1839 / 192 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Paris hätte zurückkehren können. Am Schlusse der leßten Ses- sion- konnten diese \{chdnen Träume der Verwirklichung nahe scheinen, jeßt sind es aber leere Schäume. Der Entwurf der Regie- rung beschränkte dieAusdehnungder Unternehmung außerordentlich, deanoch war es ein Anfang. Das Votum der Kammer ver- nichtet Alles. Es ist, unserer Ansicht nach, ein unheilvolles Votum. Nach allem hat das Kabinet vom 12. Mai bis jeßt kein Glück in den materiellen Fragen gehabt, und wenn es das parlamentarische System zu repräsentiren behauptet, so muß man eingestehen, daß dies System dem Glücke des Landes nicht sehr zuträglich (ist. Die bedeutendste aller Eisenbahnen, um die man sich am lébhafcesten gestritten hatte, welche der angesehensten Gesellschast bewilligt worden war, wird aufgehoben, ohne daß das Ministerium auch nur den Mund aufgethan hat, sie zu vertheidigen. Denn wenn der Minister der dffentlihen Arbei- ten die Rednerbühne bestiegen hat, so that er es bloß um ein theoretishes Glaubensbekenntniß zu Gunsten der Zinsen -Ga- rantie abzulegen, oder vielmehr, um Herrn von Lamartine zu antworten; Zur Widerlegung der Ansichten der Kommission,

welche der Ausfuhrung der Eisenbahn entgegen waren, und welche den eigentlichen Gegenstand der Erörterung bildeten, konnte Herr Dufaure kein Wort finden.“

Großbritanien und Fr land.

Parlaments - Verhandlungen. Oberhaus. Siz- zung vom 5. Juli. Zu Anfang der Sibung wurde die Ja- maifa-Bill zum drittenmale verlesen und angenommen, bei wel- cher Gelegenheit der Kolonial: Minister, Marquis von Nor- manby, noch Folgendes bemerkte:

„Jch kann nicht umhin, mein Bedauern darüber auszuspreczenu,

daß die Vill gerade derjenigen Bestimmungen beraubt worden, die |

mir für den jezigen gesellschaftlichen Zustand in Jamaika als wesent- lich erschienen, da sie zu einer festen Begründung der Verhältnisse zwischen Herrn und Diener beigetragen haben würden, die gewiß eben

so befriedigend für die Neger als vortheilhaft für die Pflanzer gewe- |

scu wären. Doch hoffe ih zuversichtlich, daß das Versammlungshaus von Jamaika, wenn es sicht, daß die Bill in ihrer gegenwärtigen Gestalt die fast cinmüthige Zustimmung beider Parlamcntshäuser er- haiten, seine Fnnctionea wieder aufnehmen und die Bestimmungen dieser Maßregel unnöthig machen wird, und ich kann versichern, das Minifterium wird durch seine Justructionen an den Gouverneur zei- gen, daß ihm schr daran liegt, die Sachen zu der so wünschens- werthen Erledigung zu bringeu.“'

Hierauf trat der Erzbischof von Canterbury mit seiner angekündigten Motion in Bezug auf die vom Unterhause zu Unterrichtszwecken bewilligten Gelder hervor. Er beantragte zwei Resolutionen, die sich gegen das ministerielle System, ins- besondere gegen. die Beaufsichtigung der Verwendung jener Gel- der durch einen Auéschuß des Geheimenraths, aussprechen, und eine Adresse an die Königin, diese Resolutionen enthaltend. Jn der Rede, durch welche er seinen Antrag motivirte, bedauerte er es sehr, daß ihn seine Pflicht in eine für ihn so betrübende Lage verseße, in die Nothwendigkeit nämlih, sich den Ministern Jhrer Majestät zu opponiren; aber mit der Sorge für die Kirche, mit der Ober-Vormundschaft der auffeimenden Genera- tion beauftragt, könne er bei dieser Gelegenheit nicht zurück- stehen, und nicht der Klerus allein, sondern alle Freunde der Kirche, ja ein großer Theil der Dissenters selbst, werde sein Verfahren billigen.

¡Man wirft der Geistlichkeit vor“, fuhr der Prälat fort, „daß sie aus Eigennuß gegen den ministeriellen Plan auftrete, aber wie fann man einen solchen Vorwurf einer Corporation machen, die so achtungswerth- ist durch die Anzahl ihrer Mitglieder, die Frömmigkeit derselben und thre Freiheit von politishem Vorurtheil? Man hat auch behauptet, der Klerus wolle das Volk in Unwissenheit halten und handele bloß aus Bigotterie. Zu solchen Beschuldigungen aber is kein Grund vorhanden; die Geisilichen siud Freunde des Erzichungswe- sens, fie wolleu selbs weiter gehen ais ihre Verleumder, sie wollen der moralischen Crgiedung und dem fklassishen Unterrichte des Volks die hohe Weihe der Religion ertheilen. Man wirft endlich den Geisili- chen vor, daß sie sih die Gewalt anmaßen wollten, ihre Doktrinen dem ganzen Volke einzuprägen; sie thue aber nichts der Art. Alles, was fie wollen, ist, daß die Kinder der Aeltern, die ihren eigenen Heerden augchören, ihnen nicht aus den Händen genommen, daß diese in denselben Lehren unterrichtet werden sollen, wie ihre Väter. Das Schulwesen, das zur Zeit der Reformation uud nocz später sehr ver- nachlässigt war (es wurde im Fahre 1685 die erste Armenschule errici- tet), hat fich ers zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch die „Sesellschaft zur Beförderung chrislliher Wissenschaft““ gehoben und ift erst mit dem Beginne des gegenwärtigen Fahrhunderts durch die Einführung der Bell- und Lancasterscheu Syskenie auf seine jetzige Stufe gelangt, so daß jeyt, und zwar unter den Auspizien der Kirche, 17,341 Volksschulen miï 1,000,087 Kindern ganz oder ihcilweise durch mildthätige Gaben unterhalten werden. Das ijt das Werk der herr- schenden Kirche, deun von dieser is jene Gesellschaft ausgegangen. Nichtêdeftoweniger will ih einräumen, daß das Unterrichtswesen noch schr viele Mängel zeigt; aber man geht damit um, Diözesan-Schulen einzurichten, in denen Lehrer gebildet werden sollen, an denen es hauptsächlich fehlt; zugleich sollen unter der Ober-Aufsicht der Bischöfe und Domkapitel in allen Distrikten besondere Schulen angelegt wer- den, unter der speziellen Obhut des Pfarrers.“

Der Erzbischof motivirte dann ausführlicher seine Einwen- dungen gegen den ministeriellen Plan, die darauf hinausliefen, daß der Staat gar nicht das Recht habe, sih in den Volks- Unterricht einzumischen, sondern daß dies auéschließlich Sache der Kirche sey, welcher der Staat unbedingtes Vertrauen zu schenken habe. Er führte noch besonders an, wie gehässig der Plan von den Ministern entworfen sey, da sie alle Theilnahme des Parlaments auf Bewilligung der nöthigen Gelder beschränk- ten, welche bekanntlih nur vom Unterhause ausgehe, so daß jede Theilnahme und Beaufsichtigung von Seiten des Oberhau- ses wegfalle. Hierauf beantragte er die Annahme der ersten der von ihm vorgeschlagenen Rejolutionen. Diesem seßte ministe- riellerseits der Marquis von Lansdowne als Amendements den Antrag auf die vorläufige Frage entgegen. Gegen die Behaup- tung des Erzbischofs , daß der Kirche das ausschließliche Auf- sihtsreht über den Volks. Unterricht zustehe, wendete er Folgen- des ein:

„Wer soll denn die Aufsicht über den Unterricht der nicht zu der Kirche gehörenden, die kirchliche Autorität niczt anerkennendcn Dissen- ters führen, die doch mehrere Millionen der Bevölkerung ausmachen. Nur dem Staate faun es obliegen, för Alle gleichmäßig Sorge zu tragen, und so if es denn auch immer untex allen bisherigen Regie- rungen gehalten worden. Seit dem Frieden ist in Europa. von allen Regierungen, welche Verfassung auch das Land haben mochte, mit Recht auf den Volks - Unterricht großer Eifer verwandt worden; daß derselbe aber in England, ungeachtet der so viel berühmten Anstrengungen des Klerus, noch sehr zurück is, läßt sich nicht leugnen; uud zwar findet der Nachtheil sowohl in quantitativer als qualitativer Hiusicht statt, wie zahlreiche Beweise der gröbs-

en Jgunoranz besouders in der so nahe bei der Hauptstadt iegenden Grafschaft Kent noch ganz neuerdings bewiesen haben, und wie besonders der Umstand befundet, däß in den großen Fabrikslädten Une, Liverpool und anderén faum der vierte Theil der Bevöl- ferung lesen und schreiben kann, während 80,000 Kinder in vier odér fünf dieser Städte noch jeßt ganz ohue allen Unterricht sind.“ Der Marquis von Lausdowne vertheidigte daun noch insbesondere die Ver-

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fügungen des mehrerwähnten Gehcimeraths - Befehls vom 5. April, welcher die Verweudung der vom Parlamente votirten Geider der Beaufsichtigung eines Ausschu}es des Echeimen Raths, besteheud aus dem Präsidenteu des Geheimen Raths, dem Großsiegelbewahrer, dem Kanzi- ler der Schaßkammer und dem Minisier des Juneras, unterwirft und die- sem Ausschuß des Geheimen Raths das Rechi ertbeilt, Shzu!-Juaspeftoren zur lintersuchung der durch öffentliwe Gelder uuterstügten Schulen ab- zuordnen, wobei er besonders die Nothwendigfeit einer solchen bis jeßt gänzlich mangeluden Juspection darzuthun suchte. Er resümirte zuleßt die Absichten der Regierung dahin: „Die Regicrung will nur den Unterricht in nichtreligiösen Dingeu durch cigeue Bemühungen fördern, den Religions - Unterricht selbst der Kirche ganz überlassen; wenn aber auch der Kirche dieses Recht unangetajiet vorbehalten bleiben foll, so darf doch deshaib der Unterricht derer, die nicht zur herrschenden Kirche gehören, nicht vernachlässigt werden, und die Re- gierung will daher Sorge tragen, daß ein von den Repräsentauten des ganzen Volkes votirter Geld-Beitrag zum Volks- Unterricht auch Allen zu Gute fomme, zum Nutzen Aller verwendet werde; uur in diesem Sinne wird auch der Ausschuß des Geheimen Rathes scin Amt zu verwalten haben.“

Nach dem Präsidenten des Geheimen Raths sprach der Bischof von Exeter, der der Kirche alle möglichen Rechte und Befugnissg. zu vindiziren suchte; die Frage des Marquis von Lansdowne: Ob die Kirche sih auh das Recht anmaßen wolle, über den Unterricht der Dissenters zu verfügen? beant- wortete er dahin, daß allerdings die Kirche nicht das Recht in Anspruch nehme, dem ganzen Volke ein bestimmtes Unterrichts- System aufzudringen, wohl aber von dem Staate mit Recht genügende Mittel verlange, um allem Volke, möge es nun zur Kirche gehdren oder nicht, ausreihenden Unterricht anzubieten. Die diesem Rechte entsprehende Pflicht habe der Staat bis jeßt nicht erfúllt, und daher dúrfe man der Kirche keine Vorwürfe machen, wenn der Volksunterricht niht genüge. Zu Gunsten des ministeriellen Plans sprachen dann der Bischof von Dur- ham, der Graf Fißwilliam und der Bischof von Norwich, egen denselben der Bischof von London. Hierauf nahm Lord Brougham das Wort, und griff zunächst den Bischof

| von Exeter und dessen Aeußerungen über die der Kirche dro-

FEleo den verschiedenen Klassen der Gesellschaft.

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hende Beeinträchtigung an. Dann tadelte auch er den Plan der Regiernng, aber nur deshalb, weil er nicht weit genug gehe.

„Jch bedaure“, sagte der Redner, „daß die Regierung, aus Furcht vor den sinulosen Besorgnissen Einiger, deu jämmerlichen Affectatio- nen Anderer und den thörichten Vorurtheilen der Uebrigen, das, was eine allgemeine Maßnahme für den Volfks-Unterricht hätte seyn sol- len, herabgebracht hat auf einen bloßen Plan, cine einzige Normal- schule in London einzurichten und etuen Ausschuß zur Beaufsichtigung der Verwendung einer Geldbewilligung von 20 oder 30,000 Pfo. zu ernennen. Es thut mir leid, daß das Parlament nicht bereit ist, scine Pflicht gegen das Volk zu erfüllen, daß, nachdem 25 Jahre verflossen sind über dem Bedauern, daß es an öffentlichem Unterrichte hier zu Lande fehlt, nachdem es von allen Parteien anerkannt wordeu, daß das Volk von England weniger gut unterrichtet isi, als die Völker des Kontinents von Europa, und nur wentger schlecht als die Jtaliäner und Spanier, daß nach allem diesen das Höchste, wozu wir den Muth gefaßt haben, nur darin besteht, vom Parlamente 30,000 Pfd. zu verlangen und einen Ausschuß von Edelleuteu zur Beaufsichtigung der Verwendung dieser Summe einzuseßen. Noch trauriger aber ist es, daß es Millio- nen hier zu Lande giebt, die so kindisch, so unbedachtsam, so aller Ueberlegung baar sind, daß sie sih durch das Geschrei hinreißen las- sen: Die Kirche is in Gefahr! Was muß ich da für meinen Plan befürchten, der dahin geht, jedem Kirchspiel die Mittel zu geben, daß es allen Klassen der Bevölkerung, ohne allen Unterschied der Sekten, die Vortheile des Unterrichts zufließen lassen könne. Dessenungeacztet halte ih es aber doch aber für meine Pflicht, den ministeriellen Plan besimöglich zu unterstützen, da nur Jgnoranz und Verleumdung den- selben bekämpfen. Ein Haupt-Frrthum, auf den die Geisilichkeit ihre Ansprüche in dieser Sache degrüudet, isl der, daß der Staat der Kirche die Unterweisung des Volks in Religionssachen übertragen habe, und daß ihr daher auch der Unterricht des Volfes in nicht- religiösen Dingen zukomme. Sie verlangt daher hinreichende Gcld- mittel, um diesen Unterricht für alle Kiassen, Dissenters sowohl wie Mitglieder der herrschenden Kirche, einführen zu können. Aber wie sie es machen wollen, diesen allgemeinen Unterricht, in dem daun ja auch der Religions - Unterricht mitbegrisfen ist, so cinzurichten, daß er den Dissenters angenehm seyn fönne, sagen sie uicht; die Dissenters werden natürlich ihre Zustimmung nicht dazu geben, daß ihre Kinder in den Lehren der herrschenden Kirche unterrichtet wer- Vel D, (Ede O binn can, dag Gelder, die vou deu Repräsentauten des ganzen Volfes für den Unterricht dcs ganzen Volkes bewilligt worden, nur zum Vortheil einer be- stimmten Klasse von Staats - Angehörigen verwendet werden; gerade diesem zu entgehen, Allen zu möglichst gleichen Theilen den Genuß der zu gewährenden Voriheile zu verschaffen, ist die Grundidece des mi- nisterielleu Planes. Man hat eingewendet, daß die Oberaufsicht durch die Minister, auch abgesehen davon, daß sie auf diese Weise dem Kle- rus entzogen werde, sich als unzwcecmäßig darstelle, da die Minister anderweitig zu schr beschäfiigt seyen, um si um die Details der Er- ziehung zu befümmern. Aber man vergißt, daß ja eben nur cin Ober- Aufsichtsrecht, keine Jnspecction der Details statthaben soll, und was die allzugroße Beschäftigung betrifft, so steht darin die Geistlichkeit, wenn sie ihre Pflicht gehörig erfüllt, den Minisiern keinesweges nach ; fie hat eben so wenig Zeit zur Detail: Fnspection wie Jene. Ueberdies aber ist es thöricht, davon zu reden, daß der Geistlichkeit als solcher die Verfü- gung über den Volfsunterricht ausschließlich zufomme. Jch wider- streite der Behauptung geredezu, daß die Geistlichen mehr als die Laien an und für sich Lehrer des Volkes seyen; ich leugne, daß sie mehr als diese cin Recht darauf haben, es zu seyn. Sie sind Lehrer im höchsten Sinne des Wortes, sie sind Lehrer und Prediger, sie sol- len in der Religion Unterweisung geben, Andere aber sollen nichtre- ligiöses Wisseri verbreiten. Allerdings föunen sie Bcides vercinigen, aver den Klerus als eine Corporation darzustellen, die in weltiichem Wissen besonders bevorzugt sey, erscheint wir als cine absurde, ganz aus der Luft gegriffene Behauptung. Einer der sehr ehrwürdigen Prä- laten, die vor mir gesprochen haben, behauptet, daß intelleftuelles Wissen sehr gut sey für Männer von hobem Range und Gelehrsamkeit, da es bei ihnen ats Ersay für die Religion dicuen könne, daß beim ge- meinen Volk aber nur durch die Religion die sittliche Aufführung ge- sichert werden fönne. Jch verstehe nicht, was das heißen soll. Jch

¡jaube, daß die Reichen eben so wenig wie die Armen der Weihe der

cligion zu enibehren vermögen, und faun den Kodex der Sittenge- see nicht billigen, aus welchem der sehr ehrwürdige Prälat diese sehr gefährliche Lehre geschöpft hat. Es is von demselbeu bemerkt wor- den, daß Leute aus der niedrlgen Volfksklasse nicht durch die Rücf- sicht auf die Ehre geleitet wlirdeu, welche in den höheren Klassen so gute Er- folgeherbeiführe. Die Weihe aber, welche die Ehre giebt, isi iu den höheren Klassen sehr zweifelhafter Art; Schaden-Ersay in gewissen Prozessen lieber jäblen, als Handwerfer-Rechnungeu; sogeuaunte Ehrenschuiden, beim Spiele unter Verleßung der Landesgeseße gemacht, lieder entrichten, als geschmäßig eingegangene Schuldverbindlichkeiten tilgen; ein un- bedeutendes Wort übelnehmen und einen Mebschen deshalb tödten ; allen Verkehr mit einem Nachbar, einem Freunde abbrechen, weil er sich, geweigert hat, Jemand im Duell umzubringen ; das is das Eh- rengeseß des sehr ehrwürdigen Prälaten. Es is cin tolles, näcrisches, grotesfes Gesepbuch. (Gelächter.) Jch sage nichts dagegen; es ist der Zustand, in dem wir leben, der aber in einigen zwanzig Jahren, wenn der Schulmeisier auf Reisen seyn wird, wie ih hoffe, sein Ende finden dürfte. Jch fenne feine solche Unterschiede

Laster nenne ch Laster, Verbrechen nenne ih Verbrehen, mag es von einem Pair oder einem Landmann begangen werden; mag den Einen die Ehre dazu verleiten, das zu thun, was díe Religion verdammt, was das Geseg für sirafbar exklärt, die Moral von fich weist, das

Gefühl des® Menschen im Natur- Zustande verabscheut und verachtet, so nenne ih das ncht-destoweniger Unrecht, Verbrechen, Sünde, mag es im hohen Stande verübt werden, oder im niederen; und hier trifft das Sittengeset, die weltliche Lehre des Schulmcisters gauz mit der religiösen Lehre des Priesters zusammen. Jch, daß man oft sagt, und es if beute Abend auch bier vorgebracht worden, die Ar- men hätten zu viel zu thun, um sich ihren Lebens Unterhalt zu erwer-

ben, als daß sie sich mit Erwerbung vou Kenutuissen abgeben fönuten. .

Wer das sagt, feunt aber nicht ihre Sitten, weiß nichts von ihrem Ge- shmacck, zeigt eine große Unfenntuiß ihrer Fähigkeiten und weiß noch weniger die heilsamen Felgen zu beurtheilen, welche dieser Zweig des Unterrichts hervorzubringen verspricht. Da hat z. B. während des leuten halben Fahrbundexts in dem öjilichen Theile dieser Hauptstadt eine Gejell- schaft bellanden, zusammengeseßt aus deu geringsten Handwerfern, uux sich dic Lektüre mathematiscwer Werke, die über die abstrusesten Zweige jeuer Wissenschaft zu handein, zu verschaffen. Micht fünf vou den WMäunern, zu denen ich jegt sprecze, „die nicht säeu, nicht spinuen, die eben so wenig arbeiten, wie die Lilien auf dem Felde“, die Geld baben und Lehrer und Zeit nach Belieben , nicht ünf vou Jhnen, Mylords, würden, das will ih wetten, gewisse Bücher lesen köunen, über welhe jene Gesellschaft von Handwerkera klagt, weil sie nicht hinlänglich tief in die mathematishen Wissenschaften eingehen. (Hört !) Jch selbst fann dieses Fafium verbürgen, da ih Antheil au der Pu- blication der Bücher habe, über welche geklagt wird. Die Geseilschaft selb aber hat einige Weife herausgegeben, die durch und durch wisscn- schaftlich und unter deu arbeitenden Klassen weit verbreitet siud.““ Nach dieser Abschweifung kam Lord Brougham wieder zurück auf das Verlangen der Geisilichkeit, daß man ihr die Mittel geben müsse, um für alle Klassen des Volks ohne Unterschied der Scfkten den Unterricht bestreiten zu fönnen. Er mißbilligte den durch dieses Verlangen ausgedrückten Wunsch, wo möglih unter den Dissen- rers Proselyten sür die herrschende Kirche zu machen, und, fich auf eiue Reußerung des Erzbischofs von Canterbury bezichend, daß im Grunde die Glaubenslehren der herrschenden Kirche fich von duen der meisten dissentireuden Sekten nur wenig unterschieden, und daß des- halb die Dissenters wenig aufrichtigen Widerwilien gegen den von dem Klerus geordneten Unterricht empfinden könnten, sprach er sich dabin aus, daß die Disseaters, da sie gleiche Beisteuer zu den Kosteu jcisteten, vollkommen eben fo berechtigt seyen, von den Mitgliedern der herrsheuden Kirche zu verlangen, daß sle sh ihrem Unterrichte fügten. Aber dic Behauptung des Erzbischofs scy unbegründet; denn feine Meinungs - Verschiedenheit in Religionssachen, wenn sie aus der Ueberzeugung fließe, könne unbedeutend seyn, Miemand wenigstens habe ein Recht, die Verschiedenheit für unbedeu- tend zu erflären, wenn der Andere sie für wichtig halte. Niemand sey berechtigt zu sagen: „Der Unterschied is unbedeutend zwischen uns, wir wollen, daß man uns höre und nicht Euch, kommt zu uns herüber, dotirt uns besser, bereichert uns mehr, gebt uus größere Macht, erweitert unseren Wirkungskreis, gebt uns Aufmunterung, vernachlässigt die Anderen ;““ denn zu allen Zeiten seyen solche Worte die Vorläufer von Verfolgungen gewesen, und wenn jeyt auch nicht mehr mit Geißel und glühenden Zangen und Facein gewüthet werde, so werde doch nicht geringerer Druck auf die Verfolgten geladen durch Einführung von Privilegien und Bevorzugungen eincr Sefle vor der auderen. Schließlich vertheidigte der Redner das Verfabren der Miunifler in der vorliegenden Maßnahme selbs. Er erinnerte daran, daß es denselben freisiehe , ohue Zuzichung des Ober- hauses Millionen auf den Unterricht zu wenden, wenn sie uur die Genehmigung des Unterhauses dazu hätten. Die beantragten Re- solutioncen, welche den Miuistern den von ihnen einzuschlagenden Weg vorzeichnen sollten, seyen also eigentlich cin bloßes Nichts und ganz zweck- los. Sie würden sich rechtfertigen lassen, wenn etwa ein Augriff auf die Kirche beabsichtigt wäre oder dergleichen. Aber davon ent- halte der ministerielle Plau nichts, im Gegeutheil bestimme er aus- drücklich, daß jeder Schule Kapläne, aus der Geistlichkeit der herr- schenden Kirche genommen, beigegeben werden sollten. Auch das Lehrer-Seminarium, dessen Einrichtung die Minister wenigstens vor- läufig aufgegeben haben, solle cinen folhen Kaplan erbalten, und auch von diesem Jusiitute würde man daher keine Gefahr zu be- sorgeu gehabt haben. „Aber“, so schloß Lord Brougham, „die Furcht vor Gefahren der Kirche ist auch nur ein Vorwand, und das Gerede davon wird bald shwinden. Viel mehr als die Miuisier jegr beabsihiigen, wird geschehen und zwar ohne cin Zeichen der Unzil- friedenheit zu erregen. Man wird der Vernuuaft die Ehre geben und aufhören, die Religion zur bloßen Gefühlssache zu machen, und dann wird ganz sicher au das Unterrichtswesen nicht mehr durch den Ruf, daß die Kirche oder der Klerus oder die Religion in Gefahr seyen, in seinen Fortsczritten gehemmt werden ; die Grundsätze religiöser und bürgerlicher Freiheit werden daun die Grundlagen auch des Volk5- Unterrichts bilden.“

Lauter und anhaltender Beifall folgte dem Schluß dieser Rede. Der Herzog von Wellington erklärte sich gegen den Regierungöplan, und nachdem Lord Melbourne, die Treff- lichkeit der Ausführungen Lord Brougham's anerkennend, noch eine kurze Rede gegen die Motion des Erzbischofs von Canter- bury- gehalten hatte, welche er unter Anderem als gegen die Prárogative der Krone verstoßend schilderte, wurde zur Abstimmung úber die erste Resolution geschritten, welche 229 Stimmen (darunter 58 durch Vollmacht) für die Resolution und 118 (worunter 38 durch Vollmacht) gegen dieselbe, also eineMajoritáätvon111Stimmen gegen die Minister ergab. Die zweite Resolution wurde dann, nach einer vom Marquis von Lansdowne beantragten Worrveräuderung, ohne Abstimmung angenommen, eben so wie der fernere Antrag des Erzbishofs von Canterbury, daß die Adresse der Königin von dem ganzen Hause in corpore über- reicht werden solle. Das Haus vertagte sih unmittelbar nach der Annahme dieser Beschlüsse um 3!/, Uhr Morgens.

Unterhaus. Sibung vom d. Juli. Nachdem von mehreren Seiten, von Tories und Liberalen, von Oberst Per- ceval, Herrn Jackson und Herrn O'’Connell, die Aufforderung an die Minister gerichtet worden war, etwas zur Linderung der durch den schlechten Ausfall der Kartoffel - Aerndte in Jrland unter dem dortigen Landvolke entstandenen Noth zu thun, weil sonst Tausende daselbst den Hungertod |terben würden, legte der Kanzler der Schaßkammer endlich dem Unterhause sein lange vershobenes Budget vor. Obgleich das Haupt: Fn- teresse an diesem Abend auf die Sikzung des Oberhauses sich hinwendete, so war man doch auch begierig, zu erfahren, was die Minister in Bezug auf die Herabsezung des Briefporto's zu thun gedächten, und wodurch fie den davon fürs erste zu gewärtigenden Ausfall in der Staats - Einnahme zu decken beabsichtigten. Es hatte sich daher auch im Unter- hause eine ziemlich zahireiche Versammlung eingefunden. Herr Spring Rice sprach fast zwei Stunden lang, um seine Finanz- Verwaltung zu rechtfertigen. Er beklagte es, daß man bei dem großen Ausfall zwischen der Einnahme und Ausgabe die- ses Jahres auf eine Vermehrung der Marine und der Armee dringe; er entschuldigte den Zustand des Schaßes mit den gro- ßen Ausgaben, welche die Kanadische Empdrung nöthig gemacht, und schlug vor, das Defizit, welches etwa 1 Million Pfd. betrage, durh eine neue Verausgebung von Schabz- fammer - Scheinen zu decken. Sodann trug er auf eine Resolution an, wodurch das gegenwärtige Brief - Potto in ein gleihmäßiges Porto von einem Penny für jeden Brief verwandelt und das Haus verpflichtet werden soll, das dadurch in der ersten Zeit des neuen Versuchs jedenfalls in der Ein- nahme entstehende Defizit auf irgend eine andere Weise zu decken. Er kündigte an, daß der Resolution, wenn die ange-

nommen werde, eine Bill über die Umgestaltung des Portos folgen solle, und er hoffe, daß jedes Mitglied, welches für die Resolution gestimmt, jpäterhin auch von der eingegangenen Verpflichtung sich nicht entziehen werde. Das Haus war nun sehr gespannt, zu höôren, worin diese Verpflihtung bestehen solle, allein in dem Augenbli, als man zu erfahren glaubte, was denn nun an die Stelle der verminderten Porto-Einnahme treten solle, die der Redner zu 1,500,000 Pfo. jährlich, so wie den dadurch bewirkten Verlust als sehr bedeutend angab, {loß er seine Rede damit, daß er dem Hause für seine Aufmerksam- keit danfte und es Jedem überließ, zu errathen, ob das be- absichtigte Aequivalent dem Handel, dem Ackerbau, den Fa- briken oder vielleicht, wie die Opposition ironisch bemerkte, der Kirche zur Last fallen werde. Herr Goulbourne beklagte sih hierauf über das Temporisiren der Minister in Bezug auf die Finanzen des Landes und ermahnte das Haus, bei diesem Gegenstande von umfassenderen Gesichtspunkten und dauernden und allgemeinen Rücksichten auszugehen, statt für jedes Jahr vereinzelte ‘Punkte zu erörtern.

„Das gegenwärtige Defizit‘/, fuhr er fort, „ist allerdings den eigenthümlichen Ereiguissen in Kanada zuzuschreiben, allein diese Er- cignisse und die dadurch veranlaßten Ausgaben hätten sich durch cine frähere den Bedürfnisscn der Kolonie entsprechende Anwendung der Englischen Militairmacht verhindern lassen. Es is allerdings wahr, daß das Haus, wie alle volfsihümliche Versammlungen, geneigt ift, durch Erweiterung der Dienszweige Schulden zu machen, und sich zu wenig um die Mittel zur Bezablung derselben zu beflimwmern. Aber wenn der Kanzler der Schaßkammer wirklich dies fühlt, so es um so auffalleuder,. daf er felne: Nede, worin er das Vorhandenseyn cines Defizits von einer Million Pfd. anzeigt, mit einer Resolution schließt, wodurch das Aufgeben von 1!/, Million Einkünfte beantragt wird, ohne anzugeben, auf welche Weise dieser große Verlust erseyt werden fönnte. Was eine neue BVerausgabung von Schatzkammer - Scheinen betrifft, so ließe sich dies cher hören, wenn sih nur annehmen ließe, daß Herr Spring Rice habe andeu- ten wollen, daß das jeßt vorhandene Defizit nicht dauernd seyn werde, aber welchze Gründe hat man, um einen anderen Zustand der Dinge zu erwarten? Ju Jahre 1837 ergab si ein Defizit, von welchem Herr Spring Rice sagte, es sev nicht dauernd; im Jahre 1838 wie- der ein Defizit, von dem er wieder dasselbe sagt; im Jahre 1839 abermals ein Defizit, und abermals dieselbe Erklärung, und in keinem die- ser aufeinanderfolgenden Jahre ist von dem Ministertum etwas Anderes gethan wordeu, um die Ausgaben mit der Einnahme in Ueberein- stimmung zu bringen, als daß es stets nah dem verschwenderisczen Plan, neue Schulden zu machen, verfahren ist. Jch protestire gegen diese Vermehrung der neufundirten Schuld. Was die Herabsetzung des Porto?s betrifft, so würde ich dieselbe billigen, wenn der Schaß es aushalten fann. Jch glaube, das gleihmäßige Porto von einem Penny wird mehr einbringen, als wenn es auf zwei Peuce oder mehr festgesetzt würde, und ich hoffe, daßdieEinkünfte eventuell dadurch nicht leiden werden, aber anfangs wird unvermeidlich ein Defizit entsteben, zu dessen Deckung feine Anordnungen getroffen worden sind. Jst die Bill zur Herabsetzung des Brief-Porto’'s cinmal ohne eine Bestimmung für das Aequivalent angenommen worden , so wird es schr s{chwierig seyn, in einem späte- ren Jahre eine ausgleicende Steuer einzuführen, denn was man anch vorschlagen mag, so wird es immer einigen, vielleicht gerechten Widerstand finden, und man wird wieder zu Schaßkammer-Schcinen seine Zuflucht nehmen müssen. Wie schr auch der Kanzler der Schat- fammer fich auf die Ehre der Mitglieder dieses Hauses berufen mag, so fann doch Niemand vorhersehen, welche Mitglieder denen des jeti- gen Hauses folgen werden, und der Repräsentant für Kilkenny im nächsten Parlameat fönnte leicht die Versprehuugen seines jcuigen Vorgängers (des Herrn Hume) zu erfällen sih weigern. Für jet will ich mich der Resolution uicht widersezen, aber ih behalte mir vor, auf einem fünftigen Stadium eine Maßregel zu bekämpfen, die 1!/, E Einkünfte abschafft und für ein Aequivalent zu sorgen uu- er ß Add

Herr Hume war der Meinung, daß, wenn auch das Haus ausdrücklich die Verpflichtung für die von dem Ministe- rium vorgeschlagene Resolution übernehme, dadurch doch keines- weges die Bewilligung eines Aequivalents für den etwanigen Ausfall verbürgt werde. Dann rügte er die späte Einbringung des Budgets, die bisher nur ein einziges Mal, und zwar auch unter der Verwaltung des jeßigen Kanzlers der Schaßkammer, bis zum Juli verschoben worden sey, während es spätestens im April vorgelegt werden sollte. Ueber das Benehmen der Engli- schen Bank machte er beiläufig auch einige tadelnde Bemerkun- gen und beschwerte sich bitter darüber, daß seine Freunde, die Minister, neulich Abend, als sein die Bank-Geschäfte betref- fender Antrag auf der Tagesordnung gestanden, sich alle Mühe gegeben hätten, das Zusammenkommen der zur Be- rathung erforderlichen Anzahl von Mitgliedern zu verhindern. Ueber den Finanz - Zustand des Landes sprach er großes Be- dauern aus und sah wenig Hoffnung auf eine Verminderung der Ausgaben, da die Minister entschlossen seyen, die Kanadi- schen Angelegenheiten bis zum Jahre 1842 unerledigt zu laf- sen. Er tadelte es sehr, daß die Regierung sih in Verbindun- gen mit der Englischen Bank eingelassen und sich von diesem Institut abhängig gemacht habe, denn der Staat dürfe von kei- ner Privat- Anstalt abhängig seyn, das heiße sih auf ein schwan- kes Rohr (reed) stäben. Diese vielleicht nicht beabsichtigte An- spielung auf einen der Bank - Direktoren, Namens Reed, der auch Mitglied des Unterhauses ist, erregte schallendes Geläch- ter. Schließlich warf Herr Hume dem Ministerium vor, daß es die Gelder der Sparbanken zu Fonds - Speculationen ge- brauche. Nach einigen Bemerkungen des Herrn Wallace über das Briefporto nahm Sir R. Peel das Wort und erklärte, daß er keiner Verpflichtung des Hauses zu einer entfernten und unbestimmten Steuer - Auflage seine Zustimmung geben könne; wenn die Minister die Aufhebung eines Einnahmezwei- ges vorschlügen, so sey es auch ihre Sache, eine Quelle zur Deckung des Verlustes ausfindig zu machen; er wolle sih da- her der vorgeschlagenen Resolution widerseßen, und wenn er dabei auch ganz allein stände. Nachdem sich sodann noch einige andere Mitglieder hatten vernehmen lassen, wurde die ministe- rielle Resolution ohne Abstimmung angenommen; Sir R. Peel behielt sich jedoch vor, bei der Einbringung des Berichts darú- a die auf nächsten Freitag angeseßt wurde, eine nähere Er- erung des Prinzips der Resolution zu veranlassen; wenn

arüber abgestimmt sey und die Bill auf den Beschluß des

Hauses begründet wer i j j widerseßen. de, wollte er sich dieser dann nicht weiter

London, 6. Juli. Jhre Maj i igi

“li j i é Majestät die Königin hat si

s durch Lord Melbourne den durch sein Bea Genen

5 E Herrn Owen vorstellen lassen.

Lord Eli L p der Konservative, Herr Gibson, hat kürzlih auch

mie den Miaaservatives Parlaments-Mitglied für Ost:-Cornwall,

oi Census ern gestimmt, dec Leßtere bei der Frage über

Blätter nd r die Jrländischen Munizipal-Wähler. Die Tory- er sind darüber natürlich sehr unwillig und rathen dem

Lord, wenigstens dem Beispiel des Herrn Gibson zu folgen und

seinen Parlamentssig niederzulegen.

Die Untersuchungen des vom Oberhause niedergeseßten Ausschusses über den Zustand der Rechtspflege in Irland soll

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ein sehr günstiges Ergebniß fär die Verwaltung des Mar- quis von Normanby, als Lordlieutenant jenes Landes, geliefert haben, so daß dieser gegen die von den Tories, namentlich vom Grafen Roden, gegen in erhobenen Beschuldigungen vollkom- men gerechtfertigt dastehen dürfte. Wie verlautet, wird der be- E Ausschußbericht nächstens dem Oberhause vorgelegt werden.

Der Bischof von Lichfield und Coventry ist mit Tode ab- gegangen.

Gestern wurde zu Birmingham wieder eine Versammlung der Chartisten - Abgeordneten gehalten, in welcher die in der Nacht zuvor stattgefundenen Verhaftungen besprochen wurden, besonders die des Dr. Taylor, eines der Häupter des sogenann- ten National-Konvents, der wegen Aufruhrs in Anklagezustand verseßt ist. Alle Anwesenden sprachen ihre Theilnahme und ihren Entschluß aus, bis zum Aeußersten im Kampfe zu behar- ren. Dann wurden drei Resolutionen beantragt und einstim- mig angenommen, welche durch Anschlag bekannt gemacht wer- den sollen. Die erste erklärt, daß ia der despotischen Verhaf- tung des Dr. Taylor der Beweis für den Mangel aller Ge- | rechtigkeit in England zu finden sey; diezweite erklärt den Angriff | aufdie Versammlung im Bullring durch die Londoner Polizei fúr eine | freche, offenbare und ungerechte Gewaltthat ; die dritte endlich lautet | also: „Beschlossen, daß das Volk von Birmingham am besten dar- über urtheilen kann, ob es das Recht hat, im Bullring oder | anderswo zusammenzukommen, daß es mit sich selbst darüber zu | Rathe zu gehen hat, was von der verübten Gewaltthat zu hal- | ten sey, und daß es am besten seine eigene Macht und seine | Hülfsmittel zur Erlangung von Gerechtigkeit zu beurtheilen ver- | mag.‘ Die Resolutionen wurden nur von dem Secretair Lo- | vett unterzeichnet, um nicht unnöthigerweise Mehrere zu kom- | promittiren. Ein Theil der Abgeordneten wollte heute nach | London zurückkehren. Sie sollen mit Herrn Attwood konferi- | ren, der am 12ten seinen auf die von ihm eingebrachte Petition | wegen der Volkscharte begründeten Antrag im Unterhause vor- |

bringen wird.

Der Bericht über die Staats-Einnahme des leßten Quar- tals ist gestern Abend publizirt worden. Sie beträgt 308,175 | Pfd. mehr, als in dem forrespondirenden Quartal des vorigen Jahres. Jn dem ganzen, mit dem 5. Juli beeudeten Finanz- | Jahre beträgt die Einnahme 2,076,659 Pfd. mehr als in dem | Jaht vom 5 Jule 1897 bis zum 5 Juli 1838 7 Die: Hauptvermehrung hat in den Zöllen und in der Accise statt- | gefunden.

Jn diesen Tagen traf Miß Clara Novello von ihrer Kon- | tinental-Reise wieder hier ein. Sigismund Thalberg wird näch- stens hier sein le6tes Konzert geben, indem er, wie es heißt, seine dffentlihe Künstler-Laufbahn bald ganz schließen will.

Nach den lebten Briefen aus Bombay vom 21. Mai soll | daselbst von der auf dem Marsche nah Kandahar befindlichen | Armee die Nachricht eingegangen seyn, daß nicht weit von je- | ner Stadt ein ziemlich heftiges Treffen stattgefunden habe. Die | ganze aus Jnfanterie, Kavallerie und neun Kanonen bestehende | Streitmacht der Afghanen rückte zum Angriff vor und trieb die irregulaire Kavallerie zurúck, welche die Front der Britischen Truppen deckte. Durch diesen scheinbaren Erfolg ermuthigt, dra die Feinde weiter vor und trafen unerwarteter Weise auf Sale’s Brigade regulairer Truppen, die sogleich ein hesfti- ges Feuer erdôffnete, wodurch die Feinde mit dem Verlust aller ihrer Kanonen und vieler Leute völlig in die Flucht geschlagen wurden. Man fand es auffallend, daß die zum Widerstande entshlossenen Häuptlinge von Kandahar die vereinigten Trup- pen Sudscha's und der Indischen Regierung den gefährlichen | Bolan-Paß ruhig hatten passiren lassen, obgleich dazu mehrere | Tage erforderlich waren.

Belgi én Brüssel, 9. Juli. (Telegraphische Nachricht.) Der Königl. Preußische Geschäftsträger am Belgischen Hofe, Graf von Seckendorff, ist gestern Abend hierselbst eingetroffen.

Jta li én |

Venedig, 25. Juni. Nachdem die mit Prüfung des Pla- | nes der von Venedig nah Mailand anzulegenden Eisenbahn | beauftragte Kommission dieses Geschäft beendigt, ist der Beschluß | gefaßt worden, den Plan Sr. Majestät dem Kaiser vorzulegen, | um dessen Allerhöchste Erlaubniß zum Anfang der Arbeiten zu | erhalten. |

__ Turin, 1. Juli. Die Piemontesische Zeitung giebt | eine Beschreibung der dreitägigen Feier, wozu die Päpstliche Ap- | probation der Verehrung, die man seit undenklicher Zeit den |

selig gesprochenen alten Fürsten Savoyens, Humbert und Bo» |

nifacius, beweiset, Veranlassung gegeben. Beide gehödren zu den Ahnen der heutigen Könige Sardiniens; Humbert war tegierender Fürst, und Bonifacius Erzbischof von Cambridge in England.

Rom, 28. Juni. Das Diario di Roma meldet die am 23. Juni erfolgte feierliche Einweihung der Kirche der Erzbrü- derschaft (unter dem Schuge der Heiligen Bartolomeo und Alessandro von Bergamo stehend), als Vorbereitung zu der dritten Säkularfeier der Stiftung dieser Brüderschaft, die im nächsten August statthaben soll.

S van ie: ü.

Madrid, 29. Juni. Die Hof-Zeitung enthält heute die Ernennung des Generals Leopold O'Donnell, bisher Chef des Generalstabs des Herzogs von Vitoria, zum Befehlshaber

der Central- Armee und zum General - Capitain von Aragonien | ; ; | dieser Zeit hatte noch kein ernstlihes Gefecht zwischen beiden

und Valencia. Außerdem meldet dasselbe Blatt noch, daß die

versammelt gewesenen Landes - Deputation sind von der Regent- schaft und dem Senate interessante Mittheilungen gemacht wor- den, welche gegen den abgetretenen Fürsten eine sehr gereizte Stimmung erregten, die sich zum Theil in lauten Ausbrüchen Luft machte. Jn Folge jener Mittheilungen ist von den Abge- ordneten einstimmig die Zufriedenheit des Serbischen Volkes mit dem neuen Stand der Dinge ausgesprochen und beschlossen worden, an den Türkischen Pascha sowohl als an den Russischen Konsul Deputationen zu senden, um dieselben zu bitten, bei idren betreffenden Höfen die Sanctionirung der neuen Ordnung in Ser- bien unterstüßen zu wollen. Wie es heißt, haben beide Deputatio- nen erwünschte Mittheilungen in den Schooß der Volksversammlung zurücfgebraht. Nachdem schließlich ein permanenter Ausschuß von acht Mitgliedern der Versammlung gewählt worden war, um im Einvernehmen mit dem Senat und der Regentschaft die neue Organisirung zu vollenden, lôste sih dieselbe auf, und die Deputirten kehrten jeder nah seiner Heimath zurück. Der nah St. Petersburg beorderte Herr Zoritsch, welcher früher Erzieher der Prinzen, Söhne des Fürsten Milosch, und in leb- ter Zeit Secretair bei dem Russischen Konsul war, ist ein ge- borner Serbe, und man versichert, daß er eigentlich in dieser Eigenschaft, und zwar mit Vollmachten der Regentschaft und des Senats, die Mission erhalten habe. Es heißt, der Senat

| habe die Einziehung sämmtlicher vom Fürsten Milosch stipulir-

ten Pensionen, Herabseßung sämmtlicher Beamten-Gehalte und mehrere die Erleichterung des Volkes bezweckende Neuerungen beschlossen. Der jüngere Bruder des Fürsten Milosch, General Johann Obrenowitsch, ist zu Belgrad noch immer in Haft. Er sagt aus, daß er nur den Befehlen seines fürstlihen Bruders gemäß gehandelt habe.‘“

Serbische Gränze, 2. Juli. (Bresl. Z.) Am 26sten ist der neue Türkische Pascha von Belgrad daselbst eingezogen und der frühere Jaßut Pascha hat sich nach Widdin begeben. Der neue Türkische Gouverneur hat den versammelten Ser- bischen Senatoren Vorwürfe gemacht, weshalb sie den Fürsten Milosch entwischen ließen und nicht zur Bestrafung nach Kon- stantinopel abschikten. Jm Lande herrscht Ruhe und der versammelte Landtag hat am 30sten eine Deputation nach Kon- stantinopel abgeshickt, um die Huldigung und den Tribut des Fúrsten Milan dem Sultan zu überbringen. Alle Papiere des vertriebenen Fürsten Milosch sind einer Prúfungs - Kom- mission úbergeben worden. Milosch sagte vor seiner Abreise

| der versammelten Kommission der Senatoren, denen er anfangs

seine Mitwissenschaft an dem Komplott leugnen wollte, daß er weder lesen noch shreiben könne, und daher für diese Schriften nicht verantwortlich sey.

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Konstantinopel, 17, June (A d SUpr n Sonntag, unmittelbar nach der Ankunfc des Französischen Pa- ketboots, welches Herrn Folß, den Adjutanten des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, hierher führte, und welches die Nachricht von der bevorstehenden Ankunft des Prinzen von Joinville mitbrachte, ward in der Pforte ein außerordentlicher Rath gehalten, der fünf Stunden dauerte. Seitdem sind die Mitglieder des Divans wegen der gegenwärtigen Ereignisse schon dreimal in dem geheimen Rath zusammengekommen. Man glaubt, daß die Französische Regierung noch immer die Absicht hat, den Krieg zu hindern, und daß die Sendung des Herrn Folß an den Admiral Roussin diesen Zweck hatte; aber man zweifelt, daß die Pforte geneigt sey, ihren einmal gefaßten Ent- \hluß, Syrien von dem Joch Jbrahim Paschas zu befreien, wieder aufgeben wird. Wie dem auch seyn mag, die Ankunft des Herrn Fol6 ist ganz dazu gemacht, eine Lage, die nur zu verwickelt ist, noch schwieriger zu machen.

Das Jnkognito, das der Prinz Georg von Cambridge be- hauptet, erlaubt ihm nicht, dem Sultan vorgestellt zu werden ; indeß wird er mit der größten Auszeichnung behandelt und wird heute, kraft eines auf Befehl des Großherrn ihm zuge- schickten Fermans, die Moscheen besuchen.

Gestecn Sonntag begab sich der Patriarh der schismati- schen Armenier nach Beschiktasch, um die neue Kirche einzuseg- nen, welche an diesem Ort erbaut worden. Eine zahlreiche Menge wohnte dieser Ceremonie bei.

Ein Theil der Osmanischen Flotte unter den Befehlen des Kapudan Pascha befand sich gestern bei Niagara, während der andere in den Dardanellen ankerte. Die ganze Flotte sollte Sonntag oder Montag unter Segel gehen, um sih, wie man sagt, nach Metelin zu begeben.

Der Admiral Lalande mit zwei Schiffen befand si eben- falls gestern unter dem Cap Baba, wohin das Englische Schiff, der „Vanguard‘/, mit Depeschen vom Admiral Stopford für Lord Ponsonby gekommen war. Der „Vanguard‘? sollte in diesen Gewässern die Antwort des Englischen Gesandten ab- warten.

Diesen Morgen mit Tagesanbruch traf das Französische Schif} „„Triton‘/ im Smyrnaer Golf den „Jupiter“/, an dessen Bord sich der Prinz von Joinville befindet, und segelte mit demselben nah der Rhede von Vurla.

Smyrna, 22. Juni. Unterm heutigen Datum bringt das hiesige Journal in derselben Nummer, in welcher es den (im vorgestrigen Blatte der St. Z. mitgetheilten) Bericht

| von dem ersten Vorposten : Gefecht zwischen der Türkischen Und | der Aegyptischen Armee, von der Niederlage der Aegypter und | von dem darauf erfolgten Einrücken der Türken in Aintab mit-

| theilt, als Nachschrift in einer zweiten Ausgabe seines Blattes

folgende neueste Nachrichten vom Kriegsschauplaßbe: „Die neuesten Briefe aus Beirut sind vom 17. Zuni. Zu

Obersten Narciso Claveria und Ricardo Schely zu Brigadiers, | Armeen stattgefunden, und bei dem Abgange des „Seri, Petrz-

und zwar der Erstere zum Chef des Generalstabes der Armee, der Leßtere zum Befehlshaber der Kavallerie derselben Armee, ernannt worden sind. Dem Vernehmen nach, sollen

entral-

vas“/ verbreitete sich das Gerücht, daß die Türkische Armee an-

gefangen habe, s een Deren in der Entfernung von i j je bei rmeen l

Bis dahin standen die beiden eel er, “Die Nachricht voti

der General Seoane zum zweiten Commandeur in Catalonien | drei bis vier Stunden einander geg ) : und di é é ina re ; a asha’s war jedoch keines- ie Generale Narciso Lopez und Borso di Carminati zu | der rückgängigen Bewegung Don Sia in Beirut den An-

Division8-Generalen der Catalonishen Arnee ernannt werden. |

Auch behauptet man noch immer, daß der General Don San- tiago Mendez Vigo, welcher jeßt die Truppen in Estremadura kommandirt, an die Stelle des Generals O’Donnell zum Chef des Generalstabes der Nord-Armee ernannt werden solle; doch bedarf dies noch der Bestätigung.

Die Provinzial - Deputation von Madrid hat die Königin in einer Adresse um Aufhebung des Dekrets ersucht, wodurch die Hälfte des Zehnten wiederhergestellt wird.

Serbien Die Allgemeine Zeitung enthält folgende Mittheilung

weges offiziell, und man erw ( s Toi iakeiten. n Syrien herrshte noch immer fang da Seins T ließ einen Aufstand zu Gunslen

ufregung, und i r derbétseheii. Die Sendungen von Truppen und Munition aus Aegypten währten noch immer fort. Die

Í aus Alexandrien sind gleichfalls vom 17. Juni N dort nichts Neues über die Operationen Jbrahim's, zweifelte jedoch nicht, daß es nächstens zu einer Kollision kom- men werde. Die Vorbereitungen des Pascha's waren übrigens ungeheuer und wurden mit der größten Thätigkeit betrieben. Um sich Geld zu verschaffen, hat Mehmed Ali Anleihen bei den einheimischen und Europäischen Kaufleuten gemacht. Der-

von der Serbischen Gränze, 27. Juni: „Der in Belgrad |

von dem Französischen Minister der auswärtigen Angelegen-