1877 / 124 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 May 1877 18:00:01 GMT) scan diff

weder von einer Dame des gedahten Namens, noch von irgend einer anderen Seite, jemals eine Nummer der früher unter dem Titel „Eisenbahn-Zeitung“, später unter demzenigen der „Reichsglocke“ hier erschienenen Zeitung empfangen, und daß Allerhöchstderselbe von dem Jnhalte dieser Zeitschrift über- haupt niemals nähere Kenntniß genommen hat. Se. Majestät der Kaiser und König haben unterm

96. d. M. folgende Dislokations-Aenderungen be- fohlen: Es werden verlegt: 1. Westfäl. Jnf.-Regt. Nr. 13 9 Bataillon, Füsilier-:Bataillon, nah den Herbstübungen von 1877 von Hamm bezw. Soest nah Münster, 2. Bat. 4. Westfäl. nf.-Regt. Nr. 17 von Mültausen nah Neu-Breisach (ist in teu-Breisah schon vorläufig untergebracht); 2. Bat. 1. Rhein. Ee Nr. 25 nah den Herbstübungen von 1877 von Straßburg nach Pfalzburg; 2. Rhein. JInf.-Regt. Nr. 28, Stab, 1. und Füs.-Bat., 2. Bat., nach den Herbstübungen von 1877 von Aachen bezw. Jülih nach Koblenz bezw. Diez; 3. Rhein. Jnf.-Regt. Nr. 29, Stab, 1. und Füs.-Bat., 2. Bat., nah den Herbstübungen von 1877 von Koblenz bezw. Diez nach Mey; 2. Bat. 2. Niederschl. Jnf.-Regt. Nr. 47 nah den Herbstübungen von 1877 von Neu-Breisah nah Straßburg ; 5. Westf. Anf Negt. Nr. 53, Stab, 1. und Füs.-Bat., 2. Bat., nah den Herbstübungen von 1877 von Münster bez. Pader- born nah Aachen bezw. Jülich; Herzogl. Braunschw. Jnf.- Regt. Nr. 92, Stab, 1. und 2. Bat, Füs.-Bat., nach den Herbst- übungen von 1877 von Pfalzburg bezw. Zabern nah Meß; 2 Bat. 6. Königl. Sächsishen Jnf.-Regts. Nr. 105 nah den Herbstübungen von 1877 von Shlettstadt nah Straßourg ; 3. Bat. 8. Königl. Württemb. Fnf.-Regts. Nr. 126 nah den Heren nao von 1877 von Straßburg nah Schlettstadt ;

heinishes Jäger-Bat. Nr. 8 nach den Herbstübungen von 1877 von Weßlar nach Zabern ; Magdeburg. a Nr. 6 1. Escadr. im Frühjahr von 1878 von Gräfenhaynchen nach Stendal (Stab, 1., 3., 4.,5. Esfkadr.), Stab, 2. und 5. Escadr., 3 und 4. Escadr. im Frühjahr von 1878 von Schmiedeberg bezw. Kemberg nah Tangermünde (2. Escadr.); We fäl. Drag - Nr. 7 Stab, 1., 2., 3., 5. Escadr., 4. Escadr. im Frühjahr von 1878 von Stendal bezw. Tangermünde nach Saarbrücken ; Schlesw.-Holstein. Drag.-Regt. Nr. 13 Stab, 1., 3., 5. Escadr., 9 und 4. Escadr. nah den Herbstübungen von 1877 von Flensburg bezw. Hadersleben in Kantonnements zwischen Meb und Straßburg ; Rhein. Ulanen-Regt. Nr. 7 im Frühjahr von 1878 von Saarbrücken in Kantonnements zwischen Meh und Straßburg; Stab und 1. Bat. Rhein. Fuß-Art.-Regts. Nr. 8 na der Schießübung 1877 von Koblenz nah Meß. /

Die betreffende Allerhöchste Ordre lautet im Ein-

ange: „Nachdem Jch während Meiner Anwesenheit im Reichslanbe Mich überzeugt habe, daß die zeitige Besaßung desselben selbst den Anforderungen des Friedensdienstes nicht zu genügen vermag, bestimme Jh“ 2c. 2c.

Das Patentgeset ist von Sr. Majestät dem Kaiser- am 25. Mai vollzogen worden und wird in der heut ausge gebenen Nr. 23 des „Reichs-Geseßblatts“ publizirt. Zm „Reichs - Anzeiger“ wird dasselbe morgen veröffentlicht werden.

Die in der heutigen Börsenbeilage abgedruckte tabellarishe Uebersicht der Wochen-Auswe1se der aouti Aan. otto haven. iplieht ut... nieen iv s 722,868,000 Æ, d. h. der Vorwoche gegenüber mehr 4,894,000 M, der Wechselbestand in Höhe von 589,090,000 46 weist eine Abnahme auf von 13,726,000 4, die Lombardfor- derungen zeigen mit 79,189,000 F eine solhe von 2,891,000 M4; ferner hat jih der Notenumlauf seit der Vor* woche um 28,512,000 A6 auf 859,170,000 4 vermindert, wäh- rend die täglich fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 205,123,000 A ein Wachsthum um 9,188,000 F bekunden und die an eine Kündigungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten sih um 368,000 f auf 86,924,000 46 vermehrt haben.

Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten hat

es in einem Spezialerlaß vom 7. v. M. für nicht zulässig er- Unterrichts anstalten,

flärt, daß bezüglich derjenigen

welche Bedürfnißzuschüsse aus Staatsfonds beziehen, das Kalenderjahr als Etatsjahr beibehalten und’ in den Attesten über die Verwendung der staatlihen Bedürfnißzuschüsse das vorhergegangene Kalenderjahr als Zeitraum der Verwendung bezeichnet werde.

__ Die betheiligten Städte seien auch in dem Falle, daß sie für diese Anstalten das staatliche Etatsjahr einsühren, in der Lage, für den städtishen Haushalt das Kalenderjahr als Rech- nungsjahr beizubehalten, und jedenfalls seien die aus der An- wendung verschiedener Rehnungsperioden hervorgehenden Nach- theile für die Städte nicht größer, als sie durch einen Beschluß auf Nichteinführung des staatlichen Etatsjahres für die vom Staate subventionirten Anstalten der Staatsverwaltung ohne Rücksicht darauf angesonnen würden, daß leßtere gerade in den hierbei in Betracht kommenden Beziehungen an die Beachtung bestehender Geseße gebunden sei, während den Städten eine freie Entschließung zustehe.

“In Betreff Engen Gymnasien, welche nur solche Zu- üsse aus der Staatskasse beziehen, die auf Grund rechtlicher Verpflihtung gewährt werden, unterliege die Beibehaltung des bisherigen Etatsjahrs keinem Bedenken.

Die durch die Novelle vom 26. Februar 1876 in das Strafgeseßbuch aufgenommene neue Bestimmung, daß eine vor- säßliche, leihte Körperverleßung mittelst einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges mit Gefängnißstrafe niht unter zwei Monaten zu ahnden sei, findet, nach einem Erkenntniß des Ober-Tri- bunñals, vom 29. April, auc auf eine Verlegung dur einen Steinwurf, dur einen Knittel u. dgl. Anwendung, falls der Richter in dem einzelnen Falle den Stein resp. Knittel als ein gefährlihes Werkzeug qualifizirt,

Der Kaiserlich russishe Botschafter Herr von Oubril

n sich mit kurzem Urlaub nah St. Petersburg begeben.

zährend seiner Abwesenheit leitet der otba Staats-Rath Herr von Arapoff die Geschäfte der Botschaft.

_… Der hiesige japanische Gesandte, Herr Siuzo Aoki, ist hierher zurücgekehrt und hat die Leitung der gesaudtschaft- lichen Geschäfte wieder übernommen.

Der Chef der Admiralität, General der Pete

Staats-Minister von Stosch{, ist von Urlaub hierher zurück- gekehrt. [G, Y h zurüd

Der General der Kavallerie ‘Baron von Rhein- b aben, General-Jnspecteur des Militär-Erziehungs- und Bil-

dungswesens hat sich auf Jnspizirungsreisen nah den östlichen Provinzen, zunächst nach Culm, begeben. :

Briefsendungen 2. für S. M. Schiffe „Kais er“, „Deutschland“, „Friedri Carl“ und „Preußen“, sowie für S. M. Aviso „Falke“ sind vom 29. d. Mts. ab nach Plymouth, diejenigen für S. M. S. „Victoria nit, wie früher bestimmt, nah Smyrna, sondern nah Port Said zu dirigiren.

Emden, W. Mai. (Wes. Ztg.) Auf der _Schiffswerst des Hrn. Klattenhoff ist heute Mittag das für die Jade be- stimmte zweite Feuerschiff glücklich vom Stapel gelassen worden.

Sachsen. Dresden, 28. Mai. (Dr. J.) Jn dem Be- finden des Prinzen von Wasa ist eine wesentlihe Ver- änderung nit eingetreten. Das Fieber hat zwar abgenommen, die übrigen Krankheitserscheinungen sind jedoh noch nit voll- ständig beseitigt. Der Prinz Alexander von Weimar, Herzog zu Sachsen, ist als Seconde-Lieutenant bei dem Schüten- (Füsilier-) Regiment „Prinz Georg“ Nr. 108 einge- stellt worden.

Württemberg. Stuttgart, 6. Mai. Gestern fam in der Kammer der Abgeordneten bei der Berathung des Kultus-Etats die allzulange Ausdehnung der Univ ersi- tätsferien, welhe das Semester, die Arbeitszeit, unge- I einzuengen drohen, zur Sprache. Der Uebelstand selbst wurde von keiner Seite geleugnet, obwohl man bemerkte, daß Tübingen zu denjenigen Universitäten gehöre, auf denen am meisten gearbeitet werde. Wie man es anzugreifen habe, um dem Uebel zu steuern, konnte Niemand angeben. Der Minister von Geßler erklärte, daß die Ferienfrage auch im Bundesrathe {hon besprochen worden fei.

Baden. Karlsruhe, 28. Mai. Der Großherzog und die Großherzogin begaben sih heute Nachmittag zum Besu ch Jhrer Majestät der Kaiserin nah Baden.

Die „Karlsr. Ztg.“ vom 29. {reibt : „Mit dem 1. Zuli l. F. wird das teihs-Patentgesey in Wirksam- feit treten und damit das bisher den Regierungen der ein- zelnen deutschen Staaten zugestandene Recht der Ertheilung von Erfindungspatenten auf das Deutsche Reich übergehen, zu welchem Zwecke das Reichs-:Patentamt eingeseßt wird. Da die Prüfung von Patentgesuchen bisher einen Zeitraum von mehreren Wochen in Anspruch zu nehmen pflegte und somit anzunehmen wäre, daß jeßt noch einkommendèe Gesuche um Erfindungspatente vor dem 1. Juli nicht mehr zur Erledigung gelangen könnten, so ist, um Gesuchsteller vor vergeblichen Kosten zu bewahren, von dem Handels-Ministerium die An- ordnung getroffen worden, daß vom 1. Juni an keine neuen Gesuche mehr zur Prüfung angenommen werden.“

Baden-Baden, 29. Mai. (W. T. B.) Die Groß- fürstin Wladimir ist heute Nachmittag 2 Uhr zu einem vierwöchentlichen Aufenthalte hier eingetroffen.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Me iningen, 28. Mai. Bekanntlich hatte sich der Landtag dahin ausge- sprochen, daß das Landgericht nach Hildburghausen, und niht nah Meiningen gelegt werden soll. Das Regierungs- blatt veröffentlicht nunmehr ein Sqreiben des Herzogs an Gu déssetbeii; bên Sih dès Gerichts äch Sub g aaen zu legen, ablehnend beschieden wird.

__ Lübeck, 28. Mai. Fn ihrer heutigen Sißung geneh- migte die Bürgerschaft einen Senatsantrag, nah welchem die Grenze für pupillarishe Belegungen in Liegen- schaften und Gebäuden, die bisher auf den dritten Theil des Taxwerthes beshränkt war, bis auf die Hälfie desselben er- weitert wird, wobei hinsichtlih der Liegenschaften der 25fache Betrag des durch die amtliche Bonitirung festgestellten Rein- ertrages und bei Grundstücken das amtlich festgestellte Brand- kassentaxatum als betreffender Taxwerth gilt. Ferner stimmte die Bürgerschaft mit überwiegender Majorität dem An- kauf des Streifens am rechten Traveufer nördlih von der Stadt zu, welchen der jeßige Fnhaber des ganzen dortigen Grundstückkomplexes dem Staate für die Summe von 318,000 A zum Kauf angeboten hat und dessen staatsseitigen Erwerb der Bürgerausshuß mit allen gegen zwei Stimmen gutachtlih befürwortet hatte.

Oesterreich-Ungarn. Prag, 28. Mai. (Pr.) Der Kriegs - Minister Graf Bylandt traf heute Abends von Karlsbad hier ein, besuchte den Erzherzog Friedrih und den Landeskommandirenden Baron Philippovih und reist morgen nach Wien ab.

Pest, 28. Mai. Der Bankausschuß des Reichs- tages nahm in der vorgestrigen ung den Falkschen Antrag in folgender Fassung an: „Der Ausschuß ist damit einverstanden, daß das unzweifelhafte Neht Ungarns auf eine selbständige Bank mit Rücksicht auf die gegenwärtig obwalten- den Schwierigkeiten für die nächsten zehn Fahre niht in An- spruch genommen, fondern daß der einverständlich mit dem andern Staate der Monarchie von der Regierung vorbereitete Kompromiß ausgeführt werde, welhes dem außergeseßlichen Zustande der Notenbank ein Ende macht und im Vergleiche zu der gegenwärtigen Lage eine Besserung bezeihnet. Der Aus- {uß acceptirt daher im Allgemeinen zur Grundlage der Spezial- debatte die Vorlage der Regierung betreffs Errichtung einer österreichis{h-ungarishen Bankgesellshaft, namentlih den Ge- seßentwurf über die Errichtung und das Privilegium der ósterreichish-ungarischen Bankgesellschaft sammt dem dazu ge- Pro Bankstatute und Vertrage ; doch macht der Aus\{uß owohl diesen cllgemeinen, wie auch alle auf die Details be- züglichen ferneren Beschlüsse davon abhängig, daß der Reichs- rath ‘die Vorlage seiner Regierung in ähnlichem Geiste auf- fasse und dieselben gleichfalls annehmen werde. Jm entgegen- geseßten Falle behäkt sich der Ausshuß vor, dem Hause einen andéren, den Umständen entspre enden Vorschlag zu unter- E Damit {loß der Auss{chuß vorläufig die Verhand- ungen.

_ Niederlande. Haag, 29, Mai. (W. T. B.) Das Befinden der Königin, welche gestern erkrankte, ist seit heute Nachmittag Besorgniß erregend geworden.

Großbritannien und Frland. London, 28. Mai. (E. C.) Am Freitag wurde in der Königlichen Familie der

Geburtstag der Prinzessin D cin (Gemal;lin des Prinzen Christian von Schleswig- A geri deren U

Genesung jo gut wie vollendet ist. Balmoral

ersien, wie jedesmal während des Aufenthaltes der Königin im Hochlande, ein Mitglied des Kabinets, der Staatssekretär für Jrland, Sir Michael Hicks Beach, für |[zinige Zeit als berathender Minister. Der Feldmarschall Herzog von Cambridge hielt am Sonnabenv in Alderfhot eine Truppenschau über 13,650 Mann FJnfanterie und 2020 Mann Kavallerie. Heute erwartet man in Liverpool mit dem amerikanishen Dampfer „Jndiana“ den General Grant. Der hiesige amerikanische Gesandte nebst dem hiesigen Generalkonsul, sowie der Konsul in Liverpool werden den ehemaligen Präsidenten bei seiner Ankunft begrüßen. Ein chemaliges Mitglied des Unterhauses, der konservative Vertreter von Stafford in den Fahren 1847 bis 1852, Mr. D. Urquhart, ist in voriger Woche in Nizza verstorben. Der britische Ritualismus macht wieder von sich reden. Im Beisein einer gedrängten Versammlung von Andächtigen trug der durh seinen Prozeß allgemein bekannt gewordene Geistlihe Ridsdale gestern in der St. Peterskirhe von rone troy der jüngsten Entscheidung des Kirchengerichts- ofes die vielbesprohenen Gewänder, ließ gu dem Altare Reczer brennen und celebrirte in derselben Weise wie früher. Er erklärte öffentlich, sich seiner Verantwortlichkeit wohl be- wußt u sein, wolle aber der. Ermahnung des Gerichtes in fo weit Widcrstand leisten, als dieselbe der Kirchenordnung ent-

ewissen Punkten nah, aber Friede ei niht länger möglih. So entschließe er sich ungern zu dem gethanen Schritte. Noch am gestrigen Tage hielten die Kirch- \pielsmitglieder eine Versammlung und faßten eine Vertrauens- adresse an Mr. Ridsdale ab, au nahmen die in zwei anderen Kirchen gehaltenen Predigten die Partei des Ritualismus. Für den diesjährigen, in Aberdeen zu haltenden Kon- greß des sozialwissenschaftlihen Vereins isst die Beit vom 19. bis zum 26. September festgeseb. worden. Der Commander Sullivan, der an der Westküste Afrikas vom Cap her angekommen ist, hat Anweisung erhalten, mit dem Könige von Dahomey Verhandlungen einzu- leiten und si zu vergewissern, ob es wahr sei, daß sih der- selbe bereit erklärt habe, den englishen Forderungen nach er- folgter Aufhebung der Blockade zu willfahren.

Frankreich. Paris, 26. Mai. (Köln. Ztg.) Heute Abend war große Tafel bei dem Herzog Decazes, zu der alle Minister, die Botschafter Deutschlands und Englands, fowie andere fremde Diplomaten geladen waren. Nach der- selben fand En:pfang statt. Fn Compiègne findet heute ein großes Banket statt, welches der Herzo d'Aumale, Präsident des Generalraths der Oise, den Generalräthen und den Civil- und Militärbehörden giebt. L u

28. Mai. (Köln. Ztg.) Die heute veröffentlichte Personalveränderung in den Unterpräfekturen beginnt mit dem Departement Ain und schließt mit dem Departement Drôme, umfaßt also im Ganzen 24 Departe- ments. Fast alle abgeseßten Unterpräfekten waren von Hrn. Jules Simon ernannt worden. Der , Moniteur“ zeigt an, daß die Vorarbeiten zur Neubesezung der Gemeinde- räthe im Ministerium des Jnnern in vollem Gange seien.

Der „Français“ meldet heute, es seien strenge Maßregeln ‘getroffen worden, um die Armee vor dex Ver-

oituna_ rongsutionurer Grundsäße zu bewahren: „absolutes Mer ol von ane in ben R en, Androyung ftenger

Strafen gegen Offiziere und Soldaten, welche Zeitungen kaufen und lesen.“ Der „Français“ ermahnt die Corpschefs, ihre Schuldigkeit zu thun, damit „die Unordnungen, deren Folgen von ernstester Natur sind, nicht weiter um sih greifen.“ Das „Paris-Journal“ meldet: „Schon sind Vorkehrungen an- geordnet, daß Redner, die vor Versammlungen sprechen, über ihre Reden, wie die Zeitungen über ihre Artikel, Rechenschaft abzulegen haben ;- Befehle wurden ertheilt, um die radikalen Comités, die wie Unkraut in ganz Frankreich wie in einem üppigen Boden aufschossen, aufzulösen. Dies sind jedoch nur vorbereitende Maßregeln. Das Uebel ist zu groß, als daß es mit Einem Schlage zu beseitigen wäre. Bis aber die Heilung vollständig, darf keine shonende Politik getrieben werden.“ Der „Français“ lenkt die Aufmerksamkeit der Regierung besonders auf die Schänken und Wirthshäuser, die er als „die Herde der Verderbniß“ bezeichnet. Der General Ducrot, Ober-Kommandant des V. Armee-Corps, hat folgenden Tagesbefehl erlassen:

Der General-Kommandant des VIIIl, Armee-Corps erinnert die Corpsführer an die strenge Beobachtung der von ihm früher gegebenen Befehle: es ift absolut verboten, Zeitungen oder politische Scbeitten; gleichviel von welcher Farbe sie sind, in die Kasernen oder Quartiere des Armee-Corps einzuführen. Sie müssen mit der größten Sorg- falt darüber wachen,” daß dieser Befehl streng ausgeführt wird. Wenn in der Umgebung der Kasernen sich Kaffee- oder Weinhäuser befinden, in welchen Zeitungen verkauft werden, so muß der Besuch derselben den Truppen verboten werden. Jedes Zuwiderhandeln gegen diesen Befehl wird streng bestraft werden.

Im großen R zu Bourges, den 12, Mai 1577.

General Ducrot, Kommandant des V111. Armee-Corps.

Aehnliche Tagesbefehle wurden von anderen Corps-Kom-

mandanten erlassen.

29. Mai. (W. T. B.) Auf Anfragen wegen des außerhalb verbreiteten Gerüchts über ein Attentat auf den Marschall - Präsidenten kann mit Bcstimmtheit a werden, daß an diesem Gerüchte kein wahres Wort ist. Der „Moniteur“ erklärt das Gerücht, daß der L C sein Amt niederzulegen ge- denke, falls er neuen Schwierigkeiten begegnen sollte, für unbegründet. Der Marschall habe sih niemals mit cinem solchen Gedanken oes und sei fest entschlossen, die Gewalt bis zum Ablauf seiner Amtsdauer in seinen Händen zu be- halten, seine Pflichten zu erfüllen und seine Rechte zu wahren.

__ Spanien. Madrid, 29. Mai. (W. T. B.) Die Re-

gierung beschloß, jede öffentlihe religiöse Kund- ebung, die zum Vorwand für carlistische Umtriebe dienen önne, zu untersagen.

Italien. Rom, 25, Mai. Der „Bersaglier e“ schreibt : Heute übergaben viele Deputirte dem Präsidenten der Depu- tirtenkammer, Comthur Crispi, ihre Visitenkarten mit bér Bitte, dieselben dem hier anwesenden Präsidenten des preußischen es, von S en, zu übergeben. Dieser Beweis von Sympathie möge die Bande der Freundschaft noch inniger knüpfen, welche die beiden Nationen verbinden, Auf der in Bern am 4. Juni statthabenden Konferenz wegen des Fortbaus der Gotthardbahn wird Ztalien durh den Ober-Jngenieur Comthur Boccardo, den Eisenbahn-Direktor Comthur Valsehi und den Cowthur Massa, Direktor der oberitalienishen Bahnen, vertreten sein.

all, Gern gebe er in

dal, Ge Das sei hier nah seiner Mein:1ng dur{haus der

Griechenland. At hen, 29. Mai. (W. T. B.) Der König hat für die patriotishen Kundgebungen, die gestern Abend- vor dem Königlichen Schlosse stattfanden, sofort vom Balkon des Schlosses aus seinen Dank aus-

esprochen und dabei erklärt, daß die Zukunft und die nteressen des Vaterlandes seine eifrigste Sorge seien. Zur

ildung des neuen Kabinets sind noch keine Ein- leitungen E. Auf Befehl der Regierung wurden mehrere Perjfonen, die mit Waffen über die Grenze von Thessalien gehen wollten, angehalten.

(W. T. B.) Der König hat nunmehr den früheren Ministerpräsidenten Komunduros aufgefordert, ein neues Kabinet zu bilden. Das englische Panzer- geschwader wird einige Zeit im Piräus stationirt werden.

(W. T. B.) Der „Politischen Korrespondenz" wird von hier unter dem heutigen Tage bestätigt, daß der König in Folge der Demission des Kabinets Deligeorgis heute Komunduros zu sih berufen habe, um demselben die Bil- dung eines neuen Kabinets zu übertragen. Es wird hinzugefügt, die Erfüllung dieses Auftrages durch Komunduros ónne sür um so gewisser angesehen werden, als Komunduros si der Unterstüßung aller Dopasttiontparteien versichert habe; es sei große Aussicht auf Zustandekommen eines Koalitions-

Ministeriums vorhanden. Gestern haben vor dem Palais

des Königs und vor der Wohnung des Admirals Kanaris friegerische Volksdemonstrationen stattgefunden.

Türkei. Konstantinopel, 29. Mai. (W. T. B.) Den hiesigen Botschaftern der auswärtigen Mächte wurde heute im Arschluß an die bereits ertheilten Versicerungen die offizielle Mittheilung gemacht, daß der über Konstan- tinopel verhängte Belagerungszustand die Kapitu- lationen intaft lassen werde und daß, wenn Maßregeln gegen remde Staatsangehörige ergriffen werden müßten, dies nur im Einverständniß mit den verschiedenen Konsulaten geschehen würde. Das Reglement betreffs des Belagerungs- zustandes wird demnäwhst mitgetheilt werden. Graf Zichy wurde heute von dem Sultan in Privataudienz empfangen.

- Paris, 29. Mai. (W. T. B.) Jn Bezug auf die Mittheilung der Pforte, betreffend die Verhängung des Be- lagerungszustandes in Konstantinopel und die eventuelle Ausführung der mit demselben zusammenhängenden Maßregeln gegen fremde Staatsangehörige, is Seitens der Mächte eine Erklärung nicht erfolgt. Dieselben werden ab- warten, wie die Pforte den Belagerungszustand praktisch hand- habt und dem entsprehend ihre Entschließungen treffen.

Konstantinopel, 18. Mai. (Pol. Korr.) Der Ge- neral-Direktor der Banque Ottomane hat cine Mission nach London angenommen, woselbst ex Zuhdi Bey bei den Ver- handlungen über die im lezten Schreiben erwähnte Anleihe von 3 Millionen Pfd. Sterl. thätigst unterstüßen soll. Abge- sehen von diesein Anlehen, beabsichtigt die Regierung zur Deckung des Defizites im Budget von beiläufig 14 Millionen türkische Livres verschiedene Maßregeln fiskalisher Natur durzuführen, worüber auch den Kammern ein Gesetzentwurf zuging. Diese Maßregeln bestehen ganz einfah in Erhöhung der Hammelsteuer, des Verghy (Grundsteuer), welcher verdrei- facht und der Zehentsteuer, zu welcher cin Viertel zugeschlagen werden soll. Ueberdies wurde beschlossen, daß alle Beamte, deren Monatsgehalt 10 türkische Livres (230 Francs) über- steigt, die Hälfte ihrer Besoldung bis zum Ende des Krieges zurückzulassen haben. Sobald diese Maßregeln von den Kammern votirt sind, haben sie in Krast zu treten.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 26. Mai. (H. N.) Das Budget für das Jahr 1878 berechnet die Staatseinnahmen auf 86,090,000 Kr. Die gewöhnlichen Ein- nahmen werden auf 31,290,000, der Zoll auf 22,000,000, die Posteinnahmen auf 4,800,000 und die Branntweinsteuer auf 13,470,000 Kr. geschäßt. Die ordentlihen Ausgaben werden auf 65,322,353 und die außerordentlihen auf 20,767,000 (hierunter der Credit zur Aufrechthaltung der Neutralität von 2,000,000 und die Anleihe zur Senkung der Seven Hjelmaren und Krismaren) veranschlagt.

Amerika. Washington, 29. Mai. (W. T. B.) Das

Kabinet beschloß, eine Note an Mexiko zu rihten und

darin sofortige Maßregeln zur Verhütung von räuberischen Einfällen auf texanisches Gebiet zu verlangen. Anderen Falles würden Bundestruppen zur Verfolgung und Züchtigung der Räuber abgesendet werden.

« Der rufssisch-türkische- Krieg. St.Petersburg, 28. Mai.(W., r.) Das slavishe Wo h l- thätigkeits-Comité hat in Folge cines Beschlusses am Apostelsesttage abermals 5000 Rubel zu Gunsten der noth- leidenden Christen in der Türkei gespendet. Die heilige Synode widmete 100,000 Rubel der Gesellshast vom „Rothen Kreuz.“

/ Konstantinopel, 28. Mai. (W. „Pr.“) Sobald die bejahende Añtwort der tunesishen Regierung auf die An- frage der Pforte, ob - alle ihre für den Nom res be- stimmten Hülfstruppen zur Einschiffung schon bereit stehen, hier eingetroffen ist, wird sich ein Theil des türkischen Mittel- meer-Geschwaders nah Tunis begeben, um | diese Truppen hierher zu bringen. Mit Erlaubniß der Landesregierung haben sih in Tunis auch mehrere Comités zu dem Zwecke gebildet, um die Pforte durh freiwillige Geldspenden zu unterstüßen und hat der dortige Minister des Aeußern, General Chaireddin, die Uebermittelung dieser Geldspender hierher übernommen. i

Konstantinopel, 29. Mai. (L. H. T. B.) Der Vizekönig von Egypten und der Bey von Tunis beglücwünschten den Sultan in besonderem Handschreiben :ur Annahme des Titels „Glaubensvertheidiger“, und versprechen

unbedingte Heeresfolge. London, 30. Mai. (W. T. B.) Der „Morningpost“ usländer in ihren

zufolge hätte die Pforte beschlossen, l Dienst zu nehmen; eine Anzahl englischer Dffiziere stände im Begriff, im türkischen Heere Dienste zu nehmen.

Europäischer Kriegsschauplaß.

St. Petersburg, 30. Mai. (W. T. B.) Von der Donauarmee eingegangene T eIgr ang melden große durch Regengüsse hervorgerufene Ueber| chwemmungen und Eisenbahnbeschädigungen, durch welche die B e- wegung der Truppen gehindert wird.

Wien, 30. Mai. (W. T. B.) Telegramme des „Neuen Wiener Tageblattes“, Aus Belgrad: Dex Meéetropolit

celebrirte heute ein Rem für den Erfolg der russischen Waffen, welchem der Fürst, die Fürstin, die Minister und der Vertreter des russischen Konsuls beiwohnten. Die serbischen Offiziere, die als Freiwillige am Kriege theilnehmen wollteu, sind hierher zurückgekehrt, weil sie weder in der russischen Armee, noch bei der bulgarischen Legion Aufnahme finden kfonnien. Aus Turnseverin: Auf Befehl Osman Paschas ist die Donau bei Adakaleh abermals gesperrt. Aus Orsowa: Die hier internirten 120 serbishen Frei- willigen sind cat einem mit Honvedsoldaten beseßten Schiffe an das jenseitige serbische Ufer befördert- worden.

Alexandrien, 29. Mai. (W. T. B.) Die egypti- schen Truppen sind noch niht nah Europa abgegangen ; die Abfahrt derselben wird von einem Tage zum andern verschoben.

Kal afat, 27. Mai. (W. Pr.) Die Kanonade gegen Widdin hatte nur den Zweck, die Geschüße mit großem Ka- liber (15 Centimeter) auf ihre Tragfähigkeit und Treffsicher- heit zu erproben. Aus diesen Geschüßen wurden 18 N und aus den Geschüßen mit {leinen Kalibers fünf Schüsse ab- gegeben. Die Geschosse mit großem Kaliber trafen alle Wid- din. Die Türken erwiderten lebhaft das Feuer aus vier Bat- terien, ohne jedoh Schaden zu verursachen. Die Tür- fen gaben 35 Schüsse, von denen drei sehr gut gezielt waren und in der nähsten Nähe der Batterie, wo Fürst Karl stand, eins{hlugen. Diese Batterie ist allerdings durch ein dahinterstehendes weißes Haus scharf markirt. Fürst Karl stand auf der Krone der E, sih geradezu dem Feuer exponirend. Um 7 Uhr Abends be- gann das Feuer auf Befehl des Fürsten in der Batterie Nr. 1 „Carol“, welhe, aus fünf Geshüßen schießend, das Signal zur Kanonade gab. Die Batterien Nr. 2 „Elisabeth“, Nr. 3 „Mircea“, Nr. 4 „Stephan“ nahmen das Feuer ab, worauf man bald den Ausbruch eines Brandes in Widdin bemerkte, welcher jedo {nell gelöscht wurde. Um 7 Uhr 40 Mi- nuten -\{lugen Granatensplitter drei Schritt neben dem Fürsten ein, ohne Jemanden zu beschädigen; um 7 Uhr 50 Minuten lug eine Granate in der linken Flanke der Batterie ein, wo mehrere Offiziere standen; ein Diener wurde dur den Luftdruck niedergeworfen, mehrere Splitter sausten an Hauptmann Maurocordato vorüber und s{chlugen in die Wand. Die Mehrzahl der türkischen Geschosse fiel ins Wasser, einige in die Straßen der Stadt, einige explodirten in der Luf Um 7 Uhr 50 Minuten wurde das Feuer von Türken und Rumänen eingestellt. Der Fürst hat heute Poyana ver- lassen und die Positionen von Ciuperceni an der äußersten Vorpostenkette besichtigt. Der rumänische Flottillen - Major Murgescu, welcher die Barkasse führte, die den Monitor in die Luft gesprengt, erhielt den Wladimir-Orden. Gestern operirte cin türkisher Monitor gegen Corabia. Die rumäni- chen Batterien feuerten auf denselben. Ein Schuß traf in eine Schießscharte, worauf der Monitor s{leunigst Kehrtum As Der Fürst wird morgen Nachts in Bukarest ein- reffen.

Aus Bukarest berichtet „Times“ unter dem 25. d. M.:

„Fch besuchte diesen Morgen das russische Lager zu Ban Jassi und fand an eine Infanterie-Brigade des 12. Armee-Corps, so- wie zwei Feldbatterien Neunpfünder-Hinterlader. Die Truppen, welche bisher Bukarest passirt haben, gehörten zur ersten Division des 12. Armee-Corps; dieselben sahen nah so langen Märschen außerordentlich gut aus und waren auch gut ausgerüstet. Die Artillerie- und Trainpferde sind \{chöne Thiere und noch sehr wenig mitzenommen. Wenn alle russishen Truppen so agus- sehen, wie die im Lager von Ban Jassi, so läßt Zustand und Equipirung derselben nihts zu wünschen übrig. Auch auf einer westlich von hier gelegenen Straße rücken die Nussen auf Giurgewo vor. Die vorliegenden Anzeichen bekräftigen meine frühere Annahme, daß an der Donau keine wihtigen Operationen erfolgen werden, bis die ganze russische Armee am Strome aufmarschirt ist und ihre De- pots nahe hinter sih hat. Die Donau kann sonst nicht ohne schwere Verluste überschritten werden. Cin starkes Corps wird auf dem äußersten rechten Flügel aufgestellt werden und aus der rumänischen Armee und einer oder zwei russishen Divisionen bestehen. Diese Streitmacht wird beim Donau-Uebergange in der Defensive bleiben, dann auf dem türkishen Ufer des Timok vordringen und die linke Flanke der Balkanlinie durch einen Vormarsch auf Sophia und Philippopel zu umgehen suchen. Es würde dabei das Ver- sprechen, serbisches Gebiet nicht zu betreten, gehalten und doch wahr- \cheinlih eine ausgiebige serbische Verstärkung gewonnen werden. Ein russishes Corps, welches unterhalb Widdin über die Donau ginge,

ein Korrespondent der

- würde die Bésaßzung von Widdin in Schah und damit den Weg ins

Timok-Thal ofen halten. Die Frage, ob auch die rumänische Armee über die Donau ehen solle oder nicht, beschäftigt dië Bs rung in Bukarest sehr angelegentlich. Die Meinungen sind getheilt.“

Asiatischer Kriegsschauplagt.

St. Petersburg, 30. Mai. (W. T. B.) Die von Konstantinopel verbreitete Nachricht von ter Wieder- besezung Ardahans durh die Türken ist absolut unwahr. :

Telegramm des Ober-Kommandirenden der Kaukasus- Armee vom 29. d. M.: General-Lieutenant Torgukas\s\off stieß am 26. cr. auf drei befestigte Lager der Türken bet Karakilis, Alaschkert und Ashan, in denen im Ganzen 12 Bataillone standen. Nach Beendigung der Rekognoszirung zeigten sih Haufen von Kurden, die dur Kosaken zerstreut wurden. Die Russen hatten 2 Todte und 2 Verwundete. Am 25. cr. bestand die Kosaken-Division des General- Major Loris - Melikoff bei Mahardschih ein glückliches Scharmüßel mit einer türkischen Abtheilung, die aus Kars einen Ausfall gemacht hatte. Dank der Ueberlegenheit der russischen Waffen hatten wir nur einen Todten, 6 Verwun- dete, während die Türken 40 Todte auf dem Kampfplagyze ließen. Anhaltendes Regenwetter hat die Straßen un- wegsam g.-macht. S s

Konstantinopel, W8. Mai. (W. „Pr./.) Während Kars für länger als ein Jahr mit Munition versehen ist, war Erzerum damit nur für drei Monate versorgt und läßt daher die Regierung \s{leunigst Munition nach leßterer Stadt schaffen. Dschemil Pascha weilt in» Austrage des Sultans im Ua Moukhtar Paschas, um über e Lage und Tüchtigkeit von dessen Armee Bericht zu er- tatten. : Konstantinopel, 29. Mai. (W. T. B.) Bezüglich der Wiederbeseßung Ardahans durh die Türken ist bisher außer der bereits gemeldeten Depesche des Gouverneurs von a A keine weitere Meldung Sagan.

us Konstantinopel telegraphirt (über Athen) der „Standard“-Korrespondent am 23. d., Ardahan sei von 15 oder 16 Bataillonen vertheidigt gewesen, im Ganzen von wenigstens 10,000 Mann und 60 Geschüßen, von denen 20 Krupp)che der neuesten Art waren. Die Russen wären viermal

mit s{werem Verluste zurückgeworfen worden, seien aber ein fünftes Mal mit 40,000 Mann gekommen. „Darauf verlor der Kommandant von Ardahan, ein sehr junger Offizier, den Muth und floh. Alle oberen Offiziere folgten, die Soldaten wurden ihrem Schicksale überlassen. Sie fochten eine Zeitlang, verloren aber auch den Muth und zerstreuten sich nach allen Richtungen. Drei Bataillone jegoch hielten zusammen, s{lugen sih durch die Nussen durch und entkamen in Ordnung.“

London, 28. Mai. (Tel. d. W. „Frdbl.“) Hier ein- jou Nachrichten aus Asien schildern die Lage der Armee

oukhtar Paschas als sehr unbefriedigend. Es fehlt am Nothwendigsten, an Lebensmitteln, Waffen. Die Armee be- fommt den Sold sehr unregelmäßig und es finden starke Desertionen statt.

Tiflis, 27. Mai. (W. „Pr.“) Das Bombardement der Forts Siaret- und Arab-Tabia auf dem Karadag bei Kars wird fortgeseßt. Die Division Oklobdschia beschäftigt die Türken in Batum, Zichetdsiri und Tshuruksu mit Rekognos- zirungen, während Kolonnen von Ardahan, Kars und Ba- jazid gegen Erzerum vorrücken.

Aus Konstantinopel, 18. Mai, wird der „Pol. Korr.“ berichtet:

„Der absolute Mangel an Nachrichten von der asiatishen Armee, der Verlust des Panzerschiffes „Lutfi Djelil“ in der Donau und die Kunde, daß die Russen bei Vcatschin Fuß gefaßt haben, brachten die mohamedanishe Bevölkerung schon seit mehreren Tagen in ungeheure Aufregung. Die Meldung von der Einnahme von Suchum-Kaleh änderte mit einem Male die ganze Situation. Die Türken faßten wieder Muth und das Ministerium fühlt sich erneuert etwas sicherer. Es ist wohl selbstverständlih, daß die Pforte die möglichsten Anstrengungen macht, um aus der Einnahme von Suchum-Kaleh und dem Aufstande im Kaukasus die größt- möglichen Vortheile zu ziehen. Außer den von Batum abgesendeten Truppen und den in Trapezunt nah Circassien eingeschifften 7- bis 8000 tscherkessischen Freiwilligen hat die Regierung in Eile ein anderes, 14,000 Mann starkes Expeditions - Corps mit acht Batterien Positions- und Berggeschüßen organisirt. Dieses Corys wurde heute auf den fünf großen LTransportdampfern „Babel“, „Assyr“, „Assari“, „Nusret“, „Sultanié“ und „Talia" nach Suchum-Kaleh expedirt. Als Eskorte geh-n die Panzerschiffe „Nessudié“, „Orkhanié“, „Azizii“ und „Assari Tewfik“ mit, die iberdies noch mchrere Tscherkessen-Führer, 50,000 Henry-Martini- Gewehre und große Quantitäten Kriegsmunition zur Vertheilung unter die mohamedanishe Bevölkerung des Kaukasus mitnehmen. Mehrere Civilbeamte und einige Telegraphisten mit den zur Her- stellung von telegraphischen Verbindungen erforderlichen Materialien begleiten das Erpeditionscorps, von welchem ein Theil in Suchum- Kaleh ausgeschift werden, der andere Theil mit der Flotte bis Anapa segeln wird, um auch auf diesem dem Azowschen Meere nahegelegenen Punkte einen Angriff auszuführen.“

Aus Tiflis, 18. Mai, wird demselben Blatte ge- schrieben: | -

„Seit meinem leßten Berichte vom 12. Mai haben sich auf dem armenischen Kriegsschauplaße bedeutsame und theilweise sogar für den ferneren Verlauf der Operationen entscheidende Ereignisse zugetragen. Vor Allem erging vom Großfürsten Michael der Befehl an die Achalzicher Kolonne, welche sich in der Richtung von Ardahan fortbewegte, um nah Einnahme dieser Festung den Weg über Olti nah Erzerum frei zu machen, ihren Marsch nah Thunlihkeit zu beschleunigen, damit die Vereinigung mit der Aleran- dropol er Kolonne, welche eine Position bei Saïm bereits innehatte, möglichst ras erfolgen fönnte. Am 15. Mai ist die Vereinigung wirk- li erfolgt und zwar bei Gurdjbeck, # deutsche Meile von Ardahan entfernt, auf der Noute Ardahan-Kars. Noch in der Nacht vom 15. auf den 16. wurden 9 Batterien errichtet, welche mit 40 Posi- ROBge en armirt wurden. Am 16, Mai, bei Tagesanbruch, waren die Russen vollständig in der Lage, ein ausgiebiges Feuer gegen Ardahan und zwar zunächst auf die zwei Redouten, welche auf den

öhen von Gelav-Tscherdin gelegen sind, zu eröffnen. Die von eng- ischen Genie-Offizieren erst in jüngsker Zeit erbaute Redoute Elari- Ogli hütte Ardahan ganz besonders. Gegen 75 Uhr Morgens er- öffneten sämmtliche Batterien ein konzentrishes Feuer gegen die Redouten, welches ununterbrochen bis 2 Uhr Nachmittags fort- dauerte. Die Wirkung der russishen Artillerie war eine außer- ordentliche. Die meisten türkishea Geschüße wurden demon- tirt, die Kasernen in Trümmer geschossen, mehrere bedeutende Breschen gelegt und so der Sturmangriff vorbereitet. Gegen 3 Uhr rückten die Kolonnen von allen Seiten vor. Gegen 5 Uhr waren die Re- douten in russischen Händen. Ganz besonders zeichneten sich aus das vom Oberst Fürst Admiraziboff geführte Infanterie-Regiment Elisabetpol Nr. 156 von der 39. Division, das Infanterie-Regiment Baka des Großfürsten Sergij Nr. 153 und das 13. Leib-Grenadier- Regiment Erivan Kaiser Alexander. Den Hauptantheil an den Er- folgen des Tages hatte die Achalziher Kolonne unter General- Lieuteaant Devel. Von Oltschek aus, welches 10 Werft östlich von Ardahan liegt, marschirend, hat General-Lieutenant Devel zuerst die Befestigungen auf den Anhöhen von Gelav-Tscherdin beseßt, nach- dem er 6 türkische Bataillone vertrieben hatte. Um 5 Uhr war der Kampf zu Ende. Die Russen erbeuteten 9 Geschüße, eine große Menge Munition, 1800 Gewehre und cine überaus große Quantität Patronen. General Loris-Melikoff bezeichnet den russischen Nerlust bei den Kolonnen Devel und Heimann als geringfügig, was allerdings cum grano ealis aufzunehmen ist. Unter den s{chwer Ver- wundeten befindet sich auch Major Fürst Makajeff, dessen Tapferkeit geradezu beispiellos gewesen sein soll. Am darauf folgen- den Tage, den 17. Mai, fiel bis 3 Uhr \o gut wie nihts vor. Beide russischen Kolonnen verhielten si ruhig und in der Festung mochte man sich der JUusion hingegeben haben, daß die Russen fo erschöpft seien, um Beit zu neuen Vertheidigungsmaßregeln zu geben. Dies e Hoffnung wurde nur zu bald getäuscht. * Punkt 3 Ühr änderte sich die Physiognomie und hatte es mit der idyllishen Ruhe ein Ende. Eine furchtbare Kanonade wurde gegen Ardahan selbst eröffnet. Gegen 6 Uhr Nachmittags waren bereits breite Breschen geschossen und nun ging es an den Sturm, welchen die Regimenter Tiflis, Erivan, Baka und 9 Bataillone Sappeurs eröffneten. Um 8# Uhr drangen die ge- nannten Regimenter, von den Truppen des Generals Heimann unter- stütt, in das Innere der Festung, aus welcher die ganze türkische Besa zung, ohne si in cinen weiteren Kampf einzulassen man sagt 12,000 Mann— floh. General Devel selbst setute sich sofort an der Spiße einiger Kavallerie-Abtheilungen in Bewegung, um die Türken zu ver- folgen. Wegen der eingebrohenen Dunkelheit der Nacht gelang es «ihm aber nicht, den Feind zu erreichen. Der Verlust der Russen ist ein verhältnißmäßig geringer. Die Bedeutung des Erfolges ist eine weitreichende. Es fielen den Russen 60 Geschüße, ein für 14 Batail- lone errichtetes, mit Allem versehenes Lager, eine Masse Munition und Proviant, sowie 3400 gute Gewehre in die Hand. Weiters aber ist nunmehr der Weg nach Erzerum frei und die vereinigten Kolon- nen können unbehindert gegen Kars marschiren. Die übrigen Ge- fehte, welche in der leßten Woche stattfanden, waren von geringerer Bedeu- tung. Am 16. unternahm G.-M. Komaro {f eine scharfe Rekognoszirung bei Kars. Zu diesem Zwecke wurden 4 Bataillone Infanterie, die Dage- staner irreguläre Kavallerie-Brigade, 3 Sotnien des irregulären Ne- giments Alexandropol und die Karapapaschker Miliz mit 2 Batterien in Bewegung geseßt. Die Avantgarde, welche aus der eben genannten Miliz und 3 Sotnien Kosaken bestand, wurde von einer großen tür- kischen Uebermacht angegriffen. Nach Auésage von Gefangenen zählten die Türken 8 Bataillone, 2 Escadronen Kavallerie und 1 Batterie. Komaroff disponirte rash 6 Sotnien Dagestaner zur Unterstühung der Avantgarde. Es entspana sich ein lebhafter Kampf und mußten die Dagestaner zur blanken Waffe greifen, um die hart bedrängt gewesene Avantgarde herauszuhauen. Wer da gesiegt hat, wird nicht gesagt, es