1877 / 53 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Mar 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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nete und welcher der Vize-Präsident des Staats-Mir.isteriums, verf und Finanz-Minister Camphausen, sowie die Staats- Minister Dr. Leonhardt, Dr. f, Dr. Achenbah und zahlreiche Regierungskomwäissarien beiwohnten, erfolgte

nächst die Berathung des Berichts der Kommission für den Staatshaushalts-Etat über den Geseßentwurf, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts-Etats für das Jahr vom 1. April 1877/78. i

Der Referent der Kommission Hr. Wilkens stellte den Antrag: :

1) R Staatshausbhalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1877 bis dahin 1878 in der Fassung, in welcher derselbe aus den Be- rathungen des Hauses der Abgeordneten hervorgegangen ist, anzu- nebmen; 2) dem Geseßentwurfe, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts-Etats für das Jahr vom 1. April 1877 bis dahin 1878 in der Fassung, welche derselbe im Hause der Abgeordneten erhalten hat, die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen; 3) über die Petitionen des Friedrich Wilhelm Ernft, Prinzen von Hessen (Philippsthal - Barchfelder Linie) vom 12./22. Januar d. J. wegen der Ansprühe der Agnaten der jüngeren Linie des Kurhauses Hessen zur Tagesordnung überzugeden; 4) die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in der nad sten Session dem Landtage die in Aussicht gestellten Geseßentwürfe über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vorzulegen und auf eine wesentliche Verminderung der allgemeinen Verwaltungskosten Bedacht zu nehmen; 5) die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, ihren Einfluß bei der Reichsregierung dahin geltend zu machen, daß die Matrikularbeiträge der Einzelstaaten, soweit thunlich, durch eigene Einnahmen des Reiches aus indirekten Steuern erseßt werden. j

Hierzu beantragte Graf U do zu Stolberg-Wernige-

Tode zu der Reso Ln Nr. 5 folgenden Zusaß als einen weiten Absaß anzunehmen : | Y Die A bie Wrinindevant oder Beseitigung der Matri- kular-Beiträge im preußishen Staatshaushalts-Etat fich eventuell ergebenden Uebershüsse zu einer Erhöhung der den Provinzial-, be- ziehungsweise Kreis- und Kommunal-Verbänden gewährten Dotation zu verwenden. i j A : ;

An der Generaldiskussion betheiligten sid die Herren Graf Udo zu Stolberg, Graf Brühl, Hasselbah und Baron Senfft von Pilsah. Auch der Finanz-Minister Camphausen Fand sih veranlaßt, in die Debatte einzugreifen. ei der Spéezialberathung entspann sih nur bei den Positionen : Aus-

aben für das Leue Reich, V, General- Superintendenturen, Elementarshulen und bei dem Extra- ordinarium für die Flußregulirungen eine kurze Dis- kussion, worauf unter Ablehnung des Antrages des Grafen Udo zu Stolberg die sämmtlichen Anträge der Kommission mit großer Majorität angenommen wurden. A

Es folgte sodann der mündliche Bericht der Kommission für den Staatshaushalts-Etat über die Uebersicht _von den Staatseinnahmen und Ausgaben des Jahres 1875. Der Verichterstatter Graf von der Schulenburg-Angern empfahl Namens der Kommission: inUebereinstimmung mit dem Beschlu} e des Hauses der Abgeordneten vorbehaltlich der bei der Prüfung der Rechnung sih ergebenden Erinnerungen die nachgewiesenen Etats-Ueberschreitungen für das Jahr 1875 mit 19,424,797 53 „9 und die außeretatsmäßigen Ausgaben mit 54,995,078 #6 57 5, zusammen 74,419,876 # 10 „§ nachträglih zu ge- nehmigen. Ohne Debatte trat das Haus diesem Antrage bei. Der dritte S der Tagesordnung war der zweite Bericht der Matrikellommission. Auf Antrag des Referenten Grafen zur Lippe wurde bei Schluß des Blattes ohne Debatte die Legitimation des Herrn Rudolf von Marschall zu Alten-

ottern, sowie des Herrn Constantin, Ritter von erin auf Beseß als gefübrt anerkannt.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeordneten sprahen zu dem Bericht der Budgetkommission über den Bericht der Staatsschulden-Kom- mission noch der Finanz-Minister Camphausen und der Referent Abg. von Benda. Der Erstere erklärte :

Meine Herrea! Der Bericht der Staats\{uldenkommission be- F{äftigt sid au mit den Tilgungen, die stattgefunden haben mit Den neuen Krediten, die bewilligt wordea La Nun is} in der Sitzung vom 13. Februar, der ich beizuwohnen niht den Vorzug hatte, eine Aeußerung Seikens des Hrn. Abg. Lasker gefallen, von Der i glauben möchte, daß es im allgemeinen Interesse wünscbent- werth wäre, sie näher zu beleuhten. Diese Aeußerung lautet wie folgt : i S

„Von diesen Milliarden ift ein sehr geringer Theil überhaupt an Preußen gekommen, und dicser geringe Tbeil ift benußt worden zum allergrößten Theil um Sculden abzutragen oder um Schulden zu ersparen. Ich erinnere Sie zum Beispiel daran, daß unser Kriecgs\{aß aufgelöst wurde und benußt wurde um Schulden zu bezablen. Damals wurde von einer Seite gewarnt, daß das zu viele Scbuldenbezahlen vielleiht niht gut wirken würde, aber die große Mehrheit des Hauses hat \ich{G darüber gefreut, daß wir die glänzende Lage benußten, als gute Hauswirthe, Um zunä{st Schulden zu bezahlen. Nun ist die Staats8wirthschaft zwar nit immer identis% mit der Hau8wirths{aft, und ih meine wirkli, daß wir einen Fehler gemacht haben, der Finanz-Minister n Gemeinshaft mit uns, daß wir so viele Schulden bezablt baben; aber wir Alle find verantwortli6 dafür, und die Erklä- rung liegt darin, daß wir überras{t wurden von einem Meichthum, - den wir ni@t auf die zutreffendste Weise zu verwenden wußten. Wir dürfen dies offen auf allen Seiten Zingestchen, dürfen aber nicht die Regierung allein zum Sün- denoyfer dafür machen. Ih bin zwar der Meinung, daß der Finanz-Minister etwas mehr von Staatswirths{aft wissen sollte, als Jedes ordentliche Mitglied des Hauses, ich nehme aber an, daß noch viele Mitglieder unter uns sißen, die bereit wären, das Portefeuille anzunehmen, und die zu jener Zeit au dafür gestimmt haben, zu- nächst Staat2s{ulden zu bezablen.“

Nun, meine Herren, ih bin js sehr lebhaft davon dur{drungen, Daß ic niemals ein Finanz-Minifter gcwesen bin, wie er fein sollte, den Anspruch habe ih nie erboben und werde ihn nit erheben; i erfenne au vollständig die Liebenswürdigkeit des Herrn Redners an, taß er diese vermcinllihe Schuld mir tragen helfen will, aber twas i befireite, das ift, daß wir einca Fehler gemacht baben, und ih möchte davon sowohl das Haus, welches zu jener Zeit auf allen Seiten mir seizen Beistand gel iitet hat, befreien als wie mich selbst, daß ih mib dur die Ereignisse hätte überraichen lassen und Maßregeln einges&lagen %ätte, die nit zu billigen wären. Bekanntlich Find ähnliche Verwürfe vielfah dur die Zeitungen gegangen ; fie , fb sogar in Bros{üren verirrt. Natürlich babe ih niemals die geringste Notiz davon genommen. Wenn aber hier im Abgeordnetenbause ein bhervorragendes Mitglied einer Partei, die, wie t glaube, mir wohl will, offen ausspricht, wir bäiten einen Fehler begangen, da muß es mir gestattet scin, schon im Interesse der künf- tigen Gei{ichtésbreibmag, auf den g ctwas einzugehen. Meine Herren, ih habe in der ReibstagSsißung vom 25. Oktober 1871 an- gefündigt, daß wir nach Bildung eines Reih8-Kriegs\{habßes den Wunsch bätten, den preußisä&en Staatsscaß aufzulösen, und daß es in der Absicht der Regicrung liege, dicfen preußischen Staatsschaßz von 33 Millionea Thalern zunäcvft dazu zu verwenden, um die 5öpro- zentige Anleihe von 1859, von der noch 26,609,000 Thaler in Um- Jauf waren, zu tilgen, daß wir dadur das Laud von einer jährlichen Fégabe von 1,809,099 Thlr. entlaften würde, also von einem etwa

7reszentigen Betrage des damals zu tilgenden Kapitals. dersel- Lis Si A: wo dirse Absicht n Ande, war im Reichstage das Gesey wegen Rückzahlung der MriegssGulden, die wir gemacht haben, der auf Grund des Gesetzes vom 21. Juni 1870 aufgenomme- nen bprozentigen Anleihei zur Ber1thung. Ich gehe hierauf ein, weil von warnenden Stimmen die Rede war. Bei dieser Vorlage hat einer der Herren anen das Wort ergriffen, nämlich der Abg. Richter (Hagen), der sagte: R l i

N Vene s Die Vorlage is die Erfüllung einer Zusage,

die der Präsident -des Bundesraths in der Frühjahrssesfion auf

eine von meinem Freunde von Hoverbeck ausgegangene Anregung

egeben hat. Wir heißen sie willkommen.

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Zu der ganzen Angelegenheit hat ein anderer Redner aus dem Neichstage \sich nicht gefundea. Die Sache is niht an eine Kom- mission verwiesen, sondern zur zweiten Berathung im Plenum ver- stellt. Bei der zweiten Berathung hat ebensowenig wie bei der drit- ten irgend Jemand auch nur die leiseste Bemerkung dagegen ge- macht, und ih glaube, die Beschlüsse sind auf allen Seiten und von allen Parteien damals einstimmig gutgeheißen worden. Nun, meine Herren, nahdem es mir gelungen war, die Bildung

des Reichskriegsschatzes, die ja bekanntlih statt der 30 Millionen Thaler, die in Preußen flüssig gemacht wurden, 40 Millionen Thaler hinterlegte, nachdem es mir gelungen war, diese Bestimmung durhzuseßen, was nicht ohne einige Anstrengung fertig zu bringen war, indem namentlich einige Herren auéführliche Dar ¿A afür maten, wie wünschenswerth es doch für das

Land sein würde, die ganze Summe dem Verkehr zu übergeben, an- statt sie für den Kriegs\{aß festzulegen, da kam ih nun in den Fall, der preußischen Landesvertretung den angekündigten Vorfchlag wegen Tilgung der dprozentigen Anleihe zu machen bei Vorlegung des Eta!s für das Jahr 1871, und zwar dur ein besonderes Gesetz, dessen Vorberathung der Budgetkommission zugewiesen wurde. Es haben wohl damals Bedenken in der Richtung stattgefunden, ob etwa ge- wisse Vinkulirungen für die Staatsregierung eintreten müßten, es hat dann aber die Budgetkommission nah längerer Berathung ein- stimmig den Antrag gestellt, auf den S einzugehen, die Tilgung gut zu heißen, und [9 ist denn dana verfahren worden.

Meine Herren! Wir haben damals durch diesen Schritt die erste Grundlage zu einer gesunden Gestaltung unserer Verhältnisse gelegt, wir haben damals, ih bitte nicht zu vergessen, daß wir aus den Kon- tributionsübers{hüssen erst 14 Jahre später den ersten Thaler zu sehen bekommen haben, wir haben damals es erreicht, daß sofort ein Theil des Gewinnes, der aus der ganzen Umgestaltung auch in finanzieller Bezichung für Preußen hervorgehen konnte, realisirt werden durfte. Nun weiß ih wohl, daß naher, indem man ja üb:rhaupt Anklagen zu begründen suchte, um die Schwindelperiode zu motiviren, auch wohl darauf hingewiesen worden ist, ob jene Maßregel zu jener Zeit zweckmäßig gewesen sei oder nicht. Jch glaube, daß dies noch heute unbedingt behauptet werden kann. Was einmal die Kriegsanleihe betrifft, so ge[chah ja dadur, daß dem Kapitalmarkte die ihm kurz vorber entzogenen Kapitalien, die aus patriotisher Hingebung her-

egebenen, alsbald zurückgegeben wurden, was eigentlich nur eine \o- ortige Restitution war, wenn man auf die preußische C sieht, die allerdings über diesen Rahmen etwas hinausging, fo haben wir uns zu vergegenwärtigen, daß in Folge der Konsolidation8maßregel in den Jahren 1870, 1871 und 1872 über 10 Millionen Thaler mehr getilgt worden sind, als sonst getilgt wären, und daß der Zufluß an Kapital, der überhaupt für den Geldmarkt dur cine Maßregel herbeigeführt wurde, im Ganzen eine ziemli geringere war. Nun hört man wohl: Ja, es sind aber doch die Leute, feste Gläubiger des Staates, veranlaßt worden, ibr Geld anderweitig an- zulegen und das mag wohl dazu beigetragen haben, L man unbe- gründete Unternehmungen unterstüßt hat. Meine Herren! Das Geld, was damals zurückgezahlt worden ist, das kann seinen Weg theilweise auf solche Unternehmungen gerichtet haben, aber i bitte doch zu bedenken, daß das jedoch ebensowenig ausges{lofsen gewesen wäre, wenn das Kapital nicht zurückgezahlt worden wäre. Unsere Anleihen sind au portedt- ausgestellt, fie können jeden Tag an ‘der Börse veräußert werdet; und die Chance, das Geld ‘anderweitig vortheilhaft anzulegen, wäre vielleißt noch größer gewesen, wenn die Maßregel nit eingetreten wäre, indem dann ein höherer Verkaufe preis für die na der Kündigung nur noch al pari zurück- zuzahlende Anleihe erzielt worden wäre. Wohin sind diese Gelder geflossen? Sie sind geflossen ohne Zweifel zum großen Theil wenig- stens zur Erleichterung der hypothekariscen Darlehen für die Grund- besiter, e sind unzweifelhaft ebenso und der HauptsaGe nah zu sichern Anlagen verwendet worden, wie das seither Seitens der Be- sißer gesehen warz sie sind fernerhin benußt worden, um ander- weitige sichere Staatépapiere oder Pfandbriefe und Rentenbriefe zu beschaffen. Die Ankündigung, deren i vorhin gedachte, erfolgte am 23. Oktober 1871 ; i habe mir notirt, wie nun am 24. Oktober 1871, nabdem man sowohl die beabsictigte Kündigung der Reich8anleißhe wie die des prenßisben Staatsschaßes erfahren hatte, die verschiedenen Papiere notirt waren. Da finde ic, daß die 4t prozentige preußishe Anleibe damals auf 99} bis 998 stand, die Tonsolidirte Anleibe auf 994, die Staats- \{uldscGeine aut 853, die 3 prozentigen Pfandbriefe auf 781 bis 794 (sie sind für die verschiedenen Provinzen verscie- den notirt), die 4 prozentigen Pfandbriefe variiren zwischen 87 und 91. Am 1. Juli 1872, wo diese Anleihe vollständig aus8gezablt war, find notirt die 4Eprozentigen Anleiben mit 101, die kon}olidirte Anleibe fogar mit 1032, die 4 prozentigen Anleihen mit 97, die 3Eprozentigen Staatsschuldscheine mit 91%, die 33- und 4prozen- tigen Pfandbriefe überall um mehrere Prozeut höher, und von den Pfandbriefen wurdcn in jener Zeit aud neue Beträge aufgebracht. Kann es dana zweifelhaft sein, daß die gekündigten Beträge in der Hauptsa®de wiederum in einer ebenso soliden Anleihe ihren Play gefunden haben, als wie sie vorber angelegt waren? S

Meine Herren, das ist nun die erste Operation, die der preußische Finanz-Minister vollständig zu vertreten hat. Für die Operation beim Reiche hatten denn doch zuerst die Herren, denen die Reichs- ae oblag, einzusteben, und -dann die sämmtlichen

inanz-Minister sämmtlicher Partikularstaaten, und es wird wobl verzeiblih sein, daß ic damals nit Tlüger gewesen bin, als wie alle diese Herren. l | :

Nun, meine Herren, tbeilen sich die weiteren Operationen in Preußeu now in zwei Stadien, das eine Stadium fällt in das Jahr 1874, da batten wir den Wiener Krach {on cin Jahr lang hinter uns, und da waren wir in der That in der Lage, daß man durch die Kündigung der Obligation dem foliden Han- del und Verkehr eine Unterstüßung lieh. Jch werde mich also bauptsächblich nur auszuweifen baben über die Operationen, die im Jahre 1873 stattgefunden haben. i:

Im Jahre 1873 sind nun getilgt worden zu versiedenen Ter- minen überbaupt 40,522,965 Thlr. Von diesen versciedenen Be- trägen, um die es si dabei handelte, wurde der erste von mir in Vors@&lag gebracht bei der Vorlegung des Etats für das Jahr 1873, indem ic damals das ges{ah im Oktober 1872 empfahl, daß wir aus den Ersparnifsen eine Tilgungë8quote entnehmen möchten; fie sind dann aber in der Hauptsache eingeleitet worden dur einen Geseßentwurf, den ib am 20. Februar 1873 hier in diesem Hause eingebra(t babe. Am 20. Februar 1873 war ih, abweichend von der Situation, in der wir uns heute befinden, in dem Falle,“ auf die

länzenden Resultate des Jahres 1872 biriweisen und dem hohen Hause vorläufig anzeigen zu können, daß dieser Üeberf{uß mindestens 20 Millionen aler betragen würde, und nun als vorsorglicher Haushalter dafür zu sorgen babe, daß ein Theil zur Schuldentilgung verwendet würde.

I habe damals diesen Vorshlag bei dem Vorschlage des Jahres 1871 babe ic cine weitergehende Motivicung für überflüssig halten fönnen motivirt wie fo gt: ; L „Meine Herren! Es würde der Staatsregierung sehr erwünscht sein, wenn dieser Gesetzentwurf mit Bcs{hleunigung berathen

Ermächtigung enthalten ift, mit der Tilgung von 7,760,000 Thäler vorzugehen, uns nunmehr sobald als wie irgend möglich ausgehän- digt werden möge. Es liegt im Interesse des Landes, da ih nit Summen in den Staatskassen anhäufen, anstatt dem Ver- kehr zurückgegeben zu werden. i ute richtig! wurde mir von der Versammlung zuge- erufen. - Z G Wir dürfen erwarten, daß durch eine solche Operation das Kapital für solide Zwecke noch flüssiger werden wird, als wie es seither \chon geschehen ist, daß für hypothekarische Darlehen, für Darlehen, die dem Grundbesiß zu Gute gchen, für solide Priori=- tätsobligationen 2c. si dadur cin besserer Markt bilden wird, indem die Eigenthümer der gekündigten Obligationen voraussicht- lih gerade darauf ihre Neigung richten werden, wieder ähnliche solide Papiere zu erwerben, wie es die preußischen Staatéëpapiere: waren. Vielleicht könnte der Zweifel aufgeworfen werden, ob es zweätmäßig wäre, mit diesen Tilgunçen vorzugehen, während do die Staatsregierung, wie bekannt, in dem Falle ist, für verschiedene Eisenbahnen früher oder später bedeutende Summen realisiren zu müssen“ 2c.

Meine Herren! Diese Motivirung erfolgte am 20. Februar 1873. Schon eine Zeit lang naher, als der Abg. Dr. Lasker seine Rede über das Eisenbahnwesen gehalten hatte, {on naher, als die Eisen- bahnuntersuhungskommission durch Allerhöchste Ordre vom 14. Fe- bruar 1873 eingesetzt war, habe ich diese Motivirung gemacht, und dieser Motivirung, meine Herren, ist im ganzen Hause Niemand ent- gegengetreten und die Bewilligung is mit großer Majorität von allen Seiten ertheilt worden, von allen Seiten des Hauses, sowobk von den Konservativen als Seitens der Liberalen. Ich glaube, daß diese Motivirung \sich auc thatsählich als richtig erwiesen hat, jedenfalls ist Niemand aufgetreten, der diese Motivirung zu ihrer Zeit und da, wo es noch Zeit war, da, wo man mir hätte entgegen- treten können, irgendwie bekämpft hatte. / i

Nun, meine Herren, daß ein solches Vorgehen nicht bedingte, nun etwa nichts von den Geldern festzulegen, sich etwa in die Lage zu bringen, blos sparen zu wollen und nicht ausgeben zu woilen, da kann ih Ihnen den Nachweis führen, daß, als ih den leßten Vorschlag im Jahre 1873 Ihnen zu machen hatte, ih darauf hingewiesen habe, wie ja der Zeit, wo man Schulden tilge, auchß wiederum die Zeit folgen werde, wo man Schulden mache. :

„Wird, wenn wir rüstig mit der Suldentilgun vorgehen habe ih in der Sitzung vom 16. Mai 1873 ausgesprochen, nicht andererseits die Möglichkeit geboten sein, wenn das Land neue Bedürfnisse zu befriedigen wünsyt, daß man auch wieder cinual Schulden maht? Der Zeitpunkt wird auch kommen“. (Heiterkeit in der Versammlung.) ;

Meine Herren! Nun will ih ins Auge fassen, wenn meine An- nahme richtig ist, taß die gekündigten Gelder hauptsächlich den soe- liden Anleihen si J ewendet haben und ih wiederhole, zu jener Zeit waren die Rückschläge der Kreditkrisis {hon im Anzuge wenn

ie dies mit mir annehmen, so kann doc heute gar kein Zweifel darüber bestehen, op die Maßregel finanziell in jeder Hinsicht vor- theilhaft und erspricßlih war. Um Sie einen Blick darin thun zu lassen, wie sich das mit den S{windelunternehmungen gestaltet hat, ist es vielleidt nit uninteressant, wenn ich daran erinnere, daß in den Jahren 1871 und 1872 nah einer Darlegung, die Hr. Dr. Engel, der Direktor des statistishen Bureaus, in den HatirlGen Zuyo- büchern gemacht hat, ein Kapital von 919,048,075 Thlrn. in den beiden Jahren 1871 und 1872 als Stammkapital für neue Aktien- unternehmungen gezeichnet ist; daß im Jahre 1873, wo die eigent» lichen preußischen Tilguncen stattgefunden haben, die Tendenz {on einen \solhen Rückschlag bekommen hatte, doß troß des {on im Vor- aus ja natürli eingegangenen Airangements auf das Jahr 1873 nur noch 305 Millionen und auf das Jahr 1874 nur noch 146 Millionen Thaler entfallen. Der preußishe Staat hat nun aber für diz 40 Millionen Thaler, die er im Jahre 1873 dem Kapitalmarkt, und i wiederhole zur Anlage für solide Geschäfte, zurückgab, drei Jahre lang die Zinsen erspart. an würde sonst das Geld fehr wenig baben zinsbar Eee können. Wenn ih Jhnen angeben wollte, wie groß unsere Bestände im Jahre 1873 waren, so würden Sie, glaube id, cinigermaßen verwundert sein. Diese Zinsenersparniß ift von großer Bedeutung, sie beläuft sih für drei Jahre auf 5,400,000 4. oder 1,800,000 Thaler, und im Jahre 1876 haben wir nahezu die- selbe Summe, die wir im Jahre 1873 gekündigt haben, aus deur Kapitalmarkt wiederum herausgenommen. Wir haben herausgenommen 96 Millionen Mark für 100 Millionen 4 prozentige Anleihen, wir haben berau8genommen etwas über 24 Millionen Mark für die verkaufte 42 prozentige Anleihe, wir haben also nahezu dieselbe Summe aus dem Verkehr wiederum herausgenommen. Wir haben nit allein die Zinsen der Zwischenzeit Len sondern wir haben die 44 prozentige An- leihe, die wir im Jahre 1873 gekündigt haben, in der Form von konsolidirten Anleihen, die uns die Verpflichtung der Amor- tisation nicht einmal auferlegen, zu 104 bis 105 verkauft, und es ist uns gelungen, eine 4 prozentige Anleihe in einem Umfange zu be- geben, wie ihn die Geschichte des preußischen Finanzwesens vorher nit gekannt hat, und zu einem Zinéfuß, der, reduzirt auf den wahren Geldbetrag, also auf 96 à 4 Prozent, auf 47 Prozent bc- läuft. Vom finanziellen Standpunkt also haben wir ein unbedingt gutes Geschäft gemact, und vom wirtb\caftlicen Standpunkt bin i begierig, wie irgend Jemand es unternehmen wird, den Beweis zu führen, daß die Kündigung in der Hauptsache zu etw28 Anderen als zu soliden Kapital8anlagen gedient habe. Und nun, meiae erren, was die Zukunft betrifft, so sind wir ja heute genau in der- elben Lage, wie zu dem anderen Zeitpunkt, wenn wir im Interesse des Landes nütßlihe Unternehmungen machen wollen und dazu mit Leichtigkeit Geld beschaffen können. Es ist nur eines nöthig: daß unsere Finanzverwaltung auf ihrer soliden Basis erhalten wird, und. daß die Landesvertretungen nicht blos dazu drän- gen, Ausgaben zu beschließen, sondern uns auch unterstüßen, Einnahmen zu machen. i : Hierauf wurden die gestern mitgetheilten Anträge der Budgetkommission angenommen. Das Haus verhandelte \{ließlich noch über den Antrag Reichensperger, betreffend die Beschlagnahme der linksrheinischen Pfarrdotalgüter. Der Berichterstatter Abg. von Cuny begründete den An- trag der Justizkommission, den E abzulehnen und die Erwartung auszusprechen, daß die Regierung die Ent- scheidung der ordentlichen Gerichte über die Frage, ob die nah dem Erlasse des Ober-Präsidenten der Reeinprovinz einzuziehenden Pfarrdotalgüter zu den Leistungen aus Staatsmitteln ‘zu rechnen sind, welhe nah §. 1 des Geseßes vom 22. April 1875 der Einstellung unterliegen, niht durch Einlegung des Kompetenzkonflikts hindern, und insbesondere den Kompetenzkonflikt nit erheben werde, wenn der Fiskus in petitorio in Angriff genommen werden möchte. Der Abg, Reichensperger hatte seinerseits cinen Zusaßantrag gestellt, welcher der Regierung eine Beschränkung in dem exekutiven Verfahren aufzuerlegen bezweckte. Zwishen ihm und den Vertretern der Regierung, Ministerial-Direktor Dr. Förster und Geheimen Ober-Regierungs-Rath Lucanus, entspann sih ein Diskussion über die materielle Seite der Streitfrage, au welche sich die Kommission nicht eingelassen hat. Der Kom- missionsantrag wurde demnächst angenommen. S{hluß 42 Uhr.

der heutigen (36.) Sißung des Hauses der avre A welcher der Minister für die landwirthschaft- lihen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regie- rungskommissarien beiwohnten, standen zunächst Petitionen zur Berathung. Die Petition einer Anzahl von Subalternen und Unterbeamten des Kreisgerichts Bielefeld

werden möchte; ebenso bege ich die Hoffnung und den dringenden Wuns, daß die Feststellung des Staatëhaushaltsetats, in der

um Nachzahlung von Ortszulagen für das Jahr 1872 wude

auf Befürwortung der . Kieshke und Windthorst (Biele- sars. und gegen den Tes des Sue N

ars , Geheimen Ober - Justiz - Raths Rindfleish, dem trage der Budgetkommission gemäß, der Staats- regierung zur Berücksichtigung überwiesen; ebenso auf Antrag des Referenten der Budgetkommission, Abg. Pilet, eine Anzahl von Petitionen von Kreis- und Stadt- gerichts-Sekretären um Gleichstellung im Rang und Gehalt mit den Sekretären bei Obergerichten. Die Petitionen der Lehrerwittwen Splittgerber zu Juliushof und Plath zu: Dram- burg wurden auf Antrag der Budgetkommission der Staats- regierung aus Billigkeitsrücsihten zur Berücksichtigung mit der Maßgabe überwiesen, daß. ein entsprehender Betrag aus einem dazu geeigneten Fonds gedeckt werde. Als Referent derselben Kommission beantragte der Abg. Dr. Virchow, die Petition der Emdener Heringsfischerei-Aktiengesellshaft um Gewährung eines Darlehns oder Mitbetheiligung bei der finanziellen Reform des Unternehmens, der Königlichen Staats- regierung mit der Aufforderung zu überweisen, für die Auf- Sierhalinng und Förderung des darin gedachten Unter- nehmens in geeigneter Weise Sorge tragen, erforderlichen Falls aber im nästjährigen Etat zu diesem Zwecke Mittel bereit stellen zu wollen. Der Regierungskommissar versprach, daß die Regierung die Juteressen der deutschen Hochseefischerei möglichst fördern werde, obwohl sie zweifelhaft sci, ob es zuträglih erscheine, einer Privatgesells@aft eine so bedeutende Unter- stüßung zu gewähren. Der Antrag der Kommission wurde angenommen. Die Petition der Civilsupernumerare Jaensch und Genossen um alternirende Anstellung der Civilsuper- numerare bei den Staatseisenbahnen mit den Militäranwärtern wurde auf Antrag der Petitionskommission der Staatsregierung ur Beru tigung mit der Maßgabe überwiesen, die vor dem Erlaß vom 12: Dezember 1874 in den Staatseisenbahndienst eingetretenen Civilsupernumerare alter- nirend mit den Militäranwärtern zur Anstellung gelangen. Der RNegierungskommissar Geheimer Regierungs-Rath Rapmund Le hierzu aus: daß in einzelnen Fällen das gegenwärtige erfahren Unzuträglichkeiten zur Folge haben könne, fei von der Staatsregierung bei Einführung desselben nicht verkannt worden ; derartige Unzuträglichkeiten würden in- dessen stets mit der Ausführung allgemeiner Grund- säße verbunden fein und würden bei dem von den Petenten gewünschten Verfahren in weit größerem Um- Doe eintreten. Behufs thunlichster Beseitigung derselben abe die Staatsregierung es fih bereits angelegen sein lassen, geeignetenfalls im Wege der Verseßung Abhülfe zu schaffen.

Die Petition des Ausschusses des Verbandes deutscher S L ug gg el da sten um Beseitigung der

räventivkontrole auf dem Gebiete des S Tb 0a wesens und demgemäß um Aufhebung der §8 14 und 15 und des damit in Verbindung stehenden §. 18 des Geseßes vom 8. E 1837 wurde der Regierung zur Berücksichtigung über- wiesen.

Die Petition der Gemeindevertretung von Groß Nenn- dorf, die Unterhaltung eines Weges betreffend, wurde der Staatsregierung zur Abhülfe in dem Sinne überwiesen, daß die bei der Unterhaltung des sraglichen Weges interessirten Gemeinden herangezogen werden. Ueber die Petition des Pfarrers Reiß zu Merzig, Regierungsbezirk Trier. wegen Ge- währung seines gesperrten Staatsgehaltes ging das ius zur Tagesordnung über. Um Uhr vertagte sich das Haus bis Abends 7 Uhr.

Der Justiz-Minister hat in einem Spezialfalle ein Appellationsgericht neuerdings und unter Verweisung auf ein früheres Reskript vom 29. August 1868 darauf aufmerksam gemacht, daß es an einer geseßlichen Vorschrift [t cine Ver-

flihtung der Geistlihen in unvermögenden Unter- uhungssahen kirhlihe Zeugnisse,- zu deren Aus- stellung dieselben von den strafgerihtlihen Behörden ver- anlaßt werden, unentgeltlich zu ertheilen, fehlt.

Die Ausübung der Funktionen eines zur Verhütung der Trichinenkrankheit konzessionirten Fleis, chbeschauers durch einen Unbefugten ist nach cinem Erkenntniß des Ober- Tribunals vom 6. Februar 1877 als unbefugte Ausübung eines öffentlihen Amtes, niht aber als Gewerbekontraven- tion zu bestrafen.

Vayern. München, 28. Februar. Der König hat an den ehemaligen ersten Bürgermeister von München, Herrn von Steinsdorf, aus Anlaß seines achtzigsten Geburtstags ein eigenhändiges Handschreiben gerihtet. Heute um 1 Uhr war in der Königlichen Residenz Marschalltafel. Abends 5 Uhr fand bei Sr. Majestät dem König im Saale atel ant Großen eine aus 42 GededLen bestehende Ho f- afel statt. i

Schwarzburg-Sondershausen. Sondershausen, 1. März. Der Fürst hat dem Staats-Minister und Wirk- lihen Geheimerath von Key ser mit Vorbehalt seines Ranges und Titels die erbetene Dienstentlassung in ehrenvoller Weise ertheilt und ihn in den Ruhestand versett.

Oesterreich-Ungarn. P est , 27. Februar. Das ungarische ect bringt die nachstehenden Allerhöchsten Hand- reiben: „Lieber Tisza !

, Indem Ih Sie mit Bezugnahme auf Meine vom 8. d. M. datirte Entschließung neuerdings zu Meinem ungarishen Minister- Präsidenten ernenne, erwarte Ih Ihre Vorschläge bezüglich der Bil- dung des Ministeriums.

Wien, am 25. Februar 1877.

Franz Joseph m. p. i i; , Coloman Tisza m. p.

Auf Vortrag Meines ungarischen Minister-Präsidenten ernenne Jh neuerdings zu Meinem ungarischen Minister alatere Baron Béla Wen ck- heim, zu Meinem Kultus- und Unterrichts-Minister August Tréfort, zu Meinem Landesvertheidigungs-Minister Béla Szende, zu Meinem Justiz-Minister Béla Per czel, zu MeinemFinanz-Minister Coloman Mel zu Meinem Minister für öffentliche Arbeiten und Kommu- nikationswesen Thomas Péc y, zu Meinem Minister für Kroatien- Slavonien-Dalmatien Coloman Bedekovics, respektive bestätige Ich dieselben in ihren bisher innegehabten Stellungen, indem Jch mit der provisorischen Leitung des- Ministeriums des Innern Meinen Minister-Präsidenten Coloman Tisza und mit der provisorischen Leitung des Ministeriums für Ackerbau, Gewerbe und Handel Mei- nen Kultus- und Unterrichts-Minister August Tréfort betraue.

Mrcine an die Betreffendea gerichteten Handschreiben {ließe Jch behufs weiterer Verfügung bei.

Wien, am 26. Februar 1877.

Franz Joseph mw. p. Coloman Tisza m. p.“

Die „Bud. Korr.“ bringt einige Andeutungen über den modus procedendi, um das Uebereinkommen der beiden Regierungen bezüglich der Bank - Angelegenheit au formell perfekt zu machen. Vor Allem wird das Protokoll, welches über die Bankstipulationen geführt worden, in Bezug auf den Stil definitiv redigirt und sodann von den betreffen- den Ministern unterfertigt werden, ein Vorgang, der selbstver- ständlich ist und au bei solhen Anlässen stets Enyezalton wird. Was sodann die Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen und der Bank und das Substrat derselben betrifft, so läßt sih die erwähnte Korrespondenz hierüber Folgendes schreiben: „Minister Szell wird jeßt mit Finanz - Minister Pretis und den Vertretern der österreihishen Nationalbank, wahrscheinlich nur dur General-Sekretär Lucam repräsentirt, den Bankstatuten-Entwurf feststellen. Es sind noch 42 Para- graphen des Referenten-Entwurfs unerledigt und namentlich ist über die Vertheilung des Gewinnstes mit Bezug auf die Achtzig-Millionen-Shuld und über die Art und Weise des Sette dasselbe soll vom eigentlihen Bank- geschäfte getrennt werden noch gar keine Bestimmung fest- gestellt. Die Vertreter der Nationalbank werden in diese Verhandlungen eingehen, werden aber sofort ganz entschieden und unzweideutig erklären, daß sie das Vrinzip der Ernennung der Vize-Gouverneure unter gar keiner Bedingung acceptiren können. Die beiden Regierungen find aber gesonnen, selbst im Falle die Nationalbank diesen Punkt verwerfen sollte, die hierauf bezüglihe Geseßvorlage den Varlamenten denno zu unterbreiten.“

Schweiz. Vern, W. Februar. (N. Zürch. Ztg.) Der \chweizerische Gesandte in Paris, Ge E #0) hat der „1. Sektion der eidgenössishen Kommission zur Begutachtung der die Erneuerung des französischen Handelsvertrages betreffenden Fragen“ berichtet, er habe nunmehr offiziell Gewißheit erlangt, daß seine Schritte bei der französischen Regierung zu Gunsten der \{hweizerischen Fndustrie Erfolg gehabt haben. Aus ‘den bis jeßt veröff-nt- lichten Han mente gent über die Abstimmung im Kanton Waadt vom leßten Sonntag geht hervor, daß sih 7083 Stimmen für und 16,131 gegen die Berfassungs- revision ausgesprochen haben. :

1. VNärz. (Köln. Ztg.) Das Solothurner Amtsgericht

entschied den Prozeß gegen den Bischof Lachat wegen der

Erbschaft Linder zu Gunsten der Diöcesananstalt.

__ Niederlande. Haag, 24. Februar. (L. Ztg.) Der Be- stimmung des Wahlgeseßes, nah welcher alle fünf Jahre die Ein- theilung des Reichs in Wahlbezirke revidirt werden soll, um die eta: der Zweiten Kammer der Generalstaaten auf die durch das Staatsgrundgeseß vorgeschriebene Zahl (1 Abgeord- neter auf je 45,000 Einwohner) zu bringen, wurde seit dem Jahre 1869 noch niht Genüge gethan. És waren zwar zu wiederholten Malen Geseßvorlagen von der gegenwärtigen i zur Regelung dieser Angelegenheit eingebracht worden ; sie hatten jedo, weil sie verschiedene Anordnungen enthielten, die den Ansichten der liberalen Fraktionen nicht ent- sprachen, keine Annahme gefunden. Der neue Wahlgeseß- entwurf, welhen-das Ministerium Heemskerk jeßt der Kammer unterbreitet hat, proponirt außer der von dem Stande der Be- völkerung (nach der Volkszählung vom 31. Dezember 1875: 3,809,527 Einw.) verlangten Vermehrung der Mitgliederzahl um vier (also auf 84) eine Reihe von Reformen: so eine Ans des Wahlcensus, um die bisherige allzu große

egünstigung des platten Landes den Städten gegenüber zu beseitigen (der Census soll in den Gemeinden, wo er jeßt 24 und % Gulden beträgt, auf 20, in den Gemeinden, wo er 28 beträgt, auf 24 beráabgeseit werden, wo 32, 34 und 36, auf 28, wo 40, 44 und 46, auf 36, wo 50, auf 40, wo 60 und 70, auf 48 und wo 100 und 112, auf 64) und eine voll- ständige Umgestaltung der Eintheilung der Wahlbezirke. Nach der bisherigen Eintheilung sind einfahe Wahlbezirke die Aus- nahme, größere die Regel. Nach dem neuen Entwurfe würde das umgekehrte Verhältniß eintreten; nur Amsterdam, welches 1990, Rotterdam, welches drei Abgeordnete zu wählen hat, das Haag und Utrecht, welche je zwei Abgeordnete zu wählen haben, würden fernerhin größere Wahlbezirke bilden.

Großbritannien und Jrland. London, 28. Februar.

(E. C.) Lord Beaconsfield hat einen leichten Gichtanfall gehabt, befand sich aber gestern um ein bedeutendes besser. Die „London Gazette“ macht bekannt, daß Sir Richard Temple zum Gouverneur von Bombay ernannt sei. Das Oberhaus trat gestern nur für eine halbe Stunde zusaminen und nahm während dieser Zeit die zweite Lesung einer Geseßesvorlage zur Regulirung des öffentlichen Urkundenwesens vor. Jm Unterhause beantragte Mr. Cecil Raikes die Einseßung eines Ausschusses zur Untersuchung der Frage, ob die Pferdeeisenbahnen in Zukunst durch Dampf getrieben werden dürften. Das Haus nahm den Antragan. Mr. C. Lewis beantragte die Einseßung eines Ausschusses zur Untersuchung der Einrichtung, Verwaltung und jährlichen Aus- gaben der „lrish Society of London“, Dieselbe ist eine aus dem Stadtarchivar, zwei Vorsißenden und 24 auf zwei «Fahre gewählten Mitgliedern bestehende Behörde zur. Verwal- tung der der Stadt London in Frland bei Londonderry und Coleraine gehörigen Güter. Der Antragsteller bezeichnete ihre Einrichtung als veraltet und kostspielig, ward aber, nachdem die größte Zahl der übrigen Redner si gegen den Antrag geäußert, damit abgewiesen. Dann beantragte Mr. Samuelson, unterstüßt von Professor Fawcett, die Einicbung eines Ausschusses zur Untersuchung des bei der Ausbildung von Elementarlehrern angewandten Verfahrens, welches völlig unzureichend sei, wie er aus Bei- spielen zu beweisen suchte. Der Unterrichts-Minister, Lord Sandon, ate den Antrag, da er zu erheblichen Kosten Veranlassung geben würde und.versicherte, daß in den Ein- rihtungen ein stetiger Fortschritt nahweisbar sei. Der An- trag wurde mit 104 gegen 46 Stimmen abgelehnt. Geftern ist nah kurzer Krankheit Lord George Go rdon- Lennox gestorben. Derselbe war ein Bruder des Herzogs von Richmond u. Gordon, geboren 1821, Lord des Schagzes 1852 und 1859, Sekretär der Admiralität 1866—68, Chef des Bail-Amtes 1874—76, Mitglied des Geheimrathes und O Vertreter der Stadt Chichester im Unterhause. (A. A. C.) Einem vom Kriegs-Ministerium aus- gegebenen parlamentarischen Ausweise zufolge beläuft sih der in dem Armeebudgetk für 1877—78 für militärishe Zwecke in den britischen Kolonien mit aufgenommene Betrag auf 1,769,057 Pfd. Sterl. gegen 1,765,432 Pfd. Sterl. im

vorhergehenden Fahre. Zur Deckung dieser militärishen Aus- gabe tragen bei: das Cap 10,000 Pfd. Sterl.; Natal 3500

Pfd. Sterl.; Mauritius 27,000 Pfd. Sterl.; Hongkon- 20,000 Pfd. Sterl.; Ceylon 121,000 Pfd. Sa Strits- Niederlassungen 50,150 Pfd. Sterl. und Malta 5000 Pfd. Sterl., im Ganzen 236,000 Pfd. Sterl. Der Reinbetrag der mili- tärishen Ausgaben in den Kolonien is demnach auf 132,407 Pfd. Sterl. veranschlagt.

Frankreich. Paris, W. Februar. Der Conseils-Präsident und Minister des Jnnern, Hr. Jules Simon, unterhandelte, der „Fr. Corr.“ zufolge, heute mit dem Preßauss\chusse der Deputirtenkammer und erklärte sih u. A. schr nacz- drücklih dafür, daß für gewisse Preßvergehen, wie A freinae zu Unruhen, Beleidigung des Staatsoberhauptes oder fremder Souveräne, die Zuchtpolizeigerichte kompetent bleiben müßten; - er erinnerte an einige freisprehende Verdikte der Ges{hworenen aus der Zeit von 1875, welche im Auslande den übelsten Ein- druck gemacht hätten. Am 5. März findet im Hotel du Louvre auf Anregung des Syndikats der Provinzial- blätter eine allgemeine Versammlung der Direktoren und Chefredacteure der Provinzialpresse statt, um Beschlüsse in Betreff des neuen Preßgeseßes zu fassen. Die klerikalen Blätter zollen den Anliegen, welihe der klerikal-bonapartistishe de Gavardie gestern im Senat ge- stellt, Beifall. Der „Français“ greift das „Journal des Debats“ an, weil dasselbe darzuthun sucht, daß Deutschch- land keineswegs auf Krieg mit Frankreich inne. Der gestrige Ball in der großen Oper zum Besten der nothleidenden Arbeiter von Lyon war das glänzendste Fest, welches Paris seit langen Jahren gele Der Marschall Mac Mahon erschien auf demselben, jedo ohne feine Gemahlin, die in Folge der Krankheit ihres Bru- ders, des Herzogs de Castries, weggeblieben war. Der Marschall wurde von dem Seine-Präfekten, dem Polizei-Präfekten, dem Direktor der Oper und anderen Personen empfangen. Er machte einen Rundgang durch die Säle und zog sih nah einer Stunde wieder zurück. Die offizielle Welt und die Diplomatie war beinahe durch ihre sämmtlichen Spißen vertreten. Das Ergebniß, welches der Ball lieferte, beträgt ungefähr 200,000 Frcs. Eine zweite große Stadt Frankreihs, Marseille, wird, wie man der „Köln. Ztg.“ \chreibt, binnen Kurzem ebenso von einer Krisis heimgesuht werden, wie Lyon. Das Oel- und Seifen- gesGäft liegt gänzlih darnieder, und eine Deputation, die eute aus der Stadt der Rhone - Mündungen in Paris eingetroffen ist, soll dem Minister des Jnnern Jules Simon die drohende Lage der Dinge auseinandersegen. Wersailles, 1, e (W. T. B.) Der Senat hat die Wahl eines lebenslänglihen Senators an Stelle des verstorbenen Generals Changarnier auf den 10. d. M. anberaumt. Die Deputirtenkammer hat zur Vorbe- rathung des von Laisant (von der Linken) gestellten An - trags auf Herabseßung der Militärdienstzeit auf 3 Jahre eine Kommission gewählt; die Kommissionsmehr- heit, zu welcher auch Thiers gehört, ist gegen den Antrag. Von der Kommission, welche den Antrag der Regierung auf gerichtliche Verfolgung Cassagnacs zu berathen hat, ist die Majorität geneigt, dem Antrage stattzugeben.

Türkei. Konstantinopel, 28. Februar. Wiener

Blättern wird von hier gemeldet: Ein Rundschreiben des Großveziers an die A der Provinzen fordert die- selben auf, eifrigst Sorge dafür zu tragen, daß die Bevölke- rung ihre R baldigst ablege. Von den drei aus Amerika mit Waffen und Munition für die türkische Regie- rung erwarteten Schiffen sind zwei hier hon angekommen, während die Abfahrt des dritten von New-Haven telegraphisch avistrt wurde. Um den Gläubigen ein Beispiel zu geben, hat der Großscheriff von Mekka feinen Bruder und seinen Sohn unter die Freiwilligen aufnehmen lassen. _ 1. März. (W. T. B.) Das Friedensinstrument ist heute von dem serbischen Bevollmächtigten und dem türki- schen Minister der Auswärtigen Angelegenheiten unterzeich- net worden. Die Delegirten Montenegros werden e Abend bestimut erwartet. Heute haben hier die Wahlen zur Deputirtenkammer stattgefunden.

Wien, 1. März. (W. T. B.) Nach einem Telegramm der „Politischen Korrespondenz“ aus Belgrad enthält das türkish-serbisheFriedensinstrument nur die 3 Punkte der Wiederherstellung des status quo ante bellum, einer allge- meinen Amnestie und des Rückzugs der beiderseitigen Truppen hinter die früheren Grenzlinien innerhalb 12 Tagen vom Tage der Unterzeihnung an. Jrgend_welYer Garantien ge- schieht gar keine Erwähnung.

St. Petersburg, 1. März. (W. T. B.) Die Nachricht der „Times“ über einen unter dem Vorsiße des Kaisers stattgehabten Ministerrath, in welhem die Demobili- sirung der Armee bei erfolgtem Friedensabscchlusse zwischen der Türkei und Serbien beschlossen worden wäre, is durchch- weg unbegründet. Weder liegt ein solher Beschluß vor, noch hat ein derartiger Ministerrath stattgefunden. Conseils- sibungen, wie sie in anderen Staaten zur regulären Organi- sation gehören, sind bei uns überhaupt nicht Veègébracit, son- dern könnten nur durch ausnahmsweise Berufungen statt- finden. Ein Staats-Ministerium, das reguläre Sißungen hält, existirt bei uns nicht. Das in unserer Orgauisation vor- handene Ministercomité is etwas anderes und zählt auch andere Personen, als die Minister, zu seinen Mitgliedern.

Der „Times“ wird aus Konstantinopel geschrie- ben: „Die Lage der meisten asiatischen Provinzen is in Folge dessen, daß die gesammte muselmännische Bevölkerung der Ackerarbeit entzogen wird, um die Reihen der Armee zu füllen, eine beklagenswerthe. Wenn diese Zustände fortdauern, dürf- ten sie zu einer fürchterliheren Hungersnoth, als die von 1874 war, führen.“

Folgender Nachtrag zum zweiten englischen Blaubuch ist ausgegeben worden:

Der Earl von Derby an Sir H. Elliot (Telegraphisch. Auswärtiges Amt, 29. August 1376. Ich halte es für recht, Jhnen zu Ihrer Richtschnur zu bemerken, daß der von den Ereignissen in Bulgarien hier verursahte Eindruck die Sympathie mit der Türkei vollständig vernichtet hat. Dieses Ge- fühl ift allgemein und so stark, daß es selbst für den Fall, als Ruß- land den Krieg gegen die Pforte erklären follte, die Regierung Ihrer Majestät praktisch unmöglich finden würde, sich einzumischen. Ein solches Ereigniß würde England in eine sehr unbefriedigende Lage verseßen. Vér Friede ist deshalb dringend nothwendig. Gebraucben Sie Diskretion bei der Sprache, die Sie führen werden, aber Sie werden verstehen, wie wichtig es ist, daß fic die türkishen Minister der Situation klar werden, und daß Sie der Pforte nit dringend genug eine verföhnliche Haltung ans Herz legen können.