1877 / 114 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 May 1877 18:00:01 GMT) scan diff

etatisirt werden. Seitens der Kommission war folgende Umgestaltung dieser Steuer in Vorschlag gebracht worden: Wegfall des 13. und 14. Steuertermins unter Erhöhung der einzelnen Steuerstufen, Deklarationszwang, öffentlicher Aus- legung der Steuerlisten, Kontingentirung und Quotisirung, Beseitigung der Grundsteuer und Verschiedentlichkeit des progressiven Steuersaßes, je nach dem fundirten oder nihtfundirten Einkommen. Nachdem der Staatsrath Samwer darauf aufmerksam gemaht hatte, daß * bei eine, Umgestaltung der Einkommen- und Klassensteuer nach der von der Kommissionsmajorität vorgeschlagenen Rich- tung hin sih rehnerisch schon ein ungedeckt bleibender Steuer: ertragsausfall von jährlih 141,740 # an der einzustellenden Summe von 560,000 Æ ergebe, wurde heute der Kommissions- antrag mit 13 gegen 6 Stimmen abgelehnt.

Schwarzburg-Nudolstadt. Rudolstadt, 15. Mai. (Leipz. Ztg.) Der neugewählte Landtag des Fürstenthums ist zum 28. Mai zu einer außerordentlihen Versammlung einberufen.

Lippe. Detmold, 16. Mai. Der Fürst is gestern Abend von der Reise nah Steiermark hierher zurückgekehrt.

Hamburg, 16. Mai. (H. N.) Der neu erwählte Präsident des Obergerichts, Hr. Dr. Schwarßte, wurde gestern Nachmittag in einer Plenar-Sizung des Ober- gerihts feierlih in sein Amt eingeführt. Vom Senate waren dazu die Herren Senatoren Dc. Weber und Großmann, vom Obergericht die Herren Obergerichts-Rath Dr. Lehmann und Richter Mestern deputirt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. Mai. Die Kaiserin weilt seit einigen Tagen in Reichenau bei Glôggniß, woselbst sie wie der „Volfsfreund“ erfährt sih bis gegen Ende dieses Monates aufzuhalten gedenkt. Anfangs Juli wird Jhre Majestät in Den gares bei ihren hohen Verwandten eintreffen und dann bis Ende September in Feldaffing verweilen. Dex Erzherzog Albrecht ist heute nah Wien zurückgekehrt.

Wie das „Fremdenbl.“ vernimmt, wird der Rückkehr des Gráfen Andrassy von der zur Besichtigung seiner Güter unternommenen Reise für das Ende dieser Woche ent- gegengesehen.

Fn der gestrigen Sißung der Regnikolar-Depu- tation legte der Finanz-Minister auch einen Nachweis über die Einnahmen der Verzehrungssteuer für Branntwein, Bier und erei dann über die geleistete Steuerrestitution für die achtjährige Periode von 1868 bis 1875 vor. Nach Abzug ver- schiedener Zuschläge und Nebenabgaben ergeben sich als Ge- jammtsumme 358,242,477 fffl., für Oesterreih 289,152,376 fl. und für Ungarn 69,090,101 fl. An Steuer-Restitution beim Exporte wurden geleistet im Ganzen 51,541,745 fl., wovon auf Oesterreich 44,681,788 fl., auf Ungarn 6,859,957 fl. entfallen. Eine besondere Tabelle be- rechnet das Prozentualverhältniß dieser Einnahmen und Resti- tutionen für jede der beiden Reichshälften. Danach ergiebt sih für Oesterreih ein Antheil von 80,71 Prozent, für Un- garn von 19,29 Proz. an den Sao A e f ferner für Desterreich ein Antheil von 86,69 Proz., für Ungarn ein solcher von 13,31 Proz. an den empfangenen Steuerrestitutio- nen. Jn der beigegebenen Begründung heißt es unter Ande- rem: „Bei Anwendung der vereinbarten künftigen Art der Belastung für die zur Zahlung gelangten Steuerrestitutionen ergiebt sich ein verhältnißmäßiges Gleichbleiben der Pro- duktion und Restitution vorausgeseßt für die im Reichs- rathe vertretenen Königreiche und Länder eine jährliche Mehr- belastung von circa einer Million Gulden, dagegen für die Länder der ungarischen Krone eine gleich hohe Minder- belastung.“

(W. T. B.) Der „N. Fr. Pr.“ wird aus Asch, 16. d. telegraphirt: Bei dem hier ausgebrochenen Strike der Ad nereiarbeiter mußte die Gensd'armerie einschreiten und gegenüber dem Widerstand der Arbeiter von der Waffe Gebrauch machen. Ein Arbeiter ist todt und mehrere Arbeiter sind verwundet.

Schweiz. Genf. Das seit dem 1. Mai hier er- scheinende neue Blatt „La Suisse“ tritt entschieden für eine Totalrevision der kantonalen Verfassung ein. Nach Vorschrift der gegenwärtig noch in Kraft bestehenden Verfassung vom Jahre 1846 muß alle 15 Fahre dem Volke die Frage vorgelegt werden, ob es eine Revision dieses Grund- geseßes verlange. Jm Jahre 1862 wurde diese Frage ver- neint, und man hat bis zur Stunde immer mit Partial- revisionen nachgeholfen. Am 27. Mai hat nun das Genfer Volk sih zum zweiten Mal darüber zu entscheiden, was für Direktiven es in dieser Beziehung geben wolle. Die „Suisse“ plaidirt für Revision, um die vielen {webenden Fragen bei diesem Anlasse zu einer entsprehenden Lösung zu bringen.

Großbritannien und Jrland. London, 15. Mai. (E. C.) Fm Oberhause ns der Minister für die Kolo- nien, Lord Carnarvon, gestern mit, daß er in einem soeben eingegangenen Telegramme des Gouverneurs Sir Barlle Frere den Fnhalt der von Sir T. Shepstone erlassenen Pro- klamation, betreffend die Einverleibung Transvaaliens, empfangen habe. Das Telegramm sei vom 15. April datirt und melde, daß die Einwohner sich willig in die neue Ord- nung der Dinge fügten. Ein Privattelegramm vom 25. April melde ferner, daß in der Capstadt die Proklamation als in versöhnendem Geiste abgefaßt angesehen werde und daß Trans- vaalien ruhig sei.

Frankreih. Paris, der Republik Marschall Vormittag folgenden Brief an den sidenten Jules Simon gerichtet:

„Jh habes im „Journal officiel“ den Bericht über die gestrige Sißung der Deputirtenkammer gelesen und habe zu meiner Ueberrashung gesehen, daß weder Sie noch der Siegelbewahrer von der Tribüne l die Gründe geltend gemacht haben, welhe die Aufhebung eines Ge- seßes über die Presse hätten verhindern können, welches vor noch nicht zwei aren auf den Antrag Dufaure's ge- schaffen wurde und dessen Anwendung Sie selbst jüngst von den Gerichten verlangt haben. Und doch war in mehre- ren Sizungen des Conseils und noch in der gestern Morgen stattgehabten beschlossen worden, daß der Conseilpräsident und der Siegelbewahrer es übernehmen sollten, gegen die Abschaffung des Geseßes aufzutreten. Es war schon befremdlih, daß die Deputirtenkammer in ihren leßten Sißungen das ganze Mu-

16. Mai. Der Präsident Mac Mahon hat heute Conseils-Prä-

nizipalgeseß berathen und sogar einige Bestimmungen ange- nommen get, wie die Oeffentlichkeit der Sißungen der Mu- nizipalräthe, die Sie selbst im Ministerrathe als gefährlich be- eihnet haben, ohne daß der Minister des Jnnern an er Diskussion theilgenommen hätte. Diese Haltung des Chefs des Kabinets veranlaßt mi zu der Frage, ob derselbe sich den Einfluß auf die Kammer bewahrt hat, der nothwendig ist, um seine Ansichten zur Geltung zu g Eine Ausein- andersezung über diesen Punkt ist unbedingt erforderlich, denn, wenn ih auch nicht wie Sie dem Parlamente verant-

wortlich bin, so habe ih doch eine Verantwortlichkeit Fee ein

E Frankreich, von der ih heute mehr als jemals erfüllt muß.“

Jn Folge dieses Briefes reichte der Conseilspräsident Jul es Simon seine Entlassung ein. Der Präsident Mac Mahon nahm dieselbe an und ließ den Herzog Audiffret Pasquier zu sih rufen. Jn“ dem Briefe, in welhem Hr. Fules Simon den Präsidenten um seine Entlassung bat, erklärt derselbe, daß er am Sonnabend dur ein Unwohlsein in Paris zurück- n gen worden wäre. Hinsichtlih der Frage der Oeffentlich- eit der Sißungen der Munizipalräthe, macht Hr. Jules Simon geltend, daß die Entscheidung derselben in Ueberein- stimmung mit der Kommission bis zur zweiten Lesung des Gejeßentwurfs vertagt worden wäre. Die Kammer sei dann durch das Amendement des Deputirten Perras überrascht worden. Er (Simon) habe darauf am Freitag mit der Kommission verhandelt, um sie zu bestimmen, auf ihr vor der Kammerdebatte abgegebenes Votum zurückzukommen. Be- züglich des Gesetzes über die Presse bemerkt Hr. Simon, daß die Einwände der Minister lediglich die fremden Souveräne im Auge gehabt hätten. Am Schlusse des Briefes erklärt Hr. Simon, er wünsche nicht nur als Minister, sondern au als Bürger, daß er dur einen Mann erseßt werden möge, der, wie er, zur republikanisch-fonservativen Partei gehöre.

(W. T. B) Jn der heute Abend A Bel sammlung der verschiedenen Gruppen der Linken wurde einstimmig folgende Tagesordnung angenommen: Die Deputirtenkammer wird nur Vertrauen zu einem Kabinete haben, das frei.ist in seinem Handeln und entschlossen, nach den republikanischen Prinzipien zu regieren, welche allein die Ruhe im Fnnern und den Frieden nah Außen hin garan- tiren können. Der Senat ist auf morgen zu einer Sißung zusammenberufen. j:

17. Mai. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ meldet die Annahme des Entlassungsgesuches der Minister, sowie daß dieselben bis zu der Ernennung ihrer Nachfolger die Geschäfte fortführen werden.

Türkei. Konstantinopel, 16. Mai. (W. T. B.) Serkis Effendi begiebt sich morgen zum Empfang des deutschen und des österreihisch-ungarishen Botschafters nah den Dardanellen. Ahmet Pascha is an Stelle Sadik Paschas zum Generalgouverneur des Donauvilajets ernannt worden.

Der „Pol. Korrespondenz“ wird aus Syra vom 16. telegraphisch gemeldet, daß Prinz Reuß, Graf Zichy und Graf Corti heute morgen daselbst eingetroffen seien und Mittags die Reise nah Konstantinopel fortgeseßt hätten.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 15. Mai. In der Adelsversammlung des St. Petersburger Gouvernements, die am 12. d. M. stattfand, ist nah Mittheilung der T Wed.“ beschlossen worden: „1) 60,000 Rubel zur Unterstüßung der Familien von in Dienst stehen- den Edelleuten des Gouvernements St. Petersburg, die ver- wundet oder getödtet werden sollten, zu assigniren und diese Summe durch 10,000 Rbl. aus’ den Mitteln, welche dem ODekonomie-Comité zur Disposition stehen, und dur eine jährlihe Abgabe von den c7Fmmobilien zu beschaffen; 2) ein besonderes Comité aus den Kreis-Adelsmarschällen und Depu- tirten des Adels zu erwählen und ihm die Disposition über die assignirte Summe zu überlassen; 3) Jhre Majestät die Kaiserin zu ersuhen, das Comité unter ihren Schuß zu nehmen; 4) eine Subskription für Spendensammlungen zu eröffnen; 5) Sr. Majestät dem Kaiser in einer Adresse die ergebensten Gefühle des St. Pe- tersburger Adels auszusprehen; 6) mit Üeberreichung der Adresse den Gouvernements-Adelsmarschall und zwei der Dienstzeit nah älteste Kreis-Adelsmarschälle zu beauftragen ; 7) die Berathung über anderweitige Theilnahme des Adels bei Unterstüßung der durch den Krieg Geschädigten auf die nächste Versammlung zu verschieben.“ Zum Schluß der Ver- sammlung theilte der Adelsmarschall Graf Bobrinsky mit, daß die verstorbene Generalin Poljakow einen Theil ihres Ver- mögens dem Adel des St. Petersburger Gouvernements zu ärztlichen Zwecken vermocht habe. Zum General-Super- intendenten des Bezirks des St. Petersburger evangelisch- [utherishen Konsistoriums ist der Pastor Laaland von der St. Fohanniskirche definitiv ernannt worden, nachdem derselbe bisher schon als Ftellvertretender General - Superintendent fungirt hatte. '

16. Mai. (W. T. B.) Die von auswärtigen Zeitungen gebrahten Gerüchte über die angebliche Demission des Fürsten Orloff werden von der „Agence Russe“ als völlig un- begründet bezeihnet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. Mai. (H. N.) Der Staatsausschuß§ß hat den von der Regierung verlangten Kredit von 2,000,000 Kr. zur event. Aufrecht- erhaltung der Neutralität genchmigt.

Amerika. Columbia. Cartagena, 4. April. Der Bürgerkrieg zwischen dér liberalen Regierung des Präsi- denten Parra und der sogenannten konservativen Partei nimmt seinen Fortgang, ohne daß sih bis jeßt absehen ließe, auf welcher Seite der Enderfolg sein wird. Schaupläzße der Kämpfe waren bisher die overen Ufer des Magdalenenstroms und der Strom selbst. Die Regierung hat 12 Passagier- und Frachtdampfer, zum Theil Deutschen gehörig, mit Beschlag belegt und benußt dieselben als Kriegsfahrzeuge. /

Der niederländische Konsul hierselbst ist wegen feiner Aehnlichkeit mit einem bekannten Agitator, kürzlih auf offener Straße, gleichzeitig mit mehreren anderen Personen ermordet worden. Die niederländische Regierung, darin von der engli- schen unterstüßt, hat Bestrafung der Mörder und eine Ent- shädigungsfumme für die Familie des Konsuls verlangt. Ersteres wird {werlih, leßteres vielleiht zu erreichen sein. Ein niederländisches Kriegs}chif wird in einiger Zeit herkom- men, um die Antwort der Regierung von Columbien in Empfang zu nehmen. :

Asien. Japan. Yedo, 24. März. Die täglich zwischen

den Kaiserlichen Truppen und den Rebellen nördlih von

Kumamoto stattfindenden Kämpfe haben bisher für keine Seitc entscheidende Vortheile ergeben, doch stehen die Chancen für die Regierung in Folge der glücklich bewerkstelligten Be- seßung Kagoschimas wesentlich günstiger.

Die gegen Kagoschima unter dem Befehle des Ge- nerals Kuroda entsendeten Expedition fand die Stadt volk- ständig ruhig und von der männlichen Bevölkerung so gut wie verlassen. Kuroda konnte sich, ohne auf Widerstand zu stoßen, in den Besiß des Arsenals und der Befestigungen seßen. Das gesammte vorgefundene Kriegs- material war fortgeführt oder zerstört und die theilweise an- geblih mit Krupp-Geschüßen armirten Forts geschleift worden.

Es hat nah diesem Preisgeben der Hauptstadt Saßu- mas Seitens der Jnsurgenten fast den Anschein, als ob diese, im Vertrauen auf die bisherigen Rück sichten der Regierung und auf ihren eigenen fkrie- gerishen Ruf, einen energishen Widerstand gar niht erwar- teten. Sie glaubten, man würde sich auf Unterhandlungen einlassen und viellciht durch Abseßung mißliebiger Beamten und sonstige Konzessionen die Ruhe erkaufen. Offenbar ist die ge- genwärtige Stärke der Regierung von den See iidrera sehr untershäßt worden ; Saigo scheint nicht berücksichtigt za haben, daß dem Mikado jeßt ganz andere Kräfte und Hilfsmittel zur Verfügung stehen als zur Zeit der Revolutionskämpfe des Jahres 1869; nicht allein Heer und Flotte sind seitdem geschaffen worden, fondern auch die Organisation der Polizei, die Anlage von Tele- graphen und Eisenbahnen und namentlih die Gründung der einheimischen Dampfergesellschaft fällt in diese Zeit. Lediglich die zahlreichen Schiffe der Mithu Bischi Compagnie haben die Negierung in den Stand geseßt, 20,000 Mann in wenig mehr als 14 Tagen nach Kiuschiu zu expediren, ein Transport, der früher Monate erfordert hätte.

Die schwierigen Terrainverhältnisse, die mangelhaften Kommunikationen und namentlich auch wohl die größere Orts- kenntniß des Feindes scheint bisher den Kaiserlichen den Vor- marsch und die energische Verfolgung jeden erzielten Vortheils außerordentlih zu ershweren. Die Saßzumaner vertheidigen offenbar ihre gut gewählten Positionen mit großer Bravour und Hartnätigkeit und benugen, von ortskundigen Higo Sa- murais geführt, jeden Fehler ihrer Gegner und jeden Vortheil, den das Terrain bietet, zu fortwährenden Offensivstößen, Um- gere und Ueberfällen ; sie führen mit einem Worte einen Guerillakrieg, in welchem die bessere Bewaffnung und Orga- nisatioir der Kaiserlichen niht zur Geltung kommen kann.

Die Leßteren sollen in den bisherigen Kämpfen einen Verlust von ca. 3000 Mann an Todten, darunter besonders viele Offiziere, gehabt haben. Die Todten der Jnsurgenten schäßt man auf 5000.

Afrika. Aus Madeira erhalten die „Daily News“ unter dem 14. d. M. folgendes Telegramm: Die Proklamation Sir Th. Shepstones, betreffend die Annexion von Transvaal, erklärt, das Land bleibe ein besonderes Gouvernement, die Einwohner im Besiße vollster legislativer Vorrechte. Die holländishe Sprache werde praktisch, ebenso die offizielle Sprache sein, wie es das Englische ist, die jeßigen Gesetze würden vorläufig unverändert bleiben. Gleiche Gerechtigkeit werde Weißen und Schwarzen zu Theil werden, doch nicht gleiche bürgerliche Rechte. Alles Eigenthumsrecht werde ge- achtet werden. Alle Beamten, die den Willen und die Fähig- keit haben, sollen in ihrer Stellung verbleiben. Alle bona fide geschehenen Konzessionen u"1d Kontrakte mit der Regie- rung, den öffentlichen Gesellschaften oder Einzelnen, werden anerkannt. Für die Zahlung der Staatsschuld werde gesorgt deus Es hat sich ein 200 Mann starker Schutßverein ge- ildet.

Australien. (A. A. C.) Aus Melbourne wird unter dem 14. d. M. telegraphirt: Fn Folge des Ausfalles der leßten Wahlen in Victoria hat das Ministerium seine Demission gegeben.

Der russisch-türkische Krieg.

St. Petersburg, 16. Mai. (W. T. B.) Fünf tür- kische Panzerschiffe haben vorgestern Su kum (Sukum-Kaleh., Festung am s{chwarzen Meere in Trans - Kaukasien in der Landschaft Abchasien, D. Red.) bombardirt; die Stadt hat gelitten. Ein Landungsversuch wurde durch5 Compagnien mit zwei Geschüßen zurückgewiesen ; viele türkische Todte sind am User liegen geblieben.

(W. T. B.) Telegramm des Großfürsten Niko- laus aus Plojesti, den 14. d.: „Heute Morgen bin ih wohlbehalten hier angelangt, der Empfang war cin festlicher. Die städtischen Behörden, die Geistlichkeit, sowie das Volk be- grüßten mich mit lautem Hurrah. Man überreichte mir Salz und Brod. Vor meinem Quartier in Plojesti stand eine bul- garishe Ehrenwache. Um 2 Uhr erschien Fürst Karl, um mich zu besuhen; ih hatte denselben auf der Station mit einer Ehrenwache begrüßt. Nah zwei- stündigem Aufenthalt kehrte der Fürst nah Bukarest zurü. Morgen reise ich nah O um seinen Besuh zu er- widern und gehe Abends zurück. Unsere Abtheilungen hatten keinen Zusammenstoß mit den Türken. Die Rumänier hatten unbedeutende Gefechte bei Widdin und Olteniza. Das Wetter ist heiß und s{hwül. Die Gesundheit der Armee ist vollkommen zufriedenstellend. Die Offiziere, welche sich bei der Explosion des türkishen Monitors auszeichneten, sind mit Orden belohnt.“

Telegramm des General - Adjutanten Ssemeka aus Odessa, 15. d.: Von vier Böten, welhe vom Dampfer „Konstantin“ nah dem E Batum abgeschickt waren, {ind zwei am 12. d. früh in Poti eingetroffen, den anderen beiden

elang es, zum „Konstantin“ zurückzukehren, welcher heute Früh wohlbehalten in Sebastopol eintraf, ohne Verluste an Todten und Verwundeten gehabt zu haben. Der Dampfer „Argonaut“, welcher von Otschakoff (am Eingang des Dniepr- Meerbusens) zum Kreuzen zwischen Otschakoff und Odessa ab- dirigirt war, stieß, bei der Sulinamündung angelangt, auf 4 türkische Panzerschiffe, welhe ihn zu Lerlolgen begannen, bald jedoch davon abließen. Heute Morgen traf der „Argonaut“ wieder in Otschakoff ein. S

(W. T. B.) Aus Tiflis, den 15. cr., wird hier- her gemeldet: Die Ruhe im Terekgebiete kann als wiederhergestellt betrachtet werden. Die Aufrührer sind unter Mitwirkung der Einwohner zweimal geschlagen worden. Ueber das bereits gestern gemeldete Bombardement von Sukum wird folgendes Telegramm des Oberkomman- direnden der Kaukasusarmee veröffentlicht: Tiflis, den 15. Mai. Zan! türkishe Monitors haben gestern 25 Stunden lang Sukum bombardirt; ein Theil der Stadt ist bedeutend bke-

schädigt. Der Versuch, Truppen auszuschiffen, wurde durch 5 Compagnien und 2 Geschüße zurückgeshlagen. Die Türken verloren viele Todte. Unsererseits gab es weder Todte noch Verwundete, nur 6 Kosaken werden vermißt. Feindliche Schiffe stationiren fortdauernd vor Sufum.

(W. T. B.) Die „Agence Russe“ bemerkt bezüglich Serbiens, daß, wenn Serbien Rußlands Rath einholen sollte, dieses ihm die Bewahrung der Neutralität an- rathen würde.

Konstantinopel, 16. Mai. (W. T. B.) Der Mi- nister der Auswärligen Angelegenheiten hat den Vertretern der Pforte im Auslande folgende Mitthei- lung zugehen lassen: Dsokuf (?) Suhumkale is dur unsere Truppen zu Lande und zu Wasser angegriffen worden und in unsere Hände gefallen. Der Feind ist vollständig in die Fluht geschlagen und hat große Verluste erlitten. Die Bevölkerung nimmt unsere Truppen überall sehr freundlich auf. Fn Cirkassien und in mehreren Orten im Kau- kasus sind Fnsurrektionen ausgebrochen.

Bukarest, 16. Mai. (W. T. B.) Die Russen er- rihteten bei dem Dorfe Ghiacit eine schwere Batterie, um den alten Donauarm zu sperren. Zwischen Galaß und Plojesti werden starke Bewegungen rufssischer Trup- pen bemerkt. Zwischen Olteniza und Turtukai hat heute Mittag das Feuer wieder begonnen.

Wien, 16. Mai. (W. T. B.) Aus Bukarest, 16. d. wird der „N. Fr. Pr.“ gemeldet: Gestern Abend fand bei Oltenißa ein Artilleriegefeht statt. Die Türken errichteten bei Turtukai neue Batterien.

(W. T. B.) Telegramm der „Politishen Korrespon- denz“ aus Bukarest vom heutigen Tage: Jn Plojesti haben die Minister Bratiano und Cogalniceano mit den russischen Armeekommandanten Verabredungen getroffen, um die zahl- reihen Schwierigkeiten zu beseitigen, welche den russischen Truppen auf ihrem Durhmarsh erwachsen. Fürst Karl theilte dem Großfürsten Nikolaus als Beweis der Sympathien Rumäniens mit der Sache Rußlands mit, daß er den russ i- schen Truppen gestatte, zur Ersparung von Umwegen ihren Weg über Bukarest zu nehmen. Bei dem leßten Ar- tilleriekampfe zwishen Kalafat und Widdin hatten die Rumänen 110 Todte und Verwundete.

17. Mai. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“ aus Bukarest vom 16.: Während des heute wieder aufgenommenen Bombardements zwischen Olteniza und Turtukai wurde von Oltenißa aus der Ausbruch einer Feuersbrunst in Tur- tukai beobochtet. Ein von türkishen Truppen gemachter Landungsversuch wurde zurü-gewiesen. Großfürst Nikolaus hat gestern eine Deputation von Bulgaren empfangen. Ein weiteres Telegramm der „Presse“ aus Bukarest bestätigt den Uebergang russischer Truppen über die Donau bei Ghiacit unter hestigem Kampfe bei Podbaschi in der Dobrudscha. Ein Landungsversuch der türkischen Truppen bei der Jnsel Mokau unweit Giurgewo. wurde zurüdckgeschlagen.

(W. T. B.) Meldungen hiesiger Blätter: „Neues Wiener Tageblatt“ aus Bukarest vom 16.: Das am Mittag begonnene Bombardement von Olteniza hielt bis Nach- mittags 3 Uhr an. Nach Mittheilungen von rumänischer Seite beginnen die Türken bei Florentin den Brüen- \chlag über die Donau. „Deutsche Zeitung“ aus Bukarest vom 16.: Von Giorgewo aus wurde heute eine große Bewegung der Türken in Rustshuk wahrgenommen.“

Pest, 16. Mai. (W. T. B.) Jm Unterhause mel- dete der Abg. Jranyi eine Fnterpellation darüber an, ob die Regierung dem Berliner Memorandum, den Be- \chlüssen der Konstantinopeler Konferenz und dem Londoner Protokoll zugestimmt habe und im Falle der Bejahung, wie diese Zustimmung vereinbar sei mit dem Pariser Vertrage von 1856 und mit den Jnteressen Un- garns. Der Abg. Helfy interpellirte die Regierung na- mentlih angesihts der Vorgänge in Rumänien dar- über, ob die Regierung die Zeit noch nicht für gekommen erachte, entschieden Stellung zu nehmen und im Einvernehmen mit den anderen Mächten die Aufrechterhaltung des Pariser Vertrages zu erwirken. Der Minister-Präsident Tisza erwiderte bau daß in Rumänien ein Agrcssions- fall nicht vorliege, da das russishe Heer im Einverständniß mit der rumänischen Regierung eingezogen sei. Auch sei Rumänien durch den Varifer Vertrag von 1856 niht neutralisirt worden und sei es frag- lich, ob eine solhe Neutralität für den dsterreimzis- ungarishen Staat wünschenswerth sei. Der Minister- Präsident berief sich sodann auf seine jüngste Erklärung, in welcher er die Haltung der Monarchie gekennzeihnet habe. Auf weitere Bemerkungen des Abgeordneten Helfy erklärte der Minister-Präsident, daß keine Regierung parlamentarische S zur Leitung der äußeren Politik annehmen önne. Wenn die Regierung in der Minorität bleibe, gebe es nur einen Weg, nämlich den, daß derjenige, welcher das Vertrauen des Hauses genieße, die Regierung übernehme. Das Haus nahm die Antwort des Minister-Präsidenten zur Kenntniß.

Die bisher in Rumänien aus 4 Armee-Corps be- stehende Dperationsarmee wird durch das 4., 13. und 14. Armee-Corps verstärkt, welche bisher eine Armeereserve mit den Stäben in Minsk, Schitomir und Kiew, bildeten. Die russische ODperationsarmee würde, der Wien. „Presse“ zufolge, demnah 242,000 Mann Jnfanterie, 60,000 Reiter und über 900 Geschütze betragen.

Rustshu k, 12. Mai. Der „Pol. Korr.“ wird von hier geschrieben :

Unsere Stadt ist momentan der Centralpunkt für alle über die gesammte Kriegsaktion längs des ganzen rechten Donau-Ufers ein- langenden BulUetins. Seit drei Tagen geht es sowohl bei Widdin als auch bei Turtukai ret lebendig her. Die auf diesen Punkten etablirten türkischen Batterien find mit Erfolg bestrebt, die rumäni- schen und russishen Batteriebauten zu stören. Nach den bisher ein- gelangten Rapporten der türkishen Batterie - Kommandanten wären die vereinigten Russen und Rumänen bisher nicht im Stande gewesen, bei Oltenißza ihre Emplacements zu voll- enden. Troß des {weren Kalibers ist den Rumänen ein Geschütz bei Olteniza demontirt worden, Ebenso günstig lauten die Rapporte von den unterhalb Widdins etablirten 2 türkischen Batterien, welche in einem lärgeren Gefechte der gegenüber bei Kalafat postirtea rumänischen Batterie, wie auch dem genannten Orte arg zugesett haben. Der Schaden, welchen die rumänischen Projeftile in Widdin angerichtet haben, ist ein sehr geringfügiger. Zweimal zündeten die rumänischen Granaten in der Stadt; jedesmal wurde der Brand sofort gelöst. Im hiesigen Hauptquarliere sheint man nun einige Besorgniß vor der Ueberlegenheit des russischen Feldartillerie-Materials zu haben, wogegen die Armirung sämmtlicher Donau-Festungen dem russi- {en Belagerungsparke vollständig gewachsen erahtet wird. Abdul Kerim

hat neuerlich 18,000 Mann von dem bei Widdin konzentrirten Armee- Corps hierher gezogen. Immerhin steben unter dem Befehle Osman Paschas bei Widdin noch immer 17,000 Mann, welche dem rumä- nischen Armee-Corps, falls es, wie es den Anschein hat, den Donau- übergang von Kalafat aus allein risfiren sollte, die Stirne zu bieten, genügend find. Man hat von hier den B:fchl ertheilt, aub die fleinen festen Punkte in der Nähe von Widdin, wie Florentin, Arzar - Palanka, Lom - Palanfka, Djbra-Palanka, andererseits aber aub Rabowo, Nifkcpolje und Sistowo, etwas ftärker zu armiren und mit starken Garnisonen zu besetzen. Mit der Verproviantirung aller dieser Punkte sieht es mißlich aus und werden eiligft im benachbarten Serbien und zwar im Negotiner Kreise über Hals und Kopf Mehl, Reis und Hammel eingekauft. Vekif Pascha wurde zum Kommandanten der Widdiner Mustahafiz ernannt. Von hier und Widdin emigriren viele bulgarische, ja selbst mohamedanische Familien nach Serbien.

Aus RNustschuk, 15. Mai, wird dem W. „Femdenbl.“ gemeldet : Der Generalissimus Abdul Kerim Pas%a zieht nun auch die Besazungen aus den Provinzen Salonichi, Larissa und Janina an \sih, die in Eilmärschen über Sophia und Kasanlik an die Donau rücken. Die Be- wachung dieser drei südlichen Provinzen, eb:nso auch der türkisch- griehishen Grenze wurde der dortigen türkischen Nationalgarde anvertraut, die nun von Salonichi aus mit Waffen versehen wird. Die Pässe, die aus Bulgarien nah Rumelien führen, werden \{chleunigst befestigt und mit den nöthigen Blochäusern versehen.

Aus Kischineff, 12. Mai, meldet ein Telegramm des Ober-Kommandirenden nah St. Petersburg: Das ge- sunkene türkishe Panzershiff „Litfi-Dshelil“ ist das- selbe, welches Braila bombadirt hat. Umgekommen sind: der Kapitän Nedshib-Bey und 200 Mann der Equipage. Unsere die Pulverkammer sprengende Bombe veranlaßte das sofortige Sinken des Panzerschiffes. Oberst Struckow und Kapitän 1. Ranges Ragulja beeilten si, mit drei Schaluppen die Er- trinkenden zu retten, was jedoh nur mit einem derselben ge- lang. Der Lieutenant der Garde-Equipage Dubassow nahm dem gesunkenen Panzerschiff die Flagge ab. Der „R. Jnv.“ bemerkt über das Schiff: Das Panzerschiff „Litfi-Dshelil“ por zu den Thurm-Panzerschiffen. Die Ärtillerie-Armirung

esteht aus 5 Geschüßen, von denen zwei 9zöllige im vorde-

ren Thurm, zwei 7zöllige im hinteren und ein 40pfündiges Armstronggeschüß .an der hinteren“ Deckwand. Das De ist nicht mit Blindagen versehen. Tiefgang 18 Fuß; Schnellig- keit 12 Meilen in der Stunde.

Aus Bukarest, 14. Mai, wird der „Pol. Korr.“ ge- meldet: Jn politishen Kreisen wird der Zweck der heute er- folgenden Ankunft des Großfürsten Nitolaus in folgen- der Weise definirt: Erstlih handelt es sich um einen Att der Courtoisie gegenüber dem Fürsten Carl und Rumänien, wel- ches der Großfürst schon vor mehreren Tagen betreten hat. Weiter soll eine definitive Vereinbarung über die Operationen des rehten Flügels erfolgen, welher aus der vom Fürsten Carl fommandirten rumänishen Armee besteht. Für den hiesigen Aufenthalt des Großfürsten Nikolaus sind drei Tage in Aussicht genommen. Die von der Kammer Sonnabend und vom Senate gestern angenommenen gleich- lautenden Motionen über die Stellung zur Türkei bedeuten einen Sieg der reservirten Politik Cogolniceano’'s gegen die rüsichtslose, kriegerische Politik Bratiano's. Die von Bra- tiano im intimsten Kreise gestellten Motionen hatten nicht nur die offene Kriegserklärung Rumäniens an die Türkei, sondern auch die volle Unabhängigkeitserklärung=zum Ausgangs- und Zielpunkte. Dieselben gingen aber. nicht dur, da sich im Senate alle Parteien ohne Unterschied der Nuance der Politik Cogolniceano’s angeschlossen haben.

Als Gegenstück zu dem neulich erwähnten, von Kon- stantinopel datirten Aufrufe an die polnische Emigration zur Bildung einer polnischen Freiwilligen-Legion in der Türkei, veröffentlicht der „Czas“ folgendes Manifest an die Polen im Auslande:

„Es wäre ein s{ändliher Verrath und eine V.rleugnung aller unserer Grundsäße, wenn wir in dem gegenwärtigen, für die Befreiung unserer Brüder von dem Despotismus und der Barbarei der Muselmänner - unternommenen Kriege Rußlands uns in die türkishen Scblachtreihen begeben würden. Die Kränkungen, die wir von Rußland erlitten, rect- fertigen nicht einen brudermörderishen Kriez, denn außer den slavishen Christen, die um Befreiung von dem heidnishen Joche flehen, werden wir auf den Shlachtfeldern Tausenden von Polen und Lithauern in den russischen Kampfreihen begegnen. Der Panslavismus hat mit der Befreiung von Millionen Christen nichts gemein, und die flavishen Stämme werden uns nie unsern Verrath an den nationalen Prinzipien vergessen. Abenteurer und Schwindler, welche Beute oder Verdienst in den Heerschaaren der Feinde Christi suchen, dürfen keine polnischen Legionen bilden, sei es unter Anfüh- rung Klapka's oder anderer Abenteurer. Wenn ungeachtet dieser Verwahrung si leichtsinnige Renegaten finden follten, so möge die Emigration ihre Namen mit öffentliher Verachtung brandmarken. Im Jahre 1868 war ebenfalls die Bildung päpstlicher und türkischer Legionen vielfach beabsichtigt, aber die „Gazeta Narodowa“, „Czas“, „Dziennik Poznansfi“ und „Glos Wolnü“ haben diese Projekte ver- dammt und die Werbungen hörten auf. Im gegenwärtigen Augen- blie haben wir eine viel höhere Aufgabe zu erfüllen. Wir wollen niht Söldner von Fremden sein, die uns als s{mußiges Werkzeug während der Zeit politischer Verwickelungen benüten !“

Ueber die bisherige militärische Unthätigkeit Montenegros schreibt man der „Polit. Korrespondenz“ aus Cettinje, 7. Mai, von hier: /

Die in der Herzegowina und Albanien si befindenden monte- negrinishen Armec-Corps verharren bis zur Stunde in voller Passi- vität. Der Aufmarsh auf Basis der künftigen Krieg8operationen ist bereits vollzogen. Auch hat der von Konstantinopel zurückgekehrte Bozidar Petrovic bereits das Kommando über die sogenannte Süd- Armee übernommen. Das Kommando der Avantgarde hat der Mi- nister des Aeußern, Randonic, übernommen, welcher, wie hon oft, die Feder mit dem Schwerte vertaushte. Mit der Ergreifung der Offensive aber scheint es noch seine guten Wege zu haben Das montenegrinisde Heer \{cheint sich so lange

Defensive beschränken zu sollen, bis nicht die russishe Armee den Donauübergang bewerkstelligt und in Bulgarien eingedrungen sein wird. Weiter kann die Unthätigkeit der Montene- griner auch durch die in diesem Momente zwishen dem Fürsten Ni- tolaus und den albanishen Stämmen geführten Unterhandlungen erklärt werden. Hier glaubt man Grund zu der Hoffnung zu haben, daß in Albanien sih die Dinge so gestalten werden, daß die Armee Ali Saib Paschas bald zwischen zwei Feuern zu stehen kommen dürfte. Indessen scheint schon jet so viel fest zu stehen, daß selbst nach Beginn der Operationen der Krieg keine allzu großen Dimensionen annehmen dürfte. Der Fürst scheint gesonnen zu em das Blut seiner Cernogorzen möglichst zu schonen, da die Aussicht auf viel größere Vortheile, als die bereits errungenen, keine große ist. Für Montenegro handelt es sich mehr darum, das bereits Errungene festzuhalten. Im Vorjahre sind 374 Quadrat- meilen türkishen Territoriums in der Herzegowina und Albanien erobert worden, welche von den Montenegrinern besetzt gehalten werden. Der wesent1lihste Wunsch geht nur noch dahin, Niksic zu

erlangen, was \{ließlich auch durch eine enge Cernirung dieses Platzes erreiht werden dürf:e. Daß selbst große Siege weder die Herzego- wina noch Albanien einbringen werden, davon ift man heute bei der europäischen Konstellation bereits allzu überzeugt. Auch von St. Petersburg aus ift hier vorgesorgt worden, daß die diesseitigen Hoff- nungen nit zu sanguinisch werden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

London, Donnerstag, 17. Mai, Vormittags. Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus San Francisco vom 16. d. gemel- det wird, find nunmehr auch die übrigen Schiffe des russischen Geschwaders mit versiegelten Ordres in See gegangen.

Statistische Nachrichten.

Die Kaiserlihe General - Direktion der Zölle und indirekten Steuern in Straßburg hat kürzlib Uebersichten über den Weinbau Elsaß - Lothringens im Jahre 1876 veröffent- liht. Danach betrug die Zahl der Weinbauer 89,648 gegen 85,893 in 1875; der Flächeninhalt des von denselben bepflanzten Reblandes umfaßte 32,705,88 Hekt., von denen etwa 2/10 mit 29,435,29 Hekt. tragbar gewesen sind. Der mittlere Ertrag ‘an Wein von cinem Hektar wird auf 34,86 Hektoliter geschäßt und danach die Gesammtproduktion von Wein im Jahre 1876 auf 1,026,114 Hektoliter zum Durschnitts- preise von 29,1 4A pro Hektoliter «angenommen, so daß sich{ der Gesammtwerth der Weinproduktion auf 29,870,179 M stellt. Gegen 1875 hat fich die Produktion verringert, Da in diesem Jahre bei einem mittleren Grtrage von 69,96 Hektoliter von einem Hektar im Ganzen 2,059,293 Hektoliter gewonnen worden sind. Dagegen betruz der mittlere Preis eines Hektoliters Wein in 1875 nur 18,09 Æ und sonach der Gesfammt- werth der 187er Weinerzeugung 37,252,610 4, mithin 7,382,431 4. mehr als in 1876. Die Gesammteinahme an inneren Abgaben von Traubenwein in Elsaß-Lothringen belief sih in 1876 auf 2,697,360 é. (gegen 1875 mehr 385,228 M) und entfallen hiervon auf: Wein- steuer 2,482,915 M. (gegen 1875 mehr 388,461 Á.), Ausfertigungs- und Stempelgebühren 74,433 A. (gegen 1875 weniger 8028 M), Licenzgebühren der Weingroßhändler 27434 M. (gegen 1875 mehr 922 M), Licenzgebühren „der Weinkleinverkäufer 112,578 M (gegen 1875 mehr 4273 4) Die Einfuhr von Wein in Elsaß-Lothringen belief sich im Jahre 1876 im Ganzen auf 126,138 Hekto!. gegen 150,335 Hektol. in 1875 und find hiervon eingegangen aus: Ba- den 14,935 Lektol. (gegen 1875 mehr 3735 Hektol.), der bayerischen Rheinpfalz 6132 Hektol. (gegen 1875 weniger 2400 Heftol.), anderen Theilen des deutschen Zollgebiets 5889 Hektol. (gegen 1875 weniger 9566 Hefktol.), dem Zollausland und in Elsaß-Lothringen in freien Ver- kehr geseßt 99,182 Hektol. (gegen 1875 weniger 15,966 Hektol.). Der von diesem Wein erhobene Eingangszoll belief ih auf 1,867,697 c gegen 2,256,451 J in 1875. Die Weinausfuhr Elsaß-Lothring?ns wird für 1876 auf 133,772 Hektol. angegeb n und hat sich gegen das Vorjahr um 80,016 Hektol. vermindert. Von diesen Mengen erpor- tirten nah: Baden 37,317 Hefktol. (1875: 70,314 Hektol.), der bayerischen Rheinpfalz 6449 Hefktol. (1875: 8278 Hektol.), anderen Theilen des deutschen Zollgebiets 60,182 Hektol. (1875: 89,833 Hektol.) und dem Zollausland 29,833 Hcktol. (1875: 45,363 Hektol.).

Rumänien zählt auf 2209 Qu.-Meilen 5,073,000 Ein- wohner, „wovon 4,500,000 der griechischen Religion ang:hören ; 400,000 find Israeliten, 200,000 Zigeuner, 85,000 Slaven, 39,000 Deutsche, 29,500 Ungarn, 8009 Armenier, 5000 Griechen, 2000 Fran- zosen, 1000 Engländer u. \. w., zusammen 700,000 Nichtrumänen. Die Zahl der Rumänen überhzupt \{ätt man auf 10 Millionen, davon 4,300,000 in Rumänien, 1,171,700 in Ungarn, 1,500,000 in Siebenbürgen, 360,000 in andren österreichishen Ländern, 1,600,000 in Serbien und der Türkei, 1,090,000 in Bessarabien, Podolien 2c. Die Stadt Bukarest hat 221,805, Jassy 90,000, Gala 80,000, Botoschani 40,000, Ploështi 33,000, Braila 28,000, Krajowa 23,000, Berlad 26,000, Ismail 21,000, Giurgewo 21,000, Fokschani 20,000, Piatra 20,000 Einwohner. Der Senat besteht aus 76, das Abgeordnetenhaus aus 157 Mitgliedern.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In Regensburg hat man bei den Fundamentirungen von Neubauten mancherlei römische Alterthüm er, Bauten, Münzen und dergleichen von mehr oder minderem Werth autgegraben. Be- sonders interessirt der folgende Fund: Nächst der Karmeliterkirche, wo vor einigen Jahren erhebliche Reste der porta principalis sinistra der römischen Militärstadt aus erheblicher Tiefe gehoben wurden, stieß man soeben auf ein in vielen seiner Theile uno gut erhaltenes H y- pokfaustum, welches wahrscheinlich zur Erwärmung der Zimmer einer Thorwache gedient hat.

_ Bremen, 16, Mai. (Wes. Ztg.) Die Arbeiten für die sibi- rische Ausstellung der geographischen Gesellscchaft sind nun fo weit gefördert, daß dieselbe vom 1. Pfingstfesttage an für das Publikum geöffnet sein wird.

Kopenhagen, 14. Mai. (H. N.) Aus Anlaß des im Sep- tember d. J. bevorstehenden 400jährigen Jubiläums der Universität in Upsala sind mehrere Ehrendoktoren ernannt worden, worunter sich folgende Männer der Wissenschaft in Däne- mark befinden: der Höchsten-Gerichtsaffessor, frühere Minister Krieger, Kammerherr Worsaae, die Professoren Stephens, Sv. Grundtvig, Julius Thomsen, Johan Lange und L. Lorenz, sowie der Isländer Gudbrandr Vigfusfon (in Orford).

Ueber das fkürzlih aufgefundene Mammuth giebt ein Brief des Hrn. Arschaukow aus Tomsk Bericht auf Grund der dahin be- züglichen von H-n. Ssidorow eingesammelten Nachrichten. Die „Now. Wr.“ entnimmt daraus, daß der in ciner Kalkschichtenlagerung des Mariengebietes von Arbeitern in einer Tiefe von 7 Arschin aufgefun- dene Koloß sich, wie man aus dem abgerissenen Fleisch- und Haut- Élumpen ersehen kann, vollkommen unversehrt erhalten hat. Das anfänglich rofafarbene Fleisch verlor an der Luft mit der Zeit seine Farbe und nahm nach einigen Tagen den Charakter einer harten weißen Thonmasse an. Nach Dafürhalten des Hrn. Arschaulow dürste die Ausgrabung nicht vor dem September-Monat vorgenom- men werden, falls mau bei der Ausgrabung des seltenen Fundes rationell zu Werke gehen will.

Land: und Forstwirthschaft.

Ueber die Ernteaussihten in Bayern berihtet die „C. W.“ vom 15. Mai: Nach dem gegenwärtigen Stande der Dinge scheinen troß einiger heftigen Frosttage weder die Feldprodukte noch die Obstbäume und Weinberge Schaden gelitten zu haben. Nur der Raps, der theilweise in Blüthe steht, wird bei dem trüben kühlen Wetter stark durch den Glanzkäfer geschädigt.

Bremen, 16. Mai. (Wes. Ztg) Der Staats-Minister Dr. Friedenthal hai am Sonnabend hierher wissen lass:n, daß ein kategorischer ärztliher Ausspruch ihn für jeßt leider verhindere, den beabsichtigten Besuch in Bremen zu machen, auf den er sich be- sonders gefreut habe, und daß er demnach wohl bis zum Herbste da- mit wcrde warten müssen. Der Verein gegen das Moor- brennen sandte ihm am Sonntag von der gemeinschaftlihen Tafel ein Begrüßungstelegramm, worauf am folgenden Morgen auf gleichem Wege eine dankende und die übereinstimmenden Bestrebungen für rationelle Moorkultur hervorhebende Antwort erfolgte.

Gewerbe und Handel.

In einer gestern unter Vorsiß des Präsidenten Scheele ftatt- gehabten Sißung des Verwaltungsraths der Diskonto-Gesell- \chaft wurde die Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres vorgelegt. Nach Abschreibung der erlittenen Veriuste beträgt der Gewinn ca. 4,100,000 M, wovvn ca. 700,000 L für Verwaltungskosten abgehen