1900 / 262 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Nov 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Frankreich.

Der Gouverneur von Französish-Guinea Ballay ist, nah einer Meldung des „W. T. B.“, zum General-Gouver- neur von Französish-Westafrika ernannt worden an Stelle Chaudié’s, welcher einen anderen Posten erhält.

Der Kriegs-Minister, General André wohnte gestern in Brest der Enthüllung eines Denkmals bei, welhes zum Ge- dächtniß der im Dienste des Vaterlandes gefallenen bretonischen Land- und Seesoldaten errichtet worden ist. Ec gedachte in einer Ansprache der Tapferkeit dieser Soldaten und sagte, die Regierung werde den von den Vorfahren ererbten Ruhm nicht shmälern lassen.

Der zur Disposition gestellte Kommandeur dcr Artillerie- \hule in Fontainebleau, General Perpoyre, hat an die Offiziere dieser Anstalt ein Abschiedsschreiben gerichtet, in welchem er erklärt, daß seine Haltung stets korrekt gewesen sei, und er daher seine Maßregelung für ungerechtfertigt halten müsse.

Spanien.

Aus Saragossa wird, dem „W. T. B.“ zufolge, die Abreise des Carlistenführers Cabrera gemeldet. Das Ziel seiner Reise sei unbekannt. Die militärishen Behörden in Valencia hâtten Vcrsichtsmaßregeln getroffen. Jn Nävarra und Biscaya herrsche vollkommene Ruhe. Die “hin stehe der carlistishen Bewegung optimislish gegen- über.

Türkei.

Das Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ meldet aus Kon- stantinopel, der griehische Geschäftsträger habe am 30. v. M. den Botschaftern ein Memorandum über die Frage der türkish-griehishen Konsular- konvention überreiht, in welhem die Ausführungen des Memorandums der Pforte über den gleihen Gegenstand im Einzelnen zurückgewiesen werden. Die Botschafter würden das griehishe Memorandum mit Gewährung einer L der Pforte zur Gegenäußerung übermitteln. Nach dem mpfange der leßteren würden die Botschafter ihren Schieds- spruch fällen.

Rumänien.

Wie die „Agence Noumaine“ meldet, hat der Minister des Auswärtigen dem rumänischen Agenten in Sofia zur Uebermittelung an die bulgarishe Regierung ein be- glaubigtes Exemplar des Berichts des Untersuchungsrichters, betreffend die den Bulgaren zur Last gelegten Mordthaten, übersandt. Nah den neuesten Berichten hat sih die durch die neue Alkoholsteuer in bäuerlichen Kreisen hervor- gerufene Beunruhigung bereits überall gelegt.

Schweden und Norwegen.

Das in Christiania erscheinende Blatt „Verdens On abe wie dem „W. D! B gemeldet wird, daß die Staatsräthe Loechen, Holst und Thielesen dem Kronprinz - Regenten ihren Wunsh mitgetheilt hätten, aus dem Ministerium auszutreten. Das Porte- feuille der Finanzen sei dem Bürgermeister von Archander angeboten worden, welher es jedoch abgelehnt habe; dagegen habe sich der ehemalige Staatsrath Konew bereit erklärt, das Ackerbau-Ministeriuum zu übernehmen. Die Re- gierung habe den General-Sekretär sür auswärtigen Handel im Ministerium des Jnnern, Dr. Sigurd Jbsen, beauftragt, eine Darstellung des Verhältnisses d:s Konsulatswesens zur Diplomatie auszuarbeiten.

Asien.

Aus Peking vom 30. v. M. meldet das „Reuter"sche Bureau“, die Schaffung von Verkehrswegen werde im kom- menden Winter wahrscheinlich einige Schwierigkeiten bereiten. Man befürchte, daß die Wiederherstellung der Eisenbahnlinie nicht bis zu dem Zeitpunkt b-endigt sein werde, von dem an durch Zufrieren des Peiho die Zufuhr von Lebensmitteln auf dem Flußwege unmöglich sei. Die Eisenbahnlinie sei von Schan- hai-Kwan bis Tangfang, 30 Meilen von Taku, in gutem Zu- stande. Zwischen Tangfang und Peitang, welche beiden Orte 23 Meilen von einander entfernt lägen, sei die Eisenbahnlinie völlig zerstört. Die Russen trügen für die Wiederherstellung dieser Strecke die Verantwortlichkeit, aber sie blieben völlig unthätig. Diese Unthätigkeit gebe zu Besorgnissen Anlaß. Es sei sehr wahr- scheinlih, daß die ganze übrige Eisenbahnlinie nah Peking in wenigen Wochen beendigt sein werde. Die Engländer stellten die Strecke zwischen Peking und Huangtsun, die 18 Meilen betrage, wieder her. Die Japaner hätten ihre, Arbeiten bei Huangtsun angefangen, um mit den Deutschen zusammen- zutreffen, welche von Yangtsun aus vorgingen.

M D. V wid dus Peting vom 31. v, M. berichtet, daß eine kleine deutihe Expedition von Yangtsun nah Takwantun-Hsianghosien-Hohsiwu und eine japanische Expedition von Yangtsun nah Pautihsien:-Hohsiwu wedec Boxer noch Truppen getroffen hätten.

Der „Standard“ meldet aus Tientsin vom 30. Oktober: Die Verbündeten hätten nordwestlih von Paoting-fu einen Zusammenstoß mit den Boxern gehabt, wobei 21 der leßteren gefallen seten. Aus Schanghai vom 31. v. M. erfährt dasselbe Blatt, ein amtliches cinesishes Telegramm aus Singanfu berichte, daß der Prinz Tuan als buddhistisher Mönch verkleidet nah der Mongolei geflohen sei und sich dem Dalai Lama anzuschließen beabsichtige.

Den Londoner Blättern wird ferner aus Schanghai vom 30. Oktober gemeldet, daß am Tage zuvor von der Mauer der verbotenen Stadt aus auf zwei amerikanische Offiziere ge- schossen worden sei. Dieselben seien nicht verleßt worden ; die Angreifer seien entkommen.

Aus Schanghai vom 31. v. M. ist der „Times“ die Mittheilung zugegangen, eine chinesishe Meldung besage, daß Liukunji und Tschang-tschi-tung in einer Denk- \{chrift den Thron gebeten hätten, die Bestrafung der Prinzen und Minister zu befehlen, welhe die Boxer unterstüßt hätten, da sonst die Existenz des Reichs ecnstl:ch Ee sei. Sie hätten hinzugefügt, daß die fremden

ruppen wahrscheinlih nah Tschinting vorrücken würden. erner werde berichtet, daß Scheng den Befehl erhalten habe, 1h sofort nah Peking zu begeben.

Afrika.

Aus Aliwal North vom 31. v. M. berichtet das „Reuter’she Bureau“, es sei von dort auf die Meldung des Befehlshabers der Polizeitruppe in Odendalstroom, daß man in Palmietspoint am Oranjefluß schießen höre, eine Rekognoszierungs-Abtheilung von 40 Mann unter dem Befehl

des Kapitäns Knott abgesandt worden. Später sei gemeldet worden, daß ein Burenkommando von 200 Mann gegenüber Odendalstroom gesehen worden sei; daraufhin seien weitere 40 Mann zur Verstärkung der Polizeitruppe in Odendal- stroom abgegangen, während 80 Mann zur Unterstüßung des Kapitäns Knott ausgerückt seien. Den legten Berichten zufolge sei in der Gegend von Hennings Farm gegenüber Odendalstroom ein G. feht im Gange.

Der F:ldmarschall Lord Roberts meldet aus Johannes- burg vom 31. v. M.: Nach der Besezung Bethlehems durchdie Engländer am 21. Oktobèr und der Niederlage der Buren drei Meilen von Bethlehem, wo diese aus einer starken Stellung geworfen worden seien, habe ein halbes Bataillon Grenadiere unter dem Schuße von Artillerie eine zweite starke Stellung der Buren angegriffen. Der Feind habe sich gut gehalten, sei aber, da er keine Artillerie gehabt habe, ‘in kurzer Zeit zurücgeworfen worden. Die Engländer hätten drei Todte und siebzehn Verwundete verloren.

Nr. 44 der „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts* vom 31. Oktober hat folgenden Fnhalt: Personalnahricht Gesundheitsstand und Gang der Volkskrank- heiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Gesundheitswesen in Hamburg, 1899. Gesetzgebung u. |. w. (Deutsches Reich) Gewerbeordnung. KFKrankenversiherung. (Preußen. Reg.-Bez. Gumbinnen.) Fleisch. (Neg.-Bez. Lüneburg ) Thierkadaver u. |. w. (Sachsen.) Tuberkulose. (Württemberg.) Arzneimittel. Gemeingefährlihe Krankheiten. (Baden) Bâäckreien u. |st. w. Thierquälereien. (Mecklenburg-Schwerin.) Maul- und Klauen- seuhe. (Sachsen-Meiningen.) Schulärztlihe Untersuhungen. (Hamburg.) Wohnungen. (Oesterreih.) Zahnärztlihe Diplome. (Böhmen). Impfwesen. (Belgien.) Gefährlihe Betriebe. Gang der Thierseuchen in Oesterrei, 3. Vierteljaÿr Zeitweilige Maßregeln gegen Thterseuchen. (Preuß. Neg.-Bez. Hildesheim, Oester-

von mehr als

3000 bts 9500

1892 |

190 785 | LGL 1 L160

69 320 | 68599 0,38 0,37

in den Städten i; in Hunderttheilen der O auf dem Lande . A E in Hunderttheilen der Bevölkerung ._. überhaupt . A in Hunderttheilen der Bevölkerung . | 0,87 0,87 Im wesentlihen zeigen also alle drei Einkommensgruppen dieselbe Bewegung. Insbesondere kann von ciner dauernden und auffälligen Zunahme der sehr_ großen Einkommen nit die Rede sein. Ganz wie die in gewissem Sinne noch dem Mittelstande zuzurechnenden Ein- kommen von 3000 bis 9500 ÆA und wie bie von 9500 bis 100 000 M find au die von über 100000 A i. J. 1895 im Verhältnisse zur Bevölkerung seltener als i. J, 1892, um dann eb-«\o wie jene |ch wieder ¿u vermehren, und zwar wohl stark, aber nicht besonders auf- fällig. Es gab nämlich auf jede Million Einwohner i. F. 18992 99,46, i. J. 1895 nur noch 51,63, dagegen i. J. 1899 70,83 folche sehr großen Einkommen. ( Betrachtet man nun nohh die „allergrößten" Einkommen von mehr als 500 000 4, fo waren im Jahre 1892 103, im Jahre 1895 97, im Jahre 1899 148 Zensiten mit diesen Einkommen vorhanden, und zwar (in Vill. Mark) über über über über über über über über über 0006 O7 O8 09 10 20 30 40 Ser Did Vis DIS bis, bis Vis bis bis bis 2. 06 07 08 09 10 20 30 40 50 Val 015) O5 C ) 4 C S Stladilen 22S ; L S 1000 0E 3 0 02 6 l G9 f c c ) auf dem / e i Q : 2 6 S l Lande | E N ° : E E 1899. 9 i 2 3 1) D 1 l —, Die Anzahl dieser Einkommen ist also, wie das bei dem wirth- schaftlichen Aufs{wunge der leuten Fahre niht anders zu erwarten war, beträhtlich gewachsen; ebenso hat ihre dburG\chnittliche Höhens- lage sih gehoben. Jm Zahre 1892 gehörte z B. in den Städten die größere Hälfte dieser Zensiten (45 unter 86) den Einkommen?- gruppen von 0,5 bis 0,7 Vill. Mark an, 1899 nur noch die kleinere Hälfte (58 unter 120). Auf dem Lande (d. h. in den Landgemeinden und Gutébezirken, ohne Nücksicht auf deren wirth\@aftliten Charakter) waren i. I. 1892 unter 17 Einkommen von mehr als 500 000 M 9, t. J. 1899 dagegen unter 28 \o!chen 16 vorhanden, die sih über 700 000 A erhoben.

Kunst und Wissenschaft.

Im Kommissionsverlag der Herder’schen Verlagshandlung in Freiburg i. Br. ist die „Jahresmappe 1900“ der Deutschen Gesellschaft für christlihe Kunst ershienen (Preis 15 M4). Unter den 12 Folio-Tafeln in Kupferdruck, Phototyptie, Zinkographie und Farbendruck, fowie den 25 Äbbildungen, welhe den Text \{müdcken, finden fi anerkennensroerthe Schöpfungen der Architekten I. Angermair, H. Hertel u. A., sowie zahlreiche plastish2 und malerische Arbeiten, die zum tbeil recht erfreulih sind. Von den plastischen Werken veidienen insbesondere die Kreuzigung8gruppe von F. Langenberg, das Grabmal des Kardinals Hergenröther und ein Marienaltar vom Professor B. Schmitt sowie die Figur des h. Georg vom Professor H. Waderé Beifall. Diese Werke zeihnen ih dur kräftige Behandlung und einen von Sentimentalität freien Zug männlicher Frömmigkeit aus. Auch in den malerishen Arbeiten von I. Altheimer (Altar in der Albertus- Magnus-Kapelle zu Regensburg), von G. Fugel (seine in der Ait von B. Piglhein komponierte „Pfingslpredigt* ist ein beachtenswertbhe3 Historienbild) und von Professor E. Zimmermann (in seiner „Anbetung der Hirten" tit die rein menschlihe Seite der Heil®geshihte liebenswürdig, dichterish naiv dargestellt) interessiert das Bemühen dieser Künstler, die Motive in einer den Anforderungen moderner T-:chnik und dem religiösen Empfinden unserer stark kritishen Zeit ent|prehenden Form zur Darstellung zu bringen. In den Kreijen der Künstler, deren nähere Bekanntschaft die Jahreë#mappen der Deutschen Gesellschaft für christlihe Kunst bisher vermittelten, tritt cin erfceuliher, frischer Zug in die Erscheinung. Um über diese Bewegung einen algemeineren Ueberblick zu gewinnen, wird sh für die folgenden Veröffentlihungen der Gesellshaft eine noch weitergehende Bzrücksihtigunz der an anderen deutschen Kunfstplägen außerhalb Münchens, beispiclsweise in Düssel- dorf, in der gleichen Richtung wirkenden Künstlec empfehlen. Die Ne- produkiiouen sind von der bewährten Bruckmann'schen Kunstdruckerei in München trefflich hergestellt worden.

Land- und Forstwirthschaft.

A Ernte in Nußland.!

Der Kaiserlihe Konsul in Ltbau berichtet unter dem 25. y. M,

Folgendes:

Als Durchscnittsertrag ergiebt sich hier : n, O ite Gute ¿Maden x S gute ü

Gerste «mittlere Ÿ Hafer . . L « mittlere ¿ A ob L gute ú Ben und Futtergräser . schlechte j

Ms vorzüglihe ,

rei, Luxemburg, Schweden, Egypten, Kapkolonie, Uruguay.) Ver- mischtes. (S%Hwetz.) Oeffentlihe Gesundheitspflege. (Egypten, Alexandrien.) Flecktyphus, 1900. Geschenkliste. Wohentabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 40000 und mehr Ein- wohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusecn deutsher Großstädte. Desgl, in deutschen Stadt: und Landbezirken, Witterung.

Nr. 41 des „Eisenbahn- Verordnungsblatts“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten. vom 31. Oktober, hat folaenden Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : vom 17. Oftober 1900, betreffend Umfang der Verpflichtung des Eisenbahnunternehmers zur Zahlung von Kosten im Genehmigungs- und Enteignungsverfahren; vcm 18 Oktober 1900, betreffend Dienfst- fleidung der Staatseisenbahnbeamten; vom 23. Oktober 1900, be» treffend Unterfubung der Sehschärfe der Eisenbahnbediensteten; vom 24. Oktober 1900, betreffend Ab1ôsung der V.rpflihtung des Gisen- bahnfiskus zur Betheiligung an der Unterhaltung infolge des Bahn- baus verlegter oder veränderter öfentliher Wege. Nachrichten.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Bewegung der Eiükommen von mehr als 3000 ,4 bis 9500, 9500 bis 100000 und über 100000 46 in P reußen von 1892 bis 1899,

Nach den Ergebnissen der Steuereinshäßung in Preußen ift, wie in Nr. 118 des „R. u. St.-A.“ vom 17. Mai d. J ai E die Zabl der physischen Personen mit einem Einkommen von mehr als 3000 Æ im Verhältnisse zur Gesammtbevölkerung in den Städten von 2,01 v. H. (Tiefstand in den Jahren 1895 und 1896 mit 1,98 v. H.) für 1899 auf 2,16 v. H. und auf dem „Lande*® von 0,44 v. H. (Tiefstand i. J. 1895 mit 0,42 v. H.) für 1899 auf 047 v H, gestiegen. Die nachfolgende, der „Stat. Korr.“ entnommen? Uebersicht zerlegt diese Zahlen noh in 3 Gruppen von 3000 bis 9500, 9500 bis 100 000 und über 100000 6 Einkommen. Es warea Zensiten vorhanden mit einen Einkommen: s

von mehr als

9500 bis 100 000 über 100 000 6

1895 | 1899 892 | 1895 | 1899 392 9E i 199 549 | 241 318 f 1895 189: 1892 | 1895 1899

45634 | 45484 | 57848 1 337 1284 | 1/929

1,73 E 0,01 E 78 437 9492 | i :

9071 | 11023 321 E O

55126 | 54 555 68 871 608 L AOL A 2 33

041 006 1-006 | 006 0,002 | 0,002 | 0,002 260 105 | 268 148 | 319 755 | | 7 | | 0,97 0,18 018 0,21 001 0,01 0,01.

Die Qualität aller Getreidearten sowte des Viehfutters is gut. Ka! toffeln und Obst neigen zu rasher Fäulniß.

Die Weizenernte der Welt im Jahre 1900. __ Die Weklzenernte der Weit im Jahre 1900 hat im allgemeinen ein befriedigendes Resultat ergeben. Obgleich sie niedriger ausgefallen ist als in den beiden Vorjahren, so wird sie doch für cie Bedürfnisse der Bevölkerung ausreichen und etne Beeinflussung des gegenwärtigen Vrotpreises kaum herbei\ührern. Zur Veranschaulihung der ge- sammten Weizenernte lasscn wir hier eine Tabelle folgen, welche die Weizer. produktion der einzelnen Länder mit derjenigen des Jahres 1899 in Vergleich stellt und zugleih die wahrscheinlichen Ein- und Aus- fuhren der Länder für das Jahr 1900 ersihtli* mat. Produktion Wahrschein liche 1900 1899 Einfuhr Menge in Hektolitern

Ausfuhr AUSTUYT

Europa Nußland 126 500/000 1 Frankrei . . 107 500 000 16 Ungarn a DOLOOOOO Desterreich . . 15 800 000 alten 43 100 000 Deutschland 43000 000 Spanien . . 42 000 000 Rumänien 21 300 090 Großbritannien 19 000 000 Bulgarien . 14 000 000 Türkei, europ. Belgten Serbien . MRumelien Portugal . . 2800 000 Griechenland . 2100 000 S{hweden . . 1600 000 Niederlande | 500 009 Dänemark , 1 500 000 Schwetz | 300 000 1 500 000 Norwegen 2c. 900 000 900 000

zusammen , 519 800 000 529 200 000 145 800 000

Ameril@: Ver, Staaten

von Amerika 180 000 000 191 500 000 Argentinien 30 000 000 35 800 000 Canada .. . 18500900 23 000 000 Cle A800:000 5 100 000 Brasilien, An-

tiilen u. |. wo. d ?

zusammen , 233 300 000 255 400 000

Asien: íIndien Kleinasien . Persien Sycien China, Japan

O: ? 7

zusammen 90 900 000 107 000 000

Afxita: Idee Cen s Tunesien Kapkolonie .

zusammen .

27 000 000

25 000 000 29 000 000 52 200 000 4

4 000 000 - [16 200 000

16 900 00d

9 500 000

17 500 000

46 400 000

48 700 000 14 000 000

33 300 000 2 100 000 9 200 000 E

24 500 000 70 000 00 9 100 000 é 8 900 000 7 500 000 3 500 000 2 700 000 2 9200 000 | 900 000 1 500 000 2 900 000 1 500 000

9 000 000

600 000 —- | 800 000 12 500 000 Ì—

1 000 000

800 000

6 200 000 4 100 000 3 500 000 s 1 800 000 1 600 000 | 200 000 5 500 000 900 000 5 000 000 —- 800 000

59 400 000.

58 000 000 90 000 000 4 000 000 700 000

5 000 000 5 000 000

82 700 000.

66 500 000 12 500 000 7 800 000 4 100 000

85 500 000 11 000 000 7 000 000 3 500 000

5 000 000 800 000 600 000 700 000

5 000 000 5 000 000

7 100 000,

8 000 000 4 500 000 9 100 000 1 400 000

6100 000 4 000 000 | 500 000 -— 1 500 000 1 800 000 m 16 000 000 13100 000 1 800 000 3 300 000. Australien 20500000 20 500 000 “— 4 000 000 Inêgesammt . 380 500 000 925 200 000 157 600 000 156 500 000. Es zeigt sih aifo, daß die Ernte des laufenden Jahres fast überall geringer ausgefallen ist als im Vorjahre. Doch sind auch bemerkens8werthe Ausnahmen zu verzeihnen, namentli bei den Balkanländern. So hat Rumänien, welches im Jahre 1899 nur 9 200 000 hl Weizen erntete, im laufenden Jahre eine Weizenernte pon 21-300 000 h1 hervorgebracht und damit eine Ausfubr von 9 000 000 11 erübrigt. Die Ernte Bulgariens is von 9100 000 hl auf 14 000 000 h1 anzewachsen und diejenige der europäishen Türkei von 8 800 000 hl auf 12 Millionen Hektoliter; aud Serbien, Ru- melien und Griechenland sind im Jahre 1900 bezüglich ihrer Weizen- ernte wesentli begünstigt worden, In Rußland hat - die Weizenernte des Jahres 1900 die vorjährige nur unbedeutend überschritten, sodaß für die Weizenausfuhr etwa 27 Millionen Hektoliter zur Verfügung stehen werden. Im Westen Europas wiegt die Weizenernte im allgemeinen die- j:nige des Jahres 1899 nicht auf, außer in Spanten, wo si ein Mehr von 8 700 000 11, und in Portugal, wo sih ein Mehr von

2 000 000 600 000 700 000

600 000 hl gegen das Vorjahr ergab. So ist in Frankreih die Weizenernte von 129 Millionen Hektoliter im Jahre 1899 auf 1074 Millionen im Jahre 1900 gesunken. Die 1900er Weizenernte wird auch kaum ausreichen, um den Konsum dieses Landes zu deen ; doch sind aus den Vorjahren reihliche Vorräthe mit herüber- genommen worden, sodaß nur eine Einfuhr von etwa 4 Millionen Hektoliter erforderlich werden wird. Ungarn und Oesterrei haben ebenfalls eine geringere Weizenernte als im Vo-jahre; D-sterreich wird jedo seinen Bedarf durh den Ueberschuß Ungarns nahezu befriedigen können. Deutschland, dessen Weizenernte um 5 700 000 h1 hinter derjenigen des Fahres 1899 zurückblieb, wird einer Ginfuhr von etwa 14 Millionen H.ktoliter benöthigen, um den Konsum des Landes decken zu können. i

Bei den beiden Hälften Amerikas findet fich im Veraleich mit der vorjährigen Weizenernte ein Ausfall von etwa 22 Millionen Hektoliter. In Argentinien, wo die Gcnte am Schlusse des Jahres stattfindet, dürfte die oben zu 30 Millionen Hektoliter abgeshäßte Weizenernte d-r vorjährigen in Wirklichkeit kaum nachstehen. Im nördlichen Theil Amerikas hat ih die Ernte weniger günstig gestaltet als im Vorjahr. Bedeutend tritt der (&rnteausfall in Indien hervor, wo die Weizenernte von 85 500 000 h1 im Jahre 1899 auf 664 Millionen H fktoliter im laufenden Jahre zurückzing.

Bon den einzelnen Erdtheilen haben gegenüber dem Vorjahre einen Rückgang der Weizenernte zu verzeichnen: Eurova von 9 400 000 hl, Amerika von 22 100 000 hl und Asien von 16 100 000 hl, während die Weizenernte Australiens sh gleihblieb und diejenige Afrikas um 2 900 000 h1 gegen das Vorjahr zunahm. Jun ihrer Gesammtheit ergiebt die Weltweizenernte gegen das Vorjahr einen Rückgang von 44 700 000 11. ; A

Wenn man die Bedürfnisse und Uebershüfse der einzeinen Erd- theile mit einander vergleiht, so ergiebt sih, daß Europa als etuziger Erdtheil dasteht, der auf die Einfuhr von Weizen angewiesen ist, während die übrigen Erdtheile in der Lage sind, Uebershüsse an Weizen abzugeben. Das Nähere hierüber veranschauliht die folgende

Tabelle : Erdtheile Einfuhr Europa hl 86 400 000 Amerika . Asien . Astilà Australien 4 000 000 Zutammen hl 86 400 000 85 300 000. i Nach dieser Tabelle ergiebt \sich für das Jahr 1900 ein Defizit von 1 100 000 h1 Weizen, welches aber mit Rücksicht auf die în Argentinien zu erwartende Mehrernte bedeutungslos erscheint. Außerdem verdient hervorgehoben zu werden, daß die Qualität des Weizens im Jahre 1900 allgemein befriedigend ausfiel, was in Bezug auf die Mehlausbeute wesentlich ins Gewicht fällt. E (Moniteur des Intérêts Matériels.)

Deutsche Werthe in australishen Rübenzucker- Unternehmungen,

(Nach einem Bericht des deutschen landwirthschaftlichen Sachverständigen in Sydney.)

Der Zuckerröbenanbau zog im leßten Jahrzehnt auch in Australien die Aufmerksamkeit industrieller Kreise auf si, da die natürlichen Verhältnisse demselben in Victorta und Neusüdwales günstig zu fein {tenen ; längere Vorbereitungen und Versuche feit den neunziger Jahren \cienen diese Ansicht zu bestätigen. Daraufhin kam 1896 in Viktoria das NRübenzuckergeset zu stande, demzufolge die Regierung an Privatrüben- z¡uckerfabriken für jede 20 A eingezahltes Kapital 40 A Vorschuß bei halbjährlihen Rückzahlungen innerhalb 46 Jahren gewährte, vor- ausgeseßt, daß im Umkreise von 16 km um die Fabrik mindestens 4000 ha Rübenland liegen, von denen jedenfalls rd. 800 ha jährli in Anbau sein müssen; außerdem muß mindestens ein Betriebskapital von 400 000 # vorhanden sein.

Daraufhin fand sich, unter starker Mitbetheiligung der Braun- \chweigishen Maschinenbauanstalt, eine Aktiengesellichaft zusammen, die in Maffra (Gippsland) 210 km östlich von Melbourne, in frucht- barster Gegend an der Bahnstatioa eine ftattliche, mit allen Verbesse- rungen der Neuzeit ausgestattete und auf starke Vergrößerung vorgesehene Zuckerfabrik gründete. Der Betrieb wurde im Jahre 1897 mit zum theil deutscher Leitung und deutschen Arbeitskräften eröffnet, nachdem mit vieler Mühe und nach Uebernahme etnes Theiles des Nübenlandes dur mehrere Syndikate und die Fabrik selbs die Rübenmengen gesichert I@ztenen. Í Y Es ift bekannt, daß diese ersten Versuche keinen Erfolg hatten ; die Fabrik mußte den Staatszushuß übermäßig in Anspru nehmen und hatte infoige von klimatischen und Betciebseinflüssen so schlechte Erfolge, daß fie 1899 aufhörte zu arbeiten.

Uebrigens ift dies nit die einzige deutsche Kapitalsanlage in australishen Nübenzuckerwerthen. Auch in Neuseeland hat man sich damit beschäftigt und im Jahre 1897 den Antrag gestellt, die Anlage von Rückenzuckerfabriken durch Negierungsprämien zu unterstüßen. In Tenterfi-ld ist nach vierjährigen vielverspr-e{chznden Anbauversuchen mît Zuckerrüben vor cinigen Jahren von einec Gesellschaft mit Betheiligung der Braunscbwetigishen Maschinenbauanstalt bei einem Kapital von 2000000 #4 der Bau der Fabrik mit einer einstweiligen Einrichtung für tägli 3600 az Nübenverarbeitung beschlossen worden, wobei man sih schon im voraus für die folgenden Betriebzjahre einen jährlihen Reingewinn von 60—70 000 A4 ausgerechnet hatte. Bei dem Mißzerfolge in Maffra hat man die Ausführung des Planes aufgehoben, es gilt aber als sicher, daß, sobald jene Fabrik nach ihrer Wiedereröffnung bessere Ergebnisse haben follte, nicht nur in Tenter- field, sondern auch sonst in Victoria und Neu - Südwales, und vielleiht noch anderwärts in kürzester Zeit neue Rübenzuckerfabriken entstehen würden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Malta.

Die Lokalregierung in Malta- hat unterm 24 v. M. in Ab- änderung früherer, im besonderen der unterm 3. v. M. (vergl. „R.-Anz.* Nr. 244 vom 13. v. M.) erlassenen Bestimmungen folgende Quarantäne-Verordnung erlassen: E,

1) Nachstehend aufgeführte Schiffe dücfen nicht in den Hafen

einlaufen, können aber mit den Quarantäne - Anstalten in Verkehr treten : a. Siffe, welche Cholera-, Gelbfieber- oder Pestfälle, oder Krankheitsfälle mit irgend welchen, den Symptomen dieser Seuchen gleihenden Anzeihen an Bord haben, oder während der Reise oder der vorhergehenden 21 Tage gehabt haben ;

b. Schiffe mit Pilgern aus dem Osten; L e (c. Schiffe aus dem Persishzn Golf und von arabischen Häfen des Rothen Meeres, welhe niht in Suez und Port Said zu freter Prafktike zugelassen worden sind. :

2) Es dürfen in dem Quarantänehafen unter Quarantäne- beschränkungen Ladung einnehmen :

2a. Schiffe aus irgend einem Hafen ohne reinen Gesundheitspaß, welche nicht unter die in Abs. 1 aufgeführten Bestimmungen fallen ;

b. Schiffe von Gla3gow, welche nicht in einem Zwischenhafen zu freier Praftike zugelassen und dort zur Zufriedenheit der Hafenbehörden desinfiziert worden sind;

c. Schiffe ohne reinen Gesundheitspaß und solhe von Glasgow werdeu zu freier Praktike zugelassen nah einem Zeitraum von 20 Tagen, gerechnet von dem l-ßten, amtlich gemeldetea Pest-, Cholera- oder ähnlihen Krankheitsfall.

3) Aerztliche Untersuchung. /

Alle Schiffe unterliegen bei ihrer Ankunft einer strengen ärztlichen Untersuchung.

4) Passagiere.

a, Passagiere und Mannschaften, welhe aus Glasgow, chinesishen, indischen und arabishen Häfen auf Schiffen eintreffen, welchze keinen Arzt an Bord haben, werden in einer der Quarantäneanstalten ge- landet, wo si? einer \trengen ärztlihen Unterfuhung unterliegen, bis ihre Kleider und alle sonstigen zum yecsönlihen G2brauh dienenden Gegenstände, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein könnten, gehörtg dvesinfiztiect worden sind.

þ) Pafsagiere und Mannschzften, w?lche aus den eben genannten Häfen auf Shiffen mit einem Arit an Bord eintreffen, dürfen landen; aber ihr Gepäck wird erst freigegeben, nahdem dasselbe in einer der Quarantäneanstalten desinfiziert worden ift.

5) Waaren.

Die Einfuhr von Kaffee, in Bohnen oder gemahlen, welcher mit gesundheits\{chädlichen Stoffen gefärbt ift, wird verboten.

Sthiffe, welche unter die in Abs. 2 aufgeführten Bestimmungen fallen, dürfen solhe Waaren löschen, welhe die Desinfektion zulassea oder nicht verdächtig find. : :

Aus verseuchten Häfen eingeführtes Getreide muß während 21 Tagen in dem Lazareth oder einen anderen von der Zollbezöcde bestimmten Orte aufbewahrt werden, wo es unter Leitung der Quarantänebehörde gelüftet wird. , -

Die Einfuhr von Lumpen is verboten. Nachstehende Gegenstände werden nur nach Desinfektion zugelassen : :

Kleidungsstücke, {mutzige Wäsche und Kleidung, Bettgegenstände , Federn, Knochen und Jute. i

Außerd-:m ist die Desinfektion vorgeschrieben für folgende Gegeu- stände, wenn sie aus einem verseuchten Hafen kommen: GebrauŸYte Säcke sowie Teppiche und Stickereien, welhz gebraucht sind, rohe und frishe und ungegerbte Felle. Thierabfälle, wie Klauen, Hufe, Haar?, ferner rohe Seide, Wolle und Menschenhaar.

Die Einfuhr von Häuten aus einem Hafen, gegen welchen Quarantäne vorgeschrieben ist, oder aus einem Oct, wo Viehseuchen herrschen, is nur nah vorheriger Desinfektion gestattet.

Die Einfuhr von Weinstôcken, Weinsprößlingen und Früchten, welhe in Weinblättern verpackt sind, ist verboten. Die Einfuhr von Pflanzen und Wurzeln aus irgend einem Hafen des Mittelländischen Meeres ist verboten, wenn si: niht von einem Zeugniß der britischen Konsularbehörde darüber begleitet sind, daß Phylloxera niht in dem Herkunftsort herrscht. i

Egypten.

Der Internationale Gesundheitsrath in Alexandrien hat be- {lofsen, die Pestmaßregeln gegen die Herkünfte aus Glasgow außer Anwendung zu seßen. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 214 vom 8. September d. J.)

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 1. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer „Kaiserin Maria Theresia“ 31. Okt. v Bremen in_Cher- bourg angek. und Reise n. New York fortges. „Coblenz“ 31. Ott. v. Baltimore und „Trier“ y. New York n. Bremen abgeg. „Prinz Heinrich“, n. Ost-Asien best., 31. Dkr. Gibraltar pass. „Aller“ 31 Okt. v. New York in Gibraltar angek. und Reise n. Genua über Neapel fortge. „Lahn“ und „Friedrih der Groß:" 1. Nov. y. Bremen in New York angekommen.

9, November. (W. T. B) Dampfer „Liblany" 31, Olf. Reise von Antwerpen n. Oporto, . Hamburg® 1. Nov. v. Neapel n. Genua fortgeseßt. „Ems“, nad New York bestimmt, 1. Nov. d. Azoren pa}. „König Albert“, n. Ost-Asien beft., 1. Nov. tn Colombo angek. „Prinzeß Irene“ 1. N-v. v. Rotterdam n. Ost-Asien abgeg. „Stuttgart“ 1. Nov. v. Bremen in Hongkong und „Willehad“ v. Australien in Neapel angek. „Karlsruhe*" 1. Nov. v. Fremantle und Borkum“ v. Galveston n. Bremen abgegangen.

Hamburg, 2. November. (W. T. B.) Hamburg-Amerika - Linie. Dampfer „Christiania“, v. New York über Kopenhagen n. Stettin, 1. Nov. Batt of Lewis passi:rt. „Cap Frio“ 2. Nov. in Hamburg angek. „Kaiser Friedrih“, v. New York n. Hamburg, 1. No». Dover und „Belgravia“, v. Hamburg n. New York, Curhaven pasfiert. „Granaria“ 2. Nov. in Hamburg angek. „Hungaria“, v. St. Thomas über Havre n. Hamburg, 2. Nov. Lizard passiert. „Armenta“ 1. Nov. in Philadelphia angek. „Sicilia“ 1. Nov. v. Jarow n. Hamburg, „Asturia“ 31. Okt. v. Singapore n. Penang abgeg. Hamburg“ 1. Nov. v. Neapel n. Genua weitergeg. „Aragonia* 2. Nov. in Singapore angek. „Adria" 1. Nov. v. Nagaf}aki n. Hamburg, „Sarnia“ 2. Nov. v. Schanghai n. Hongkong abgegangen. i

London, 2. November. (W. T. B.) Union-Linie. Dampfer „Scot* auf Heimreise Mittwoch von Kapstadt abgegangen.

Castle-Linie. Dampfer „Doune Castle“ heute auf Ausreise in Kopstadt angekommen.

Rotterdam, 1. November. (W. T. B.) Holland-A merika- Linie. Dampfer „Amsterdam“ v, New York heute in Rotterdam angek.

Theater und Musik.

Neues Königliches Opern-Theater.

Am Montag brachte das italienische Gaftspiel-GEnsemble Berdi?s Oper „Rigoletto“ zur Aufführung, der am Donnerstag die Oper «La Traviata“ desfelben Komponisten folgte. An beiden Abenden ftand naturgemäß wiederum Frau Sembrich im Mittel- punkt des Interesses. Wenn thr Sptel vielleicht auch die dramatische Kraft vermissen läßt, deren die Rollen der Gilda sowobl wie die der Violetta niht entrathen können, so entschädigt die Künstlerin dafür mehr als genug durch di: hohe, von warmer Empfin- dung getragene Gesangskunst. Diese herrlihe Sttmme, die bis auf den kleinsten Ton von wunderbarem Wohllaut ift, wird dem musikalishen Theil dieser Rollen in jeder Beziehung gerecht, und die Koloraturen sowie der fein ausgearbeitete Vortrag entzückten wieder von neuem das ge|pannt laushende Auditorium. Herr Bensaude als Rigoleito bezw. als Vater Germont war sehr annehmbar, obgleich er bei Wiedergabe der erstgenannten Partie anfänglih unter einer Indiéposition zu leiden hatte. Er er- freut durch die gleihmäßige Tongebung feiner prächttgen Stimme, wenn dieselbe au bisweilen Intonationés{chwankungen unterworfen ift. Herr Bonci wac sowohl gesanglih wie darstellerish treflich in der Wiedergabe der Partie des Herzogs, und auch die kleineren Rollen waren durch Herrn Arimondi und durch Signora Giaconia gut beseßt; der erstere sei jedo wegen seiner «in jeder Hinsiht mustergültigen Darstellung des Sparafucile besonders lobend erwähnt. Es erübrigt noch, des Herrn Pandolfini als Alfredo zu gedenken, dec eine zwar etwas ofene, flache Tonbildung hat, aber seine sonst niht unsympathische Stimme mit gutem Ausdruck zu verwenden weiß. Der Orchester-Di- rigent Herr Bevignani leitete wiederum beide Aufführungen mit feinstem musikalishen Verständniß und brachte die Schönheiten der Partituren in vollkommener Weise zu Gehör; namentli brahte ihm das Vor- spiel zum vierten Aft der „Traviata“ roarmen Applaus ein. Das zahl- reich erschienene Publikum spendete den Darstellern gleihfaüs leb- haften, ih immer wteder erneuernden Beifall und dankte ganz befonders Frau Sembrich für die genußreihen Kunstdarbietungen,

Theater des Westens.

Die spanishe Sängerin Fräulein Maria Barrientos beendete gestern Abend thr hiesiges Gastsptel tn der Portie der Lucia in Doni- zetti’'s Oper „Lucia von Lammermoor“, welhe in dec Wahn- finnsarie des dritten Aktes eine der shwierigsten, aber zugleih auch der dankbarften Schöpfungen für den kolorierten Gesang darbietet. Diesen Theil ihrer Aufgabe lôste die junge Künstlerin glänzend, namentli wetteiferte ihre kleine, bewegliie Stimme leiht und mühelos mit der die gleihen Läufe, Fiorituren und Triller aus- führenden Flöte, wobei besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß jeder Ton sch auc in der höchsten Lage tadellos klar und rein entwickelte. Weniger gut war es indessen 1 mit der Wiedergabe dramatischer Accente und mit der Dar-

stellung der Rolle bestellt. Hier verrieth sih die mit den Pa rungen der Bühne noh wenig vertraute Anfängerin ; Gesten und Mienen- spiel waren unfret und maten zu sehr den Eindruck des Anaelernten. Fm übrigen is der Gesammtaufführung, welche unter Kapellmeister Sänger’s temperamentvoller und sicherer Führung einen glatten Ver- lauf nahm, volle Anerkennung zu spenden. Besonders zeihneten 0) die Hzrren Acanyi (Edgard), Waschow (Asthon) und Günther (Rai- mund) aus. Deutsche Volksbühne.

Die Leitung dieser Bühne, welche sich bereits im vergangenen Winter mit ihren künstlerisch abgerundeten Vorführungen literarisch werthvoller dramatisher Werke günstig etngefübhrt hat, btahte am Mittwoch als Eröffnungsvorstellung im Belle - Alliance- Theater Lessing?’s Lustspiel „Der junge Gelehrte“ zur Auf- führung. Es war ein interessanter und wohlgelungener Versuch, ein bisher fast nie dargest:lltes Jugendwerk des großen Dichters wieder- zugeben, die Gelegenheit zu bieten, es mit den gefeierten Meister« werken desselben in Vergleih zu tellen und hierdurch einen Einblick in den Werdegang seines literarishen Schaffens zu gewinnen. Dieses Erstlingsftück Lessing's ift entschieden von histocishem und biographishem Werth; verkörpert es do gewisser- maßen in si die ersten chühternen Versuche, eine eigene selbständige Dramatik zu hafen, und trägt es doch die allmäblihe Loslösung von fremden Mustern in manther Hinsicht bereits in sich. Die Mischung teutsher Derbheit und französisher Salongewandtheit, die in den Charak teren des Stücks zum Ausdruck kommt, deutet u. a. {on darauf hin, und wenn die handelnden Personen au vielfa noch den Eindruck von Lheaterfiguren machen, so lassen die andererseits wiederum zur Geltung kommende Lebendigkeit des Dialogs fowie die Feinheit und Frische des Humors die werdende harafkteristische S{öovfungskraft des Dichters deutlih erkennen. Die Aufführung dieses Werks war eine hinsichtlich der Auffafsung und Durchführung der Noülen fowte bezüglih des Zusammenspiels und der Ausstattung vollendete zu nennen. Herr Paul Pauli als Damis verförperte vorzüglich den eitlen, selbstgefälligen, jeter Schmeichelei auh der seines Dieners zugänglichen, sich selbst Hoch übers \chäßenden jungen Gelehrten. Fräulein Grete Carlsen als Lisette bot ein Kabinetstück der Charakteristik einer gewißten Kammerjungfer und riß dar ihr natürlihes und fein detailliertes Sptel zu Beifall auf offener Scene hin. Würdig {loß sich ihr der Chrysander in der Darstellung des Herrn Claudius Merten sowie vor allem die von Herrn Karl Waldow fein erfaßte und durchgeführte Gestalt des Anton an. Herr Burg als Vater und Fräulein Grüning als Juliane vervoliständigten durch gute Auffassung und Darstellung ihrer bes \cheideneren Rollen den vorzüglihen Eindruck, den die ganze Aufs führung bei den Zuschauern hinterließ.

Im Königlichen Opernhause findet morgen eine Auf- führung von Beethoven's Oper „Fidelio" unter Kapellmeister Stravß? Leitung und in folgender Besezuna statt: Don Fernando : Herr Bachmann; Don Pizarro: Herr Hoffmann; Florestan: Her: Sylva; Leonore: Fräulein Reinl; Rocco: Herr Mödlinger; Marzelline: Frau Grakrl; Jacquino: Herr Philipp. Zu Beginn wird die Leonoren-Ouvertüre (Nr. 3) in C-dur gesptelt.

Im Königlichen Schausptelhause gebt morgen zum erften Mal „Meine Schwiegertochter* („Ma bru“), Lustspiel in dret Aufs zügen von Fabrice Carré und Paul Bilhout, deutsch@ von Paul Blo, in Scene. Die Damen Schramm, Sperr, Sandow, Pagay und die Herren Vollmer, Boet!her, Herßer, Keßler, Kirschner, Kra'ßneck und Paris find darin beschäftigt. Das Stück is vom Regisseur Droescher in Scene geseßt.

Im Neuen Königlichen Opern-Theater gelangt morgen als jechste italienishe Opern-Vorstellung NRössini’'s komishe Over „Il Barbiere di Siviglia*“* zur Aufführung. Die Nosfina singt Frau Marcela Sembrih, der Tenor Herr Bonci singt zum ersten Male die Partie des Grafen Almaviva; außerdem treten die Herren Bensaude, Arimondi und Tavecchia auf. Jin dritten Akt singt Frau Marcella Sembrih als Einlage die große Arie aus „Ernani* von Verdi. Preise der Pläße: Mittel - Balkon und Logen 12 4; Parquet 10 4; Seiten- Parquet 6 #; Seiten- Balkon 6 und 5 Æ; Tribüne 5 und 4 4; Stehplaß 2 M

„Der Rebell*, Schauspiel in vier Akten von Hugo Ganz, ift die nähste Novität des Berliner Theaters. Dasselbe wurde bereits mit Erfolg am Deutschen Landes-Theater in Prag aufgeführt. Die E: stauffühcung ift für Dienstag, den 6. November, mit Ernst Pittshau in der Titelrolle angeseßt worden.

Im Schiller - Theater wird der Geburtstag Friedrich Sciller's in diesem Jahre dur zwei Aufführungen von „Wilhelm Tell* gefeiert werden. Die erste Aufführung ist für Sonnabend, den 10. November, angeseßt und in erster Linie für Schüler bestimmt. Die zweite Aufführung findet am Sonntag, den 11. November, stcttk.

Im Theater des Westens eröffnet morgen Frau Selma Schoder, früher am Kaiferlicen Theater in St. Petersburg, als Saffi im „Zigeunerbarou* ein auf längere Zeit berechnetes Gastspiel. Die Kürstlertn hat fich bereits durch ihr Auftreten während dieses Sommers hier günflig cingeführt, Die nächste Wiederholung der Oper „Hoffmann?'s Erzählungen“ findet am Sonutag Abend statt.

Mit Rüccksiht auf die Fesilihkeit, die der Verein „Berliner Presse" am 10. d. M. în den Räumen des NReichstags- gebäudes veranstaltet, hat fh die Direktion des Lessing-Theaters im Einvernehmen mit dem Autor entschlossen, die für diesen Tag in Aussiht genommene Premiòre des Philippi’sWen Schauspiels Die Mi sion“ auf Dienstag, den 13. November, zu verlegen.

In der im Nesidenz-Theater am Sonntag, Mittags 12 Uhr, zum ersten Male in Scene gehenden Novität „Sturm“, Schauspiel in vier Aufzügen von Friedrich Jacobsen, wird Fräulein Adele Hartwig die weibliche Hauptrolle spielen. Außer ihr find in dem Stück noch Frau Brock und die Hercen Martini, Nickelt, Seldeneck und Werner beschäftigt

Die Sezelision8büh ne bereitet für Mitte d. M. die Erstauf- führung des Schauspiels „Der Tod des Tintagiles* von M. Maeterlink vor. An demselben Abend geht auch die einaktige Groteske „Der Heiraths- antrag* von Anton Tschehow erstmalig in Scene. Bis zum 14. No- vember bleiben die erfolgreihen Einakter „Die Bildshniter“, „Daheim“ und „Der Bär“ auf dem Repertoire.

Am Mittwoch, den 21. November (Bußtag), Abends 73 Uhr, findet im Königlichen Opernhause ein Konzert des König- lihen Opernchors statt. Zur Aufführung gelangen: 1) „Ein deutshes Requiem“ für Soli, Chor und Orchester von J. Brahms, 92) die Ouvertüre und eine Arie für Tenor und Orchester aus „Messias“ von Händel, 3) „Pa1sifal“ (1 Akt Verwandlung) für Soli, Chor und Orchester von R. Wagner. Kapellm-ister Dr. Mud dirigiert: Außerdem wirken die Königliche Sängerin Frau Gradl, sowie die Königlihen Sänger Herren Hoffmann, Knüpfer, Krasa und Sommer und die Mitglieder der Königlichen Kapelle mit. Der Billetverkauf findet vom 5. No- vember d. J. ab tägli von 9 bis 6 Uhr in der Hofmusikalienhanda. lung von Bote u. Bock (Leipzigerstraße 37) zu den üblichen Opern«- haus-Preisen statt. Aufaeld wird nicht erhoben.

Frau Brigitta Thielemann bringt in ihrem am Mittwoch, den 7. d. M., in der Sing-Akademie statifindenden Lieder-Abend vorzugéwz:ise Gesänge lebender Komponisten zu Gehör, u. a. au die von Heinrich van Eyken komponierten „Fiedel-Lieder“ von Theodor Storm. Die Begleitung liegt in den Händen von Fräulein Marie Bruno.

Mit Genehmigung des Präsidenten des Reichstags gedenkt der Verein „Berliner Presse“ am 10. November zu wohls«-" thätigem Zwecke in der großen Wandelhalle des Reichstags- gebäudes ein Konzert zu veranstalten, für welches vershiedené erste Künstler und Künstlerinnen bereits ihre Mitwirkung zugesagt haben. Hieran fofl fich ein Promenaden-Konzert s{ließen. Nähere Vêtttheilungen über Programm und Verkauf der Eintritts« karten toerden demnächst veröffentliht werden.

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