der Hr. Abg. Duntcker selest erklärt hat, daß in feinem Antrage kein Mißtrauensvotum gegen mich liege, habe ih selbstver- ständlih gegen die Annahme desselben nibts zu erinnern.
Ich erkenne es mit ihm als Pflicht der Regierung an, die begonnenen Bauten fo s\{leunig wie möglich auszu- führen; ich machte aber wiederholt darauf aufmerksam, meine Herrcn, daß nah dem Etat bestimmte Mittel zu bestimmten Zwecken bewilligt werden, und wenn eine Summe von 10 Millionen noch zur Disposition steht, keineëwegs damit ausgesprochen ift, daß hier überall parate Fonds vorhanden sind, die es gestatteten, die Mittel für begonnene Bauten zu verstärken. Es befinden sich unter diesen Positionen eine erhebliche Reihe solcher, bei denen wir dem lebhaftesten Widerspruch aller Interessenten begegnen würden, wenn wir eine folhe Fondsübertragung vornehmen wollten. Die 10 Millionen repräsentiren also nur zu einem ganz geringen Theil wirklich verfügbare Mittel, im übrigen sind diese Summen Fegeeg und werden auch \{chwerlich einen anderen Verwendungszwecck gestatten.
Ich muß indessen hierbei ein Mißverständniß klar stellen, welches mehrfach in der Debatte sich bemerkbar gemacht hat: es betrifft die Eisenbahnbauten. Meine Herren, jeßt werden die Eisenbahnbauten auf das Enerzischste gefördert, und 1ch bin der Meinung, daß wir Ende des nächsten Jahres oder in der crsten Hälfte des Jahres 1879 den größeren Theil aller Eisenbahnen, die im Bau begriffen sind, befahren werden; ich habe die Zuversicht, daß im Jahre 1879 fast das ganze System der neuen Eisenbahnen vollendet sein wird. Es fehlt also hier nit an der allergrößten Energie.
Wenn ich aber eine Bitte bei dieser Gelegenheit an die Herren, welche die Vertreter des Landes sind, rihten darf, so geht dieselbe dahin, daß Sie überall in Ihren Kreisen dahin wirken möchten, den Grunderwerb wenig|tens irsoweit zu erleihtern, daß die Grundeigen- thümer mindestens vorläufig den. Besiß an die Bahn abtreten und die Entschädigungsfrage der späteren Lösung über- lassen mögen. Leider habe ih noch in diesen Tagen Berichte empfan- gen, wona selbst in solhen Gegenden, denen der Bahnbau zum größten Vortheil gereicht, größere Gutsbesißer niht einmal bereit sind, die vorläufige Benußung des Grund und Bodens zur In- angriffnahme der Bahn zu gestatten, vielmehr die Anwendung des Expropriationsgeseßes abwarten. Nun hat dies den Erfolg, daß durch einen solhen Widerspruch der Bahnbau leiht auf Jahre hinaus verzögert werden kann. Ich richte daher die dringende Bitte an die Herren, nach dieser Richtung thätig sein zu wollen. Gelingt cs wenigstens, diese vorläufige Erlaubniß überall da, wo eine güt-
liche Einigung überhaupt nit stattgefunden hat, zu erlangen, so zweifle ih nicht, daß zu dem angegebenen Zeitpunkt nahezu das ganze neue: System vollendet ist. Der Hr. Abg. Windthorst meint, daß dieBerlin- Wetlarer Linie cine solche sei, über deren Bau überhaupt noch dis- kfutirt werden könnte. So liegt die Sache inteß längst niht mehr, bekennen muß ih aber, meine Herren, daß die häufigen Angriffe auf die früher mit großer Majorität stattgefundenen Beschlüsse Demjenigen, der dieses Amt verwaltet, ‘eine gewisse Unsicherheit geben müssen. Es vergeht keine Session, wo nicht retrospektive Bes trachtungen über die bewilligten Bahnen angestellt werdea;z in demselben Athem erhebt man freilich noch neue Anforderungen an die Regierung. Allerdings könnte auch ib den Herren mchrere Dutzend Projekte von Eisenbahnen anführen, die ih als wirthschaftliche anerkennen muß, in denen durchaus kein Schwindel liegt, die zur Zeit aber noch nicht gebaut werden können, fo daß selbsi das erweiterte Eisenbahnsystem noch keineëwegs als abgeschlossen betrachtet werden kann. Gleiwwohbl, meine Herren, wirft man uns mitunter vor, daß wir zuviel gethan hätten, während ich fortgeseßt ven der Ueberzeugung getragen bin, daß wir durch diese Eisenbahnen wesent- lich dem Lande und seiner wirthschaftlichen Entwicklung nuten wer- den, und von dieser Ueberzeugung getragen, habe ih mich durch die häufigen Attaken in meiner Anschauung auch durchaus niht erschüt- tern laffen, bin vielmehr mit Festigkeit weitergegangen.
Auf das, was über die Organisation der Bauverwaltung gesagt wurde, habe ich mich, offen gestanden, nah der Rede des Hrn. Abg. Duntckcr, wie der Hr. Abg. Pr. Lasker sehr richtig bemerkte, nicht einlassen können. Wenn, wie ih glaubte, ein direkter Angriff auf den leitenden Minister erfolgte, so schien es richtiger zu sein und angezeigt, diesen Angriff ausschließlich heute zu beantworten. Aus dem Grunde Habe ih auf alle jene Bemerkungen nit ' eingehen können. Jch will indeß das wenigstens {on gegenwärtig aussprehen; daß ih nicht anerkennen kann, daß- nah dieser Richtung hin nichts geschehen sei. Ich habe im vorigen Jahre neue Vorschriften über die Ausbildung der Bautechniker erlassen, welche die Grundlagen b:lden zu einer demnächstigen Umgestaltung des Bauwesens. Diese Bestimmungen sind, so weit die Aeußerungen der Presse und auch der Fachpresse zu meiner Kunde gekommen sind, überall freudig begrüßt und mit dem größten Anerkennen begleitet worden ; und felbst dasjenige Blatt, welches der Hr. Abg. Dunker als Belagstück für seine Angriffe anführte, hat von der Energie und Initiative des Handels-Ministers gesprohen. Wenn das geschehen ist, so kann ih nicht anerkennen, daß nichts geschehen sei; es ist viel- mehr ein bedeutender Schritt vorwärts gemacht, der zu weiteren Folgen führen wird. Doch lasse ih das jeßt, und erkläre, daß ih dur diejenigen Erklärungen befriedigt bin, die mir socben gegeben sind, und acceptire ich in diesem Sinne den gestellten Antrag.
— Jn der heutigen (20.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Handels-Minister Dr.
Achenbach und mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der
Präsident mit, daß der Abg. Kaselowski, gewählt für den 8. Wahlkreis des Regierungsbezirks Liegniß, am 11. Februar gestorben is. Die Mitglieder des -Hauses er- hoben sich zur Ehre des Verstorbenen von ihren Planen — Ohne Debatte genehmigte das Haus in dritter Lesung hierauf die Gesetzentwürfe, betreffend die Aufhebung des Lehnsverbandes im Geltungsbereiche des ostpreußishen Provinzialrehts, — betreffend eine Abänderung des sür das vormalige König- reih Hannover zur Anwendung kommenden Geseves über Gemeindewege und Landstraßen vom 28. Juli 1851 und betreffend die Umgestaltung der für den Landdrostcibezirk Ds- nabrück bestehenden Gebäude-Brandversicherungs-Anstalt. Es folgte die Berathung des vom Herrenhause in veränderter Fassung zurügelangten Gesetzentwurfs, betreffend die Um- zugsfosten der Staatsbeamten. Das Herrenhaus hat die Verschmelzung der vierten und fünften Rangklasse, welche von dem Abgeordnetenhause beschlossen war, wieder auf: gehoben. Es sprachen hierzu die Abgg. Schröder (Königsberg) Windthorst (Bielefeld), Wachler (Schweidniß), Löwenstein und von Ludwig. Der Geseßentwurf wurde in der vom Herren- hause beschlossenen Fassung genehmigt. Hierauf schritt das Haus zur ersten Berathung des Geseßentwurfs, betreffend eine Erweiterung der Verwendungszwecte der den Provinzial- und Kommunalverbänden überwiesenen Dotationsfonds. Der Handels-Minister Dr. Achenbach erklärte in der Diskussion, daß ein Erlaß, welcher den Betrieb und die Anlage der Sekundär- bahnen erleichtern solle, demnächst erscheinen werde. Es sprachen zu diesem Geseßentwurf die Abgeordneten von Ludwig, Rickert, Mühlenbeck, Henze, Windthorst (Meppen) und Dr. Lasker, worauf bei Schluß des Blattes die Verweisung der Vorlage an eine Kommission abgelehnt, und die Erledigung der zweî- ten Lesung im Plenum beschlossen wurde.
— Die in der heutigen Börsen-Beilage abgedrudtc tabellarishe Uebersicht der Wochen-Ausweise der deutschen Zettelbanken vom 7. Februar 1877 {ließt mik folgenden summarischen Daten ab: Es betrug der gesammte Kassenbestand 754,413,000 4, d. h. der Vorwoche gegenüber mehr 2,990,000 46; der Wechselbestand zeigt mit 627,902,000 f einen Rückgang um 17,690,000 4/6, die Lombardforderungen in Höhe von 87,141,000 M einen folhen von 2,240,000 M; ferner hat sih der gesammte Notenumlauf bei einem Betrage von 922,388,000 6 um 21,216,000 6 vermindert, während die täglich fälligen Verbindlichkeiten mit 196,402,000 «4 einen Zuwachs um 14,859,000 /6 nachweisen; die an eine Kün- digungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten in Höhe von 97,085,000 6 zeigen eine Abnahme von 7,422,000 46
— Für die Turnlehrerinnen-Prüfung, welche in Gemäßheit des Reglements vom 21. August 1875 im Früh- jahr 1877 zu Biel abzuhalten, is der Termin auf Den 14. und 15. Mai, event. wenn die Meldungen so zahlrei eingehen, daß nicht alle Bewerberinnen gleichzeitig geprüft werden können, auf die folgenden Tage anberaumt.
Meldungen der in einem Lehramte stehenden Bewerbe- rinnen sind bei der vorgeseßten anen Tate spätestens 4 Wochen, Meldungen anderer Bewcrberinnen spätestens 3 Wochen vor dem angegebenen Termine unmittelbar bei dem Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten anzubringen.
— Nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 26. Januar 1876 muß. die Beikassirung des Stem- pels zu einer Bürgschaftsurkunde binnen 14 Tagen vom Tage der Ausstellung an geschehen, auch wenn die Hauptverbindlichkeit, für welche die Bürgschaft über- nommen wirïi , zu dieser Zeit noch niht entstanden ist, „Es erscheint“, heißt es in den Entscheidungsgründen, „weder für das Geltungsgebiet des Allgemeinen Landrechts noch das:
jenige des hier einshlagenden gemeinen Rechts zweifelhaft,
daß eine Bürgschaft, ohne ihren rechtlihen Charakter als Le zu verlieren und ohne die Befugniß zum Nüccktritte für en Bürgen zu begründen, also rehtsgültig auch für künftig erst entsichende konkret bestimmte oder bestimmbare Forde- rungen übernommen werden kann, ja es giebt Verträge, welche die Wirkungen der Verbürgung üben und, wie 5. D. der Kreditaustrag (vergleihe Th. 1. Tit. 14 8. 213 des Alb gemeinen Landrechts), den Abs{chluß des accessorishen Ver-
trags vor dem Hauptvertrage geradezu bedingen. Der
Stempeltarif, indem er diesem gegenüber und überhaupt |
gegenüber der Erfahrung des gemeinen Lebens, daß die Sicherheitsbestellung dem zu
vielfah vorausgeht, Fnstrumente, schaft enthalten, ohne versichernde Forderung schon entstanden war erst künftig Misirhend vorausgescßt wird, pflicht unterwirft,
welche - eine Bürg-
oder als
spruch getreten würde.
Verhandlung regelmäßig auf das geseßlihe Stempelpapier ge- schrieben, jedenfalls die Unterlassung binnen 14 Tagen nach der Ausfertigung nachgeholt werden, was mit dem Eintritt der Stempelpflicht erst zu dem unter Umständen weit über jene Frist hinaus liegenden Zeitpunkte des Abschlusses der Hauptobligation sih nicht verträgt. Weiter aber hängt die Stempelpflicht einer Urkunde zunächst von ihrem Fnhalt ab, und die Heranzichung außerhalb derselben liegender Umstände, welche möglicherweise für die rechtliche Wirksamkeit des Geschäfts nah Maßgabe seines Jnhalis von Bedeutung sein können, soll nicht statt- finden. Das Bestehen der Hauptforderung oder auch nur die Anerkennung derselben Seitens des Bürgen aber ist nicht Gegenstand des Bürgschaftsvertrages und kann es infofern nicht sein, als beide Rechtsgeschäste verschiedene Verpflichtete
vorausseßen und ungeachtet der Anerkennung dem Bürgen“
sowohl das freisprehende Erkenntniß als die fonstigen Ein- reden aus der Person des Gläubigers zu gut kommen. Die wesentlichen Merkmale des Bürgschastsinstruments liegen des- halb {hon dann vor, wenn dasselbe den Willen, für eine ge- nügend individualisirte Forderung als Bürge zu haften, zum Ausdruck bringt, und es ist gleichgültig, ob diese Forderung dabei als bereits bestehend anerkannt, oder als erst in der Zu- funft entstchend angenommen wird.“
Vayern. München, 11. Februar. (Allg. Ztg.) Der König hat sih heute Abend wieder nach Hohenshwangau begeben, beabsichtigt jedoch in etwa sechs bis aht Tagen hierher zurüczukehren, in Folge dessen auch das Personal des Königlichen Sekretariats den Monarchen nicht begleitet.
Württemberg. Stuttgart, 8. Februar. Die Prinzessin Friedrih von Württemberg ist heute nah Arolsen abgereist, woselbst, wie der „St. A. f. W.“ meldet, am 15. d. M. die Vermählung ihre Sohnes, des Prinzen Wilhelm von Württemberg mit der Prinzessin Marie von Waldeck und Pyrmont stattfindet.
— 10. Februar. Die Zweite Kammer erwählte in ihrer gestrigen Sißung zum Vizepräsidenten den Abg. von SchwandeLer, der die Wahl dankend annahm. Jn ihrer heutigen Sißung brahte Abg. Mohl den Antrag ein: „Die Kammer wolle, im Anschlusse an ihre Bitte vom 16. Ok- tober 1876, die Königliche Staatsregierung möge entschieden dahin wirken, daß unseren Gemeindebehörden die freiwillige Gerichtsbarkeit und ihre Zuständigkeiten und Obliegenheiten im Hypothekenwesen erhalten bleiben, die ausdrückliche Bitte vortragen : die Königliche Regierung wolle insbesondere dahin wirken, daß- das württembergische Jnstitut der vom Staate für die Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit angestellten und besoldeten Gerichts- und Amtsnotare erhalten bleibe.“ Der Antrag wurde an die Justizkommission verwiesen.
Elsaß - Lothringen. Straßburg, 12. Februar* Wie bereits gemeldet, {hließt der Landeshaushaltsetat für Elsaß-Lothringen auf das Fahr 1878 mit 41,402,693 4 in Einnahme und Ausgabe. Davon fallen, der „Straßb. Ztg.“ zufolge, 9,043,330 4/6 auf die einmaligen und außerordent- lihen Ausgaben. Unter den Einnahmen figurirt der Ertrag der Forstverwaltung mit 6,912,100 # (gegen das laufende Fahr ein Mehr von 20,500 46), die direkten Steuern mit 10,531,570 e (au hier ein Mehr von 38,030 (6), die Zölle, indirekten Steuern aber und das Enregistrement mit 14,661,034 Æ , darunier das Enregistrement allein mit 7,996,680 6, die Tabaksmanufaktur in Straßburg wie im Vorjahr mit 2,555,752 /. Die Staatsverwaltungen liefern in Summa 6,742,237 4. Der ganze Etat bleibt in Ein- nahme und Ausgabe um 10,764,-z H hinter dem des Jahres 1877 zurück. Mchrforderungen finden sih bei allen Betriebs- verwaltungen im Betrage von zusammen 176,075 6, dagegen nicht bei den mit dem Deutschen Reiche gemeinsamen Behörden. Größere Mehrforderungen finden sich unter den einmaligen Ausgaben der Unterrichtsverwaltung, welche ein neues Lehrer- Seminar für Lothringen zu Saarburg ins Leben zu rufen beabsichtigt und auch die bestehenden Anstalten dem Bedürfniß gemäß aushaut, die außerdem 94,000 46 Mehrforderung für Neubauten in der Universität Straßburg anseßt und cine dauernde Mehrausgabe von 30,000 s zu den Zuschüssen zur Unterhaltung der städtischen höheren Schulen hinzufügt. Der Posten der Friedensgerichte weist eine Mehrforderung von 25,500 6 auf, der Etat der Gefängnisse eine solche von 26,825 46 Unter den einmaligen Ausgaben figuriren 250,000 d als erste Rate des Zuschusses zu den Kosten einer Bezirks- Jrrenanstalt für Lothringen und außerdem 234,000 4 als einmalige Ausgabe der Wasserbauverwaltung zur Wiederher- stellung der Hochwassershäden so wie zur Erhöhung und Ver- stärkung der Haupt-Rheindämme. Die allgemeine Finanzver- waltung gahlt an Matrikularbeiträgen 3,074,109 4, wie im laufenden Jahr, und stellt 1,000,000 /6 mehr ein zur Ver-
stärkung des Betricbsfonds für die Landeskassen, außerdem eine Subvention von 634,000 # zum Bau einer Eisenbahn von Buchsweiler nah Hagenau.
._ Desterreich - Ungarn. Wien, 12. Februar. Das „Fremdenbl.“ s{reibt: „Jn der Ausgleichsfrage ist keine neue Phase zu verzeihnen. Es N vor Allem jede Meldung, ob und inwieweit dem Baron Sennyey der Versuch, ein neues ungarisches Kabinet zu bilden, gelungen oder miß- lungen ist, ob und was für Schritte ex zur Realisirang dieses Versuches unternommen hat. Das Einzige, was uns gerücht- weise gemeldet wird, ist, daß Baron Sennyey Sr. Majestät ein Promemoria zur Situation unterbreitet haben foll. Allen Mittheilungen über Beschlüsse und Entschlüsse des österreichi- schen Ministeriums, gegenüber den kommenden Ereignissen, läßt sich nur mit tiefem Mißtrauen begegnen. Es geht wohl aus der Natur der Lage hervor, daß unfer Kabinet, so lange die Dinge noch im Werden sind, keine Veranlassung hat, Ent- shlüsse zu fassen. Auf die Entwicklung der Krisis in Ungarn
steht ihm kein Einfluß zu und seine Stellung zu präzisiren
sihernden Vertragsrechte |
Unterscheidung, ob die zu | 3 | Präsident der liberalen Partei, Stefan von Gorove, nach der Stempel- | ann eine derartige Unterscheidung um fo | weniger- gewollt haben, als dadurch mit den wesentlichen | Grundsäßen, wonach die Stempelpflicht sih bemißt, in Wider- | Zunächst foll nah §. 5 der König- |! lichen Verordnung vom 19. Juli 1867 die stempelpflicttige |
-amerikftanischen
wird es offenbar erst dann in die Lage kommen, wenn ihn in Ungarn eine konstituirte Regierung gegenüber}: cht.“
Gläubigers, sih der Person scines Schuldners zu bemächtigen, sei ein barbarisches, dem altrömishen Recht entnommenes,
— Der „Pester Korr.“ wird von hier mitgetheilt: | das im 19. Jahrhundert aufgehoben werden müsse; die Ci-
Baron Sennyey wurde heute Vormittags von Sr. Majestät empfangen. Der den Minister-Präsident Koloman Tisza, worauf der Klub-
Wien berufen wurde, der morgen früh hier ankommen wird. Die Minister Tisza, Szell und Wenkheim, ferner die Abgg. Ghyczy, Szlavy, Bitto und Wilhelm Thoth haben heute Vormittags und auch Nachmittags längere Zeit miteinander konferirt, alle diese Herren bleiben morgen noch in Wien. Die Abgg. Ghyczy, Szlavy und Bitto wur- den blos gestern von Sr. Majestät empfangen. Dieselben re- ferirten lediglich über die ungarischen Parteiverhältnisse. Dberhausmitglied Graf Albert Apponyi ist" heute hier an- getommen.
— Das Herrenhaus hält feine nächste Sizung am Montag, den 19. d. M., ab. Auf der Tagesordnung steht u. A. die zweite Lesung des Gesebes, betreffend die Abände- rung mehrerer Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Geseßbuches bezüglich des Eherechts. — Für die übermorgen im Abgeordnetenhause stattfindende Debatte, betreffend die Beschidung der Pariser Weltausstellung, sind bereits 21 Redner, und zwar insgesammt für den Antrag der Mino- rität (Bewilligung von 600,000 Fl.) zum Worte vorgemerkt. — Wie FJnnsbrucker Blätter melden, werden die Neuwahlen für den: Tiroler Landtag im Monate März stattfinden.
— 43. Februar. (W. D B.) Die offiziellen Kon- férenzen zwischen den Ministerien Tisza und Auersperg über die Bankfrage werden, einer Meldung der „Presse“ zufolge, unter Zuziehung von Vertretern der Nationalbank erst morgen beginnen.
Niederlande. Amsterdam, 7. Februar. (Leipz. Ztg.) Dem Staatsrath liegt jeßt ein von dem Ministerium des Jn- nern ausgearbeiteter Geseßzentwurf, betreffend die Eindämmung der Zuidersee zur Vorberathung vor. Es handelt sich nach dieser Vorlage um die Trocenlegung des südlichen Theiles der Zuidersce, ein {hon seit mehreren Jahr- zehnten geplantes Unternehmen, dessen Ausführung das e Staatsgebiet um eine ganze Provinz vcrgrößern würde.
Grsfbritannien und Irland. London, 12. Februar. (E. C.) Die Königin weilt seit Freitag wieder in Osborne, wo auch der Prinz Leopold Aufenthalt genommen hat. — Mr. R. T. Goldsworthy, Präsident der westindishen Jnsel Nevis, ist zum Kolomalsekretär für Westaustralien (an Stelle des Mx. Barlee) ernannt worden. — Am Sonnabend fand in Downing-Street ein Kabinetsrath statt, an welchem fich sämmtliche zwölf Minister betheiligten. — Die „Morning Post“ erklärt sich für ermächtigt, die Nachriht von einem Uebertritte der ehemaligen Königin von Hannover, fowie des Kronprinzen und der Prinzessinnen zur römischen Kirche zu dementiren.
— 13. Februax. (W. T. B.) Jm Oberhause theilte Graf Derby mit, daß die Unterhandlungen mit der
1 Regierung wegen Abschlusses eines neuen Auslieferungsvertrages noch fortdauern.
Fndien. Nach einem Telegramm der „Times“ aus Kalkutta vom 11. aruar Nachmittags war im Gouverne- ment Bombay nach den bis zum 2. Februar reichenden Be- richten fein Regen und keine Besserung der Ernte in Aussicht. Die öffentliche Gesundheit war in den südlichen Bezirken \chlecht. Aubererfelts hatten die Preise etwas nachgelassen und die Zahl der zu Untexstüßenden war von 324,938 auf 290,037 heruntergegangen.
Canada. Aus Ottawg wird dem „Bureau Reuter“ unterm 8. ds. gemeldet:
Das canadische Parlament wurde heute vom Loxd Dufferin, dem General-Gouverneur, eröffnet, der in seiner bei dieser Gelegenheit gehaltenen Rede bemerkte, daß er während der Suêpension des Aue- lieferungêvertrages mit den Vereinigten Staaten Sorge getragen habe, auf dessen s{leunige Wiederaufnahme und Erwtiterung zu dringen. Se. Lordschaft bedaucrte, daß die Frage der Regelung der Fischereiansprühe keine Fortschritte gemacht habe. Auf seinen jüngsten Besuh in Britisch-Columbia hinweisend, sagte Lord Duf- ferin, daß, obwohl die Vermessungsarbeiten für die Pacific«Eisenbahn dort mit der größten Energie betrieben würden, es bis jett unmög- lich gewesen sei, dieselben zu vollenden.
Frankreich. Paris, 12. Februar. Dex „Köln. Ztg.“ wird geschrieben: „Das Gerücht, der Herzog Decazes werde im Ministerium des Auswärtigen durch Saint- Vallier erseßt werden, wird als unbegründet bezeichnet. Sollten ministerielle Veränderungen nöthigwerden, so wird sihdem Vernehmen nah das ganze Kabinet zurü@ziehen und durh ein farbloses Ministerium erseßt werden.“ -— Die Kommission, die sich mit der Kodifizirung der Preßgesete beschäftigt, wird in ihrer nähsten Sißung mit dem Minister des Fnnern und dem Unter-Staatssekretär im Justiz-Ministerium über die Abschaffung verschiedener Artikel der Geseße von 1875, 1868 und 1828 verhandeln,“ Die Herren Jules Simon und Melin werden, wie die „Corr. Havas“ erfährt, nichts gegen die Abschassung derjenigen Ver- fügung des Geseßes von 1875 einwenden, welche die Konnt- niß der Preßvergehen der Zuchtpolizei überwies. Eben so würden sie in Preßsachen die Kompetenz der Jury anerkennen. Dagegen sprach sich der Minister entschieden gegen die YAuf- hebung der Verfügungen aus, welhe die Unterdrückung nd die Suspendirung von Zeitungen gestatten. Das lie A tritt heute für die Aufhebung dieser Artikel @jn. Uebrigens ist das Geseg von 1852 bis jeßt nur von der De- putirtenkammer aufgehoben worden, und laut dem „Moniteur Universel“ ist der Senat E sich gegen diesen Beschluß auszusprechen. — Die radikalen Deputirten bereiten ein Geseß vor, das den Klöstern und religiösen Korporationen verbieten soll, sih mit Fabrikation von Gegenständen und Verkauf derselben unter dem Preise zu beschästigen. Jn dex Darlegung der Gründe soll nachgewiesen werden, daß die Konkurrenz der Klosterarbeit zur Arbeitslosigkeit vieler Werk: stätten beigetragen habe. Diese Frage wurde bereits auf dem Arbeiterkongreß ia Paris lebhaft besprochen, doch hatten die Vorschläge zur Abhülfe der Noth keinen praktischen Werth.
Italien. Rom, 7. Februar. (H. N.) Die Deputirtensz kammer berieth heute das Gese8, betreffend die Aufhebung der Shuldhaft. Der Minister-Siegelbewahrer ver- theidigte seine Vorlage in längerer Nede und betonte, daß Deutschland, England, Frankreih und ODesterreih ähnliche Geseße erlassen hätten; dies beweise, daß fein Vorschlag zeitgemäß und nüßlih sei. Das noch bestehende Recht des
Der Monarch empfing heute Vormitags auch
vilisation verlange es. Er zweifle niht, daß die Kammer sein Geseß annehmen werde, er würde sich mit Stolz stets daran erinnern, daß jenes {chmählihe Recht unter seiner Verwaltung abgeschafft wäre. — Der Deputirte Frifari hat ein- Geseß zur Abschaffung der Mahlsteuer eingebracht, laut welchem eine direkte Abgabe in Höhe von 80 Millionen Lire, der Betrag, den jene Steuer im vergangenen Jahre ergeben, von sämmtlichen Gemeinden des Staats aufgebracht werden soll, weil die Lage der Finanzen es noh nicht erlaube, daß auf die Einnahme der 80 Millionen Lire verzichtet werde.
— 8. Februar. (H. N.) Die Deputirtenkammer
hat das Gese, betreffend die Abschaffung der Schuld- haft mit 142 gegen 61 Stimmen genehmigt, nahdenm der Minister-Siegelbewahrer sih mit dem Amendement einverstan- den erklärt hatte, daß die Haft gegen diejenigen Personen aufrecht erhalten bleiben soll, welche in Folge von Verbrechen Schuldner geworden sind und daß auch Civilrichter diese Hast zuerkennen dürfen. — Mehr als hundert Deputirte der Linken haben unter dem Vorsize von Mezzanotte eine Privatversammlung abgchalten, in welcher die Regierung des Herrn Depretis und seiner Kollegen getadelt wurde, die ihnen zu gemäßigt und zu konservativ ist. Sie haben auf den An- trag Tajanis und des sizilianischen Herzogs Colonna di Cesaro beschlossen, den Minister-Präsidenten aufzufordern, sich streng an das von ihm in Stradella verkündete Programm zu halten. — Vie sehr die Klerikalen auf die jetzigen Minister cr- bittert sind, zeigen die Artikel der Organe des Vatikans. E O lg. Law) Der Papst beschäftigt sih mit dem Plan, die unterbrochenen Konzilssißungen im Vatikan wieder aufzunehmen. Die Kongregation der Kardi- näle, der exr seine Ansicht unterbreitete, hat jedo geantwor- tet, da die Gründe, welche die Untcrbrehung des Konzils herbeiführten, noch fortbeständen, so sei eine Wiedereröffnung inopportun.
Türkei. Konstantinopel, 14. Februar. D) Der Delegirte der serbischen Regierung sür die Friedensver- handlungen, Christic, und Petew Effendi werden Sonn- tag hier erwartet. — Montenegro beharrt gegenüber dem Verlangen der türkischen Regierung, einen Delegirten nah Konstantinopel zu senden, bis jeßt darauf, die Verhandlungen in Wien zu führen. — Der Mustechar des Justiz-Mini- sters ist Seitens der Negierung nach Europa entsendet, um die europäischen Gerichtsorganisationen zu studiren und wird heute nah Marseille abreisen.
“London, 18, JébrUar. (W. L. B) - Im Oberhause erklärte Graf Derby auf eine Anfrage des Lord Granville, die Depesche des Marquis von Salisbury über dessen Unterredungen mit dem Fürsten Bismarck und dem Herzog Decazes seien niht in dem Blaubuche enthalten, weil die- selben einen konfidentiellen Chäraktker trügen. — Im Unterhause mahte Montague die Mittheilung, daß er den Schatkanzler darüber interpelliren werde, ob der Marquis von Salisbury erklärt habe, daß die griechischen Unterthanen der Türkei das Necht hätten zu revoltiren, wenn sie glaubten, Chancen auf Erfolg zu haben. — Der Unter-Staatssekretär des Aeußeren, Bourke, erwiderte auf eine Anfrage Mills, er habe keine näheren Details über den Sturz Midhat Paschas erhalten, sei aber sowohl durh den türkischen Botschafter Musurus, als au telegraphisch direkt davon benathrichtigt, daß der Fall des Groß- veziers Nichts in der Politik der Pforte ändere und daß die versprochenen Reformen ausgeführt werden würden. — Der Shaßkanzler. Northcote entgegnete auf eine An- frage Samuelsons, die Depesche des Botschafters Lostus vom 2. November v. F. an den Grafen Derby über die Friedens- versicherungen des Kaisers von Rußland sei selbstverständlich dem Premier Disraeli vor dem 9. November v. J. mitgetheilt worden. — Der Unter-Staatssekretär Bourke erwiderte end- lih auf cine Anfrage Andersons, die Verhandlungen mit der Türkei, betreffend eine bessere Kontrole des Vertrages wegen des SUavenhandels, seien bereits seit 15 Jahren abgebrochen.
Zara, 13. Februar. (W. T. B.) Der von einigen Blättern gemeldete angebliche Aufstand in Dukadjin beschränkte sich, hierher gelangten Nachrichten zufolge, auf die Ansammlung der Bewohner des von Miriditen bewohnten Distriktes. Dibri, um das Dorf Kcira (?) gegen einen von türkischer Seite her befürchteten Angriff zu vertheidigen. Die Miriditen besetzten die Straße von Scutari nach Prisren und nahmen den zur Herstellung der Ordnung entsendeten türkishen Beamten Zeinil Bey gefangen. Sie erklärten, daß sie denselben nicht früher freilassen würden, bis der Miriditen-Chef Marko Noßa wieder in Freiheit geseßt sei.
Belgrad, 12. Februar. Uebex die ¿FricedEnsUer - handlungen meldet die „Pol. Korr.“ von hier: Die Pforte scheint auf die Präliminarbedingung, betreffend die Gleichstel- lung der Katholiken und Juden, gegen das von Serbien ge- machte Zugeständniß zu verzichten, diese Frage auf dem Wege der Legislative selbständig regeln zu wollen. Dagegen ist Serbien geneigt, der Forderung der Pforte in Betreff der Affkreditirung cincs ottomanischen Agenten in Belgrad um so eher gerecht zu werden, als man in Konstantinopel sich bereit erklärt hat, die Nehte und den Wirkungskreis des künftigen türkischen Agenten in einer die Berührung der staatsrechtlichen Stellung Serbiens -auss{hließenden Weise zu präzisiren. Ob es hier zur Unterzeihnung eines förmlihen Präliminar- vertrages kommen werde, ist bei dem Wunsche der Pforte, daß nur die Protokolle von den beiderseitigen Bevollmächtigten unterzeihnet werden und alles Weitere in Konstantinopel zu erfolgen hätte, noch fraglich. Die Grenzregulirungsfrage wurde bis jeßt nur oberflächlih berührt... Die Pforte wünscht die Erledigung dieser Angelegenheit cinem späteren Zeitpunkte
vorbehalten zu fehen.
— 14. Februar. (W. T. B.) ‘Die Bevollmäthtigten zu den Friedensverhandlungen, Christic und Matic, sind mit dem Dolmetscher Bacsic nah Konstantinopel .ab- gereist. — ‘Ein Dekret des Fürsten beruft die große Skupschtina zum 26. d. ein und ordnet die Wahlen auf den 20, d, an.
Schweden und Æorwegen. Christiania, 10. Fe- bruar. (H. N.) Am Mittwoh Nachmittag brachten die norwegischen Studenten dem Kronprinzen einen Fael- zug in Veranlassung des Beginns seiner Universitäts- studien. Der Kronprinz begab sih am Donnerstag Morgen nah Upsala zurück. — Das norwegische Staats§-.: budget für das Jahr vom 1. Juli 1877 bis 1. Juli 1878 weist eine ordinäre Ausgabe von 35,100,000 Kr. und eine
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