1877 / 204 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Aug 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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21tägige Frist sich niht au auf die Anbringung der Recht s- mittel im Verwaltungsstreitverfahren bezieht, für diese viel- mehr die im §. 54 1. Nr. 1 des Ges vom 3. Juli 1875 bestimmte 10 tägige Frist gilt. Der Minister des Jnnern n mittelst Cirkularerlasses vom 15. Juli d. J. AbsHrift dieses Erkenntnisses den Bezirksregierungen zur Kenntnißnahme und Nachachtung mitgetheilt.

Nath der Stempelgeseßgebung für die Provinzen Hannover und Hessen-Nassau muß jeder Produzent einer stempelpflichtigen Urkunde als solcher und unbeschadet seiner Strafbarkeit als E Kontravenient si gefallen lassen, daß gegen ihn, neben Nachbringung des Stempels, auch die ordentliche Stempelstrafe, bestehend in dem vierfahen Betrage des Stempels, verfolgt werde. Er hat für die Strafen des oder der eigentlihen Kontravenienten, vorbehaltlih seines Re- gresses gegen diese, einzustehen, und umfaßt seine Verpflichtung daher au die Strafen, welche bei mehrseitigen Verträgen von den übrigen niht als Produzenten auftretenden Paciszenten verwirkt sind. Der Produzent einer auf einen mehrseitigen Vertrag bezüglichen Urkunde, die nit gestempelt ist, ist also neben seiner Stempelstrafe auch für die von seinen Mit- fontrahenten verwirkten Stempelstrafen haftbar. „Diese Haft- barkeit beruht nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals, vom 11. Juli 1877, auf der Rückficht, daß, wer von einer Ur- kunde Gebrauch macht, damit die Pflicht übernimmt, sih zuvor über deren Stempekpflichtigkeit zu vergewissern und deren Be- reinigung, sei es durch den Aussteller bezw. Mitaussteller oder in Selbstperson, zu betreiben.“ =.

L a S É A Der General-Feldmars{hall Freiherr von Man-

teuffel, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs ist hier eingetroffen.

Der General der Jnfanterie von Olle, Direktor der Kriegs-Akademie, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt, ebenso der Contre-Admiral Henk, Direktor der Kaiserlichen Admiralität.

_ Der Königliche Gesandte in Hamburg, von Wengtel, ist auf seinen Posten zurückgekchrt.

Zur Beiwohnung der Herbstübungen sind ferner unter Anderen hier angekommen: der General - Major, Freiherr von Cederström, Commandeur des 5. Militärdijirikts der Königlih s{hwedishen Armee, der Königlich großbritannische General, Lord Airey, und der Kaiserlich österreichishe Ge- neral-Major von Cornaro.

Sachsen. Dresden, 28. August. Wie das „Dr. J.“ vernimmt, werden sih die Seitens der Staatsregierung der nächsten Stänteversammlung zu unterbreitenden Geseß- gebungsvorlagen, abgesehen von einigen tleineren, auf Anträgen des leßten Landtages beruhenden Gescßentwürfen

und einem Geseße wegen Besteuerung des Gewerbebetriebs -

im Umherziehen und namentlich der sogenannten Wan- derlager, in der Hauptsache auf die Entwürfe der Vollzugs- geseze zu den Reichsjustizgeseßen beschränken. Jn Ver- bindung hiermit steht eine Revision des Verfahrens in Ver- waltungsstrafsahen und des Verfahrens bei Kraftloserklärung inländischer Fnhaberpapiere. Auch wird den ständischen An- trägen entsprechend die vorbereitete Revision des Einkommen- stcuergeseßes vom 22. Dezember 1874, sobald die ausführ- licheren fFtatistishen Ergebnisse der leßten Abshäßung vor- liegen, zum Abs{luß gebraht und ein Geseßentwurf wegen der auf Grund der gemachten Erfahrungen nöthigen Abände- rungen des beregten Geseßes dem nächsten Landtag vorgelegt werden.

Württemberg. Stuttgart, 30. August. (W. T. B.) Der für Rußland ausgerüstete, aus 19 Wagen be- stehende Sanitätszug geht, wie der „Schwäbische Merkur“ meldet, heute nah Bukarest ab. Derselbe wird in Ulm von der Königin inspizirt werden.

Schloß Friedrihshafen, 28. August. Der Prinz Alexander der Niederlande is heute von hier wieder abgereist. Der Prinz begiebt \fich von hier aus zunächst in die Schweiz.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. Augusi. Der Bot- schafter des Deutschen Reiches, Graf zu Stolberg, ist gestern von Gastein nach Wien zurückgekehrt. Der ungarische Minister-Präsident v. Tisza Und der Minister v. Bedekovich sind heute aus Pest hier eingetroffen.

Fürft Nikolaus von Montenegro hatte, wie immer, au dieses Jahr am Geburtstage des Kaisers seine Glüäckwünfshe dargebraht. Der Kaiser hat, wie man der „Polit. K.“ aus Cettinje s{reibt, diese Gratulation mit einem Telegramme beantwortet, in welchem er seiner Sympathie für Fürst und Volk von Montenegro Ausdruck verlieh.

Jm diesseitigen Finanz-Ministerium haben diese Woche der „Deutschen Ztg.“ zufolge die Konferenzen der Fa- referenten über den neuen Zuckersteuer-Geseßentwurf begohnnèn. Von ungarischer Seite wurde zu diesen Berathun- en der Sektionsrath Matlekovics delegirt. Fm Handels-

inisterium konferiren gleichzeitig die beiderseitigen Handels- Minister Ritter v. Chlumeßky und Trefort in Sachen des deutsch-österreichishen Zolkvertrages.

In der heutigen Sizung des Gemeinderaths wird, wie das „Fremdenbl.“ meldet, Dr. Berg den Entwurf einer an das Abgeordnetenhaus zu richtenden Petition, betreffend die N i ht- besiétetüng der Einnahmen der Kommunen, vor- legen. Die Petition {ließt mit der Bitte, „es möge bei der Bes der neuèn Steuergesetze in klarer und unzweideuti- ger Weise der Grundsaß aufgestellt werden, daß das Einkom- men der Gemeinden erst dann einer Besteuerung dürfe unter- zogen werden, wenn es in seiner Totalität den für die ver- schiedenen Zweige der Geméindeverwaltung erforderlichen

ufwand übersteigt.“ Jn der Motivirung dieses Llubens wird daran erinnert, daß die Steuerbehörden zu Wien eine Reihe von Einnahmen, die feit mehr als 20 Sahrén von ihnen sélbst als steuerfrei behandelt worden waren, nunmehr ebenfalls der Besteuerung unterziehen wollen. Sodann heißt es: „Ein solher Vorgang is schon rundsäßlich nicht zu rechtfertigen, in Bezug auf Wien erscheint er aber um * bedauerlicher, als diese Gemeinde, wie fowöhl im nieder-öster- reichishen Landtage „(als in diesem hohen Haufe wiederholt betont wurde, in ganz unverhältnißmäßiger Weise zu den Lasten des Landes und des Reiches herangezogen wird, ohne daß ihr in diesen Vertretungskörpern etne der Steuerleiftung entsprechende Zahl von Abgeordneten bewilligt worden wäre.”

Den wichtigsten Verhandlungsgegenstand des dem- nächst zusammentretenden kroatishen Landtages werden,

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demselben Blatte zufolge, die Gesehentwürfe i Städteordnung und über die Gemein nisation bilden. Damit soll die einheitlich angelegte r Administration in Kroatien abges{l und dur@geführt werden. Jn Kroatien gab es bis drei Städteordnungen, eine für Agram, eine andere für Essegg und eine dritte für die übrigen Städte. Dieser unhaltbaren Anomalie soll nun im legis- lativen Wege abgeholfen werden. Man glaubt, daß die be- treffenden Geseßentwürfe im L.ndtaze kaum eine Opposition finden werden.

Lemberg, 30. August. e galizischen Landtage hat gestern die Wahl der Er Cme für den Landes- ausshuß stattgefunden. Neugewählt wurden drei Polen, wie- dergewählt der ruthenishe Reichsraths-Abgeordnete Kowalski. Es wird somit auch in der gegenwärtigen Periode im gali- zishen Landesaus\schusse kein Er Beisißer, sondern nur ein Ruthene als Ersaßmann fungiren.

(W. T. B.) Der Landtag ist heute nah Erledigung des Finanzgeseßes und vor Beginn der Adreßdebatte dur den Statthalter geschlossen worden.

Pest, 29. August. Die Manöver bei Kaschau, denen bekanntlich der Kaiser beiwohnen wird, beginnen am 10. Sep- tember und werden bis eins{hließlih 12. September fortgeseßt werden. Am 13. ist Rasttag, an welchem Tage Se. Majestät die humanitären und andere öffentliche Institute Kaschaus be- sichtigen dürfte. Der Erzherzog Albrecht mit Gefolge, ferner der Landegverkhe gunggurter Szende und der Landeskom- mandirende Baron Edelsheim:-Gyulay sollen hon am 6. Septem- ber in Kaschau eintreffen. Das ungarische Amtsblatt veröffent- liht die Ausweise über dieStaatseinnahmen undAus- gaben im zweiten Quartal dieses Jahres. Die Ge- fsammteinnahmen betrugen 46,363,667 Fl., um 2,443,847 Fl. mehr als in der gleihen Periode des Vorjahres, und nahdem die auf 50,944,483 Fl. sih belaufenden Ausgaben ein Plus von 260,642 Fl. geäen das zweite Quartal 1876 aufweisen, ist die entsprehende Bilanz für 1877 um 2,183,205 Fl. gün- stiger. Das Defizit stellt ih auf 4,580,816 Fl. Die Blätter besprehen den Quartalsausweis der Staatseinnähme aufs Günstigste.

Schweiz. Bern, 29. August. (N. Zürch. Ztg.) Alle Regierungsrath s mitglieder haben heute auf den 30. Of: tober ihre Entlassung gegeben. Der Große Rath wird wahrscheinlich auf den 17. September zur Berathung dieser De missionsbegehren zusammenbcrufen werden.

_ Bellinzona, 29. August. (N. Zür. Dg) Die Re- gierung hat die militärishe Beseßung der Stadt Lu-

ano dur drei Compagnien Jnfanterie angeordnet, die sih eute sammeln und abmarschiren werden.

Großbritannien und Jrland. London, 29. Aug:ift. (E. C.) Der Kriegs-Minister Gathorne Hardy verweilt gegenwärtig in Balmoral als berathender Minister der Königin. Aus Fernando Po wird der Tod des dortigen britischen Konsuls, Mr. George Hartley, gemeldet. Der Verstorbene war früher Vize-Konsul in Loanda und seit 1871 Vize-Konsul für Angola und Depen- denzen, nebst den Jnseln San Thomé und Princ:pe. Der General Grant reist heute Morgen nah Schott- land, wird einige Tage in Edinburgh bleiben und darauf den Herzog von Sutherland auf Schloß Dunrobin und später den Herzog von Argyll in Znverary besuchen.

(A. A. C.) Das Handelsamt hat von dem Staats- sekretär für die auswärtigen Angelegenheiten eine Depesche des englishen Konsuls in J akhoi erhalten, welche meldet, daß diejer Hafen dem britischen Handel eröffnet worden ist.

Frankreich. Paris, 29. August. (Fr. C.) Bei Gelegen- heit eines Wettkampfes von saveyacen Gesangvereinen haben die früheren Deputirten dieser Gegend, Philippe und Ducroz, sowie ein Senator des Departements von ODber- Savoyen, Hr. Chardon, Reden gehalten, welche bei der Be- hörde Anstoß erregten. Dieselbe hat nicht blos den Herren Philippe und Ducroz, sondern auch dem Senator Chardon den Prozeß gemacht, und es wirft sich nun die Frage auf, ob die Senatoren zur Zeit die parlamentarische Unvcrleßlichkeit be- sißen oder niht. Nach der Verfassung dürfen die Mit- glieder des Senats „während der Dauer der Session“ niht ohne Zustimmung der Versammlung, der sie -an- gehören, - verfolgt werden. Der Präsident des Senats, Herzog von Audiffret-Pasquier, {loß die leßte Sißung mit den Worten: „Der Senat vertagt sich, bis eine neue Depu- tirtenkammer zusammengetreten ist.“ Danach liegt für den Senat also eine einfahe Vertagung, d. i. eine Fortdauer sei- ner Session vor. Auf -der anderen Seite bestimmt aber die- selbe Verfassung, daß der Senat nicht Sizung halten darf, jo ‘lange nicht auch die Deputirtenkammer Session hält woraus man umgekehrt den Schluß ziehen kann, es bestehe feine Session des Senats, so lange es keine Deputirtenkam- mer giebt. Das „Evénement“ meldet, das Comité der Rechtsgelehrten der Linken werde sih heute versammeln, um sih mit dieser Frage zu ‘befchäftigen.

Griechenland. Aus Athen wird den „Times“ unterm 26. August gemeldet: „Eine türkishe Abtheilung hat einen Einfall auf griechisches Gebiet bei Lamia gemacht und 400 Stü Vieh fortgeführt. Die Griehen wollten die Plündeérer verfolgen, wurden aber von den Behörden daran verhindert. Die türkishen Beamten, obschon von diesem Vorfall in Kennt- niß geseßt, machten keine Schritte, um das geraubte Eigen- thum zurückzustellen, und gestatteten den Besißern nit, türki- hes Gebiet zu betretèn. Jn den benahbarten Orten herrscht große Aufregung.“

Dänemark. Kopenhagen, 28. August. (H. E. Der König ist heute Vormittag von seiner Reise ‘na Deutschland und England zurücgekehrt und hat die während seiner Abwesenheit von dem Kronprinzen geführte Regierung wieder übernommen.

Amerika. New-York, 28. August. (A. A. C.) ‘Der JFndianerstamm Nez Perces hat zwei Gruppen von Ansiedlern angegriffen. Sechszehn der Leßteren wurden ge- tödtet. General Howard seßt die Verfolgung der Zndianer fort.

Afrika. Madegascar. (A. A. C.) Mr. Pakenham, der britische Konsul in Madagascar, meldet in einer Depesche an Lord Derby, datirt vom 28. Juni, daß (wie schon vor einiger Zeit kurz gemeldet wurde) als Ergebniß der Unter- Cut pu diee welche seit geraumer Zeit zwischen der englischen

egiérung und der Hovaregieru:.g gepflogen wurden, ein Edikt

rer Majestät der Königin Ranavalo, welchés alle Mozam- | \ bi / p ' Aus Odessa kommen Nachrichten, wonach der russische

biques, d. h. afrifanische Sklaven, welche in Madagascar

über die |

importirt worden, innerhalb der Besißungen Jhrer Majestät emanzipirt, am 20. d. M. in Antananariwe und allen anderen Hova-Stationen in Madagascar proklamirt worden ist. Jn Tamatave wurde die Proklamation öffentlich von Kommissären aus Antananariwe im Beisein der versammelten eingeborenen Bevölkerung, der hervorragendsten Mitglieder der Fremdenkolonie, des Hova-Gouverneurs und seines Stabes, der meisten auswärtigen Vertreter und des Kommodore und der Tiere der englischen Kriegsshaluppe „Flying Fish“ ver- lesen. ährend der Verlesung feuerte die Hova-Batterie 21 Salutschüsse ab, welhe von dem „Flying Fish“ erwidert wur- den. Am folgenden Tage erließ die Königin ein Dekret, welches für den Unterhalt aller befreiten aven so lange Fürsorge trifft, bis sie entweder sich in den Dörfern ange- iedelt, oder Beschäftigung erhalten haben. Mr. Pakenham schäßt die Zahl der Sklaven, welche ihre Freiheit erhalten werden, auf ungefähr 300,000.

Der russisch-türkise Krieg.

Wien, 29. August. Das „Fremdenbl.“ schreibt: „Graf

Zichy bestätigt in einem Bericht an das Auswärtige Amt, daß die Schritte, welche von der Gesammtheit der europäischen Mächte zur Respektirung der Genfer Konvention in Konstantinopel gethan wurden, bereits einen zweifachen Erfolg gehabt haben. Einmal ist der Beféhl erlassen, die russischen Kriegsgefangenen in Zukunft nah Konsiantinopel zu befördern, das heißt mit anderen Worten, die russishen Kriegsgefan- enen, deren das türkishe Heer bislang fo gut wie gar eine hatte, weil man selten Pardon gab, im Sinne der Genfer Konvention zu behandeln. Der zweite Erfolg liegt darin, daß von Seiten der türkishen Regierung die schleunige Ueber- seßung der Genfer Konvention und die Vertheilung derselben an die einzelnen Truppenkörper angeordnet wurde. Beide Verfügungen beweisen, wie berechtigt der Humanitätsprotest Europas war. Das bisherige Verfahren der Pforte erscheint in einem um so weniger vortheilhaften Lichte, wenn man be- denkt, daß die christlihen Mächte der Türkei, welche sich um die Zulassung der Genfer Konvention beworben hatte, die Konzession gemacht hatten, sich des rothen Halbmondes statt des Kreuzes, als des neutralen Zeichens, zu bedienen.“

Paris, 30. August. (W. T. B.) Nach iner Meldung der „Agence Havas“ aus Belgrad hat der dortige englische Konsul der Regierung ernste Vorstellungen bezüglich der friegerishen Haltung Serbiens gemacht und erklärt, daß, im Falle die Sache einen für Serbien ungünstigen Verlauf nue Serbien ‘der Willkür der Türkei preisgegeben werden würde.

Zu den Nachrichten über serbische Rüstungen de- merkt die „St. Petersburger Zeitung“: „Es mag auch in Rußland nicht an Solchen fehlen, welche kurzsichtig genug sind, eine Theilnahme Serbiens am Kriege gegen di» Türkei zu wünschen; daß aber unsere maßgebenden Kreise hierüber anders denken, ist oft genug ausgesprohen worden. Vom Wunsche bis zum Entschlusse ist übrigens auch in Serbien noch ein guter Schritt, den man si voraussihtlih noch reif- lih überlegen wird. Die russischen Staatsmänner haben nie- mals mit anderen Faktoren gerechnet, als mit der eigenen Waffenmacht, und haben die übrigens au sons nur gering- fügige Kraft der Serben und Bulgaren niemals ernsthaft in Anschlag gebracht.“ j /

Belgrad, 30. August. (W. T. B.) Troß der mittels Cirkular des Kriegs-Ministers offiziell angekündigten Marsch- bereitshaft der Armee gilt die Aktion für aufgeschoben, weil an der serbischen Grenze eine türkishe Truppenmacht fonzentrirt wird.

Europäischer Kriegsschauplaß8.

St. Petersburg, 30. August. (W. T. B.) Offi- zielles Telegramm aus Gornji Studen vom 29. cr., Abends: Auf dem Schipkapaß ist Alles ruhig, in der Nähe unserer Positionen sind keine Feinde sihtbar. Es is noch ungewiß, ob dieselben einen neuen Angriff vorbereiten, oder sih zurückziehen, oder. eine Umgehung auszuführen beabsich- tigen: eine Aufklärung darüber is aber in kürzester Frist zu erwarten. Unser Verlust bis zum Abend des 28. d. -Mts. beträgt 98 Offiziere und 2633 Mann an Verwundeten. Vom Rustschuker Corps wird gemeldet: Am 26. cr. marschirte eine aus 3 Waffen- gattungen bestehende feindliche Kolonne in der Richtung auf Sadina, welche Kavallerie und 2 Geschüße vorausschickte. Zwei Compagnien vom Saraiskischen Regiment und zwei Ge- \hüße eröffneten indessen ein Feuer auf den Feind, worauf diescr zurückging, indem er 8 Todte zurücktließ und viele Ver- wundete mitnghm. Die Dubnoschen Husaren verfolgten den Feind. Unser Verlust betrug 3 Todte und 3 Verwundete. Am 27. c. rückten von Rus:\huk aus 1 Bataillon türkischer

Infanterie, 2 Geschüße und 6000 Tscherkessen gegen Kadikioei vor, wurden aber von 3 Compagnien des Ukrainer Regiments, 2 Geshüßen und 500 Kosaken

in die Festung zurückgeworfen. Auf unserer Seite gab es hierbei keine Verluste. Von dem an der unteren Donau operirenden Corps werden zwci glüliche Reitergefechte vom 28. c. gemeldet. General Janoff überfiel bei Kusgun eine Abtheilung fouragirender Türten, tödtete 11 und E 7 gefangen, 2 entflohen. Oberst Warlamoff überfiel bei Ma- mula und Asarlyk einen türkishen Transport unter Konvoi von 400 Tscherkessen und 80 Mann egyptischer Kavallerie, {lug die Begleitmannschaft in die Flucht, machte 96 Ge- fangene und erbeutete 237 Stück Hornvieh und 4000 Hammel. Unser Verlust betrug 3 verwundete Kosaken. Jm Westen, bei Vlewna und Lowtscha, ist Alles ruhig.

Kon'‘stantinopel, 30. August. (W. T. B.) Eine De- peshe Suleiman Paschas vom 28. d. meldet: Wir fahren fort, den Feind zu blokiren, indem wir seinen Rückzug be- drohen. Der Getchüßkampf wird fortgesest, die Vorposten wechfeln Gewehrshüsse, aus einer vorgenommenen Rekognos- zirung ergiebt sih, daß die Russen Echil Agatch, 3 Stunden von Gabrowa entfernt, beseßt halten.

Wien, 30. August. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“ aus Bukarest vom 29. d., Nachts: e Türken haben gestern den Angriff auf den Schipkap a ß aufgegeben, die Russen ziehen fortwährend Verstärkungen in die befestigten Stellungen heran. Auf der Eisenbahnstrecke Ungheni- Kischineff-Radjelnaje hat die Heranführung von Trup- pen, Pferden, Geshühmaterial und Proviant unausgeseßt ihren Fortgang. :

Aus Bukares, 29. August, meldet die „W. Presse“:

Dampfer „Konstantin“ abermals zwei türkishe Briggs in die Luft sprengte. Von der Garde befinden sich bereits 10,009 Mann in Rumänien. Sämmtliche Garde wird bis 10. September an i Bestimmung sein.

Aus Gornji-Studen schreibt ein Korrespondent der „Jndépendance belge“ vom 19. d. M.: „Das Hauptquartier des Kaisers und des Großfürsten Nikolaus befindet sih gegen: wärtig hier, 25 Kilometer von der Donau entfernt. Die Position ist gut gewählt ebensowohl für den Vormarsch, wenn es zur entschiedenen Aktion gegen Mehemed Ali oder Osman Pascha kommt, als auch für den Fall eines Rücfzuges, der allerdings unwahrscheinlich ist, aber do auch in Be- tracht gezogen werden muß. Der Weg von Sistowa nah Gornji-Studen is sehr malerish ; die bulgarischen Bauernhäuser sind aber überaus armselig. Jn Afciar, 4 Kilo- meter vom Hauptquartiere, zweigt sih die direkt nah Plewna führende Straße ab; eine Division, mehr als 15,000 Mann stark, kampirte an derselben; sie ist offenbar ein Theil der Verstärkungen, welhe Tag für Tag aus Rußland ankommen und auf Plewna und Lowac dirigirt werden. Die Divifion brah eben am frühen Morgen nach Gornji Studen auf, als ich in Akfciar übernachtet hatte; sie bildete eine Linie von mehr als 2 Kilometer Länge und hatte einen ungeheuren Wagenzug hinter sih. Jh {loß mich ihr an. Die Hiße wurde im Laufe des Tages drüdckend; sie stieg bis auf 44 Grad Celfius und Gornji Studen ist ein wahrer Ofen. Dem auf einem Plateau gelegenen Lager besonders bleibt kein Sonnen- strahl erspart. Dffiziere und Soldaten ersticken fast unter ihren engen, niedrigen Zelten. Doch herrscht zum Glüce auf dem Plateau immer ein leiter Luftzug und man hat dort nicht wie anderwärts unter den widrigen Miasmen zu leiden.“

Aus dem russischen £ ¿uptquartiere zu Bore- din vor Plewna schreibt ein Korrespondent der „Times“ am 90. d. M.: „Jh habe alle Vorposten zwischen Lovac und Bogot besucht ; das Terrain, über welches die russische Armee zum Angriffe vorgehen muß, ist außerordentlich zerrissen und hat starke Vertheidigungsstellungen in reichlicher Anzahl. Die Ruffen befestigen ihre gegenwärtigen Aufstellungen. Die Tür- fen erhielten gestern 15,000 Mann Nizams (Linientruppen) von der Armee Suleiman Paschas zur Verstärkung ihrer bei Plewna stehenden Armee, welche gegenwärtig auf 75,000 Mann geschäßt wird und 200 Geschüße haben soll. Wir warten hier auf das Losungswort, aber außer dem Generalstabe weiß Niemand, wann der Schlag zu erwarten steht. Die Witterung ist schön und die Straßen sind wieder in gutem Zustande, nur daß an manchen Stellen Brücken fehlen. Das ganze Jnteresse ist jest auf Plewna und den hier bevorstehenden Zusammenstoß fongentrirt; die russischen Streitkräfte konzentriren sich bei Lowac und es werden alle Vorbereitungen getroffen, um die Niederlage Osman Paschas, wenn es gelingt, ihm eine solche beizubringen, so vollständig als möglich zu machen.“ :

Der Korrespondent der „Daily News“, Major Archibald Forbes, meldet seinem Blatte aus Bukarest, 26. August : / H

„Noch immer wüthet der Kampf in dem Schipkapasse; er wurde heute abermals erneuert, doch Radebki hält water Stand. Es ist jeßt hauptsächlich eine Frage der Ausdauer; au dürften die Türken versuchen woilen, die Schwierigkeiten der Ruffen zu vermehrea, indem sie die Position derselben an der reten und linken Flanke angreifen. Wohl hat es Mehmed Ali Pascha bereits versucht,

egen den Câsarewitsh vorzustoßen ; aber ih bleibe bei meiner An- fbt, daß der jeßt von Radetzki gehaltene Schipka vollkommen sicher

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: ist und daß Suleiman Pascha, sobald er nicht eine Heeresabtheilung

dur einen andern Paß sieben kann betreffs defsen Praftikabi- lität oder des Gegentheils- desselben mir nichts bekannt ist er feine ganze Armee vernihten wird, wenn er sie derart ununterbrochen gegen die Felsen von Schipka anitürmen läßt.“

Konstantinopel, 30. August. (W. T. B.) Das „N. W. Tageblatt“ meldet von hier: Der Kommandant von Newesinje hat angezeigt, daß die Montenegriner sih unter Zurüclassung eines Observations-Corps von Niksic zurück- gezogen haben.

Asiatisher Kriegsschauplaßt.

St. Petersburg, 31. August. - (W. T. B.) ODffi- zielles Telegramm aus Kürüfkdara, 30. d.: Die in Jgdyr befindlihe Kolonne des eriwanishen Detache- ments unter dem Obersten Jsmailoff wurde am 24. d. von überwiegenden feindlichen Kräften angegriffen. Der An- riff wurde indessen erfolgreich zurückgeshlagen. Die Türken ießen eine Anzahl von Todten auf dem Kampfsfplage. Am 27. d. erneuerten drei türkishe Kolonnen den Angriff auf die Front und die Flanken unserer Truppen bei Chatfoly und Tscharuchtschi. Ungeachtet ihrer bedeuten- den Uebermaht wurden die Türken nah einem fünf- stündigen Kampfe, in welchem es zu einem Handgemenge fam, mit einem Verlust von 400 Mann zurüdgelG gen. Der Ver- lust auf russischer Seite war uur unbedeutend. Am 24. d. griffen die Türken noch eine andere Kolonne des eriwanischen Detachements bei dem Passe von Abasgel an, mußten sich aber auch hier nach einem unbedeutenden Geplänkel zurück- ziehen, ohne unseren Truppen Verluste beizubringen. Von der Kabuletishen Kolonne wird gemeldet: Am 24. c. griff der Feind allmählich die ganze vordere Linie unjerer Position bei Muhaestate an. Nah einem längeren Ge- plänkel entspann si ein heftiges Gefecht auf unserem reten Flügel; der Angriff der Türken wurde scchließlich unter großen Verlusten derjelben abgeschlagen. Wir verloren 21 Todte und 24 verwundete Soldaten und eineu Veterinärarzt. Die gegen Suchum Kaleh entsendeten russishen Truppen seßen ihren Vormarsh ununterbrochen fort. Die Kolonne des Generals Alchasoff hat am 2. d. den Kelassurifluß über- schritten und die Avantgarde derselben Agdshagowa beseßt. Die vom Flusse Marucha vorgerücte Kolonne des Generals Babitsch ist am 24. d. im Dorfe Zebeldinstoi eingetroffen. Der Feind, welcher Verstärkungen aus Batum erhalten hat, befestigt sich auf den Suhum Kaleh umgebenden Höhen.

Die Nen. 52 und 53 des „Amtsblatts der Deutsch'en Neichs-Post- und Telegraphenverwaltung“ haben fol- enden Inhalt: Nr. 52. Verfügungen: vom _ 2s. August 1877 : riefcerfehr mit Persien; vom 27. August 1877: Briefverkehr mit China. Nr. 53. Verfügung: vom 29. August 1877: Abänderungen und Ergänzungen der Telegraphen-Ordnung.

Statistische Nachrichten.

__ Nach Mittheilung des statistisWen Bureaus der Stadt Ber- lin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. August bis incl. 25. August cr. zur Anmeldung gekommen : 146 Ebeschließungen, 844 Lebendgeborne, 28 Todigeborne, 684 Sterbefälle.

_ Im Königreih Sawsen hat in Verbindung mit der Volks- zäblung vom 1. Dezember 1875 auch eine Jrrenzählung ftatt- gefunden, deren Resultate jeßt vom Königlich fahsishen Landes-Medi- zinal-Kollegium in Dresden v2röffentliht worden find. Danach waren im Lande 2344 Irrsinnige und 3787 Blödsinnige, zusammen 6131. Unter den Blödfinnigen find nur die verstanden, bei denen der Blöd- sinn angeboren oder in der f:-ühestea Kindheit eingetreten ift, während die Kategorie der Irrsinnigen diejenigen umfaßt, welche erft in \pä-

| teren Jahren die Geifteskrankheit erworben haben. Vergleiht man

die Ergebnisse der lezten Zäblung mit denen der früheren, îo zeigt ih Folgendes : JFrr- und Blödsinnige überkaupt auf je 1990 Einwohne

E L 5517 26,00 E s J S 6099 27,41 Eg 5726 24,50 E 5H 5585 23,05 E 5326 20,84 1875 6131 22,20

Es geht hieraus hervor, daß die leßte piolung absolut und re- [ativ mehr Irr- und Blödsinnige ergeben hat, als die des Jahres 1871, gegen deren Zuverlässigkeit aber insofern Zweifel bestehen, als die Zahlen der in den Krankenhäusern und in den Verforg- und Armenhäusern vorhandenen Irren im Veraleich mit den Resultaten früherer Zählungen zu gering ers{einen. Stellt man die Ergebnisse der beiden leßten Zählungen nach den Aufenthaltsorten getrennt neben einander, fo ergiebt sih, daß JIrr- und Blödsinnige vorhanden waren in den Landesanstalten 1871: 2164, 1875: 2574, Privatanstaltea 1871 : 143, 1875: 156, Krankenhäusern 1871: 16, 1875: 66, Versorg- und Armenhäusern 1871: 289, 1875: 356, Familien 1871: 2714, 1875: 2979. Die Zahl der in den Landes- anstalten, deren das Königreiß Sachsen vier, in Sonnenstein, Colditz, Hubertusburg und Hochweißzschen, besißt, untergebrachten Irr- und Blödsinnigen ist erheblich gestiegen und beträgt 42/4 aller im Lande gezählten Geisteskranken, während es im Jahre 1858 nur 23% und noch im Jahre 1867 nur 34,6% waren. Man ersieht hieraus, wie die Bestrebungen d-r Gemeinden und Familien, ihre Geistesfranken den staatlihen Irrenansftalten zuzuführen, immer leb- hafter geworden sind. Von den überhaupt gezählten Irrsinnigen sind nahezu zwei Drittel (64,6°/6), von den Blödsinnige: dagegen nicht pin Mas ein Viertel (28,1%/5) in den Landesanftalten aufgenommen worden.

Was die Altersverhältnisse der Irr- und Blödfinnigen anlangt, so wächst vom 20. Lebensjahre an die Zahl der Irrsinnigen fehr bedeutend, relativ genommen erreiht aber die Zahl der Irr- und Blödsinnigen erst nach vem 30. Jahre ihre Höhe und erbält si auf derselben bis zum Lebensende mit nur unwesentlichen Schwan- kungen. Bezüglich des Verhältnisses der Geschlecbter ift noch zu bemerken, daß von den Irrfinnigen 1204 dem männlichen und 1104 dem weiblichen, von den Blödsinnigen 1760 den Männern und 2027 ten Frauen angehören. Rechnet man beide Kategorien zu- sammen, so ist das Verhältniß der geisteskranken. Männer zu dem der Frauen wie 100 : 104,4, während es in der Gesammtbevölkerung wie 100 : 104,1, also fast genau dafselbe ift.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Am 29. d. M. ift hierselbst der Direktor der hiesigen König- lichen Thierarzneischule, Geheime Medizinal-Rath Professor Christ. Andreas Gerlach gestorben. Derselbe wurde im J. 1847 an die König- lihe Thierarzneishule in Berlin berufen, welcher er zuerst als Repetitor, dann als Lehrer bis 1859 angehörte. In diesem Jahre wurde er Direktor der Königlichen Tkierarzneischule in Hannover, um 1870 als Direktor der Berliner Thierarzneischule an die Stätte seiner früheren Wirksamkeit zurückzukehren.

Straßburg, 26. August. Der unterelsässische Bezirkstag bat zu den Kosten für den Bau der hiesigen Universität einen ras von 500,000 M aus den bereiten Mitteln des Bezirkes be- willigt.

In der unmittelbaren Nähe von Florenz endete im Alter von beinahe 80 Jahren dur eigene Hand in der auf den 20. August folgenden Nacht der Cav. Luigi Crisostomo F eeres Ober-Bib- liothekar der Laurentiana, einer der tüchtigsten Latinisten Italiens und fru{tbarer lateinisher Dichter. Eine Auswahl seiner lateinischen Poesien hat Konstantin von Tischendorf, Leipzig, 1872, herausgegeben.

Stockholm, 26. August. Die von der norwegischen Regierung ausgerüstete Erpedition nach dem Arktischen Meere hat ihre Arbeiten für dieses Jahr beendet und is am 23. d. M. na Bergen zurücgekeh:t. Jn diesem Jahre hat Alles na dem angelegten Plan ausgeführt werden können, was bekannt- lich im vorigen Jahre nicht der Fall war. Auch die \{chwedische hydrographishe Erpedition, welher die _Kriegssciffe „Alfzild“ und „Gustav af Klint“ zur Verfügung estellt waren, bat ihre Arbeiten für dieses Jahr abgeschlossen. Das Swif „Alfhild“, welches seine hydrographishen Arbeiten am 2. Suli im Sfagerack begann, {loß dieselben bei Färösund auf Gotland am 2. August. „Gustav af Klint“ begann die seinigen bei Lulea am 4. Juli und {loß diese'ben am 31. Juli bei Häradëfär (Ostgoiland) ab. Das Rejultat der Erpedition, welche den Salz- gehalt, sowie die Temperatur und Tiefenverhältnisse des ganzen Meeresgebietes zwischen der {chwedischen Küste einer- und der finni- sen, russishen, deutschen, dänischen und norwegischen Küste anderer- seits untersuchte, wird als ein durchaus befriedigendes bezeihnet. Die wissenschaftliche Leitung der Erpedition war dem Professor F. L. Efkmann übertragen, welhem Kapitän Malmberz, Dozent Cronander und Ingenieur Scholander assistirten.

SBewerbe und HSandei.

Dem Geschäftsberiht der Hannoverischen Staatsbahn für 1876 sind folgende Mittheilungen entnommen: Das. verwendete Anlagekapital beträgt 230,430,522 M oder 264,735 # pro Kilom. Bahnlänge. Werden von demselben die fremdherrli{en Antheile (Sa Schaumburg-Lippe und Cöln-Mindener Eisenbahngesell- chaft) abgerechnet, so verbleibt als preußischer Antheil des Anlage- fapitals für 735,932 Km.) 200,430,522 4 = 272,346 pro Kilom. Im Personenverkehr kämen zur Beförderung 6,422,909 Personen, 23 241,5 Tonnen Reisegepäck, im Güterverkehr 36,330 Tonnen Eilgut. 1,262,772,3 Tonnen Kohlen und Koks, zusammen 4,999,932,4 Tonnen Eil- und Frachtgut. Die Einnahmen haben betragen im Personen- verkehre: 9,663,013 (, im Güterverkfehre: 22,772,770 Æ und aus sonstigen Quellen 1,926,097 4 (darunter an Wagenmiethe 1,271,782 4), zusammen 34,331,880 # Ausgegeben wurden : für die allgemeine Verwaltung 1,844,718 Æ, für die Bahnverwaltung 4,873,819 f, für die Transportverwaltung 11,478,600 #Æ, zu Meliorationen 2c. 2 577,682 4, zusammen 20,774,819 Æ Gegen das Vorjahr sind diese Ausgaben, welche 60,29 °/9 der Einnahmen (gegen 61,31 9/9 des Vorjahres und 71,20% - des Jahres 1874) betrazen haben, um 760,016 A = 3,53 %/9 gefallen. An Bremen und Schaumburg- Lippe 2c. als Miteigenthümer einiger Strecken find 2,345,348 M. ge- zahlt, so daß die esatimten Ausgaben 23,120,167 (( und der Ueber- chuß 11,340,596 M betragen hat. Das verwendete Sesammt-An- lagefapital verzinste sich im Jahre 1876 zu 5,94 °/9, gegen 6,48 9% im Vorjahre. Der preußishe Theil des Anlagekapitals ergab dagegen eine Verzinsung von 5,66 °/9 gegen 6,52 %/9 im Vorjahre. «

Ueber den Bernsteinhandel Danzigs entnehmen wir dem Jahresbericht des Vorsteheramts der dortigen Kaufmannschaft

| pro 1876 Folgendes: Die Bernsteinauëbeute am Danziger und dem

Köaigsberger Seestrande, durch Fischen, war im Jahre 1876 wieder sehr geringfügig, 7nd da die Au8nußung der Danziger Strand- Gräbereien, welche 1875 noch ziemlich reien Ertrag geliefert batte, mit dem 1. April 1876 aufhörte, weil der bezüglihe Pacht- fontrakt mit diesem Tage erlosch und nicht mehr ecneuert worden ist, so ist der Werth des direkt an den Markt gekommenen Bernsteins von keinem großen Belang gewesen. Da somit für nennenéwerthe Umsäße genügendes Material aus erster Hand nicht vorhanden war, wurden von Zeit zu | größere Partien unsortirter Waaren aus den famländijchen Bernstein - Gräbereien acquirirt, welche alsdann in Danzia sortirt und in den Handel gebraht worden sind. Auch in fortirter Waare bezog Danzig wieder größer: Quanti- täten für den Plabkonsum, deren Werth fi auf ca. 220,000 .( ver- anschlagen läßt (gegen 1875 ca. 170,000 Æ weniger). Der Hauptverkauf fand, wie stets, wieder nah Wien ftatt, wo ziemlih andauernd gute Nacfrage für Fliesenstein (Sorte zur Cigarrenspivenfabrikation) in allen Gattungen war, und dürften die Danziger Läger von dieser Sorte bis Ende des Jahres wohl nahezu ganz geräumt worden fein. Die Preise für Fliesen hielten sich auf dem Niveau des Vor- jahres, und find erhéblihe Shwankungen nicht zu konstatiren. Runder Bastard-Stein, zur Korallen- und Perlenfabrikation, war wenig gesucht, und müssen Ende des Jahres ansehnlihe Bestände darin verblieben sein. Für runden klaren Stein fehlte auch in 1876 wieder jede Nachfrage von Bedeutung, da China, auf welches Land der Export in dicser Sorte hauptsählih angewiesen ift, noch immer feinen Begehr zeigt. Für die in Konstantinopel zur Verarbeitung gelangenden Sorten Bernstein, fogenannt: Sortimente, stellte sich in den ersten Monaten etwas Nachfrage ein, und wurden derzeit kleine Umsäze dort bewirkt. Sehr bald indessen hörte der Begehr auf. Die zur Lack- und Firnißfabrikation die- nenden Sorten Blanken und Abfälle fanden in 1876 ziemli guten Absatz; die Preise verblieben indessen noch immer auf ihrem sehr niedrigen Standpunkt. Für den Absaß der vorwiegend in Danzig fabrizirten Bernsteinwaaren, welche hauptsählich nach dem Orient verkauft werden, war das verflossene Jahr wenig günstig. Der Verkauf von Bastard-Anglais-Corallen (für die Westküste Afrikas) hat in 1876 völlig geruht. Von Bastard-Livorneser Corallen (für den Norden und die Ostküste Afrikas) wurde in größeren Nummern nur weniges umgeseßt, und blieben nur die kleineren Sorten begehrt, für welch leßtece sich Ende des Jahres fogar direkt aus Arabien kommende Käufer in Danzig einfanden. Von Bastard-Olivenperlen, welche zumeist n2ch der Levante ihren Absay finden, wurden nur sehr geringe Quantitäten verkauft. Klare Olivenperlen, zum Erport nach Ghina und Japan, wurden in 1876 gar vit fabrizirt, da der Begehr dafür noch immer fehlt. Für flare ordinäre ges{bliffene Korallen war einige Nachfrage. Der Verkauf der Zigarrenspißzen und Ansäte ging in ziemlich nor- maler Weise vor sich. Ein lebhafteres Geschäft fand indeß nur in klaren Bernsteinspißen statt. Aus Mangel an tauglihem Roh- material konnte dem andauernden Begehr nicht einmal immer völli genügt werden. Jn gleiher Weise waren flare Bernstein-Kege für Indien sehr gesuht; die Schwierigkeit, dieselben anzufertigen, machte es indessen unmöglich, dem Begehr ausreichend zu entsprechen. Bernstein-Schmucksachen für den europäischen Markt fangen an, die Zugkraft zu verlieren, die sie in früheren Jahren be- saßen, und sind die Umsäße in diesem Artikel 1876 bedeutend kleiner als im Vorjahre gewesen. __ London, 29. August. (E. C.) Laut dem von Mr. Parkyns in amtlihem Auftrage herausgegebenen Berichte hat die Zahl der Bankerotte im Jahre 1876 17,488 oder 1369 mehr als im Vor- jahre betragen.

30. August. (W. T. B.) In der gestrigen Wollauktion war australishe Wolle kaum behauptet.

__— Der Kaiserliche Senat für Finnland hat am 20. uni d: J. beschlossen, sowohl einheimische als fremde Architekten aufzufordern, sih an der Anfertigung von Plänen zu einem in der Stadt Hel- singfors zu erbauenden Hospital für an äußeren Krankheiten leidende Patienten zu betheiligen. Die Frit zur Einreichung der Pläne läuft ab mit dem 30. April 1878, Die ausgeseßten Preise sind zwei, und zwar der erste fünftausend und der zweite zweitausend- fünfhundert Mark finnisher Währung. Das Programm nebft dem Situationsplan werden in den Comptoirs der Banguierhäufer-Bleich- rôder in Berlin und M. A. v. Rothschild & Söhne in Frank- furt a. M. den betreffenden Architekten verabfolgt.

Die „New-Yorker Hdl.-Ztg.“ äußert sih in ihrem vom 17. August datirenden Wochenbericht über die Geschäftslage fol- gendermaßen: Die Abundanz des Geld standes zeigte zwar in der leßten Woche keine Abnahme, doch ist die Lage eine solche, daß ein plötlicher Umschwung nicht überraschen würde. Je befriedigender die Ernteaussichten sind, desto sicherer ist es, daß in diesem Jahre die New-Yorker Banken bedeutend größeren Anforderungen zu entsprechen haben werden, als zu irgend einer Zei! seit der Krisis von 1873. Den Transaktionen im dieswöchentlihen Goldmarkt man- gelte es an jeglihem Interesse. Fluktuationen beschränfk- ten sich auf § %/%, zwishen 54 bis 55, mit leßterem Course als heutiger Slußnotirung. Der Markt steht noch immer unter dem Einfluß der Syndikats-Operationen, dur welche wie seithcr eine Knappheit in Cash-Gold hervorgerufen wird. Dieser Knappheit ist es zuzuschreiben, daß sich das Agio, troß des flauen Wechselmarktes und lebhaften Produkten-Erports unverändert feft be- haupten konnte. Das Waaren- und Produkten-Geschäft blieb in den meisten Erporten von befriedigendem Umfang und in der Import-Branche hat die Saison unter günstigern Aujpizien be- gonnen als seit einer Reihe von Jahren. Dem Brodstoff- Markt verlieh die als gesichert zu betrachtende sehr reih- lide Ernte weichende Tendenz, welche durch das gleichzeitige Anziehen der Schiffsfrachten verschärft wurde. Baumwolle erlitt am Dienstag einen Rückgang von § C., holte denselben am nächst- folgenden Tage jedoch zur Hälfte wieder ein und {loß ill zu No- tirungen, welche um 1/16 C. niedriger sind als vor aht Tagen. Der vom 15. August datirte Bericht des Agrikultur-Departe- ments in Washington ergiebt keine wesentliche Veränderung in Be- treff des wahrscheinliden Ertrags der diesjährigen Baumwollernte ; die Zahl 1 0 als Basis für eine volle Ernte angenommen, falfulirt sih der Gesammt-Durchschnitt laut Augustberiht auf 93 gegen 93,3 nach dem Juliberiht. Raffinirtes Petroleum verfolgte in Sym- pathie mit den westlichen Rohölmärkten anhaltend steigende Tendenz.

Der Waaren- und Produktenimport während der am 11. August beendeten Woche repräsentirt einen Gesammtwerth von 5,040,949 Doll. gegen 6,928,867 Doll. in der Vorwoche, eine Ab- nabme von 1,887,918 Doll. ergebend. Fremde Webstoffe partizipiren am Gesammtwerth des leßztwöchentlichen Imports mit 2,165,563 Doll. resp. mit 11,910 Doll. mehr als in der Vorwohe, während der Import diverser Produkte und Waaren um 1,898,928 Doll. ge- ritiger war. e

Am Waarer- und Produkten-Erxport während der am 14. August beendeten Woche dessen Gesammtwert)) in Höhe von 4,464,346 Doll. gegen die Vorwoche eine Abnahme von 560,885 Doll. aufweist partizipirt Baumwolle mit 4302 Ballen im kflarirten Werth von 256,719 Doll. gegen 3491 Ballen im Werth von 197,810 Doll. in der Vorwoche und 5258 Ballen resp. 3936 Ballen im Werth von 287,356 resp. 265,105 Doll. in der Parallelwoche beider Vorjahre.

Verkehrs-Anstalten.

Met, 28. August. Gestern wurde die neu erbaute fran- zösishe Grenzbahn, welhe von dem benahbarten Pagny iber Maré-la-Tour nach Conflans und Jarny, größtentheils die französishe Grenze entlang geht, ensffnet. In Pagny {ließt sich diese neue Bahn an die Linie Metz-Nancy, in Jarny an die Linie Metz-Verdun an.