1877 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Mar 1877 18:00:01 GMT) scan diff

umsâte, mit Eiasluß des Verkehrs auf Reisbank-Giro-Kents und auf Einlösungs-Konto bei der Frankfurter Bank, beziffern sich pro 1876 in Einnahme auf 120,156,983 4, in Ausgabe auf 120,186,792 e, zusammen auf 240,343,775 Æ, pro 1875 betrugen dieselben 179,167,560 Æ.; mithin pro- 1876 mehr 61,176,215 ( Die Noten- CGirkulation fteilte sich im Jahre 1876 durdscnittlih auf 2,816,300 M gegen 2,912,800 pro 1875, während die Noteneiulösungen bei der Reichsbank-Hauptstelle 19,125,000 4 gegen 21,819,000 pro 1876 und bei der Einlösestelle in Frankfurt a. M. 1,487,200 4 be- rugen.

Wien, 14. März. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Schiff\chèn Bank beshloß heute die Vertheilung einer fünfpro- ¿entigen Dividende und die Liquidation der Gesellschaft.

Wien, 15. März. (W. T. B.) Der Wiener Verwaltungs- rath der österreihisch-französischen Staatsbahn hat si wie die „Presse“ erfährt, bereits für die Auszahlung einer Dividende von 25 Fres. auêgesprochen. Das Pariser Comité der Staatsbahn hat sich noch nit entschieden, doch wird die Zustimmung desselben hier als unzweifelhaft angesehen. Die Generalversammlung der Aktionäre der Kaiser Ferdinands-Nordbahn ist auf den 30. April anberaumt worden.

Verkehrs-Anstalten.

Einer “Bekanntmachung der Postdirektion zufolge, wollte die Schiffahrts-Gesellschaft „Rubattino“ am 13. d. eine Schiffahrts-

Linie zwischen Tunis, an die Linie Genua-Tanis Tunis und Sfar eröffnen.

Stockholm, 10. März. (H. N.) Das zur Ausarbeitung eines Vorschlages über die RIIRURY des Skyd8wesens eingeseßte Co- mité hat jeßt sein Gutachten abgegeben. Es wird darin vorgeschla» gen, daß das Maximum der Bezahlung für „Skyds“ (Ertrapost-

eförderung auf dem Lande durch Karriolen und andere kleine Fuhr- werke) vom Könige bestimmt werden soll und zwar speziell für jedes Amt oder Theile desselben nah Vorschlag des Landsthings und des Landhauptmannes. Das Ueberschießende soll zur Hälfte vom Staat und zur Hälfte vom Amte bis zum vierten Theile der jährlichen Be- willigung desselben bezahlt werden. Die Gastwirthe sollen in zwei Klassen getheilt werden, die eigertliben Gasthäuser mit Bewirthung und Logis und Skydsftationen ohne Bewirthung. Bei jeder dieser Stationen soll das reisende Publikum nach Verlauf von F Stunde 2, und nah Verlauf von 1} Stunde 4 Pferde 2c. bekommen können.

Kopenhagen, 8. März. (H. N.) Der Eisenbahnaus\ch{uß des Folkethings hat gestern sein Gutachten über den Gesetzvor- lag, betreffend die Eifenbahnanlagen von der Station Tommerup nach Afsens und von der Station Struer nach Thisted eingereict. Eine Mehrzahl von 8 Mitgliedern, darunter verschiedene Linken- männer, hat sich darin geeinigt, die Annahme eines großartigen Planes für zu ünftige Eisenbahnanlagen, welhe nach ihrer Meinung der Staat in Ausführung bringen müßte, und welche im Ganzen

Malta und Tripolis im Anschlusse und mit einer Gratisverbindung zwischen

[ eine Strecke von ca. 65 Meilen umfassen unb ca. 21 Kronen kosten würden, zu befürworten. Die von d Vorschlag gebrachten neuen Linien sind: Nyfkjöbing Tommerup—Affens, Saaborg ein Punkt westlid voz Zer: (a ffaorats— Mages Odenfe—Bogenfe, Ectruer Thifted, d ögstör, Tange—Silkeborg, ing—ODe!god und ile Bart an leßtgenannter Bahnftrecke. Selbstverständlich folltn ahnen alle nur nah und nach zur Ausführung kommen, u zeitig sollte der Staat sich bemühen, die angrenzenden Pv

ahnen zu erwerben. London, 12. März. (E. C.) Der Kapitän der « Thermutis“, Namens Carbines, ward überführt, im fein Schiff absichtlih an die Felsenküste von Cornwallis haben, um die Assekuranz zu betrügen. Der Lord-D

Coburn verurtheilte ihn zu 14 Jahren Zuchthausstrafe. ©*

vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welhes am 3. März von New-York abgegangen war, is heute w. blbehalten hier ange kommen und hat nah Landung der für Southampton bestimnten

Der „Neckar“ überbringt 100 Passagiere und volle Ladung. Baltimore, 13. März. Das Postdampfschif „Baltimore*®* vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, weldes am 21. bruar von Bremen und am 24. gangen war, ist heute wohlbehalten hier angekommen.

Berlin, 15. März 1877. Königlich Preußische Lotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute fortgeseßten Ziehung der vierten Klasse 155. Preußischer Klassenlotterie fielen :

1 Gewinn à 60,000 4 auf Nr. 42,554.

2 Gewinne à 15,000 auf Nr. 85,521. 91/309.

2 Gewinne à 6000 # auf Nr. 22,717, 26,138.

45 Gewinne à 3000 A auf Nr. 455. 1291. 2483. 7857. 8372. 8781. 15,326. 17,159. 19,641. 27,172. 29,217. 32,603. 33,019. 33,308. 36,689. 39,526. 40,523. 41,433. 43,277. 43,512. 44,167. 45,778. 45,892. 47,190. 48,842. 50,834. 57,313. 57/657. 58,435. 61,639. 61,651. 65,407. 66,207. 69,153. 72,806. 75,386. 76,608. 78,455. 80,141. 84,338. 84,674. 87,656. 90,696. 90,731. 93,229.

68 Gewinne à 1500 M auf Nr. 1888. 2380. 3205. 3266. 3639. 7049. 16,177. 17,749. 19,347. 20,084. 24,052. 24,458. 24,575. 26,777. 27,117. 27,822. 28,700. 28,880. 29,890. 31,038. 31,272. 31,802. 32,526. 34,045. 34,056. 34,768. 36,030. 38,840. 38,954. 41,012. 43,685. 44,774. 49,771. 50,573. 50,904. 52,145. 58,058. 58,093. 58,975. 60,043. 61,154. 63,807. 64,773. 66,579. 66,895. 67,086. 68,026. 70,287. 70,427. 72,865. 73,335. 74,128. 74581. 76,694. 77,325. 79,269. 82,306. 82,969. 83,613. 84918. 86,021. 86,307. 86,392. 87,862. 88,850. 89,876. 91,531. 93,856.

76 Gewinne à 600 A6 auf Nr. 1929. 2192. 3144. 4145. 4911. 4961. 7008. 8608. 11,937. 14,449. 14,875. 16,653. 18,291. 18,407. 19,180. 20,046. 23,216. 23,517. 27,896. 29,787. 30,011. 30,574. 30,851. 33,341. 34,930. 35,251. 35,648. 36,749. 39,442. 39,634. 41,911. 42,734. 42,927. 45,272. 45,492. 47,556. 48,146. 50,274. 50,937. 51,010. 51,493. 51,928. 52,070. 54,474. 54,489. 56,557. 58,323. 59,462. 59,720. 61,485. 62,478. 63,023. 63,884. 64,080. 66,502. 66,899. 67,031. 67,682. 71,551. 71,675. 71801. 75,458. 76,213. 77,066. 77,072. 77,115. 80,739. 82,028. 84,367. 84,842. 85,252. 87,469. 88,125. 89,676. 90,890. 93,342.

Die Ausgrabungen zu Olympia. XIV, (Vergl. Nr. 58 d. Bl.)

Der leßte bis zum 1. März reichende Wochenbericht hat die Absendung eines Telegramms vom 27. Februar

gemeldet, welhes, weil verspätet eingegangen, bisher niht veröffentliht werden konnte. Dasselbe lautet: Gestern große weibliche Statue ohne Kopf und Kentaurentorso, West ; Pferdeleib nebst Kopf, Ost. Ferner bringt der Bericht eine Korrektur zu dem in Bericht X11I. mitgetheilten Telegramme vom 2. März, welches verstümmelt hier angekommen und irrthümlih ergänzt worden is. Die richtige Fassung ist: West schönster Kopf, jugendlich männli und Kentaur Weib raubend, nicht vollständig, Oft Pferdeköpfe. Endlih enthält ein in Pyrgos aufge- gebenes Telegramm vom 8. März folgende neueste Fund- nachrihten. Unier andern schöner weiblicher Kopf, liegendes Weib West; behelmter Kopf, beschädigt, Ost. Viel Negen. Die zwei ersten im Telegramm vom 27. Februar erwähnten Stücke sind 20 M. westlih von der Westecte des Tempels neben einander gefunden worden. Der weiblichen nah rechts hin gewendeten Gestalt, welche mit dem rehten Bein kniet, während das linke Knie hoh gerichtet ist also ein schon mehrfach vorgekommenes Motiv 3. B. bei den beiden Wagenlenkern und dem Mädchen des Ostgiebels fehlen Kopf und Arme. Die Gestalt ist mit dem lang herabwallen- den einfachen Chiton mit Ueberschlag bekleidet und trägt San- dalen. Jhre treffliche Gewandbehandlung wird besonders her- vorgehoben. Die über 1,50 M. hohe und 1,00 M. breite Figur war ein Theil ‘einer etwas getrennter gestellten Kentaurengruppe, die in der nördlichen Giebelhälfte gestanden hat, der Mitte wohl etwas näher als der Ee. y

Der Kentaurentorso besteht aus der vorderen Hälfte des Pferdelcibes, an dem auch der Ansaß des Menschenleibes bis über den Nabel erhalten ist. Der Kentaur is vorn nieder- gestürzt, die fehlenden Beine waren vorgestreckt wie bei analog gestürzten Pferden; im s{harfen Winkel stand der hintere Theil des Leibcs empor. Aus dieser Haltung ergiebt ih, daß das Werk als das werthvolle Gegenstück zu der im Berichte X]. genauer beschriebenen Gruppe aus der Südhälfte aufzufassen ist.

Nördlicher noch a"s diese beiden Stücke wurde dann am 28. Februar cine Gruppe gehoben: ein Weib in den Armen eines Kentauren. Vom Weibe fehlten der Kopf, die Arme und der untere Theil von den Knien an, vom Kentauren sind beide Arme, die rechte Schulter, ein Stück des Pferde- [eibes, sowie das rechte Bein erhalten. Mit diesem um- klammert er die Gestalt von hinten (ähnlih wie auf einer Parthenon-Metope), während sein rehter Arm sie von hinten um den Leib faßte und der linke ihre entblößte Brust berührte. Mit beiden Händen fucht sie die Hände des frechen Wilden zu entfernen, wobei ihr Oberkörper ganz frontal f pie B wird. Was diesem Funde die Krone aufsett, ist die glückliche Ermittelung, daß der schöne, weiblihe Fdealkopf hon am 11. Dezember gefunden und in den Berichten IX. und X.

Figur anpaßt. Seitwärts geneigt nimmt nun der Kopf an dem ganzen angstvollen Bestreben des Körpers sih zu retten Theil. Wie sehr die ganze Gestalt dur diesen Abschluß ge- oben wird, und der edle Gesichtsausdruck eine ganz neue

irkung empfängt, entzicht sie) der flüchtigen Beschreibung. Bei der Größe der Gruppe und bei der großartigen Auffassung der weiblihen Gestalt kann es keinem Zweifel unterliegen, daß wir hiermit ein Hauptstück des Giebels, nämlih den Kentauren Eurytion, das Weib des Peirithoos, die Hippo- dameia raubend, gewonnen haben. Diese Darstellung befand sih nah Pausfanias nahe der Mitte; nur dahin paßt die ge- fundene Gruppe.

Jn dem Torso mit Kopf, welher beide Arme erho- ben hat (f. Bericht X111.) darf ebenfalls ein Stück der Mittel- gruppe vermuthet werden, nämlich der Theseus, der mit dem Beile die Kentauren abwehrt. Ob der wundershöne Kopf, der 20 Meter vor der Mitte des Tempels fast unversehrt ge- funden is, ebenfalls in die Mittelgruppe gehört hat, ist fraglih, aber wahrscheinlich. Da seine rechte Seite vom Ohr an nach hinten nur angelegt is, so war er siher nah Norden gewendet. Höchst wahrschein- lih ist es der Kopf des Peirithoos selber, der seinem nach jener Richtung entführten Weibe nachblickte. Es ist ein volles Antliß mit etwas länglihen Augen und sehr starken Lidern ; die vollen Lippen sind leise geöffnet. Die Stirn- und Nasen- linie ist nur wenig bewegt; die etwas gerunzelte Stirn giebt dem Kopf eine Spur von Pathos. Die Saarlödchen sind ganz in der Weise der Bronzetechnik behandelt. Man kam eben von dieser lange geübten Technik her und nahm unwill- kürlih manche Reminiscenz herüber.

ZU dem vielversprehenden Telegramme vom 8. März kann erst mit dem nächsten Bericht eine genauere Beschreibung gegeben werden.

Vor der Ostseite sind noch einige nicht unwichtige Er- gänzungen zu älteren Funden erlangt worden. So hat si das um Bericht X111. erwähnte linke, stark gekrümmte Bein mit der shönen Jünglingsgestalt, welche {hon am 9./10. Januar (f. Bericht X1.) zu Tage gekommen ift, genau vereinigen lassen. Diese nackte Gestalt, völlig im Profil gehalten, ruhte wieder auf dem rechten Knie, während das linke erhoben war. Bn Plaß war höchst wahrscheinlih vor dem Viergespann der Süd- seite und daher darf man sie vielleicht als Killas, den Wagen- lenker des Pelops, bezeichnen. Von der Sterope hat si ein weiteres Gewandstück vorgefunden. Ferner sind beide Qua- drigen durch werthvolle, gut zusammenpassende Fragmente ver- vollständigt worden. Dabei hat sih herausgestellt, daß jederseits drei Nosse in Hochrelief gebildet waren und nur je das vierte frei abgelöst davor stand. Da au {hon mehrere (4) Köpfe und zahlreiche Be gefunden sind, darunter 3 Hufpaare an der Plinthe noch haftend, so läßt ih jeßt sicher erkennen, daß alle Nosse n ruhig standen. Eine Menge Bohrlöcher an den Köpfen spricht für den s von Bronzegeschirren.

Außer den überall auftauchenden Bronzestücken, rohen Vierfüßlern u. dgl. sind zwei Bronzefunde gemacht worden, die eine Erwähnung verdienen. Erstlih ein sehr s{chöner und großer Pfauenkopf mit Hals, der anscheinend an einem Ge- räthe angebracht war, und zweitens ein in feinstem Erzgusse hergestellter Kalbskopf mit Brust in natürlicher Größe (0,36 M. hoh und 0,22 breit).

Troß des fortdauernd üblen Wetters, welches viele Stockungen hervorrief, sind doch die Arbeiten auf allen Punkten so rüstig fortgeschritten, daß weiteren Fundnachrihten mit Sicherheit entgegengesehen werden kann.

Nachschrift: Eine ist {hon während des Druckes ein- gegangen ; sie liegt in einem Telegramm aus Pyrgos vom

2. c. vor:

West unter anderen s{chöner Frauenkopf und kolossaler Jünglingskopf wohl ein Gott, groß- artiger Fund. :

Kiel, 14. März. Die Posten aus Christiania vom 11. und 12. und die Post aus Stockholm vom 12. d. Mts. sind heute niht eingegangen.

,_ Dem städtischen Final-Extrakt des Jahres 1876 ent- nimmt die „Nat.-Ztg." Folgendes: Im Ganzen nahm die Stadt- Hauptkasse 34,121,238 (6. ein, während sie 34,740,245 Á. also 619,007 #6. mehr ausgab. Diese Mehrausgabe erhöht fich aber noch um 88,249 „s. dadur, daß der Kassenbestand vom JIahres\{chluß um ebensoviel geringer war, als die Summe, welche als Ueber- \chuß des Jahres 1875 auf das Jahr 1877 übertragen werden mußte. Da die Ausgabe-Reste 3,744,282 M, die Einnahme-Reste aber nur 2,773,673 Æ betrugen, so überstiegen die ersteren die letz- teren auch noch um 970,608 4, so daß si das ganze Defizit des Jahres 1876 auf 1,677,864 #4 berechnet. Dieses Defizit ist zum Theil die Folge von Mehrausgaben, welche bei der Etats-Aufstellung nit vorausgesehen werden konnten, z. B. von denjenigen Mehraus- gaben, wels die Uebernahme der Unterhaltung der fiskalischen E und Brücken verursacht hat; zum größeren Theil wurde es aber dadurch unvermeidlih, daß bei der Aufstellung des Gtats für das Jahr 1876 manche bedeutende Einnahme-Positionen zu hoh und außerdem s\ehr viele Ausgabe-Positionen den Ein- w2ndungen des Magistrats ungeachtet zu niedrig angeseßt wur- den. Wäre die Herabsetzung der Einkommensteuer auf 60% statt auf 80 % unterblieben, so würde statt des Defizits si ein kleiner Uebershuß ergeben haben. Was die Ausgabereste betrifft, fo werden sie sih in diesem Jahre außerordentli vermindern; ein sehr

der Potsdamerstraße und einige andere Gebäude im vorigen Jaht nicht begonnen werden konnten, theils dadur, daß au in dem ver gangenen Jahre wieder gegen 700,000 4 gekündigte Stadtobl gationen und fällige Coupons nicht bei der Stadt-Hauptkasse zurn Einlösung präsentirt worden sind. Was die Einnahmen betrifft, so sollten auf die laufeden Steuern eingehen 19,989,060 Æ, auf Reste 707,351 #4, zusammen 20,696,411 e EŒW eingegangen 20,117,584 #G und an Resten verb 342,908 4, da beide Summen zusammengerechnet nur 20,4600, 2 A en, so ist ein Minus von rund 236,000 4 vorhanden. S F destoweniger ist das Gefammtresultat der Steuereinziehung* vorigen Jahres ein verhältnißmäßig günstiges, ein Etat hat sich nur bei der Mieths\teuer und bei der Braumal; steuer herausgestellt. Im quellen auf das Etats-Soll und die Reste des Vorjahres (3,262,211 M) 96,244,453 M. bei der Stadt-Hauptkasse eingehen; es sind aber nur eingegangen 34,121,238 46 und Rest geblieben 2,773,674 4, was zu- sammen 36,894,912 M4 ergeben würde, wenn angenommen werden könnte, daß alle Reste wirklich eingehen würden.

__ London, 11. März. Fn einer Kohlenzeche in der Nähe von Swansea wurden am 8. d. M. durch eine Erplosion \chla- gender Wetter 19 Grubenarbeiter getödtet. Die Katastrophe ent- stand dadurch, daß einige der Verunglückten ihre Sicherheitslampen öffneten, um sich thre Pfeifen anzustecken.

Der „Daily Telegraph“ zeigt den Empfang reihaltiger und interessanter Depeschen von Stanley aus Afrika unter dem Datum des 7. bis 13. August (von Ujiji ea an. Stanley habe den Tanganyikasee vollständig erforscht „und Camerons Anschauungen r l Die Hauptquelle des Nil und der dazu gehörende See is von dem Reisenden nah der Prinzessin von Wales „Alerandra“ benannt worden. Der leßte Brief (vom 13. uan meldet den Ausbruch von Blattern und Fieber in Vijiji und die \ch eunige Abreise von dort. Stanley wollte das Land dur{- kreuzen bis Nyangwo und dort über die Endreise bestimmen. Er sowohl wie fein Begleiter Pocok waren krank gewesen, aber in der Besserung.

theils berihtigt, theils bestätigt.

(E. C.) Dem Repräsentantenhause in Washington is der Aus\chußbericht über den seiner Zeit telegraphisch kurz erwähnten Vorschlag einer Nordpolexrpedition vorgelegt worden. E3 wird empfohlen, als Ansiedler wenigstens 40 kräftige Männer auszusenden und dieselben für wenigstens drei Jahre mit Lebensmitteln zu ver- sehen. Ein starkes Gebäude, zu dem das Material an Bord mit- geführt wird, soll in der Lady Franklin Bay oder, wo möglich, am Kap Union zwischen dem 32. und 23. Grade errichtet werden. Stwiffe der Vereinigten Staaten follen dort alljährlih Besuche machen, Menschen und Vorräthe bringen und die Kolonie in Verbindung mit der Außenwelt halten. Es soll militärische Disziplin beobachtet werden und ein Astronom, \owie einige Naturforscher mit ausfahren. Der Ausschuß erklärt, die Chre des amerikanishen Namens sei an der Sache betheiligt und der Geseßesvorshlag unbedingt zu empfehlen.

Theater.

„Kathleen Mavourneen“, das in neuerer Zeit so viel be- sprochene Lied von Crouch, wird dem „Fremdenbl.* zufolge, von Frl. Minnie Hauck bei nächster Gele enheit imKöniglihenOpernhause als Einlage zum Vortrag gebracht werden. Bekanntlich dankt dieses alte ergreifende einfache Lied der Sängerin Tietjens seine Wiedcr- aufuahme. Fr. Erhartt erzielte in Frankfurt a. M. so große Erfolge, daß \sih die Direktion des dortigen Theaters ver=- anlaßt sab, auÿch für nâhstes Jahr ein Gastspiel mit der Künstlerin zu vereinbaren. i

__— Im Residenztheater spielte am Dienstag in Fortseßung ihres Gastspieles Fr. Charlotte Wolter als zweite Nolle „Die Dame mit den Camelien“. Von der Phâdra Racine's, mit welcher die Künstlerin ihr diesjähriges Gastspiel hierselbst eröffnete, bis zu der Dumasschen Cameliendame is ein weiter Schritt. Viel= leiht hat Fr. Wolter durch das N .beneinanderstellen zweier so von Grund aus verschiedener dramatischer Gestalten wie die der alt-flassischen Phädra, und der modern-realistischen Margarethe Gauthier ihre künstle- rishe Vielseitigkeit bekunden wollen. Das Dumass\che Stück, das Proto typ aller Stücke dieser Art, und von rein szeuishem Standpunkte aus au das gelungenste, hat \sih, troßdem es deutscher Anschauungs= weise und Art fern steht, auf der Bühne erhalten, und. bietet in seiner weiblichen Hauptfigur einer hervorragenden ODars- stellerin Gelegenheit, glänzende s\{auspielerisce Virtuosi- t zu zeigen, und diese hat denn auch Fr. Wolter mit dieser Rolle im hellsten Lichte gezeigt. Der rauschende oft wiederholte Beifall, der si in zahlreihen Hervorrufen und in der Spendung eines großen mit Kamelien geshmückten Lorbeerkranzes bekundete, g siher niht dem Stücke, sondern der bewunderns- werthen Leistung der gastirenden Künstlerin. Neven der Rolle der Margarethe Gauthier , treten, besonders bei einer Darstellung, wie sie Fr. Wolter bietet, die übrigen Personen des Stückes n ganz in den Hintergrund, mit Ausnahme des Armand Duval, den Hr. Keppler mit edler Haltung und wahr empfundener Leidenschaft spielte. Die Aufführung erfreute sich ungeachtet ihrer langen Dauer (sie währte wegen der langen Zwischenpausen bis ein Viertel nah zehn Uhr) von Anfang bis Ende der regsten Theil- E ors zahlreichen, sämmtlihe Pläße des Hauses füllenden

ublikums. j

Das zweite und leßte Konzert der Hrrn. Brüder Will i und Louis Thern findet, wie bereits vorläufig gemeldet, morgen Freitag, Abends 74 Uhr, im Saale der Singakademie statt.

Redacteur: F. Prehm.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W, Elsner. Vier Beilagen

Berlin:

b2¡prochen genau an den geneigten Hals der weiblichen

großer Theil derselben ist dadur veranlaßt, daß der Bau des Irren-

(einsh!ieglich Börsen-Beilage).

hauses, des Arbeitshauscs, der höheren Töchterschule in der Gegew :

getrielen ter ï

Southampton, 13. März. Das Postdampfschiff „Neckar*,

Passagiere, Post und Ladung die Reise nah Bremen fortgeseßt. - A

Sebruar von Southampton abge-

U E z

int Ausfall gegen -_ I Ganzen sollten aus allen städtischen Cinnahme-

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 64. Nichtamfkliches.

Deutsches Neiecke.

Berlin, 15. März. Jn der gestrigen Sißung dcs Reichstags nahm in der Etatsberathung zu der Po- sition „Gesundheitsamt, 10,000 M für Dare , der Reichskanzler Fürst von Bismarck ‘nah dem Abg. Pr. Löwe das Wort: %

Die Reichêregierung wird den Wünschen, die soeben geäußert wurden, so weit es in ihrer Macht liegt und sie niht zur Kompetenz der Landesregierungen aus\{hließlich gehören, sehr gern entgegen-

men. i ; ;

N Wenn ih das Wort ergreife, so geschieht es, um ein gutes ein- ulegen für die Bewilligung der chemischen Apparate, niht nur eines Haboratoriums, longern auch eines Chemifers, und um Ihnen zu sagen, in welher Weise ih die erste Instruktion an das Neichs- Gesundheitsamt ertheilt Habe. Es traten sehr viele Wünsche an dasselbe heran, und der Direktor desselben war im Begriff, einem dieser Wünsche näher zu treten, nämlich der Untersuhung der Ver- unreinigungen, die in den Flußbetten stattfinden durch Zusäte von Fabrikabgängen und dergleichen ; mir schien es wichtiger, dasjenige, was dem mensblichen Körper zugeführt wird, lieber in erster Linie zu betrachten, als dasjenige, was den Flüssen zugeführt wird.

Ich habe daher das Reichs-Gesundheitsamt aufgefordert, zuerst seine Aufmerksamkeit der Verfälschung aUgemein verbreiteter Nah- rungêmittel und Getränke zu widmen und fi zunächst die Aufgabe zu stellen, einmal das Trinkwasser der großen Städte, dann das Bier und dann den Wein, unter welhen Namen diese beiden Getränke im Handel vorkommen, einer chemischen Untersuchung zu unterwerfen.

Es hat si dabei ergeben, daß grade die Analyse dieser Flüssig- keiten und die Feststellung derjenigen Zusäße aus dem Gebiete der organischen Körper eine außerordentlich s{wierige und wenig aus-

ebildete Branche der Chemie ist, und unsere Hauptschwierigkeit bei Gir Aufgabe ist gewesen, sahkundige Leute bereit zu finden, dann zu- näcst auch nur einmal feststehende Methoden für diese Untersuchung, die zu meiner Ueberraschung niht vorhanden sind, dann Lokalitäten und die ziemli großen Apparate, die hierzu erforderlich sind.

Die Untersuchungen sind seit mehreren Monaten im Gange und haben Resultate geliefert, die mich überrasht haben über das Maß der wir können es nach unserem heutigen Geseßze kaum Ver- fälschung nennen aber über den gänzlihen Manzel an Verbindung, der zwischen diesen Flüssigkeiten und dem, was man sonst Bier und Wein nennt, besteht ; sie haben mitunter gar keine Verwandtschaft mit Hopfen und Malz, und der Wein mit der Traube. i

Ich hoffe also, daß der Reichstag, da unter uns doc Viele sind, die beide Flüssigkeiten nicht vershmähen, mir darin beistehen dürfte, diese Aufgabe erst zu Ende zu führen Sie hat auch, glaube i, noch eine Bedeutung für die Gefeßgebung in Bezug auf die Be- steuerung der Getränke und Nahrungsmittel, und kann uns wichtige Anhaltspunkte bei den Erwägungen bieten, die uns, wie ich hoffe, im nächsten Jahre bevorstehen werden. :

Vor der Hand wünsche ih aber nur zu thun, was in den Kräften des Reichs-Gesun dheitsamts liegt, um die Schäden, unter denen wir in dieser Beziehung leiden, klar zu legen vor der Oeffent- lichkeit, und bitte deshalb um Ihre Unterstüßung bei Bewilligung

der chemis{chen Apparate.

Auf eine Erwiderung des Abg. Dr. Neichensperger (Crefeld) entgegnete der Reichskanzler Fürst von Bismarck:

Meine Herren! Ich bedaure, daß Ihre Zeit wegen 10,000 so lange in Anspru genommen wird, während Sie noch mit Hun- derttausenden und Millionen zu thun haben werden. Aber ih möchte doch auch diese 10,000 #4 nicht gerne verlieren, denn der Zweck, den Sie, wie mir vorher schien, in der Mehrheit billigen, würde dadurch wesentlih geschädigt. :

| S LEU mnd {hon gefreut, mit dem Herrn Vorredner endlich ein Gebiet gefunden zu haben, auf dem wir uns verständigen könnten, und ich wollte {on meiner Genugthuung darüber Ausdruck geben, wenn es au nur bei Bier und Wein wäre; aber ih habe doch gefunden, daß auch hier Differenzen in unseren Auffassungen sind und unsere Urtheile augeinandergehen. : Gr sagt, wir sollten uns in diesen Dingen nach England ridten, und hat einen Appell an die englische Freiheit und Tradition erhoben. : 4 ; Meine Herren, das thun wir gerade. Die Engländer haben da- mit begonnen, den Weg zu betreten, den der Herr Vorredner empfahl, und haben dergleichen Üntersuhungen von großen Chemikern und an- deren Entreprisen anstellen lassen. Sie haben sich aber überzeugt, daß der Weg ein unrichtiger war, und daß die Chemiker zum Theil den Ueberredung8gründen und -künsten der Interessenten noch zugäng- liher waren, als den Wünschen der Regierung und daß sie überhaupt keine bestimmte Unterlage boten. Gerade die Engländer haben sich staatliche Einrichtungen und Centralorgane“ geschaffen, obwohl sie so Cenis zur S geneigt sind. Der Appell an die englischen inrichtungen trifft also nicht zu. : L. Weni der Herr Vorredner sagt, es sollen sich überall Comités bilden, so wäre das sehr \{ön, fie bilden sih aber nicht, und ich kann fie niht schaffen. E L Er verweist uns an die Organe, welche das Reich überall hält. Ich glaube, das Reich ist im Verhältniß zu feiner Aufgabe die organloseste Institution, die überhaupt existirt. Ich hoffte auch, er würde mir einige nennen und e entdecken, die -mir bisher ent- gan en sind; aber wir haben gar keine Organe, die namentlich dazu ecignet wären. : : will nur noch bestätigen, daß diese Anpreisung der Bouquete für jede Sorte Wein mir gedruckt vorgelegen, hat; sie befand sid, wenn ih nit irre, bei den Akten des Reichs-Gesundheits-Amts, und ih müßte mich sehr irren, wenn ich nicht in dem ur unsere sittlichen Zustände fo außerordentlich interessanten öffentlichen An- eiger des „Kladderadatsh“" dieselbe gefunden hätte, ein Theil dieses

lattes, dessen Studium ih Allen, die an der Verbesserung unse- rer Sittenzustände arbeiten, nur dringend empfehlen kann aus fehr vielen Rüdcsichten, was man dort anpreist, is außer- ordentlich lehrreich für den, der das Leben unserer großen

Städte genau beobachtet. Einen SEDE an die vorhandenen Laboratorien hier haben wir ebenfalls versawt; wir sind ja so leichtsinnig nit vor fee ih habe an alle inneren preußischen

Behörden geschrieben, ob sie ein Berliner Laboratorium hâtten, was sie a e Berilanu stellen könnten, namentlih auch an das Kultus- Ministerium und die Institute, die unter ihm standen. Die Ant- worten, die ih da erhalten habe, seßen die Schwierigkeiten ausein- ander. Nur vom landwirthschaftliwen Ministerium is mir mit

er Liberalität das Laboratorium in der Thierarzneishule theil-

gro eifh1 weile zur Verfügung gestellt worden, aber doch nur in Konkurrenz -

leihzeitiger Benußung derselben Lokalien durch andere, und das ist eben unzulässig, Sollen diese Untersuchungen fichere amt- lie Resultate liefern, so müssen sie in ganz abges{chlofsenen Räumen und mit einem gewissen Geheimniß betrieben werden. Das wäre das einzige, und dies ist auf die Dauer doch auch nit zu un- erer Verfügung, wenn das Geschäft überhaupt nah Ihrem Willen

ort [l. rtgeseßzt werden \o ob, den Direktor des Reihs-Gesund-

Außerdem liegt mir no i heitsamts eon feiner bwesenheit zu entschuldigen, denn

* Kreis- und Kommunalverwaltung, in Preußen wenigstens, gelegt

Berlin, Donnerstag, den 15. März

1877.

ih selbst ?trage die Schuld, My er nit hier is. Ich glaubte nicht, daß die Diskussion seines Etats eine Wendung nehmen würde von der Art, daß sein _perfönlihes Eingreifen als Redner dabei erforderlih fein würde. Sollte eine technishe Aus- kunft nothwendig scin, die ih nit geben könnte, so ift ein Mitglied des Reichs-Gesundheitsamts, Hr. Baur, auf dieser Bank ge- genwärtig. Den Direktor aber habe ich beurlaubt oder beauftragt, um der augenblicklich in München stattfindenden Besprehung über Mittel zur Abwehr gegen die Cholera beizuwohnen. Er wird Ge- legenheit haben, da er in wenigen Tagen zurückfehrt, in der Kom- mission Ihnen noh vollständigere Auskunft geben zu können.

Nach dem Abg. Dr. Hirs, welcher die Aufstellung der Morbiditäts- und Mortalitätstabellen als eine wichtige Auf- gabe des Gesundheitsamts bezeihnete, ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck noch einmal das Wort:

Ich möchte anh: imgeben, diesen besonderen Antrag zu stellen, da ih in dem Maße, wie der Herr Vorredner es erwartet, entgegen- kommend in diesem Augenblicke zu antworten nitt im Stande bin. Bei aller Neigung der verbündeten Regierungen, den weit gesteckten Zielen der Statistik förderlich zu sein, haben die verbündeten Regie- rungen doch au eine andere Seite der Sache ins Auge zu fassen, das ist nämlih das Vorhandensein und die Leistungsfähigkeit der Or- gane, auf denen gewissermaßen die Urlieferung der Statistik beruht. Es geht das bis in die Kreise und Gemeinden herunter, und mir sind in der Bezichung von einzelnen Regierungen Vorschläge gemacht worden, zu denen ih mich habe ablehnend verhalten müssen, weil ich vorausfah, daß damit eine neue Last auf eine noch in der Jugend befindliche Bildung im preußischen Staate, ih meine, auf die neue

werden würde, wo wir eine Anzahl unbesoldeter Aemter haben, zu deren Uebernahme wir die Auserwählten mit Strafen zwingen, denen, seitdem sie bestehen, von allen Behörden, namentlih von denen, die statistishe Nachrichten brauchen, Arbeiten auferlegt worden find, was die Abneigung, dergleichen überhaupt zu über- nehmen oder dergleichen mit Liebe zur Sache zu thun, erheblih ge- steigert hat. Und ih möchte den Herrn Vorredner zu erwägen bitten, daß nicht übler Wille, Abneigung gegen irgend welche wissenschaftliche und begründete Bestrebung es ist, sondern daß man da sagen muß: audiatnur et altera pars. Die Forderungen der Wissenschaft sind in der Theorie leicht gestellt, aber in der s{werfälligen Praxis vom Dorfschulzen aufwärts durch den Standesbeamten und ih glaube, den würden hier erhebliche Leistungen wieder treffen nachzufolgen, ist wirkli sehr beshwerlich, und ich kann dem Herrn Vorredner sagen, daß wir dadurch eine Reaktion erzeugen, die vielleicht bei den Wahlen einmal in dem Zorn gegen die Statistiker und gegen die Zumuthungen, mit denen diese den einzelnen Unbe- theiligten behelligen, ihren Ausdruck finden könnte. i

Erregen wir keinen Unwillen gegen Bestrebungen, die an sich sehr heilsam sind, aber die verstimmen werden, wenn wir sie über- treiben, und daß wir die Anforderungen an untergeordnete Organe, die nicht so sehr leistungsfähig find, die keine Gelehrten sind, nicht zu hoh spannen!

m weiteren Verlaufe der Sißung wurde gegen den Wunsch des Bevollmächtigten zum Bundesrath Staats-Mi- nisters von Bülow und des Abg. Grafen von Frankenberg die beantragte Gehaltserhöhung für den Botschafter in London von 30,000 é mit 157 gegen 147 Stimmen abgelehnt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister von Bülow hatte diese Position wie folgt motivirt:

Es ist nicht ganz ohne Bedenken, jedenfalls nicht ohne reiflih? Prüfung gewesen, daß die von dem Herrn Vorredner als nicht richtig bezeichneten Zulagen in Vorschlag gebraht worden sind.

Aber gerade weil reiflibe Erwägungen stattgefunden haben und der Natur der Sache nah stattfinden mußten, glaube ih, daß die Zulage für den Botschafter in London, und ih will gleih St. Pe- tersburg mit erwähnen, obgleich dies in der Rede niht weiter vor- gekommen is, dem Reichstage als ‘gerechtfertigt darstellen wird.

Wenn hervorgehoben worden ist, daß das Konto des Aut wärtigen Amtes mit jedem Jahre steige, so kann ich das in keiner Weise leugnen. Ich erlaube mir aber, nicht auf die immer zunehmende Theuerung, die allerdings niht mehr in so großem Maße stattgefunden hat, sondern einfah auf das Interesse des Dienstes hinzuweisen. Sie werden mir erlauben, gerade dies Interesse als dasjenige, was für uns hier maß- gebend sein muß, zu bezeichnen, wenn wir solche E machen. Ich muß ausdrüclich hervorheben, daß das Interesse des Dienstes mit jedem neuen Jahre Anforderungen stellt, ‘die Geschäfte nehmen zu, die Aufgaben des Auswärtigen Amtes nehmen zu, es verbreitet ih die Thâtigkeit von einem Lande weiter zu dem anderen. Ganz abgesehen von entfernten Gegenden, wo die deutsche Vertretung und der Schuß deutscher Interessen in jedem Jahre wächst, ift es natür- lih, daß auch in Europa und in den nächst gelegenen Ländern die Aufgaben der Vertreter des Reiches gewachsen sind. Wir brauchen manchen guten Mann für unsere Dienste auf dieser weiten Erde. Das Auswärtige Amt kann anders nicht auskommen, als indem es gute und tüchtige Männer sucht, welhe die Interessen und Rechte wahrzunehmen geeignet sind, auf die es hier ankommt.

Wenn ferner gesagt worden ist, daß immer wiederholt Zulagen verlangt worden sind für die Botschafter, so nehme ich dafür An- erkennung der Sparsamkeit und der ernsten Erwägung des Auswär- tigen Amtes in Anspruch, welches jedesmal, wenn Vorschläge der Art gekommen sind, auf das Nothwendige, auf das durch die rfahrung als nothwendig erkannte \sich beschränkt hat.

Was speziell den Londoner Posten anlangt, so hat \{chon vor vielen Jahren der Vorgänger des jeßigen Botschafters darauf auf- merksam gemacht, daß die Vermehrung der 25,000 Thaler, die er in früheren Zeiten als preußisher Gesandter hatte, niht ausreiche. Wir find dann allerdings Schritt vor Schritt vorgegangen. Wir haben dies aber nicht ohne praïktishe Erfahrung thun wollen. Als der Hr. Graf von Münster zu dem Posten ernannt wurde gerade in dem Sinne, den ich mir eben anzu- führen erlaubte, um einen guten und tüchtigen Vertreter des Reiches zu bekommen und zu erhalten, hat derselbe sofort gesagt, daß nach seiner Kenntniß der englischen Verhältnisse, die eine ganz genaue ift, er niht glaube, daß er mit dem Gehalt, welchen sein Vorgänger als deutsher Botschafter gehabt hatte, und den dieser bereits als unge- nügend bezeichnet hatte, auskommen werde. Es ist ihm darauf erwi- dert worden, das sei möglich, indessen werde es auf die Erfahrung ankommen, er werde einige Jahre dort Erfahrungen zu sammeln

aben, müsse fih einrihten und dann werde man in Erwägung zie- lex ob cine Zulage nothwendig und möglich sei. Diese Erfahrung ist jeßt gewonnen in den 4 Jahren, die der Hr. Graf Münster mit großer Auszeilhnung und mit voller Recbtfertigung der Wahl Sr. Majestät des Kaisers dort fungine und die wichtigsten Geschäfte unter \{wierigen Verhältnissen zu ühren gehabt hat. Und ih muß sagen, wenn behauptet worden ist, man würde niemals dieses Motiv vom Auswärtigen Amte bekommen, daß die Herren wirklich zn thun hätten, oder daß sie große Aufgaben zu lösen hätten, und wie sie sie lösen, ih muß sagen, .es versteht sich ganz von selbst, daß wir im Falle, daß im Interesse des Dienstes eine solche Zulage verlangt wird, ganz genau wissen, für wen und für was sie verlangt wird, und wie

halt von 120,000 Æ. für die englishen Verbäktnifse nit entsprechend, nicht, weil es auf große Feste oder Diners oder P N Enns mit englifhen ausnahmsweise reiben und hech geftellten Perfönlichkeiten anfkâme, die ein außerordentliches inkommenfurables Vermögen haben, sondern weil der Botschafter Sr. Majeftät des Kaisers in der Lage is und sein muß, auf gleihem Fnß mit benjenigeæ Personen zu leben, welche, ich möchte fagen, die Elite der guten englischen Gesellschaft bilden, weilt er in seinem Haushalt, seiner Equipage, in der Eröffnung seines Haufes für Freunde und nähere Bekannte \o wie diese englische Gese fhaft und wie die übrigen Botschafter eingerichtet sein muß, daß er gleihmäßig wie diejenige Perfonen leben kann, welche man in England als wohlhabend be- zeichnet und die seinem Umgangskreise angehören, und daß er dabet nicht durch finanzielle Rüäsichten behindert sei, die Pflicht feiner Stellung zu erfüllen. . , Dazu kommt, daß die Aufgaben und Leiftungen des deutschen Botschafters, seitd-m er das ganze Deutsche Reich zu vertreten die Ehre und das Glü hat, sehr viel größer geworden find, als sie es früher waren. Es hat der Botschafter jeßt hinfihtlih der Gaft- sreundschaft, hinsichtlih der Aufgaben der Wohlthätigkeit, hinsichtlich der Vertretung und Arbeitskräfte, die zum Theil mit Geld auf- gewogen werden müssen, seitdem sämmtliche deutshe Bundesregierun- gen sib an ihn wenden und in ihm den Repräsentanten des ganzen Deutschen Reiches finden, eine sehr viel größere Aufgabe. Es ist gewiß uns Allen eine Freude, daß es fo ist, ich seße c8 wenigstens voraus.— der Botschafter empfindet das aber auch in seinem Jahresbudget. und hat ¿s mit jedem Jahre mehr empfunden. Unter diefen Um- ständen ist es nur als billig ershienen, daß der Hr. Graf Münster eine Zulage erhalte, die ihn den übrigen Botschaftern niht voran- seßt weit gefehlt fondern ihn mit einigen seiner Kollegen ungefähr gleicstellt, denn diese haben, der Sache na, wie uns das vorliegt, alle einen höheren Gehalt. Man kann fragen, ob nit ein jeder Botschafter, der die Chre hat, eine so große Stellung zu über- nehmen, eben aus seinem eigenen Vermögen die Zuschüsse machen müsse, die ihm Neigung und der Wunsch, ein großes Haus zu machen oder an- dere Rücksichten auferlegen? Hat jemand Luft und ist er im Besiße eines fürstlichen Vermögens, es den Größten seines Standes gleich zu thun, fo ift das seine Sache, das kann man aber dienstlih von Niemand verlangen. Hat jemand die Aufgabe, denjenigen si gleih= zustellen, die i vorhin nannte, so wird es nicht zu verlangen sein und auch nicht im Interesse des Dienstes sein, daß er von seinem Vermögen zu viel in Anspruch nehmen müsse. Es könnte s{ließlich niemand Anderes als ein sehr reiher Mann zu einem solchen Posten ausersehen werden, was aber wieder nicht im Interesse des Dienstes und der Nation oder den Intentionen dieses hohen H@uses sein würde. Dann aker glaube ih, kann man es auch Niemandem zumuthen und der jeßige, wie gesagt, sehr würdige Inhaber dieses Postens, ist eben auf dem Punkte angekommen, wo die Zuschüsse, die er aus eigenen Mitteln zu leisten hat und die immer erheblich und bedeutend bleiben werden, über das Maß hinausgehen, was ein verständiger pater familias für einen solchen Posten leiften kann. ;

Ich erlaube mir gleich auf St. Petersburg überzugehen, wo die Frage ebenso unabweisliÞch und ebenso dringend geworden ist. St. Petersburg und London sind jedenfalls die beiden größten theuersten Orte, an denen Botschafter Sr. Majestät des Kaisers affkreditirt sind. Es ist nothwendig und wünschenswerth, sie gleichzu- stellen. Eine Analogie für die anderen Botschafter wird daraus, wie ih versichern kann, in keiner Weise gezogen werden. i;

Jch kanu dem Herrn Vorredner durch die Bemerkung, daß eine solche Analogie gleichmäßiger Besoldung {hon bei Rom nik ein- gehalten worden ist, klar legen, daß diese Folgerung nicht gezogen zu werden braucht! Jn Rom hat der Botschafter mit Rücksicht auf die lokalen Verhältnisse und seine ganze Stellung nur 100,060 4. Man kann also die Analogie nit auf alle Botschaften ziehen. Es ist durchaus nicht die Leidenschaft des Auswärtigen Amtes, den ein- zelnen Herren einen größeren Gehalt zuzuwenden und mehr Zufchüfse, als durhâus nothwendig sind, und daher kann i, fo wie die Dinge jeßt liegen, die Bürgschaft dafür übernehmen, daß die übrigen Bot» {chafter eine Zulage deshalb niht bekommen werden. Für diese beiden Botschafter aber erlaube ich mir mit Rücksiht auf die that- {ächlihen Verhältnisse an die Billigkeit des Reichstags zu appelliren, da ih es in der That für überaus wünschenswerth, ja ih muß wieder=- holen, im Interesse des Dienstes für nothwendig halte, daß diese Zuz lagen nicht abgelehnt werden,

Eine gleihe Summe ist indem Etatsentwurf als Gehalts- erhöhung für den Botschafter in St. Petersburg aus- geworfen worden. - e i

Bei der Berathung über diese Position ergriff zunächsk. der Reichskanzler Fürst von Bis marck das Wart:

Meine Herren, wenn ich annehmen darf, daß die vorige, soeben. beendete Abstimmung sih nur auf London bezog, so möchte bh de als Beweis meiner Ueberzeugung, mit der ih an diefen Anf rag ge- gangen bin, noch eine Lanze für Petersburg einlegen und Sie bitten, die Abstimmung in Bezug auf London für Petersburg niht maßgebend sein zu lassen, sondern die Erhöhr mg dort wenigstens zu bewilligen. Dort find die Berhältn isse info= fern -noch {chwieriger als in London, als ein 7 urücktreten aus der Stellung, die durch die Verhältnisse dem Botschafter aufgedrängt wird, gar niht möglich ist. In Lendon GP'ann Jemand allenfalls, wenn er niht empfindlih ift gegen Kritik, Jn der großen Stadt von 2 Millionen , in der der Hos und Alles, ‘was mit dem Hofe in Verbindung steht, fih niht fo deutlich im Profil abhebt wie in Petersburg, bis zu einem gewissen Grade )' (ch zurückziehen, obschon das auch seine Grenzen hat. Und ih kanæ erwähnen, daß frühere Gesandten und Botschafter, die sih in Fh nlicher Lage be- fanden, nach ihrem Tode Verhältnisse mitunter H nterlafsen aben, die es für ihre Angehörigen, Kinder und Wittwe, haben bedauern lassen, daß die Herren ncht früher gegenüber der Unzulänglich- keit ihrer Mittel aus der Stellung herawS zetreten sind. In Petersburg ift der Botschafter in einer gem? jen Repräsentations- nothwendigkeit durch die enge Verbindung, in “der er zum Hofe, zu dem nahe verwandten Hofe steht, und dux d ie Nothwendigkeit, im Anschluß an den Hof zu leben, durch dey. Mangel einer großen reihen Mittelstandsgeselligkeit, welche allenfalls das Leben der höchften Regionen deckt und undur%fi{h.g macht durch alle diese Momente ist er gewissermaßen feftge nagelt in einer Position, zu deren Bestreitung die Mittel, die er bisher hat, absolut nicht ausreichen. Ih habe über Petersburp, eigene Erfahrungen; ih weiß genau, was man da brauht, und weiß, wie die Preise seitdem gestiegen find in viel V öherem Maße als in irgend einem anderen Lande, nämlich w-ohlverstanden die Preise für Alles, was zum Luxus gehört. In Petersburg wiederh-lt sich die- selbe Erscheinung, die in allen den ‘Gegenden, welche die Lurxusartikel nicht selbjt fabriziren, ja erkennbar ist für den Reisenden, daß der Preis aller Gegenstände, die eigen*.lih e Luxus gehören und die in einer großen Stadt vielfach zuy; Verbrauch kommen, unverhältniß- mäßig viel höher ist, als der “Preis der gewöhnlichen Lebensbedürf- nisse, man kann sagen iv: Vergleich mit anderen Gegenden um das Vier- bis Zehnfahe. Das sind Sachen, die ih aus eigener Er-

ahrung habe kennen lernen. Beispiel8weise einen Rock müssen Sie in De urg unverhältnißmäßig viel theurer bezahlen, als irgend wo anders, während man nicht sagen kann, daß das Brot dort theurer

der Betreffende seine Aufgabe erfüllt hat und erfüllen kann. Genug, nah 4 Jahren bat Hr. Graf Münster nachgewiesen, es sei der Ge»

sei, Im Gegentheil, das Brot ist dort vielleicht wohlfeiler; es wird