1877 / 135 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Jun 1877 18:00:01 GMT) scan diff

verbände, durch welhe die Höhe der zu erstattenden Verpflegungskosten abweichend von dem bestehenden Tarife eregelt wird, von den Spruchbehörden in Armensachen bei bee stsezung des Betrages der Ersaßforderung nicht zu be- rüdsihtigen sind.

Nahh der im Reihs-Eisenbahn-Amt aufgestellten, in der heutigen Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung über die auf deutschen Eisenbahnen excl. Bayerns vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu v «amt

30 Entgleisungen und 10 Zusammensiöße fahrender Züge, und zwar wurden hiervon 15 Züge mit Personen- beförderung von je 7962 Zügen dieser Gattung Einer und 5 Güterzüge resp. icrbimere Maschinen betroffen ; ferner 32 Entgleisungen und 11 Zusammenstöße beim Rangiren und 32 son age Betriebsereignisse (Ueberfahren von Fuhr- werken auf Wegeübergängen, Defekte an Maschinen und Wagen 2c.). : s:

Jn Folge dieser Unfälle wurden 12 Personen (5 Passa- giere, 6 Beamte und 1 Arbeiter) verleßt, 66 Thiere getödtet und 15 Fahrzeuge erheblih und 91 eee beschädigt.

Außer den vorstehend aufgeführten Verunglückungen von Personen kamen, größtentheils durch eigene Unvorsichtigkeit hervorgerufen ,- noch vor: 35 Tödtungen (14 Beamte, 7 Arbeiter und 14 fremde Personen) und 68 Verleßungen (5 Passagiere, 30 Beamte, 25 Arbeiter und 8 fremde Per- sonen), fowie 11 Tödtungen und 1 Verleßung bei beabsich- tigtem Selbstmorde. y

Von den überhaupt beförderten Reisenden wurde von je 1,469,030 Einer verleßt; von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten wurde von je 8754 Einer getödtet und von je 3405 Einer verlegt. : i

Ein Vergleih mit demselben Monate im Vorjahre ergiebt, unter Berücksichtigung der in beiden Zeit- abiechnitten geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Geleis!längen daß im Durchschnitt im März d. F. bei 15 Verwaltungen mehr und bei 11 Ver- waltungen weniger und in Summa circa 19 Prozent mehr Verunglückungen vorgekommen sind, als im März vorigen

Jahres.

Mit Bezug auf 8. 30- der Disziplinar-Strafordnung für das Heer, vom 31. Oktober 1872, haben Se. Majestät der Kaiser. und König bestimmt, daß die Befugniß der Landwehr-Bezirks-Commandeure bezw. deren Stell- vertreter zur Verhängung von Disziplinarstrafen in An- sehung der mit Pension zur Disposition gestellten Stabsoffiziere ausgelälofet, und für eine Disziplinarbestrafung der gedach- ten Stabsoffiziere uur der betreffende Brigade-Commandeur, unbeschadet jedoch der für die höheren Vorgeseßten aus §8. 15 a. a. O. fih ergebenden Rechte, zuständig ist.

Zunächst für dieses Fahr ist die Einrichtung eines vicr- wöchentlichen {Fnformations-Kursus für Stabs-Offi- ziere der Jnfanterie bei der Militär-Schießshule zu Span- dau genehmigt worden... An dem Kursus haben je zwei Stabs- offiziere pro Armee-Corps theilzunehmen. Der Beginn des Kursus hat zum 1. Juli 1877 zu erfolgen.

Der General-Lieutenant von Braun, Jnspecteur der 1. Jngenieur-Jnspektion, hat sich zur Jnspizirung des OstpreußisGen Pionier-Bataillons Nr. 1 und des Pommerschen Pionier-Bataillons Nr. 2, sowie der pommerschen Festungen auf Dienstreisen begeben.

_— Der bisherige Gerichts-Assessor Ernst Theodor Heribert Seiberßt ist zum Regierungs-Assessor ernannt und wird im Kollegium der Königlichen General - Kommission zu Münster beschäftigt.

Als Aerzte haben si niedergelassen: Dr. Bloor:en- thal in Prigerbe, Dr. Nohdewald in Schwarza, Dr. Kriesmann in Salzkotten, Dr. Conzen in Büren, Dr. Siemens in Mar- burg, Dr. Perle in Bockenheim, Dr. Kraeuter in Fulda, Dr. Ebert in Marburg, Dr. de Bra in Oberaula, Dr. Ackermann in Weyhers, Dr. Thoma in Bleialf.

Baden. Karlsruhe, 11. Juni. (W. T. B.) Wie die „Badische Landeszeitung“ meldet, hat der Ober-Hofprediger Doll die ihm angebotene Prälatenstelle bei der evangelischen Landeskirche angenommen.

Mecklenburg. Schwerin, 10. Juni. Durch eine Zusaß zu dem Kontributionsedikt vom 18. Juni 1874 werden die gegenwärtigen Fnhaber des mecklenburg-s{hwerinschen Militär-Verdienstkreuzes, des mecklenburg-strelißshen Kreuzes für Auszeihnung im Kriege und des Eisernen Kreuzes, sowie die Veteranen mecklenburgisher Truppentheile aus den Feld- zügen von 1812—1815 von allen ediktmäßigen Steuern befreit, wenn deren Gesammtbetrag die Summe von 6 nicht übersteigt.

Hessen. Darmstadt, 11. Juni. (W. T. B.) Bulletin über den Gesundheitszustand des Großherzogs: Jn dem Befinden des Großherzogs ist keine Veränderung ein- getreten; der Kräftezustand ist noch gering, es treten noh zeitweise leihte Anfälle von Brustbeklemnzungen ein.

12. Juni. (W. T. B.) Der Großherzog hat die vergangene Nacht mehr und besser geschlafen, eine Zunahme der Muskel- und Nervenkräfte ist noch nicht zu konstatiren, es Ric noch immer leichte Anfälle von Beängstigung und Un- ruhe ein.

__ Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 7. Juni. Wie die „Weim. Ztg.“ mittheilt, hat die Großherzogliche Re- E sämmtliche thüringishe Regierungen zu ge- meinjamen Verhandlungen über die Bildung der Landgerichte in Thüringen eingeladen.

Anhalt. Wörlit, 10. Juni. (St. A.) Auf Befehl des

He 3008 findet am 15. d. M., Mittags 12 Uhr, in der Kirche zu

örliß dürh den Superintendenten Teihhmüller die Konfir- mation des Prinzen Eduard von Anhalt statt.

Schwarzburg-Nudolstadt. Rudolstadt, 8. Juni. Der Landtag des Fürstenthums is durch den Staats-Rath von Holleben vertagt worden, nachdem das Fischereigeseß und die Gesegentwürfe über Abänderung einiger Bestimmungen des Gemwerbesteuergeseßes und der Bauordnung von dem-

selben angenommen und ein Landtagsausshuß geaählt worden war.

…_ Neuß ä. L. Greiz, 10. Juni. (L. Z.) Der Landtag des Fürstenthums ist zu einer außerordentlichen Sesfion auf den 18. d. M. einberufen, und werden demselben, dem Vernehmen na, die mit den thüringishen Staaten abgeschlossenen Ver-

träge wegen Errichtung- eines gemeinschaftlihen Ober-Landes- gerihts zu Jena und Aufhebung des Ober-Appellationsgerichts daselbst zur Genehmigung vorgelegt werden.

__ Oesterreih-Ungarn. Wien, 10. Juni. Der Kaiser ist gestern, den 9. d. M., Abends nach Fs{l abgereist. Die Quoten-Deputation des Reichsrathes hielt gestern wieder eine Sißzung ab,- in welher das von der un- garischen Deputation abgesandte Nuntium verlesen wurde. Dasselbe gipfelt in dem Antrage, die Beitragsleistung der Länder der ungarischen Krone zu den Kosten der gemeinsamen Angelegenheiten für die nächste zehnjährige Periode mit 29, statt wie bisher mit 30 Prozent festzustellen. Motivirt wird dieser Vorschlag mit den geringen Erträgnissen der Militär- grenze, für welche Ungarn im Vorhinein zwei Prozent der gemeinsamen Lasten übernommen habe, ferner mit der ver- ringerten Leistungsfähigkeit Ungarns, wie sich dieselbe in den Steuereingangstabellen manifestire. Bezüglich der Restitution der Verzehrungssteuer für über die Zolllinie ausgeführte verzehrungssteuerpflihtige Waaren, erklärt sich die un- garishe Deputation mit dem Vorschlage der Regierung einverstanden, wonach die Belastung der im Reichsrathe ver- tretenen Königreiche und Länder und der Länder der ungari- E: Krone in Absicht auf die erwähnten Steuerrestitutionen ür jeden Steuerzweig, auf den diese sich beziehen, nämlich für die Verzehrungssteuer von der Biererzeugung (mit Aus- nahme des Biersteuerzushlages in geschlossenen Städten), dann für die Verzehrungssteuer, von der Brannt- weinerzeugung und für die Verbrauhsausgaben von der Rübenzuckererzeugung, abgesondert in der Art durhgeführt würde, daß jeder Theil von den, während eines bestimmten Solarjahres in dem betreffenden Steuerzweige ge- meinsam bestrittenen Steuerrestitutionen eben so viele Pro- zente zu trage hat, áls sein Antheil in dem von beiden Thei- len während desselben Solarjahres in dem betreffenden Steuer- zweige erzielten gesammten Brutto-Erträgnisse Prozente des leßteren beträgt. Auf Grund dieses Modus würde der hier- aus erwachsende reine -Vortheil für Ungarn jährlich etwas über eine Million Gulden betragen.

Großbritannien und Jrland. London, 11. Juni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Oberhauses erklärte der Staatssekretär sür Jndien, Marquis von Salis- bury, auf eine Anfrage de Manley's, es sei kein Grund zu einer Besorgniß gen der Nähe der russishen und in- dischen Grenzen vorhandcn. Uebrigens gebe er zu, daß es wünschenswerth sei, Konsulate zu errihten, wo solche von großem Nuyten sein könnten.

Frankreich. Paris, 10. Juni. berihtet wird, ist Gambetta gestern Mittag dort ein- getroffen, von dem Maire der Stadt, René Goblet, vielen Gemeinderäthen und Maires der Umgegend empfangen und von der Bevölkerung lebhaft begrüßt worden. Des Abends fand ihm zu Ehren ein Bankett statt.

11. Juni. (W. T. B.) Der Großfürst Alexis ist heute früh hier eingetroffen.

__ Italien. Turin, 11. Juni. (W. T. B.) Der ita- lienishe Botschafter, General Cialdini, ist gestern Abend

von Fans hier eingetroffezz und kehrte heute nah Frankreich zurü.

_ Türkei. Konstantinopel, 10. Juni. (Tel. d. Frdbl.) Bis gestern wurde den hiesigen fremden Vertretern noch keine offizielle Mittheilung darüber gemacht, ob sich der Sultan wirkflich zur Donau-Armee begeben werde oder nicht. Uebrigens verlautet in den hiesigen diplomatischen Kreisen, daß ein Beschluß über diese projcktirte Reise erst nah der er- warteten Schlacht vor den Mauern von Erzerum gefaßt werden wird.

__— 11. Juni. (W. T. B.) Die Journale sind auf- gefordert worden, ihre Sprache Griechenland gegenüber zu mäßigen. :

Aus Konstantinopel, 1. Juni, wird der „Pol. Korr.“ u. A. geschrieben :

__ eVerschiedene Comités werden Rings gebildet, um Bei- träge zu den Kriegëausgaben zu samln. Nachdem jedoch diese Beiträge immer spärlider flossen, ents{hloß sich die Pforte, alle Reit- und Zugpferde der Beamten und osmanishen Unterthanen hier zu requiriren. Auch diese Maßnahme gelang nur halb, indem die meisten Beamten, namentlich die armenischen, ihre Pferde ent- weder von hier wegshickten oder an fremde Unterthanen zu Spottpreisen verkauften. Nicht viel [anders machte es eine große Anzahl osmanischer Unterthanen, die, um ihre Thiere behalten zu können, dieselben provisorisch an aus- ländische Unterthanen überließen. Demungeachtet konnte das Seras- fierat biéher an 1000 Pferde aufbringen. Die Spione Redif Paschas seßten natürli diese Jagd nah Pferden fort und sind ganz glück- li, wenn sie dabei nur nit mit einem fremdländischen Unterthan zu thun bekommen, der sein Eigenthumsrecht geltend macht. Weiter beshloß die Regierung die Abtragung der Bleidäher von den Mo- \sheen, Bädern und öffentlihen Gebäuden, um sie zur Anfertigung von Kugeln zu verwenden. So sind {on mehrere Moscheen thres Daches entblößt. Ebenso werden die Kandelaber, Luster und andere Gegenstände von Silber in den Moscheen zu Staatszwecken requirirt werden. Es war schon die Rede davon, die Silbergeräthe der Kirchen zu requiriren, doch ging man hiervon aus leicht begreiflihen Gründen für den Augenblick wieder ab. Ein Gleiches is es mit der Militär- dienstpflicht der Christen. Die griechishen Journale und Patriarchate gaben der Regierung zu verstehen, daß die Christen niemals einwilli- gen werden, ihre militärische Laufbahn mit einem „heiligen“ Kriege M Uge) zu inauguriren, da nah der vom Sultan erlassenen Proklamation an die nach Zirkassien abgegangenen Soldaten der gegenwärtige Krieg seinen politischen Charakter verloren habe und für die Mohamedaner nur ein zum Ruhme des Jslams unternom- menecr Kricg geworden sei.“

Rumänien. Bukarest, 11. Juni. (W.T.B.) Ueber den Geseßentwurf, betreffend die Ausgabe vonHypothekar- noten, hat der Führer der gemäßigten Rechten, Boeresco, Bericht erstattet. Es wird von demselben beantragt, den Ge- [epernair dahin abzuändern, daß die Hypothekarnoten nur ür N von und an den Staat, nicht aber im Privat- verkehr Zwangscours haben sollen und daß dieselben binnen drei Fahren mittelst Verkaufs von Domänengütern mit zehn Prozent über den Nominalwerth aus dem Verkehr gezogen werden. Das Ministerium erklärte sih mit den Schlußto ge- rungen des Berichts einverstanden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 6. Juni. (H. N.) Die schwedische Regierung beabsichtigt, durch ein Gesetz die Arbeit der Kinder in den Fabriken zu ordnen, zu welchem Zwecke eine Kommission erwählt worden war. Die- selbe hat jeßt ihr Gutachten abgegeben.

Wie aus Amiens

Dänemark. Kopenhagen, 8. Juni. Die heute er- schienene Nummer der „Ministerialtid.“ bringt eine offizielle Mittheilung über die Einseßung einer Komwission zur Unter- suchung der Frage wegen Anlegung eines Nothhafens im Kattegat eine Sache von niht nur dänischem, sondern internationalem Jnteresse. Man beabsichtigt entweder die Er- weiterung des Hafens bei Frederikhavn, so daß derselbe auch als Nothhafen dienen kann, oder die Anlage eines neuen Hafens bei Hirtsholmene.

Amerika. Aus Washington wird dem Reuterschen Bureau unterm 8. d. M. telegraphirt: „Das Kabinet hielt heute eine Sißung, in welcher bes{lossen wurde, die Verüber des Gemegels auf der „Bergwiese“ (Mountain Meado:v) anzuklagen, bis alle diejenigen, die daran Theil genommen prt bestraft worden sind. Wenn die Mormonen Widerstand eisten sollten, was aber kaum erwartet wird, so werden Bundes- truppen abgesandt werden, um die Entscheidungen der legalen Tribunale durchzuseßen. Fn derselben Sißung wurde auch eine Depesche des Bundesgesandten in Merifko verlesen, welche meldet, daß die mexikanische Regierung mit den Ver- einigten Staaten in der Verhinderung von Viehdiebstahls- O in Texas fkooperiren wolle.“

eru. Lima, 7. Juni. (Ag. Hav.) Der Oberst Pie- rola, der sih gegen den Präsidenten der Republik, General Prado, erhoben hatte und schon in verschiedenen Treffen ge- schlagen worden war, ist gefangen genommen worden.

Asien. Japan. Yedo, 21. April. Die japani- schen Zeitungen veröffentlihen zwei interessante Schreiben, welche die Präsidenten des Staatsraths, Sanjo und Jwakura, an den japanischen Adel gerichtet haben, um dessen Mit- wirkung für die Krankenpflege im Felde zu gewinnen. Dieselben lauten in deutscher Ueberseßzung wie folgt:

I

Aus der „Nitchi nithi {imbun“ vom 27. März 1877. Seitdem der Befehl zum Einschreiten gegen die Rebellen er- lassen worden, haben täglih Gefechte stattgefunden, und unsere Soldaten haben gelitten durch Feuer und Schwert. Der Kaiser, voll Mitgefühl - hat seine Diener und Aerzte zu den Verwundeten geschickt, hat sie mit dem Nothwendigsten ver- sorgt und erkundigt fih ängstlich nach ihrem Befinden. Die rößte Sorgfalt wird ihnen in den Hospitälern gewidmet, die für sie errihtet sind. Auch die Kaiserin und die Kaiserin- Mutter haben ihrem Mitgefühl Ausdruck verliehen und Hülfe geschickt. Nicht allein werden die Verwundeten solhe Güte anerkennen, sondern der Eifer der Soldaten im Felde wird dadurch noch mehr angespornt werden. Wir Saneyoshi und Taneomi haben gehört, daß. als seiner Zeit ein Krieg ausbrach zwischen der Türkei und Rußland, England und Frankreich erstere unterstüßten, daß der Krieg mehrere Jahre dauerte, und daß es unter den Offizieren und Soldaten viele Verwundete gab. Da besuchte die Kaiserin von Rußland in Person die Hospitäler und pflegte die Verwundeten, und in England sammelten die Damen bei den Reichen Geld für die Verwundeten und die Frauen und Töchter gingen als Krankenpflegerinnen zur Türkei. Die Verwundeten, welche nah England gebraht wurden, wurden in den Hospitälern von der Königin S Später im französish-deutschen Kriege begaben sich die Kaiserinnen der beiden kämpfenden Länder in die Lager, und die Soldaten dachten, daß es eine Ehre sei, im Kampfe zu sterben und eine Schande zu fliehen und zu leben.

__ Die Europäer sehen derartige Handlungen als sehr ehren- haft an. Auch unsere beiden Kaiserinren handeln ähnlich in ihrem Mitgefühl mit den Verwundeten, und ein jeder sollte von demselben Gefühl bescelt sein und angetrieben werden , feine Pflichten und Obliegenheiten zu “erfüllen. Die Kuasoku stehen über den Shisoku und Heimin und haben von dem Kaiser besondere Gunst erfahren. Es ist niht die Zeit, nur s{chöne Kleider zu tragen und in Vershwendung zu leben; vielmehr müssen die Kuasoku jeßt ihre Dankbarkeit für die früher empfangenen Wohl- vi daf aag ou Einige von ihnen haben {hon Geld zur

estreitung der Kriegskosten beigesteuert, was sehr lobens- werth ist. Sehr schön aber wäre es, wenn eine Verständi- gung über das, was zu thun ist, stattfände, und wenn die Kuajoku ihre Frauen und Töchter anwiesen, ihre Pflichten gegen den Kaiser und das Volk zu erfüllen, auch wenn dieses nux in noch so geringem Maße geschehen kann. Sie können helfen, indem sie Charpie und Verbandzeug für die Verwun- deten anfertigen, und dieses wäre in Uebereinstimmung mit den Wünschen der Kaiserinnen und eine geringe Dankesäußerung für die Wohlthaten, die wir genossen haben. Scharpie ist leiht herzustehen, für die Ver- wundeten aber je r werthvoll. Die Tochter des Kaufmanns Takahashi in Djaïa hat ihre Kleinode verkauft und den Ertrag als Beitrag zu den Kriegskosten geschenkt, und eine alte Dame aus einer Shisoku-Familie mit Namen Matsui aus Takasaki in Djoshu hat ihre beiden Söhne geschickt, damit sie als Po- lizisten ihrem Vaterlande dienten, indem sie sagte, sie wolle gern während ihrer Abwesenheit selbst Holz hauen und Wasser schöpfen. Diese Thatsachen sind in den Zeitungen veröffent- liht, und wir empfinden Scham über unjere eigene Unthätig- keit, während wir folches lesen. Dieses haben wir als unsere geringe Ansicht niedergeshrieben und möchten erfahren, was die andere Kuasoku denken.

März 1877. (gez.) Sandjo Saneyoshi. (gez.) Jwakura Taneomi.

T. cas der Zeitung „Nitchi nithi shimbun“ vom 1. April

In der ersten Mittheilung, welche die Unterzeichneten an , die Vereinigung der Adligen richteten, war cin Punkt un- erledigt fia ans nämlich die trage, ob jeder Adlige nah seinen Vermögensverhältnissen Gegenstände für die Pflege der Verwundeten beitragen soll. Diese Art beizutragen O wir nun für ungeeignet, da es dabei vorkon1en ann, daß gewisse Gegenstände im Uebermaß gegeben werden, während andere ganz fehlen. Daher wäre es" besser, wenn jede adlige Familie an Stelle von Naturalien eine gewisse Summe Geldes einshickte, welhe den Mi- litär- und Marine-Hospitälern zur Verfügung gestellt und von denselben nach Bedürfniß zur Anschaffung der nöthigsten Ge- genstände verwendet werden würde. Wenn wir jedoch die Ungleichheit der Vermögensverhältnisse bei den Adligen in Ueberlegung ziehen, so müfsen wir allerdings Abstand davon nehmen, als Regel aufzustellen, daß ein jeder Geld beitrage, und wir wollen daher auf das Beispiel europäisher Adliger

hinweisen, die, wie wir hören, unter gewissen Statuten zu

etigen Vereinigungen sich zusammenthun , in denen die Ver- be tungen und Dienste der einzelnen genau definirt sind, jowohl in Kriegs- wie in Friedenszeiten. ; - ir hätten gewünscht, der Vereinigung der Adligen eine Ueberseßung dieser Statuten vorlegen zu können, da dieses aber der Kürze der Zeit halber nicht anging, so haben wir einige Personen beauftragt, sich mit dem österreichishen Baron von Sieboldt, der dem Finanz-Ministerium attachirt ist, in Verbindung zu seßen, um ihn über dieseEinrihhtungen zu befragen und mit ihm zusammen einen Bericht über die Vereinigung österreichischer Ädliger zur Pflege der Verwundeten und Kranken (Mariannen-Corps des Deutschen Ritterordens) abzufassen. Wir übersenden hiermit einen kurzen Auszug aus dem be- treffenden Bericht. Da derselbe in der Eile gemacht worden ist, so mögen wohl Unrichtigkeiten darin vorkommen; in An- betrat aber, daß“ der Auskunftgeber selbs ein österreichischer Adliger und daher ein Mitglied dieses Ordens ist, seine Mit- theilungen mithin auf eigener Kenntniß beruhen, tragen wir kein Bedenken, dieselben den Adligen zur Betrachtung zu empfehlen. : E März 1877. (gez.) Sandjo Saneyoshi. (gez.) Jwakura Taneomi.

Der rufssisch-türkische Krieg.

Wien, 11. Juni. (W. T. B.) Der „Politischen Korre- spondenz“ wird aus St. Petersburg gemeldet, daß die Nach- richt von einer demnähstigen sehswöchentlichen Urlaubs- reise des Fürsten Gortschakoff unrichtig sei. Aus Konstantinopel wird der genannten Korrespondenz berichtet, daß der türkische Gesandte in Athen eine Jnstruktions- depesche erhalten habe, durch welche er angewiesen werde, von der griehishen Regierung Aufklärungen über die Rüstungen Griechenlands zu verlangen. Die be- treffende Note sei jedoch bisher dem griechishen Kabinet noh niht überreiht worden. Aus Bukarest meldet die Korre- spondenz: Die Minister Bratiano und Cogalniceano sind nah Plojesti abgereist behufs zu treffender definitiver Vereinbarungen über die Theilnahme der rumä- nischen Armee an den Kriegsoperationen. M

Wien, 12. Juni. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“ aus Bukarest: Der Minister-Präsident Bratiano hatte in Plojesti eine lange Unterredung mit dem Fürsten Go rtscha- koff. Demeter Ghika wurde zu dem Kaiser Alexander berufen. Wie es heißt, würde Cogalniceano seine Ent- lassung nehmen, und an seiner Stelle Demeter Ghika das Portefeuille der Auswärtigen Angelegenheiten erhalten.

Wien, 12. Juni. (L. H. T. B.) Vor der Abreise in das Hauptquartier empfing der Kaiser von Rußland die akfkreditirten Botschafter. Dem österreihishen Bot- \chäfter gegenüber gab der Kaiser seiner Freude Ausdruck über die guten Beziehungen beider Staaten zu einander und spra die Hoffnung aus, daß sich auch in dieser shwierigen

eit das Drei-Kaiserbündn1iß bewähren werde. Zum Botschafter Frankreichs gewendet, erklärte der Czar, daß er den Krieg unternommen habe, um einen dauernden Frieden zu schaffen, und daß er nach der ersten entscheidenden russischen Waffenthat die Hand zur Versöhnung bieten werde.

Wien, 12. Juni. (W. T. B.) Dem „Fremdenblatt“ zu- folge erklärt die Pforte, sie denke niht an die Errichtung einer Bg Jen Legion. E

London, 11. Juni. (W. T. B.) Jm Unterhause er- widerte der Unterstaatssekretär des Aeußeren, Bo urke, dem Deputirten Jenk ins, er habe keine offizielle Mittheilung darüber erhalten, daß die Blokade des Schwarzen Meeres keine effektive sei; er habe nur von privater Seite erfahren, daß cinige Schiffe troß der Blokade aus- oder ein- gelaufen seien. Uebrigens werde er der Pforte keine Notifi- fation darüber zugehen lassen, daß die Blokade keine efffektive sei und nicht anerkannt werden könne, weil der Pforte als einer der Pariser Signatarmächte dies bekannt sei. |

London, 12. Juni. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Festmahle d.r Schneidergilde hielten Graf Derby und der Marqguîs von Salisbury Reden, in welchen sie die Lage im Orient erörterten und M Roi daß es für En g- land eine Nothwendigkeit sei, eine Politik des Aan ens zu befolgen. Graf Derby insbesondere sagte, England müsse zwar stets bereit sein, seine Jnteressen zu vertheidigen, wenn dieselben angegriffen würden. Das größte JFnteresse aber von allen Jnteressen Englands sei der Friede. Midhat Pascha woh:ite tem Festmahle bei.

Europäischer Kriegsschauplaßt.

St. Petexsburg, 12. Juni. (W. T. B.) Telegramm des Großfütsten Nikolaus aus Plojesti vom 10. d.: Gestern früh und gestern Abend kanonirten die Türken von Rustshuk aus auf Kalarasch und auf die Arbeiten unserer Sáppeure bei Giurgewo. Wir hatten keine Verluste. Es steht Alles gut. Die Donau beginnt E fallen. y

Aus Odessa meldet das „N. W. Tageblatt“: Die Uferbatterien sind verstärkt und die Stationsschiffe ver- mehrt worden. :

Konstantinopel, 11. Juni. (W. T. B.) Meldung der „Agence Havas“. Jn der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag wurden 5 ¿atifGe Torpedoboote gegen die vor der Sulinamündung liegenden türkischen Parzerschiffe abgelassen. Zwei derselben gingen durch das Feuer der Türken unter; die übrigen kehrten in der Richtung auf Kilia zurü, nachdem G Én explodirt waren, ohne die türkischen Schiffe zu beschädigen. :

iy Lo ustantinopel. 11. Juni. Gee T. B.) Nach hier- er gelangten Mittheilungen fand gestern zwischen Rust- quf und Giurgewo eine Kanonade statt.

Wien, 11. Juni. E T. B.) Telegramm der „Deut- schen Zeitung“ aus Konstantinopel vom 10. d. Ueber die bereits gemeldete Degagirung der türki hen Kriegsschiffe, welhe im Kanal von Matschin einges{hlossen waren, dur Aarifi Pascha am 8. d. wird aus Hirsowa Folgendes berichtet: Die Dampfer „Kiliash“, „Ali“ und „F:tul Fslam lagen vier Stunden unterbalb Hirsowas und konnten wegen der vielen im Fahrwasser liegenden Torpedos nicht von der Stelle: Um die Torpedos aufzufishen, gingen zehn Taucherboote ab. Es gelang diesen, mehrere Torpedos auf- zunehmen. Die Dampfer folgten vorsihtig den Booten und vereinigten fih stromabwärts mit den drei anderen Dampfern „Arcadi“, „Semendria“ und „Akkia“. Bei Palanka wurden wiederum Torpedos gefunden. Der Feind eröffnete dann ein starkes Feuer aus den Batterien in Gura Falomnißa, welches die türkischen Schiffe erwiderten, Endlih gelang es den

Schiffen, ohne {were Beschädigung die russischen Batterien zu passiren.

Konstantinopel, 11. Juni. (W. T. B.) Mit den Montenegrinern finden vor Spuz und bei Podgorizza andauernde Kämpfe statt. :

Wien, 11. Juni. (W. T. B.) Aus _Cattaro wird der „Pol. Korr.“ telegraphirt: Eine türkische Kolonne hat Go- ransfo v:rproviantirt. Die türkischen Str-itkräfte sind bei Kristach konzentrirt. Es werden Vorbereitungen zu einem Angriff behufs Entsezung von Niksic getroffen. i

Wien, 12. Juni. (W. T. B.) Aus Cettinje meldet das „N. W. Tageblatt“: Ali Saib Pafcha hat Rassowa- Glavitza wieder beseßt. : :

Der Belgrader Korrespondent der „Times“ telegraphirt unterm 7. d.: General Protics soll, wie es heißt, in Wien Versicherungen ertheilt haben, daß Serbien die strikteste Neutralität beobachten werde, in der Hoffnung, daß Oester- reih und Rußland beim Friedens\s{lu}se die serbischen pre essen shüßen werden. Aus Altserbien, hauptsächli ) aus Novibazar, wird gemeldet, daß die Türken daselbst fürhterlihe Ausschreitungen verüben. Es wird be- hauptet, daß sie alle fräftigen Männer nöthigen, mit einem Gespann Ochsen im Train zu dienen und sie auch nah Asien senden. Die Dörfer sind nur von Greisen, Frauen und Kin- dern bewohnt. Diese Ausschreitungen provoziren den Ehr- gels des serbischen Volkes, \sih zu erheben und die NRajahs zu efreien.

Beratew o, 29, Mai. (W. Pr.) Das hiesige Amtiblatt, die „Bosna“, vom 14. Djemasulewel 1294® (vom 27. Mai 1877) bringt eine ganze Reihe von Berichten vom Insurrektions- Schauplaßte, welche zur Evidenz darthun, daß es noch Insurgenten- shaaren giebt, wele den türkishen Truppen genügend zu schaffen machen. Ein Bericht des Kommandanten von Banjaluka vom 21. Mai meldet über einen Kampf, der auf der eavaee Position im Kljuter Kadiluk des Bihatscher Sandschaks zwischen Mustehafis aus Jajaz und Insurg-nten stattfand. Der amtliche Berit gesteht es, daß die Türken sih zurücckziehen und diz Position aufgeben mußten, wcil der Feind in „großer Ueberzahl“ erschien. Die Mustehafiz zog dvátauf Verstärkungen an ih und lieferte den Auf- ständischen ein blutiges Treffen. Die Türken rerloren einen Todten und zwei Verwundete, während die Rebellen 20 Mann eingebüßt haben. Daß die Türken nicht gerade gesiegt haben, beweist die fernere Meldung des „Amtsblattes“, daß die Insurgenten Vieh abgetrieben haben. In alter Manier s{ließt die „Bosna“ den Bericht mit folgenden Worten: „Die nothwendigen Makß- regeln find ergriffen worden, damit die Rebellen mit Gottes Hülfe zu Paaren getrieben werden können.“ Ein zweiter Bericht meldet von einem Ueberfall des Ortes Gata am 24. Mai dur Insurgenten, welhe von Mile Matics kommandirt wurden, Vieh abtricben und drei Türken verwundeten. Eine dritte Meldung über einen im Dorfe T\harunka im Bihatsher Sandschak vorgefalle- nen Kampf entbehrt jeder Andeutung über den Verlauf desselben. Nur wird gesagt, daß sich Insurgenten in Wiraska und Raßnowaß gezeigt haben, was die Vermuthung aufkommen läßt, daß lebtere vor- gedrungen seien, da die eben genannten Orte in der Nähe von Banjaluka liegen. Endlich relationirt der Jus Bascha Asaf Effendi, daß er einen Kampf mit Aufständischen im Dorfe Shnjegotin zu bestehen hatte mit welhem Ausgange, wird abermals nicht gesagt. Die Straße Serajewo-Banjaluka if dermaßen unsicher geworden, daß der Bali Etappentru ppen auf derselben ecellcniren ließ, was gleichfalls amtlih gemeldet wird. 2

Alexandrien, 11. Juni. (W. T. B.) Heute find 10 egyptishe Dampfer mit 6000 Mann egyptischer Hülfs- truppen unter dem Befehle von Prinz Hässan von türkishen Panzerscbiffen geleitet, von hier abgegangen.

Wien, 12. Juni. (L. H. T. B.) ‘Der Sultan ge- denkt tas Ober-Kommando über die egyptishen Hülfstruppen an den Sohn des Khedive, Prinzen Hassan, zu über- tragen und denselben zum Feldmarschall des Osmanenreichs zu ernennen. . N

London, 12. Juni. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Athen, die Nationalversammlung von Candia habe, nachdem ihre Forderungen von der Pforte abgelehnt worden, beshlossen, ihre Rechte mit den Waffen zu vertheidigen. Es stehe ein allgemeiner Aufstand bevor. Jn Epirus seien gleichfalls einzelne auf- ständische Bewegungen ausgebrochen und gewännen an Kon- sistenz.

Asiatischer Kriegsschauplaßt.

St. Petersburg, 12. Juni. (W. T. B.) Telegramm des Großfürsten Michael aus Kürükdara vom 9. Juni: Bei Kars werden die Vorwerke des Plaßes reko- gnoszirt, das Geschüßfeuer des Forts thut uns fast gar keinen Schaden. ch habe heute unter dem feindlihen Feuer nördlich von der Festung persönlich eine Rekognoszi- rung ausgeführt. Die Aeltesten der Kurden von Chamur und die Bewohner von Alaschkert (Toprak- Kaleh) fanden sich im Lager des General Tergukas\off ein und zeigten ihre Unterwerfung an. Jn den von uns beseßten Provinzen ist die russishe Verwaltung einge- führt. Bei dem Jngour-Detachement unter General Al cha- zoff steht Alles gut. Die Truppen des Generals OfkLlob- \chio sind den Fluß Atschkout aufwärts marschirt, „die Be- wohner zeigten j jus res an, von den Truppen wurden Straßen, fowie Brücken über den Kintrischi 14

n Daghestan und in der Provinz Terek herrsht Ruhe. Jch habe auf dem Wege hierher Truppen besichtigt und die- selben in gutem Gesundheitszustande und vortrefflicher Stim- mung gefunden. /

T1tflis, 11. Juni. (L. H. D D. Die Blokade des Schwarzen Meeres ist nicht total. Russische Schiffe ver- kehren unbehindert uoch zwishen Poti und anderen Häfen. General Lomakin meldet, daß sich der Telknizerstamm (am Altietflusse) unterworfen habe und entwaffnet wor- den fei. :

Konstantinopel, 10. Juni. (Tel. d. W. „Fremdenbl.“) Jsmail Pascha, der mit seiner Kurdenschaar cben auf dem Marsche nah Bajazid, um bei der Cernirung dieser Stadt mitzuhelfen, begriffen war, kehrt auf höheren Befehl in be- s{hleunigten Tagesmärschen wieder nach dem Westen zurüd, um fich vor Erzerum, wo stündlih eine entscheidende Schlacht erwartet wird, mit der Armee Moukhtar Paschas zu vereinigen. Dshemil Pascha, der mit der Inspektion der Festungswerke von Erzerum beauftragte du tant des Sultans, hat leßtere Stadt wieder verlassen und si

nah Trapezunt begeben, um von hier aus für Proviaut- ne P bub nach dieser Festung zu sorgen. Ein Offizier aus enem Gefolge hat sih zu diesem Zwecke wieder nah Siwas begeben.

5 Konstantinopel, 11. Juni. (W. T. B.) Moukhtar

Pascha meldet unterm 10. d. M.: Die zwischen Kars und

Erzerum befindliche russishe Kolonne is auf Kars zurück- gegangen. E

_ Konstantinopel, 11. Juni. (W. T. B.) Vom asia- tishen Kriegsshauplagze liegen keine neuen Nachrichten vor; Moukhtar Pascha steht noch vor Erzerum. :

Wien, 12. Juni. (W. T. B.) Das Hauptquartier der Kaukasusarmee ist nah Mazza verlegt worden.

Ueber Athen meldet der Korrespondent der „Daily News“ in Konstantincpel, es seien in Folge des Verlustes von Ardahan De Offiziere ershofsen worden. Der Krieg in Kleinasien fällt überall gegen die Türken aus. Ein plöglicher Zusammenfall droht augenscheinlich. Erzerum ist unversorgt, Peniak geräumt mit einem Verluste von 6000 Mann, Olti erobert. Zwischen Erzerum und Trebizonde sind die Straßen von Deserteuren bedr ht. Die Kruppschen Geschüße in Erzerum sind ohne Schlösser. Moukhtars Heer ist äußerst mangelhaft an Disziplin. Ueberall sind die Russen siegreich, organisiren- das Land, zahlen für Alles und werden gut aufgenommen. Jn der türkishen Hauptstadt ist große Gedrücktheit. Bo:schaftsnachrihten melden, in Moukhtars Heer sei vollständige -Demoralisation, in dem russischen gute Disziplin.

Der Speéezial-Korrespondent des „Reutershen Bureaus“ in Erzerum telegraphirt unterm 6. d.:

„Den hier eingegangenen Nachrichten zufolge ist das türkische Hauptquartier in Köprikiöi, wo neun Bataillone Infanterie und eine Batterie Artillerie stationirt sind. Der türkische rechte Flügel, bestehend aus 20 Bataillonen und 2 Batterien, steht in Delibaba und der linke in Gnudji und Boggaze, ungefähr se{ch8 Stunden von Erzerum entfernt. Der linke Flügel besteht aus 16 Bataillonen und einer Batterie. Das Gros des rechten Flügels steht in Olti und seine Vor“ut ist vor Noriman angelangt. Eine von dem Centrum der ruffishen Armee vor Kars detacbirte K-lonne hat auf dem Saganlug-Dag Stellung genommen. Auch operirt eine russische Kolonne in der Richtung von Wan, vor der Bendi-Mahou-Brüde, eine Entfernung von 29 englihen Meilen von Wan.“

Aus dem Hauptquartier des Alexandrapoler Corps der russishen Kaukasusarmee erhält die „Pol. Korr.“ einen weiteren amtlichen Bericht, welher nah Weg- lassung einiger unwesentlicher Stellen wie folgt lautet: -

Lager bei Saim, 8. Mai. Während der Abwesenheit des Corpsfommandirenden General-Adjutanten Loris-Melikoff ließ Ge- neral-Lieutenant Heimann die zurückgebliebenen Truppen unter An- [leitung des Ingenieur-Obersten Bulmering weitere Befestigungen des Lagers vornehmen. General Melikoff verließ das Lager am 29. Aprik um 3 Uhr Nachmittags und {lug auf der Karsschen Heerstraße den Weg über Chalif-Oglu ein. Ein starker Regen und Wind schlug den in Eilmär- {en ohne Gepä und Tornister vorshreitenden Truppen ins Geficht. Die durcdringende Kälte dauerte bis zum Einmarsch der Truppen in das 12 Werft entfernte, von Kurden bewohnte Dorf Chalif-Oglu an. Das Dorf wurde. troß des felsigen Weges im Sturmschritt er- reiht. Chalif-Oglu besteht im Ganzen aus 12 Kurdenhäusern, die zur Hälfte in den Boden hineingebaut auch oben mit Erde bededckt sind, und liegt in dem Thale zwischen den Bergen Groß- und Klein- Zagny. Der Corpskommandir:nde bestieg mit dem Corpsftabe den Berg Klein-Zagny, um die Position und die Umgegend zu besichtigen. Vom Feinde war au keine Spur vorhanden. Die Truppen nahmen nach Anordnung des Stabes ihre Positionen ein. Die Artillerie be- seßte die Höhen, die Infanterie stand im Bivouak im Thale, die Ka- vallerie übernahm die Vorpostenlinien. Die Truppen kampirten unter freiem Himmel bei Lage: feuern. Da die Truppen ohne jegliche Vor- räthe aufgebrochen waren, fo fehlte es am anderen Morgen an Nah- rung für Mannschaft und Pferde. Die Dorfbewohner erklärten,

änzlich ohre alle Vorräthe zu sein. Eine vorgenommene Unter- ain ergab jedoch, daß sie Weizen und Gerste in mit Steinen be- deckten Gruben verfteckt hatten. Nachdem für die Pferde genügend vorgesorgt war, wurden auch für die Mannschaft einige Stück Horn- vieh zu boten Preisen aufgebraht. Die Kolonne zog sodann von Chalif-Oglu weiter gegen Wisinkeff, um die Kavallerieabtheilung, welche si bei der Rekognoszirung von Kars zu weit vorgewagt hatte, zu unterstüßen. Der Fluß Kars-Tschai wurde weit rechte gelassen. Nach Passirung der Berge, von denen das 9 Werft entfernte Kars und die rings um die Stadt gelegenen Zelte der tür iis{ch-n Truppen sihtbar waren, näherte sch die Kolonne dem von Griehen und wenigen Tartaren bewohnten Dorfe Wisinkeff. Die Truppen wurden von den Griechen freudigst begrüßt; die Geistlichkeit derselben zog den Ruffen mit Bildern und Fahnen im vollen Ornat entgegen. General Melikof nahm in der Hütte des -Dorfpriesters Quartier. An die Truppen wurden Fleischrationen vertheilt. Da es an Holz mangelte, so wurden einige Hol;hütten gekauft und zur Wärmung der Truppen verbrannt. Von der Kavallerieabtbeilung, w.lce Kats glüdlih rekognoszirt hatte, lief die Nachricht ein, daß sie eine zweistündige Artilleriekanonade mit dem Feinde zu beitehen hatte, welcher in der Stärke von 8 Bataillonen Nizams nebst Feldartillerie aus der Festung Kars ausgerückt war und unter dem Schuße der Festungs- werke Pofiticn genommen hatte. Die Ehre des Tages gebührte der Dagestanschen irregulären Kavalleriebrigade, die, von dem Generalk- Major Komoroff kommandirt, unter der unmittelbaren Führung des Oberst-Lieutenants Kwinitadse (2. Dagestanses Kavallerie-Regiment) und des Majors Fürsten Tschawtshawadfe (3. Dagestanshes Kaval- lerie-Regiment), dem durch einen Scheinrükzug des Twarschen Drago- ner-Regiments getäushten und unvorsichtig sich vorwagenden Feinde in die Flanke fielen und denselben zum Rückzuge bis unter die Festung8- werke zwangen, so daß, als das von dem General Melikoff zu Hülfe gesandte Mingrelsche Grenadier-Regimeut auf dem Kampfplate an- langte, die Aftion unter Verlust von 1 Todten und d Verwundeten bereits beendet war. M-hr als 109 Nizams wurden gefangen genommen ; cin feindliches Bus wurde von der Terekschen Kosakenbatterie demontirt. General Melikoff zog na diefem Erfolge die Kavallerie nach Wisinkeff, und rückte dieselbe am Abend. des 1. Mai wieder in Saim cin. In Saim wurden nun neue Vorbereitungen getroffen für die vollständige Ausrüstung desselben als Stützpunkt der Vor- wärtsbewegung der aftiven Armee; es wurden Lagerhäuser und Magazine der Intendantur, Artillerie und des Ingenieurwesens er- rihtet und ein Hospital, sowie ein Feldpostamt erö net. Der Corps- Kommandirende ergriff Maßregeln, um die Truppen ihre Vorwärts- bewegung niht nur in entsprechender Sicherheit ausführen, son- dern dieselben auch nicht, wie dies in Chalif -Oglu bald ge- {ehen wäre, an Proviant oder Fourage Mangel leiden zu laffen. Mit den einzelnen Kolonnen wird Brod, resp. Mehl, Vieh, Wein und Fourage geführt. Angesichts der bevorstehenden Hiße wurden an die Truppen Leinwandkappen, welche auf den Nacken Serabge A werden können, vertheilt. Der s\anitäre Zustand der Truppe ist ein vorzügliher. Kranke sind nahezu gar nit vorhanden ; bisher waren uur einige Fälle leichten Fiebers zu verzeichnen. Die Wilte- rung bleibt günstig; es fällt nur selten Regen und dies zu- eilt nur am Abend. Die Nächte sind fehr ühl; die Tempera- tur fällt oft bis + 49, Die Bevölkerung der offupirten Gebiete drückt ihre Befriedigung ob der eingetretenen Veränderung in der Verwaltung aus. Die Kurden bieten zu Hunderten ihre Dienste an; zur Bildung eines Kavallerieregiments aus denselben ist bereits geschritten worden. Nachdem bereits am 1. Mai die Fühlung mit dem Achalzihsben Detachement hergestellt war, wurde am 5. Mai auc die zühlung mit dem Eriwanschen Detachement des Gencral-Lieutenants Tergukassoff hergestellt. Die Eriwan’sche Ab- theilung bildet nun den linken Flügel des Alexandrapoler Corps und schreitet nach Einnahme von Bajezid längs des Thales dcs oberen Euphrat (Murad-Tschai) in westliher Rich- tung vor. Um diese Verbindung zu sichern, brach Generak M. likof an der Spiße des Nishegorodsben Dragoner-Regiments und 6 Sotnien Kosaken aus Wisinkeff in südlicher Richtung gegen