1877 / 87 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Apr 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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S E E R B Az E

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D E E E

Die in der heutigen Börsenbeilage abgedruckte tabel- larishe Uebersicht der Wochenav.s3weise der deut-- shen Zettelbanken vom 7. Apr” s{ließt mit folgenden summarischen Daten: Der gesammte afsenbestand betrug 721,177,000 M oder der Vorwoche gegenüber weniger 15,707,000 M; der Wechselbestand in Höhe von 612,554,000 weist eine Zunahme von 1,184,000 4 nah, O die Lom- bardforderungen mit 89,619,000 # einen Rückgang um 1,596,000 6 konstatiren. Ferner zeigt der Notenumlauf im Betrage von 929,895,000 Á# eine Verminderung um 2,432,000 M, wie auch die täglih fälligen Verbindlichkeiten mit 160,482,000 6 um 8,920,000 M und die an eine Kündi- gungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten mit 92,782,000 um 184,000 M verringert erscheinen.

Die nah Maßgabe der Allgemeinen Verfügung vom W. März 1874 an den Justiz - Minister einzu- reichenden Gesuche der Richter und Beamten der Staatsanwaltschaft um Verseßung in andere Stellen, mit welcher eine Beförderung nit verbunden ist, entbehren häufig einer Angabe der Gr ünde, welche dem Gesuchsteller die Verseßung wünschenswerth machen. Die Richter und Beamten der Staatsanwaltschaft sind deshalb dur einen Cirkfulcrerlaß vom 7. d. M. veranlaßt worden, in Fällen der gedachten Art die Gründe ihres Versezungsantrages in den betreffenden Gesuchen an: ugeben. / i

Die bei Ueberreihung solher Gesuche an den Justiz- Minister oder deren Uebermittelung an die Vorstandsbeamten eines anderen Appellationsgerichtsbezirks mitwirkenden, be- ziehungsweise unmittelbar thätigen Vorstände (Allgemeine Verfügung vom 20. März 1874 zu 1) haben sih im Anschluß an die Uebersendungsberichte oder Oualifikationsäußerungen auch über die Erheblichkeit der in den Versetzungsgesuchen an- geführten Gründe auszusprechen.

Das Aufsichts- und das damit verbundene Zücht i- gungsrecht des Lehrers ist nah einem Erkenntnisse des Ober-Tribunals, Senat für Strafsachen, vom 15. März 1877, zwar nit auf die Räume der Schule und die Zeit des Unterrichts, allerdings aber auf die Schüler der eigenen Schule beschränkt. Dagegen hat der Lehrer dem Schüler einer frem- den Schule gegenüber, selbst wenn dieser fh in dem Klas- senzimmer des Lehrers befindet, kein Züchtigungsrecht.

IGürttemberg. Stuttgart, 11. April. Der Prä- fident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister von Mitt- nacht, ist heute bchufs der Theilnahme an den Arbeiten des Bundesraths nah Berlin abgereist.

IGaldeck. Arolsen, 10. April. Das „Reg. Bl.“ ver- öffentlicht eine landesherrliche Verordnung, betreffend die Abänderung der Verordnung vom 27. Dezember 1875 über das Kostenwesen in Auseinanderseßungssachen.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 11. April. Gestern hat im Ministerraths-Präsidium eine gemeinsame Kon- ferenz der Minister Baron Laser, Baron Pretis, Ritter von Chlumecky, Szell und Baron Wenckheim stattgefunden, in welcher über die Ausgleichsvorlagen berathen wurde.

Jnnsbruck, 11. April. Die vom Landtage vorge- nommenen Wahlen des Landesausschusses, des Finanz- ausschusses und sonstiger Ausschüsse sind der Majorität günstig. Der Antrag, den Finanzausshuß nah Kurien zu wählen, wurde von der Majorität einmüthig abgelehnt.

Pest, 11. April. Gegenüber der Mittheilung mehrerer Blätter, als habe der ungarische Finanz-Minister während seiner jüngsten Anwesenheit in Wien Verhandlungen în Angelegenheit der Südbahn gepflogen, ist die „Pester Korrespondenz“ von kompetentester Seite ermächtigt, zu er- flären, daß diese Nachricht jeder Begründung entbehrt. Sonach sind auch die Kombinationen der Blätter, welche die Südbahn-Angelegenheit mit O einer Anlehen s- Frage in Verbindung bringen, vollkommen grundlos. Jn Angelegenheit des Ausgleichs werden demnächst, „Hon“ zufolge, mehrere Minister-Konferenzen stattfinden, in welchen bereits der vollendete Tarif und dessen umfang- reiche Motivirung, ferner die Vorlagen über die in beiden Hälften der Monarchie wirkenden Aktiengesellschaften und die ihwebenden Fragen zur Verhandlung gelangen werden.

Großbritannien und Jrland. London, 11. April. (E. C.) Heute Nachmittag tritt das Kabinet zu einer Be- rathun g zusammen. Aus einer Antwort des Auswär- tigen Amtes an den „Schußverein für Eingeborene“ geht hervor, daß Lord Derby den General-Konsul in Aegypten ersucht hat, nachzuforschen, ob die Regierung des Vizekönigs wirklih die unabhängigen Stämme in der Nachbarschaft der Rictoria- und Albert Nyanza-Sees zu annektiren ge- denke. Jm Unterhause wurde vorgestern eine große Zahl von Anfragen an die Regierung gerichtet. Jn Beant- wortung einer Anfrage Mr. Andersons theilte Mr. Bourke, Unter- Staatssekretär des Auswärtigen, mit, er habe zwar wegen des von Kapitän Kennedy behaupteten Verkaufes von 300 weib- lihen Sklaven bei dem Generalkonsul in Kairo angefragt, nach sorgfältiger Nahforschung habe derselbe indeß nihts auf- finden fönnen, was diese Angabe irgendwie bestätige. Der Konsul füge hinzu, es sei Brauch der Behörden in Kairo, Die Sklaventrupps, welhe man versuhe nah Kairo zu bringen, abzufangen und in Freiheit zu seßen. Mr. E. Fenkins fragte wegen der Verhältnisse in Südafrika an. Mr. Lowther, Unter-Staatssekretär der Kolonien, entgegnete, wie bereits Éurz erwähnt, amtliche Mittheilungen seien dem Hause nicht zu machen, auf Grund von Privatnachrichten, die im Kolonial- amte eingetroffen, sei indeß anzunehmen, daß Sir Theophilus Shepstone, der die Mission zu der Transvaalregierung über- nommen, dieser vorgestellt habe, daß die hoffnungslose Anarchie in der Republik und die drohende Gefahr fernerer Gewalt- thätigkeiten Seitens der Eingeborenen die größte Gefahr nicht nur für die Einwohner des Freistaates, sondern auch für die englische Kolonialbevölkerung mit sich führe, und daß solche Gefahr um so bedrohlicher werden müsse, wenn er bei seiner Heimkehr die Regierung nit in sihereren und stärkeren Händen zurücklasse. „Die englische Regierung, fügte Mr. Lowther hinzu, hat niht den Wunsch, sih in die inneren An- gelegenheiten der Republik zu mischen, wenn deren Behörden im Stande sind, die Ordnung aufrecht zu er alten, sollte das indeß mißlingen, so könnte Sir Theophilus Shepstone augen- icheinlih gezwungen sein, zum Schuße des Lebens britischer Unterthanen, sowohl in Transvaal, wie in den angrenzenden

Besitzungen die Hülfe der englischen Truppen in Anspruch zu nehmen, welhe zum Zwecke öffentlicher Sicherheit an der Grenze der Natalkolonie aufgestellt sind.“ Gestern theilte im Unterhause Mr. Herschell mit, daß er am 8. Mai einen Antrag einbringen würde, die Kriminalgeseße des Landes in einen Codex zusammenzufassen. Mr. Fawcett fündigte, nachdem auf seine Anfrage der _Unterrichts- Minister Viscount of Sandon erklärt hatte, daß die Regierung nicht weiter legislativ wegen der Kinderarbeit in Landdistrikten vorzugehen wünsche, an, er werde beantragen, s dem Ge- seße bezüglih der Fabriken und Werkstätten eine ; ustimmung zugefügt werde, welche die für in Fabriken verwandte Kinder iltigen Verordnungen auch auf die beim Ackerbau als Ar- eiter verwandten Kin der ausdehne, um leßteren den Squl- besu zu ermöglichen. Mr. Anderson fragte wegen der Fabrik- verhältnisse in Fndien an, wo seines Wissens Kinder unter 8 Jahren häufig 76 bis 80 Stunden wöchentlih zur Arbeit benußt würden. Lord G. Hamilton, der Unter-Staats- sekretär für Jndien, entgegnete, die Frage, ob geseßgeberis in Jndien bezüglich der Fabriken vorgegangen werden solle, sei von den dortigen Behörden in Erwägung gezogen , aber noch nit im einen oder anderen Sinne entschieden worden. Mr. Taylor beantragte eine Resolution, welche sih für gänz- liche Aufhebung der Prügelstrafe in der Marine aus- spriht. Nachdem Seitens der Admiralität Mr. Egerton er- flärt hatte, die Regierung halte den Zeitpunkt noch nicht für gekommen, wurde die Resolution mit 164 gegen 122 Stimmen verworfen. Die ‘erste Woche des neuen Finanz- jahres weist Staatseinkütifte im Betrage von 1,068,596 Pfd. Sterl. auf, gegen 1,544,690 Pfd. Sterl. im Vorjahre. (Die Bilanz am 1. April 1876 war ‘5,119,587 Pfd. Sterl. und am 1. April 1877 5,988,650 Pfd. Sterl.) Die Staats3ausgaben der ersten Finanzwoche betrugen 4,801,923 Pfd. Sterl. gegen 4,781,143 im Vorjahre. Der Schaß betrug am 7. April 1876 E Pfd. Sterl. und am 7. April 1877 2,255,323 Pfd. terl.

12. April. (W. T. B.) Jm Unterhause erklärte heute der Unter-Staatssekretär Bourke auf eine Anfrage Waits, es sei richtig, daß in Kadix eine Versammlung von Be- kennern der protestantishen Kirche gewaltsam ge- \prengt worden sei, die britishe Regierung habe deshalb Vor- stellungen bei der Regierung in Madrid erhoben und der spanische Ministerpräsident, Canovas del Castillo, habe die Bestrafung der Schuldigen zugesichert. Der Schaßkanzler, Northcote, brachte hierauf das Budget ein. Nach den Mit- theilungen desselben betragen die Ausgaben des zu Ende gegangenen Rechnungsjahres 79,020,000 Pfd. Sterl., mithin mehr gegen den Voran)clag 443,000 Pfd. Sterl. Die Aus- gaben des Rechnungsjahres 1877/78 sind auf 78,794,000 Pfd. Sterl., die Einnahmen auf 79,020,000 Pfd. Sterl. veran- schlagt, es stellt sih somit eine voranschlagmäßige Mehrein- nahme von 226,000 Pfd. Sterl. heraus. Von der Regierung ist weder eine Vermehrung, noch eine Verminderung der Ab- gaben in Aussicht genommen. Lord Northcothe {loß seine bei Einbringung des Budgets gemachten Mittheilungen mit der Erklärung, daß der Zustand der Finanzen des Landes ein solider und guter sei. Es seien Hülfsquellen vorhanden, auf welche man im Nothfalle zurückgreifen könne, doch glückliher Weise sei dies im gegenwärtigen Augenblice nicht nothwendig.

Frankreich. Paris, 11. April. Der Vorstand des fatholishen Comités hgt gegen seine Auflösung mit der Erklärung protestirt, daß er feine Politik, sondern einzig und allein die Vertheidigung des Glaubens betreibe. Das „Journal des Debats“ erwidert darauf: „Es ist den Ultra- montanen geradezu unmöglich, die Religion von der Politik zu trennen, da sie legtere der ersteren ganz und gar unter- ordnen. Auch is es unaufhörlih vorgefallen , bei dem auf- gelösten Comité sowohl als bei der Versammlung, die darauf gefolgt ist, daß die menshlihsten Fragen berührt wurden, unter dem Vorwande, die göttlichen Angelegenheiten zu schüßen. Fe- do, selbst wenn wir annehmen, daß sie sich volllommen auf ihr Programm beschränkt haben, wissen sie denn nit, daß das Versammlungs- und Verbindungsrecht gewissen Regeln unter- worfen ist, die sie für nicht bestehend betrachtet haben? Die dem Pariser Comité vergönnte Ermächtigung gestattete dies-m Comité nicht, noch Comités in die Provinzen auszustrahlen und eine Art Liga nach dem Muster der Jnternationalen zu bilden. Das hat der Polizeipräfekt dem Herrn Chesnelong begreiflih zu machen gesuht. Der Vorstand des Comités hat die Thatsache nicht leugnen können ; auch hat er e blos be- müht, den Ernst derselben in einem s{chwäceren Lichte dar- zustellen. Hätte er niht besser daran gethan, einzu- gestehen, daß die Katholiken Unrecht hatten, und 4

in Zukunft den 4 Vorschriften unterwerfen wollten ?“

„Darauf also,“ fügen die „Debats“ bei, „beschränkt sich diese famose Verfolgung, wogegen so arg geschrien worden. Die Republik, welche man dargestellt hatte, als habe sie den Vor- saß, das Gewissen unter ein eisernes Joch zu bringen, be- schränkt sih darauf, die Beobachtung der Gesetze einzushärfen; sie unterdrückt keineswegs die Kat oliken ; sie beraubt sie so- gar de: Privilegien nit, die sie bisher genossen ; sie verlang: cinfah von ihnen, daß sie niht vergessen mögen, daß dieje Privilegien von gewissen Bedingungen abhängen, wogegen sich zu sträuben, ihnen nicht erlaubt ist.“ Die Deputirtenkammer wird, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, bei der Wiederaufnahme ihrer Arbeiten mehrere Be- rihte von Wichtigkeit, an denen man jeßt sehr thätig arbeitet, vorfinden, darunter diejenigen von dem Obersten Tezenas be- treffs der dreijährigen Dienstzeit und der Freiwilligen, von Spuller betreffs der Freiheit der Vorlesungen und Konferen- zen, von Charles Boysset betreffs der Neform der Geschwor- nengerihte, von Millaud betreffs Abschaffung des Kolportage- geseßzes. Der Bericht Millauds spricht sih für Abschaffung des Geseßes von 1849 aus. Ueber die am Montag eröffnete Session der Generalräthe ver- lautet bis jet nichts von Erheblichkeit. Es wurde berechnet, daß ungefähr die Que der Mitglicder des Parla- ments an den Arbeiten der Generalräthe Theil nimmt, näm- lih 302 von 533 Deputirten und 154 von 300 Senatoren. Von den Mitgliedern der beiden Kammern, dié zugleich Mit- glieder der et sind, müssen 134 Deputirte und 74 Senatoren sih einer Neuwahl unterwerfen, da die General- räthe zur Hälste im Laufe des Jahres erneuert werden

_— (Köln. 91g.) Der Herzog Decazes kam heute von seiner Reise nah dem Süden zurück und hatte sofort eine Berathung mit dem Marschall Mac Mahon und danach eine

Unterredung mit dem russischen Botschaster. Heute Nach- mittag um 3 Uhr trat der Ministerrath im Ministerium

des Jnnern, auf besondere Berufung des Conseils= Präsidenten Simon, zusammen. Hr. Jules Simon em= pfing heute den Aus\{chuß der drei Fra t ones der Linken, der ihm Mittheilung von der Au assung der Fragen machte, die in der leßten Parteiversammlung dec drei Ab= theilungen der Linken zur G-ltung gelangt ift.

12. April. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute Morgen hier eingetroffen.

Spanien. Madrid, 10. April. (Ag. Hav.) Der Mi= nisterrath hat der Liste von 102 Senatoren, welche vom König ernannt worden sind, seine Zustimmung gegeben. Die Minister werden noch einige Tage hindur das nächste Bud= get der Ausgaben berathen. i

San Sebastian, 10. April. (Ag. Hav.) Da sich die von der Junta gewählten Delegirten geweigert haben, nach Madrid zu gehen, ist eine Deputation abgereist, um die Regierung zu bitten, die Soldaten-Aushebung einzustellen.

Italien. Rom, 10. April. Der Deputirtenkammer ist ein Geseßentwurf vorgelegt worden, wonach die Zoll- gebühren auf ausländishen Zucker 21 Lire 15 C., auf Kaffee 80 Lire, auf Cacao 14 Lire, auf unraffinirte Mineral= öle 22 und auf raffinirte 27 Lire für je 100 Kilo betragen sollen. Von den einheimischen uckerprodukten soll ebenfalls. eine Auflage von 21 Lire 15 C. für 100 Kil. erhoben werden.

19: April. (W. 2. B) Die Deputirtenkammer hat den Geseßentwurf, betreffend die bedingun gsweise

reilassung verhasteter Personen, genehmigt, und die erathung der von Petruccelli bezüglih des Verhaltens der Regierung inder Orientfrage eingebrahten Fnterpellation auf nähste Woche vertagt. Vom Minister des Auswärtigen wurden mehrere auf das Londoner Protokoll bezügliche diplomatische Akten st ücke vorgelegt.

Neapel, 12. April. (W. T. B.) Nach hier eingegan- enen Nachrihten sind die von den Sicherheitsorganen ver- olgten Fnternationalisten sämmtlih im Gebiete von Letino (Distrikt Piedimonte) gefangen genommen worden. Die italienische Flotte geht demnächst nah Tarent ab.

Türkei. Konstantinopel, 12. April. (W. T. B.) Eine Verlängerung des Waffen stillstandes mit Mon- tenegro hat bis jeßt E stattgefunden. Man ver= muthet, daß beide Theile nah formellem Ablauf des Waffen-" stillstandes sich zunächst in der Defensive halten werden.

St. Petersburg, 12 April. (W. T. B.) Das Cirfkular- \chreiben der Pforte auf das Protokoll ist heute Vor= mittag dem Kaiserlichen Kabinet zugestellt worden. Dasselbe lehnt, wie die „Agence Russ-“ meldet, die Forde=- rungen der Mächte kategorish ab und macht so weiteren Diskussionen ein Ende,

London, 13. April. . (W. T. B.) Das Cirkular der Pforte an ihre Vertreter im Auslande ist gestern dem. Grafen Derby zugestellt worden. Wie die E post“ wissen will, hätte eine an der orientalischen Frage sehr interessirte Großmacht vorgeschlagen, die Unterzeichner des Protokolls sollten Akt nehmen von der Erklärung Rußlands und der Türkei hinsichtlich ihrer Bereitwilligkeit zur Abh= rüstung.

Paris, 11. April. Der „Temps“ bringt folgende Mel- dung: „Jn den diplomatishen Kreisen äußert man, daß, streng genommen, noch eine Ausf iht zu neuen Ver- handlungen in der Thatsache liege, daß die Pforte sich in ihrem neuesten Rundschreiben niht für und nicht gegen die Absendung eines Bevollmächtigten nah St. Petersburg erklärt:

abe. Wie es scheint, werden die Mächte sich bemühen, die

forte zu der Entscheidung zu bringen, daß sie den fraglichen diplomatischen Agenten absende. Das englische Kabinet hegt vorzugsweise den Wunsch, das Einvernehmen 4e den Mächten aufreht zu erhalten, und es wird sogar behauptet, es wäre nit abgeneigt, einen neuen Zusammentritt der Kon- ferenzbevollmächtigten zu veranlassen.“ . Uebrigens, fügt der „Temps“ hinzu, würden die Aussichten auf eine friedliche Ausgleichung immer shwäher.

= 12 L O m D „Moniteur“ weist darauf hin, daß die französische Regierung alle Schritte unterstützt habe, die darauf gerichtet gewesen seien, einem Kriege vorzubeugen, und spricht sich tadelnd gegen die Pforte aus, daß sie die shwere Veräntwortung auf fi geladen habe, das Protokoll abzulehnen. Frankreich, bestrebt, seine Wunden zu heilen, müsse in einer Frage, deren verderblichen Folgen vorzubeugen dasselbe beständig bemüht gewesen sei, absolute Neutralität bewahren.

Ragusa, 12. April. (W. T. B.) Nach hier eingegan- genen Nachrichten sind die . Miriditen bei Myet (?) von den Türken geschlagen worden.

Aus Washington, 13. April, meldet das E D + Die in den ecuropäishen Gewässern stationirten amerikan i- \chen Schiffe haben Befehl erhalten, sih bei Nizza zu ver- einigen und zum Schutze der amerifanishen Staats- angehörigen nah Konstantinopel zu gehen.

Ein Korrespondent der „Pall Mall Gazette“ {reibt am 3. April aus Konstantinopel u. A.: Die Kammer der Abgeordneten sondert fich allmählih in Parteien. Die Regierung hat für si die gemäßigt Liberalen. Die Opposition besteht aus den muhamedanischen Ultramon- tanen, den Chauvinisten und der jungtürkishen Partei. Die ersten fußen auf dem Koran und erkennen keinen Wechsel der Gesellschaft mit dem Jahre 622 an; die zweiten schreien gegen alles Fremde, widerstehen jeder ausländischen Neuerung und machen sich im Allgemeinen unangenehm; die dritten sind Demokraten, haben an und für sich keinen Einfluß und hängen sich an die zwei andern. Ahmed Vefyk erregt großes N dur seine anmaßende Art, den Vorsiß zu führen. Lady Strangford hat ihre Arbeit ungefähr beendet und wird Bulgarien am 15. April verlassen. Jhre Krankenhäuser sind jeßt leer und sie hat sie geschlossen. Jn Mesopotamien is wieder die Cholera ausgebrochen.

Aus Serajewo, 5. April, wird der „Pol. Korr.“

betreffs der Jnsurrektion geshrieben:

Die Regierung hat das Verbot erlassen, Naghrichten über Vor- fälle auf dem JInsurrektionsgebiete zu verbreiten, und bedroht die- jenigen, welche sich erkühnen sollten, den Aufständischen Siege zuzu- schreiben, mit der Behandlung als Hochverräther. Troßdem dringen Nachrichten aus dem Rayon, dessen sich die Insurgenten bemächtigt haben, bis hierher und verfehlen nicht ihre deprimirende Wirkung auf die Gemüther. Ganz besondere Sensation erregen die hier cirku- lirenden Angaben über einen am 1. April bei Grbovac vor-

efallenen Kampf. Zwei Cetas Insurgenten in - der Ge- ammtstärke von ungefähr 800 Kombattanten unter den Befehlen Amelitza’'s und Golubs, welhe est unlängst ihre Mann- \chaft mit Hinterladern versahen, rückten am 31, März von ihrem

Standorte in der Näbe von Gromilje ab, um drei Bataillone Türken, welche offenbar gegen diese Schaarer. im Anzuge waren, aufs Korn zu nehmen. Der Zusammenstoß erfolgte eine Stunde von Grbovac entfernt und war ein fürchterliher. Die Türken waren gut bewaffnet und entwielten eine an Todesverahtung grenzende Tapferkeit: Troß- dem, daß auf beiden Seiten das Schnellfeuer viele Opfer kostete, wollte doch keiner der kämpfenden Theile vom Plaße weichen. Erst die einbrehende Naht machte dem Kampfe ein (Ende, aber nur für diesen Tag. Am nächstfolgenden Tage machten die Türken, die mittler- weile bedeutende Verstärkungen erhielten, abermals einen vehementen Angriff, welchen die Insurgenten zurückwiesen. Der Kampf wogte bis 6 Uhr Nachmittags auf und ab und erft jeßt be- mnen die Türken ih zurückzuziehen, wobei sie von den sehr er- chöpften Insurgenten unbehelligt blieben. Die Insurgenten bezeichnen den Ausgang des zweitägigen Treffens als einen glänzenden Sieg, welcher ihnen 480 Hinterlader und eine Menge anderer Waffen ein- ebracht hätte. Nach ihren Angaben blieben 140 Türken todt auf dem saße und 20 Gefangene in ihren Händen. Leßteres wäre ein Ereigniß, welches seit dem Beginne des Aufstandes nur sehr selten vorgekommen ist. Das türkische „Amtsblatt“ verschweigt dicse Affaire gänzli, was selbst die hiesigen Türken als ein ungünstiges Zeichen deuten. Worauf die Insurgenten ganz besonders stolz sind, das sind zwei grüne Alaj- ahnen, die ste erobert haben. Dieje Embleme des „heiligen“ Krieges ind jeßt bei allen Bataillonen zu finden und gewöhnli sind es Derwische, welhe als „Bairaktars“ e ager) fungiren. Die betreffenden Derwische sollen auch gefallen sein. Die Kula Vrgac wurde von den Insurgenten ebenfalls gestürmt und demolirt, nach- dem deren Besaßung #ch in die Reihen der kämpfenden Türken zurüd- gezogen hat. Nazif Pascha \{ickt alle disponiblen Irregulären nah der Krajna ab. Dort wie in der Possavina sicht man weiteren Er- eignissen entgegen.

Es wurde bereits gemeldet, daß die bos3nischen lühtlinge ein Memorandum an das englische arlament abgeschickt haben. Die „Pol. Korr.“ giebt nun

folgenden Auszug dieses umfangreichen Schriststückes :

„Das Memorandum ist „an die hoherzige englische Nation“ gerihtet und beginnt mit einem historischen Rückblick auf die bis- herige Leidensgeschichte dieses unglücklihen Volkes. In grellen Farben wird diese Geschichte aufgetragen, die so wenig Ab-

wechselung, aber so viel Blut und Jammer aufweist. Wie der“

leßte König von Bosnien von den Türken verlockt und jämmer- lich hingerihtet, wie aus den 30,000 bosnischen Jünglingen die Janitscharea-Truppe herangebildet wurde u. f. w. Allcs wird der englischen Nation ins Gedächtniß gerufen. Warum sich die Flüchtlinge nun gerade an dieselbe wenden, erklären sie damit, daß ihnen bekannt geworden, „daß Niemand fo fehr für die Türken und ihre Herrschaft cingestanden ist, wie das große und mächtige Eng- land“. Darauf machen sie das folgende Geständniß: „In unserer bejammernswerthen Lage mußten wir auf den Gedanken kommen, dieses England sei ein barbarishes Volk, denn wir konnten keine8- falls begreifen, daß es in Europa Menschen und Nationen geben könne, welche die Türken diese Pest der christliben und mensh- lihen Kultur vertheidigen und unterstüßen.“ Die Flüchtlinge er- flären fodann, daß sie diesen ihren Irrthum bald eingesehen haben, denn die Vorsehung \{ickte ihnen zahlreihe Söhne und Töchter Groß- britanniens, welche sich ihrer in edelmütbigster Weise an- nahmen. Diese Umstände haben die Flüchtlinge zu der Veberzeuzung gebracht, „daß es im Schooße der englischen Nation edelmüthige, vom Gedanken der Humanität und Christenliebe erfüllte Söhne und Töchter in übergroßer Anzahl gebe.“ Darum wenden h die Flüchtlinge „im Namen der Menschlichkeit und des Christen- thums“ an die große, ruhmreiche und mächtige englishe Nation mit folgender Bitte: 1) Sie möge bei Ihrer Majestät der Königin und Kaiserin, ferner bei den hohweisen Rathgebercn der Krone und der Vertretung der englischen Nation {:1b\t „in geeigneter Weise dabin wirfen, daß in unserem Vaterlande osnien und dessen Schwesterlande Herzegowina eine geregelte und geseßlihe Ver- waltung eingeführt werde, welche geeignet ist, dem bisheri- gen und noch andauernden türkishen Barbarenthume und den damit verbundenen Grausamkeiten ein Ende zu machen und die Woklthaten einer in jedem geseßlich geregelten Staate herrshenden Gleichbereh- tigung aller sciner Bürger au den Bewohnern dieser Länder zuzu- wenden, so daß auch wir zu unseren zerstörten Heimstätten je früher zurückfehren und von nun an wenigstens in Frieden und Ruhe wir- ken und leben können.“ 2) Möge die englische Nation den Flüchtlingen „nah Möglichkeit mit materiellen Hülfsmitteln beispringen“, damit fie bis zur Rückkehr in die Heimat dem Hungertode entrinnen kön- nen. Das Memorandum ist von Paja Gutescha, einem bekannten Slavenfreund und eifrigen Förderer der süd-jlavishen Bewegung, in Agram als Präses des Hülfscomités und von 31 bosnischen Geist- lihen und Ortsvorstehern gezeichnet.“

Bukarest, 11. April. Wiener Zeitungen wird telegra- phish von hier gemekdet : Die Thätigkeit der Türken ist eine außerordentliche. Neuerdings sind 24 Kruppsche Ka- nonen zur Vertheidigung der Donauufer eingetroffen. Gestern wurden in Varna Pferde für sechs Bataillone und Artilleriemunition ausgeschift. Sadyk Pascha {ließt täglih Verproviantirungsverträge ab; 30,000 Säcke Mehl wurden im Laufe dieser Woche nah Widdin befördert, wo mehrere tau- send Soldaten mit der Vollendung der äußeren Vertheidi- gungswerke beschäftigt sind. Die Territorialarmee der Donau-Vilajets steht bereits unter den Waffen. Wie man versichert, wird die gesammte Territorialarmee noch 200 Bataillone liefern.

Wie das „W. Fremdenbl.“ meldet, hat die Pforte auf die Nachricht hin, daß in leßter Zeit Banden von Frei- willigen aus Serbien nah Bosnien ziehen, um den «nsurgenten beizustehen, eine Vorstellung an den Fürsten

ilan wegen dieses neuen Bruchs der Vasallenpflicht gegen den Suzerän gerichtet, aber von ihm die Antwort erhalten, daß er gleich dem Czar vollkommen außer Stand sei, die aktiven Sympathien und patriotischen Leidenschaften seiner Unterthanen zu bewältigen. Es verlautet, daß sich die türki- hen Truppen geweigert haben, eine zu Serbien gehörige tleine Jnsel in der Drina zu räumen. Jhrerseits bestehen die Serben darauf, Zwornik in ihrem Besi zu erhalten. Die Folge ist, daß man sagt, daß die Türken, ins@einend in feindlicher Absicht, wieder gegen Javor marschiren.

_ Belgrad, 11. April. Heute Nachmittags hat das feier- lihe Leichenbegängniß des am verflossenen Donnerstag plößlich verstorbenen diplomatischen Agenten und General- kfonsul Fran kreihs Bersolle stattgefunden. Das diplo- matische Corps, die serbishen Würdenträger, das Dffizier- corps, Beamte und Ange rige der Bürgerschaft wohnten der Leichenfeier bei. Fürst Milan war durh den Adjutanten General Protits vertreten.

Zara, 11. April. Der „Pol. Korr.“ wird telegraphirt : Der Fürst von Montenegro trifft Dispositionen, um eine vou den Türken nah Ablauf des Waffenstillstandes beabsich- tigte gewaltsame Verproviantirung von Niksic zu verhindern.

Cettinje, 4. April. Der drohende Wiederaus- bruch des türkisch-montenegrinishen Krieges wird von der „Vol. Korr.“ folgendermaßen signalisirt :

„Alea jacta- est! Fürst Nikolaus hat heute die montenegriaischen Delegirten in Konftantinopel telegraphisch angewiesen, daß sie auf

den reduzirten und absolut nicht weiter reduzirbaren Forderungen zu beharren haten. Sollte die Pforte si definitiv ablehnend denselben Fuer verhalten. so haben die Herren Bozo Petrovics und Stanko

adonics die türfishe Hauptstadt zu verlaffen. Man glaubt hier, daß nächste Woche unsere Ablegaten hier eintreffen werden. Dann wird der Krieg fortgeseßt werden. Die erften Objekte, auf welche die mon- tenegrinis{en Anstrengungen gerichtet sein dürften, sind Nifksics und Podgorizza. Die erstere Festung wlirde den Duga-Paß den Rer ershließen und die untere Herzegowina denselben zugänglich mahen, die zweite wird die Ebene von Albanien bis Scutari in die Macht des Fürsten Nikolaus legen. Nifksics und Podgorizza sind bereits, wenn* auch nicht in gleich kompleter Weise, cernirt. In einem geftern abgehaltenen Ministerrathe ließ der Fürst die Worte fallen: „Podgorizza und Niksics müssen in unsere Hände fallen.“ Danach werdeu die gesammten Kräfte nah diesen zwei Richtungen dirigirt. Bozo Petrovics wird das Kommando des bei Podgorizza konzentrirten Corps übernehmen. Es ift beute der Befehl an sämmtliche Wojwoden ergangen, am 11. April Mittags ihre Nakbijen zu verlassen, so daß ste bereits am 12. an den Grenzen sein können. Am 12. soll auch der Fürst Cettinje verlaffen und ih zur Inspizirung beider Truppenkörper begeben. Sein Hauptquartier wird er jedo bei der in der Herzegowina kämpfenden Abtheilung nehmen. Der Senat, mit Ausnahme von drei Mitgliedern desselben, begleitet den Fürsten zum Heere. Für Proviant ist gesorgt worden. Aber auch Geld ist dieser Tage angelangt. Man versicbert, der Hospodar verfüge über 80,000 Napoleond’ors, was für die Erhaltung der Armec, die keinen eigentlichen Sold hat, für die Dauer von vier Monaten aus- reichen werde. Man versichert aub, daß es dem Fürsten gelungen sei, einen förmlichen Vertrag mit tem Mirditenkapitän Prenk abzu- \chließen. Die Allianz foll formell bereits perfekt geworden sein. Sind dieje Nachrichten rihtig, woran zu zweifeln kein Grund ift, so verpflihtet der Vertrag den Prinzen Prenk zur Er- greifung der Waffen spätestens acht Tage nah Wiederaus- bruh der Feindseligkeiten zwishen Montenegro und der Pforte. Pren muß mindestens 8000 Mann ins Feld stellen. Eine weitere Stipulation des Vertrages bezieht ih auf den Preis der Allianz. Der junge Preuk wird fein Erbrecht beanspruchen und Montenegro verpflichtet sich, nit früher mit der Pforte Frieden zu \ch{ließen, bis nit dieses Reht von letßterer anerkannt wor- den ist. Weitere Punkte regeln die an die Miriditen zu zahlenden Subsidien, sowie die Verhältnisse zwischen Montenegro und Miriditien. Nachdem der Wiederausbruch des Krieges wahrscheinlich geworden, soll der englische diplomatische Agent, Mr. Monsfon, dessen Bemühungen um den Frieden nicht erfolgreich waren, Cettinje Se Mitte des Monats verlassen und vorläufig nach Ragusa abreisen.

Dänemark. Kopenhagen, 10. April. (H. N.) Die am Montag Abend in Slagelse abgehaltene politische Ver- fammlung war von ungcfähr 1000 Personen besucht. Der Rektor Dahl empfahl unter lebhaftem Beifall die früher er- wähnte Vertrauens-Adresse an das Ministerium. Der Zollkontrolleur Falck aus Korsör theilte mit, daß die Adrefse in Korsör einstimnig angenommen und ichon von vielen Hunderten in der genannten Stadt unterzeichnet wor- den sei. Der Vorsißende Kaufmann Köbner, brachte ein mit Begeisterung erwidertes Hoch auf den König, das Ministe- rium, die Landsthingsmajorität und die Folkethingsminorität aus. Die Adresse wurde von der Mehrzahl der Anwesenden sofort unterschrieben.

12. April. E D BI- Der. König: hat heute unter Bezugnahme auf Art. 25 der Verfassung ein von dem gesammten Ministerium kontrasignirtes pro- visorishes Geseß unterzeichnet , welches die Be- willigung der Einnahmen und Ausgaben bis da- hin“ betrifft, wo „das Finanzbudget für den Zeitraum vom 1. April 1877 bis zum 31. März 1878 erschienen sei.“ Jn der Motivirung heißt es, der König erahte unter Be- zugnahme auf oben erwähnten Artikel der Verfassung und da in der nun geschlossenen Session eine Einigung der Kammern nicht erzielt worden sei, für A, daß durh ein provisorisches Geseh diejenigen Maßregeln getroffen würden, welche das gemeine Wohl zur ungestörten Fortseßung der Staatsverwaltung erheishe. Das Gesey ermächtigt die Re- gierung, die erforderlichen laufenden Ausgaben nach den bis- herigen Regeln zu bestreiten, jedo mit der Bestimmung, daß jowohl die Hauptsumme, wie die einzelnen Etatposten die Li Reichstage gemachte Regierungsvorlage nicht überschreiten ürfen.

Das Ministerium hat anläßlich des provisorischen Einnahme- und Ausgabegeseßes ein Memorandum ver- öffentliht. Jn demselben wird das Vorgehen des Folkething ausführlich dargestellt und darauf hingewiesen, daß das- selbe dem Ministerium zuleßt das Gehör verweigert und eine Vereinbarung in der zu Ende gegangenen Session ganz unmöglich gemacht habe. Der Kernpunkt des Streites zwischen der Krone und dem Folkething sei der sogen. Parlamentarismus des leßteren, durch welchen der König in der freien Wahl seiner Rathgeber beschränkt, die Gleichberechtigung des Landsthing aufgehoben und ein Umsturz der verfassungsmäßigen Vertheilung der Gewalten herbeigeführt werden würde. Pflicht des Königs sei es, sih, scinen Regierungsnachfolgern und der Verfas- sung gegenüber, deren Hüterin die Königliche Gewalt jein müsse, solhe Versuhe zurückzuweisen und das Ministerium würde pflihtwidrig handeln, wenn es des ihm vom König zur Führung der RNegierungsgeschäfte ertheilten, gewiß nicht lockenden Auftrags si gegenwärtig entledigen wollte. Auch cine Auflösung des Folkething erscheine niht als ein geeigneter Ausweg, da hierdurch, ent- gegen der Verfassung, eine Aenderung der leßteren lediglich in die Hände der Wähler des Folkething gelegt werden würde. Den gegenwärtigen Fall, daß das Finanz- geseß an der Uneinigkeit der beiden Kammern scheitere, habe die Verfassung nicht vorgesehen, ein proviforisches Finanzgeseßz sei daher der einzige Ausweg geblieben. Die Bestreitung der Gesezmäßigkeit desselben würde die Behauptung involviren, daß die Verfassung bereits gesprengt worden sei. Das erlassene provisorische Geseß beshränke sich nur auf das Nothwendigste, weil das Ministerium die Wiederkehr regulärer Zustände zu erleichtern wünsche.

Amerika. New - York, 10. April, Abends. (A. A. C.) Jn Uebereinstimmung mit den von dem Präsidenten Hayes erlassenen Anweisungen räumten heute Nachmittag die Bundestruppen das Staats- gebäude von Columbia, der Hauptstadt von Süd- Carolina. Mr. Chamberlain, der republikanische Gouverneur, hat eine Adresse erlassen, in welcher er erklärt, rr sei zwar zum Gouverneur des Staates gewählt worden, sei aber in Folge der Entscheidung des Präsidenten Hayes außer Stande, seine Rechte aufrecht zu erhalten und gebe demna den Kampf auf. Der Zwiespalt der Parteien in

Süd-Carolina findet mithin dadur ein Ende.

New - Orleans, 9. April. (X A. C) Die Spezial-Kommission hat verschiedene Delegationen empfangen und in Erwiderung auf deren Vorstellungen er- flärt, daß die Vereinigung derjenigen Mitglieder der demo- kratishen und republikanishen Legislatur, deren Wahlen un- angefochten sind, in eine einzige geseßgebende Versammlung a als das beste Mittel zur Schlichtung aller Streitigkeiten erscheine.

Asien. Persien. Teheran, 24. März. (Alg. Ztg.) Melik Mirsa is zum Oberbefehlshaber des persischen Observationscorps ernannt worden. Das Hauptquartier befindet sich in Choi. Jm persishen Generalstabe find 36

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europäische Offiziere angestellt.

Die Nr. 14 des „Justiz-Ministerialblatts" enthält die Allgemeine Verfügung vom 7. April 1877, betreffend die Gesuche der Justizbeamten um Versetzung.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standes-Aemtern in der Woche vom 1. April bis incl. 7. April cr. zur Anmeldung gekommen: 442 Ghe- \{chließungen, 763 Lebendgeborene, 36 Todtgeborene, 486 Sterbefälle.

Der für Stempelmarken, gestempelte Wechselblankette, Pro- messenscheine und Eisenbahn-Frachtbriefe, dann für Stempelung von Spielkarten, Kalendern und Zeituvgen in den im österreichischen Reichsrathe vertretenen Ländern eingegangene Gebühren- betrag beziffert sich für 1876 im Ganzen mit 17,162,901 F[., ift daber gegen die gleichartige Ginnahme des Vorjahres um 997,306 Fl. gleich 6,17 %/9 höher. Von dem Gefammtergebnisse entfallen auf. die Stempelmarken 14,631,580 Fl. (— 97,349 FL.), Wechselblankette 1,224,907 Fl. (4+ 1,078,815 Fl.), Promefssen- heine 63,655 Fl. (4+ 1301 FTl.), Spielkarten 163,216 Fl. (— 6116 FL.), Kalender 142,447 Fl. (— 473 Fl.), Zeitungen 926,697 Fl. (+ 27,820 Fl.), Eisenbahnfrachtbriefe 10,399 Gl. (— 6692 Ss Die von der Nationalbank, den Eisenbahn- und Dampfscbiffa rts-Unternehmungen, Sparkassen, Kredit-, Cskompte-, dann Versicherungsanstalten “und ähnlichen Instituten für gegebene Vorschüsse, Aufnahms- und Nersicherungs-Urkunden, statutenmäßig geleistete Einlagen, eingelöste Checks, erfolgte Pensionen, sowie für ausgefebene Fahr- und Frachtkarten im Jahre 1876 entrichteten un- mittelbaren Gebühren betrugen 3,139,574 Fl., daher gegen das Er- gebniß des Vorjahres um 1,033,661 Fl. weniger.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Heidelberg, 10. April. (Schw. M.) Auf dem Terrain des akademischen Krankenhauses hat man beim Umgraben einen wohl- erhaltenen runden römischen Brennofen für Töpfergeschirr ge- funden. Für seine Echtheit sprechen die vielen Scherben antifen Geschirrs. welche man daselbst nebst Thierknochen und alten Münzen gefunden hat.

Gewerbe und Handel.

Nah dem Geschäftsbericht der Aktien - Gesellschaft für Baumaterial Birkenwerder ergab sih ein Bruttoverdienst von 132,412 4, dazu treten für Miethen der Grundstücke Schiff- bauerdamm und Albrectstraße 17,230 4. und ein Saldovortrag von 1875 mit 6656 M4, in Summa 156,299 A6. Hiervon wurden gezahlt: an Hypothekenzinsen 60,823 H, an Handlungsunkosten 26,659 H, an Reparaturbauten 11,013 #4, ferner ein Coursverlust an Cffekten mit 67 Æ, eine zweifelhafte Forderung mit 3024 ., so daß ein Gewinn von 54,711 M verblieb. Derselbe ist mii 22,527 M zu Ab- schreibungen auf Gebäude, Maschinen, Inventarien 2c., ferner mit 32,183 Æ zu Abschreibungen auf Grundstücke und mit 1643 6. zu Vortrag auf neue Rechnung verwendet.

Die Handelsausweise des Britischen Handels8- amtes für den Monat März zeigen eine Abnahme in der Ausfuhr um 449% gegen März 1876 und um mehr als 85 “/6 gegen März 1875. Der Gesammtausfuhrwerth des Monats betrug 16,920,930 L gegen 17,739,101 £ im Vorjahre und 18,606,223 £ in 1875, Der Gesammtausfuhrwerth des 1. Vierteljahres 1877 ift 47,260,755 £ gegen 50,876,118 £ im Vorjahre und 53,060,239 £ vor zwei Jahren. Der Einfuhrwerth des Monats war 35,229,598 & gegen 27,451,253 £ im Vorjahre (Zunahme 21/6) und 30,920,747 £ in 1875 (Zunahme über 12%/). Der Gesammtein- fuhrwerth des 1. Vierteljahres war 99,071,417 £ gegen 91,905,097 £ im Vorjahre und 89,221,940 £ in 1875. Die Go ld- und Silbereinfuhr im März belief sih auf 2,623,102 £ gegen 9 978,000 £ im Vorjahre und 2,236,793 £ vor zwei Jahren. Die Golde und Stlbexesuhr:. 1m 1, Bierteliahre war 6,452,549 £ gegen 6,477,777 £ im Vorjahre und 7,564,807 £ in 1875. Die Gold- und Silberausfuhr im März endlich war 3,559,866 £ gegen 1,799,514 £ im Vorjahre und 2,091,124 £ vor zwei Jahren. Die Gold- und Silberausfuhr im 1.Viertel- jahre war 10,721,087 £ gegen 5,548,675 £ im Vorjahre und 7,730,950 £ in 1875.

Die „New-York. Hd.-Z.° äußert sih in ihrem rom 30. März datirten Wochenberichte über die allgemeine Ge- \chäftslage folgendermaßen: Daß eine langsame Besserung Flat greift, ist Thatsache. Es läßt fich aus den verschiedenen Berichten (aus den Hauptpläten der Union) s{ließen, daß während der leßten Wochen eine bescheidene Zunahme des Volumens der Geschäfte statt- gefunden, daß die Industrie des Landes langsam anfängt, wieder Lebenszeihen von sich zu g ben und daß \ch{ließlich Preise ailer Werthe sich mehr und mehr der Hartgeld-Basis nähern. - Einer gra- duellen Besserung darf man demnach wohl entgegensehen. Der Geldstand blieb flüssig. Im dieswöchentlihen Goldmarkt beschränkten \sih Fluktuationen auf t °/9, zwischen 4}—5, mit leute- rem Course als S(lußnotirung. Die Tendenz war durcgehends fest. Am Waaren- und Produktenmarkt hat sih die Situation niht wesentli verändert, und ist auf eine Besserung permanenter Natur wohl kaum eher zu renen, als bis die den politishen Ho- rizont trübenden Wolken verschwunden sein werden. íIn sämmt- lihen Häfen der Union betrugen die Baumwollzufuhren feit Beginn der Saison (1. September 1876) bis dato 3,704,749 Ballen gegen 3,743,849 Ballen in der Parallelperiode des Vorjahrs. MRaf- finirtes Petroleum eröffnete in steigender Tendenz und wurde bis Montag eine Avanz etablirt, die jedoch seitdem bei vermindertem Exportbegehr größtentheils wieder verloren ging; rohes Petroleum weist troß der Berichte über Erbohrung neuer Quellen keine wesent- liche Preiserniedrigung auf. .

Verkehrs-Anstalten.

Triest, 13. April. *(W. T. B.) Der Lloydpostdampfer „Austria" ist gestern Abend aus Konstantinopel hier eingetroffen.

New-York, 12. April. (W. T. B.) Dir Hamburger R Ler „Suevia* ist heute Morgen s Uhr hier cinge- roffen.