1877 / 105 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 May 1877 18:00:01 GMT) scan diff

eute früh 84 Uhr sind Se. Majestät der Kaiser und Kbrig von Straßburg o0.ogereist. Vor der Abfahrt atten Se. Majestät Jhre vollkommene Zufriedenheit mit Fhrem Aufenthalte und der Aufnahme in Straßburg gegen die Civil- und Militärbehörden ausgesprochen. : : Die Ankunft in Hagenau erfolgte um 10 Uhr. Auf dem fest- lih geshmüdckten Bahnhofe waren die Spitzen der Behörden zum Empfange des Kaisers anwesend. Außerdem hatte sich ein zahl- reiches Publikum, darunter auch viele Damen, auf dem Bahn- hofe und in den zu demselben führenden Straßen eingefunden, welches Se. Majestät mit lebhaften Zurufen begrüßte. Nach der Ankunft begaben Sih Se. Majestät zu Wagen nah dem Garnisons-Exerzierplaße, woselbst die Besichtigung des Lauen- burger Jägerbataillons Nr. 9 und des Schlesishen Dragoner- Regiments Nr. 15 stattfand. Nach derselben nahmen Se. Majestät im Militärkasino ein Dejeuner ein. Die Weiterreise nah Bitsch sollte um 11# Uhr erfolgen.

Dem Bundesrath is der Antrag Preußens, be- treffend die Aufnahme der Fishrä ucherei-Anstalten in das Verzeichniß der gewerblichen Anlagen, welche nach §. 16 der Gewerbe-Ordnung einer besonderen Genehmigung bedürfen, vorgelegt worden.

Nach telegraphisch hier eingegangenen amtlichen Mel- dungen hat die türkische Regierung das ganze russische Küstengebiet des Shwarzen Meeres vom 5. Mai ab in Blokadezustand erkärt. Den Schiffen, welche sich nach cinem der Häfen der blokirten Küste zu begeben beabsichtigen, wird eine Frist von drei Tagen, denjenigen, welche jene Häfen verlassen, eine solche von fünf Tagen gewährt. Schiffe, welche in der Fahrt begriffen sind und von ‘der verfügten Blokade feine Kenntniß haben, sollen davon bei ihrer Ankunft in den blofirten Ge;vässern dur die türkische Flotte benachrichtigt und als feindliche behandelt werden, falls sie troßdem ihre Fahrt in denselben fort}eßen.

Das Ex ekutiv-Comité der europäischen Do- nau-Komission zu Galat hat im Hinblick auf die augen- blicklihe Sahlage mehrere Maßnahmen getroffen, welche die Wahrung der Neutralität der genannten internationalen Kommission im Auge haben. - Die General-ZJnspektion Und das Hafen-Kapitanat in Sulina haben Weisung erhalten, auf den Schiffen der Kommission bis auf weiteren Befehl aus- shließlih die Signalflagge diefer leßteren aufzuziehen. Alle Beamten der Kommission sind mit einer besonderen Legitima- tionsfarte versehen und endlich sowohl an die russischen als an die Lokalbehörden das Ersuchen gerihtet worden, dem Personal und der Verwaltung die ihnen durch die Verträge zuerkannten Jmmunitäten zu sichern.

Nach der vom Neichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der heutigen Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung über im Monat März d. J. beförderte Züge und deren Verspätungen wurden auf 55 größeren resp. wich- tigeren Eisenbahnen Deutschlands (exkl. Bayerns) mit einer Gesammtlänge von 25,058,,9 Kilometern befördert:

an fahrplanmäßigen Zügen 10,169 Courier- und Schnell-, 77,839 Personen-, 34,240 gemischte und 67,771 Güterzüge ;

an außerfahrplanmäßigen Zügen 774 Personen- und ge- mischte und 26,209 Güterzüge.

Jm Ganzen wurden 568,003,049 Achskilometer bewegt, von denen 158,062,651 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. e

Es verspäteten von den 122,248 fahrplanmäpigen Courier, Schnell-, Personen- und gemischten Zügen im Ganzen 459 Züge oder 0,zz Prozent (gegen 0,56 Prozent im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 159 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, #o daß durh im eigenen Betriebe der Bahn liegende Ursachen 300 Verspätungen bei 0,» Prozent (gegen 0,zz Prozent im Vormonat) der beförderten Züge entstanden.

Jn demselben Monate des Vorjahres verspäteten auf 63 Bahnen durch im eigenen Betriebe liegende Ursachen 1043 Züge, gleih 0,4; Prozent der beförderten Züge, sonach 0,¿g Prozent mehr. i:

Jn Folge der Verspätungen wurden 74 Anschlüsse versäumt (gegen 286 in demselben Monat des Vorjahres, resp. 121 im Vormonat).

Es ist die Frage angeregt worden, ob die im zweiten Absate des §. 8 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 vorgeschriebene Bekanntmachung der vom Provinzial- Landtage beshlossenen statutarishen Anordnun- gen und Reglements durh das Ober-Präsidium oder durch den Landesdirektor zu bewirken sei. Mit Bezug hier- auf hat der Minister des Jnnern in einem Cirkular vom 17. Januar d. J. bemerkt, daß die den Provinzialverbänden nah §. 8 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 zu- stehende Befugniß zum Erlasse von statutarischen Anordnungen und von Reglements die Besugniß zur Bekanntmachung derselben in der im zweiten Absaßze des angesührten Paragraphen vorgeschriebenen Weise in sich schließt. Die Publikation der von dem Provinzial-Landtage gemäß 8. 8 (35) a. a. O. beschlossenen statutarishen Anordnungen und Reglements durch die Amtsblätter der Provinz ist daher Sache der ausführenden Organe des Provinzialverbandes. Selbstverständlich dürfen derartige Beschlüsse, soweit sie nah Vorschrift des Gesetzes der landesherrlichen oder ministeriellen Genehmigung bedürfen, niht vor Ertheilung derselben publi- zirt werden.

Der feit einiger Zeit im Auswärtigen Amt beschäftigt gewesene Assessor Peldram is dem Kaiserlihen Konsulat in Odessa überwiesen, um den zeitweilig der Kaiserlichen Botschaft in St. Petersburg zugeordneten Vize-Konsul Frei- herrn vou Lamezan zu vertreten.

Jn Beziehung auf die Bestimmung des Strafgeseb- buchs über die Theilnahme an einer strafbaren Hand- lung hat das Ober-Tribunal in einem Erkenntniß vom 12. April 1873 folgenden Rechtssaß ausgesprohen: Der Be- griff der thäthigen Beihülfe bei der Begehung einer strafbaren Handlung schließt den der Anstiftung niht aus. Dieselbe Person, welche den Thäter zur Begehung der That bestimmt hat, kann demselben auch bei der Begehung Hülfe leisten, also zugleich Anstifter und Gehülfe im Sinne der 88. 48, 49 Str. G. B. sein, ohne dadur Mitthäter zu werden. edoch kann der Theilnehmer, wenn er auch als Anstifter und Gehülfe

Theil genommen, nur mit einer Strafe (und nicht nit einer-

Gesammtitrafe) belegt werden, falls er nur einem Ver- brechen Theil genommen hat.

Beamte, welche als Zeugen in Sagen, die ihr Amt unmittelbar betreffen, vernommen werden, können nah der Kriminal-Ordnung die Richtigkeit ihrer Ri auf den von E geleisteten Amtseid versichern. Jn Beziehung auf diese Bestimmung hat das Ober-Tribunal in einem Erkenntniß vom 12. April 1877 ausgesprochen, daß Beamte, welche als Sachverständige vernommen werden , ebenfalls die Richtigkeit ihres Gutachtens auf ¡den geleisteten Amtseid versichern können.

Briefsendungen für S. M. S. „Niobe“ find bis 26. Mai cr. inkl. nah Kiel, vom 27. bis inkl. 30. Mai nah Saßnit (auf Rüger), vom 31. Mai bis inkl. 3. Juni cr. e Swinemünde, vom 4. Juni bis inkl. 6. Juni wieder na Saßnit, vom 7. bis inkl. 10. Juni cr. nach Karlskrona, vom 11. bis infl. 18. Juni nach Kopenhagen, vom 19. bis inkl. 25. Juni nach Arendal, vom 26. Juni bis inkl. 19. Juli nach Edinburgh, vom 20. Juli bis inkl. 4. August cr. nah Cowes (England) und vom 5. August bis inkl. 16. August nach Dartmouth, i :

Briefsendungen für S. M. S. „Victoria“ von heute ab bis auf Weiteres nach Gibraltar und diejenigen für S. M. S. „Hertha“ von heute ab nach Port Said zu dirigiren.

Baden. Karlsruhe, 3. Mai. Der Großherzog hat sich heute Vormittag von hier nah Straßburg begeben, um Se. Majestät den Kaiser bei Seinem ersten Besuch in den Reichslanden zu begrüßen.

Bremen, 3. Mai. (H. N.) Die Par haft genehmigte gestern Abend das neue Gese wegen hung der Schiffe, das die Löschfristen abkürzt und den hiesigen Hafen in dieser Hinsicht auf gleichen Fuß mit Antwerpen set. Ein Versuch des Hrn. Thyen, für Schiffe über 600 Registertons längere Frist dur(zuseßen, {lug fehl. Ferner wurde beschlossen, eine Deputationsberathung darüber vorzuschlagen, ob nit auch unseren Landwirthen, wie denen der Nachbargebiete, durh Errichtung einer eigenen Kreditanstalt Gelegenheit gegeben werden jolle, für allerhand Meliorationszwe e Anleihen zu mäßigem Zinsfuß und mit angemessener allmählicher Tilgung aufzunehmen. Gegen das Verfahren bei öffentlichen Subhb- missionen lagen Beschwerden vor, die jedoh für unbe- gründet besunden wurden. L

4. Mai. (Wes. Ztg.) Morgen findet der Stapel- lau f des vierten auf der Werfte der Gesellschaft „Weser“ er- bauten Panzer kanonenbootes statt. Jn vierzehn Tagen folgt der des leßten,

Oesterreich-Ungarn. Wien, 3. Mai. Der Aus- \chuß zur Vorberathung der Ausgleihsvorlagen wählte N ein zwölfgliedriges Subcomité zur Vorberathung der Zuctersteuervorlage, ein zwölfgliedriges für vie Bankvor- lage und ein siebzehngliedriges für das Zoll- und Handels-

bündniß. Der Finanz-Minister rekapitulirte den Gang der |

Ausgleichsverhandlungen seit 1875. Die Vorlage des Holl- tarifs ist noch nicht erfolgt, weil die Verhandlungen mit Deutschland noch in der Schwebe sind. Die Steuerrestitutionen werden, wie der „Prager Z.“ von hier gemeldet wird, erst in der Quotendeputation zur Erörterung kommen. Der Minister trat der Anschauung entgegen, daß das ganze Ausgleichswer von 1867 rescindirbax sei ‘(und konstatirt bezüglih d Quoten die Anschauung der Regierung, daß das bis- herige Verhältniß annähernd auch heute ensprechend sei. Bezüglih der Bank könne die österreichische Regierung auf einen Erfolg hinweisen, indem sie die einheit- lihe Gebahrung mit den Cirkulationsmitteln wahrte. Die 80 Millionen-Shuld werde derzeit von der ungarischen Re- gierung wenigstens als Verhandlungsgegenstand anerkannt. Auf von einem Abgeordneten gemachte Einwürfe ret» fertigte der Minister Depretis die projektirte Petroleumsteuer, welche so angelegt werden wird, daß die heimische Petroleums- industrie niht gefährdet werde. Nachdem noch mehrere Ab- geordnete an der Debatte sich betheiligt, gab Minister Lasser nochmals ein Bild der Verhandlungen, betonend, daß der Dualismus heute das einzig Mögliche set, und daß die Regie- rung bezüglih aller Ausgleichstheile das Möglichste erreicht habe, indem sie sich das Zustandekommen des Ausgleiches überhaupt als Richtschnur seßte und mit dem ruhigen Bewußt- sein, die Jnteressen des Reiches und Cisleithaniens gut ver- treten zu haben, die Vereinbarung dem Parlamente vorlegte.

Das „Fremdenbl.“ schreibt : Es scheint, daß der russisch: türkische Krieg niht ohne Einfluß auf die Gestaltung der österreihischen Parteiverhältnisse bleiben soll, und daß si tiefgreifende Veränderungen derselben vorbereiten. Wer die bisherige Jntimität zwischen den Klerikalen und Alt- czehen kennt, muß nicht wenig überrascht sein, in dem Haupt- organe der Leßteren plößlih folgende Auslassung zu finden: „Nach der päpstlichen Kundgebung stellt sih der Katholizismus in der großen Tagesfrage, zu deren Lösung die ilavisde Großmacht im Felde steht, dem Slaventhum feindlich gegen- über. Das ist eine Thatsache, mit welcher wir Böhmen als Slaven nunmehr zu rechnen haben werden. Und wir müssen umsomehr daran denken, uns mit dem Katholizismus aus- einander zu seten, als derselbe niht nur in der äußeren, son- dern auÿ in der inneren Politik eine Haltung anzunehmen beginnt, die mit unserem politish-nationalen Fnteresse un- vereinbar erscheint. Der soeben in Wien abgehaltene Katho- likentag hat in mehr als einem Beispiele gezeigt, welche Tendenzen die Patrone desselben den Nationalitäten gegenüber vegen, Tendenzen, welche uns diese Herren als höchst zweifelhaste Freunde erscheinen lassen.“

__— Aus Fnnsbruck, 1. Mai, wird dem „Fremdenbl.“ geschrieben : „Wir hier in Tirol sind in der Regel sehr gut in der Lage, zu beurtheilen, wie wir mit unserem Nachbar- staat JZtalien eigentli stehen. Während vor mcht langer Zeit nah der Meinung Vieler der Barometer auf Sturm zeigte, haben si die Beziehungen der beiden Staaten entschieden ge-

bessert, was im Grenzverkehr und in vielen kleinen Symp-

tomen wahrzunehmen is. Die Arbeiten an den Befestigungen von Mattarello sind soeben eingestellt worden. Dieser Um- stand allein ist ein genügender Singergzeig dafür, daß jene be- unruhigenden Gerüchte, die man in leßterer Zeit und nicht ohne Absicht von gewisser Seite verbreitet hat, der Bêgrün- dung entbehren.“ Prag, 3. Mai. Der Minister-Präsident Fürst Adolph Auersperg, welcher gestern Abends von Karlsbad hier ankam, ist heute Mittags gemeinsam mit dem Fürsten

Carlos Auersperg nah Wien abgereist. Der Reichs-

f denten

Kriegs-Minister Graf Bylandt ist gestern in Karlsbad

eingetroffen. ; E

Pest, 2. Mai. Die kroatishen Mitglieder des Abgeordnetenhauses haben in einer gestern Nächmittags abgehaltenen Konferenz das Verfahren des Ane es in Betreff des Földvaryschen Antrages in Sachen der

anksagung an den Sultan in Berathung gezogen, und obgleich von einem Mitgliede der Antrag gele t wurde, ihre Reichstags-Mandate dem fkroatisch-slavoni chen Landtag zur Verfügung zu stellen und hiermit aus dem ungarischen Reichstage zu treten, fand dennoch der vermittelnde Antrag Gehör, wonach man sich mit der Mlläring zufrieden stellen möge, daß die Abgeordneten der kroatish-\ avonischen König- reiche der Sißung nit R E ei in welcher eine rein un- garische Angelegenheit, nämlich ein der Budapester Universität dargebrachtes Geschenk, in Berathung gezogen wurde.

3. Mai. Jn der gestrigen Sißung des Abge- ordnetenhauses interpellirten die kroatischen Abgeordneten wegen Einverleibung der bestandenen Militär- grenze. Deputirter Miskatovics motivirte die Jnter- pellation wie folgt : i

„Die kroatishen Abgeordneten interpelliren nicht zum erstenmal wegen Mert iiigung der Militärgrenze mit Kroatien; sie hoffen, daß dieses heute zum letztenmale geschieht. Die Vereinigung der Grenze mit dem Mutterlande ‘ist eine aus dem Gesetze, der Verfassung und den Interessen sowohl Kroatiens als Ungarns hervorgehende Forde- rung. Die Einwendung, daß die Frage der Vereinigung der Grenze in diesem Augeablicke wegen der brennenden orientalishen Frage nicht zeitgemäß sei, halten wir als unbegründet und leben der Ueberzeugung, daß das Gegentheil wahr ift. Wir kennen die Schwierigkeiten, welche aus der orientalischen Frage für die Monarchie entstehen. Kaum ist der Krieg entbrannt und wir sehen, daß die verschiedenen Nationalitäten der Monarchie entgegengeseßten Strö- mungen nachgehen. So nehme ih angesichts der orientalischen Greig- nisse in Ungarn mit Bedauern eine Strömung wahr, welcher die kroatishe Nation und ihre Abgeordneten weder jeßt, noch fünftighin folgen können. Diese Zerfahrenheit wird mit der Entwicklung des Krieges an Größe zunehmen. Unter diesen Verhältnissen gebietet es die politis%e Klugheit, Alles hinwegzuräumen, was der Ueberein- stimmung Ungarns und Kroatiens entgegensteht und Kroatien mit der Vereinigung der Grenze derart zu kräftigen, damit es mit Un- garn die Interessen der Monarchie zu wahren befähigt werde.

Hermannstadt, 2. Mai. Aus Rumänien sind hier zahlreiche Flüchtlinge mit ihren Familien eingetroffen. Die= jelben haben ihre Habseligkeiten mit sich gebracht. Auch in Kronstadt befinden sich rumänische Flüchtlinge.

Schweiz. Der Synodalrath der christ-katholischen Nationalkirche in der Schweiz hat die A der Nationalsynode auf den 23. Mai nah Bern bes{ ossen.

Grofßbritannten und Jrland. London, 4. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses erklärte der Schabkanzler Northcote auf eine Anfrage Gladstone's, das, da die von thm beantragten Resolu- tionen ein direktes Mißtrauensvotum gegen die Regierung nicht involvirten, leßtere keinen Grund habe, hinsichtlich etwaiger Amendements irgendwie zu interveniren.

Frankreih. Paris, 3. Mai. (Köln. Ztg.) Der Unterrihts-Minister hat an die Lehrer ein Schreiben gerichtet, worin ihnen verboten wird, in ihren Schulen die Unterzeichnung von klerikalen Petitionen, die gegen die italienishe Regierung gerichtet sind, zu gestatten.

4. Mai. T. B Die ‘republikanischen

Fournale besprechen die Rede des Minister-Präsi=-

Jules Simon in der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer und kommen meistens zu dem Schlusse, daß die Nede zu nachsihtig gegen die Klerikalen gehalten sei, und daß eine neue Erklärung der Regierung, in welcher sie sich schärfer gegen die klerikale Bewegung ausspreche, nothwendig sei.

Versailles, 3. Mai. (Köln. Ztg.) Der Senat, der heute nur eine kurze Sizung hielt, zog den Gesezentwur} von Herold gegen das Duell in Betracht, nahm dann den Konfular-Vertrag mit Griechenland an und beschästigte sich eine Zeit lang mit dem „Code rural“. Hierauf ergriff der General Pourcet, der Berichterstatter über das Genera l- stabsgeseß, das Wort, um zu erklären, daß, da der Kriegs- Minister von den 40 Artikeln, aus denen das Geseß besteht, 30 geändert habe, er selbst nächsten Montag nicht bereit sei, dasselbe zur Diskussion bringen zu können. Der Präsident bemerkte, daß die Ausschüsse wenig Eifer an den Tag legten und daß es gegen die Würde des Senats sei, wenn dessen Mitglieder aus der Sißung wegblieben, um sich in die De- putirtenkammer zu begeben, selbst wenn dort die interessante- sten Debatten stattfänden. Obgleich der Ausshuß nicht bereit ist, so bleibt das Geseß über den Generalstab doch auf der Tagesordnung und der Senat vertagt sih bis nächsten Montag. i

4. Mai. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer seßte heute die Berathung- der Fnterpellation Leblond fort. Die Debatte wurde von Gambetta , Lavergne , dem Conseilspräsidenten Simon und dem Grafen de Mun geführt. Die von den Vorsißenden der drei Fraktionen der Linken vorgeschlagene Tagesordnung: „Jn Erwägung, daß das heftige Wiederauflebeu ultramontaner Agitationen eine Gefahr für den inneren Und äußeren Frieden ist, fordert die Kammer. die Regierung auf, von den geseßlichen Mitteln Gebrauch zu machen, die ihr zu Gebote stehen und geht zur Tagesordnung über“ wurde mit 361 gegen 121 Stimmen angenommen. Der Conseilspräsident Simon hatte erklärt, daß die Regierung mit der Tagesordnung ein- verstanden sei.

Spanien. Madriù, 4. Mai, (W. T. B.) Midhat Pascha ist heute Vormittag hier angekommen.

Ftalien. Rom, 4. Mai. (W. T. 8.) Jm Senat wurde heute die Berathung des Geseßes, betreffend die Miß- bräuche der Geistlichkeit, fortgeseßt. Der Kultus- Minister Mancini führte einzelne Beispiele dieser Mißbräuche des Klerus an und hob hervor, daß die Kirchen- politik der Regierung guten Erfolg gehabt habe. Acht Bischöfe hätten neuerdings das Exequatur nachgesucht, 30 andere hätten dasselbe bereits erhalten. Was den Papst an- belange, so habe das Ministerium Alles gethan, um dessen Freiheit und vollständige Unabhängigkeit zu sichern, das Garantie- geseß sei in der skrupulösesten Weise beobachtet worden. Das Geseh über die Mißbräuche der Geistlichkeit sei in keinem Punkte der Gewissensfreiheit zuwider ; von 24 General-Proku=- ratoren hätten sich 20 für die Nothwendigkeit desselben aus- gesprochen; die gegenwärtige Geseßgebung reiche niht aus, um die Geistlichkeit wegen threr Mißbräuche zur Rechenschaft zu ziehen. Der Kultus-Minister erwähnte ferner die Umtriebe

der Klerikalen im Auslande und wiederholte, daß keine der frem- den Regierungen der italienishen Regierung gegenüber sich dar- über geäußert habe, Jtalien dürfe fic dur diese Umtriebe auch nit beirren lassen. Er gebe zu, daß der erste Artikel des Geseyes über die Mißbräuche der Geistlichkeit mangelhaft sei, die Fassung desselben stimme aber mit der vom Senat bei der Berathung des Strafgeseßbuchs beshlossenen überein. Er sei bereit, Verbesserungsanträge anzunehmen, bitte den Senat aber auf die Berathung der einzelnen Artikel - einzugehen. Nachdem Cadorna als Berichterstatter des Centralbureaus hier- auf erklärt hatte, daß der Antrag auf Uebergehen zur Tages- ordnung bis dahin, wo die Berathung des Strafgeseßbuchs oetunden habe, zurückgezogen werde, wurde die General- isfussion geschlossen.

__— (WV. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Depu- tirtenkammer fündigte der Deputirte Marani eine Interpellation an den Minister des Auswärtigen über die innerhalb gewisser Kreise im Auslande zu Tage tretenden Bestrebungen an, eine Jntervention zu Gunsten der weltlichen Macht des Papstes in -Ztalien herbeizuführen. Der Minister des Auswärtigen, Melegari, ersuchte den JInterpellanten, von der Bestimmung eines Tages zur Beant- wortung der Jnierpellation abzusehen und fügte hinzu, er er- kenne gern an, daß die Jnterpellation durch den berechtigten Wunsch hervorgerufen sei, jeden Angriff gegen Ftalien zurüd- zuweisen, indeß sei für die Sache überhaupt keine Dringlich- keit vorhanden, weil die ganze Agitation nur das Werk von Privaten sei, nur geringe Bedeutung habe und keine ernstliche

Beachtung verdiene. Die ausländishenRegierungen seien

durch ihre Vertreter bei der italienishen Regierung über deren Handlungen und A bsichten vollständig informirt und demgemäß Überzeugt, daß der Papst und die Kirche sih im Genusse voll- ständiger Freiheit und Unabhängigkeit befänden; dies: lben p irgendwelche darauf bezügliche Bemerkung der italieni- hen Regierung gegenüber niemals geäußert und würden nit geneigt sein, sih an solhen Agitationen zu betheiligen. Marani erklärte si mit der Vertagung seiner Jnterpellation einverstanden. Der Minister des Fnnern, Nicotera, fügte dann weiter hinzu, die Regierung halte die Vertagung für vortheilhaft, nicht weil eine Berathung derselben irgendwie unbequem erscheine, sondern weil die Regierung den vom Jnterpellanten angeführten Thatsachen eine denselben nicht zukommende Bedeutung nicht beizulegen, vielmehr darzuthun wünsche, daß sie jene Agitationen nicht fürchte.

Numänien. Bukarest, 4. Mai. (W. T. B.) Die Kammer hat das Geset, betreffend das Moratorium, angenommen. Die Regierung beabsichtigt dem Vernehmen na, dasselbe niht für das ganze Land, sondern nur für ein- zelne Bezirke in Anwendung zu bringen.

Schweden und Norwegen. Christiania, 28. April. (H. N.) Das Odelsthing verhandelte gestern über das Gutachten des Wege - Comités in Betreff des König- lichen Gesebvorschlages über den Zutritt der Ausländer zur Jagd in Norwegen. Dasselbe ward in den Haupt- punkten mit großer Majorität genehmigt. Diesem Geseß- vorshlage zufolge, welcher jeßt zur Berathung an das Lagthing eht, wird das Recht zur Betreibung der Jagd, welches Aus- änder gegenwärtig gleih den Fnländern gehabt haben, vom 1. Januar 1878 an dahin beshränkt werden, daß sie, um auf öffentlichem Territorium (z.-B. den Hochgebirgen) jagen zu dürfen, eine Bewilligung lösen müssen, welhe nah näherer Bestimmung des Königs 200 bis 500 Kronen kosten soll; zur Jagd auf privatem Grunde sollen sie die Erlaubniß des Be- sißers einholen. Um das Verbot hinlänglich wirksam zu machen, ist die Geldbuße sehr hoch angeseßt.

Amerika. Washington, 4. Mai. (W. T. B.) Die außerordentlihe Session des Kongresses ist bis zum 15. Oktober vertagt worden. Der Staatssekretär Ewart hat von dem mexikanishen Gesandten eine offizielle Mittheilung von der Freilassung des amerikanischen Kon - fuls in Acapulco, welcher von den Lokalbehörden gefangen gescßt worden war, erhalten. Der Staatssekretär hat den amerikanishen Gesandten in Mexiko aufgefordert, bei der dortigen Regierung Protest zu erheben und volle Genug- thuung zu verlangen.

Der rufsisch- türkische Krieg.

St. Petersburg, 4. Mai. (W. T. B.) Wie die ¡Agence Russe“ meldet, soll die Pforte von ihrer Ab- fit, alle russishen Unterthanen aus der Türkei auszuweisen, zurückgekommen sein, und sich nur vor- behalten wollen, diese Maßregel gegen die Begünstiger von Ruhestörungen und andere Verdächhtige in Anwendung zu

bringen.

_ Konstantinopel, 2. Mai. (W, T. B.) (Verspätet A ra P Der Kriegs-Minister und Mahmud Damat L cha haben heute dem englischen Botschaster Besuche - abge-

tatiet. Dem Vernehmen nah soll der Kriegs-Minister bei dieser Gelegenheit die Nahricht von einer Niederlage der türkishen Truppen bei Kars und von einer

Kapitulation eines türkishen Corps für unrihtig erklärt haben. Auf Befürwortung Layards ‘soll Chefket Pascha, der zu einem wichtigen Kommando der Donau-Armee ernannt war, nah Bagdad gesandt werden.

(f 4 Mak (00 #6 ti Die Pforte hat den aus- wärtigen Mächten eine Notifikation zugehen lassen, dur welche das russische Littoral des Shwarzes Meeres vom 5. d. ab in Blokadezuitand befindlih erklärt wird.

Konstantinopel, 4. Mai. (W. T. B.) Gutem Ver- nehmen nah hat der Minister des Auswärtigen, Safvet Pascha, dem hiesigen diplomatishen Agenten Rumäniens münd- lh eröffnet, daß im Hinblick auf die zwischen der rumäni- schen und dexr russischen Regierung abgeschlossene Konvention die Funktionen des hiesigen L aalaSen Agenten als suspendirt anzusehen seien.

Bukarest, 4. Mai. (W. T. B.) Der Fürst nahm ute die-Adresse der Kammer entgegen, dankte derselben ür ihre männliche Antwort und sprach die Hoffnung aus, daß die eigenen Kräfte der Nation ausreichen würden, damit nicht Rumänien der Schauplaß des Krieges werde. Er werde jeder Zeit im Sinne und Jnteresse Rumäniens handeln.

_— 6, Mai. (W. T-B.) Das „Amtsblatt“ veröffentlicht ein Schreiben des Fürsten an den Minister-Präsidenten, in welhem er den Offizieren zur Feldausrüstung 100,000 Fres. aus der Civilliste anweist. Der Senat hat das Gese, betreffend das Moratorium, ebenfalls angen om- men. Die Kammer hat den Gesehentwurf über die Orga - nisirung von Mikizen und die Reorganisirung der Bürger-

wehr angenommen. Die europäische Donaukom- mission wird die auf den 7. d. M. anberaumte Sißung vor- aussihtlih nit abhalten können, da die Delegirten Rußlands und der Türkei? ihre Theilnahme an der Konferenz abgelehnt haben, während die Delegirten Frankreihs und Englands Galaß vor Sperrung des Hafens verließen und nicht mehr dorthin zurückehren können.

Kairo, 3. Mai. (W. T. B.) Das Comité der No- tabelnversammlung hat die Auflegung einer außerordent- lihen Kriegssteuer von 12 Millionen beantragt. Jn Folge dieses Antrages meldete der Khedive telegraphisch nach Konstantinopel, daß die augenblicklich in der Türkei stehende ägyptishe Division von 9000 Mann auf 12,000 Mann gebracht werden würde. Die außerdem noch disponiblen äg gptishen Truppen werden in Aegypten zum Schutze des Suezkanals verbleiben.

__ London, 5. Mai. (W. T. B.) Heute findet ein Mi- nisterrath statt. Die „Morningpost“ erfährt, daß die Re- gierung angesihts der möglichen Eventualitäten ün Orient beschlossen habe, mit möglichster Beschleunigung alle kleinen Thurmschiffe mit Mannschaften zu versehen. Das dem Parlamente vorgelegte Blaubuch über die orien- talishe Frage umfaßt 520 Depeschen vom 6. Dezember 1876 bis zum 12. April 1877. Die meisten Depeschen be- ziehen sih auf die Protokollverhandlungen. Die „Times“ veröffentlicht eine Aufstellung derjenigen Truppentheile, welche, falls der Gang der Ereignisse im Orient dies erheischen sollte, unverzüglich nach Malta eingeschifft werden sollen. Die Aufstellung umfaßt 7 Kavallerie-Regimenter, darunter 3 Regimenter Garde-Dragoner, 4 Artillerie-Brigaden und 59 Jn- fanterie-Bataillone, darunter 4 Bataillone Garde.

Wien, 4. Mai. (W. T. B.) Jm Abgeordnetenhause gab der Minister des Fnnern, Lafser, auf die Fnterpel- lation Gisfra’'s bezüglich der Orientpolitik folgende Antwort: Die Haltung der Monarchie bei dem Ausbruch des russish-türkischen Krieges entspricht derjenigen, welche sie seit der Dauer der Orientwirren eingenommen und konfequent beobachtet hat. Jhre Bemühungen um die praktische Verbes- ferung des Looses der Christen im Orient sind bekannt und wurden allseitig gewürdigt. Gleichzeitig waren ihre Bestre- bungen auf Erhaltung des Friedens und als diese unmöglich geworden waren, auf Lokalisirung des Krieges gerichtet. Nachdem es den Bemühungen der Mächte nicht gelungen ist, den Krieg zwischen Rußland und der Türkei zu verhindern, sieht Aich die österreichish- ungarische Regierung vor die dop- pelte Aufgabe gestellt, erstens Alles aufzubieten, damit der Krieg keine europäische Komplikation im Gefolge habe und zweitens bezüglich der Konsequenzen des Krieges für die defi- nitive Gestaltung der Dinge im Orient denjenigen Einfluß unter allen Umständen zur Geltung zu bringen, welcher der Lage, sowie den Jnteressen der Monarchie entspricht. Zur Wahrung dieser Jnteressen behält sih die österreichish-ungarische Regie- rung auch nah der Erklärung der Neutralität Oesterreich- Ungarns die Freiheit ihrer Aktion vor. Es is der öster- reichish-ungarischen Regierung bisher gelungen, der Entwile- lung der Ereignisse ohne militärische Vorkehrungen zu folgen ; sie wird ihrem Grundsatze, den Staatshaushalt durch keine unmotivirte Mobilisirung zu belasten, treu bleiben und erblickt auch jegt keinen Anlaß zu militärishen Maßnahmen. Ande- rerseits ist die Regierung sich bewußt, daß keine Macht im europäischen Orient näher liegende hohwichtige Jnter- essen wahrzunehmen hat, als Vesterreih - Ungarn und sie kennt au ihre Verantwortung im vollem Maße. Bei alle dem sieht die Regierung den Ereignissen mit Zuver- sicht entgegen. Sie {höpft diese Zuversicht aus den freund- schaftlichen Beziehungen zu allen Mächten, aus der Offenheit, womit sie die Zielpunkte der österreichish-ungarischen Politik nah jeder Richtung rechtzeitig zum Ausdruck gebracht hat, endlih aus der Ueberzeugung, daß der Kaiser, wo es die Jnteressen der Monarchie zu schüßen gilt, auf die Hingebung seiner Völker und auf den Patriotismus ihrer Vertreter mit voller Sicherheit zählen kann. Fn dieser Zuversicht, sowie in dem Krastgefühle, welches der Besiß einer dur die Voraus- sicht der Vertretungskörper erfolgreich entwickelten Heeresmacht verleiht, sieht sih die Regierung au gegenwärtig noch in der Lage, der Stimme Oesterreih-Ungarns ohne Ergreifung mili- tärischer Maßnahmen die nöthige Beachtung zu sichern.

Post, 4. Mai. (W. T. B.) Die Erklärungen, mit denen Minister-Präsident Tisza die verschiedenen bezüglich der Orientfrage gestellten Fnterpellationen im Unterhause beantwortete, sind mit den heute vom Minister Lasser im österreichishen Abgeordnetenhause abge- A ae identisch. Das Haus nahm dieselben bei- ällig auf.

(W. T. B.) Das Unterhaus hat die Antwort der Regierung auf die Jnterpellationen in der Orient- frage zur Kenntniß genommen.

Wien, 5. Mai. (W. T. B.) Wie die „Presse“ aus Bukarest meldet, hat der türkishe Kommandant der Festung Tultscha an die Einwohner eine Ordre erlassen, in welcher befohlen wird, daß, mit Rücksicht auf die bevor- stehende Belagerung, alle diejenigen, welche nicht gehörig mit Proviant versehen seien, binnen drei Tagen die Festung ver- lassen müssen. Auf der Bahnstrecke diesseits Braila haben bis gestern keine russishen Truppentransporte statt- gefunden. Wie dasselbe Blatt weiter meldet, hat die Pforte angeordnet , * daß alle Bewohner der Moldau und Walachei in der Türkei als türkische Unterthanen und ihre Schiffe als türkishe Schiffe zu behandeln sind.

Das W. „Fremdenbl.“ erhielt folgende Telegramme:

Giurgewo, 3. Mai. Das noch fortwährend anhaltende Hochwasser kommt der türkischen Heeresleitung fehr gelegen, da dasselbe die Russen am Brückenshlagen hindert und es so den türkishen Truppen ermöglicht, ihren Aufmarsh in der Dobrudscha ruhig zu vollenden. Dieselben rihten nun dort ihre Aufmerksamkeit hauptsählich auf die zwei befestigten Pläße Hirsova und Matichin, da fie befürchten, daß die Russen gegenüber diesen beiden Punkten und zu gleicher Zeit oder unweit derselben ihren Uebergang über die Donau zu forciren suchen werden. Das russishe Geschwader im Hafen von Nikolajew soll aus ungefähr zehn Fahrzeugen bestehen, worunter sechs gepanzerte Kanonenboote sind.

Konstantinopel, 2. Mai. Die russishen Truppen sind vor Batum angelangt, die türkischen Truppen zichen si ohne Kampf zurück. Bisher haben nur ganz unbedeutende Vorpostengefehte hier stattgefunden; die Meldung von 800 gefallenen Russen ist fal\{.

3. Mai. Nach den neuen FJnstruktionen des Kom- mandandanten des türkischen Geschwaders im Schwarzen Meere wird sich dasselbe von nun an gänzlich in der De-

fensive halten. Das Gerücht, die Pforte hätte in Betreff des Nichtbombardements Odessas keine sichere Zusage ¿nachen wollen, dürfte sih somit nicht bestätigen. Mehrere Se- natoren und Deputirte haben dem Kriegs-Ministerium be- deutende Geldspenden als Unterstüßung für die Armce übergeben. .

Ueber die leßten Operationen der Russen gegen Ardahan, Kars und Bajasid sagt die W. „Presse“ vom 3.: Der rechte russische Flügel ist gegen Ardahan bis zu dem nördli davon gelegenen Dorfe Dikan vorgerückt. Das Gros unter G.-L. Loris-Melikow, welhes von Alexandrapol gegen Kars aufgebrochen war, ist nah unbedeutenden Scharmüteln bei den ein bis zwei Meilen nördlich und westlich von Kars entfernten Dörfern Melikiöi, Chalif-Oglu und Wisinkes, in die unmittelbare Nähe von Kars gerückt, und in einigen Tagen könnte der Telegraph, wenn sich diese Nach- richten bestätigen, die Cernirung von Kars melden. Der linke russishe Flügel, welcher am 29. April Bajasid beseßte, hat in zwei Kolonnen westlich des Ararat die Grenze überschritten. Der größte Theil der Jn- fanterie und die Artillerie benußten die aus dem Araksthale nach Bajasid führende Landstraße, während die Kavallerie einen Kolonnenweg östlih davon einshlug. Beide Wege sind durch Seen und Sümpfe, welhe anderthalb Meilen nördlich Bajasid liegen, von einander getrennt und sie vereinigen sich erst in der Nähe von Bajasid. Aus der Meldung unse- res Berichterstatters ist nicht zu ersehen, in welcher Stärke die Russen gegen die in Bajasid gelegenen zwei Bataillone vorrückten und ob nicht etwa die türkische Besaßung über- rascht wurde, da sie, augenscheinlich ohne Widerstand zu. lei- sten, einen so wihtigen Punkt wie Bajasid verließ und \ih na) Kostak, also auf der Straße gegen Wan, unter Zurüd- lassung von Geschüßen, Proviant und kranken Soldaten zu- rüdckzog.

_— Aus Bukarest, 1. Mai, wird der „Pol. Corr.“ ge- meldet: Es scheint nunmehr entschieden zu sein, daß der Hauptzug der russischen Armee nah den Donaumündungen gegen die Dobrud)cha geht. Die russishen Kolonnen kommen mit der Bahn von Ungheni, sie passiren von Bolgrad über cinige Pruthfurthen und auf der Straße von Reni über die Pruthmündung, welche sie auf einer aus vier Schiffen kon- struirten Brücke übersezen, welche dur auf den benachbarten Höhen errichtete Batterien und starke Jnfanterieabtheilungen geshüßt wird. Zu den Vertheidigungsmitteln für die Brücke von Barboschi sind neuestens sechs Mitraulleusen hinzugekommen, wie überhaupt dieser Brücke die größte Beachtung von den Russen gewidmet wird. So wurde ein eigenes stabiles Kommando für diese Brücke mit einem besonderen Generalstabe installirt, General Sukulow zum Brückenkommandanten und Major Servatiew zum Generalstabs-Chef für diesen Posten ernannt. Auch die Nach- barschast der Brücke von Barboschi wurde von den Nufsen in den Rayon ihrer fortifikatorishen Anlagen gezogen, inden das Plateau von Ts\iglina innerhalb 48 Stunden durch Schanzen, weitreichende Erdwerke und Batterien, welche mit 8- und 16-Pfünder-Geschüßen armirt sind, zu e:nem großen verschanzten Lager verwandelt worden ist. Von Galaßz aus machen die Russen auf Barken Rekognoscirungsfahrten gegen das rechte Donauufer. i

Aus Bukarest, 2. Mai, meldet die „Pol. Korr.“: Das Gerücht, daß die Ausfuhr von Cerealien aus Numä- nien auf dem Land- und Donauwege (aufwärts von Bekct) verboten sei, ist gänzlih unbegründet.

Die „Köln. Ztg.“ schreibt :

Die Pariser Blätter bringen folgende, ihnen durch die Vermitt- lung der „Agentur Havas“ zugegangene Note:

Die osmanische Botschaft bittet uns, folgende offizielle Mit- theilung einzurücken: „Die Kaiserlih osmanische Botschaft empfängt täglih zahlreiche Gesuche, in welchem französische, englische, öster- reichische 2c. Offiziere und Freiwillige darum einkommen, in die Armee Sr. Majestät einzutreten. Erkenntlih für solche der Sache der Türkei gegebenen Beweise der Sympathie, wartete die osmanische Botschaft bis heute auf Instruktionen, um diesen Gesuchen Folge zu geben. Eine Mittheilung der Hohen Pforte benachrichtigt fñe heute, daß eine Fremdenlegion in Konstantinopel in der Bil- dung ist. Die Botschaft beeilt sih deshalb, ehrbaren Gesuchstellern davon Kenntniß zu geben: Zur gelegenen Zeit werden sie über die Schritte in Kenntniß geseßt werden, die sie zu thun haben, falls es ihnen angemessen sein sollte, in die genannte Legion einzutreten.“

Die W. „N. F. P.“ meldet in Ergänzung eines von ihr gebrahten Telegramms :

„Die Konstantinopeler Depesche des „Dziennik Polski“ vom 30. v. Mts. über die Bildung einer polnischen Freiwilligen- Legion lautet:

Gestern unterzeichnete der Sultan einen Ferman, welcher die Bildung einer polnischen Freiwilligen-Legion gestattet. Dieselbe wird aus allen drei Waffengattungen beitehen und eine polnische Standarte führen. Die Zahl der Kadres ist unbeschränkt. Der Generalissimus Abdul Kerim Pascha wird den Ort für die Formirung der Legion bestimmen, welche sich hauptsählich aus polnischen Deserteuren und (Gefangenen fkfompletiren soll, die zwangsweise in die russische Armee eingereiht wurden. Die Kosten der Formirung trägt die türkische Regierung.

Der „Dziennik Polski" billigt den Entschluß sciner Landéleute in der Türkei, {ih zu einer Freiwilligen-Legion und zu dem Zwecke, der Pforte in ihrer Abwehr gegen Rußland beizustehen, zu formiren.“

Aus Cettin]é, : 26. April, wird der „Pol. Corr.“ geschrieben : Uebermorgen begeben sih der Fürst, der General- stab, die Leibgarde-Abthcilung (Perjanißi) und eine Compagnie des Zuper-Bataillons nach dem albanischen Kriegsschauplaße. Dort dürfte der Fürst nur bis zum Eintreffen des Ober- Wojwoden und Senats-Pelsibéntent Bozidar Petrovics ver- weilen. Die eigentlihe Absicht des Knezen ' ist, bei dem her- zegowinishen Corps bis zur Entscheidung im Duga-Passe zu bleiben, welcher durch die dort bevorstehenden Kämpfe zu dauernder Berühmtheit gelangen dürfte. Fm Passe felbst hat Peter Vukotics auf vier Stellen sehr starke Schanzen er- rihtèn lassen. Dieselben wurden mit 4000 Mann beseßt. Zwischen dem Duga-Paß und weit über Niksics hinaus steht die Hauptmacht des Wojwoden Vukotics, der au 1400 Herzegowiner an sih zog. Pejovics is in eine Richtung ent- sendet worden, welche, wenn man sie sih verlängert denkt, im Nücken Suleiman Paschas läuft. Peko Pavlovics nimmt eine Flankenstellung ein, von der man si viel verspricht. Auch werden die großen Geschüße, welche in Medun erbeutet wur- den, zum Bombardement von Niksics nächstens verwendet wer- den. Auch auf dem albanishen Kriegsschauplaßte dürste es bald lebhaft zugehen. Nach dem entworfenen ODpe- rationsplane sollen Podgoriza, Spuz und Zabljak, die schr \{chwacch verproviantirt sind, eng cernirt werden, um. eine Uebergabe derselben zu erzwingen. Aber schon vor dem Falle Podgorißzas wird eine Offensivbewegung gegen die Teufels- brückde und vielleiht auch gegen Skutari versucht werden.