1877 / 71 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Mar 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Die Jllumination der Stadt war eine allgemeine. Die Linden, die Pläße am Opernhause und am Zeughause, die Friedrihs-, Behren- und Französischestraße, die Jäger- und die Leipzigerstraße, der Werdershe Markt, der Lustgarten, der Schloßplaß, die Breitestraße und die Königsstraße, die Wilhelm- straße, der Wilhelm- und der Zietenplaß zeichneten si vor Allem dur geshmackvolle Arrangements aus. Von den Gebäuden, die gestern Abend zum ersten Male im Lichte der Gasfkörper

rangten, traten die National-Galerie, die Reichsbank, das Mini- terium des Junern, die [1 Abtheilung des Vmwörtigen Bres (Neubau am Wilhelmsplaß), und namentli das Architekten- Vereinshaus hervor. Jm Uebrigen Jenes sämmtliche König- liche Gebäude, sowie die Palais der Botschafter und Gesandten fesilih illuminirt. Wie eine feurige Säule ragte der Rath- hausthurm in die dunkle Nacht empor und verkündete weithin im Lande die freudige Theilnahme der Stadt Berlin an dem Jubel- und Ehrentage des Kaiserlichen Herrn. j :

Die hiesige Königliche Universität beging die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs in der Aula. Ss

Derselben wohnten bci: der Kultus-Minister Dr. Falk, der Gouverneur von Berlin, General der Jnfanterie v. Boyen, der Chef- Präsident des Ober- Tribunals, Staats-Minister v. Uhden, der Chef -Präsident des Kammergerichts, Pr. v. Strampff, der Ministerial-Direktor Greiff, der Präsident des évangelischen Ober-Kirchenraths, Dr. Herrmann, und noch andere höhere Beamte der verschiedenen Ministerien und Behörden. i E :

Nachdem die Feier mit Gesang eröffnet worden, hielt der Professor Dr. Brunner die Festrede in deutscher Sprache. Der Redner \prach über die jüngst begründete Rechts- und Gerichtseinheit. Aus der Geschichte des deutshen Rechtsparti- fularismus suchte er nachzuweisen, daß dieser dur die Mängel der deutschen Gerichtsverfaf ung verschuldet worden sei, wobei er u. a. als einen für die Rehtseinheit nachtheiligen Umstand hervorhob, daß das Reichskammergeriht niht am Siße der Reichscentralgewalt residirte. Nach einem Ueberblick über die Geschichte der Kodifikationsidee pries er die Segnungen der Rechtseinheit, wies darauf hin, daß die seltene Erscheinung des zuglei sieghaften und saßungsgewaltigen Herrschers von Alters her germanisches Volksideal sei und {loß mit dem Wunsche, daß es dem Kaiser, welcher dem Ruhine kriegerischer Erfolge den legislatorishen Ruhm hinzugefügt, beschieden sein möge, das begonnene Werk der Rechtsreform zum Heile der Nation zu vollenden. Mit Gesang wurde die Feter geschlossen.

Ueber die auswärtige Feier des Allerhöchsten Geburtstages liegen heute bereits folgende Berichte vor:

Breslau, 22. März. (W»T. B.) Zur Feier des Geburts- tages Sr. Majestät des Kaisers prangt die Stadt im reichsten Flaggenshmucke. Mittags findet ein Festdiner der gesammten städtischen, sowie sämmtlicher Königlichen Behörden statt. Für den Abend ist eine allgemeine Zllumination in Aussicht genommen, zu welcher großartige Vorbereitungen getroffen wer M

Posen, 22. März. (W. T. B.) Der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers is} unter lebhafter Betheiligung der Bevölkerung gefeiert worden. Die Stadt war überall mit Flaggen ges{chmüdckt. Mittags fand eine Parade der ganzen Garnison statt, welcher eine große Menschenmenge beiwohnte. Die heute Abend ver- anstaltete Illumination war eine fast allgemeine. :

Frankfurt a. M., 22. März. (W. T. B.) Zur Vorfeier des Geburtstags Sr. Majestät des: Kaisers sand geflern Mee vel Fackelbeleuchtung ein großer Zapfenstreich aller Garnison! rup- pen statt. Heute waren die Hauptlr7ßKatäde der Garnison- ælagarr avgehalten und Nachmittags hatten sich die Mitglieder der Behörden, sowie eine große Anzahl von Bürgern zu einem Festdiner iun Palmengarten vereinigt.

Cöln, 22. März. (Köln. Bg) Feierlih zog gestern am Abend das Festgeläute aller Glocken über die Stadt und weit über das Weichbild derselben hinaus, die Vorfeier des Ge- burtstages Sr. Majestät des Kaisers anzukündigen. Die Kaiserglocke des Domes mischte ihre tiefen Klänge mit ein in den Feter-Chor, der ergreifend und erhebend in melodischen ‘Wellen dahinshwebte. Um halb 9 Uhr durchzogen die Musik- und Tambour-Corps der hier in Garnison stehenden Regi- menter unter Uingendem Spiel durch die Straßen. Einzelne Vereine, wie der Deutsche Kriegerverein, die Cölner Schüßen- gesellschast und der Bürgerlich-kameradschaftlihe Verein in Verbindung mit dem Männergesangverein Polyhymnia feierten den Tag durch Festvorstellungen, Reden, Toaste, gemeinschaftliche Lieder, musikalische und theatralische Vorstellungen in hiesigen für das Fest mit Pflanzen und Büsten geshmückten Lokalen. Heute Vormittag prangten viele Straßen der Stadt, die öffentlichen Gebäude, die beiden Rheinbrücken und die in den Häfen vor Anker liegenden Schiffe in wallendem Festgewande. Auf den beiden Thürmen des Domes wehten, weithin sichtbar, zwei mächtige Fahnen. Zu früher Stunde erklangen von mehreren Thürmen herab fromme Choräle und patriotische Weisen, das Herz zur Andacht und zur Liebe für Kaiser und Vaterland mahnend. Jn der hohen Domkirche, in St. Pantaleon und in der Synagoge wurde Festgottesdienst abgehalten. Die höheren Lehranstalten, ebenso die Volksschulen begingen theils schon gestern Nachmittag, theils während der heutigen Morgen- stunden den festlihen Tag durch Redzakte, patriotishe Ge- sänge, Vorträge der Lehrpersonen und Schüler durhch Dekla- mation von Gedichten U. #. f. Während um Mittag 101 Ka- nonenschüsse ihre Grüße von den Festungswerken in die Ferne sandten, nahm auf dem Neumarkt vor einer großen Schaar von Zuschauern der Divisions-Commandeur General-Lieutenant von Zichlinsky die von dem General-Major von Gärtner kom- mandirte Parade der gesammten hiesigen Garnison ab. Eine Neihe von Festlichkeiten folgte am Nachmittage, denen sich heute Abend noch fernere anschließen werden.

München, 22. März. (W. T. B.) Die Stadt hat zu Ehren des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers reichen Flaggenschmuck angelegt und trägt ein festtäglihes Ansehen, die meisten Kirchen, die Kasernen und alle öffentlihen Gebäude sind de- korirt. Dem Festdiner wohnten gegen 250 Personen, darunter sämmtliche Minister und die Mitglieder der Verwaltungs- behörden, fowie die Ben akkreditirten Gesandten der deutschen Bundesstaaten bei. Professor Bursian brachte den ersten Toast auf Se. Majestät den König Ludwig von Bayern aus, darauf feierte Staatsrath Se{loer in längerer Rede Se. Majestät den

Kaiser, zum Schluß wies Reichsrath Badhäuser auf die Ver--

dienste des Fran v. Bismarck um Deutschland hin.

___— (Allg. Ztg.) Die Glückwuns{ch-Adresse, welche die beiden Gemeindekollecgien der Residenzstadt München an Se. Majestät den Kaiser richteten, lautet:

„Allerdurchlautigster 2c. 2c. Des Allerhöchsten Gaade hat Ew. Majestät 80 Lebensjahre in einer seltenen Fülle geitiger und körper-

licher Kraft verliehen und wunderbaren Segen über Ew. Majestät Sen au K, d obl sind es die Zeiten, welche die Geschicke der Völker vollziehen, aber jede Zeit bedarf großer Männer, um Großes zu vollenden. Die Geschihte wird Ew. Majestät unverwelklichen Ruhm verkünden; uns aber drängt es am heutigen Tag, Ew. Majestät, dem Schöpfer des neuen Deutschen Reiches, den innigsten Dank und Glückwunsch darzubringen. Mögen Ew. Kaiserliche und Königliche Majestät noch lange dem Vaterland erhalten werden und möge unter dem Schuß Ew. Majestät das geeinigte Vaterland ge- en e und dauernder Wohlfahrt sich erfreuen.“ (Folgen 1e Untkerschri[ten. Dresden, 22. März. (W. T. B.) Die Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers wurde am Morgen mit einer RNeveille eröffnet, alle Staatsgebäude und viele Privathäuser hatten reih geflaggt. Sodann fand eine Morgenmusik bei dem preußischen Gesandten statt, welchem später die Staats-Minister, die Hof- hargen, der Stadt-Kommandant, die Generalität und der Ober-Bürgermeister ihre Glückwünsche für des Kaisers Majes:ät darbrahten. Heute Nachmittag finden Festdiners der Ver- treter der Stadt und des Offizier-Corps unter Theilnahme der Minister statt. Der preußische Gesandte hat hier lebende preußische Staatsangehörige zu einem Festmahle ei sich ver- sammelt. Abends werden alle öffentlichen Pläße festlih er- leuchtet werden. 80: u eipzig, 22. März. (W. T. D Der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers wurde mit einer Reveille der Regimentsmusik einge- leitet, am Vormittag wurden Festakte in den Schulen abge- halten, am Mittag ertönte e tmusik vom Rathhause, am Nachmittage fand ein vom Rathe der Stadt veranstaltetes großes Festmahl im Schüßenhause statt. Heute Abend werden alle Een Pläße festlich beleuchtet, im Theater is Fest- vorstellung. : Stuttgart, 22. März. (W. T.:B.) Heute Abend fand ZzUr Gex des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers ein Banket in der Liederhalle statt. Professor Oskar von Fraaß brate einen Toast auf den Kaiser aus, der von den Anwe- senden begeistert aufgenommen wurde. Die Stadt ist überall reich beflaggt. Bremen, 22. März. (Wes. Ztg.) Der Geburtstag Sr. Majestät / des Kaisers wurde in übliher Weise heute gefeiert. Morgens Reveille, Mittags Parade des hier garni- sonirenden Bataillons nach voraufgegangenem Militärgottes- dienste in U. L. Fr. Kirche. Auf der oberen Börse fand ein Banket des Senats statt, zu dem die Präsidien der Bürger- els der Handels- und Gewerbekammer, sowie der Kammer ür Landwirthschaft, die Spizen der Reichs- und bremischen Behörden zugezogen waren. Jn der Union war gemeinsames Festmahl von Bürgern und Offizieren. Das Hoch auf Se. Maje- stät den Kaiser brachte der Festpräsident Konsul H. H. Meier aus. Derselbe theilte sodann mit, daß in Vorschlag gebracht e das folgende Telegramm abgehen zu lassen: „An Se. Majestät Kaiser Wilhelm, Berlin. Die zur Feier des Geburtstages Ew. Majestät versammelten Offiziere, Beamte und Bürger Bremens vereinigen sich zu einem jubelnden Hoh und knüpfen daran die innigsten Wünsche für das Wohlergehen ihres er- na Kaisers zum Wohle des geliebten Vaterlandes!“ Unter ebhaftem Zuruf wurde dies Telegramm genehmigt. Abends findet im Künstlerverein ein großer Festkommers statt; der Kriegerverein begeht die Peioe in der Centralhalle. Außerdem wird der Tag in vielen Privatkreisen und öffentlichen Lokalen gefeiert. Die öffentlichen Gebäude und viele Privathäuser

maroan haflagot-

Hamburg, 22. März. - Géstern Abend um 9 Uhr ver- fünbete schon ‘ein von den Tamhoura unv Lev Kapelle vvs 6. Znfanterie-Negiments ausgeführter großer Zapfenstreich den heutigen Festtag. Heute Morgen um 6 Uhr fand die Reveille statt. Jm Laufe des Tages wurden bereits und werden noch verschiedene Festlihkeiten abgehalten «werden. Um 10 Uhr Vormiltags begann in der Aula des Johanneums eine Schulfeierlichkeit, welche außer der ber-Schulbehörde und den Lehrern und Schülern der Gelehrtenschule eine zahlreiche Versammlung von Damen und Herren vereinigt A Die Schulen waren zur Feier des Tages sämmtlich geschlossen und auch in mehreren anderen derselben fanden anregende Festlichkeiten statt. Ein offizielles Diner vereinigt heute Nach- att den Senat und die Spißen der Civil- und Militär- behörden im Hause des Bürgermeisters Dr. Petersen. Ein anderes Festmahl wird in Sagebiels Etablissement ab- gehalten. Die große Parade zur Per des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers fand heute auf dem Heiligengeistfelde um 12# Uhr Mittags in Gegenwart des kommandirenden Generals von Treskow, des General-Majors von Flöcher, sowie der U der Militär- und Civilbehörden von Hamburg und Altona statt. General von Treskow nahm die Parade ab. Das r Pg des hiesigen Landwehr-Bataillons eng schon gestern im Waterloo-Hotel eine Vorfeier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers durch ein solennes Abendessen.

Lo n don, 22. März. (W. T. B.)Bei dem deutschen Botschafter, Grafen Münster, findet heute zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm ein großes Diner statt. Bei der gestrigen Jahresfeier der Gesellschaft zur Unterstüßung nothleidender Ausländer brachte der österreichische Botschafter, Graf Beust, einen Toast auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm aus, in welchem er hervorhob, daß seine Eigenschaft als Ver- treter eines Freundes und Bundesgenossen des Kaisers und als Ritter des Schwarzen Adler-Ordens ihn zu diesem Trink- spruche berehtige. Der Toast wurde begeistert aufgenommen.

Bukarest, 22. März. (W. T. B.) Zur Feier des Geburtstages _Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm fand heute hier ein Festgot:es- dienst statt, welhem der General-Konsul von Alvensleben mit seinem Personal und die ganze deutshe Kolonie, sowie ein Vertreter des Fürsten und der Minister des |Aus3wärtigen, als Vertreter der Regierung, beiwohnten. Leßterer und der Flügel- Adjutant des Fürsten machten dem deutschen General-Konsul hierauf offizielle Besuche und brachten demselben die Glü- wünsche des Fürsten und der Regierung dar.

Ferner liegen aus Stettin, Magdeburg, Kiel, Elberfeld, Braunschweig Festberihte vor. Die Stadt Detmold und deren Vertreter haben eine künstlerish ausgestattete Gl ückwunsch-Adresse übersandt, in welcher besonders der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers in Detmold gelegentlich der-Enthüllung des Hermannsdenkmals in Wort und Bild Erwähnung geftieht: :

Berlin, 23. März. Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Tei und für Juftigwesen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Handel und Verkehr und

für Elsaß-Lothringen, der Ausschuß für Handel und Verkehr und der Ausschuß für Elsaß-Lothringen hielten heute Sißungen.

Jn der heutigen (15.)Sißung des Neichstags, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Minijste Hofmann und mehrere De zum Bundesrath bei- wohnten, theilte der Präsident mit, daß Se. Majestät der Kaiser den Gesammtvorstand des Hauses gen empfangen und die von demselben ausgesprochenen Glückwünsche huld- reist entgegen zu nehmen geruht habe. Auf den Antrag des Abg. Frhrn. von Frankenstein warden hierauf der Präsident und die beiden Vize-Präsidenten für die Dauer der Session durch Akklamation wiedergewählt. Ohne Debatte genehmigte das Haus sodann in erster und zweiter Berathung den E wurf, betreffend die vorläufige Erstreckung des Haus- halts-Etats des Deutschen Reichs für das Viertel- jckhr vom 1. Januar bis 31. März 1877 auf den Mo- nat April 1877 (S. Nr. 70 d. Bl.). Es folgte die dritte Berathung dés Gesezentwurfs, betreffend die Lan- desgéseßgebung in Elsaß-Lothringen, zu welchem die Abgg. Simonis, Dr. Reichensperger (Crefeld), Duncker und Grumbrecht sprachen, worauf der Geseßentwurf in der in ypelter Lesung beschiossenen Fassung unter Zustimmung des evollmächtigten zum Bundesrath, Unter - Staatssekretärs Herzog, mit einem vom a N Schenk von Stauffenberg beantragten redaktionellen Amendement genehmigt wurde. Die Petition des chemaligen Unteroffiziers Wilhelm Duckwiyß wegen D der geseblihen Fnvaliden- Benefizien wurde auf Antrag der Petitionskommission, Na- mens welcher der Abg. Höffmann referirte, dem Reichskanzler zur nohmaligen Erwägung und eventuellen Berücksichtigung überwiefen. ] : missar Major Spiß die Abgg. Dr. von Bunsen, Albrecht (Osterode), von Benda und van Freeden. Darauf motivirte der Abg. Rittinghausen seinen Antrag, betr. die Festungswerke der Stadt Cöln. .Nahdem noch der Abg. Dr. Reichensp2rger (Crefeld) hierüber gesprochen, wurde, dem An- trage des Abg. Dr. Lucius (Erfurt) gemäß, der Antrag der Bu getkommission ur Vorberathung überwiesen. Schluß 21/2 Uhr. Nächste Sißzung Sonnabend 11 Uhr.

Nachdem sämmtliche Kuratorien der Beamten-Pensions- und Unterstützungskassen sih für die gänzliche Beseitigung des insihtlich der Nückgewähr von Pensionskassen- eiträgen bestehenden Unterschiedes zwischen preußischem Staatsdienst und deutshem Reichsdienst ausgesprochen haben, hat der Handels-Minister durch Erlaß vom 9. v. M. bestimmt, daß die reglementarishen Vorschriften, nah welchen an die zu einem anderen Verwaltungszweige des preußischen Staates Übertretenden Beamten Pensionskassenbeiträge Le sind, vom 1. Januar d. J. ab unverändert au auf den Fall des Uebertritts in den Dienst des Reichs zur Anwendung fomme. Den bereits vor dem 1. Januar d. J. in den Dienst des Reichs oder des Norddeutshen Bundes übergetretenen Beamten erwachsen aus dieser Bestimmung keinerlei Ansprüche.

Jm Verfolg der Cirkularverfügung vom 24. v. M., durch welche der Minister des Jnnern die Verlängerung der Erziehungsbeihülfen für die Töchter von verstorbenen Beamten des Ressorts der Verwaltung des Jnnern angeordnet, hat der Minister die Bezirksregierungen durch Cirkular= Erlaß vom 16. d. M. veranlaßt, die für die Söhne von verstorbenen Beamten seiner- Verwaltung bewilligten Erziehungsgelder in dem Falle, daß bei dex ursprüng=- lihen Gewährung ein kürzerer Bewilligungstermin

als das vollendete 17. Lebensjahr festgeseßt sein sollte, und daß verur -Dablung nit mogen Beitablaufs bereits mit Ende

Dezember v. J. erloschen ist, vom 1. Januar cr. ab in jedem Falle bis zum vollendeten 17. Lebensjahre fort- zuzahlen.

Ein Appellationsgericht hatte in einer Untersuchung gegen den Gärtner K., welcher bei einem Streit mit einem Anderen sih einer Waffe bedient hatte und deshalb wegen Uebertretung (Betheiligung an einer Schlägerei) angeklagt worden war, denselben freigesprochen, weil ein Konflikt zwischen zwei Per- sonen nicht als Schlägerei zu betrachten sei. Dieses Urtheil wurde vom Ober-Tribunal dur Erkenntniß vom 22. Februar d. J. vernichtet, indem der höchste Gerichtshof von der Ansicht ausging, daß cin Konflikt zwischen nur zwei Personen im rafcectlichen Sinne ebenfalls als „Schlägerei“ zu betrachten sei. „Der Appellationsrichter, führt das Erkennt- niß des Ober-Tribunals aus, führt zur Rechtfertigung seiner Geseßesauslegung, nah welcher der Gebrauch eines ge- fährlihen Jnstruments bei einem Konslikte zwishen nur zwei Personen ex 8. 376 Nr. 10 nicht strafbar sein würde, zwar noch an, bei wechselseitigen Körperverlezungen hätten nur die beiden Personen der Betheiligten ein Fnteresse, ie

handlungen eine Mehrheit von Personen betheiligt sei. Diese Unterscheidung erscheint jedoch als eine willkürlihe und steht auch mit der Absicht des Gesehes im Widerspruch. Dasselbe hat dem immer mehr um si greifenden, E Oen Miß- brauch entgegenwirken wollen, bei Streitigkeiten sofort zum Messer und anderen gefährlihen Jnstrumenten zu greifen. Die wesentlich polizeilihe Borschrift des Paragraphen mußte zur möglichsten Erreihung dieses Zweckes jeden Gebrauch eines jolchen S iftuinens im Handgemenge treffen, niht nur ohne Rücksicht auf die an dessen Gebrauch oder die Schlägerei überhaupt sih für den einen oder anderen Theil knüpfenden Folgen, sowie auch darauf, ob nah dem Resultate der Beweis- aufnahme und im Hinblick auf die nach der freien Entschlie- ßung der Verleßten gestellten Strafanträge eine Bestrafung wegen. Körperverleßung oder Mißhandlung eintreten konnte, ondern auch ohne Rücksicht guf die Zahl der bei dem Kon- ikte Betheiligten. Denn der in dem gefährdeten Jnteresse es Lebens liegende Grund, gegen den gemeingefährlichen Ge=z brauch von Messern und dergleihen unabhängig von jenen Rücksichten, insbesondere von dem Willen der Verleßten ein- zuschreiten, trifft bei einer Schlägerei zwischen zwei Personen ebensowohl zu, als bei einer jolhen zwischen mehreren.“

Nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 27. April 1876 ist, wer den Stempel zu einer Urkunde nicht rena beikassirt, nicht {hon deshalb straflos, weil der Stempeldistributor seines Wohnorts den erforderlichen Stem- pel mcht vorräthig hatte resp. ihn in den Glauben verseßte, daß er denselben nicht vorräthig habe. “Vielmehr bedarf es dann noch des ferneren Nachweises, daß er L den Stempel au nicht auf andere Weise hätte rechtzeitig beschaffen können oder überhaupt, daß er in die Unmöglichkeit verseßt war, die. Stempelverwendung rechtzeitig vorzunehmen.

Der Bundesraths - Bevollmächtigte, Fürstlih

\{haumburg-lippisher Geheimer Regierungs-Rath Spring ist von Berlin wieder abgereist.

Es sprachen hierzu außer dem Bundeskom- -

: AUGEUE die unabhängige li

rend das öffentliche Fnteresse erst eintrete, wenn bei den Miß-

Württemberg. Stuttgart, 00. März. (Shw. M.) Die Finanzkommission der Kammer der Abgeord- neten hat bei ihrem gestrigen Wiederzusammentritt den Hauptfinanzetat für die Zeit vom 1. dps 1877 bis 31. März 1879 und einen Theil der Spezialetats für die enannte Periode, sowie einen Geseßentwurf betr. die Fest- chung des steuerbaren Jahresertrages der Gebäude vor- gefunden. Der erstere besteht aus zwei Theilen, dem finanx etat pro 1877/78 und einem Stücketat pro 1. Juli 1878 bis 31. März 1879. Für das volle Finanzjahr 1877/78 foll der Staatsbedarf 47,669,000 M, die Staats- einnahmen 43,894,000 46 betragen, mithin ein Defizit von 3,775,000 M sih ergeben. Das gleiche Verhältniß und Er- gebniß wird natürlih auch bei dem Stüetat eintreten, so daß das Defizit von der ganzen 1% Jahre umfassenden Finanz- periode 1877/79 auf 6,343,000 4 sich beziffern wird. Zur Decung desselben. sollen die Mittel der E E welche sih dermalen noch auf 6,979,000 M belaufen, verwendet wer- den, so daß noch 636,000 M für außerordentliche Staatsbe- dürfnisse, namentli für Straßenbauten, Albwasscrversorgung, ein weiteres katholisches S Stat 2c. verbleiben. ‘Aus der Uebersicht ist ersichtlih, daß einerseits der Staatsbe- darf sih nicht unbedeutend erhöht hat, daß andererseits aber auch die Staatseinnahmen in einzelnen Positionen in niht un- het eaen Maße höher veranschlagt sind, daß endlih ins- besondere die Steuern von Gebäuden und Gewerben eine namhaft U iffer nahweisen. Leßteres hat seinen Grund in den bei iesen Steuerprojekten in diesem Jahre erstmals zur Anwen- dung kommenden neuen Steuergeseßen. Auf Grund derselben ist beabsichtigt, für die Gebäude einen Steuersaß von 4 pCt., für die Gewerbe in Berücksichtigung der gegenwärtigen un- günstigen Verhältnisse einen Steuersaß von 3 pCt. vorzuschla- gen. Was endlich noch den Eingangs erwähnten Gesezent- wurf betrifft, so wird dur denselben der steuerbare Jahres- ertrag aus dem durch die Einshäßung ermittelten Kapitalwerth der Gebäude auf 3 pCt. jenes Kapitalwerths festgesetzt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. März. (W. T. B.)

y Durch cine Kaiserliche Verordnung vom. 20. d. werden der

Landtag der. Bukowina für den 11. April, die Landtage von Böhmen und Tirol für den 9. April nnd die übrigen Lan d- tage, mit Ausnahme. derjenigen von Galizien und Dalmatien, für den 5. April einberufen.

Nach der „Presse“ wurden in den deutschen Land- gemein den Tirols 17 Mitglieder der Rechtspartei wiede r- und 5 klerikale Kandidaten neugewählt. :

923. März. (W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ widmet dem achtzigsten Geburtsfeste des Deutschen Kaisers einen herzlihen sympathischen Artikel und hebt in demselben besonders hervor, daß Kaiser Wilhelin als Herr- {her und Held, als Völkerhirte und Schlachtenführer, als Er- halter und Neubegründer auf ein so langes Leben der Arbeit und Pslichterfüllung mit dem beruhigten Bewußtsein, das Beste gewollt und mit der lohnenden Genugthuung, das Höchste erreicht zu haben, zurückzublicken vermöge. e

Pest, 21. März. Die Konferenz der liberalen Partei beschloß, bei der A des Finanz- und Justiz-

erale Partei auszuschließen. In Folge dessen richtete der Präsident der unabhängigen liberalen Partei eine Zuschrift an den Präsidenten der liberalen Partei, worin erklärt wird, daß die unabhängige liberale Partei bei der Wahl der Ausschüsse sich mit der libe- ralen Partei niht mehr ins Einvernehmen seßen, sondern selbständig, abepz@inverständlih mit den übrigen Oppositions- parteien vorgehen werde. Minister-Präsident Tisza erklärte, daß in England, dem parlamentarishen Musterstaate, der Minister, wenn er einen Geseßentwurf vorlegt, die Mitglieder der Kommission für diese Vorlage stclbst bezeichnet; von einer Beschränkung der Kontrole könne keine Rede sein, da die Aus- Thußsizungeen öffentlich seien. Die Konferenz nahm die Er- klärung des Minister-Präsidenten zustimmend zur Kenntniß. Der ungarische Finanz-Minister Koloman Szell isst nach Vien abgereist, um an Besprehungen über die Begebung der ungarischen Goldrente theilzunehmen.

Wie die W. „Presse“ meldet, hat der Ausschuß des- Pester Comitats in seiner gestrigen Duartal-Kongregation beshlossen, das Abgeordnetenhaus in einer Repräsentation um Ablehnung der auf den Ausgleih bezugnehmenden Gesezentwürfe zu ersuchen, und die Repräsentation behufs Beitritts den sämmtlichen Munizipien zuzusenden.

Der Baron Joika, itredacteur des „Magyar Allam“, erklärt, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, in den heutigen Blättern, daß die Betheiligung der ungarischen Katholiken an dem Katholiken- Kongreß dem Gesetze zuwiderlaufe, und daß die Redaktion des „Magyar Allam“ bei der Uebersezung des feudalen Auf- rufs eine Fälshung des Originaltextes begangen habe.

Niederlande. Haag, 19. März. (Lpz. Ztg.) Jn

‘der heutigen Sizung der Zweiten Kammer der General -

staaten interpellirte Hr. Haffmans den Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten, van Does, über die jüngsthin er- folgte Zurückziehung des den päpstlihen Konsulaten in den Niederlanden ertheilten Exequatur. Er |tellte die Frage, ob in der leßten Zeit sich eine Thatsache zugetragen, welche die Aufhebung dieser Konsulate nothwendig gemacht und die S ortbauer des status quo seit 1871 nicht mehr gestattet habe; und wenn ja, welches diefe Thatsache sei. Hr. Hassmans meinte, es beständen keine annehmbaren Gründe für eine folhe Maßnahme, die um so mehr auffallend erscheine, da der Minister, welcher sie getroffen, selbjt Katholik sei. Der Minister van Does erwiderte, daß. er- persönlih hier nicht stehe als Katholik oder Protektor der Katholiken, sondern als Vollstreckung der FeeiGaversahung und der Staatsgescße; was die Aufhebung des päpstlihen General-Konsulates in Amsterdam betreffe, so abe die Zweite Kammer der Generalstaaten felbst ihm zuerst ei einer früheren N einen Wink dazu gegeben, und s sei die Maßregel eine Folge der unhaltbaren, A da

neben einem Konsulate des Königreichs Jtalien ein General- fonsulat des Kirchenstaats, jezt einer Provinz FJtaliens, be- stehe; auf Andringen des italienischen Gesandten habe er (der Minister) unter Hinweis auf das in anderen Staaten gegebene Veispiel den päpstlichen General-Konsul zu wiederholten Malen ersucht, sich zurückzuziehen ; da dies nicht eyen, habe er bei em Könige darauf antragen müssen, das seiner Zeit den E Konsuln in den Niederlanden gewährte Exequatur nunmehr wieder zurücßzuziehen.

Großbritannien und Jrland. London, 21. März. (E. C.) Die Königin hielt gestern Mittag eine Geheim- rathsf\sißzung ab, an welcher der Herzog von Rihmond und Gordon, Lord Derby, der Marquis of Hertford und Mr. Croß Theil nahmen. Vor der Sigßung empfing Jhre Majestät den General Jgnatieff, der der Königin voi las Grafen Schuwaloff vorgestellt ward, während Lady Derby die Gemahlin des Generals einführte. Auch Lord Derby war zugegen. Der bisherige brit;she Konsul in Shanghai, Mr. Walter Med hu rsstt, ferner zwei Beamte der Jnsel Man, Mr. Gell und Drinkwater wurden vom Ober-Kammerherrn (Marquis of Hertford) der Königin vorgestellt und erhielten

die Ritterwürde. Der Minister des Jnnern war bei der Audienz

zugegen. Die Fnsel Man, die nit als Theil Großbritan- niens, sondern als europäische Besißung gezählt wird und ihre eigene Verfassung hat, besißt in dem nunmehrigen Sir aues Gell ihren General-Anwalt und in Sir William Drinkwater ihren sogenannten „First Deemster.“ Auf eine Anfrage des Deputirten Hartington erklärte der Kanzler der Schaßz- kammer, Northcote, daß er das Budget am 12. April vorlegen werde.

22. März. (W. T. B.) Jm Unterhause erwiderte der Unterstaatssekretär Bourke auf eine Anfrage Potters, der

Khedive habe Gordon ermächtigt, mit Abessinien den '

Frieden abzuschließen.

_ Frankreich. Paris, 21. März. (Fr. C.) Der Krieg 3 - Minist er General Berthaut konferirte heute mit dem Aus- shusse für den Antrag Levavasseur auf Abschaffung des klerikalen Gesetzes über die Feldgeistlihkeit. Der Minister erklärte sich gegen die eigens den Regimentern attachirten eFeldgeistlichen. Um jedoch den Soldaten die Gelegenheit zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfnisse niht zu entziehen, möchte er, wie {on der Antragsteller selbst für die Forts und Lager vorschlägt, so auch in den Garnisonstädten gewisse Seelsorger bezeihnen, an welhe \ich die Soldaten gegebenen Falls zu wenden hätten, und die auch mit dem Religionsunterrichte für die Garnison zu betrauen wären. Er wolle indeß den Priester grundsäßlih nit in die Kaserne eindringen lassen. Jn einer heute abgehaltenen Versammlung von Senatoren und Abgeordneten der großen Jndustriebezirke wurde nach einem Vortrage des Hrn. P beschlossen: 1) in der morgigen Kammersißung darauf anzutragen, daß die Kommission für den von dem Handels-Minister Teisserenc de Bort ein- gebrachten allgemeinen Tarif von den Abtheilungen noch vor den Ferien ernannt, 2) daß der Handels-Minister auf- gefordert würde, a. zu den Unterhandlungen mit England einen großen Manufakturisten als Vertreter der französischen JZndustrie zuzuziehen, b. die Unterhandlungen nicht ab- zuschließen, so lange die Kammern ih nicht über den all- gemeinen Tarif geäußert hätten. Eine Deputation dieser Ver- Rg sollte heute Nachmittag von dem Minister empfangen werden.

(Köln. Ztg.) Heute hielten die republikanische Linke und das linke Centrum Versammlungen. Das linke Cen- trum beschäftigte sich mit der Eisenbahnfrage. Die republikanishe Linke \prach sich dahin aus, daß die Ge- neralrathswahlen (die Hälfte wird neugewählt) im Monat August stattfinden sollen. Ferner erörterte man die Frage betreffs der Dauer der Osterserien. Die allgemeine Ansicht war, daß die Kammern bereits am 1. Mai wieder zusammentreten möchten. Man war gegen zu lange Ferien, weil man befürchtet, daß während dieser Zeit gewisse Pläne, mit welchen sichdie Antirepublikaner tragen, zur Ausführung kommen könnten. Der Ausschuß zur O der Rehnungen von 1870 und 1871 beschloß heute, daß ein besonderer Bericht über die betreffenden Kriegsrechnun gen des Kaiserreichs abgestattet werden foll. Gegenwärtig werden in Frankreich fol- gende Kriegsschiffe gebaut: die gepanzerte Fregatte „Triomphante“/, der Küstenwächter „Vengeur“, das Kanonen- boot „Lutrin“ und die Avisos „Chasseux“, „Voltigeur“, „Hussard“/ und „Lancier“.

Die Frage des Rückaufes der Eisenbahnen durch den Staat hat in- dexr Pariser Presse neine lebhasten Widerhall gefunden. Die „République Française“ führt anläßli)h der Debatten aus: „Die Jdee des Nückkaufs der Eisenbahnen durch den Staat hat in unserem Parlament einen großen Schritt vorwärts gemacht und wird, wie wir glauben, in der öffentlihen Meinung noch einen größeren Schritt vorwärts machen. Hr. Lecesne, Vertreter der Seestadt Havre, hat die These des Hrn. Allain Targè wieder aufgenommen und dieselbe mit einer Klarheit und Präzision s igte welche einen sehr tie- fen Eindruck gemacht haben. Hr. - Lecesne is mit den großen Geschäften wohl vertraut und läßt sih für seinen Theil durch die chimärischen Befürchtungen nicht abschrecken, welche gewisse Leute zur Schau tragen, wenn man auf diese so einfache Operation des Rückkaufs durch den Staat zu Iprechen kommt. Er hat die Sache vor der Kammer ausge- rechnet und das Ergebniß läßt sih kurz wie folgt zusammen- (aften: Wenn die Bahnen zehn Milliarden kosten, so ent- allen davon aht auf die Obligationen und zwei auf die Aktien. Die Obligationen sind vom Staate garantirt, und nichts ist daher einfacher, als die Titel der Gesellschaft in Staatstitel umzuwandeln; es wird dazu an den bisherigen Bedingungen beinahe gar nihts zu ändern sein. Der Staat würde, sobald er einmal Herr der Einnahmen ist, die Zinsen gerade so gut zahlen, wie jeßt die Gesellschaften. Was die Aktien betrifft, so sind sie, wenn man den Dingen auf den Grund gehen will, schon längst nihts mehr, als wahre Obli- ationen mit garantirtem Einkommen. Die Feststellung des

reises jeder Bahn, welche nah den in den Konzessionsbedin- gungen selbst stipulirten Grundlagen leiht zu bewerkstelligen wäre, würde den Prozentsaß ergeben, zu welchem dieses Ein- kommen fapitalisirt werden müßte. Die Operation könnte nicht die geringste Schwierigkeit für eine Nation bieten, die eine Anleihe von fünf Milliarden aufzunehmen und die Kon- version ihrer öffentlihen Papiere durhzuführen ver- mochte. Hr. - Lecesne forderte fun chlusse seiner Rede den Minister der öffentlihen Arbeiten auf, einen vollständigen Entwurf zum Rüdlkauf der Eisen- bahnen vorzulegen und sicherte ihm ‘dafür die einstim- mige B QMGANE des Hauses zu. Die Haltung der Rechten zu diesen Worten läßt uns annehmen, daß er damit etwas zu weit ging ; aber die Linke war ihm höchlich dankbar dafür, daß er laut Ee, was Jeder bei sich im Stillen dachte, daß er die Geister mit einer Operation vertraut gemacht, die nicht lange mehx hinausgeschoben werden kann, daß er endlich eine Menge von Vorurtheilen zertrümmert hat, welche die

öffentlihe Meinung bisher verhindert haben, \ich mit Ent- schiedenheit kundzugeben. Hr. Lecesne hat M. M äfen, E a meen, Rid terie, dem Handel, dem Acker- au, Allem, was Frankreih hervorbringt und verze rt, ei

wahren rz e B) N eus, G __— 22. März. (W. T. B.) General Jgnati ifi hier eingetroffen. ANRAFLELD

…_ Spanien. Madrid, 20. März. (Ag. Hav.) Der König ist in Ceuta angekommen und wird morgen in Cadiz sein.

Portugal. Nach einem Telcgramm der „Daily News“ aus Lissabon vom 20. d. M. Abends da der Präsident der transvaalishen Republik in Südafrika dem König von Portugal schriftlih die Nothwendigkeit der geplanten Eisen- bahn durch die Provinz Laurenco Marques bis an die Küste dargelegt und Se. Majestät gebeten, die dem Werke begegnen- den Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen.

Türkei. Ueber - die orientalishen Angelegen- heiten liegen folgende Nachrichten L N

London, 22. März. Jm Unterhause bezeichnete der Unter-Staatssekretär Bourke Fawcett gegenüber die Nah- richten von Unruhen, die in der Nähe von Adrianopel stattgefunden hätten, als übertrieben. Gleichwohl \ei der englische Konsul angewiesen worden, an Ort und Stelle Per- sönlih Erkundigungen einzuziehen. Northcote erklärte auf cine Anfrage Campbells, die vom Sultan ertheilte Amnestie erstrecke sich niht auf diejenigen, die an den Greuelthaten in Bulgarien theilgenommen hätten.

m Oberhause erklärte Lord Derby auf eine Anfrage des Carl von Dudley, der Text des vorgeschlagenen Proto- kolls und die Bedingungen, unter denen die englische Regie- rung dasselbe unterzeihnen würde, falls es zu einer Unter- zeihnung kommen sollte, scien noch Gegenstand der Erwägungen des Kabinets. Der Earl von Dudley verlangte Nachrichten über den Stand der orientalischen Svar und sprach die Be- fürchtung aus, daß das Protokoll, obschon die Unterzeichnung desselben den europäischen Frieden sichern würde, doch keine Bürg- schaften für eine bessere Verwaltung der christlihen Provinzen schaffen würde. Dudley beantragte eine weitere Vorlage der die orientalische Frage betreffenden Schriftstüke und erklärte, aus der bereits vorliegenden Korrespondenz erscheine ihm das Verhalten des Botschafters Elliot als Dip! omat tadelnswerth. Lord Somerset sprach sein Bedauern über diesen ohne vorherige Anzeige gegen Elliot gerichteten Angriff aus. Graf Derby beklagte ebenfalls die Unregelmäßigkeit des Verfahrens und führte aus, falls Dudley das Blaubuch gelesen habe, würde er wissen, daß die diplomatischen Beziehungen E1glands zur Vforte nie abgebrochen worden seien, und daß die übrigen Mächte hier- von unterrichtet waren. Falls Dudley wisse, daß das Ein- verständniß auf dem Punkte des Abschlusses stehe, so wisse Dudley mehr, als er (Derby). Nach der Ansicht Dudleys fet die Erhaltung des europäischen Friedens überhaupt von unter- geordneter Bedeutung und die Erzielung einer besseren Verwal- tung der europäischen Provinzen der Türkei der Hauptzweck; es sei doch aber zu erwägen, daß ein europäischer Krieg größere Greuel hervorbringen würde, als diejenigen, welche in jenen Provinzen vorgekommen seien. Der Text des vorgeschlagenen Protokolls und die Bedingungen, untex denen dasselbe unter- zeichnet werden würde, falls es überhaupt zu einer Unter- zeihnung kommen sollte, seien noch Gegenstand der Er- wägungen des Kabinets. Wenn die Unterzeichnung erfolat wäre, würde sie nicht unnöthiger Weise verheimlicht werden. Welches auch immer seine Gesinnungen gegen die Pforte seien, fuhr Derby fort, er, als unabhängiger Pair, würde es sich zweimal überlegt haben, ob er eine solche Sprache gebraucht hätte, wie sie Dudley geführt habe, eine Sprache, welche, soweit sie außerhalb Englands Einfluß haben könnte, geeignet sci, das russische Volk gegen die Friedens- politik seiner Regierung, die diese, sehr zu ihrer Ehre, anzu- nehmen geneigt sei, auszureizen, cine fsolhe Sprache, welche zudem geeignet sei, Schwierigkeiten in den Beziehungen zu den befreundeten Mächten hervorzurufen und die allseitig ge- wünschte Lösung zu verschieben, wenn nicht unmöglich zu machen. Derby {loß, indem er das Verhalten Elliots ver- theidiate und eine baldige Vorlage der weiteren auf die orien- talishe Frage bezüglichen Schriftstücke versprah. Lord Stratheden vertagte seinen auf die orientalische Frage bezüg- lichen Antrag angesichts der gegenwärtigen kritischen Unter= handlungen bis nah Ostern.

(W. T. B.) General Fgnatieff hat mit seiner Ge- mahlin heute Vormittag die Rückreise nah Paris angetreten und wird sih nah den bisherigen Bestimmungen von dort über Wien nah St. Petersburg zurückbegeben.

Paris, 22. März. (W. T. B.) Der „Moniteur“ er- wähnt die augenblicklich zwishen England und Rußland s{hwebenden Verhandlungen und glaubt dabei, im Gegensaß zu anderweitigen, aus dem Auslande kommenden Nachrichten, die Lage als eine für den Frieden sehr günstige aufz fassen zu dürfen. .

Aus Konstantinopel, 16. März, schreibt man der „Pol. Korr.“ : „Die Aufregung in Stambul und die Unzu- De mit dem Ministerium nehmen nachgerade größere

erhältnisse an. Außer den bereits signalisirten Verhaftungen nahm die Polizei seither noch anderweitige vor. Dieselbe ent- wickelt eine unermüdliche Thätigkeit, um jeden Versuch einer Ordnungsstörung oder Erhebung im Keime zu ersticken Vorgestern wurden abermals einige Zöglinge der Militär- \hule unter Umständen verhaftet, welche zur Genüge darthun, wie weit die Aufregung der Gemüther Play gegriffen hat. Diese Zöglinge shrieben nach der Verhaftung einiger ihrer Kameraden einen heftigen Artikel und trugen ihn zur Ber= öffentlihung in die Redaktion des „Vakit“. Der Direktor dieses Journals, ein Armenier, ersuchte die Zöglinge, den Artikel zu unterzeichnen, welchem Ansuchen dieselben auch so= fort Folge leisteten. Kaum hatten sich die Zöglinge entfernt, jo beeilte sich der Direktor, den Artikel dem Kriegs-Minister zu überbringen. Dieser, wüthend, ließ die Unterzeichner des Artikels sofort in das Seraskierat rufen und fragte dieselben

unter beleidigenden Ausdrückten, ob ste wirklich diesen Artikel

unterzeihnet haben. Ohne außer Fassung zu Bien ant= an die Zbglin e in- gleihem Tone: „Wor Missen! Bist Du blind? Siehst Du nit unsere Unteri\ christen? Ja! wir selbst haben diesen Artikel unterzeihnez und halten seinen Jnhalt aufrecht.“ Dieselben haben das Seraskierat ni.cht mehr ane, Der Minister ließ ihnen die Lieuter.ants- tressen herabreißen und sie sodann in das Gefängniß werfen.

Auf dem Wege dahin riefen sie fortwährend; „Es lebe Midhat !“