1877 / 99 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Apr 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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Lehrer und 1658- Schüler, die 16 Seminare für Lehrer und die 2 Seminare für Lehrerinnen 1853 männliche und 94 weibliche Zög- linge, die niederen te{chnishen Bildungsanfialten 97 Lehrer und 1010 Sœhüler, die 2116 öffentlichen Volksschulen (2073 evang., 43 kathol.) 5015 Lehrer (4928 evang., 87 kathol.), 441,393 Volkëschüler (435,684 evang., 5215 fathol. und 494 andere Konfessionen).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

München, - 26. April. (Allg. Ztg.) In der Königlichen Erzgießerei hierselb ist von heute an bis nächsten Sonntag die zur Bekrönung des neuen Opernhauses in Dresden beftimmte kolossale Quadriga Bacchus und Ariadne, gezogen von vier

anthern zur Besichtigung ausgestellt. Die 18 Fuß hohe Figurengruppe ist von Hrn. Profesor Schilling in Dresden modellirt und von Hrn. Inspektor von Miller und seinen Söhnen in Erzguß ausgeführt ein im Einzelnen wie im Ganzen vollende- tes Kunstwerk ersten Ranges.

Paris, 22. April. Das „Journal officiel“ veröffentlicht einen Bericht über die während des Jahres 1876 ausgeführten wissen- schaftlichen Reisen, aus dem hervorgeht, daß für Europa 24, für Afrika 7, für Asien 7, für Amerika 5 und für Oceanien 2 Mis- fionen thätig waren, Die Nacbforshungen der Reisenden betrafen die Archäologie, die Naturgeschichte, die Anthropelogie, die Medizin, die Statistik, die vergleichende Geseßgebung, die vergleichende Ge- cite der Religionen, die Philologie, die Geographie, die Geodâsie und die Astronomie; außerdem Nachforschungen in Archiven und Bibliotheken. -

Athen, 15. April. (Allg. Ztg.) Das französische archäo- logische Institut hat eines seiner Mitglieder nah Delos ab- geordnet, um die dortigen Aus8grabun g8arbeiten zu leiten. Die griechische Regierung hat die crforderliche Erlaubniß bereitwilligst gewährt.

(St. Pet. Hcrold ) Der \{wedisc{e Lieutenant Sandberg, der im vergangenen Jahre auf eigene Kosten eine Expedition nach der Halbinsel Kola und in das Weiße Meer unter- nommen hatte, hat gegenwärtig “der s{wedischen Regierung folgendes Projekt zu einer neuen Grpedition vorgelegt: Ein russisber Ein- wohner von Archangelsk, der Sandberg auf seiner vorjährigen Erpedition begleitet hatte, so lautet das Projekt, begiebt sich jeßt zu Lande zur Murmanschen Küste und beginnt mit der Anlegung von Kollektionen. Ein kleiner, nicht tiefgehender Dampfer trifft dann, für eine fünf- monatliche Fahrt ausgerüstet, Aufang Mai auf Kola aus Hammer- fest oder Tromsoe ein. Die Erpedition, die aus drei Zoologen, einem Konfervator und einem Botaniker besteht, begiebt sich Ende April über Christiania und Drontheim ünd weiter auf einem russishen Dampfer nah Kola. Auf mehreren Punkten sollen afstro- nomische Bestimmungen gemacht, die Höhen gemessen, zoologische und botanische Untersuchungen angestellt werden. Ein Zoolog auf dem Damvfer wird die Flora und Fauna der angrenzenden Meere unter- suchen. Die gesammelten Kollektionen werdeu dem königlichen natur- biftorishen Museum übergeben, welches einen Theil derselben dem St. Petersburger Museum abtritt, als Dank für die den \{chwedischen Naturforshern von der rufsishen Regierung gewährte Förderung. Die Ausgaben -für die Erpedition hat E Sandberg auf 8000 Rbl. verans{lagt und petitionirt bei der \{chwedischen Regierung um eine Subvention von 10,0090 Kronen (ca. 4000 Rbl.).

Von dem Prachtwerk „Bilder aus Elsaß-Lothrin- gen“ (Stuttgart, Paul Nef), das dem Publikum ein Bild aller hervorstehenden Eigenthümlichkeiten des Landes in Land- schaft, Architektur, Tracht, Volkstypen u. \. w. geben soll, ist soeben wieder eine Doppellieferung (9 u. 10) ausgegeben. Dieselbe führt im Text von Weißenburg über Lüßelstein, Zabern und Colmar nah Straßburg und enthält wieder eine Fülle prahtvoller JUustrationen. Darunter sind 6 große Vollbilder (Weißenburg, der weiße See, Ernte vor der Ruine Plixburg bei Colmar, Gerberstraße in Met, Stadtwappen von Straßburg, aus dem Chor des Straßburger Münsters) in Tondruck, außerdem 16 Text - Illustrationen. Der die Abbildungen begleitende Tert von Karl Stieler steht auf der Höhe des Gegenstandes und der früheren Leistungen des Autors. Das Werk soll im Ganzen aus 15 Lieferungen bestehen, jede Lieferung Tostet 1 M 25 S.

Laud- und Forftwirthschaft.

__ Wegen der in Hamburg stattfindenden Frübjahrsrennen fallen die Nennen in Hoppegarten mergen aus, so daß die Fortsetzung des Frübjahrs-Meeting an den folgenden Sonntagen 6., 13., 20. und 27. Mai stattfindet.

Gewerbe und Handel.

_Nach dem Geschäftsberiht der Berlin - Anhaltischen Eisenbahn-Gesellschaft für 1876 ift das Stammkapital im Bestande von 51,750,000 #4 unverändert geblieben. Die ältere Prioritäts\{uld, im Betrage von 25,500, #, ift bis. auf 20,112,000 Æ abgetragen. Die neuen 30,000,000 4 Prioritäten sind erst zum Theil begeben, und der Betrieb hat an Zinsen auf die neuen Prioritäten 138,970 “zu leisten gehabt. Die Einnahme hat betragen: 15,540,606 M gegen 16,870,949 Æ im Jahre -1875. Da- von fallen auf den Personenverkehr 5,335,346 M gegen 5,619,595 M im Jahre 1875; auf den Güterverkehr 9,302,809 M gegen 9,912,155 M4 im Jahre 1875; auf sonstige Einnahmen 902,451 # gegen 1,339,198 (4 im Jahre 1875. Von den Einnahmen sind verausgabt : für Dividende 3,105,000 Æ gegen 4,140,000 M in 1875, für Eisen- bahnsteuer 143,750 Æ gegen 420,468 MÆ. in 1875, für Verzinsung und Amortisation der alten Prioritäten 1,275,000 A gegen 1,275,000 4 in 1875, für Verzinsung der neuen Prioritäten 138,960 M, für Erweite- rung der Bahnanlagen, Vermehrung der Transportmittel 2c. exkl. des aus dem Erneuerungéfonds Beschafften 235,601 4 gegen 241,921 M in 1875, an den Erneuerungsfonds 1,507,155 M gegen 1,444,835 A in 1875, für den Betrieb inkl. Unfallfonds und unvertheilbarer Ueber- {uß 9,135,140 gegen 9,348,724 M in 1875.

In der Generalversammlung der Berliner Viehmarkt- Aktien-Gefellshaft stellte der Aufsichtsrath den Antrag, von dem Reingewinn per 475,263 #4 zur weiteren Konsolidirung des Unternehmens noch 180,000 #6 zu Abschreibungen zu verwenden, demnächst 30,000 M als Remuneration für den Vorstand und Ver- waltunasrath Angesichts der außerordentlichen Mühewaltungen diefer beiden Organe anzuweisen, dann 49/4 Dividende zu vertheilen und den Rest von 10,263 M vorzutragen. Der Antrag wurde angenom- men. Den letten Gegenstand der Tage2ordnung bildete die Be- sprehuna der \{chwebenden Verhandlungen wegen eines Verkaufs der aanzen Viehhofsanlagen an die Stadt. Es wurde {ließlich eine Resolution -genehmigt, welche die Annahme dcr Propositionen der städtishen Behörden für unmöglich erklärt und den Gesellshafts- Vorständen anheim giebt, in wie weit sie überhauyt die Verhand- lungen weiter fortzuschen für geeignet halten.

-— In der gestrigen außerordentlichen Generalversammlung der Magdeburg Halberstädter Eisenbahn wurden die beiden Anträge der Gesellschaftsvorstände wegen Modifikation der Alten- bekener Betheiligung, sowie wegen Wiederaufnahme des Magdeburg- Erfurter Bahnbaues angenommen.

Nach dem Geschäftsberiht der Transatlantischen Güterversicherungs-Gesellschaft in Berlin über das Ge- \chäftsjahr 1876 ift die Prämieneinnahme aus 25,877 Versicherungs- abs{lüfsen, gegen 21,421 im Vorjahre, hervorgegangen. Es trafen die Gesellschaft im abgelaufenen Geschäftsjahre 1429 Scadenfälle inkl. 113 Totalverluste, wovon noch 206 Fälle inkl. 25 Total- verluste am Schlusse des Jahres unregulirt blieben; für die \{we- benden Schäden, wie auch für die Ende des Jahres noch nicht ab- gelaufen gewesenen Risikos sind Reserven vorgetragen und 39,000 Æ. Ertrareserve zurückgestellt worden. Die Generalver- fammlung beschloß, den Reingewinn von 172,294 #4. folgendermaßen zu vertheilen: 12,45% an den Kapital-Reservefonds mit 21,450 M, 15% Lantième an Verwaltungsrath und Vorstand mit 25,844 #, 163°%/6 des baaren Einschufses als Dividende mit 125,000 A.

Die Berliner Land- und Wasser-Transport-Ver- siherungs8-Gesellshaft hielt am 27. d. M. die ordentliche diesjährige Generalversammlung ihrer Aktionäre ab. Aus dem Reingewinn werden an die Aktionäre 20%/6 des eingezahlten Kapitals als Dividende vertheilt.

Von der „Leipziger Messe" \{hreibt man dem „Dr. Journ.“ unter dem 27. April: Für die Rauchwaarenbranche war der Gang dé¿r Geschäfte besser, als man erwariete. Nerze, die

in den Londoner Auktionen im Preise wieder e#was gewih n, wurden der Billigkeit wegen viel gekauft. Bisam, Bibêr, Schuppen nnd französise Kanine, die momentan gleichfalls preiswürdig, wurden ziemlich viel erstanden. Franfkreich trat wie immer als Käufer für Zobel, Skunks, \{warze Perfianer, s{hwarze Kaßen und Feeh auf. Bieper-, Räder-, bunte und {warze Kaßen sind von Ungarn, Oester- reich und von deutschen Kürschnern viel gekauft, und räumte fih dieser Artikel am Plate vollständig. Für Wildwaaren, wie Fütse, Marder und Otter, wurden der niedrigen russishen Valuta wegen keine den FERe erzielt; bis auf einige Posten ist Alles verkauft. Dié esse in Manufakturwaaren verlief sehr kurz; in circa vier bis fünf Tagen war der Haupteinkauf vorbei. In den ersten paar Tagen wurden in Folge des. warmen Frühjahrs- wetters leihte Sommerstoffe zu billiger Waare willig verkauft. Jn Mohairs waren Borduren und Matelassés gesucht, leßtere niht genug am Plate, um dem Bedarf zu genügen. Ebenso ging es mit Ds, die besonders von süddeutshen Käufern bevorzugt wurden. [8 Hautes Nourveautés gelten Travers. Die Preise sämmtlicher Artikel waren mäßig.

Wien, 28. April. (W. T. B.) In der beutigen General- versammlung der Lemberg-Czernowiß-Jassyer Eisenbahn- gesellf haft wurde bes{lofsen, sowohl den Prioritätencoupon, als auch den Afktiencoupon mit 5% Silber einzulösen. Ferner wurde ein Telegramm des rumänischen Finanz-Ministers verlesen, in welchem derselbe erklärt, daß die rumänische Regierung die in den Händen der Gesellschaft befindlitße Anweisung von 1,783,852 Fres.

zur Zeit nicht ciulösen könne.

London, 26. April. (E. C.) Die Kohblengrubenbesißer von West-Lancashire haben angezeigt, daß sie vom 17. Mai an den Lohn ihrer Arbeiter um 10% herabseßen werden. Die

Maßregel wird etwa 40—50,000 Mann betreffen.

Verkehrs-Anstalten.

Die Nachweisung über den Betrieb der Großherzoglich badishen Staatseisenbahnen und der unter Staats- verwalung stehenden badischen Privateisenbahnen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1875 weist am Ende des Jahres 1875 eine Gesammtlänge von 1,152 Kilometern auf. Die Ausdehnung des Bahnnetzes betrug Ende 1874 1,127 Kilometer. Im Laufe des Jahres 1875 kamen hinzu: am 1. Januar Denzlingen- MWaldkirch, am 22. April Oberlauchringen-Stühlingen. 767 Kilo- meter haben „einfahes“ Geleise. Von obigen 1,152 Kilometern sind 1,026 Staatsbahnen, 26 gepächtete Strecken und 99 Pri- vatbahnen. Auf preußishem Gebiete liegen davon 20, Anf badischem Gebiete liegen von auswärtigen Bahnen 55 Kilometer der wärttembergishen und 6 Kilometer. der s{hweizerishen Bahnen. Der Verkehr und Ertrag gestalteten sih folgendermaßen: Personen wurden 10,732,202 gegen 12,177,362 im Vorjahre und Güter 3,281,109,965 gegen 3,414,135,300 Kilogramm im Vorjahre beför- dert: Die Gesammteinnahmen beliefen sich auf 29,716,181 A gegen 29,884,640 A im Vorjahre. Die Ausgaben betrugen 18,477,584 M Der reine Ueberschuß

gegen 17,391,340 Æ im Vorjahre.

betrg 11,238,596 Æ (62,18% der Gesammteinnahme) gegen 12,493,299 Æ im Vorjahr. Das verwendete Anlage- tapital der Staatsbahnen (eins{ließlich der Betriebsmittel,

Reservestücke und Einrichtungsgegenstände) belief sich auf 327,194,155 #4 und dasjenige der Privatbahnen auf 9,112,853 #, im Ganzen also auf 336,307,008 6. oder pro Kilometer Bahnlänge 298,592 4 Bei Beginn des Jahres waren 341 Maschinen und 332 Tender vor- handen. Am Sthlusse des Jahres bestand der Gesammtvorrath aus 368 Maschinen. Der Wagenpark umfaßte am Swlusse des Jahres 6852 Stück (gegen 6796 am Ende des Jahres 1874), und zwar hin- sihtlih der Gattungen 994 Personenwagen und 2470 gedeckte Gü-

terwagen.

Triest, 28. April. - (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Ju- piter“ ist gestern Abend 10 Uhr mit der ostindishen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

New-York, 27. April. (W. T. B.) Der Dampfer „Den=*“ mark“ von der National - Dampfschiffs - Compagnie

(C. Messingsche Liaie) ist heute hier eingetroffen.

Verlín, 28. April 1877.

Kiel, 28. April, 10 Uhr 30 Minuten Vormittags. Die Post aus Christiania vom 26. ist heute ausgeblieben.

Wien, 27. April, 5 Uhr 30 Min. Nahm. Der Poft- verkehr mit der Türkei über Rustshuk-Varna ist unterbrochen. Brief- und Fahrpostsendungen nach der Türkei werden über Triest befördert, von wo ein Eilschiff jeden Sonnabend 2 Uhr Nachmittags abgeht.

In der permanenten Aus stellung des Vereins Berliner Künstler, Kommandantenstraße 77/79 hierselbst, ist jeßt für kurze Zeit die Adresse ausgestellt, welche der Verein Sr. Majestät dem Kaiser anläßlih Allerhöchstseines 80. Geburtstages gewidmct hat. Die Aguarellen sind nach dem Entwurfe des Direktors von Werner ausgeführt von den HH. Breitbach, Ehrentraut, Döpler juu., Sfkarbina und Schrödl. Die Metallarbeiten zu dem ges{mackvollen, von Hrn. Collin gearbeiteten Albumdeckel find aus der Silberwaaren- fabrik von Vollgold und Sohn hervorgegangen.

Wiesbaden, 26. April. (Rhein. Courrier.) Die gestrige von Dilettanten aus dea vornehmsten hiesigen Gesellschaftskreisen zum Besten des Niederwald-Denkmals veranstaltete Extra- vorstellung war troß der doppelten Eintritt#preise eine außer- ordentlich stark besfuchte und mit vielem Beifall aufgenommene. Se. Majestät der Kaiser und Ihre Königliche Hoheit die Groß- herzogin von Baden wohnten der Vorstellung von Beginn bis zum Schlusse bei und wurden bei Ihrem Eintritt von dem ge- fammten -Publikum jubelnd begrüßt. Die lebenden Bilder, welche gebcten wurden, waren ganz eigenartig und theilweise von blendender Schönheit. Die begleitenden poetishen Worte waren verfaßt und vorgetragen von Hrn. Ober-Regifsseur Schultes, im mittelalterlichen Heroldsgewande. Der patriotishe Geist, welcher diesen Worten innewohnte, fand lebhafte und herzliche Zustimmung im ganzen Publikum, steigerte sich im Laufe des Abends mehr und mehr und erreichte seinen Gipfelpunkt am Schlusse des Abends bei dem Sichtbarwerden des Germania-Denkmals, z1 welchem die „Wacht am Rhein“ gespielt wurde. Als hierauf das Orchester die Nationalhymne intonirte, erhob fich das gesammte Publikum von den Pläßen und brahte am Schlusse ein dreimaliges Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König aus. Alle Blide waren auf die Kaiserliche Loge gerichtet, von mbe Se. Majestät mit huldvollem Danke die Ovation entgegennahmen. Eines der anmuthigsten Bilder, welches sehr zu Herzen sprach, war die „Nückkehr deutscher Landwehr in ein thüringishes Dorf (1871)*.

__ Biberach, 20. April. Der „Staats-Anz. f. Württemberg" be- richtet: Vor zahlreiher Gesellschaft hielt vor einigen Tagen Hr. Rektor Speidel einen Vortrag über den Dichter und Schriftsteller Chr. Martin Wieland, der im Jahre 1733 in dem nahen, damals zum Biberacher Reichsstadtgebiet gehörenden, Oberholzheim geboren, in Folge der baldigen Uebersiedelung der Eltern in die hiesige Stadt ¡eine erste Jugend (1733—47) hier ¿ubrachte, später als Jüngling

noch manche Zeit hier verweilte und sodann von 1760—69 als Kanzleiverwalter von Biberach fungirte. Der Vortrag behandelte das Leben und Wirken Wielands, sowie dessen Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Literatur. Im Anschluß an den Vortrag führte sodann Hr. Prof. Müller aus, daß Biberach es als Ehren- pfliht ansehen sollte, dem Dichter ein einfahes Denkmal auf einem der hiesigen öffentlichen Pläße zu seßen. Die Versammlung erklärte sich einverstanden und seßte sofort ein Wieland-Comitè nieder, das Schritte in dieser Sache thun wird.

(A. A. C.) Na Berichten aus Teheran vom 25. ds. ist die Pest in Rest aufgetaucht, wo sie täglich drei oder vier Opfer for- dert. Es sind bis jeßt 24 Grkrankungsfälle vorgekommen, von denen 16 einen tóödtlihen Ausgang nahmen. Man befücchtet, die Sterb- lichkeit dürfte sih vergrößern, weshalb von der persishen Regierung Sanitätsmaßregeln getroffen werden. Dem Berichte des Gesund- heitsbeamten in Bagdad zufolge sind in dem Zeitraum vom 16. bis 23. ès. daselbst 176 Todesfälle dur die Pest eingetteten. 4 . Fs

71 Amsterdam, 24. April. (Leipz. Ztg.) Unter dem Vorsiße des Prinzen Heinrich der Niederlande hat in dem Palast Sr. Königlichen Hoheit im Haag vor einigen Tagen die erste Versammlung des niederländish - afrikani- schen Comités stattgefunden, welhes si{ch im Anschlusse an den internationalen Verein für Erforschung und Kul- tivirung Central-Afrikas gebildet hat, der im Jahre 1876 auf dem in Brüfiel De geographischen Kongresse unter dem Pro- teltorate des Königs der Belgier gegründet worden. Das Haager Comité bes{chloß, Behufs möglichst kräftiger Beförderung dieses Unter- nehmens sofort Schritte zu thun, damit in allen größeren Städten des Landes Lokalkomités als Zweigvereine des niederländisch-afrikani- schen Comités errihtet würden. 2

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Oporto 18. April. (Allg. Ztg.) Ohne Befehle von Lissabon abzuwarten, hat die portugiesische O e rde zur Beruhigung der öffentlihen Meinung in Angola die Ausgrabung der Leiche des Dr. E. Mohr und deren Ueberführung nah Loanda verfügt. Dort wurden die Eingeweide herausgenommen und nah Lissabon gesandt, wo sie im Laboratorium der Sociedade Pharma- ceutica einer torikologis{en Prüfung unterworfen werden. Aus Barra Mansa in Brasilien wird der Selbstmord des portu- gi:sischen Afrika-Reisenden Travassos Valdez gemeldet. Die Früchte seiner Reisen und Beobabtungen veröffentlichte er in dem Werke „Six years of ‘a travellers’ lite ia Westeru Africa“ (2 Bände. London 1861).

Theater.

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Im Stadt-Theater gastirte gestern in „Ultinmo" Hr. Eylert vom Stadt-Theater zu Augsburg als „GeorgRichter“. Der Gast, welcher mit ansprehendem Aeußern und wohltlingendem Organe gewandtes Spiel und frishen Humor verbindet, erzielte lebhaften Beifall und wurde, wie die übrigen trefflichen Darsteller, mehrfah durch Hervor-

ruf ausgezeichnet. Heute Abend wird Hr. Sylert ‘als „Assessor Walter“ in „O, diese Männer !* gastiren.

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Im Laufe dieser Woche werden im Belle-Alliance - Theater die Debuts einiger neu engagirter Mitglieder stattfinden. Es sind dies die HH. Bojock vom hiesigen Stadt-Theater, Felir vom Stadt-Theater zu Aachen und Trendies vom Stadt-Theater zu Bremen. Die Künstler werden auftreten in den Stücken „Das Ge- fängniß", „Rofenmüller und Finke“, und „Die deutschen Komödianten“.

Am Donnerstag veranstaltete Hr. Waldemar Mever im roßen Saale des Grand Hotel de Rome ein Konzert, bei welchem Srl. Julie von Arelson aus Stockholm und die Herren Joh. Elm- lad und Dr. Otto Neitel mitwirkten. Das Programm war gut gewählt. Den Anfanz machte das Konzert Nr. 6 in &-moll von Spohr, welches von dem Konzertgeber und Hrn. Dr. Neißel recht ge- Tungen sowohl in der technischen Ausführung wie in der Auffassung zu Gehör gebracht wurde. Der ersté Saß des Musikstücks, das „Recitativ“, erscheint etwas in die Länge gezogen, während die beiden anderen, das „Andante“ und das „Allegro“, ganz die feinsinnige elegante Art und Weise Spohrs zeigen. Die Hauptaufgabe fällt hier der Geige zu, während das Klavier, nur accompagnirend, mehr zurück- tritt. Hr. Meyer bewies sich als tüchtiger Geiger und geschulter Musiker. Sein Spiel ist solide, frei von aller Manier und wohl- gebildet. Außer dem Spohrshen_ Konzert spielten die beiden Herren zum Schluß die große Sonate in A-dur von Raff, die bedeutendste Nummer des Programms. Das interessante geistvolle Musikstück gab auch Hrn. Dr. Neißel Gelegenheit, sih als gewandten und begabten Klavierspieler zu bewähren. Der Konzert- geber trug außerdem zwei noch ungedruckte Kompositionen von Alex. Böhmer vor: eine „Rhapsodie“ und ein „Scherzo capriccioso“. Die übrigen Nummern des Programms bildeten Gefangspiecen. Frl. von Arelson sang einige Lieder, unter denen besonders die beiden schwedischen Nationallieder Beifall fanden. Die cue Dame ge- bietet niht über hervorragende Stimmmittel, doch bekundet ihr Ge- fang sorgfältige Schule und vorgeschrittene Technik. Hr. Elmblad trug die Shumannsche Komposition der „Löwenbraut“ vor. Der sonore, edle Klang seiner trefflih gebildeten Stimme und die ge- Tungene Vortragsweise brachten das charakteristishe Tongemälde zu voller Geltung.

Zwischen der Direktion der Großen Berliner Pferde- eisenbahn - Aktiengesellschaft und der Verwaltung des lora- Etablissements ift ein Vertrag dahin zum Abichluß gekommen, daß die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft von allen Punkten der Ring- bahn und vom Monbijouplaß aus Billets ausgiebt, welche zur Hinfahrt nah Charlottenburg zum Besuch des Flora-Etablissements und zur Rückfahrt nach dem Monktjoupias, resp. zurn Brandenburger Thor (gegenüber der een on erehtigen. Der Preis dieser Billets if 1 M. pro Stück und werden dieselben vom 1. Mai ab ausgegeben. Eine Nachzahlung an der Kasse des Flora-Etablifsements ift von den Inhabern solcher Billets nicht zu leisten.

Redacteur: F. Prehm. Berlint

Verlag der Expedition (Kessel). Druck:; W. Elsner

Fünf Beilagen (¿in\schließl:ch Börsen-Beilage).

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Nichtamtliches. Deutsches Neis.

Berlin, W. April. Jn der gestrigen Sißung es Reichstags nahm in der zweiten Berathung ¿her den Gesehentwurf, betreffend die Erhebung ¡ner Ausgleihungsabgabe, der Bevollmächtigte zum undesrath Handels-Minister Dr. Ahenbach nah dem Abg. Dr. Braun wie folgt das Wort:

Meine Herren! Auch ich bin der Ansicht, daß Jeder, welcher rufen ist, über diese wihtige Vorlage abzustimmen, sich der Kon- equenzen bewu t fein möge, welche aus seiner. Abstimmung folgen verden. Die Regierungen befinden \fich dem Reichstage gegenüber, weit die Stmung aus den gehörten Reden zu erkennen ist, in iner ganz eigenthümlihen Lage. Wir haben Ihnen mitgetheilt, daß n Jahre 1876 der französischen Regierung bestimmt eröffnet ist aß, wenn e rücksihtlich der Ausfuhrprämien nicht. eine Aenderung ntreten lassen werde, wir genöthigt seien, unsererseits Aus- leihung8abgaben zu erheben. Von den Gegnern der Vor- ge wird, indem fie über nationale Politik reden, qnz einfa diese Thatsache ignorirt. Die Mittheilung wird so auf- faßt, als wenn gewissermaßen der franzöfischen Regierung gegen- her ein Scherz ausgesprochen sei. Ich frage aber, wenn in der That er hohe Reichstag eine nationale Politik verfolgen will, ist es da iót unangemessen, mit Rücksicht auf diese Aeußerungen die Reichs- gierung und um sie handelt es sich dabei einfah im Stich zu aften ? ) Wenn wir dann ferner sagen, wir bedürfen dieser Vorlage auch vesentlich darum, um Stüßpunkte zu gewinnen, unsere bis- herige gemäßigte Handelspolitik weiter fort entwickeln zu kön- en, so’ wird uns von der anderen Seite ganz einfa erwidert, j derjenige Schritt, den wir Ihnen vorschlagen, gerade das htgegengeseßzte Resultat zur Folge haben würde. Jch sollte doch cinen, -daß die Herren der Rerchsregierung und den verbündeten Re-

berschen. Ich glaube, die Stellung eines Abgeordneten und auch heziell des Hrn. Abg. Dr. Bamberger ist in dieser Sache eine weit ehaglichere als derjenigen, die berufen sind, die Geschäfte augenblick- zu leiten. Wenn man sieht, welche Verhältnisse im Lande be-

ie Nothwendigkeit gewiß gegeben, daß da, derungen erhoben werden, - diesen gerechten Anforderungen hunlibst Rechnung getragen wird. Geschieht es h werden allerdings daraus Folgen eintreten, die wir Alle nicht inshen und die wir Bundesbevollmächtigte, die wir berufen sind, je Vorlage zu vertreten, am allerwenigsten wünschen möchten. Wir erden aber bei der Debatte behandelt, cls komme uns über die Fonsequenzen, welhe aus einem ablehnenden Beschlusse entstehen jüsen, absolut kein Urtheil zu. Ich soUte doch meinen, die Herren nten uns wenigstens ebenfalls eine gewisse Urtheilsfähigkeit zu- auen.

Meine Herren, es wird dann weiter gesagt, in der Haltung er Regierungen anderer Länder, die doch gleich{alls dur die Acquits anêreichhs geschädigt seien, stelle fich eine ganz andere Auffassun je in derjenigen der deutschen Regierung dar. Es wird dabei inden nad außer Acht gelassen, daß wir augenbliälih unsere Grenzen ge- inet haben, daß mit dem 1. Januar die sämmtlichen Zölle, welche h auf das Eijen bezichen; weggefallen sind und daß wir darum

h ganz anderer Weise, namentlich bei “Berücksichtigung i gegenwärtigen Kalamität, uater - jenen Ausfuhrprämien den, wie irgend eine andere Nation. Wenn wir also

hjen die Ausfuhryrämien vorzugehen beabfichtigen, so beruht das f der völlig abweichenden Lage unserer Verhältnisse gegenüber an- ren Staaten. Daß man uns hier England niht als Gegenmuster führen werde, das glaube ih vorausseßen zn dürfen. Zieht man ker die kontinentalen Staaten in Betracht, so wird. unbedingt das tig sein, was ih angeführt Habe. | : j

Nun hat der Hr. Abg. Bamberger wiederholt gesagt, die fran- sische Regierung habe ja durchaus nicht die Absicht, unsere Interessen h verlezen. Meine Herren, es ist für mi eine ganz gleihgültige ade, ob die französishe Regierung die Absicht hat, unsere teressen zu schädigen. Ich halte mi an die Thatsache, daß unsere hiteressen geschädigt sind. Von einer Vergewaltigung Deutsch- s oder Frankfreichs is vom Regierungstishe überhaupt

dieser Frage niht gesprohen worden. Wenn aber her- gehoben wurde, daß uns eine Unbill, eine Ungerechtigkeit wider- hre, so ist das aus dem Grunde mit Recht geschehen, weil in dem kertrage, den wir mit Frankreich im Jahre 1862 abgeschlossen ha- 11, sich ausdrücklich die Verabr:dung befindet, wonah Ausfuhrprämien ur den inneren Steuern entsprechen sollen, weil ferner in den damals id in der Folgezeit abgeschlossenen Verträgen vielfach noch ausdrüdlich ie Bestimmung hinzugeseßt ist, daß Ausfuhrprämien überhaupt idt zu gewähren seien. Meine Herren, wenn auf dieser Basis wir haupten, daß das System der Acquits uns gegenüber eine Unb:Üig- tit enthalte, so glaube ih, daß unsere Auffassung eine völlig gere{cht- tigte ist und den Verträgen entspricht. Dieser Ausspruch ist daher hsolut aufrecht zu erhalten. Nun werden wir freilich von den Her- 1 damit getröftet, daß in Frankrei eine Partei vorhanden sei, lhe ebenfalls die Acquits aufzuheben beabsichtige. Noch im rigen Jahre wurde uns das Beispiel des franzö ischen Handels- inisters vorgeführt und wir angerufen, daß wir doch diesem [euch- den Beispiele unsererseits folgen möchten. Leider aber haben jene kftrebungen bisher feinen Erfolg gehabt, und der Hr. Abg. Vam- er hat selbs am \chlüssigsten nachgewiesen, wie shwer es sei, ses System in Frankreich zu beseitigen. Er ist auf die Vergangenheit tüdgegangen und hat dargethan, wie jenes System die verschiedensten hältnisse durchdringt. Ich verstche es daher nicht recht, wenn selbe Herr Abgeordnete behauptet, daß die Vorlage geradezu hidigend auf die Bestrebungen unserer Freunde in Franïtreih wirke, dem sie abgehalten werden würden, ihre Agitationen fortzuseßen. 1h glaube doch, der Herr Abgeordnete theilt mit mir die Auffassung, i solche Bestrebungen zur Zeit vollständig erfolglos sein werden und it feine Resultate versprechen. Meine Herren, liegt es fo, so ist Sthritt, den wir vorschlagen, durchaus loyal und den Verhält- sen angemessen. O

Nun hat der Hr. Abg. Braun in seiner eben gehaltenen Rede if die Vorgänge in den vierziger Jahren hingewiesen und darzuthun jut, daß Retorsionsmaßregeln überhaupt als erfolglos angesehen den müssen. Es ist auch vielfah behauptet worden, daß das- ige, was wir Ihnen vorschlagen, im Ganzen enommen ein Vor- Mng sei, der kein Beispiel in der Vergangenheit befite. :

Bei dieser Gelegenheit wollte ih die Herren nur daran erinnern, i im Jahre 1848, als die französische Regierung auf Baumwolle, ollengarne, baumwollene ‘und wollene Gewebe u. \. w. eine Aus- rpräâmie von sehr hohem Betrage bewilligte, wir in Deutschland h Verständizung unserer Zollvereinsregierungen am 10. Juli 1848 t Verordnung erlassen haben, wona gegenüber jener französi- hen Maßnahme Ausgleihungsabgaben erhoben. werden sollten, um : inländische Industrie thunlichst zu s{hügen. : E

Allerdings ist diese Verordnung nur unter vorläufiger Gültigkeit i Schluß des damaligen Jahres erlassen worden, weil die franzó-

lde Verordnung ebenfalls nur bis zu diesem Zeitpunkte vorläufige

zum Deutschen Reichs-Anz 99

erungen zutrauen könnten, daß fie die Lage der Dinge einigermazen |

tehen, welche Nothschreie überall erhoben werden, so glaube i, ist | wo gerechte Ans- |

nicht, ]

\{lägen, habe keinen praktischen Effekt. Me e t daß in der nächsten Zeit die französiscbe Regierung, wie auch ih an- nehme, nicht dazu übergeht, die Ausfuhrprämien vollständig zu be- seitigen, fo wird doch dadurch jene Ungerechtigkeit unserer Industrie

rer völlig ( ( t l auf unserem eigenen Gebiete konkurrirt, und id meine, wenn das er- reit wird, liegt darin cin großer Grfolg.

die übrigen Staaten zu unseren Verbündeten machen.

Erste Beilage eiger und Königlih Preußischen Staats-Auzeiger.

ESTT

Geltung haben follte. Wenn man indeß die damaligen Verband- lungen im preußischen Landtage mit den Verhandlungen vergleicht, wie sie beute stattfinden, so möchte ih hier fast das Wort Salomos au8rufen: „Es giebt nichts Neues unter der Sonne.“

Der damalige Interpellarit der Regierung drückte sih unter An- derem folgendermaßen aus: V

. Meine Herren! Während wir beschäftigt sind, dem Lande

freie Institutionen nach allen Richtungen hin zu sichern, erreicht uns die Nachricht, daß die diesseitige Regierung die in meiner Jn- terpellation gestellten Zollerhöbungen mit den Vereinsländern ver- einbart habe, ohne sich der Zustimmung der hohen Nationalver- sammlung zu rersihern. Im wohlverstandenen Interesse des Landes und zur Wahrung der Rechte der hohen Versammlung fühle ich mi berufen, g-gen diese Maßregek ausdrücklih zu pro- testiren. Das Schußzollsystem ist niht geeignet, die Wohlfahrt der Völker zu begründen. :

Die neueren Erkenntnisse im Gebiete der Nationalökonomie haben endlich die Irrthümer einer früheren Doktrin ans Licht ge- führt und den Beweis geliefert, daß gene Wohlfahrt nur dur T F Konkurrenz aller shaffenden Kräfte zu erzielen ei u. \. w. :

Es wird dann in dieser Rede ausgeführt, man könne si es allenfalls gefallen lassen, wenn die Rétorsion8maßregel sich lediglich auf Frankreich beschränke, sie sei aber gleiczeitig gegen die übrigea Staaten gerictet und dies erscheine äußerst bedenklih. Es heißt da:

Ich will zugeben, meine Herren, daß, wenn diese Maßregel direkt und aus\{ließlich nur auf Frankrei angewendet werden könnte, wir uns vorläufig vielleiht darin finden würden. aber die Maß- regel greift weiter; die Zollerhöhung betrifft nicht ledigli die französishe Produktion, sondern, als eine allgemein hingestellte, die des ganzen Auslandes und so fort. E

Darauf crwiderte unter Anderem der Handels-Minister :

Die ganze Gegend des Eichsfeldes und Thüring us, in welcher Kammwolenmanufaktur vorzugsweise betrieben wird, muß demnach bei einer freien Einfuhr und den frauzösishen Crportprämien ge-

enüber im nächGsten Winter erwerb- und arbeitslos werden. Es

Bandelt sich hier nicht um Systeme, sondern um die nackte Frage

der Arbeitslosigkeit ganzer bestimmter Landestheile. Sollen wir dies gestatten? u. st w. P :

Der damalige Finanz-Minister Hansemann seßte hinzu:

Der Herr Minister des Handels hat bereits bemerkt, daß es #ch blos um eine Vertheidigungsmáäßrègel handelt, die natürlich dann aufhört, wein ‘der Angriff ebenfalls aufhört. Es handelt h also von einèm weiteren Eingehen in das von dem Redner angegriffene System nicht. ‘Engländ, Belgien und andere Staaten thun ganz dasselbe, was wit thun; sie s{üten si ebenfalls gegen Prämien, welche die benachbatten«Staaten auf die Ausfuhr ihrer Produkte gewähren u: \.* w.

Sie sehen, meine Herren, das, worüber wir heute verhandeln,

ist in der Vergangenheit ebenfalls {hon dagewesen, und, wie ih ver- muthen darf, haben die damaligen Maßregeln, wenigstens soweit ich es übersehen kann, den Er h gehabt, daß die französische Regierung von dem Prämiensystem absah.

was wir Ihnen vor-

Nun behauptet man freilih, dasjenige, (eine Herren! Zugegeben,

daß die französishe Industrie bei unse-

abgewehrt, ) f i un Grenze noch mit einer Bonifikation

gegenüber offenen Gs wird fernerhin ein Erfolg. auch darin anzuerkennen sein, dabei bleibe ih —, daß wir Alles, was Seitens der Herren aus der Statistik gegen die Regierung? vorlage angeführt worden ist, glaube ih für meinen Theil nicht als durch- \{lagend anerkennen zu können. Es kann bei. dieser Frage überhaupt nit darauf ankommen, ob so und fo viel Centner mehr oder weniger

mit Exportprämien von Frankreich in das Inland importirt werden. Die Hauptfrage ift nur die: welchen Druck übt die französische Kon-

kurrenz auf die Preisftellung im Inlande, und ih habe behauptet, glanbe das auch nachweisen zu können, daß unsere Cifenindustrie gegenwärtig Preise hat, die in vielen Fällen nur die Selbstkosten erreichen, in sehr vielen Fällen aber unter die Selbstkosten herabgehen. Ein Prämiensystem zu begünstigen und aufrecht zu erhalten, welhes unsere

Industrie zu einem immer weiteren Herabgehen der Preise, und damit

zum sicheren Verfall nöthigt, das kann nit in den Intentionen der verbündeten Regierungen und des hohen Reichstags liegen. Es kommt aber hinzu, daß wir uns bei unseren Vorschlägen auch gegen bevor- stehende Nachtheile wahren wollen. Jch habe in meiner ersten Rede ausgeführt, daß mir die Thatsache bekannt ist, wie ein sehr großes lothringen\ches Werk die Absicht hat, nach Frankreich überzusicdeln, um von dort aus diè Konkurrenz mit uns mit Hülfe der französischen Acquits aufzunehmen. Jch darf nun zunächst vielleicht ein Mißverständniß hier zerstreuen, da manche Mitglieder des Neichstags annehmen fönnten, cs handele sich in meiner Ausführung um das von dem Hrn. Abg. r. Bamberger erwähnte Werk von Dupont und Dreifuß. Das würde aber nicht richtig sein. Das Werk, wovon ih rede, ift ein anderes, ein Wek, welches mit Rücksicht auf seine kolossale Pro- duktion bereits jeßt das . Zollvereinsgebiet mit feinen Preisen -— so zu sagen beherrscht. ie würde es aber erst werden, wenn das- jelbe in Frankreich, an unserer Grenze, läge und mit Hülfe der fran- zösischen Acquits arbeitete? Wie würden dann die Verhältnisse unserér lothringenshen Landékeute beschaffen . sein? Es. ist den 6 bekannt, daß dort die Stabeisenfabrikation eine gro olle spielt. Nun befindet si diese Industrie dur die Bessemerstahl- fabrikation bereits in einer großen Krise; welche Dimension würde die Krise aber annehmen, wenn noch eine solche künstliche Konkurrenz erzeugt würde! Was wir vom Regierungstishe bekämpfen, . ist die gerade Cinwirkung durch solche künstlichen Mittel auf den inländi- {hen Markt. Meine Herren, Alles, was wir vorschlagen, steht au keineswegs im Widerspruch mit den Maßregeln, die in der Bergan- genheit die preußische Regierung getroffen hat und die der Hr. Abg. Dr. Bamberger rühmend anführte. Die Regierungsinstruktion vom Jahre 1808 und die späteren Verordnungen der preußischen Regie- rung vertragen \sich sehr gut mit demjenigen, was wir beantragen, obschon die Herren nit verkennen wollen, daß. damals Preußen ein ackerbautreibender Staat war, während cs jeßt ein Staat ist, der innerhalb seiner Grenzen eine riesige Industrie besißt, die gewiß die Fürsorge der gesetzgebenden Körperschaften bedarf. - Meine Herren! Aus den beiden angegebenen Gesichtspunkten muß die Negternas bei ihrer Vorlage fiehen bleiben und fich gegen die e inendements, von welcher Seite sie auch kommen, aus- prechen. Ich lege großen Werth darauf, daß insbesondere auch die Vorschläge im §. 1 über die Ausgleichungsabgabe aufrecht erhalten werden, gegenüber jenem Amendement Scipio, welches nach den Be- merkungen des Hrn. Abg. Dr. Braun den Nagel beinahe auf den Kopf trifft. Jch bin e nit der Ansicht, daß jenes Amendement derart zu qualifiziren sei, sondern glaube vielmehr, daß, wenn einmal Maßregeln zur Beseitigung der Acquits getroffen werden, dieselben zur Abwendung des großen Schadens, den wir bereits erleiden und der uns noch bevorsteht, viel weiter sehen müssen. Sließlih kann ih nicht unterlassen, hier die Bemerkung noch einfließen zu lassen, daß, wenn der Hr. Abg. Dr. Bamberger auf den

-

Notbstand der Yeit bingewiesen hat, wir am Regierungstis{%e im All- gemeinen seine Auffassungen über die Urfachen des ersteren vollkom- men theilen undauch unsererseits die Behauptung weit abweisen, daß die Maßregeln, die der Reichstag beschlossen hat und die von der Reichs- regierung ausgeführt worden sind, als die Quelle des gegenwärtigen Nothstandes, der gegenwärtigen Verhältnisse angeschen werden könr.ten. Wenn aber auf der anderen Seite so ganz allgemein von dem Schwindel auf dem Gebiete der Industrie, speziell der Eifenindustrie gesprochen worden ist, so könnte cs fast den Anschein gewinnen, als wenn die gegenwärtige Situätion der gesammten Eisenindustrie lediglih auf derartige Verhältnisse zurückzuführen sei. Dem gegen- über muß ih doch daran erinnern, (Zuruf von Seiten des Abg. Dr. Bamberger) ich behaupte nicht, daß eine derartige Anficht von Ihnen ausgesprochen worden sei ich muß alfo, wie gesagt, daran erinnern, daß Niemand mehr gerade unter dem Schwindek und dur den Schwindel gelitten hat, wie die solide Industrie; wer leidet mehr durch die Preis\{leuderung, durch die ungesunde Konkurrenz, wie gerade diejenigen Werke, die in den Händen der alten Eigen- tbümer, in den Händen jener alten Familien sind, die fast seit Jahr- hunderten jene Industrie betrieben haben, wer leid:t mehr darunter, als gerade sie? Meine Herren, diese Umstände sind do wohl zu be- rücsichtigen. In meiner eigenen Heimat blüht eine Industrie, die vielleiht nah 5—600 Jahren ihr Alter bezeichnen kann, und troßdem macht sih die Krisis des Augenblics ebenfalls daselbst fehr fühlbar, und doch is von Schwindel in der dortigen Gegend nichts bekannt. Aber diese Werke wie alle anderen leiden unter den gegenwärtigen Verhältnissen. Jh behaupte also, die Eisenindustrie beruht in einem großen Umfange auf an sich absolut gesunder Grundlage, und wenn Jemand unter dem Schwindel der Zeit gelitten hat, fo ist es gerade diese Industrie, und gerade aus diesem Grunde im Interesse des soliden, ehrlichen Erwerbes rufe ich den Reichstag an, diejenigen gemäßigten Maßregeln, welche die Regierung Ihnen vor- \chlägt, eintreten zu lasen.

Nach dem Abg. Frhrn. von Schorlemer-Als ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz-Minister Camphausen das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat im Eingange seiner Rede eine Klarstellung Seitens der Regierung gegenüber dem An- trage des Hrn. Abg. Loewe vermißt.

Wenn in dieser Beziehung wirklißh noch etwas nachzuholen sein sollte, was ich kaum glauben möchte, dann will ih doch hiermit schr nachdrücklich und bestimmt erklären, daß die Regierung dem Antrag Loewe, soweit er von der Regierungsvorlage abweicht, entschieden ent- gegensteht und daß sie in der Annahme des Antrags Loewe den Uebergang zu einer \{utzöllnerishen Tendenz finden würde, welche die Regierung nicht hat.

Meine Herren! Was mich aber veranlaßt hat, unmittelbar nach dem Herrn Vorredner mi zu erheben, das war der Umstand, daß ih ihm meinen lebhaften Dank auszusprehen habe, den Dank dafür, daß er den Vorwurf, der {hon seit geraumer Zeit in uliramontanen Blättern gegen mi erhoben ist, als hätte ich jemals geäußert, daß ih einen Fortschritt in sinkenden Arbeitslöhnen finde, zu dem seinigen gemacht hat. Jch habe nun einmal die üble Angewohnheit, daß ih auf Vorwürfe, die mir in den Zeitungen gemacht werden, niemals antworte, noch antworten lasse, so daß ein solcher Vorwurf sich Monate lang, Jahre lang herumtreiben kann, ohne daß er von mir zurückgewiesen wird.

Wenn er dagegen im Parlamente von einem so hervorragenden Redner, wie der verehrte Herr Vorredner ist, erhoben wird, dann fehe ih mich nicht allein berechtigt, sondern au genöthigt, der Frage in das Gesicht zu sehen. , j

Meine Herren, was war die Aeußerung, auf die der gechrte Herr Norredner hat anspielen können? Es war eine Aeußerung , die iu Reichstage vor nunmehr 24 Jahren, am 26. Januar 1875, von mir gemacht worden ist, und die sih damals der lebhaften Zustimmung des Reichstags zu erfreuen gehabt hat. Diese Aeußerung lautete wie folgt: L

| Gs wird ih ich spreche das unverhohlen aus für

Deutschland die Nothwendigkeit ergeben, mit einer anderen Reguli- rung der Arbeitslöhne vorzugehen, die Anforderungen an die Arbeiter zu steigern und den Lohn nicht zu erhöhen, sondern in manchen Fällen herabzuseßen. - : Ich sehe das als eine unerwünshte Folge an, aber, meine Herren, ih glaube, wir thun in allen Kreisen wohl, wenn wir diefe Konsequenz einer besseren Gestaltung unserer Zukunft nicht übersehen. /

Meine Herren! Wo ist in dieser Acußerung irgend ein Wort, daß man den Fortschritt darin erblicke, daß niedrigere Arbeitslöhne gezahlt werden? Wenn der Herr Vorredner selbst anführte, daß ich wohl ein Anhänger von Adam Smith seïn möchte und i kann ihm bestätigen, daß ich diese Lektüre zuerst vor mehr als 40 Jahren vorgenommen habe wie kommt er denn dazu, in den angeführten Acußerungen einen Abfall von Adam Smith ableiten zu woll-n? Ich stehe ganz auf dem Standpunkte, daß ich die dauernde Verbesse- rung des Zustandes der untersten Schichte, d. h. der zahlreichsten Schichte der Bevölkerung als die Aufgabe eines jeden SkaatsmanneS ansehe, ja, als die Hauptaufgabe. i | 4

Meine Herren, wer nicht allein meinem Wirken im Deutschen Reichstage, sondern wer meinem Wirken im preußischen Abgeordneten= hause gefolgt ist, ist denn dem nicht bekannt, wie ich die Klassen= steuer, die auf dieser Stufe der Bevölkerung befonders drückend ift, gerade dort zu beseitigen gewünscht habe, und wie mir das, wenn auch nicht vollständig, doch zum Theile gelungen is, und wie: ich mehr als einmal ausgesprochen habe, daß, wenn der Himmel mir noch eine längere Wirksamkeit vergönnen follte, das stets zu den=- jenigen Wünschen gehören wird, Die I erreichen mir am Herzen liegt. Aber wenn man wünscht, daß dauernd die hne möglich} reihlih ausfallen mögen, hat das irgend etwas damit zu thun, daß die klare Einsicht der zwingenden Nothwendigkeit der Verhältnisse dahin drängt und dahin führen muß, daß den plöulid» rapide gestiegenen Löhnen eine Herabseßung dieser rapiden Steige rung si ans{ließen muß? Und wie ist denn die Sachlage? Ist das, was ih am 26. Januar 1875, also vor mehr als 2x Jahren in flarer Erkenntniß der Dinge, wie sie kommen mußten, angekündigt habe, niht eiñgetreten? Und wie wird der Umschwung zu erlangen sein, daß wir wiederum bessere Löhne erhalten ® Der Umshwung wird eintreten, wenn die Arbeitékräfte, die hypertrophisch gewissen Industriezweigen in zu ausgedehntem Maße zugeführt waren, in Zukunft wiederum da Verwendung finden, wo ihre Thätigkeit dem allgemeinen Wohle besser entspricht. Ich will dies in concreto anwenden. Ich glaube, meine Herren, daß der Rückshlag in der Industrie mit ciner gewissen Naturnothwendigkeit dahin führen muß, der Landwirthschaft mehr Arbeitskräfte zuzufühz= ren, und daß er dahin führen wird, die Landwirthschaft sih gedeihs licher und kräftiger eutwidckeln zu schen, als wie es in den leßten Jahren hat der Fall sein können. Í

_ Meine Herren! Jch glaube diese wenigen Bemerkungen werden hinreichen, um den mir gema{hten Vorwurf abzulchnen. Im Uebrigen kann ih mich nit ret entschließen, das Thema zwischen Schutzoll und Freihandel hier noch des Ausführlichen erörtern zu sollen. Das sind Meinungsverschievenheiten, die bestanden , als ih in das Leben eintrat und das Find Meinungsverschiedenheiten , die fortdauern werden, nachdem Niemand von allen hier Anwesenden noch am,

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