1877 / 171 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jul 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Zur Errichtung von Schlächtereien ohne Unter- Jchied, ob sie von den Besißern ausshließlich oder auch noch von anderen Schlähhtern benußt werden, bedarf es, na einem Erkenntniß des Strafsenats des Ober-Tribunals, sowohl nah der Reichs-Gewerbeordnung als s nach der früheren preußischen Gewerbeordnung der polizeilihen Konzession.

Der Kaiserlihe Gesandte Freiherr von Caniß is nach dem Haag zurücgekehrt, und hat die Leitung der dorti- gen Kaiserlichen Gesandtschaft wieder übernommen.

Cöln, 23. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien sind heute Nachmittag hier ein- getroffen und werden fich morgen früh rheinaufwärts begeben.

Baden. Karlsruhe, 20. Juli. Der gestern erschienene „Staats-Anzeiger“ veröffentliht das Verzeichniß der für die weite Kammer der Ständeversammlung des Jahres 1877 er- forderlichen Erneuerungs- und E akra len; mit den Vorbereitungsarbeiten dazu ist nah Entschließung des Groß- herzogs vom 17. d. unverweilt zu beginnen. Es sind gemäß der am 20. März 1872 vorgenommenen Losziehung ‘31 Ab- geordnete in 29 ug“: avo Sive auf den 1. Juli d. P: zum Aus- tritt bestimmt (die Abgeordneten werden auf 4 Jahre gewählt ; sie werden alle 2 Jahre zur Hälfte erneuert).

Hessen. Darmstadt, 22. Juli. Der Prinz Heinrich ist heute nah Trier abgereist.

Ma inz, 24. Juli. (W. T. B.) Das Domkapitel hat, wie das „Mainzer Journal“ meldet, den Domkapitular Dr. Tae Cieti zum Bisthumsverweser, und den Dom- ap blt irschel zum Verwalter der bischöflihen Dotation gewählt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. Juli. Der Kron- prinz Rudolph hat seinen Aufenthalt in Schönbrunn ge- nommen.

Großbritannien und Jrland. London, 21. Juli. (E. C.) Jm Oberhause brahte Lord Hampton gestern die Kuli- auswanderung aus Ostindien nah Westindien zur Sprache, indem er die Vorlage einer hierauf bezüglichen De- peshe des Marquis von Salisbury beantragte. Derselbe äußerte, er halte die Auswanderung indischer Arbeiter für eine Frage von großer Bedeutung und wünsche fie unter Beobach- tung erforderliher Schußmaßregeln thunlichst befördert zu sehen. Der Marquis von Salisbury erklärte, daß er zur Zeit der Absendung jener Depeshe (24. März 1875 an den General - Gouverneur von FJndien) im Sinne gehabt habe, durch ein regelmäßig organisirtes Auswan- derungssystem der übermäßig angewachsenen und verarmten Bevölkerung Indiens zu Hülfe zu kommen. Die indische Re- ierung habe fih indeß niht zu Gunsten der von ihm vorge- Fblageren Maßregeln ausgesprochen. Der Hauptgrund dafür scheine in der Befürchtung zu liegen, daß es niht möglich sein werde, für eine gute und geeignete Behandlung der Kulis in den Kolonien, wohin sie zu senden seien, einzustehen. ür seine Person halte er noch daran fest, daß es wün- chenswerth sei, die Auswanderung zu befördern. Wenn die a 2 ain auch vielleiht ihr Loos zunächst nicht ehr verbessern würden, so würde doh den ee bleibenden Luft verschafffl und ihnen durch Eröffnung eines auswärtigen Marktes für ihre Produkte Anregung zu aus- gedehnterer und besserer Bearbeitung des jeßt theilweise nohch wüst liegenden Bodens gegeben werden. Der Earl of Northbrook (vordem Vizekönig von Jndien) äußerte, er sei der Ueber- zeugung, daß die indishe Regierung, sobald nur den Aus- wanderern der nöthige Schuß ertheilt werden würde, ihre Zu- stimmung zu den Auswanderungsplänen nicht versagen werde. Nachdem noch der Kolonial-Minister Earl of Carnarvon seine Uebereinstimmung mit den Ansichten des Ministers für Fndien zu erkennen gegeben hatte, wurde der Antrag Lord Hamptons angenommen. Im Unterhause gab der Schaß- fanzler eine Erklärung über den Pigottshen Fall ab, welche dem Jnhalte nah der des Premier-Ministers im Oberhause entsprah. Sir W. Barthelot kündigte darauf für den 23. Juli eine Resolution an, des Fnhalts: das Haus, immer bestrebt, Nußen und Einfluß der Sonderausschüsse aufrecht zu erhalten, halte es nach den ministeriellen Erklä- rungen doch für angebraht, sein Tadelsvotum wegen der Ane Mr. Pigotts zurückzunehmen. Zu einer län- geren Debatte gab ein Antrag Mr. O’Connor Powers Ver- anlassung, der sh für die A der irischen Gefan- genen (Fenier) aussprach. Der Kriegs-Minister bekämpfte die Resolution als unkonstitutionell. Das rihtigere Vor- gehen sei eine Adresse an die Krone. Uebrigens sei er auhch niht mit dem Ziele des Antrages einverstanden. Der “General-Staatsanwalt suchte darzulègen, daß die Vergehen jener fenishen Gefangenen nicht politisher Natur, sondern «gemeine Verbrechen seien. Schließlih erklärte sich Mr. ’Connor bereit, seine Resolution zurückzuziehen und an ihrer Stelle eine Adresse an die Krone zu beantragen, wie Gladstone es ebenfalls empfahl, was indeß das Haus nicht zuließ, indem es die Resolution mit 235 gegen 77 Stimmen ablehnte. Die „Morning Post“ vernimmt, „daß Sir Andrew Clarke, Minister tas öffentlihe Arbeiten in Jndien, einen Auss{huß von Artillerie- und Genie-Offizieren ernannt hat, der Pläne zur Vertheidigung ivie Häfen entwerfen soll. Der Aus\huß, dessen Vorsißender der General - Major Sir A. Taylor ist, hat seine Arbeiten mit einem Entwurfe für Aden und British Burmah begonnen.“ Der Vertreter von Great Grimsby im Unterhause, A Chapman ist gcstorben, desgleichen der General elson.

_ Frankreich. Paris, 21. Juli. Wie der „Moniteur universel“ vernimmt, wird der Kriegs-Minister den Präsi- denten der Republik auf seiner Reise nah Bourges be- FGOS die auf die leßten Tage dieses Monats anberaumt ist. “Der Marschall wird, demselben Blatte zufolge, in Bourges eine -Rede halten und später ein Manifest erlassen, welches allen “von der Regierung unterstüßten Kandidaten zum gemeinsamen Programme dienen soll. Der bonaparti stige Dr dre“ „erklärt : „Die bonapartistishe Partei wird in den Wahlen auf der “Seite des Marschalls stehen ; aber nichts kann sie verhindern, vor dem Lande ihre Prinzipien - zu bekräfstigen, die da sind: die “Volkssouveränetät, die Durhführung der wahren Demokratie und die Prinzipien von 1789.“ Sechs frühere Deputirte, die bis jeßt Maires waren, sind, nach der „C. Ztg.“, ihres Amtes : entsett worden, nämlich: Teilhard, Maire von Figeac (Lot); Alicot, Maire | von Argelès (Ober - Pyrenäen); Rubillard,

Maire von .le Mans (Sarthe); Lasserre, Maire von Saint Nicolas de Grave (Tarn-et-Garonne); Descamps, Maire von Sbcigure (Gers); Bienvenu, Maire von Saint-Hilaires des oges.

22. Juli. Das offizielle „Bulletin des Communes“ veröffentlicht enden Artikel: „Die Geschäfte und der Friede. Der Marscha ac Mahon hat erklärt, daß er bis ans Ende ausharren, d. h. also, daß er vor dem Jahre 1880 niht von der Regierung zurücktreten werde. Das is sein Recht, weil er von einer souveränen Landesversammlung auf sieben e ernannt worden ist. Wenn nun ein Mann das Recht sich hat, Staatsoberhaupt und Marschall von Frankreich ist und bleiben will, so ist es unmöglich, ihn zum Gehen zu zwingen. Nichts wird also den Marschall Mac Mahon hindern, die hohe Stellung, die ihm die Bevoll- mächtigten des Landes verliehen haben, bis ans Ende zu behaupten. Wer da hofft, daß man ihn in diesem Willen erschüttern könnte, giebt sich einer Täuschung hin. Der Marschall kennt nur sein Recht und seine Pflicht. Er weiß, daß sein Recht nicht zweifelhaft ist, er weiß au, daß es seine Pflicht ist, diejenigen, welhe ihm in dem gegenwär- tigen Feldzug zur Seite stehen, in der Folge zu vertheidigen. Er wird bleiben und keine Erwägung, keine Rede der Welt wird ihn von diesem Entschlusse abwendig machen. Da dies nun einmal ausgemacht ist, werden sich alle vernünftigen Leute eine sehr einfache Frage vorlegen : „Jst es besser, eine Kammer zu wählen, welche mit dem Marschall Hand in Hand geht, oder eine solche, welhe ihm den Krieg erklärt?“ Die Antwort is niht schwer. Zunächst lieben die vernünftigen Leute nit, umsonst zu stimmen und ihre Eau zu verlieren, und dies würden sie thun, wenn sie eine dem Marschall Mac Mahon feindliche Kammer wählten. Denn wozu würde eine solche Kammer dienen? Zu nichts. Was vermöchte sie? Nichts. Wenn sie shlehte Geseße beshlösse, so würde der Senat sie verwerfen. Wenn sie dem Marshall den Krieg erklärte, so würde man sie aufs Neue auflösen und in einigen Monaten müßte wie- der von vorn angefangen werden. Sie könnte das Land beunruhigen, den Gang der Regierung stören, Gewerbe und Arbeit durch eine lärmende Agitation lahm legen; aber irgend etwas zu leisten wäre ihr unmöglich. Das ist ein erster Grund, weshalb die verständigen Leute sich wohl hüten werden, Oppositionsmänner zu Abgeordneten zu wählen. Der zweite Grund ist nicht minder gewichtig. Wenn ein beliebiges Unternehmen unter die Leitung von drei Direktoren gestellt ist, so müssen die Aktionäre und überhaupt alle Betheiligten vor allem wünschen, daß die drei Direktoren für das ge- meine Beste Hand in Hand gehen. Wenn die Direktoren, statt zu arbeiten, sih streiten, der eine links, die anderen rechts La wollen, so kommt nihts vom Fleck. Die Werkführer assen sih gehen, die Arbeiter werden nicht pünktlih bezahlt, die Arbeit bleibt liegen und die Aktionäre kommen um thr Geld. So verhält es sich auch mit der Regierung. Die Ver- fang, das oberste Geseß des Landes, hat drei Gewalten ausgestellt : den Präsidenten, den Senat und das Abgeordneten- haus. Was wir Alle ohne Unterschied der Partei wünschen müssen, das ist, daß die drei Gewalten einig sind, vernünf- tige Geseße zu beschließen, die ruhigen Leute zu beshüßen und die großen öffentlihen Bauten auszuführen, welche dem Arbeiter Brod geben und unseren Erzeugnissen einen vortheilhaften Absaß sihern. Wenn die Gewalten sich nit vertragen und eine von den dreien mit den beiden anderen Krieg führt, so ist die ganze Regierung lahm gelegt. Dies ist seit einem Jahre der Fall. Man hat viele Reden gehalten, viele Geseßentwürfe ausgearbeitet, die Beamten oft gewechselt, so daß sie kaum Zeit haben, das E der Bevölkerungen zu studiren ; jeßt iebt es allenthalben Mani- feste, Erklärungen, Comités, ? ¿Stagutadtèn von Advokaten. Wozu hat das Alles genügt? Zu gar nichts, weil die Kammer nicht ein einziges wichtiges Geseh volirt hat. Wozu würde es in Zu- kunft führen? Wiederum zu nichts, weil die Kammer mit ihrer An- sicht allein dem Präsidenten und Senate gegenüberstünde, welche das Recht haben, sie aufzulösen, während sie niht das Recht a jene wegzuschicken, noh die Macht, ihnen ihren Willen aufzu- drängen. Die Frage liegt also ganz klar. Es gilt nicht, eine Regierung zu wählen, wil wir eine solche bis 1880 s en; es gilt, die Sache so einzurichten, daß die Regierung die Ge)chäfte des andes so gut als möglih besorgen kann. Dazu muß man das Einvernehmen zwishen den drei Gewalten d. i. zwishen dem Präsidenten und dem Senate einer- und der Kammer andererseits wieder herstellen, und da man weder den Präsidenten vor 1880 wegschickden noch den . Senat vor 1879 ändern fann, so bleibt nur das einzige Mittel übrig, daß man Abgeordnete wählt, die dem Marschall behülflich sind, für das Wohl des Landes zu wirken, statt ihn anzugreifen und zu be- kämpfen. Die Politik ist ohne Zweifel einc {öne Sache, namentli für die, welche sie als ihr Gewerbe betreiben und Abgeordnete, Senatoren oder Minister we:den möchten; wer aber von Ackerbau, Handel, Gewerbe, kurz von Arbeit lebt, für den giebt es noch etwas Wichtigeres, als die Politik. Das ist: daß die Ge ae ut gehen. Wenn die Regie- rungsgewalten sich unter sich streiten, statt zu arbeiten, so bekommt das Geld Furht und versteckt sich, die großen Ar- beiten lassen nah, alle Welt leidet und die Masse des Volkes bezahlt die Zeche. Das begreifen die vernünftigen Leute, die gewiß auch ihre politischen Ansichten haben, aber vor Allem das Wohl Frankreichs wollen. Auch meldet man uns aus allen Theilen des Landes, daß die Bevölkerungen sich anschicken, für die Kandidaten des Marschalls zu stimmen, um den Einklang in der Regiec::ng wiederherzustellen. Der, Grund- gedanke ist in allen unseren N der nämliche: für die Opposition stimmen hieße neue Verwickelungen und Krisen herbeiführen und dem Lande sicherlich neue Leiden zuzichen. Da stimmen wir lieber für die Kandidaten des Marschalls, damit die drei Gewalten dann Hand in Hand gute Gesetze machen und die Unternehmungen, an denen uns gelegen ist fördern können. Was die Politik betrifft, so wird es no 1880 Zeit sein, davon zu sprechen.“

Spanien. Madrid, 23. Juli. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Correspondencia“ findet gelegentlih des von dem Köni Alf ons nah der Provinz Galicien unter- nommenen Ausflugs eine Begegnung desselben mit dem König von Portugal statt. Der König von Portugal wollte zu dem Ende gestern von Lissabon abreisen.

Griechenland. Athen, 14. Juli. Der „Pol. Korr.“ schreibt man von e: :

„Der österreichishe Gesandte Graf Dubsky ist Leer hier eingetroffen und hatte noch an demselben Tage eine lange Unterredung mit dem Minister des Aeußern, Trikupis. Tags darauf wurde Graf

Dukbsky vom Könige empfangen. Die Ansprache des Gesandten uud die Antwort des Königs waren ein Zeugniß der aufrichtig herzlichen Beziehungen zwischen Griechenlaud und Desterreih-Ungarn. Der Ministerrath hat heute wichtige Dein beschlossen, welche eine entschiedenere Politik der griechishen Regierung {on in der nächsten geit anzufündigen \{cheinen. Vor Allem wurden die von der Kammer angenommenen Geseße unverzüglich wveröffent- liht und zur Auéführung gebracht. Alle Finanzgeseße traten von gestern an in Wirksamkeit, ohne die geringste Alterirung des Geldmarktes hervorgerufen zu haben ; durch die erweiterte Ausgabe von Papiergeld durch die Banken im Sinne des Gefeßes über den Zwangëêcours ist vielmehr der innere Pas gehoben und das Geld flüssiger geworden. Die Nationalbank giebt in diefem Semester cine Dividende von 233 °/9 vom Nominalbetrage oder 8 °/9 vom Cours- werthe ihrer Aktien. Das Goldagio ist im Verhältniß zu den Banknoten troß des Zwangscourses blos 37/100 °/9. Auf den Börsen steigen die Werthpapiere und Bankaktien. Von allen seit gestern SERRINER Maßregeln haben diejenigen der Minister des Krieges und des Innern zumeist ben Ernst der Situation bezeichnet. Die Anordnung der augenblicklihen Einberufung der mo- bilen Nationalgarde, d. i. der durch das - neueste Eg nicht getroffenen Angehörigen der Altere- klasse von 19 bis 35 Jahren; die Abänderung des Rekruten- geseße8, daß keine Loosungen vorgenommen werden sollen, um da- dur keine Zeit zu verlieren, fondern daß die nöthige Zahl der Nauionalgardisten zu den vorerst nur 3 Monate andauernden Uebun- gen nah aufsteigendem Alter ausgehoben werden soll und zwar aus den Reihen der Unverheiratheten, dann der Wittwer ohne Kinder, dann der Ehemänner ohne Kinder und endli erst der Familienväter, zeugen von d-m Ernste, mit welhem die Regierung die Gesetze zu handhaben gedenkt. Eben so charakteristisch ist die denn doch erfolgte sofortige Ausführung des für kurze Zeit sistirten Reservistengeseßes. Demselben zufalge sollen die 10,000 Mann des ersten Aufgebotes binnen 10 Tagen in ihren Lagerpläßen sich einfinden, um in die Cadres des ordentlihen Heeres eingereiht zu werden. Ferner werden Frei- willige zur Kompletirung der Infanterie zugelassen, deren Zahl einst- weilen 6000 Mann nicht überscreiten soll. Endlich wurde die Bil- dung von 12 freiwilligen Jäger-Bataillonen angeordnet. Der Wufiuß zu den Freiwilligen jeder Waffengattung ist ein sehr großer. Söhne der besten Familien, besonders Macedonier, Kretenser und Epiroten, die aus jenen Gegenden mit den Postdampfern anlangen, sind schon eingereiht worden. Auf Vorschlag Trikupis' wurden ferner 20,000 Frcs. dazu verwendet, um den im Schwarzen Meere und auf der Donau jeßt befindlichen arbeitslosen griechischen Matrosen die Mittel zur Rückkehr in die Heimath zu verschaffen.“

24. Juli. (W. T. B.) Wie dem N. „W. Tagebl.“ telegraphish gemeldet wird, ist es der griehishen Regierung gelungen, eine auswärtige Anleihe von 30 Millionen Drachmen abzuschließen.

Türkei. Konstantinopel, 23. Juli. (W. T. B.). Der englische Vertreter Layard hat das Kriegsschiff „Rapid“ zum Schuß der christlihen Bevölkerung in Kavarna (nordöst- lich von Varna) abgeschickt, der österreichishe Botschafter, Graf Zichy, hat wegen Aufnahme decr flüchtenden Bevölkerung an Bord von Ea ers Anordnung getroffen.

_— (W. T. B.) Redif Pasha und Abdul Kerim Pascha sind hier eingetroffen. (W. T. B Der W. „Presse“ wird telegra-

phish * gemeldet: Jn dem leßten Ministerrath'e wurde beschlossen, der Sultan solle die Fahne des Propheten entrollen, wenn die Russen Konstantinopel bedrohen follten. Hobart Pascha hat sich mit 5 Panzerschiffen nah Sinope eingeschifft. Abdul Kerim Pascha und Redif Pascha sollen nach Brussa gebracht werden.

(W. T. B.) Dem Pariser „Temps“ geht unterm 23. aus Athen die im Uebrigen noch nicht bestätigte Meldung zu, daß in Kreta ein Aufstand ausgebrochen sei.

Belgrad, 24. Juli. (W. T. B.) Aus Anlaß der Ein- nahme des Schipkapasses durch die Russen war die Stadt festlich illuminirt.

(W. T. B.) Aus Belgrad wird der „Polit. Korresp.“ unterm 23. telegraphirt, die Skupschtina e den von dem_ Kriegs-Minister beantragten Kredit zur Auf- stellung eines Observationscorps an der türkischen Grenze und zur Errichtung eines Lagers von 24 Milizbataillonen be- willigt. Die Skupschtina habe ferner den Finanz-Minister zur Eintreibung der rückständigen Subskriptionen auf die Kriegsanleihe ermächtigt und die durch den Krieg herbei- geführten Ausgaben im Betrage von 2 Millionen Dukaten genehmigt.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. Juli. (Journ. de St. Pet.) Der Großfürst Konstantin Konstan- tinowitsh und die Mannschaft der Fregatte „Sw etlana“ sind am 16. Juli zur Donau-Armee abgegangen.

2 u Jnval.) Der General Kaufmann meldet tele- graphisch, daß er die Bestätigung der Nachricht von dem Tode des Badaulet von Kashgar, Mohammed Facub, und zwar durch einen Brief des älteren Sohnes des Verstor- benen, Bek-Kul1-Bek, erhalten habe, der zuglei seine s angezeigt hat.

_ Taschkent, 18. Juli. (Ag. Jnt.) Aus Bukhara wird der Tod Seid-Muhamed-Khans des Sohnes des Emirs e Bukhara gemeldet, der im vorigen Jahre in St. Peters:

urg war.

Amerika. New-York, 20. Juli. (A. A. C.) Die Regierung hat beschlossen, die Anerkennung der neuen mex i- kanischen Regierung zu verschieben, bis Porfirio Diaz, seinem Versprehen gemäß, Schadloshaltung für die Einfälle auf texanishem Boden Seitens der Mexikaner geleistet have.

Der russisch-türkische Krieg. London, 23. Juli. (W. T. B.) Jm Oberhause er-

- flärte auf eine die Zeitungsnachriht von Absendung von

Truppen nach dem Mittelmeer betreffende Anfrage Lord Granville's Lord Derby: Es ist mir niht s{wer, diese Frage zu beantworten, die unter den. obwaltenden Umständen eine natürliche und auch zeitgemäße ist. Was Les ift, besteht in Folgendem: Die Garnisonen im Mittelmeer sind, wie ih höre, jeßt unter ihrer vollen Stärke und es ward deshalb bei dem gegenwärtigen ungewissen und beunruhigten Zustande Europas für wünschenswerth erachtet, dieselben um etwa 3000 Mann zu verstärken. Das is das Einzige, was r Das über Truppenbewegungen zu Grunde iegt. :

Jm Unterhause antwortete der Unter-Staatssekretär Bourke dem Deputirten Wait, von geheimen O: zu einer Expedition in einem italienischen oder adriatischen Hafen sei ihm amtlih nicht das Mindeste bekannt. Derselbe erklärte ferner auf eine Anfrage Erringtons, er habe keine amt- liche Kenntniß von einer Mission eines Adjutanten dcs Fürsten

Nikita nah Rom. Die italienische Regierung habe zum nkauf

von Pferden einen Kredit von der Kammer gefordert, der Regie- rung sei indeß bekannt, daß der E der italienischen Armee weit unter dem Friedensfuß stehe. Dem Deputirten Callan gab Bourke auf eine andere Anfrage zur Antwort, er wisse nichts davon, daß ein russisher General von der Kau- fasusarmee qu den Kopf des englishen Militärbevollmäch- tigten, General Kemball, einen Preis geseht habe. Endlich ertlärte Bourke in Beantwortung einer Anfrage Samuelsons, der englische Konsul in Erzerum habe angezeigt, von irregu- läáren türkfishen Truppen und von Kurdenbanden. seien in Armenien shwere Gewaltthaten verübt worden, der englische Vertreter in Konstantinopel sei angewiesen, der Pforte des- halb Vorstellungen zu machen. Auf eine Anfrage Hartingtons erklärte der Schaßkanzler Northcote, die Gerüchte über die Entsendung von Truppen und deren Bestimmungsort basirten darauf, daß die Me Oeraa es bei dem gegenwärtigen E wissen Zustande im Mittelmeere für angezeig: eralten habe, die Garnison von Malta auf ihre volle Stärke zu erhöhen. Dies sei der Grund für die Truppensendung und die einzige Antwort, die er geben könne. A

London, 23. Juli. (W. T. B.) Der „Globe“ bestä- tigt die Meldung des „Standard“, daß die Absendung der Truppen, welche Be ‘u erhalten haben, sich marschbereit zu halten, nur den Zwed hätte, die Garnisonen von Malta und Gibraltar zu kompletiren.

London, 24. Juli. (W. T. B.) Dem Vernehmen nah läßt die Regierung 2 weitere Truppentransportkt- schiffe, den „Simon“ und den „Himalaya“ segelfertig machen. Jm Lager von Aldershot werden nächste Woche Mcrschbefehle für weitere Truppentheile erwartet. Namentlich ist von 2 Kavallerie-Regimentern, sowie einer Abtheilung Génietruppen und Train die Rede. Der „Stani ard” und der „Daily Telegraph“ äußern sich mißbilligend darüber, daß die Regierung gestern im Parlament si nit offener ausgesprochen habe. Der „Daily T elegraph“ bezeichnet Gallipoli als den Ort, wohin die englischen Truppen gehen müßten, wenn bei ihrer Ankunft in Malta die Ereig- nisse noch dieselben Aspekten, wie im gegenwärtigen Augen- blicke, haben sollten. England müsse fortan offen reden und männlih handeln. Die „Times“ und die „Daily News“ sprechen si gegen jede übereilte Kriegseinmishung aus.

Europäischer Kriegsschauplaßt.

Bukarest, 23. Juli. (W. T. B.) Die bei Slobozia stehenden russischen Batterien unterhalten ein lebhaftes Feuer gegen Ru1t\sch uk. Die türkishe Armee befindet sich noch in

der Nähe von Rustschuk. j

Wien, 23. Juli. (W. T. B.) Wie der „Polit. Korr.“ aus Konstantinopel vom 22. d. gemeldet wird, wäre die Enthebung Abdul Kerim Pascha von seinem Posten als Oberbefehlshaber nicht wegen der- Ereignisse A dem A A \hauplate erfolgt. Dieselbe sei vielmehr ledig ih die Folge eines von einem Spezialdelegirten direkt an den Sultan er- statteten Berichts über den tröstlosen Zustand der türkischen Armee, welche durch Krankheiten und Desertionen mehr als dezimirt sei.

Wien, 24. Zuli. (W. T. B.) Telegramme der Morgen- blätter. „N. [e resse“ aus Jassy vom 23.: Unter den für die russishe Armee bestimmten Viehtransporten ist die Rinderpest in verheerender Weise ausgebrochen. BU- karest, 22. d.: Das 2. rumänische Armee-Corps, welches bisher in Caracal und Turnmagurelli stand, erhielt Befehl, in Eilmärshen nach Carabia abzumarschiren. Die rumänishe Armee wird als selbständiges ‘Ganzes die Donau niht überschreiten, nur eine Division des zweiten Corps unter Befehl des Generals Manu wird über die Donau gehen und ist einer größeren russishen Armee-Abtheilung unter Befehl des Großfürsten Wladimir beigegeben worden. „Deutsche Zeitung“ aus Bukarest vom 23.: Oberhalb der Mündung des Lom zur Rechten der Jnsel Pirgos entspann sich gestcrn Abend ein heftiger Kampf zwischen der russischen Avantgarde und türkishen Truppen.

M e Aus Braila, 18. Juli, wird der „Pol. Korr.“ ge- schrieben : E „Die Russen haben den Balkan überschritten. Die Kon- sequenz dieser Operation dürfte die Erhebung Bulgariens sein. Für die russishe Kriegsleitung hat leßtere insofern einen Werth, als da- dur das Vorrücken der russischen Kolonnen in das Gebirge erleih- tert und Zeit gewonnen wird, um durch nachrückende Truppenkörper den Balkanübergang zu sichern. Die Verstärkungen, welche unter Suleiman Pascha aus Albanien zur Vertheidigung des Balkans im Anmarsche sind, dürften zu spät kommen. Bis das ohnehin nicht be- deutende Corps (hôchstens 25,000 M in Konstantinopel oder Salonichi ausgeschifft wird, dürften sich die Ereignisse so weit ent- widelt haben, daß es als bedeutender Faktor in diesem Feldzuge nicht mehr in Anschlag zu bringen sein wird. Vor Allem wird aber die moralische Wirkung des glücklichen Vorstoßes des Generals Gurfko eine bedeutende sein. In Konstantinopel selbst können in Folge dessen Ereignisse eintreten, welhe sich jeder Berehnung entziehen. In- zwisGen vollziehen sich an der Donau für den Fortgang des Krieges wichtige Operationen. Durch ‘den Besiß der stark befestigten Stellung von Nikopolis hat die russische Kriegsleitung ihre re te Flanke ge- sithert, die Durchbrehung der türkischen Aufstellung an der Donau vollzogen, und eine wihtige Position auf dem bulgarischen Ufer ge- wonnen. Nach Osten hin hat der keilförmige Durchbruch der Russen zur unmittelbaren Folge gehabt, daß ein Theil der türkischen Streit- fräfte unter Ahmet Ejub Pascha, nach einer {wachen Vertheidi- gung der Stellung an der Jantra, U auf die obere Lom-Linie zurückzog, und dadur die Deckung Rustshuks aufgab. Die nächste Folge dieser rückgängigen Bewegung ist die Cernirurg Rust\schuks, welche durch die von den Russen erfolgte U a Vetovas (auf der Linie Varna-Rustshuk) effektiv bewerkstelligt ijt. Der Angriff dieser estung wird wahrscheinlich alsbald beginnen, und in derselben eise, wie gegen Nikopolis, durchgeführt werden. Die s{chwache ‘Seite aller türkishen Donau - Festungen ausge- nommen Widdin, ist, daß dieselben hauptsächlih - zur Vertheidigung der Donau angelegt sind, und deshalb von der südlichen Landseite aus durch höher gelegene Positionen dominirt werden. Leßtere Aer zwar in leßter Zeit befestigt worden, immerhin bleibt aber die Vertheidigung der Fe tung in dem Nach- theile, daß der belagernde Feind g ganzes Augenmerk nur auf die ezwingung des einen Außenwerkes zu richten braucht, dessen Ein- nahme unbedingt den Fall der ganzen Festung na si zieht. Ebenso wie die Russen, um Nikopolis zur Kapitulation zu zwingen, nur die Stellung bei Samavit zu erobern brauchten, so werden sie, um ih Rustschuks zu bemächtigen, nur eine der beiden dort befindlichen do- minirenden Stellungen zu bezwingen haben. Um die Degagirung Rustschuks von Shumla und Eski-Djuma aus zu verhindern, werden freilich die Russen gezwungen sein, mit einer starken Armee gegen Rasgrad vorzudringen. Wenn Rustschuk e:nmal gfallen ist, hat die russische Ope- rationsbafis ihre Unität wieder gewonnen. Es wird si dann zeigen, ob der erfolgte Balkan-Uebergang bei Schipka_ und der inzwischen verstärkte Vorstoß der Russen auf Kazanlik und Eski-Zagra, dur welchen die S Aufstellung bei Schumla umgangen ist, eine Vertheidigung der Balkanlinie noch zuläßt. Es wäre niht unmöglich, daß die türkische

Armeeleitung in Schumla und Eski-Djuma nur die nothwendigen Garnisonen zurüdcklassend, sich über die östlichen passirbaren Balkan- fe nah der rumelishen Ebene rückwärts konzentrirt und, das

unds{a-Thal hinab, zur Deckung Adrianopels eilt. Durch die nah einem ziemlichen heftigen Kampfe erfolgte Besezung Medschidje's ist der linke Flügel der russischen Invasionsarmee als ein nicht un- bedeutender Faktor in die Aktion getreten. General Zimmermann wird nun au die rechte Seite des Festungsvierecks angreifen, Silistria masfiren und, bei einem etwaigen Vorstoße der Türken gegen die Rustschuk belagernde russische Armee erstere in der Flanke bedrohen im

alle eines türfkishen Rüdckzuges aber Varna zum Objekte seiner

perationen machen. Auf der Eisenbahn haben die Transporte von Truppen und Kriegsmaterial wieder begonnen. Die 30. russische Division ift in den lest Tagen passirt. Mit dem Vor- marsche der zwei Reservecorps sheint man noch einige Wochen war- ten zu wollen.“

Der Spezialkorrespondent des „Reuterschen Bureaus“ in Konstantinopel berichtet unterm 18. d.

„Abdul Kerim Pascha hat der Pforte auf tele raphi- {hem Wege die Versicherung ertheilt, daß er den üdzug der Russen, welhe den Balkan überschritten haben, ab- \{neiden werde und nur der Ankunft der Verstärkungen unter Suleiman Pascha harre, um den Feind anzugreifen. Zwanzig- tausend Mann regulärer Truppen und eben fo viele Freiwillige sind von der Hauptstadt nach Adrianopel abgegangen. „Djeridie Havadis meldet, daß die Polizei von Konstantinopel nunmehr mit geladenen Gewehren ihren Dienst versieht. Fünf egyptische Transportdampfer werden heute mit 700 Mann egyptisher Kavallerie erwartet. Eine von heute datirte Depesche aus Adrianopel meldet, daß die Russen vorrücken, um die Werkstätten der Eisenbahn in Jent-Saghra zu zerstören. Mehemed Ali Pascha is ihnen mit einer beträchtlichen Streitkraft entgegenmarschirt.

__— Ueber die Tirnowa-Pässe veröffentlicht der „Rus- sische Invalide“ die nachfolgende Beschreibung:

„Die Gruppe der Tirnowa-Pässe besteht aus zwei Fahrwegen über den Schipka- und über den Trawna-Paß und aus mehreren größeren Aula Der Scchipka-Paß dient als Hauptvostitrae zwishen Rustshuk und Adrianopel. Der von Gabrowa zum Schipka führende, 24 Werst lange Weg ist chaufssirt, bedarf aber stellenweise einer Remonte. Gabrowa liegt in einer Höhe von 1600 Fuß. Die Funp DeNage liegt in einer Höhe von 4600 Fuß, fo daß das Hinansteigen 4} Stunden, das inabsteigen_ gegen eine Stunde in Anspru nimmt. Das örfchen Schipka liegt in einer Höhe von 1800 Fuß. Der Trawna - Paß ist 4000 Fuß hoch. Durch ihn führt ein Fahrweg aus Trawna (2500 Fuß ho), das 400 bulgarishe Häuser hat, zur Ort- schaft Maglisch. Nördlih von Trawna bis zum Balkan ist der Weg caussirt, aber weiter ist er nur für mit Ochsen bespannte Fuhren passirbar; doch würden geringe Remonten genügen, um ihn auch für die Artillerie und den Train passirbar zu machen. Von Trawna führt die Chaussee an dem linken Ufer des Flusses Selza. Leicht ansteigend, durchschneidet sie diesen Fluß zwei Mal bei den Ansiedlungen Dimiow-Chan (10 Höfe) und Baiowßy (7 Höfe); auf dem rechten Ufer liegt die Ansiedlung Bowatschitza. VOarauf wendet sich der Weg zur Ansiedlung Jawtshew-Chan, wo er durch eine Furth über den Selzafluß und dann über dessen Nebenfluß Kowatschka hinüberführt. Zwischen den Ansiedlungen Tschaschkali (30 Höfe) und Radwetky (20 Höfe) wird er steiler, läuft aber längs des rechten Úfers des Flusses Selza größtentheils dur Felder zur An- siedlung Mrozeßy, in deren Nähe die Steinkohlengruben Bonuw- Konak liegen. ur einen dihten Wald erh-bt sih dann die Straße zum Trawnä-Paß, der zwischen den Gipfeln Wisa und Kriftach liegt. Hinter dem Paß senkt sih die Straße stellenweise sehr steil und ist da felsig, geht aber an anderen Punkten durch Wälder und Wiesen. Weiter “ahrt die Straße über den Berg Dabnik zum Fluß Maglisch, den sic bei dem armen Bulgarendorf . Selzy durhschneidet. Der steilen Ufer wegen ist eine Bewegung längs des Flusses fast unmög» lih, daher steigt die Straße die segen en Höhen hinan, geht über den Nebenflufß des Maglish und entfernt si, nachdem sie einen großen Bogen beschrieben hat, um cin Bedeutendes vom Thal des Maglish. Von den erst steinigen und dann bewaldeten Höhen der Dobrina-Planina steigt die Straße den. Bera Nea (300 Fuß) hinan, von dessen steilem Gipfel sich eine prä tige Aussicht auf Kazanlik eröffnet. Darauf durchzieht sie einen Eichenwald und senkt ih zum Maglishschen Kloster (1500 Fuß). Von hier an wird fie besser, kehrt zum Fluß Maglish zurück und wendet fich zum gleich- namigen Dorf, das 400 bulgarische und 190 türkische Höfe hat. Von hier geht es nach Kazanlik. Vom Dorfe Selzy führt noch ein an- derer Weg, der aber nur von Fußgängern und Reitern benutzt werden kann, na Kazanlik. Außer den erwähnten Fahrwegen führen noch folgende Fußstege über den Schipka u:.d den Trawna-Balkan: a. vom Dorfe Seleno-Drewo (auf dem Wege aus Gabrowa nah Schipka) ins Dorf Sofolar, das im Kazanlikschen Thale liegt und den Engpaß Akdere ver ils b. zwishen Gabrowa und der Ortschaft Imetli; e. von der Ortschaft Kilfar nah Chankioi. Dieser Fußweg ist 36 Werst lang, eng, sehr steil und geht durch die ôdesten Stellen des Gebirgs- rüdens. Die russische Avantgarde hat den leßtgenannten Weg ge- nommen und den Balkan zwischen dem Schipka- und Trawna-Paß (im Westen) und dem Jelina-Paß (im Often) überschritten.

Der Spezial - Berichterstatter der „Daily News“ _bei der russischen Armee, die gebildet wurde, um gegen Rustschuk zu operiren, die aber seit zehn Tagen an der JIantra-Linie gestanden, meldet in einer aus Pawlo, den 16. d. datirten telegraphischen Korre- spondenz, daß ihr Befehlshaber dié Erlaubniß erhalten hat, vorzu- rücken, aber vorläufig von einer Belagerung der türkischen Festun Abstand zu nehmen. Das Hauptquartier der Armee wird na Beleova, einem Dorfe am östlichen Ufer der Jantra, etwa auf halbem Wege zwishen Biela und der Donau, verlegt werden, und das Centrum der neuen Position wird ungefähr Domegila, ein Dorf un- weit Obertenik, das gegenwärtige Hauptquartier der Kavallerie-Division des 12. Corps sein. Bhwohl fährt der Korrespondent fort der Bor- marsch allem Anschein nach ein langsamer sein wird, glaube ih doch, daß die Maskirungs-Politik aufgegeben ist und daß Rustshuk und Schumla belagert werden. Wir mögen die Errichtung einer Brücke über die Donau irgendwo in der Nähe ron Pyrgos erwarten, damit der Belagerungspark nach einem Orte befördert werden kann, wo er von Nuten sein dürfte. Dann wird einige praktische Vei wendung für jene großen, tausend Pfund wiegenden Granaten gefunden werden, die in so ungeheuren Quantitäten im Banyosa, einer Station an der Bukarest-Giurgewo-Cisenbahn etwa zehn Meilen nördlih von Giurgewo, angesammelt wurden. Mittlerweile wird das Vorrücken der Infanterie die Kavallerie in den Stand seben, vorwärts zu dringen und einen Beobachtungékreis um den Ravon der Festung herum zu bilden, und sie so von der übrigen Welt zu isoliren.

(W. T. B.) Der „Polit. Korresp.“ geht aus Zara vom 22. d. die Nachricht zu, daß die Festung Niksic seit dem 21. d. früh von den Montenegrinern been werde.

Aus Ragusa wird der W. „Presse“ vom 24. tele- graphirt: Fürst Nikita e die montenegr1inische Armee in 6 Abtheilungen getheilt. Das Oberkommando hat Dosi- dar Petrovics. Eine dieser Abtheilungen steht in der Nahia Wassojewitschi, die übrigen an der Südgrenze Montenegros.

Aus Cettinje, 15. Juli, meldet man der „Pol. Korr.“ : Nach Berichten aus Skutari ist Ali Saib Pascha daselbst mit seinen Truppen angelangt. Die 41 Bataillone Suleiman Paschas harren in Antivari noch immer ihrer Ein- \{iffung. Bis gestern waren die nöthigen Transportschiffe nit ershienen. Die Ernte im Cetathale und in den an-

deren vom Kriege heimgesuchten Cen ist nicht verwüstet. Dieser Umstand findet darin seine Erklärung, daß die Tür-

ken sih uicht in die Thäler hinabgewagt, sondern konfequent an den Höhen des Gebirgszuges gehalten haben. Nur der Anfang des Thales bei Ostrog ist in der Länge von etwa einer halben Stunde arg zugerictet.

Asiatischer Kriegsschauplaß.

Konstant inopel, 23. Juli. (W. T. B.) Nach einer der „Agence Havas“ zugegangenen Meldung vom klein- asiatischen Kriegsschauplaße hätten sih die Russen in Folge des am Donnerstag bei Khediller stattgehabten Gefech- tes gegen die Grenze hin zurückgezogen. Moufkhtar Pascha schiebe sein Lager weiter vor. Die telegraphische Verbindung mit Kars sei wieder hergestellt. j

London, 24. Juli. (W. T. B.) Dem N. „W. Tagebl.“ wird von hier gemeldet: Dem „Reutershen Bureau“ wird über Erzerum aus dem Hauptquartier Moukhtar Paschas vom 20. d. M. gemeldet, die Russen seien nach einer mit 8 Regimentern Kavallerie únd 8 Geschüßen gegen die Stellun Moufhtar Paschas ausgeführten Rekognoscirung wieder zurüd- gegangen ihr Lagergeräth sei nah Djanuislidash und in der

ihtung nah Alexandrapol zurücktransportirt Ore:

Ueber die Lage der Dinge auf dem kleinajiat!1- schen Kriegsschauplaßze wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 18. d. M. aus Erzerum telegraphisch berichtet :

„Das Corps von Wan hat sich mit dem türkischen reten Flügel vereinigt und diese Gesammtstreitmacht hat jeßt in der Nähe von Bajazid ein Lager bezogen. General Tergukassoff steht an der Grenze und erwartet Verstärkungen. Ahmed Moukhtar Pascha be- findet sih in der Nähe von Vesinköi, vier Stunden öftlih von Kars. Die Armee unter General Loris-Melikoff hat si nicht weiter als bis Ku- rufdara und Jeniköi zurückgezogen und erwartet jeßt große Verstärkungen von Alexandropol, wo der Großfürst Michael persönlich die dieser- halb nöthigen Vorbereitungen beschleunigt. Am 14. Juli bewirkten zwölf Regimenter russisher Kavallerie mit einer Feldbatterie eine Rekognoszirung des Lagers von Mouhktar Pascha. Nachdem einige Kanonenschüsse gewechselt, zogen 1ch die Ruffen zurück. Ein neuer Kampf wird erwartet. Bajazid ist von seiner Bevölkerung vollständig verlassen und die Dörfer in der Ebene sind verwüstet. Deren Ein- wohner sind theils nah Evadschik-Makon in Persien, theils in ruf- sishes Territorium geflüchtet. Auch die Dörfer in den Ebenen von Karakilissa und Alaschgerd sind von dem größeren Theil ihrer Ein- wohner verlassen worden.“

Die Versenkung des Rheinkabels bei Mainz.

Mainz, 23. Juli 1877. Unsere Stadt war heute Zeuge eines für das Verkehrsleben Deutschlands hohwichtigen Aktes. Die 80 Meilen lange unterirdische Telegraphenlinie, welche Berlin mit Mainz, E a. M., Leipzig, Halle und Cassel verbindet, ist durch Versenkung des Rheinkabels zwischen Castel und Mainz soeben beendet worden. Unter Führung des General-Postmeisters Dr. n N eine zahlreiche Fest- versammlung auf das Kabelschiff sich begeben, darunter na- mentlicy der Direktor des General-Telegraphenamts, mehrere Mitglieder der obersten Post- und Telegraphenbehörde in Berlin, die Chefs verschiedener betheiligter Ober-Postdirektions- bezirke, ferner die Vorstände der bayerischen und württem- bergischen Telegraphenverwaltung, Vertreter der Stadt- und der Festungsbehörde von Mainz, der betreffenden Eisen- bahnen und Dampfschiffs-Gesellschaften, sowie die bei Her- stellung der Linie thätig gewesenen leitenden Techniker und Industriellen. Von dem festlich beflaggten Schiffe aus wurde das Schlußkabel s{hnell und sicher in die Fluthen des Rheins hinabgesenfkt, und nachdem fodann die Ver- bindung mit dem Landkabel hergestellt und die Sprech- versuche mit Berlin erfolgreih beendet worden, brachte der Genera!-Postmeister Dr. Stephan unter begeistertem Zurufe der Versammlung folgenden Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König aus: i

Meine Herren! Sie sind soeben Zeugen * gewesen der Vollen- dung einer der großen Unternehmungen unserer Zeit auf dem Gebiet des Verkehrswesens. Eine unterirdische Telegraphenlinie, sieben Leitungen umfassend, cine jede von mehr ‘als 80 geographische Meilen Länge ist hergestellt: die erste von dieser Ausdehnung auf der ganzen Erde. Nachdem Se. Majestät unjer Aller- gnädigster Kaiser die Herstellung dieser Linie befohlen hatte und vom Bundesrathe und Reichstage die erforderlichen Mittel in Anerkennung des hobwichtigen Zweckes zur Verfügung geftellt worden waren, wurde ohne Verzug ans Werk gegangen. Sie, meine Herren, die Sie mit einer der Größe der Aufgabe ebenbürtigen Hingebung an der Ausführung mitgewirkt haben, dürfen mit Genugthuung auf die ebenso gediegene, wie mit der bekannten klassischen Geschwindigkeit bewirkte Vollen- dung des Werks hinblien. N / : i

Ich sprebe niht von den Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, sie liegen hinter uns. Wir blicken vorwärts auf das, was ferner zu thun bleibt, Wohl aber ziemt es uns dankbar Der- jenigen zu gedenken, denen ein Antheil an der UVeberwindung der bisherigen Schwierigkeiten gebührt: der Behörden des Reichs und der Einzelstaaten, sowie der Organe der Provinzial- und Gemeinde- verbände, der Eisenbahn- und Dampfschiffsverwaltungen, welhe uns ein so förderlihes Entgegenkommen bewiesen haben; der deutshen Industrie, welhe in so hervorragender Weise bei diesem Werke mitgewirkt hat; vor Allem der Männer der Wissenschaft, welche die wunderbare Naturkraft der Electricität dem Dienste der Civilisation gewonnen, die Sage von jenem Tis tanen, der den Bliß einst der Menschheit dienstbar mate, in Wirk- lihfeit verwandelt haben, und in deren Reihen unser Vaterland un- sterblihe Namen aufzuweisen hat. Mit dem heutigen Tage ist in den Körper der Erde ein Nervenstrang gelegt, der die Gedanken- bewegung zwischen der Hauptstadt des Reichs und einem der festesten Bollwerke seiner Sicherheit, sowie mehreren der wichtigsten Knoten-

unkte seines Verkehrslebens mit Augenblickes\ch{nelle vermittelt : erlin, Leipzig, Halle, Cassel, Frankfurt a./M., Mainz, und noch in diesem Jahre werden Hamburg und Kiel in das unterir- dische Ney hineingezogen sein. Hier an der Stätte, an weler wir jeßt verweilen, wo das alte Ca-:trum Moguntiacuw, die von den römischen. Feldherren und Kaisersöhnen gegen Germania er- rihtete Zwingburg sich erhob, haben Sie, meine Herren, in den deutshen Strom \o eben das eiserne Band niedersinken sehen, wel- ces die heutige deutshe Rhein- und Reich8veste noch enger mit dem Mittelpunkt des Reiches verknüpft. Aber es sind insbesondere E großen Verkehrsmetropolen am Main, in Sasen und an der Elbe nach dem Befehl Sr. Majeftät der neuen Verbindung theilhaftig eworden, deren Zweck in erster Linie dahin geht, dem friedlihen erkehr in deutshen Landen und mit unsern acbaren zu dienen, entsprehend dem Kaiserworte, daß das Deutsche Reich ein Reich des Friedens ist! ; 6 E Sie mir noch eine Betrachtung zum S{lufsse, meine erren. Als ich vorhin dis wutigen Metallmassen des Telegraphen- Lebels in den \{öônen Strom gleiten sah, dessen Schooß fast an der- selben Stelle einst eine Saat l e j : aufgenommen hatte, und dessen herrlihe Ufergelände so oft die Stätten deutscher Zerrifsenheit und dadur deutscher Schwäche gewesen waren: da füllte sich meine Seele mit freudigem Stolze in dem Ge- danken, wie anders das Alles unter unsern Augen geworden ist, seitdem ein fiegesgewaltiger Arm das Vaterland geeinigt, ein glorreiches

Tutiger Zwietraht in sich

Scepter das Deutsche Reih wieder hergestellt und befestigt hat.

pm

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