1877 / 128 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Jun 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreich : Ungarn. Wien, 1. Juni. Vom herrlichsten Wetter begünstigt fand gestern in der in- neren Stadt unter d herkömmlihen Ceremoniell die Frohnleihnamsprozession statt. Der Kaiser, die in Wien weilenden Erzherzoge und die Hof- und Staats- würdenträger nahmen an der Prozession Theil.

Der Reichs-Kriegs-Minister FML. Graf Bylandt- Rheidt hat sich Mittwoch, den 30., mit seiner pre nah Baden begeben, um dort den Rest seines Urlaubes zuzu- bringen. Die Minister Tisza und Tréfort sind aus Pest hier angekommen. Bs y

3. Juni. (W. T. B.) Die ungarishe Regni- kolardeputation hat sih in ihrer heutigen Sißzung nah langer Debatte über die Steuerrestitution unter gewissen Vor- auerequngen für die Annahme des Antrages der Regierung ausge}prochen. S

(W. T. B.) Die „Montagsrevue“ is in der Lage, den umlaufenden Gerüchten über von der österreichischen Regierung beabsichtigte militärische Aufstellun- gen auf das Entschiedenste entgegentreten zu kön- nen. Nach demselben Blatte beabsichtigt der I die Kronprinz Rudolfsbahn und die Franz-Josefs- bahn für den Staat zu erwerben. Das genannte Blatt meldet ferner, daß über das Eintreffen der deutschen De- legirten für den Abs{hluß des deutsch- österreichischen E ertrages noch keine Nachricht in Wien eingegan- gen sei.

4. Juni. (W. T. B.) Telegramm des „Neuen Wie- ner Tageblattes“ aus Prag: Jn der vergangenen Nacht er- rihteten Alt- und JFungczehen am Ziskaberge einen Scheiterhaufen und verbrannten unter Absingung czechi- scher Lieder das Bild des Papstes und dessen gegen Ruß- land gerichtete Allokution; es wurden mehrere czechishe Stu- denten verhaftet.

Niederlande. Haag, 3. Juni. (W. T. B.) Die Königin ist heute Vormittag 113/4 Uhr gestorben. Die ganze Königliche Familie war gegenwärtig. (Die Königin

ophie Friederike Mathilde war geboren am 17. Juni 1818, eine Tochter des verstorbenen Königs Wilhelms 1. von Württemberg und seit dem 18. Funi 1839 mit dem König Wilhelm 111. der Niederlande vermählt.)

Es Bern, 31. Mai. (N. Zür. Ztg.) Hr. Tar- ladès O’Neill hat die gewünschte Entlassung von dem Amte eines shweizerishen Generalkonsuls in Lissabon er- halten und wird durch Hrn. Alvaro Ferreira Pinto Basso erseßt. Der Bundesrath hat die nachgesuchte Errichtung e Konsulate in Granada und in Gothenburg abgelehnt.

2. Juni. Der Bundesrath is auf den vom Eisenbahn-Departement vorgelegten Geseßentwurf über den Abschluß gerichtliher Accomodements zwischen in Liquidation befindlichen Bahngesellshaften und ihren Gläu- bigern nicht eingetreten. Der bernische Große Rath hat in erster Berathung das Stempelgeseß angenommen.

Großbritannien und Jrland. London, 1. Juni. (E. C.) Das Unterhaus trat nah den Pfingstferien gestern zum ersten Male wieder zusakmen. Nach einigen Inter- pellationsankündigungen für die nächsten Tage wurde sofort die orientalishe Frage wieder zur Erörterung gebracht. (Vgl. Nx. 126 unter russ.-türk. Krieg.) Das Haus - geneh-

migte das Budget der E Eine“ längere te

a entspann si nur bei dem Gehalte des Lord Ge- Vrcnies ewahrers, welches Amt gegenwärtig mit dem des remiers verbunden ist. Mr. Goldsmid beantragte die gänz- liche Aufhebung des Amtes und Streihung des Postens. Lord Beaconsfield habe den Bezug des Gehalts von 2000 Pfd. Sterl. als Großsiegelbewahrer abgelehnt, das Amt sei an sich überflüssig. Regierungsseitig wurde indeß auf den Vortheil aufmerksam gemacht, etwaigen Falls das Kabinet um ein Mitglied vermehren zu können. Bei Nichtbezug des Gehaltes fließe dasselbe in- die Schaßkammer. Der Posten wurde dem- nächst gleichfalls genehmigt. Das neue Fort in Sporn- meade unterhalb Gravesend soll hauptsählih als Torpedo- station benußt werden und daher eine viel leihtereiAusrüstung erhalten, als die anderen Forts an der Themse. Vier 38 Ton- Geschüße werden im Fort Coalhouse an dem gegenüberliegenden Flußusfer aufgestellt und zwei im Fort Cliff. Wichtige Aenderun- du werden gleichzeitig in der Artillerie getroffen. Wenig- tens zehn der höchsten Kommandanten treten in den Ruhe- stand, und die Organisation des Ganzen wird mit der anderer Waffengattungen mehr in Uebereinstimmung gebracht.

3. Juni. (W. T. B.) Anläßlih der gestrigen Ge- burtstagsfeier der Königin Victoria fanden bei allen Ministern Diners statt; an demjenigen bei Lord Derby nahmen die Botschafter von Deutschland, Oesterrei, Jtalien, Frank- reih und der Türkei Theil, ebenso alle übrigen Gesandten und der russische Geschäftsträger. Nach einer hier eingegan- genen Meldung aus Capetown vom 15. v. Mts. hatten die englishen Truppen am 4. Mai c. Pra etoria beseßt und Seitens der Bevölkerung eine freundlihe Aufnahme ge- funden. Die Me der Stadt überreichten Shepstone eine Glücwunschadresse. Jm Lande war überall Ruhe.

Malta, 3. Juni. (W. T. B.) Die deutsche Korvette „Victoria“ von Gibraltar und das \{chwedische Thurm- 1chiff „Blenda“ von Karlskrona kommend, sind hier ein- getroffen und alsbald nah Syra weitergegangen.

__ Frankreich. Paris, 1. Juni. Das „Journal offi- ciel“ meldet die Ernennungen des Vize-Admirals de Surville zum Seepräfekten in Lorient, des Contre-Admirals Périgot zum Mitglied des Admiralitätsraths und des Contre- Admirals Foullioy zum General - Major der Marine in Toulon. Der „Frangais- meldet, daß das „Journal des Debats“ wegen seiner Angriffe auf die jeßige russische Politik in Rußland verboten wurde. Dasselbe Blatt berihtet über Unruhen, die gestern in Brie de-Rohefoucauld bei Angoulème in Folge der Aufrichtung eines Missionskreuzes in der dortigen Kirche ausgebrochen und in Folge deren drei Verhaftungen vorgenomanen worden seien; die Ruhe soll in- dessen e A hergestellt worden sein. Neue Preß- prozesse sind gegen folgende republikanische Blätter ein-

eleitet: die „Marseillaise“ (cin zweiter), das „Journal de

yon“ und den „Courrier: d’Oran“, die „Union républicaine“/ von Bourges, den „Progrès“ von Toulouse, den „Républicain du Finistére“ und den „Avenir de la Sarthe.“

_— 9. Jun. (W. T. B) Dex „Moniteur“ glaubt niht an eine „abermalige Vertagung der Kammern. Nach der Fnterpellation über die Botschaft des Präsidenten der Re- publik werde der Herzog von Broglie die sofortige Diskussion

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des Budgets verlangen, und werde das Minisierium, falls |

diese von der“ Deputirtenkammer verweigert werde, die Auf- lösung derselben bei dem Senate beantragen.

. T. B.) Der Herzog Decazes hat dem Fürsten Orloff einen Besuch abgestattet, um demselben wegen des Angriffs der gouvernementalen Four- nale aus Anlaß seines Zusammentreffens mit Hrn. Gambetta bei Hrn. Thiers sein Bedauern auszudrücken.

Spanien. Madrid, 1. Juni. (Ag. Hav.) Die Ope- rationen der Konskription vollziehen sh in ganz Biscaya in vollkommener Ruhe und Ordnung. i

San Sebastian, 1. Juni. (Ag. Hav.) Die Regie- rung hat die basfkfishen Behörden ermächtigt, die Konskrip- tionslisten im Sinne einer beträchtlichen Reduktion der zuerst festgestellten Ziffer zu modifiziren. Die Migquelets und die fueralen Garden werden als Soldaten angenommen werden. Das Generalquartier der Division von Gui- puzcoa ist nach Tolosa verlegt worden.

Italien. Rom, 2. Juni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung des Senats erklärte auf eine bezüglihe Anfrage des Senators Brioschi der Minister des Jnnern, Nicotera, die Regierung hege hinsichtlih der republikanischen Partei, welche wenig ¡ablt sei, keine Besorgnisse. Wenn irgend eine Vereinigung, welcher Art dieselbe auch sein möge, aus den durch die Geseßze bestimmten Grenzen heraustrete, werde die Regierung ihre Schuldigkeit zu thun wissen. Der Senat hat beschlossen, dem Könige morgen anläßlich des Gedenktages der Veröffentlihung der Verfassung ebenfalls eine Adresse zu überreihen. Der Papst hat heute die Glück- wünsche des Kardinalkollegiums empfangen.

3. Juni. (W.T. B.) Der König hat heute anläßlich des dreißigsten Jahrestages der Veröffentlichung der Verfassung die hohen E empfangen. Der König sprach für die ihm von diesen übergebene Adresse seinen Dank aus und hob hervor, daß er zur Vertheidigung der LEYE und Größe Jtaliens stets bereit sein werde. Bor Sr. Majestät fand eine große militärische Revue statt. Jn der Begleitung des Königs befanden sich der Kronprinz, der Kriegs-Minister, der deutsche Botschaster Herr von Keudell, die fremden Militärattachés und eine große Anzahl höherer Offiziere. Der König wurde von der Bevölkerung mit Hoch- rufen begrüßt. Die Stadt hatte geflaggt. Der Papst empfing anläßlich seiner FJubiläumsfeier eine größere Zahl größtentheils italienisher Pilger. Darauf hatte der außerordentliche Gesandte des Kaisers von Oesterreih, Graf Larisch, cine besondere Audienz.

4. Juni. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Empfange deræDeputationen des Senates und der Deputirten- kammer anläßlich des dreißigsten Fahrestages der Veröffent- lihung der Verfassung sprah der König seinen Dank aus und hob hervor, daß er mit heiterem Blicke auf einen Zeit- raum von 30 rFahren zurücblicke, in welhem sih so große, die Einheit Jtaliens herbeiführende Ereignisse vollzogen hätten ; dreißig Fahre, reih an Opfern und unerschütterlihem Glauben, hätten die R v JZtaliens gesichert. Die Vergangenheit sei ein Vfand für die Zukunft.

Türkei. Konstantinopel, 18. Mai. Dem hiesigen internationalen Gesundheitsrathe sind neuerdings weitere*) Nachrichten über die Pestepidemie in Mesopotamien uh d Bagdad. zugegangen. :

Danach ist die Pestepidemie in der genannten Provinz in rascher Abnahme begriffen und das völlige Erlöschen Fersélbeit innerhalb der nächsten Heil zu hoffen.

Es starben in der Woche vom 29. April bis zum 5. Mai in Bagdad 277 Personen an der Pest und 32 an anderen Krankheiten (gegen 273 bezw. 48 in der Vorwoche) und in der folgenden Woche 222 an der Pest und 15 aus anderen Krankheitsursahen.

Von der Garnison starben in dem Zeitraume vom 22. April bis zum 5. Mai 9 Soldaten, während unter dersel- ben in der leßtgedahten Woche 4 Anfälle von Pest mit 2 Todesfällen vorkamen.

Jn Amara wurden vom Ausbruche der Epidemie bis zum 8. Mai 32 Todesfälle an der Pest konstatirt.

In Kerbela starb daran am 9. Mai eine Person.

3. Zuni. (WV. T. B.) Dem „Wien. T. B.“ wird ge- meldet : Der frühere Großvezier Mehemed Rushdi Pascha wurde zum Sultan berufen und empfahl demselben die ck- berufung Mithad Paschas als das geeignetste Auskunsts- mittel in der jeßigen shwierigen Lage.

(W. T. B.) Die Deputirtenkammer erhob bei Berathung des Berichts der Budget - Kommission mehrfache Ausstellungen gegen die Staatspensionen und die der Banque ottomane bewilligten Kommissionen und beschloß die Vornahme einer Enquête über die gaben. Ferner beschloß dieselbe die Einseßung eines Krielgsrathes sowie die Vereinigung des Conseils für die öffentlihen Arbeiten mit demjenigen für den Handel und die Aufhebung des Preßbureaus. - Die Funktionen des Kadis sollen den Naibs mit übertragen werden.

London, 2. Juni. (L. H. T. B.) Die von den beiden türkishen Bevollmächtigten wegen eines türkischen An- lehens bisher geführten Verhandlungen scheiterten, da die englishen Firmen in den zur Sicherheit offerirten türkishen Minen und Wäldern eine genügende Garantie nicht finden konnten. Jeßt is eine neue Basis gefunden. Die Türkei will den egyptischen Tribut gegen Bewilligung der Anleihe verpfänden, und glaubt man, daß das Geschäft realisirt werden wird.

Paris, 2. Juni. (L. H. T. B.) Aus Konstantinopel berichtet der Credit foncier, daß der von ihm der Pforten- reaterung vorgelegte Plan einer Unificirung derx tür- kischen Münzen angenommen worden sei.

Konstantinopel, 25. Mai. Der Erlaß des Groß- veziers an den Kriegs - Minister, durch welchen der Be- lagerungszustand in Konstantinopel verhängt ward, lautet nach der „Turquie““:

_ „Durch Kaiserlichen Jrade wird die Stadt Konstantinopel und ihre Bannmeile von heute ab als im Belagerungszustand befindlich erklärt. Der Anwendung des Kriegsgeseßes gemäß wird verfügt: 1) Die amtlichen Befugnisse der Civilbehörden sind von heute ab den Militärbehörden übertragen. Die Individuen, welche durch Hand- lungen oder Reden die öffentlihe Ruhe zu stören suchen, kommen vor das Kriegégericht, das im Seraskierat gebildet wird. Dies FcieBgeriwe wird summarisch aburtheilen und je nah dem Grade der Schuld, ovne Apell, die Todesstrafe, Zwangsarbeit, Festungshaft oder einfaches Gefängniß verhängen. Die Strafen werden unmittelbar,

*) cfr, Nr. 113 des „Reichs-Anzeigers“.

außerordentlihen Aus :

vollstreckt. 2) Im Nothfalle belezt die Militärbehörde die Waffen und die Munition der Bevölkerung mit Beschlag. 3) Sie verfügt, wenn sie es für nothwendig hält, Haussuchungen bei Tag und Nat. 4) Im Nothfalle verbannt sie oder weist aus die Individuen, welche verdächtig, üblen Leumunds oder obdachlos sind. 5) Sie suspendirt Zeitungen oder andere Veröffentlibungen, welche die Gemüther auf- regen, und verbietet jede Art von Volksvecsammlungen.“

Nach der „Turquie“ besteht der dur ein Jrade des Sultans neugebildete Spezialrath für Kriegsangele- genheiten aus Namyk Pascha als Präsidenten, dem Kriegs- Minister Redif Pascha, dem Großmeister der Artillerie Mah- mud Pascha und dem Marine-Minister Reouf Pascha als Mitglieder. Der Palastmarschall Said Pascha, von dem an- fänglih die Rede, scheint also demselben nicht anzugehören. Dagegen wäre dem „Vakit“ zufolge das gegenwärti in Konstantinopel fich aufhaltende englische R éelamenfduritglied Mr. Fohnstone zu diesem hohen Kriegsrathe beigezogen worden. Die erste Frucht der Thätigkeit des neu aufgestell- ten Dgs in Konstantinopel ist die nun definitiv be- schlossene Bildung einer ungarishen Legion. Dem W. „Fremdenbl.“ zufolge hat Redif Pascha troy der Vor- stellungen des österreicGzish-ungarishen Botschafters und des dringenden Abrathens General Klapka's die Zustimmung des Sultans hierzu erhalten.

Nußsßland und Polen. St. Petersburg, 1. Juni. Die Einführung der Justizreform in 9 westlihen Gou- vernements ist, wie die „St. Pet. Wed.“ erfahren, am 14. d. M. in der allgemeinen Versammlung des Reichsraths beschlo}sen worden. Diese Gouvernements sind: Kijew, Wolhynien, Po- dolien,- Witebsk, Wilna, Kowno, Grodno, Mohilew und Minsk

Schweden und Norwegen. Christiania, 30. Mai. Der König hat, wie „Morgenbladet“ meldet, auf Stag des Ministeriums abermals die Sanktion des vom Storthing gefaßten Beschlusses, betreffend die Theilnahme der Mi- nister an den Verhandlungen des Storthings ver- weigert. Fn der vorgestrigen Sißung des Storthings überreichte die Regierung eine Vorlage, betreffend die Ge- nehmigung zur eventuellen Verwendung von 1# Millionen Kronen behufs Aufrechthaltung der Neutralität der beiden vereinigten Köni s Bekanntlich hat der {hwe- dische Reichstag zu diesem Zwece bereits 2 Millionen Kronen auf Antrag der Regierung zur - Verfücung gestellt. Jm weiteren Verlaufe der Sizung machte der Präsident Mittheilung über die Verweigerung der Königlichen Sanktion für den Storthings-Beschluß, betreffend die Theil- nahme der Staatsräthe (Minister). an den Verhand- lungen des Things. Das Thing beschloß, Abschrift der ministeriellen Vorträge, welche der Königlichen Resolution zu Grunde liegen, sowie der bezüglichen in Stockholm geführten Protokolle zu verlangen, und beauftragte den Präsidenten, das Weitere in dieser Beziehung zu veranlassen.

Dänemark. Kopenhagen, 31. Mai. (H. C.) Von Seiten der nationalen Centrumspartei wird darauf hingewiesen, daß in einigen kleineren Organen der Linken in neuerer Zeit der Wunsch nach einem Kompromisse zwischen der Linken und den „Freiheitskämpfern von 1849“, der foge- nannten nationalliberalen, richtiger nationalen (Centrums-) Partei zum Ausdruck gebracht worden is, und gleichzeitig hinzugesügt, daß man (die Centrumspartei) allerdings nit abgeneigt seiæmit dem bisherigen Gegner einen Kompromiß ju schließen, aber nur unter der Bedingung, daß derselbe eine jeßigen Förderungen in Betreff des freiheitlichen Aus- baues des Grundgesetes fallen lasse.

Amerika. Washington, 2. Juni. (W. T. B.) Die Schwierigkeiten zwischen der nordamerikanishen Union und Mexiko, die durch eine dem amerikanischen Konsul in Acapulco am 5. März d. F. zugefügt? Unbill herbeigeführt worden waren, haben eine befriedigende Erledigung gefunden.

3. Juni. (W. T. B.) Nach einem der Regierung zugegangenen Telegramm ihres Gesandten in-Madrid ist die Angelegenheit wegen der von den Fremden auf Cuba zu zahlenden Kriegs steuer dahin geordnet, daß die Steucr von 30 auf 22é Prozent ermäßigt worden ist.

Hayti. (A. A. C.) Die französische Regierung hatte vor einiger Zeit einen Kommissär hierher gesandt, um die Be- zahlung der haytishen Schuld zu verlangen. Da diese Schuld von Hayti nicht anerkannt wurde, kehrte der Kommssär nach Frankrei zurü.

San Domingo. (A. A. C.) Die Ruhestörungen an der nordwestlihen Grenze dauern fort; die Streitfragen mit Hayti sind unerledigt.

Afrika. Egypten. Kairo, 3. Juni. (W. T. B.) Der König von Abessinien hat die Friedensvorschläge des Obersten Gordon angenommen und ist der Ab\chluß des Friedens zwischen Egypten und Abessinien erfolgt.

Der russisch-türkische Krieg.

London, 2. Juni. (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ geht durh seinen Spezial-Berichterstatter aus Syra von gestern der folgende Bericht über die augenblickliqce Lage in der Türkei zu. Unter der türkischen Beamten und allen zur Regierung in Beziehung «stehenden Personen herrsche große Entmuthigung, weil man einsehe, daß die Türkei nicht im Stande sei, Rußland Widerstand zu leisten. Die Hoffnung, daß die Einnahme von Suchum-Kaleh zu einer Jnsurgirung des Kaukasus führen könne, sei aufgegeben, weil die Tscherkessen aus Furcht vor den Russen die Waffen wieder niederlegten. Die Türkei befinde sich in einer materiellen Dhnmacht, die eine Verlängerung des Wider- standes ohne Unterstüßung durch Alliirte äußerst s{hwierig mache, ihre moralische Shwäche zeige sich in dem Mangel an guten Truppenführern, in der Langsamkeit der Kri:gs- operationen und in den inneren Mißhelligkeiten. An der Spigte der Kriegspartei ständen Redif und Mahmud Pascha, an der Spiße derjenigen Partei, die nach einigen entschei- denden Waffenthaten eine Friedensvermittelung eintreten lassen möchte, Edhem Pascha uno Savfet Pascha. Der eng- lishe Vertreter Layard sei seit seiner Ankunft bemüht ge- wesen, den Einfluß Redif und Mahmud Paschas zu besei- tigen und solle deren Entfernung von ihren Aemtern formell angerathen haben: Die Softas hätten \ih ebenfalls gegen Redif Pascha ausgesprochen, weil sie ihn für unfähig hielten. Hobart Pascha sei Tags vorher nach demSchwarzen Meere abgegangen und habe den Marine-Minister hiervon dur einen erst nach seiner Abreise abzugebenden Brief in Kenntniß geseßt. Layard habe den Sultan vorher gefragt,

weshalb eigentlich Hobart Pascha keine Verwendung finde und | auf-dessen Antwort, daß seines Wissens Hobart Pascha im | j l | der Truppen und die Beförderung der für die Armee be-

aktiven Dienste sei, denselben damit bekannt gemacht, daß

obart Pascha \sih in Pera befinde. Darauf habe der Sultan ! S L ron H | au vom kaukasischen Kriegsschauplaße Nachrichten über fort- | währende starke Regengüsse und dadur herbeigeführte Un- Die rumänische Regierung hat Alles aufgeboten und läßt es | wegsamkeit eingegangen.“ auch jeßt an Anstrengungen nit fehlen, um ihr Verhältniß | zu Rußland zu einer klareren Definirung zu bringen und die |

obarts Abgang zur Flotte angeordnet. Aus Bukare st, 29. Mai, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben

bestehenden Lücken in dem bisherigen Verhältnisse, wie es die Aprilkonvention geschaffe 7, auszufüllen. Seit der Aprilkon- vention ist es weder zu einer weiteren politischen noch mili- tärishen Abmachung zwishen Rumänien und Rußland gekom- men. Alles, was bisher bezüglich der rumänischen Armee vzrfügt wurde, ist lediglich auf Grund von sogenannten im kurzen Wege getroffenen Verabredungen geschehen. Rumä- nien ist durch die Aprilkonvention in den Krieg gegen die Pforte - gerathen; es führt den Krieg neben Rußland und an dessen Seite, ohne sein deklarirter Alliirter zu sein. Dies ist unstreitig die in rumänischen Kreisen tief empfundene Lücke, welche troß aller Bemühungen bis zur Stunde auszu- füllen niht möglich gewesen ist. Zum Abschlusse eines for- mellen Allianzvertrages war Rußland bisher absolut niht zu bewegen. Man fühlt bereits sei: längerer Zeit, daß gewichtige Rücksichten Nußland davon abhalten, aus Rumänien auch for- mell seinen Alliirten zu machen. Die russishen Militärs haben zwar die Aufbietung der gesammten rumänischen Wehr- fraft nicht von sih gewiesen; nichtsdestoweniger haben sie si bezeihnend genug vernehmen lassen, daß Rumänien genug da- mit gethan hätte, wenn es blos ein Corps von 10,000 tüchti- gen und wohlequipirten Soldaten ins Feld gestellt hätte. Die

.russishen Durhmärsche, namentlich die Beförderung einer for-

midablen Artillerie, haben in den leßten Tagen neuerlich größere Dimensionen angenommen. Der bekannte General Floresco, ein alter Anhänger Rußlands, welcher im leßten konservativen Kabinet das Kriegsportefeuille innehatte, wurde zum rumänischen Delcgirten im russishen Hauptquartier bestimmt.

Europäischer Kriegsschauplaßt.

St. Petersburg, 3. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser, der Großfürst - Thronfolger und Großfürst Sergius Alexan- drowitsch sind gestern Abend 11 Uhr von Zarskoje Selo zur Donauarmee abgereist.

Plojesti, 3. Juni. (W. T. B.) Großfürst Niko- laus hat sih gestern mit dem Großfürsten Wladimir und dem Prinzen Sergei von Leuchtenberg nah Bukarest begeben. |

Bukarest, 2. Juni. (L. H. T. B.) Mit den Groß- fürsten Wladimir und Sergius kam auch der Herzog von Leuchtenberg hier an. Dieselben statteten sofort dem Großfürsten Nikolaus und dem Generalstabschef Neco- poischißki einen Besuch ab. Gestern fand ein heftiger Ge- \chübßkampf zwischen Rahowa und Piket statt. Die bei RNRahowa vor Anker liegenden Schiffe hißten die österreichische Flagge auf, worauf die rumänischen Batterien die Beschießung nur gegen das türkische Lager richteten, welches in Folge der Wirkungen der Kanonade abgebrochen werden mußte. Die Bahnverbindung mit Jassy ist wieder hergestellt.

Krakau, 2. Juni. L. H. T. B.) Aus russisch Polen und dem nördlichen Rußland wurden neuerdings T: uppen zur Donauarmee beordert.

WONTantilnopel, 2 J (L. Q.T.B) In dex Deputirtenkammer machte die Regierung die Mittheilung, daß außer Konstantinopel auch noch einige Seestädte in Vertheidigungszustand geseßt worden sein. Die Kammer ertheilte ihre Zustimmung.

Roi ano o U. (L O9 C D) AUs Kairo ging der Pfo rte die Mittheilung zu, daß der in der

Provinz Darfur ausgebrochene Aufstand an Ausdeh-

nung zunehme. Man hegt ba die Besürchtung, Egyptex werde in Folge dessen verhindert sein, das versprochene Hülfscorps ree o nach Bulgarien senden zu können.

Konstantinopel, 3. Juni. (L. H. T. B.) Wegen eines in der Provinz Darsur ausgebrochenen Aufstandes wurde die Einschiffung des egyptishen Hülfscorps in Alexandrien plößlich sistirt.

Kairo, 2. Juni. (W. T. B.) Der Abgang des egyptishen Kontingents nah der Türkei is auf- geshoben worden, weil die zu deren Eskorte bestimmten egyptischen Schiffe sh als vollständig unfähig erwiesen, deu in Spezzia stationirenden russischen E Wider- stand zu leisten. Es soll die Ankunft türkischer Kriegsschiffe

abgewartet werden.

Wien, 2. Juni. (L. H. T. B.) Telegramm des „Neuen Wiener Tagblatt“: Turn-Severin. Der türkische Kom- mandant von Adakaleh wies mittelst einer amtlichen Zu- \hrift den Protest der serbischen Regierung gegen die Donau- sperre ab und erklärte gleichzeitig entschieden, Fahrzeuge dürften auf der Donau nicht verkehren. s i

Wien, 3. Juni. (W. T. B.) Dem „Neuen Wiener Tageblatt“ wird aus Rust schuk telegraphirt: Gestern fand ein kleines Gefecht zwischen türkishen Mustehafiz und einer Abtheilung Russen statt, die sich auf einer Donauinsel fest- geseßt hatten und die auf dieser Jnsel errichteten Batterien räumten, nachdem dieselbe durch das Hochwasser fast vollständig unter Wasser gesetzt war.

Der „W. Abendposi““ wird aus St. Petersburg, 29. Mai, gemeldet :

Die Truppen, welche die Eskorte des Kaifers bilden, sind bereits nah dem Kriegsshauplaßze abgegangen. Sie bestehen aus einer Schwadron Garde-Kosaken, den christlichen Abtheilungen der Convois (sämmtlich asiatishe Truppen), einer kombinirt:n Elite- Compagauie von 280 Mann mit 8 Offizieren, kommandirt vom Flü- gel-Adjutanten Hauptmann v. Enden, von der pawlowskischen Garde.

u derselben hat jedes Garde-Infanterie-Regiment von der ersten ompagnie je 15 Mann gestellt, wozu noch eben so viele Leute kom- men von den 4 Linien-Regimentern (Eriwan, Pawlograd, Borodina und Efatherinoslaw), deren Chef der Kaiser ist. Ferner kommen zur skorte cine halbe Schwadron, aus den Kavalerie-NRegimentern der Garde und den Moskauer ODragonern, sowie den aen Ulanen, die den Kaiser zum Chef haben, gebildet, ein Qua ap- peure uud ein Zug Trainsoldaten. Die Eskorte besteht daher außer den Kosaken und dem Convoi aus 447 Mann, 13 Offizieren nebst Trainwagen und 42 Zugpferden. Kommandirt wird fic vom Flügel-Adjutanten Obersten Oserow, des preobraschenskyshen Re- atmenis. é

Ueber den Stand der Kriegsoperationen brin- gen die russischen Blätter vom 29. Mai folgende Mittheilung : „Aus den Nachrichten, welche auf -telegraphishem Wege von der aktiven Armee eingegangen sind, ist zu erschen, daß die starken Regengüsse ein gewaltiges Austreten der Flüsse und

G Beschädigungen der Wege verursaht haben, nament- lih an der rumänischen Eisenbahn, wodurch die Bewegung

stimmten Lasten beträchtlich verzögert werden. Ebenso sind

i T Aus Galaß, 2. Mai, wird der „Pol. Korr.“ ge- rieven :

eNoch immer sind wir nicht über das Stadium der Vor- bereitungen hinaus, und doch sind es bereits mehr als vier Wocben, daß die russischen Streitkräfte die rumänishe Grenze überschritten. Die russische Heeresleitung hat eben nicht nur den Kampf mit den Moslims, sondern auch mit den Elementen zu bestehen. Die bei Serdar über den Sereth mit vieler Mühe und mit einem Kosten- aufwande von mehr als 70,000 Frcê. ges{lagene Schiffbrücke wurde in Folge Ans{hwellung des Flusses weggeshwemmt und muß dur eine neue erseßt werden. Die Donaa selbst, die auf dem rechts- seitigen Ufer theilweise ihr Strombett verlassen hat und in Folge des Hochwassers mit den vielen Seitenarmen ein Ganzes bildet, gleiht einem endlosen See, und namentli diesem Umstande ist es zuzushreiten, daß die Russen bis heute keine Miene machen, mit dem Uebergange zu bzginnen. Allgemein wird derselbe jedo als unmittelbar bevorstehend angeschen und sind namentli die Stellen bei Hirsova, Oltenißa, Zimnica und Turnu-Magurelli als Hauptübergänge bezeichnet. Es sprechen für diese Behauptung die Massfirung der russishen Truppen in und um diese Punkte, so wie auch die große Ansammlung von Brückenmaterialien dortselbst. Bis zur Stunde hat noch kein einziger Mann der russischen Armee am rechtsseitigen Doaau-Ufer Fuß gefaßt, wonach also die in meh- reren Journalen gebrachte Notiz, daß die Russen bereits Batterien in Ghiacit gegenüber Braila errichtet hätten, unrichtig ist. Kleine Dampfbarkassen, die zum Terr verwendet wurden, sind in beständigem Verkehre zwischen hier und den oberen Donaustationen und werden zu Rekognoszirungen in den Seitenarmen des Stromes benußt. Die in Barboschi konzentrirten Truppen wurden vor- geshoben und dürften nun kaum mehr als 6000 Mann im Lazer verbleiben. Hier und in allen Theilen des Landes werden Samm- lungen für die Verwundeten (Russen und Rumänen) eingeleitet; es haben fih eigene Comités (darunter auch ein „Comité israélite“) konstituirt, die bereits reihlihe Ergebnisse aufweisen. Let:teres hat sih die Aufgabe gestellt, aus dem Erlöse der Subskription einen kompleten Ambulanzzug für die rumänische Armee beizustellen. Gestern haben neuerdings 2- bis 300 Russen von hier aus in Barken den Fluß überseßt, um auf türkischem Ufer zu rekognosziren ; dieselben stießen in Zakleu, einem kleinen, von rumänischen Bauern bewohnten Dorfe (letztere sind vorher insgesammt geflüchtet), auf türkisch{e Jrreguläre. Es entspann sich ein kleines Scharmütel, das mit der Vertreibung der ca. 60 bis 80 Mann ftarken Bande endigte. Die Rufsen hatten einen Todten und mehrere Verwundete, darunter zwei griechische Matrosen, die zur Barkenführung mitgenommen wurden. Seit gestern Abend ist in Folge der heftigen Regengüsse, die cinen großen Theil der Bahnlinie zwischen hier und Braila unter Wafsec seßten, die Eisenbahnverbindung unterbrochen und sind wir somit nur auf anarayhisGe Nagzrichten angewiesen, die häufig sehr widersprechend aut.n.“

Die „Lond. Gaz.“ veröffentlicht eine Proklamation der türkishen Regierung über die Behandlung neutraler Schiffe in der Donau. Dieselbe lautèt :

„Der Befehlshaber der Streitkräfte proklamirt, von den ihm zustehenden Rechten und Gewalten Gebrauch machend, Folgendes: Nachdem der Krieg zwischen dem os8manischen Reiche und Rußland aus8gebro cen, wird derjenige Theil der Donau, der von osmanischem Boden umgeben ist, als eine Vertheidigungslinie betrahtet. Die anderwärts mit Bezug auf die Schiffahrt und den Handel neutraler Schiffe befolgten Regeln find hier niht anwendbar. Folglich ift es allen Schiffen untersagt, in diesem Theile der Donau auf- und niederzufahren und Handel8operationen zu betreiben. Die Regeln betreffs Spione werden vom 21. April (alten Styls) ab auf Käpitäne und Eigenthümer aller Dampfer oder anderer Schiffe, große oder kleine, welche gegen dieses Verbot verstoßen oder sih nicht an die Autorität wenden, in Anwendung kommen. Die Schiffe, sowie deren Ladungen werden mit Beshlag helegt und konfiszirt werden. Nichtsdestoweniger soll die Ladung von Schiffen, die bis zum 21. April an den erwähnten Punkten der Donau zurückgehalten worden, nicht der Beschlagnahme unterliegen, wenn sie nicht aus Krieg8con:rebande besteht. Die gegenwärtige Entscheidung soll eine allgemeine Anwendung finden. Die Civil- und militärishen Be- hörden werden für deren strifte Ausführung Sorge tragen.“ i

Betreffs der Bildung bulgarischer Legionen schreibt der „Nord“:

«Bekanntlich sind die bulgarishen Bataillone bestimmt, den Kern der Lokalmiliz zu bilden, welcher späterhin die Ueberwachung der öffentlichen Sicherheit in Bulgarien anvertraut werden foll. Es ist dies die erste praktische Anwendung der Grundsäße der Selbst- verwaltung, welche hinfort für die Regierung der chxistlichen Pro- vinzen der Türkei maßgebend sein müssen. Eines der schwierigsten Probleme, womit die Konstantinopeler Konferenz sich zu befafsen hatte, um dessen Löfung willen man vergebens zu allen erdenklihen Kom- binationen inländischer und fremdstaatliher Gensd’armerie seine Zu- fluht nahm, findet sich so im Voraus erledigt. Die bulgarische Le- gion, organisirt und kriegsgeübt, wie sie demnächst ist, wird eine der zuverlässigsten Bürgschaften für die neue Ordnung der Dinge bilden, welche Europa auf der Balkauhalbinsel hergestellt zu sehen wünscht. Es ist das ein keineswegs revolutionäres Element, sondern cin Ele- ment zukünftiger Ruhe und Ordnung.“

Sl Petevoburga, 2. Zuni E. H. T. B) / Aus Cetinje wird hierher telegraphish gemeldet, daß vor Kurzem die Bewaffnung der bisher waffenlosen Herzegowiner und Waßkewitschen beendet worden ist. Die Dffensivbewegung der Montenegriner stehe bevor. Bei der montenegri- nischen Nordarméêe, die von dem Fürsten persönlih komman- dirt wird, befindet sich auch Belagerungsgeshüß. A

Konstantinopel, 2. Juni. (W. T. B.) Dffizielle Meldung: Jn Folge der Angriffe der Montenegriner auf Zlastop, Piva Und Touzra marschirt Suleiman Pascha mit seinen Truppen auf Gaßko. :

Raguia, o. Juni, (L. H. D. V) Seit gestern hat sih ein in drei Armeen getheiltes 30,000 Mann starkes tür- tisches Heer gegen Montenegro in Bewegung geseßt.

Wien, 3, Juni. (L. H. D. B.) Telegramme des „Neuen Wiener Tagblatt“. Semlin: Hier wurde eine von der Omladina angezettelte Verschwörung entdeckt, welche die Erhebung des Fürsten von Montenegro auf den serbishen Thron bezweckte.

Asiatisher Kriegsschauplaßt.

St. Petersburg, 4. Juni. (W. T. B.) Amtliche Meldungen von der Kaukasusarmee. Aus Zugdtdi vom 1. Juni: General Krawtschenko bestand am 28. v. Mts. ein heiße s Gefecht gegen eine 3000 Mann starke feindliche Truppe beim Uebergang über die Bogadabrücke; ebenso fand am 29. Mai ein Scharmügel statt, worauf die Kolonne den

luß Kodor überschritt und Tigers erreichte. Die russischen ruppen hatten 20 Todte und Verwundete. Aus Kassaf- jurt vom 29. Mai: Oberst Samojiloff hat im Gebiete der aufständischen Salataver den Aul Samsir zerstört; durch Oberst Batjanoff erlitten die Salataver in der Nähe von Jaktam

Aucha eine weitere Niederlage. Aus Timinchan Schura vom 29. Mai: Zur Unterstüßung der russischen Truppen im Terbezirke wurden Verstärkungen nah Sulaka, Burtunai und Gumbet abgesandt. Die Kolonne des Fürsten Nakashidse, welche nah Gumbet bestimmt war, stieß beim Aul Ziok auf 500 Ausständishe aus den Auls Arluch und Damik an der Grenze von Salatavien. Er {lug dieselben und brachte ihnen einen Verlust von 80 Todten und 100 Gefangenen bei. Aus Tuapse vom 2. Juni: Die Türken haben Sotschi mit 2 Monitors fünf Stunden lang bombardirt und versuchten dann mit 5 Dampfkuttern eine Landung. Sie wurden aber auf eine Entfernung von 200 Schritt durch unsere Schüßen beschossen, die auf den Kuttern befindliche Mannschaft wurde meist ge- tödtet, die Landungstruppen vollständig vernichtet. Die Moni- tors retteten nur die Kutterfahrzeuge und sind darauf nah Pinbandi abgegangen.

St. Petersburg, 4. Juni. (W. T. B.) Die bereits gemeldeten Nachrichten von der Kaukasusarmee finden in weiter eingegangenen amtlichen Depeschen ihre Bestätigung. Jn den leßteren wird ferner berichtet : Durh das Bombardement von Sotschi wurden die Kirche und fast alle Gebäude beschädigt. Am 24. Mai wurde das Detachement des Generals Lamakin bei Kissilarwat durch einen 6000 Mann starken Haufen Tekinen ange- griffen. Nach vierstündigem Kampfe ergriff der Feind die Flucht, die Russen hatten 12 Todte und Verwundete, der ereind erlitt größere Verluste. Die Khans und die Gemeinde- ältesten begannen darauf ihre Unterwerfung anzuzeigen. Bei den vor Kars, sowie bei Ardahan und Erzerum stehenden Truppenabtheilungen haben sich nach dem am 30. Mai statt- gehabten Kavalleriegefehte keine besonderen Verände- rungen zugetragen.

ZIDCIIG 9, U (W. D, B.) - Dem „Wien. ©.-B.“ wird telegraphirt: Nah Meldungen aus Tiflis ist Kars seit gestern cernirt.

BUlarest, 2. Junt. (W. T. B): Aus Tiflis geht folgende Meldung ein: Oberst Komaroff, der russische Kom- mandant von Ardahan, hat unterm 30. v. M. eine Reko - gnoszirung vorgenommen, die sich bis über Peniak und Olti hinaus erstreckte. Hierbei wurde die türkische Ka- vallerie unter Mussa Pascha bei Bechmachef von der russi- schen Reiterei geschlagen und zerstreut, zwei Gebirgs- geshüße, 4 Pulverwagen und 2 Standarten wurden erbeutet. Die Russen hatten 1 Offizier und 6 Mann todt, 30 Mann verwundet und verloren außerdem 51 Pferde; die Türken ließen 83 Todte auf dem Kampfplatze zurü.

Konstantinopel 2. JUti. (W. L. B.) Die pegiés rungss&tig verbreitete Nachricht von der Wiedereinnahme von Ardahan findet auch in den neuesten hier eingegangenen Depeschen keine Bestätigung. Wohl aber wird ein G e- feht in der Umgegend von Erzerum signalisirt. Aus Suchum- Kaleh wird gemeldet, Djamtschara sei nah Beschießung durch ein türkishes Panzerschis} von den Türken beseßt worden.

Konstantinopel, 2. Juni. (W. T. B) Der ME nister des Auswärtigen hat an die Vertreter der Pforte im Auslande folgendes Telegramm gerichtet: Die Meldung, welche der hohen Pforte über die Wiedereinnahme von Ardahan durch die türkishen Truppen zuging, ist eine irr- thümliche, Ardahan ist im Besiße der Russen geblieben.

Konstantinopel, 3. Juni: (L. H. T."B) Das Ge- rücht von der Zurücckeroberung Ardahans hat jeßt, wie lle bemerkt wird, eine Aufkläruug dadurch erhalten, daß türkische Truppen eine Ortschaft ähnlihen Namens südlich von Batum besetzten.

LONUDoON, 83, Ui (Wi B) Das „Neutersche Bureau“ meldet aus Erzerum vom 1. d.: Die Türken haben sich beim Erscheinen der russishen Avantgarde vor Olti zurückgezogen. Kars ist gut verproviantirt ; gleich- wohl ist die Garnison, um die Proviantvorräthe zu sparen, auf halbe Rationen geseßt. Die Festung ist vollständig ein - geschlossen, die telegraphische Verbindung seit zwei Tagen zeitweilig unterbrochen. Ein Detachement des russischen Centrums steht bei Soughani. Die Stellung Moukhtar Paschas bei Zivin ist unhaltbar, da die Russen ihm durch forcirte Märsche über Gesetschiwan und Milidazg in den Nüccken kommen können. Die Valis von Diabekir und Sivas lassen sich die Beischaffung von Proviant angelegen sein, zur Verstärkung Moukhtar Paschas wird das Corps von Wan erwartet.

London, 4. Juni. (W. T. B.) Meldung des „Neuter- schen Bureaus“ aus Konstantinopel vom 3. d. M.: Die über Soghanli und Kirikilissa vorgerückten russishen Streit- kräfte befinden sih in einer nur noch sechsstündigen Entfernung von Erzerum.

London, 4. Juni. (W. T. B.) Eine Privatdepesche aus Erzerum bringt weitere Details über die den T\cher- kessen am 31. v. M. bei Beklahmed beigebrahte Nieder- lage. Danach wurden 4000 Tscherkessen unter Mussa Pascha von den Nussen zur Nachtzeit überfallen und fast gänzlich aufgerieben, nur 200 Mann seien entkommen. Unter den Vermißten befinde sich Mufsa Pascha, Moukhtar Pascha habe durch diese Katastrophe fast seine ganze Kavallerie eingebüßt.

Nach einer Meldung des W. „Fremdenbl.“ is der e Prinz Moguned Ali Mirza als russischer

berst angestellt worden.

Aus Konstantinopel, 25. Mai, schreibt man der „Pol. Korr.“:

„In Asien stehen die Dinge für die Türken recht {chlecht; es stellt fih heraus, daß die türkischen Streitkräfte re!ativ zu gering sind und zumeist aus der eingebornen Bevölkerung sich rekrutiren, welche nah dem Zeugnisse der im Hauptquartiere Moukhtar Paschas befindlichen fremden Offiziere jeder Organisation und Solidität ent- behren. Die Russen stehen in Olti, 12 Stunden von Erzerum ent- fernt. Das von den Russen genommene Ardahan wurde von dem Brigade-General Feizi Pascha, troßdem, daß es 30 neue Kruppsche und 60 Geschütze alten Modells besaß, [{chlecht vertheidigt. Es wurde von 30,000 Russen angegriffen und da Feizi Pascha die große Uebermacht des Feindes sah, floh er gegen Batum. Die Rusien hielten sih nit lange in Ardahan auf und s{lugen unver- weilt die Richtung gegen Erzerum ein, indem sie ihre Bewegung mit dem russischen Armeecorps kombinirten, welches mit Umgehung von Kars von Bajazid aus gleichfalls gegen Erzerum vorrückt. Kars, das Defilé von Ferichan-Poghaz und Soghanli-Dagh sind von den Russen blokirt. Wenn vielleiht Erzerum in diesem Aug. nblicke noch nicht belagert ist, so bleibt es deshalb doch nicht weniger gewiß, daß alle Positioiten der Türken eraftlih bedroht, und wenn dieselben einmal in Händen der Russen sind, diese elten von Kleinasien und Meso- potamien sein werden. Moukhtar Pascha hat um die Ermächtigung angesucht, Feizi Pasha wegen Ardahans vor ein Kriegê- ericht zu stellen. Es fragt sich aber, ob sein eigenes Verhalten vom frategischen Gesichtspunkte aus, welches verhängnißvolle Konsequenzen

für die Türken haben fain, gar so vorwurfsfrei sei. Die Kcn-