1877 / 65 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Mar 1877 18:00:01 GMT) scan diff

freien Verkehr übergegangen find und daß also aub diese Bestände als Einfutr erfolaen. während sie do eine cigentlihe Einfuhr für diesen Monat nicht bilden nund es vollständig zweifelhaft bleibt, wie viel von diesen Beständen, die bisher in den Niederlagen waren, wirklich in den Verkehr und den Konsum über- gegangen ift. Ih bitte die Herren, den Handelsausweis für den Monat‘ Februar, der ja binnen Kurzem erscheinen wird, abzuwarten und dann die Zahlen mit einander zu vergleichen; es wird sich dann aus der Differenz zwischen Januar und Februar ergeben, wie groß die Quantität der von mir erwähuten Niederlagebestände war. Wer von Kardorff hat erwähnt, daß die in dem Handelsausweis ür Januar enthaltene Ziffer der Ausfuhr von Cisen nah der Schweiz nicht richtig sein könne. Wie es fi hiermit verhält, darüber find Ermittelungen im Gange, deren Ergebniß aber zur Zeit noch nicht vorliegt. i 2 Außerdem sprachen die Abgg. Dr. Bamberger, Freiherr von Maltzahn-Gülst, Richter (Hagen), Stumm und Dr. Braun.

Der Titel 1 des Etats der Zölle und Verbrauchssteuern wurde

genehmigt. Schluß Uhr. Nädwste Sißung Sonnabend 11 Uhr.

Der (Rheinische) Strafsenat des Ober-Tribunals hat in einem Erkenntniß vom 1. Februar 1877 den von ihm in einem früheren Erkenntniß gebilligten Rechtssat, daß die Zurüchaltung der Kinder von einer patriotischen Schulfeier, auch wenn diese niht im Schullokale statt- findet, während der regelmäßigen Unterrichtszeit, strafbar ist, von Neuem ausgesprochen und zugleih die Entscheidung gefällt, daß der seine Kinder vom Schulbesuh zurückhaltende Vater auch dann strafbar ist, wenn die vorgeschriebene der Bestrafung vorherzuschiende Verwarnung Seitens des Gemeidevorstandes nicht stattgefunden hat.

Der General-Lieutenant von Shwerin, Gouverneur von Meß, ist von dort mit Urlaub auf der Durchreise hier eingetroffen und im Hotel Magdeburg abgestiegen.

Der Regierungs-Rath Paschke, bisher Mitglied der General-Kommifsion zu Münster, ist als Hülfsarbeiter in das Revisions-Kollegium für Landeskultursachen eingetreten.

Vayern. München, 14. März. (Allg. Ztg.) Jm Staats-Ministerium der Justiz hat heute die aus zwanzig Mitgliedern bestehende Kommission zur Bera- thung der Einführungsgeseße zur Civilprozeß- ordnung, in specie betreffs der Zwangsvollstreckung bei un- beweglihem Vermögen, die Sißungen, welche etwa achtzehn Tage dauern werden, aufgenommen. Außer Mitgliedern der einzelnen Staats-Ministerien und Gerichtshöfe sind auch der Direktor der Süddeutschen Bodenkreditbank Dr. von Schauß, der Bankadministrator Ströll hierselbst und der Advokat Ph. Lenk von Würzburg hinzugezogen.

Sessen. Darmstadt, 13. März. (Frkf. J.) Heute trat nah längerer Pause die erste Kammer zusammen, um eine Reihe von Gegenständen, die in der zweiten Kammer be- reits ihre Erledigung gefunden, in Berathung zu nehmen. Hierbei wurde der crste Gegenstand der Tagesordnung, der Gesetzentwurf über die Gehalte der Volksschullehrer, an den Ausschuß, der überall Beitritt zu den Beschlüssen der zweiten Kammer beantragt hatte, zurückverwiesen. Das Leichengesetßz ward nah dem Ausschußantrag angenommen, ebenso die Vor- lage wegen Erhöhung der Pflegegelder für die Jrrenanstalten, das Verlöbnißgeseß, das Kompetenzgeseß in Strafsachen für Starkenburg und Oberhessen, das Gesez über die Aufhebung der Schadensersaßpfliht der Ortseinwohner und Gemeinden bei boshaften Eigenthumsbeschädigungen und das Geseg über die Steuezfreiheit der Staatsbahnen: Bei der Gemeinde-Ordnung trat das Haus den Beschlüssen der ge Kammer bei, wodurch jeßt alle Dissense beseitigt ind. Die Nachweisungen über die definitiven Einnahmen und Ausgaben bei den Staatsbahnen und Telegraphen pro 1869 —72 wurden genehmigt. Der Antrag der Abgg. Schröder und Genossen auf Abänderung des Kirchensteuer- geseßes ward als verfrüht abgelehnt, dem Antrage der Abgg. Möllinger und Genossen auf Einziehung des vollen Einkommensteuerkapitals bei Regulirung der Kommunal- Steuer nicht beigetreten. Nichtbeitritt erfolgte auch zum An- trag der Abgg. von Rabenau und Schröder auf die Reform der Eisenbahntarife. Jm Sinne der Zweiten Kammer wurden dagegen erledigt die Regierungsvorlage, betr. die Erhaltung der in Oberhessen bestehenden Ackerbauschulen, ferner der An- trag der Abgg. Wolz und Genossen auf verstärkte Streu-Ab- gabe aus den Domanial-Waldungen, das Gesuch um Erhal- tung Des Kreis-Veterinäramts Reichelsheim und das Gesuch des Vorstandes der orthodor-jüdischen Religionsgesfellschasten in Hessen und speziell in Darmstadt. Die Petition des Eisenbahn- Comités in Beerfelden um Wahrung der dortigen Interessen beim Weiterbau der Odenwald-Bahn wurde der Regierung zur Berücfsichtigung empfohlen. Hierauf vertagte nh das Haus auf unbestimmte Zeit.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 14. März. Wie das „Fremdenblatt“ mittheilt, wird sih das Abgeordneten- haus, außer zu der bereits für den Í6. anberaumten Sitzung nur noch am 19. und eventuell am 20. versammeln, um die von der Regierung angemeldeten Nachtragskredite zu erledigen, und fodann spätestens am 20. d. M. seine Vertagung aus- Pipreen. Wie es heißt, soll die Vertagung bis 1. Mai auern.

Schweiz. Bern, 13. März. (N. Zürch. Zig.) Jm Na- tionalrath fand heute der Shluß der zweiten Berathung des Fabrikgeseßes statt. Die Hauptdebatte wurde dur den Artikel über die Arbeit der Kinder veranlaßt, welher im We- fentlichen nach dem Ständerathsbeshluß angenommen wurde. Zn der Schlußabstimmung erfolgte die Annahme des ganzen Gesebes mit 77 gegen 11 Stimmen.

14. März. (N. Zürch. Ztg.) Mit Rüsicht auf die bedeutenden Verheerungen dur die Reblaus in den wein- bautreibenden Ländern und auf die Nothwendigkeit gemeinsamer Bekämpfung derselben, hat der Bundesrath bei den Ne- ugen von Deutschland, Frankreich, Jtalien, Ba,

ortugal, Spanien und den Donaufürstenthümern die Ab- haltung eines internationalen Kongresses zur Berathung der zu treffenden Maßnahmen angeregt und eventuell sich er- Sen, den Kongreß in einer Stadt der Schweiz abhalten zu sen.

Niederlande. Ztg.) An die Zweite Kammer der Generalstaaten ist jeßt der Han- delsvertrag der Niederlande mit der Südafrikanischen (Transvaalschen) Republik behufs seiner Genehmigung gelangt. Derselbe war im Februar 1886 abgeschlossen worden

Haag, 10. März. eit

und wurde bereits im Mai von dem Volksrathe der süd- E Republik genehmigt. Die Einbringung bei den Generalstaaten hat sich lediglih deshalb verzögert, weil die Regierung zugleich die auf verschiedene dabei in Betracht kom- mende Fragen bezüglichen Geseße des Freistaates vorzulegen wünschte und deren Mittheilung erst unlängst aus Pretoria hergelangt ist.

Großbritannien und Jrland. London, 13. März. (E. C.) Jm Unterhause gelangte in der Sißung vom 9. d. M. eine widhtige Frage der inneren Geseßzgebung, nämlih die Schaffung von Nepräfentationskörperschaften zur Wahrnehmung der der Selbstverwaltung der Grafschaften anheimfallenden Angelegenheiten zur Berathung. S

r. Clare Read, gemäßigt konservativer Abgeordneter für Süd- Norfolk, ein Farmer, und vormals zwei Jahre bis 1876 parla- mentarisher Sekretär des Lokalverwaltungsamtes, beantragte eine Resolution, „daß keine Reform der Lokalverwaltung genügend oder vollständig sei, welde nicht Grafschafts - Angelegenheiten, mit Ausnahme der Rechtspflege und der Polizei, einer nah dem Vertretungêprinzipe organisirten Grafschaftsbe- hörde überweist.“ Der Antragsteller erklärte in [feiner ausführliden Begründungêerede, er [elte nicht -ein, wie die Regierung in der Reform der Gemeindebesteuerung würde vorgehen fönnen, ehe fie nit das dur seine Resolution empfohlene System eingeführt babe. Was er wünsche, sei nit eine Behörde für diesen oder jenen Sonderzweck, sondern eine gute Grafshaftêbehörde, welche alles besorgt. Es sei ein Verfafsungsgrundsat, daß Vertretung und Besteuerung fich einander bedingen, was aber die Grafschaftsbehörden angeht, .so bätten die Steuerzahler fo viel Einfluß auf die Beamten, wie fie auf das Oberhaus hâtten. Mebr und mehr kämen die Steuerzahler unter die Gewalt bezahlter Regierungsbeamten. Inspektcren würden in solcher Fahl ernannt, daß sie bald nich gegenseitig zu- inspiziren haben würden. Pflegerkollegien (bords «f guardians) feien also Verwaltungsbehörden der Land- distrikte. Vielerlei sei ihnen übertragen worden, Armenpflege, Scäßung, Gesundheitépflege und {ließli Unterrichts8aufsicht. Die Regierung traue ihnen indeß nit recht. Wenn die offizielle Ein- mischung so fortgehe, so werde cs bald \{chwer fallen, die besten Männer für sie zu gewinnen. Der Redner gab dann einen historischen Ueberblick der Grafshaftsverwaltungéentwickelung in Eng- land. Zur Zeit Alfreds hätten in England Graffschaftsbehörden be- standen, die bemerkenswerth den von ihm vorgeschlagenen ähnelten. Die verschiedenen Kirchspiele hätten Vertreter zu den Hundertschaftshöfen (hundredcourts) entsandt, und diese Vertreter zu den Grafschaftshöfen. In den Kriegen der weißen und rothen Rose seien diese Behörden zu Grunde gegangen und erst seit der Zeit Wilhelms IV. babe si eine Bewégung zu Neuschaffung derselben gezeigt. Der Redner erwähnte dann die verschiedenen im Laufe der leßten 50 Jahre gemachten Ver- sucbe, durh die Gesetzgebung zum Ziele zu gelangen. Statt dessen habe si in der Neuzeit die Tendenz entwickelt, die Macbt des cen- tralen Lokalverwaltungs-Comités und anderer Regierungsbehörden zu vershärfen. Der Verglei mit anderen Ländern sei höchst ungünstig für England. In Frankrei, wo die Centralisation zu so hoher Entwicklung gelangt sein solle, bestehe eine Rathsversammlung für jedes Departement, der die Verwaltung von Wegen, Gebäuden, Hospitälern, Märkten und die Regulirung der Steuer- erhebung zukommt. Jn Belgien gebe es gleichfalls gewisse provinziale Rathsversammlungen und Preußen besitze Ee gewählte Pro- vinzial-Landtage. Was für eine Behörde wolle er nun vor|s{lagen? Die Grafschaftsverwaltungsbehörde solle zu einem Drittel aus Mit- glicdegn bestehen, die von den Vierteljahrsversammlungen der Friedens- rihter (quarter sessions) gewählt werden und zu zwei Dritteln aus Mitgliedern, die unmittelbar von den sämmtlichen Pflegerkollegien (boards of guardians) der ganzen Grafschaft gewählt werden. Er würde nicht die Auswahl-für die Pfleger auf Steuerzabler beschränken, die keine Friedensri®& H und Gemeindebeamte seien, hoffe vielmehr, daß viele derselben gewählt würden. Den Friedensrichter-Vierteljahrs- versammlungen sollen alle Angelegenheiten außer rihterlihen und polizeilichen abgenommen und auf die Grafschaftsbehörden übertragen werden; also Heilanstalten, das Brückenwesen, die Shätungen U. #. w. Außerdem empfehle sich noch für ihre Wirksamkeit: öffentliche Gefundheitspflege, Arbeitéhäuser, Kanalisation und Einkassirung verschiedener Staatssteuern. Es sei niht wünschenêwerth, daß im Anfange die Behörde mit Geschäften überhäuft werde. Später wür- den sih deren {on ansammeln. Der Redner bedauerte, daß der Präsident des Lokalverwaltungs8amtes niht Mitalied des Kabinets jei und {loß seine Rede mit dem Aussprudbe, die von ihm vorg?:s{lagene Reform fei nothwendig und auf die Dauer unvermeid- lich. Mr. Sclater-Booth, Präsident des Lokalverwaltungsamtes, bestritt die Dringlichkeit der Reform, erklärte indeß, die Regierung wolle der Annahme der Resolution sich nicht widerseßen. Jn einer längeren Debatte fand der Antrag überwiegende Zustimmung auf beiden Seiten des Hauses, auch bei Mr. Stansfeld, dem liberalen Vorgänger Sclater-Booths. Namens der Regierung erklärte der Finanz-Minister noch, daß zu geeigneter Zeit dem Hause ein Re- formplan vorgelegt werden folle: Die Resolution wurde an- genommetri. ;

15. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses erklärte auf eine Anfrage RNobertsons der Unter-Staatssekretär für Jndien, Hamil- ton, der jüngst mit Khalat abgeschlossene Beértrag fei eine den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßte, einfache Wiederherstellung des Vertrags von 1854 und schließe kein er- lei aggressive Politik in sih. Dem „Neuterschen Bureau“ wird gemeldet: Das Finanzerposé für Indien ist heute dem Legislativrath vorgelegt worden. Der Vizekönig erklärt in demselben, daß die Lage eine zufriedenstellende und sür die Zukunft Hoffnung erweckende sei. Weiter wird dann hervorgehoben, daß in Folge der durch die Hungersnoth ver- anlaßten Ausgaben die Aufnahme einer Anleihe von 6,250,000 Pfd. Sterl. nothwendig sei; von dieser Summe sollten 2,500,000 Pfd. Sterl. in Fndien emittirt werden. Der Vizekönig empfiehlt der englischen Regierung, bei dem Parla- mente die Autorisation nachzusuchen, den Rest von 3,750,000 Pfd. Sterl. in England zu emittiren.

Frankreih. Paris, 14. März. Deputirtenkammer fam gelegentlih eines Antrages in Betreff der “Nüßlichkeit verschiedener Eisenbahnlinien und der schon mehrfach erwähnten Vereinbarung mit der Paris-Orleans-Bahn die Frage wegen der Ueber- nahme der Eisenbahnen durch den Staat zur Sprache. Allain-Targé empfahl, daß, sobald es irgend die Umstände

estatteten, der Staat alle großen Eisenbahnlinien durch Rü- auf wieder an sih bringen sollte. Der Staat übe, indem er den Betrieb der Bahnen in seine Hand nehme, nur ein Recht und eine Pfliht und dies sei auch jeßt die herrschende Tendenz bei allen modernen Völkern, wie es nicht minder in den republifanishen Traditionen liege. Man wende ein, daß der Betrieb durch den Staat kostspielig _und daß es gefährlih sei, ein neues Beamtenheer unter seine Auto- rität zu stellen. Das erstere sei aber ein Vorurtheil: man könne an dem Taback- und Postmonopol sehen, daß der Staat ebenso gut wie eine große Gesellschaft zu wirthschaften verstehe, und in Deutschland seien die Staatsbahnen einträg- licher als die O Was aber den zweiten Punkt und die Gefahr einer damit verbundenen Korruption des

(Fr. C.) Jn der

Wahlkörpers betreffe, so sei auch diese Befürchtung bei dem heutigen Bildungsstande der Eisenbahnbeamten wenig be- gründet, und im Grunde seien die leßteren unter den großen Gesellschaften niht minder abhängig, als wenn sie unter der Regierung ständen. Für den Augenblick gab indessen der Redner zu, seien die Umstände dem Rückavfe dur" den Staat nicht günstig. Man müsse also allerdings mit der Orleansbahn unterhandeln, hierbei jedoch den Ausbau des Netzes und das Recht des Staates, die Tarife festzustellen, mit Nachdruck ver- fo‘gen. und geltend machen. Gehe die Gesellshaft dann auf die Vorschläge der Regierung niht ein, so möge der Staat selbst den Ausbau des siebenten Netes in die Hand nehmen: das würde theuer zu stehen kommen, aber immer noh weniger theuer, als die Zinsengarantien für zwei konkurrirende Gefell- schaften. Jm Geldpunkte könne man sich allenfalls nahgiebig zeigen, nicht aber hinsichtlich der unveräußerlichhen Rechte des Staates. Noch sprach in dieser Sißung Hr. Laifant und zwar ebenfalls gegen das Monopol der großen Gesellschaften. Der Ausschuß für den Laisantschen Antrag hörte heute den Kriegs-Minister General Berthaut. Der- jelbe- führte zunähst aus, daß man, um sicher zu sein, daß die Mannschaften auch wirklich drei Jahre bei den Fahnen bleiben,’ die Dienstzeit nominell auf vier Jahre festsezen müsse. Drei Jahre, sagte er, können für die Jnfanterie ge- nügen ; für die Artillerie und Kavallerie seien fie gewiß unzu- länglih. Die militärische Erzichung des Soldaten sei ebenso wichtig, wie seine militärishe Ausbildung. Diese Er- ziehung sei aber wenigstens theilweise nur das Werk der Zeit. Die Vorlage stelle ferner eine ernste Gefahr für die Rekrutirung der Unteroffiziere dar; noch mehr, sie raube der Armee am Ende des ersten Jahrcs ihre besten, am Ende des zweiten Jahres noch befriedigende Elemente ; im dritten Jahre werde das Kontingent nur noch aus moralisch und physish verdorbenen Leuten bestehen. Das Geseß von 1874, welches für die ausgedienten Unteroffiziere gewisse Civilanstel- lungen offen hielt, habe gar keinen Erfolg aufzuweisen und habe die Unteroffiziere nicht bestimmt bei den Fahnen zu bleiben. Die abgekürzte Dienstzeit werde nur die Folge haben, daß der Soldat vor der mit den Funktionen des Untcroffiziers ver- bundenen Verantwortung zurücks{hrecken und daß es demnach an tauglicen, der Beförderung würdigen Leuten fehlen werde. Schon jeßt weisen die Leute die Galons zurück; mit der drei- jährigen Dienstzeit würde fich das noch vershlimmern. Jm Vorübergehen entwickelte der Minister noch die Vortheile der Mobilmachung nach Regionen, und auf Befragen erklärte er, das Gesch von 1832 sei nah seiner Meinung ganz vortreff- lich, um eine gute, jedoch nit, um eine auch numerisch starke Armee ‘herzustellen. Diese beiden Bedingungen, Zahl und Güte, müßten jeßt nah Möglichkeit vereinigt werden. Der Minister betonte noch die Nothwendigkeit, die Armee in Frie- denszeiten für den Krieg einzuüben und sie daran zu gewöh- nen, zu allen Tageszeiten auf allen Terrains zu kämpfen; endlich erklärte er si für die Gründung von Unteroffizier- \hulen. Nachdem der Finanz-Minister Léon Say sich so [nell bereit gefunden, auf Wunsch der Marseiller die Seifen- steuer schon jeßt, statt erst mit dem Budget von 1878, ab- zuschaffen, haben fich die Abgeordneten der Departements Nord, Pas-de-Calais, Somme und Aisne bei ihm mit der Bitte eingestellt, im Hinblick auf die bedrängte Lage der Nr- beiterbevölkerungen ihrer Gegend dasselbe Zugeständniß in Betreff der Cichoriensteuer zu machen, und auch f{chon ein Amendement dieses Jnhalts in der Budgetkommission eingebracht.

(Köln. Ztg.) Die Linke ist größtentheils dafür, daß man bei der jeßigen Gelegenheit den großen Eisenbahn- gesellschaften einshränkende Bedingungen auferlege und daß man sie namentlich verpflichte, die kleinen Bahnneßte, deren das Land bedarf, vollständig auszubauen.

Italien. Rom, 11. März. (H. N.) Die Deputirten- kammer hat in der gestrigen Sißung den Geseßentwurf, be- treffend die Einführung des zwangsweisen Elementar- unterrihts, mit 208 gegen 20 (fatholishe) Stimmen ge- nehmigt. Laut Art. 4 sollen Familienhäupter, die ihre Kinder nicht zur Schule shicken, mit Geldbußen von 50 Centesimi bis 10 Lire, welche die L LEN festseßen, bestraft werden, gegen die Strafmandate aber bei den Prätoren sich verwahren önnen. Art. 6 bestimmt, daß mit den eingezogenen Strafgeldern fleißige und gute Schüler belohnt und unterstüßt werden sollen. Der Senat hat sich am 7. d. M. auf unbestimmte Zeit vertagt.

Aus Palermo ist die Nachriht eingegangen, daß das dortige Shwurgeriht 8 Räub er, die im Jahre 1873 die Post unweit Misilmeni beraubt und den begleitenden Gensd’armen erschossen hatten, jezt zu lebenslängliher Zucht- hausstrafe verurtheilt hat, was als ein erfreuliches Zeichen der Besserung der öffentlichen Sicherheit betrachtet wird. Die Maffia hat es niht mehr zu verhindern vermocht, daß ihre Spießgefellen der rächende Arm der Gerechtigkeit treffe und damit ist allerdings schon viel gewonnen.

12. März. (Köln. Ztg.) Das apostolische Pöni- tentiariat wurde mit der Prüfung und Lösung folgender auf ufer von Kirchengut bezügliher Fragen beauf- tragt:

h Fahren die Käufer von Kircbengut fort, verantwortlich zu sein, auch wenn sie die Kirhengüter wieder verkauften ? 2) Sind die- jenigen, welche mit Erlaubniß Kirchengut kauften und später ver- kaufen mußten, tadeln8werth? 3) Können diejenigen, welhe Kirchen-

ut ohne Erlaubniß kauften und später verkausten, in articulo mortis

Topaeprcbe werden und sind Erben von gekauften Kirchengütern für deren Administration verantwortlich? 4) Die Verpflichtung, die mit Erlaubniß gekauften Güter besonders zu verwalten, ist nur {wer erfüllbar und belastet den Käufer unnöthig ; kann daher diese Verpflichtung gegen einfache Rückgabe des Fundus annullirt werden ? 5) Kann dem Käufer von Kirchengut verstattet werden, für welchen Fundus immer die Kaufsumme zu erlegen ? 6) Ists nicht angezeigter, anstatt besonderer Erlaubnißertheilungen allgemeine Verfügung zu treffen, damit Güter cher in- die Hände jener gelangen, welche Er- laubniß uachsucen, als derjenigen, welche niemals zurückgeben würden ? Es wurde s\ch{leunigste Erledigung dieser Fragen aufgetragen, um weitere Kirchengüterverkäufe insbesondere in der tuten Provinz nicht zu präjudiziren.

15. März. (W. T. B.) Der Papst hat in dem heute abgehaltenen Konsistorium 20 Kardinälen den Hut rerliehen.

Türkei. Konstantinopel, 14. März. (W. T. B.) Wegen der bereits gemeldeten Verbreitung von Plakaten, in denen die Verbannung Midhat Paschas als ungeseßlih be- eihneti, gegen den Frieden mit Serbien Protest eingelegt und bie Ablehnung der Forderungen Montenegros gefordert wurde, ta man lieber wieder zum Schwert greifen müsse, ehe man

Fh zu einer Gebietsabtretung verstehe, find mehrere Softas verhaftet worden.

15. März. (W. T. B.) Der Minister des Auswär- tigen, Safvet Pascha, wird heute die montenegrinischen Delegirten empfangen und denselben erklären, daß es der Pforte unmöglich sei, die von ihnen verlangte territoriale Vergrößerung zuzugestehen. Zugleich wird er dieselben mit dem Maximnm der Zugeständnisse bekannt machen, zu welchen s die Pforte würde verstehen können.

(W. T. B.) Der Minister der Auswärtigen Angele- genheiten seßte in der heutigen Konferenz den monte- negrinischen Delegirten die Gründe auseinander, wes- halb es der Pforte unmögli sei, den Forderungen Monte- negros namentlih hinsichtlich der Abtretung von Nifksic, Spizza und des Moracza-Ufers zu willfahren. Safvet Pascha gestand nur die Gewährung einer Grenzberichtigung bei Zubci, Banjani, Piva, Drobnjak und Charanßzi zu, verlangte dagegen eine Berichtigung der Grenze bei Vassojeviß zu Gunsten der Pforte. Zu einem Bruche zwischen den Delegirten Monte- negros und der Pforte ist es troß des Widerstandes der Pforte nicht gekommen. Die montenegrinischen Delegirten haben beschlossen, über das Verhalten und die Zugeständnisse der Pforte nah Cettinje zu berihten und weitere Jnstruktionen zu erbitten. l E

Wren. H. Mars. _(W. T. B) Die „Politische Korrespondenz“ meldet aus Konstantinopel von heute, sicherem Vernehmen nah seien die montenegrinischen Delegirten geneigt, ihre Forderung, betreffend die Erwer- bung von Nifsic, fallen zu lassen, beständen aber um so hart- näcckiger auf der Abtretung des Gebietstheiles in Albanien, der durch den Moraczafluß begrenzt werde. 2

Paris, 15. März. (W. T. B.) General Jgnatieff begiebt sih in Begleitung seines Sekretärs heute Abend na ch London und wird diese Reise in hiesigen Kreisen als ein sehr friedlihes Anzeichen aufgefaßt. Nach den getroffenen vorläufigen Bestimmungen wird der General die Nücreise wieder über hier nehmen. General Jgnatieffs Reise nach London wurde weiterem Vernehmen nach durch Mit- theilungen des englishen Kabinets veranlaßt, die demselben heute Vormittag zugegangen sind.

London, 16 Mälz, (W. T. B) Die „Times“ er- blickt in der Reise des Generals Jgnatieff nah London gleihfalls ein für die Friedensaussichten hoffnungsvolles An- zeichen. Derselbe würde auf eine Modifikation seines Pro- gramms ohne die wohlbegründete Erwartung, daß ein allseitig befriedigendes Protokoll zu Stande komme, gewiß nicht ein- gegangen fein. Die „Times“ richtet gleichzeitig die Mahnung an die Regierung, sie solle auf der Bedingung, daß eine Zu- sage Rußlands in Bezug auf seine Demobilisirung in das Protokoll aufgenommen werde, nit zu hartnätig bestehen.

Aus Konstantinopel sind der W. „Presse“ fol- gende Telegramme zugegangen : : :

13. März. Der türkishe General-Konsul in Pest, Sermed Effendi, hat neuerdings 5000 Frcs. als Er- gebniß einer Sammlung in dieser Stadt für die verwundeten türkischen Soldaten hierher geschickt. Alle in Folge des Sturzes Mithad Paschas hier verhafteten Personen wurden mit Ausnahme Kemal Beys wieder in Freiheit nes seßt. Der Sultan hat dem bulgarischen Erzbischof von Adrianopel, Monsignore Nilos, den Medschidje-Orden zweiter Klasse verliehen.

14. März. Entgegen einigen wieder aufgetauchten Gerüchten fann versichert werden, daß der Gesundheits- zustand des Sultans nie ein besserer war als jeßt. Außer häufigen Ausflügen zu Wasser und zu Land beschäftigt sich Abdul Hamid ernstlich mit den Staatsgeschäften und forderte seine Minister auf, ihn über Alles, was die einzuführenden Reformen betrifft, auf dem Laufenden zu erhalten. Letztere haben jetzt fast täglich Audienzen bei dem Sultan, der au oft dem Ministerrathe präsidirt. Auch beschäftigt sich der Sultan mit der auf seine Kosten gegründeten Beamten- schule, (Mektebi-Milkieh), die er zu einer blühenden Anstalt machen will.

Der „Takwimi-Vakaje“ hat die Statuten der Mektebe-Mulkie, d. h. der zur Ausbildung von höheren Verwaltungsbeamten bestimmten Hochschule, veröffentlicht. Die Statuten lauten nach der W. „Presse“ auszugsweise:

T. Kapitel. Von der Einrichtung der Schule. Art. 1. Die Civilshule zur Ausbildung von Civilbeamten wird erweitert und ge- hört von jett ab zu den großen Unterrichtsanstalten des Staates. Art. 2. Die Civilshule steht unter dem besonderen Schuße Sr. Majestät dec Sultans. Art. 3. Die Ausbildungszeit auf der Schule wird auf fünf Jahre festgeseßt. Art. 5. Die Zahl der Zög- Tinge foll im ersten Jahre 50 betragen und dann in der Weise um eine weitere Zahl von 50 in jedem Jahre vermehrt werden, daß die Gesammtzahl sih im fünften Jahre auf 250 beläuft.

I[L. Kapitel. Verwaltung und Lehrkörper. Art. 6. Die Ober- leitung der Schule wird einem Nazir (Direktor) anvertraut, welchem ein Unter-Direftor (Muavin), ein Kassirer, ein Studien-Direktor, ein Schatmeister und die erforderliche Zahl von Subalternen unter- geordnet werden. Der Lehrkörper soll aus einheimischen und frem- den Professoren bestehen, welhe sämmtlich ihre Prüfungen abgelegt haben müßen.

III. Kapitel. Bedingungen zur Aufnahme. Art. 7. Die Be- dingungen, unter welchen die Aufnahme in die Civils{ule gestattet werden fann, find folgende: a. ein Alter voa mindestens 15 und höchstens 30 Jahren; b. ein ärztlihes Zeugniß über die völlige leib- lihe und geistige Gesundheit des Aufzunehmenden; c. ein Zeugniß des Gemeindevorstehers, beziehungêweise für Christen des Patriarcen, für Juden des Großrabbiners, welhes ausspricht, daß der Aufzu- nehmende niemals Strafen erlitten hat und von guten Sitten ift.

Kapitel IV. Unterricht. Art. 8. Der Große Rath des Ministe- riums des öffentlihen Unterrichts wird hinsihtlih der Lehrfäcber der Reihenfolge u. \. w. der Studien und des Programms die nöthi- gen Festseßzungen erlassen. Art. 9. Der Unterricht im Französischen ist obligatorisch. Indessen werden die Vorträge in der Geschichte, Geographie, Rechtêwistenshaft, Mathematik, Volkswirthschaft, Ar- chäologie, Physik und fonstigen Unterrichtszweigen in türkischer Sprace gehalten. * i 2

Kapitel V. Von den Aemtern, zu deren Bekleidung die Zög: linge berechtigt sein sollen: 1) Unter-Statthalter (Kaimakam), 2) Direktorftellen in den Ministerien und den oberen Provinzial-Be- hörden, 3) Stellen der Müblasims im Staatérathe, 4) Stellen bei den Gesandtschaften, 5) Konsulatsposten. Art. 12. Die Zög- linge, welch2 ihre Laufbahn als Kaimakams beginnen, fönnen später den Posten eines Vali (General-Statthalter) bekleiden. Die- jenigen, welche im diplomatishen Dienste verwendet wrden, sollen berechtigt sein, Botschafter- und Gesandtenvosten zu erlan- gen. Art, 13. Bei den Centralbehörden sollen Personalakten über die einzelnen Beamten geführt werden, aus welchen die Kenntnisse, der Fleiß und die Führung derselben ersichtlih gemacht werden muß. Bei Beseßzungen erledigter Stellen soll auf diese Perfonalakten mit möglichster Rücksicht auf das Dienstalter der Kandidaten zurückgegangen werden. Art. 14. Die Zöglinge der Civilschule tragen Uniform.

Gegeben am 3. Sefer 1292 unter Kaiserliczem Handzeichen.

Der Belgrader Korrespondent der „Times“ reibt : Jh vernehme aus Bosnien unterm 11. März, daß die mo- hamedanische Bevölkerung durch die Reden der Jmams, Hod- sas und wandernden Derwische in große Aufregung gerathen ist. Diese haben die fanatischen Leidenschaften ihrer Abbänaee derart aufgestachelt, daß die in den bosnishen Städten leben- den Fremden die unmittelbar bevorstehende Gefahr einer Nie- dermeblung der Rajah im Distrikte von Tuzla befürchten. Die türkishen Behörden haben 800 Pferde und Packsättel mit einem Treiber für jedes Pferd requirirt. Eine ähnliche Requisition ist auch in Serajevo eingeleitet worden, da die Thiere zum Transport von Vorräthen und Munition in die nördlihen Theile der Provinz benöthigt werden. Die Christen in Bosnien behaupten, daß sie ihre Steuern für das gegenwärtige Fahr bereits bezahlt haben, und daß fie nun zum zweiten Male dieselben einsammeln. Die Steuern sind für jeden Kopf der Bevölkerung mit 84 Piaster bemessen. Außer dieser allgemeinen Steuer muß die Rajah noch 32 Piaster für jeden Mann und jedes männliche Kind für die Befreiung vom NMilitärdienst bezahlen. Der Regierungs- zehnt von den Landesprodukten wird in Geld erho- ben, und die Beys, welhe ein Drittheil von den Produkten der von den Bauern bewohnten Lände- reien erhalten, fordern auch dieses in Geld, da sie wissen, daß ihr Drittheil von den Militärbehörden reguirirt werden würde, wenn sie es in natura nähmen. Ferner be- richtet derselbe Korrespondent, daß Mahmud Mufftitsch, ein mahomedanisher Beamter in Banjaluka, am 4. März in dieser Stadt dem Paid Savanovid die Hand abgehauen habe, weil er bei ihm der Agitation zu Gunsten der Jnfurgenten ceschuldigt worden war. Man sagt, daß die Morde und Schändungen im nördlichen Bosnien im Zunehmen sind, und viele der christlichen Bewohner der Distrikte von Banjaluka, Bihatsh und Berbir über die Grenze nah Oesterreich fliehen, um nur ihr Leben zu retten, indem sie ihr ganzes Eigenthun den Baschibozuks zur Plünderung überlassen.

Scutari, 1. März. Man schreibt der „Pol. Korr.“ : Wie allenthalben in der Türkei, sollte auch in Scutari eine Nationalgarde errichtet werden. Die Muselmanen dieser Stadt wurden in den Moscheen versammelt und aufgefordert, zur Vertheidigung des Reiches und des Glaubens sich in Compagnien und Bataillons einreihen zu lafsen, si ihre Offiziere zu ernennen und die militärischen Exerzitien mitzu- machen, um wie die regulären Truppen kämpfen zu können. Nach dreitägiger Bedenkzeit erklärten sie, daß sie von Com- pagnien und Bataillons, Offizieren und Ererzieren nichts wissen und ihren Glauben und das Vaterland in der alten Weise vertheidigen wollen.

Nach einer Meldung- der „Polit. Korr.“ aus Mostar vom 10. d. hat der Militär-Kommandant der Herzegowina, Suleiman Pascha, Truppen zum Dugapasse gesandt. Für Presjeka sind ebenfalls 4 Bataillone bestimmt; auch wurde JZnfanterie und Artillerie nah Gatko -geschickt. Die Zugänge nach Montenegro follen schon bei Zeiten beseßt und die Na- tionalgarde mit Hinterladern bewaffnet werden. Das Auf- gebot der Herzegowina beträgt 18,600 Mann Jnfanterie und 2860 Reiter.

Zur Situation in Serbien schreibt man der „Pol. Korr.“ aus Belgrad, 10. März: „Die Regierung hat den Be- lagerungszustand aufgehoben, alle anderen Ausnahmsgesete, die Suspendirung der Gemeinde-Autonomie, das Gesetz über die Pflicht der Dorfgemeinden, die Feldarbeiten für die ärmeren, unter den Fahnen befindlichen Mitglieder verrichten zu lassen, die Verfügung, daß die Familien der ärmeren Milizsoldaten und Freiwilligen aus Gemeindemitteln zu erhalten seien, der die Sistirung des Preßgeseßes und Einführung der Censur dekretirende Uïas bleiben bis zur Entscheidung der ordentlihen Skupschtina in Kraft. Die Räu- mung des Landes von den türkishen Truppen geht anstandslos vor sih. Vorläufig bleiben die Grenzen genau dieselben, wie sie vor dem Kriege waren. Klein-Zwornik und Safar an der Drina wurden daher serbischerseits geräumt, während die Türken die Adas (Jnselchen) an Serbien zurück- eben. Die Pforte hat bei den Friedensverhandlungen eine RNektifikation der Grenze an der Drina und am Timok in Aussicht gestellt. Es foll im Juli eine gemischte Kommission zu diesem Behufe in Widdin zusammentreten, vorausgeseßt, daß die Pforte nicht dur kriegerische Ereignisse an der Erfüllung dieser Zusage verhindert werden sollte. Der Stand des serbishen Offiziercorps wird um 300 ver- ringert. Die Festungswerke an der Drina, am Timok und der Morava werden aufgelassen. Die Uferbatterien in Kladovo werden demolirt werden. Die Tributzahlung an die Pforte wird erst am 10. November regelmäßig beginnen.“

Dem gegenüber meldet ein Belgra der Telegramm vom 11. März, daß fi zwischen Serbien und der Pforte Schwierig- keiten in Betreff der Räumung der Positionen an der Drina- Grenze erhoben haben. Die Türken weigern sich, die unter dem Namen Bujukl ics-Adda bekannte Gruppe von sieben Jn- seln aufzugeben, wenn sich die Serben niht aus ihrer Stel- lung bei Klein-Zwornik zurücziehen. Die türkischen Po- sitionen sind stark befestigt worden, und man sagt, daß die gnseln die festeste Stellung an der Drina-Linie bilden. Die serbische Regierung hat Mittheilungen über diese Angelegen- heit nah Konstantinopel gelangen lassen, und es steht zu hoffen, daß die Schwierigkeit in befriedigender Weise beigelegt werden wird.

Aus St. Petersburg, 10. März, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben : Eine Aenderung in der allgemeinen Si- tuation der Orientfrage ist in den leßten Tagen nicht eingetreten. Eine militärishe Aftion vor dem Frühjahre ist niht wahrscheinlich. Die gestern im englischen Unterhause ab- gegebene Erklärung des englishen Unter-Staatssekretärs Bourke ist m zu ergänzen, daß die vom St. Petersburger Kabinete in Ausficht gestellten Mittheilungen, welche einen Auf- {ub der für Ende der vorigen Woche avisirten Antwort des Kabinets von St. James bewirkten, inzwischen thatsählih er- folgt sind. Das Kabinet von St. Petersburg sieht, nah ein- gelaufenen Berichten des Generals Jgnatieff, den Antworten der Mächte auf seine Erklärung entgegen. General Mia wird früher, als ursprünglich beabsihtigt war, seine Rückrei e antreten. ? y

Numänien. Bukarest, 15. März. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat den Geseßentwurf, betreffend die Umwandlung der Personalsteuer in eine Verkehrssteuer an- genommen. j

(W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Senats wurde wegen des in den leßten Tagen kolportirten Gerüchtes, daß wegen Zurückgabe des rumänischen Theiles von Bessarabien

an Rußland und Entschädigung Rumäniens dur einige türkishe Donauinseln und Giurgewo Verhandlungen stati- fänden, eine Fnterpellation an die Regierung gerichtet. Der Minister-Präfident erklärte, diese Frage sei lediglih von den Zeitungen aufgeworfen und ventilirt worden, der Regie- rung sei darüber zu keiner Zeit, auch nicht einmal in ver- trauliher Weise, irgend welche diplomatische Mittheilung zu- gegangen.

Dänemark. Kopenhagen, 10. März. (H. C.) Jm Land s- thing fand heute die dritte Lesung des Budgets statt. Der Worttührer des Budgetausschusses (Ploug) warf einen Rü&- blick auf das finanzielle Resultat der Budget- berathung im Landsthing und machte u. A. darauf aufmerksam, daß hinsichtlih der ordentlihen Ausgaben nur ein geringer Unterschied zwischen den vom Folkething und den vom Landsthing bewilligten Summen sei. Die Differenz liege hauptsächlich in den außerordentlihen Ausgaben, deren das Folfething nur 2,750,000 Kronen, das Landsthing dagegen 5,843,000 Kronen bewilligt hätte. Vom Landsthing seien 83, vom Folkething 190 Aenderungen am Budget vorgenommen worden. Schon diese Zahlen bezeugten, daß das Landsthing mit großer Mäßigung sein unbestreitbares fonstitutionelles Recht zur Vornahme von Abänderungen im Budget ausgeübt habe. Zrobdem glaube Niemand, daß das Budget jeßt unverändert vom Folkething werde angenommen werden oder daß dieses es mit nur wenigen und geringen Aenderungen dem Landsthing zurücfstellen werde. Es sei wünschenswerth, daß das ¿Folkething bei der Berathung des Budgets gleich so viele Nücksicht auf das Landsthing nehme, daß dieses dasselbe unverändert passiren lassen könne, wie solches in einer Reihe von Jahren geschehen sei, was bei Manchen eine Doktrin hervorgerufen habe, welche darauf hinausgehe, daß das Landsthing nicht einmal das Recht habe, Aenderungen am Budget vorzunehmen. ebt ständen die Dinge indeß derart, daß es für das Landsthing nothwendig sei, seinen ihm durch das Grundgeseß gewährten Einfluß geltend zu machen. Alle Freunde der Verfassung müßten jedoch hoffen, daß man sich hinsihtlih des Budgets einige, denn es sei offenbar eine Shwächung des konstitutio- nellen Lebens, falls am 1. April kein vom Reichstage ge- nehmigtes Budget vorlicge und es sei um so mehr Grund zu der Hoffnung vorhanden, daß eine Einigung erzielt werde, als der Streit sih um die außerordentlichen Landesvertheidigungs- maßregeln, also um eine Angelegenheit drehe, wegen welcher alle guten Dänen sich einigen jollten, wenn sie zusammen kämen, um dieselbe zu berathen. Das Budget wurde hierauf einstimmig angenommen und geht jezt an das Folke- thing zurück. Jm Folkething begann heute die zweite Lesung der Eisenbahnvorlage. Boysen (Linke) bean- tragte nohmclige Verweisung der Vorlage an einen Aus\{chuß. Jn Jütland cirkulirt eine Adresse an den Con- seils-Präsidenten Estrup, worin zum Schluß der Wunsch ausgesprochen wird, daß das Ministerium niht im Kampfe ermüden möge; man hoffe, daß es siegreich aus demselben her- vorgehen werde.

Amerika. Washington, 10. März. (Neuters Bureau.) Der Präsident Hayes empsing gestern eine Deputation farbiger Kongreßmitglieder und anderer Bürger aus Süd-Carolina, auf deren Ansprache er erwiderte, er wünsche den Antagonismus der Racen und insbesondere alle auf die Farbenfrage basirten politishen Differenzen zu besei- tigen. Bezüglih der Anwendung der Militärmacht bemerkte der Präsident, militärisher Shuß würde so lange nothwendig sein, bis die Demokraten des Südens die Rechte ihrer politischen Gegner achten. Der Präsident äußerte die Absicht, den status quo in Süd-Carolina vor der Hand aufrecht zu erhalten, aber er versprach den Stand der Dinge sorgfältig zu prüfen, ehe er irgend welche Schritte thue.

New-York, 16. März. (W. T. B.) Der Schaßsekretär Sherman hat weitere 10 Mill. 5/cker Bonds vom Jahre 1865 zur Einlösung einberufen.

Afrika. Aegypten. Cairo, 12. März. (Köln. Ztg.) Herr von Lesseps läßt mittheilen, daß der Kanal Fs mae- lieh, welcher den See von Timsah mit dem Nil verbindet am 9. April dem Verkehr übergeben werden könne.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Kopenhagen, Freitag, 16. März. Der Finanzaus- chuß des Folkething beshloß auf Veranlassung hiesiger Fa- brikanten und Gewerbsleute die Bewilligung von 125,000 Kronen für die Betheiligung an der Pariser Weltausstellung zu beantragen.

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Nr. 5 des „Marine-Verordnungs-Blatts" hat folg.nden Inhalt: Bedingungen für die Notirung als Aspirant auf die Stel- en der Werftbootsleute. Eisenbahn-Reguisitions-Scheine. Zum Nullwerth zurückgenommene Bekleidungsstücke. Deklaration des Reglements über die Annahme, Ausbildung und Prüfung der Scekretariats- und Registratur-Applikanten bei den Marinc-Stations- JIntendanturen vom -20. Juli 1873. Besaßungs-Etat für den Lorpedodampfer „Zieten“. Bekanntmachung der Lebensversiche- rungé-Anstalt für die Armee und Marine. Abänderung des Re- glements über die Annahme und Ausbildung der Werftschreiber, Werkstattéëscreiber und Werftsekretäre vom 20. September 1871. Verrechnung der Insertionskosten, welche durch Erlaß von Steckbrie- fen 2c. hinter Deserteure erwahsen. Reisekompetenzen entlassener Schiff8jungen. Anwärter-Listen. Jnhaltsverzeihniß der Schiffs- bücherfisten. Behandlung der Reserve-Liderungstheile. Licht- verbrauch. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statiftisben Bureaus der Stadt Bérlin sind bei den hiesigen Standes-Aemtern in der Woche vom 4. bis inkl. 10. Mârz cr. zur Anmeldung gekommen: 145 Ehe- \chliezungen, 915 Lebendgeborene, 33 Todtgeborenc, 504 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im wisscnshaftliden Verein in der Singakademie wird morgen, Sonzuabend, Nachmittags 5 Uhr, der Universitäts-Pro- fessor Dr. Golß ‘aus Straßburg einen Vortrag über „die Funktionen

des Gehirns8* halten. E London, 13 März. Das Bu, welches „Die indische Reise des Prinzen von Wales“ (von W. H. Rufsell verfaßt), zum Gegenstande hat, wird nächstens er]cheinen. Mr. Sydney Hall, der den Prinzen begleitete, hat die JUustrationen dazu gezeichnet. Ler englishe Marine-Offizier Verney Lovett Cameron, dem cs gelang, quer durch das âquatoriale Afrika von der Ostküste