1877 / 50 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Feb 1877 18:00:01 GMT) scan diff

müsse, welhe Titel, Erscheinungszeit, Druckerei, Namen und Wohnung des Geranten angebe. Der Gerant müsse Franzose, mündig vnd im Vollbesip der bü'.gerlihen und politischen Rechte sein. Diese Erklärung soll in Paris auf der Polizei- Präfektur und in den Departerxnents auf den Präfekturen wenigstens drei Tage (das bestehende Geseß sagt vierzehn Tage) vor der Veröffentlihung abgegeben werden. Fn Paris wird ein Garnisonswechfel stattfinden; die meisten jeßt hier liegenden Truppen werden die {on in der Mehrzahl fertigen neuen Forts beziehen.

2%. Februar. Je länger die Blätter sich mit der Thronrede: des Deutschen Kaisers beschäftigen, desto einstimmigcr werden sie in ihrer friedlichen Deutung derselben. Das „Journal des Debats“ geht in diesem Punkte den übrigen voran. Jm Kriegs-Ministerium is man, der „Köln. Ztg.“ zufolge, zwar dagegen, daß eine so bedeutende Aenderung der Heeresverfassung, wie die Herabseßung der Dienst- zeit auf drei Jahre, schon jeßt angenommen werde. Aber man will die Verhandlungen über Laisants Geseßes vorschlag abwarten, damit die Frage von allen Seiten be- leuchtet werde, und man giebt wenigstens grundsäßlih zu, daß eine solhe Aenderung einmal getroffen werden könne. Jn; Abgeordnetenkreisen bilden die Anhänger des Entwurfes nahezu die Mehrheit.

Versailles, 26. Februar. (W. T. B.) Jn der heu? tigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde der Antrag auf Wiederzulassung der Deputirten für die französi- schen Kolonien in Guyana und am Senegal troy des Rüiderspruhs des Marine-Ministers mit 310 gegen 142 Stim- men angenommen.

Italien. Wie der römishe Korrespondent der „Times“ unterm 22. d. M. telegraphirt, hat der Papst der Erwägung einiger Kardinäle sämmtlihe in den verschiedenen katholishen Staaten s{hwebenden Streit- fragen unterbreitet, damit dieselben diejenigen bezeichnen, über welche es möglich sein dürfte, einen Vergleich herbeizuführen, und untersuhen, welches die mit den Doktrinen der Kirche am meisten übereinstimmenden Mittel sein würden, dur welcze der päpstlihe Stuhl alle die Ursachen, die zu Protesten Anlaß geben, beseitigen und den von allen Parteien ge- wünschten Frieden erzielen könnte.

Türkei. Konstantinopel, 26. Februar. (W. T. B.) Die serbischen Delegirten konferirten heute noch- mals mit Safvet Pascha, da noch einige Details zu ord- nen waren. Morgen soll ebenfalls noch eine Konferenz statt- finden. Wahrscheinlih wird dann morgen oder am Mittwoch das Protokoll über das prinzipiell feststehende Ueberein- kommen unterzeichnet werden. Fürst Milan wéèérde darauf, wie bereits gemeldet, dem Sultan seine Zustimmung zu dem Uebereinkommen übermitteln. Wie verlautet, wird das Protokoll erwähnen, daß der Friede auf der Grundlage des status quo hergestellt wird, daß eine vollständige Amnestie ge- währt wird und daß das serbische Gebiet innerhalb 12 Tage nach der Unterzeichnung des Friedensvertragès von den tür- fischen Truppen geräumt werden soll Außerdem solle bezüg- lih der befannten moralishen Garantien eine s{riftlihe Er- lärung abgegeben werden. Endlich soll dem Fürsten Milan ein neuer Ferman ertheilt werden.

London, 26. Februar. (W. T. B.) Im Oberhause begründete Lord Stratheden in langer Rede den von ihm angekündigten Antrag auf Ergreifung von Maßregeln, die geeignet seien, dem Ausbruche eines Krieges vorzubeugen, die Aufrechterhaltung der 1856 abgeschlossenen, 1871 modifizirten Verträge zu sichern und die Wohlfahrt der der Pforte* unter- worfenen Völkerschaften zu fördern. Lord Grey trat dem Antrage entgegen, weil er ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung involvire. Derselbe gab zu, daß die türkischen Provinzen \{hlecht verwaltet würden, hob aber andererseits auch O wie die- Jelben nit fähig und im Stande seien, sich selbst zu regieren. Eine Uebertragung der Regierung der türkishen Provinzen an Rußland sei ebenso unerwünsht, weil das russische Regie- rungssystem dem Fortschritt und der konfessionellen Unabhängig- keit noch weniger förderlich sei, als das türkische. Lord Derby wics den Vorrednern gegenüber darauf hin, daß es ohne allen Nutzen gewesen sein würde, formelle Neutralitäts-Erklärungen von den einzelnen Mächten zu verlangen. Die Reformfrage sei in die Friedensbedingungen mit eingemischt worden, weil, wenn auch vielleicht die serbische Regierung in den Abschluß des Frie- dens ohne Rücfsiht auf die Reformfrage gewilligt haben würde, es doch Personen in Serbien gegeben habe, die einem Frieden ohne Rüsihtnahme auf die ausständishen Pro- vinzen nicht zugestimmt haben würden. Die Phrase von lokalen oder administrativen autonomistishen Maß- regeln habe niht die Bedeutung, daß die Administration der aufständishen Provinzen eine von derjenigen anderer türkischen Gebietstheile verschiedene sein solle und was die von einer internationalen Kommission auszuübende Kon- trole anbetreffe, so habe das Wort „Kontrole“ hier die enger beschränkte Bedeutung, die die französishe Sprache damit ver- binde, niht den Sinn, den die englishe Sprache dem Worte beilege. Nachdem Lord Derby zum Schluß nohmals hervor- gehoben, daß die abgeschlossenen Verträge für England noch immer bindend seien, wurde der Antrag Strathedens ohne förmliche Abstimmung abgelehnt.

(W. T. B.) Jn der Sißzung des Les zeigte Hanbury dem Hause an, daß er morgen die Regierung dar- über interpelliren werde, ob sie sich in Konstantinopel fernerhin durch einen Geschäftsträger vertreten lassen wolle, oder ob sie wieder Sir H. Elliot oder einen anderen Diplo- maten als Botschafter nach Konstantinopel senden werde. Kenealy kündigte für den 5. März einen Antrag auf An- uahme einer Resolution zu Gunsten der Ins der ZFntegrität und Unabhängigkeit des türkishen Reiches an, in welcher zuglei die Mißbilligung der Depesche Lord Derby's an Sir H. Elliot vom 29. August 1876 ausgesprochen wer- den solle. Auf eine Anfrage Andersons erklärte der Unter- Staatssekretär Bourke, daß der Regierung unter dem 20. d. eine Petition der bulgarishen Bevölkerung, gleihlautend mit Der q den heutigen Morgenblättern veröffentlihten, zugegan- gen fei.

_ Gíne von den beiden, wie gestern mitgetheilt, in eng- lischen Blättern veröffentlichten bulgarischen Petitionen ist der W. „Presse“ mit der Bitte um Veröffentlihung zuge- gangen. Das genannte Blatt giebt folgende Ueberseßung derselben :

„Bittschrift der Bewohner des Mstrikts von Tatar-

Bazardschik an die sechs Großmächte. Sowie nach allen Noten und Feru'ans, welche bis heute von den Sultan ausgingen, wie der Hattischerif voa 1839 und der Hattis

Humayum von 1856, “die Mißhandlungen und Gewaltthätigkeiten, welche Seitens der muselmanischen Bevölkerung stets gegen uns an- dere Bulgaren verübt wurden, niemals aufgehört haben, so werden au heute noch, na der feierlihen Verkündung der osmanischen Verfassung, wel{e allen Unterthanen ohne Unterschied Gleichheit ver- spricht, diese Mißhandlungen und Gewaltthätigkeiten gegen uns fort- während verübt, ja sogar mit einer viel größern Wuth als fcüher.

„Zwischen uns Bulgaren und den Muselmännern besteht keine Gleichheit. weder in der Ausübung der Religion, ncch vom Stand- punkte des Volkslebens aus. Die Mufelmänner haben uns stets als ihnen untergeordnete Wesen, als ihre Sklaven betrachtet, an welchen alle Arten vou Mißhandlungen und solchen Erzessen, wie sie Europa inge kennen gelernt hat, begehen zu dürfen, sie beständig das Recht zu haben glaubten.

Eine große Anzabl von Akten und Fermans wurden bis heute und zu wiederholten Malen von dem Sultan promulgirt und eine noch größere Anzahl von Befehlen und Instruktionen wurden an die Gouverneure befördert; aber nichts von all Dem wurde gehalten, nichts wurde zur Ausführung gebracht. Der Sultan wurde stets dargestellt, als von einer tiefen Liebe für alle seine Unterthanen ohne Unterschied der Race und der Religion beseelt. Jedeufalls behaupten, wir, daß alles Das ftets nur auf dem Papier geblieben ift.

Noth jeßt, wo einerseits der Sultan die Gleichheit und Sicher- heit für alle seine Unterthanen verkündet und wo andererseits der Großvezier versicherte, daß alles das ausgeführt werden würde, ist die arme bulgarishe Bevölkerung jeder Art von Willkür Seitens der Muselmänner ausgeseßt und wir sehen, daß die Liebe des Sultans für alle seine Unterthanen, fo shön in der Theorie, in die praktische Form einer beständigen Unterdrückung gefleidet ift, welche bisweilen in Massakres übertragen wird. Troß alledem macht die türkische Regierung, wie es nach der Verkündung eines jeden Fermans ihre Gewohnheit ist, heute Anstrengungen, um von ihren Unterthanen Dankadressen für die Proklamation der türkischen Verfassung zu er- pressen. Eine derartige Adresse wurde von der muselmanischen Be- völkerung unserer Gegend angefertigt und die Regierung zwang auch die Bulgaren, diese Adresse gutwillig oder nit zu unterzeichnen.

Wir Bulgaren, welche wir die Majorität in dem Distrikt von Tatar-Bazardschik bilden, gleichviel, ob wir gegen unser Gewissen und unter dem Druck der Gewalt und der Furcht eine solche Adresse unterzeichnet haben, oder nit, erklären Eurer Excellenz, daß wir den konstitutionellen Versprechungen der türkischen Regierung keinen Glauben schenken, wir protestiren gegen die Form, welcher sich die Regierung bediente, um gewaltsam unsere Unterschriften zu erpressen, welche wir in Folge dessen als niemals geschehen und ohne Cültig- keit betrahten. Wir haben die feste Ueberzeugung, daß es außer den Projekten der Großmächte keine anderen Reformen geben kann, welce geeignet sind, die bulgarische Bevölkerung glücklich zu machen.

Wir sind nicht mit der türkischen Verfassung zufrieden und köôn- nen es niemals fein.

Wir bitten Euer Excellenz sehr ergebenst, die Wünsche und Ueberzeugungen der gesammten bulgarischen Bevölkerung in Erwä- gung zu ziehen. Wir rechnen auf die Bemühungen der Menschlich- keit und auf die Bestrebungen, von welchen die europäishen Mächte mit Nücksicht auf unsere Nation Probe abgelegt haben und sind in voller Unterthänigkeit

Eure Gewogenheit die christlihen bulgarischen Bewohner des Distrikts von Tatar - Bazard\schik.“ (Folgen zahlreiche Unterschriften.)

__— Folgende Provinzen des türkischen Reiches haben, dem „W. Fremdenbl.“ zufolge, hon die „Wahlen“ ins „Par- lament“ vollzogen: Bulgarien (Donau - Vilajet), Aidin (Smyrna), Salonich, Bosnien, Sivas (Asien), Adrianopel, Erzerum und Skutari in Albanièên.

Man schreibt dem Wiener „Fremdenbl.“: „Nun fängt auch hon Prenk Bib Doda, der Fürst der Miriditen, an, den souveränen Herrn zu spielen und diplomatische Rundschreiben an die Kabinette Europas zu erlassen, so wie er es erst vor wenigen Tagen gemaht hat. Vor einigen Tagen nämlich überschritt eine Schaar Miriditen die türkische Grenze, überfiel das Dorf Puka und nahm hier den Kommandanten desselben, Zeinel Bey, und vier türkische Notable gefangen. Derwisch Pascha von Skutari richtete nun an Prenk die Aufforderung, diese fünf Gefangenen wieder frei zu geben, worauf aber dieser gar nicht antwortete, dafür jedoch ein Rundschreiben an die europäischen Konsuln in Skutari erließ, in dem er das Be- nehmen seiner Leu:e damit zu entshuldigen suchte, daß die Türken in Puka ein Christen-Massakre beabsichtigten, und habe er, Prenk, sich beeilt, dieses geplante Gemegzel zu verhindern, indem er die fünf Hauptbefürworter desselben ge- fangen nehmen ließ. Die Gefangenen werde er aber keines- wegs freigeben, bis der in Skutari gefangen gehaltene Miri- diten-Häuptling Marko Noza wieder in Freiheit geseßt ist.“

Nusland und Polen. St. Petersburg, 24. Februar. Der FJnspektor der Pulverfabriken, General-Adjutant Ge- neral-Lieutenant Fafimowitsh, feierte gestern sein 50 jähriges Dienstjubiläum. Der Jubilar wurde in Anerken- nung seiner Verdienste um das Artilleriewesen 1869 zum General - Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers ernannt und 1875 mit dem Alexander-Newskij-Orden mit Brillanten aus- gezeichnet. Aus Anlaß des gestrigen Jubiläums erfolgte seine Beförderung zum General der Artillerie. Der Dampfer „Erifklif“ ist nach einem Telegramm des „Golos“ am 21. Februar in die Bucht von Ssewastopol eingelaufen.

Taschkent, 23. Februar. (Jnt. Tel. Ag.) Der Sohn des Emirs von Buchara, Nadshim - Eddin - Tjura isi auf der Rückreise von St. Petersburg nah Buchara mit seinem Gefolge in Taschkent eingetroffen.

Amerika. Washington, 26. Februar. (W. T. B.) Der Präsident Grant hat neuerdings mit dem Bericht- erstatter der „Associated Preß“ eine Unterredun gehabt und fich dabei dahin geäußert: Er glaube, daß noch bevor seine Präsidentschaft ihr Ende erreiche, die Wahl seines Nach- folgers werde verkündet werden können. Was die Regie- rungen in den Südstaaten anbelange, so sei seine Ansicht, daß dieselben, falls sie sich niht aus eigener Kraft zu behaup- ten vermöhten, eincr anderen Regierung Play machen müßten. Ér glaube, die Bevölkerung sei es müde, dieselben A der Stüße der Militärgewalt ihren Plaß behaupten zu sehen.

Dein „Bureau Reuter“ wird unterm 22. d. M. aus Washington gemeldet: Der Präsident Grant hat den zwischen Spanien und der Union abgeschlossenen Aus- lieferungsvertrag promulgirt. Der Senat hat eine jährliche Subsidie von 500,000 Dollars für einen amerifa- nishen Postdampferdienst zwischen China, Japan und den Vereinigten Staaten votirt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Burean.

__ Pest, Dienstag, 27. Februar. Das amtliche Blatt ver- öffentlicht ein Hande reiben des Kaisers, betreffend die Wieder-

ernennung des Kabinets Tisza. Bukarest, Dienstag, 27. Februar. Die von dem Sena- tor Deschlin verlangte Vorlegung der Akten über die Neutra-

] lität Rumäniens wurde Seitens der Regierung abgelehnt.

Der Minister des öffentlichen Unterrichts hat dem Senate einen Geseßentwurf, betreffend die. Errichtung ciner theologi- schen u medizinischen Fakultät auf der Universität Jassy vorgelegt. /

_St. Petersburg, Dienstag, 27. Februar. Der „Golos“ weist bei Besprehung eines riedensabshlusses zwischen der Türkei und Serbien darauf hin, daß das Zurücktreten der Fürsten- thümer vom Kriegsschauplaße. die Frage genau wieder in die- selbe Lage bringen werde, in der sich dieselbe zur Zeit der Berliner Verständigung befand. Damit trete der Augenblick ein, in welhem auc die Frage der Verbesserung der Lage der hristlihen Bevölkerung in der Türkei aufgestellt werden müsse.

New-York, Dienstag, 27. Februar. Nach hier einge- gangenen Kachrihten aus Mexiko is Porfirio Diaz zum Prä- sidenten der Republik und Jgnaro Villerta zum Präsidenten des obersten Gerichtshofes gewählt worden.

: Neichstags - Angelegenheiten. Bei der Neuwahl eines Abgeordneten für den Reichstag im 111, Wahlkreise der Stadt Berlin sind 16,740 Stimmzettel ab- gegeben worden. Davon find 37 als ungültig erklärt, bleiben 16,703. “orn Stimmzettel. Es haben erhalten: 1) Landtags-Abgcordneter von Saucken-Tarputshen 8643 Stimmen, 2) Buchhändler Heinri Rackow 5765 Stimmen, 3) Chemiker Dr. Otto Burg 1569 Stimmen, 4) Tischlermeister Brandes 720 Stimmen, 5) zersplittert sind 6 Stim- men;z sind 16,793 Stimmen. Hiernach hat der Landtags-Abgeordnete von Saucken-Tarputschen, da sich auf denselben 8643 Stimmen vereinigt haben, die absolute Majorität erbalten und ift als Abgeord= neter des I1T. Berliner Wahlkreises für den Reichstag proklamirt worden.

' _ Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath der Berliner Inimobilien - Gesell- schaft hat die Dividende auf 5% festgeseßt.

Aus dem Geschäftsberiht der Berliner Omnibus- Aktien-Gesellschaft für das Geschäftsjahr 1876 ist Folgendes mitzutheilen: Es waren dur{schnittlich täglich 143,5 Wagen im Betriebe, welche eine Gesammtstreke von 4,269,953,320 Kilozneter zurüdlegten. Personen wurden befördert: 1876: 12,943 701 (1575: 13,763,207). Die Betriebs-Einnahmen betrugen: 1876: 1,989,426 M (1875: 2,154,150,80 #4). Die Gesammt - Einnahmen betrugen 2,025,164 Æ, die Gesammt-Ausgaben betrugen 1,585,864 4, so daß fi ein Brutto-Gewinn von 439,299 4 ergiebt, wovon 186,264 M. zu Abschreibungen verwandt wurden. Die Dividende beträgt 7%.

__ Wien, 26. Februar. (W. T, B.) Die „Presse“ bezeichnet die bezügli der Dividende der Karl-Ludwigsbahn umlaufenden Gerüchte mit dem Bemerfen als unbegründet, daß die Vorlagen und Anträge wegen Festftellung und Vertheilung des Reinertrags erst in der zweiten Hälfte des April erfolgen würden.

pi iE a6 N:

ymouth, 26. Februar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Gellert“ ift hier eingetroffen. P G

S New-York, 26. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer „The Queen“ von der National-Dampfschiffs-Com- pagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 27. Februar 1877.

__ Der Ausfchuß des deutshen Comités für die vor- jährige Brüsseler Ausstellung für Gesundheits- pflege und Rettungswesen hat am 25. d. Mts. unter dem Vorsiß des Wirklichen Geheimen Raths von Philips- born eine Sißung abgehalten, welhe dem Abschlusse der Thätigkeit des Ausschusses gewidmet war.

Es gelangte unter Anderm der Kassenbericht zur Vorlage, wonach von der dem Comité als Beihülfe für die General- kosten der deutschen Betheiligung an der Ausstellung aus Reichsfonds - gewährten Summe von 75,000 #& ein Betrag von c. 20,000 als erspart der Neichs-Hauptkasse wieder zu- fließen wird. Zum Zweck des formellen Abschlusses der ganzen Angelegenheit wird der Ausschuß demnächst das deutsche Comité zu einer Schlußkonferenz einladen, um über seine Geschäftsthätigkeit Beriht zu erstatten und die Decharge- Ertheilung herbeizuführen.

Kiel, 27. Februar, 10 Uhr Vormittags. Die Post aus Christiania vom 24. ist heute eingegangen. Die Posten aus Stockholm und Christiania vom 25. sind, in Folge Verspätung der Eisenbahnzüge in Schweden, ausgeblieben.

Geschichte der Belagerung von Straßburg im Jahre 1870, von Reinhold Wagner, Major im Stabe des Ingenieur- Bes, Maas Theil. Erste Hälfte. - Berlin 1877, bei F. Schnei-

er u. Comp.

Die bisher erschienenen beiden ersten Theile dieses wohl bedeu- tendsten Werkes auf dem Gebiete der Geschichte des Belagerungs- frieges hatten die Ereignisse bis zum Bombardement der Festung geführt. Der dritte Theil beginnt nunmehr mit den Vorbereitungen zum förmlichen Angriff am Morgen des 27. August.

Neben der detaillirtesten Schilderung der Ereignisse vom Stand- punkte der technishen Waffen geht die der allgemeinen taktishen und \trategishen Verhältnisse einher; der Darlegung der höchst komplizir- ten Organisation der personellen und materiellen Kräfte des Angrei- fers steht eine ebenso objektive als interessante Beurtheilung der Lage e Bertheidigers in den verschiedenen Phasen der Belagerung. gegenüb:r.

Die Ereignisse sind bis zum 10. September geführt, die zweite Hälfte des dritten Theils wird den Schluß des Werkes enthalten.

Beigegeben is eine Anzahl von GCorpsbefehlen und Instruktio- nen, sowie die Korrespondenz zwischen den Generalen von Werder U A us eine lithographirte Ansicht des zerschossenen Reduits er Lunette 44.

Theater.

Im Königlichen Opernhause follle in dieser Woche Hr. Theodor Wachtel den Alessandro in „Stra- della“ und den Eleazar in der „Jüdin“ singen. Derselbe ist inzwischen erkrankt und die Vorstellung „Stradella“ für morgen auêgeseßzt. In der nächsten Woche soll der „Postillon“ in Scene gehen. Das ursprünglih nur bis zum 7. April projektirte Gastspiel des Künstlers wird si, wie das „Fremdenbl.“ vernimmt, um zwei Wochen verlängern. Im Königlichen Schauspielhause be- ginnt am 1. März die Darstellung der Königsdramen- von Shakespeare mit Richard I. Zwischen den Fortseßungen werden iuven immer Tage liegen, an denen andere Piecen zur Darstellung ge- angen.

Rosens historishes Lustspiel „Der erste Narrenabend“ geht am Sonnabend im Belle-Alliance-Theater zum ersten Male in Scene. Die beiden leßten Aufführungen des Volksstücks „Am Rande des Abgrunds" finden daher am Donnerstag und Freitag und zwar zu halben Kafsenpreisen statt.

Redacteur: F. Prehm.

Verlag der Expcditicn (Kessel). Druck: W. Elsner.

Drei Beilagen (eins{ließlih Vörsen-L eilage).

Berlin:

zum Deutscheu Reichs-Anz

„M SÒ.

Neichôtags - Angelegenheiten.

Berlin, 27. Februar. Dem Reichstage ist der Ent- wurf eines Patentgeseßes vorgelegt worden. Derselbe - lautet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaijer,

König von Preußen 2c. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraihs und des Reichstags, was folgt: Ecster. Ab\GUunttt Patentrecht.

8. 1. Patente werden ertheilt für neue Erfindungen, welche eine gewerbliche Verwerthung gestatten.

Ausgenommen sind: Î

1) Erfindungen, deren Verwerthung den Gesetzen oder guten

Sitten zuwider laufen würde ; E 9) Erfindungen von Mustern oder Modellen, welche lediglich die Verschönerung oder die Auss{chmüdckung eines Gegenstandes be- zweken ; S E

3) Erfindungen von Genuß- oder Arzneimitteln, soweit die Er- fronnain nicht das Verfahren zur Herstellung der Gegenstände betreffen.

8. 2. Eine Erfindung liegt nicht vor, wenn der Eintritt des beabsichtigten Erfolges nach den Geseßen der Natur als unmöglich anzusehen ist. i L : :

Eine Erfindung gilt ‘niht als neu, wenn sie zur Zeit der auf Grund dieses Geseßes erfolgten Anmeldung in öffentlichen .Druck- schriften bereits derart beschrieben oder im Inlande bereits fo ofen- kundig win M eue dunas die Benußung durch andere Sachver- tändige möglich erscheint. :

f “Bie in Auslande amtlih herausgegebenen Patentbeschreibungen stehen ten öffentlichen Druckschriften erst nah Verlauf von drei Moó-

naten seit dem Tage der Herausgabe gleich.

e Auf e Ertheilung des Patentes hat derjenige Anspruch, welcher die Erfindung zuerst nach Maßgabe dieses Gesezes ange- meldet hat. :

Ein Anspruch auf Ertheilung des Patentes findet nicht statt, wenn der Patentsucher den wesentlihen Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Geräthschaften oder Ein- richtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Ver- fahren ohne Emwilligung desselben entnommen hat und von dem leßteren aus diesem Grunde Einspruch erhoben ift. i

L 4. Das Patent hat « die Wirkung, daß Niemand befugt ist, den Gegenstand der Erfindung ohne Erlaubniß des Patentinhabers herzustellen oder feilzuhalten. i / i :

Bildet ein Verfahren, eine Maschine oder eine sonstige Betriebs- vorrihtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth den Ge- genstand der Erfindung, so hat das Patent außerdem die Wirkung, daß Niemand befugt iît, chne Erlaubniß des Patentinhabers das Verfahren anzuwenden oder den Gegenstand der Erfindung zu ge- brauchen. j F :

8. 5. Die Wirkung des Patentes tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher die Erfindung bereits zur Zeit der Anmeldung des Pa- tentinhabers im Inlande in Benußung genommen hatte. :

Die Wirkung des Patentes tritt ferner infoweit nicht ein, als die Erfindung nach Bestimmung der Reichs- oder Landes-Central- behörden für das Heer oder für die Flotte, oder fonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benußt werden soll. Doch hat der Pa- tentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reiche oder dem Staate, dessen Centralbehörde die Bestimmung getroffen hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, welche in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgeseßt wird. i /

Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, welche nur vorübergehend in das S ad gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patentes nicht. 8 6. Der Anspruch auf Ertheilung des Patentes, und das Recht aus dem Patente gehen auf die Erben über. Der Anspruch und das Recht können beschränkt oder unbeschränkt durch Ver- trag oder durch Verfügung von Todeswegen auf Andere übertragen werden.

8. 7. Die Dauer des Patentes ist fünfzehn Jahre; der Lauf dieser Zeit beginnt mit dem auf die Anmeldung der Erfindung fol- genden Tage. Bezwect eine Crfindung die Verbesserung einer an- deren, zu Gunsten des Patentsuchers durch ein Patent ge\shüßten Er- findung, so kann dieser die Ertheilung eines Zusaßpatentes nach- fuchen, welches mit dem Patente für die ältere Erfindung sein Ende

icht. i d R 8. Für jedes Patent ist bei der Ertheilung eine Gebühr von

0 M zu entrichten. | A : Mit ine der Zusaßpatente (8. 7) ist außerdem für jedes Patent mit Beginn des zweiten und jeden folgenden Jahres der Dauer eine Gebühr zu entrichten, welche das erste Mal 50 ( beträgt und weiterhin jedes Jahr um 50 6 steigt. O | :

Einem Patentinhaber, welcher seine Bedürftigkeit nahweist, kön-

nen die Gebühren für das erste und zweite Iahr der Dauer des Patentes bis n en, Ihre deu und, wenn das Patent im itten Jahre erlischt, erlajjen werden. s

L J, Du Petut erlischt, wenn der Patentinhaber auf dasselbe verzichtet, oder wen die Ee nicht spätestens drei Menate nach

älligkeit gezahlt werden.

is Q 10. Das Patent wird für nichtig erklärt, wenn sich ergiebt:

1) daß die O nach 88. 1 und 2 nicht patentfähig ge- wesen ist; i :

2) p a Patentsucher den wesentlichen Inhalt seiner Anmel- dung den Beschreibungen, Zeichnungen , Modellen, Geräth- schaften oder Einrichtungen eines Anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben

entnommen hat. : A 8. 11. Das Patent kann nach Ablauf von zwei Jahren zurück-

enommen werden : :

Y 1) wenn der Patentinhaber sih weigert, zur Benutzung der Er- findung im Inlande die Erlaubniß zu ertheilen, obwohl dafür, unter Segen a Sicherheit, eine angemessene Vergütung an- eboten wird; E }

2) soenn der Patentinhaber es unterläßt, im Inlande die Grfin- dung in einer dem inländischen Bedarfe eee Weise zur Ausführung zu bringen oder bringen zu lassen.

19. Wer nicht im Inlande wohnt, kann den Anspruch auf die É-theilung eines Patentes und die Rechte aus dem leßteren nur eltend machen, wenn er im Inlande einen Vertreter bestellt hat. Der leßtere ist zur Vertretung in den nah Maßgabe dieses Gesetzes stattfindenden Berfahren, sowie in Civilprozessen befugt. Für die auf Grund dieses Geseßes gegen den Patentinhaber anzustellenden Klagen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat, in Ermangelung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk das Patentamt seinen Sig hat. / Zweiter Abschnitt. Patentamt. e ON : 8. 13. Die Ertheilung, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente erfolgt durch das Patentamt. Das Patentamt hat seinen Siß în Berlin. Es besteht aus mindestens drei ständigen Mitgliedern, einschließli des Vorsitzenden, und aus nicht ständigen Mitgliedern. Die Mitglieder werden vom Kaiser, die übrigen Beamten vom Mert ernannt. Die Er- nennung der ständigen Mitglieder erfolgt auf Vorschlag des Bundes-

Erste Beilage eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 27. Februar

raths und zwar, wenn sie im Reichs- oder Staatsdienste ein Amt bekleiden, auf die Dauer dieses Amtes, andernfalls auf Lebenszeit ; die Ernennung der nit ständigen Mitalieder erfolgt auf fünf Jahre. Die ständigen Mitglieder müssen die MEmging zum Richteramte oder zum höheren Verivaltungsdienste besißen, die nicht ständigen Mitglieder müssen in einem Zweige der Technik sachverständig sein.

§14. Das Patentamt besteht aus mehreren Abtheilungen. Ein Mitglied kann mehreren Abtheilungen angehören. ;

Die Beschlußfähigkeit der Abtheilungen ift, wenn es sich um die Ertheilung eines Patentes handelt, durch die Anwesenheit von min- destens drei Mitgliedern bedingt, unter welchen sich zwei nit ftän- dige Mitglieder befinden müssen. An den Entscheidungen über die Erklärung der Nichtigkeit und über die Zurücknahme eines Patentes müssen außer dem Vorsißenden mindestens zwei ständige und zwei nit ständige Mitglieder theiluehmen. : i

Auf die Mitglieder des Patentamtes finden die Bestimmungen des §8. 41 der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung.

Zu den Berathungen können Sachverständige, welche nicht Mit- glieder sind, zugezogen werden; dieselben dürfen an den Abstimmungen niht theilneh men. 1 : : j

8. 15. Die Be chlüsse und die Entscheidungen der Abtheilungen

erfolgen im Namen des Patentamtes; sie sind mit Gründen zu ver- sehen, ares auszufertigen und allen Betheiligten von Amtswegen uzustellen. : Zustellungen, welche den Lauf von Fristen bedingen, erfolgen dur die Post mittels eingeschriebenen Briefes gegen Empfangschein. Kann eine Zustellung im-Inlande nicht erfolgen, fo wird sie von dem damit beauftragten Beamten des Patentamtes durch Aufgabe zur Fans nach Maßgabe der 88. 161, 175 der Civilprozeßordnung bewirkt.

Gegen die Beschlüsse des Patentamtes findet die Beschwerde statt.

8. 16. Wird der Beschluß «einer Abtheilung des Patentamtes im Wege der Beschwerde angefochten, so «Ce die Beschlußfassung über diese Beschwerde durch eine andere Abtheilung oder dur mehrere Abtheilungen gemeinsam. An der Beschlußfassung darf kein Mitglied theilnehmen, welches bei dem angefohtenen Beschlusse mit- gewirkt hat. ' ,

8. 17. Die Bildung der Abtheilungen des Patentamtes, die Bestimmung ihres Geschäftskreises, die Formen des Verfahrens und der Geschäftsgang des Patentamtes werden durch Kaiserliche Ver- ordnung unter Zustimmung des Bundesraths geregelt.

8, 18. Das Patentamt ift verpflichtet, auf Ersuchen der Ge- rihte Gutachten über Fragen, welche Patente betreffen, abzugeben. Im übrigen ist dasselbe nicht befugt, ohne Genehmigung des Reich8- fanzlers außerhalb seines geseßlihen Geschäftskreises Beschlüsse zu fassen oder Gutachten abzugeben. , : Í

8. 19, Bei dem Patentamte wird eine Rolle geführt, welche den Gegenstand und dic Dauer der ertheilten Patente, sowie den Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer bei Anmeldung der Erfindung etwa bestellten Vertreter angiebt. Der Ablauf, das Erlöschen, die Erklärung der Nichtigkeit und die Zurücknahme der Patente find, unter gleichzeitiger Bekannimachung durch den Reichs- Anzeiger, in der Rolle zu vermerken. |

Tritt in der Person des Patentinhabers oder seines Vertreters eine Aenderung ein, so wird dieselbe, wenn sie in beweisender oen zur Kenntniß des Patentamtes gebracht ist, ebenfalls in der Rolle vermerkt. So lange dieses nicht geschehen ist, bleiben der frühere Patentinhaber und fein früherer Vertreter nah Maßgab? dieses Ge- seßes bere{tigt und verpflichtet. : j

Die Einsicht der Rolle, der Beschreibungen, Zeichnungen und Modelle, auf Grund deren die Ertheilung der Patente erfolgt ift, steht, soweit es sich nicht um ein im Namen der Reichsverwaltung für die Zwecke des Heeres oder der Flotte genommenes Patent han- delt, Jedermann fret. : j :

Das Patentamt veröffentliht die Beschreibungen und Zeichnun- aen, soweit deren Einsicht jedermann freisteht, in ihren wesentlichen Theilen durch den Druck.

Orttter Absch ntt 1. Verfahren in Patentsachen.

8. 20. Die Anmeldung einer Erfindung behufs Ertheilung eines Patentes geschieht. bei dem Patentamte. pl jede Erfindung ist eine besondere Anmeldung erforderlich. Die Anmeldung muß den Antrag auf Ertheilung des Patentes enthalten und in dem Antrage den D welcher durch das Patent geschüßt werden soll, genau

ezeichnen. | i

: Das Patentamt erläßt Bestimmungen über die sonstigen Erfor- dernisse der Anmeldung ; es kann die Beifügung von Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen und Probestücken verlangen. l

Bis zu der Bekanntmachung der Anmeldung sind Abänderungen der darin enthaltenen Angaben u Gleichzeitig mit dec An- meldung sind für die Kosten des Verfahrens 20 M. zu zahlen.

8. 21. Ist durch die Anmeldung den vorgeschriebenen Anfor- derungen nicht genügt, so verlangt das Patentamt von dem Patent- sucher unter Bezeichnung der Mängel deren Beseitigung innerhalb einer bestimmten pril: Wird dieser Aufforderung innerhalb der Frist nicht genügt, so ist die Anmeldung zurückzuweisen. E

8. 22, Erachtet das Patentamt die Anmeldung für gehörig er- folgt und die Ertheilung eines Patentes nicht für ausgeschlossen, so verfügt es die Bekanntmachung der Anmeldung. Mit der Bekannt- machung treten für den Gegenstand der Anmeldung zu Gunsten des e einstweilen die geseßlihen Wirkungen des Patentes ein (S8. 4, 9). ; : 7

(V: fitet das Patentamt die Erfindung nit für neu und aus diesem Grunde die Ertheilung eines Patents für ausgeschlossen, L seßt es hiervon den Patentsucher in Kenntniß. Trägt dieser leich- wohl auf Fortseßung des Verfahrens an, ]o erfolgt die B:kannt- machung der Anmeldungz jedoch tritt in diesem Falle zu Gunsten des Patentsuchers der in Absaß 1 bezeichnete Schuß nicht ein. :

Ist das Patentamt der Ansicht, daß die Erfindung zu den im 8, 1 unter Nr. 1 bis 3 bezeihncten Erfindungen gehört, oder da na §. 2 Absatz 1 eine Erfindung überhaupt nicht vorliegt, so weist es die Anmeldung zurü. E |

8 23. Die Bekanntmachung der Anmeldung geschieht in der Weise, daß der Name des Patentsuchers und der we- sentlihe Inhalt des in seiner Anmeldung enthaltenen Antrages dur den „Reichs-Anzeiger“ einmal veröffentlicht wird. Gleichzeitig ist die Anmeldung mi sammtlichen Beilagen bei dem Patentamte zur Einsicht für jedermann auszulegen. Mit der Veröffentlichung

ist, wenn der Fall des §. 22 Absaß 1 vorliegt, die Anzeîge zu ver- binden, daß der Gegenstand der Anmeldung einstweilen gegen unbe-

igte Benußung ge[{chÜüßt sei. E g elt es gus M im Namen der Reichsverwaltung für die Zwecte des Heeres oder der Flotte nachgesuhtes Patent, so unter- dleibt die Auslegung der Anmeldung und ihrer Beilagen.

8 24. Nach Ablauf von aht Wochen, seit dem Tage der Ver- öffentlichung (8. 23), hat das Patentamt über die Ertheilung des

atentes Besluß zu fassen. Bis dahin kann gegen die N dei dem Patentamte Einspruch erhoben werden. Der Einspruch muß \{hriftlih erfolgen und mit Gründen versehen sein. Er kann nur auf die Behauptung, da die Erfindung nicht neu sei oder daß die Voraussetzung des §. 3 Absay 2 vorliege, ge\tüßt werden.

1877.

_§. 25. Gegen den Beschluß, dur welchen die Anmeldun zurückgewiesen wird, kann der Patentsucher, und gegen den Beschluß, durch welchen über die Ertheilung des Patentes entschieden wird, der atentsucher oder der Einsprechende binnen vier Wochen nah der ustellung Beschwerde einlegen. Mit der Einlegung der Bef{werde at er für die Koften des Beschwerdeverfahrens 20 # zu zahlen ; er- folgt die Zahlung nit, so gilt die Beschwerde als nit erhoben. S. 26. Ist die Ertheilung eines Patentes endgültig beshlcffen, L erläßt das Patentamt darüber durch den Reichs-Anzeiger eine ekanntmachung und fertigt demnächst für den Patentinhaber eine Urkunde aus. Mit der Bekanntmachung treten, sofern dies nit {on in Gemäßheit des §. 22 Absaß 1 erfolgt ist, die geseßlkühen Wirkungen des Patentes (88. 4, 5) ein. Eine gleihe Bekanntmachung hat zu geshehen, wenn der inx Falle tes §. 22 Absayz 1 einstweilen gewährte Schuß dur die end- gültige Versagung des Patentes wegfällt. &, 27. Die Einleitung des Verfahrens wegen Erklärung der Nichtigkeit oder wegen Zurücknahme des Patentes erfolgt nur anf Antrag. Der Antrag ist an das Patentamt zu richten. Im Falle des 8. 10 Nr. 2 ist nur der Verleßte zu dem Antxage berechtigt. Ft der Antrag von einer Reichs- oder Landes-Centralbehörde gestellt, so ist das Verfahren ohne Weiteres einzuleiten. In anderen Fälle prüft das Patentamt zunächst, ob nah dem Inhaklte des Antrages die Annahme begründ-t erschcint, daß einer der in 88S. 10 oder 11 bezeichneten Fälle vorliegt. Erscheint die Annahme begründet, so ver= fügt es die Einleitung des Verfahrens. Erscheint sie nihcht begründet, so weist es den Antrag zurück. Der Antragsteller kann gegen diesen E binnen vier Wochen nach der Zustellung Befchwerde einlegen S: TD),

8. 28. It die Einleitung des Verfahrens verfügt, so fordert das Patentamt den Patentinhaber unter Mittheilung des Antrages auf, fich über denselben binnen vier Wochen zu erklären.

Erklärt der Patentinhaber binnen der Frist sih nicht, so ergeht die Entscheidung nah dem Antrage. :

Widerspricht der Patentinhaber rechtzeitig, so trifft das Patent=- amt die zur le hm der Sache erforderlichen Verfügungen. Es fann die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen anordnena Auf die Vernehmung derselben finden die Vorschriften der Civik-

rozeßorduung entsprechende Anwendung. Die Beweisverhandlungen

fink unter Zuziehung eines beeidigten Protokollführers aufzunehmen, Die Entscheidung erfolgt nach Ladung und Anhörung der Bethei= ligten. In der Entscheidung hat das Patentamt nah freiem Er- messen zu bestimmen, zu welchen Autheilen die Kosten des Verfahrens den Betheiligten zur Last fallen. l : :

Die Gerichte sind verpflichtet, Rehtshülfe zu leiften. Die Geft- seßung einer Strafe gegen Zeugen und Sachverständige, welche nicht? erscheinen oder ihre Aussage oder deren Beeidigung verweigern, ex- folgt auf Ersuchen durch die Gerichte. :

. 29. Gegen die Entscheidungen des Patentamtes (8. 28) ift die Berufung zulässig. Die Berufung geht an das Reichs-Ober- Haudelsgericht. Sie ist binnen sechs Wochen nah der Zustellung bei dem Patentamte \chriftlich anzumelden und zu begründen.

Durch das Urtheil des Gerichtshofes ist nach Maßgabe des 8. 23 auch über die Kosten des Verfahrens zu bestimmen.

Im übrigen wird das Verfahren vor dem Gerichtshofe durch ein Regulativ bestimmt, welches von dem Gerichtshofe zu entwerfen ist und dur Kaiserlihe Verordnung unter Zustimmung des Bunde raths festgestellt wird. E

S. 30. In Betreff der Geschäftssprache vor dem Patentamte finden die Bestimmungen des Gerichtsverfassung8geseßes über die Ge= rihts\prache entsprehende Anwendung. Eingaben, welche niht in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden nicht berücksichtigt.

Bierter Ab\.chGn411 Strafen und Entschädigung.

8 31. Wer wissentlich den Bestimmungen der 88. 4 und 95 dieses Gesetzes zuwider eine Erfindung in Benußung nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft und ist dem Verlebßten zur Entschädigung vex=

ichtet. i n Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. j

8. 32. Darüber, ob ein Schaden entstanden ist und wie ho i derselbe beläuft, entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Ueberzeugung. s S

8, 33. Statt jeder aus diesem Geseße entspringenden Entschä=- digung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Geldbuße bis zum Betrage von zehntaufend Mark erkannt werden. Für diese Buße haften die zu derselben Verx= urtheilten als Gesammtschuldner. : /

Eine erkannte Gute schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus. y :

T 30 Mit Geldstrafe bis zu cinhundertfunfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: E :

1) wer Gegenstände oder deren Verpackung mit einer Bezeichnung versieht, welche geeignet ist, den Irrthum zu erregen, daß die Gegenstände durch ein Patent nah Maßgabe dieses Getetes; geschüßt seien; i i :

2) wer in öffentlichen Anzeigen, auf Aushängeschildern , auf Empfehlungskarten oder in ähnlichen Kundgebungen eine Bes zeichnung anwendet, welche geeignet ist, den Irrthum zu er- regen, daß die darin erwähnten Gegenstände durch ein. Patent nach Maßgabe dieses Gesetzes geschüßt seien.

TSunfsteer A WnilL Uebergang8bestimmungen.

8. 35. Die auf Grund landes8geseßlicher Bestimmungen zu Zeit bestehenden Patente bleiben na Maßgabe dieser Bestimmungen: bis zu ihrem Ablauf in Kraft; eine Verlängerung ihrer Dauer ift: unzulässig. fand Z

! S 36 Der Inhaber eines bestehenden Patentes (F. 35) kann für

die dadur geshütte Erfindung die Ertheilung eines Patentes /nacck Maßgabe dieses Geseßes beanspruchen. Die Prüfung. der Erfir¿dung,, unterliegt dann dem durch dies Geseß vorgeschriebenen Verf ahren. Die Ertheilung des Patentes ist wegen mangelnder Neuhet nur dann zu versagen, wenn die Erfindung zur Zeit, als sie im -Zulaude zuerst einen Schutz erlangte, im Sinne des S. 2 Abj. 2 nicht mehr neu war. z L

Mit der Ertheilung eines Patentes na Maßgabe ieses Ge=

setzes erlöschen die für die Erfindung im Inlande früher. ertheilten. atente. ú Y L. 37. Auf die geseßliche Dauer eir.es nah Mafßga'oe des H. 36 ertheilten Patentes wird die Zeit in Y nre{nung gebro:cht, während» deren die Erfindung uach dem ältester: der bestehenden Patente im Inlande bereits ge\chüßt gewesen ist. Der Patentinhaber ist für die noch übrige Dauer des Patentes zv.r Zahlung der geseßlichen Ge- bühren (8. 8) verpflichtet; der Fäligkeitstag, und der Jahresbetrag der Gebühren wird nah dem Zei. punkte bestimmt, mit welchem die Erfindung im Inlande zuerst eiv.en Schuß erlangt hat.

8. 38. Durch die Ertheilu» (g eines Patentes nach Maßgabe des 8. 36 werden diejenigen, welF»e die Erfindung zur Zeit der Anmelk- dung derselben ohne Verleß'ang eines Patentrechte8s bereits in Bes nußung genommen hatten, in dieser Benußun nicht bes@ränkt.

8, 39. Dieses Geseh tritt mit dem 1. Juli 1877 in Krast.

Nor der Beschlußfassung kann das Patentanit die Ladung und

Anhörung der Betheiligten, sowie die zur Aufklärung dex Sache er- forderlichen Ermittelungen anordnen,

| Ürkundlich 2c. Gegeben 2c.