1922 / 238 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Oct 1922 18:00:01 GMT) scan diff

getan, deren Hauptvertreter heute, wenn auch nur în verhüllter

Form, Sie derartig s{chmwmerwiegende Vorwürse (Zurufe von den Deutschnationalen.)

Eie haben gesagt: die Traditionen des. deutschen Volkes sind zu psilegen. Jh stimme Fhnen zu. * Sie haben sih sogar und ich freue mich darüber dem Gedanken zugewandt und erneut zu ihm bekannt, daß jene großen moralischen und religiösen Krâste in den Dienst der Rettung des Volkes gestellt werden müjjen, die in der Vergangenheit alle Völker der Erde in Zeiten der Erhebung und der Wiedergeburt geführt haben, wenn sie überhaupt wieder zu Ansehen und zur Gesundung kommen wollten. Sie haben die Religion herbeigerufen. Fch danke Jhnen für diese3z Bekenntnis. JFch glaube, es wird noch einmal der Tag fommen, wo wir hier zusammen sprechen können. Vielleicht tun Sie es dann, daß, wenn Sie dem Herrn Reichspräsidenten aleich- zeitig einen gewissen Vorwurf machen wegen seiner Auffassung in-Weltanslauung?fragen (Abg. Hergt: Das habe ich nicht getan!) Sie haben nur den Vorwurf in der Richtung hin er- hoben, daß Sie ihn dann nicht als Repräsentanten des deutschen Volke3 ansehen können, daß eine andere Tradition unser Volk beherrsht, in deren Richtung der Herr Reichspräsident Ebert nicht paßt. Jch mache Fhnen dethalb keinen Vorwurf. Aber ih frage weiter und sage: wer das tut wie der Herr Abgeordnete Hergt, der müßte gegenüber den heidnischen, geradezu bözartigen Be- strebumgen deutsch-völkischer Kreise im selben Augenblick eine scharfe Grenze ziehen. (Zustimmung in der Mitte und links, Zurufe von den Deutshnationalen.) Das haben Sie nicht gean. Jm Gegenteil, wie ih im Laufe der leßten Woche ge- sehen habe, ist eine gewisse Entschuldigung jenen Kreisen gegen- Éber erfolgt, über die wix uns hier ein anderes Mal noch unter- holten müssen. (Zurufe von den Deutshnationalen: Woher wissen Sie das?) Jch verfolge Fhre Presse ganz genau. und ih studiere diese Bewegung. Wer hierher steht und cinen Angriff in so prononcierter Form vorträgt, der hat die Pflicht, zuerst in seinen eigenen Kreisen Umschau zu halten, ob dort die religiöse Tradition gepflegt wird, die unser Volk retten kann.

De redner hat dann gemeint, für unruhige Zeiten braucle das deutsche Volk einen Präsidenten, der überparteiisch seines Amtes walte. (Sehr richtig! bei den Deutschnationalen.) FJch bin der Ueberzeugung, daß wir in den leßten Monaten und Yaßhren derartig unruhige Zeiten hinter uns gehabt haben, und es gibt Millionen deutscher Staatsbürger ich sage, es gibt gibt Millionen oerade unter den ausgesprochenen Kreisen der Bourgeoisie —, die dem Herrn Reich8präsidenten dankbar sind, daß er immer dann auf seinem Vosten war, wenn Der aroße Helfer aus de

gemacht haben.

f | e L

w Gerex M; Herx Vo1

Bürger, es

unrußige Zeiten HereingebroYen sind. | Not, von dem Sie (zu den Deutschnationalen) sprechen, ih glaube, daß

gerade der Reichspräsident Ebert in seiner besonnenen Ruhe tat= Gli der Helfer aus der Not für unser Volk gewesen ist. (Schr wahr! lin!s) Jh wmürde meine Pflicht verleßen, wenn ih nit auch diesem Teil der Ausführungen des Herrn Abgeordncien Hergt eintne Worte der Crwiderung gewidmet hätte.

Wir sind niht nur dazu da, hier Geschäfte zu führen und naher dem Mann, der im Hintergrunde steht, niht um Kulissen zu schieben, sondern um seinem Vaterlande zu dienen, einige Worte zu widmen, sondern wir sind auch dazu da, hier {hütend den SHirm gerade über dem Herrn Reichspräsidenten zu halten.

Der Herr Abgeordnete Hergt hat den Saß ausgesprochen vielleicht liest ex noch einmal in scinem Stenogramm nah, um zu sehen, wie bösartig einzelne dieser Säße waren —. Wichtigste sachliche Gesichtspunkte sind unter den Tisch gefallen. Wo ist ein „wichtigster sahliher Gesicht3punkt“ in den lezten Monaten bei der Führung unserer auswärtigen Politik unter den Tisch gefallen? Sie sprachen hier im Zusammenhang mit allen diesen (Zuruf bei den Deutshnationalen.) Dann hätten Sie den Reichs präsidenten Ebert, wenn Sie das wünschen, nicht mit in die Debatte ziehen sollen. (Zuruf bei den Deutschnationalen: Herr Marx hat ihn doch auch in die Debatte gezogen!) Jch freue mich, daß Sie durch Zwischenruf den Abgeordneten Marx gewissermaßen als Ent- Huldigung für FJhr Tun angeführt haben. (Lachen bei den DeutsHnationalen.) Es ist zweitens eine historishe Urrichtigkeit, wenn der Abgeordnete Hergt bemerkt hat, daß es dem Herrn Reichs= präsidenten nicht nahe gelegen habe, auf die Wahl zu drängen. Er hat das in dem leßten Jahre getan, und er hat das in diesem Fahre getan. (Erneute Zurufe bei den Deutschnationalen.) F möchte nur noch einmal betonen, daß der Zustand unerträglich ist, daß cin gewisses Provisorium weiter dauert. (Sehr richtig! bei den Deutschaationalen.) Es bestanden zwei mögliche Wege: erstens die Wahl fofort vorzunehmen oder zweitens aus dem Provisorium heraus8zustenern und zu einem gewissen Desinitivum zu kommen. Die große Mehrheit des Reich8tag3 hat den zweiten Veg gewählt, und es ist ncht meine Ausgabe, hier die Volksvertretung zu kritisieren. Jch habe nur den einen Wunsch: nahdem Sie diesen Weg betreten haben, betreten Sie ihn rasch und endgültig, damit diese verheyende Agitation von rechts endlih aufhört. (Stürmische Pfui-Rufe bei den Deutschnationalen; lebhaster Beifall links; Unrithe.)

Abg. Müller - Franken (Sog.): Herr Hergt meinte, wir hätten deu Boden der Verfassung verlassen. Meine Partei hat in dieser Frage cine ganz konsequente, klare Haltung angenommen. Viellei ht war es nicht gerade glücklich, jene Verfassungsbestimmung zu trefsen. Aber die Verfassung kann geändert werden. Für uns war bestimmend, daß diese Aenderung mit möglihst großer Mehr- heit erfolgt. Herrn Hergt scheint die Not des Volkes gleichgültig zu sein. uns ist sie aber nicht gleichgültig. Herr Hergt meinte nur, im Nachgeben sei die Regierung oleich geblieben. Nun, gerade dem Reichspräsidenten ist die Erhaltung der Reichseineit zu danken gewesen. Die Entwicklung in England kann nur für uns günstig werden, wenn England und die ganze Mer De Gewiß- heit haben, daß die Deutschnationalen in der Minderheit sind (Schr wahr! links) Herr Hergt sprach von der Einigkeit des Volkes noch vor Wochen. Ja, aber die Nede des Abgeordneten Hergt bewies, daß von deutshnationaler Seite merkwürdige Töne in der Einigungssymvhonie angeshlagen werden. Meine Partei hat in dieser Frage stets größte Zurük- baltung bewiesen, um die Präsidentenwahl niht zur Parteifrage zu machen Kerr Hergt nahm den Mund sehr voll von einem „Führer des deuts®en Volke“, ohne deutlih zu sagen, wen er meinte. Herrn Hindenburg könnte man keinen s{hlechteren Gefallen tun, als ihn als Kandidaten der Deutschnationalen zu bezeichnen. Der „Vorwärts“ hat nie den Ruf erboben: „Hindenburg ante nortas!“ Herr Serat rar der Lebte, uns Vorlesungen iber Ver-

: . . fassung zu halten. Mit dem „Volksgericht“ sollte er vozsi htig sein,

in den exetanisreiHen Augenbklicken der leßten Monate

des Reichspräsidenten nit, e3 ist ein n

îber seîne Narteî könnte font eîn nenes Volk3geriŸt lereinbreFYen. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Prasident Löbe ruft den deutschnationalen Abgeordneten K o ch'- Düsseldorf zur Ordnung, weil er dem Reichskanzler zuge-

rufen: Hat „Sie, d postel”. Ferner erklärt der Präsident: -: ist mitgeteilt, daß die Schuymakßregeln für da3 Leven des RetchSs-

fanzlers im Reichstag erhöht werden müssen, weil er von neuen Anschlägen bedroht ist. (Hört! Hört!) Unter diesen Uniständen möchte h alle Abg2ordneten bitten, die Debatten sahlih zu führen und nicht auf eine persönliche Spiße zu treiben.

Abs. Dr: Stresemann (D. Vp) Gêrr Hergt hat eine falsche Darstellung der Verl;andlungen der Arbeitzgemeinschaft der Veitie gegeben und bejauptet, fie habe sich vor dem Machtwillen der Sozialdemokratie gebeugt. Es ist vollig unrichtig, daß die Sozialdemokratie die Anregung gegeben hätte, die Wahl des Reichs- N hinauëzuschieben. Das vollkommene Gegenteil ent- priht den Tatsachen. Jm interfraktionellen Ausschuß hat sich Herr Müller entschieden geweigert, diesen Gevanken zur Diskussion zu stellen; er erflärte, daß er keine Möglichkeit hätte, mit einem jolchen Gedanken in der Fraktion durhzudringen. Weiß Herr Hergt denn nichts von der fatastrophalen Entwicklung auf wirt- s{hastliczem Gebiete, die uns zur Zusammensassung aller Kräfte zwingt, um diesen Winter hindurch die Existenz des deutschen Reiches zu sihern? (Beifall) Unser einziges Gut ist die deutsche

Wirtschast, die uns blieb. Diese Zeit ist nit dazu anaetan, für einen WahHlkampf mit aroßer leidenshaftlider Erregung. Wenn auch

Manner der Wirtschaft in den Reichspri sidenten drangen, ein per- sönliches Opfer zu bringen und auf die Wahl im Winter zu ver- zichten, so ist das doch ein beachtenswertes Zeichen der Lage. Die Erhaltung der NReichseinheit, unser einziges Aktivum nah dem Versaillec Vertrag, darf niht durch Parteilämpfe gesahrdet werden, das solite auch Herr Hergt bedenken. Auch die bayerishe Volkspartei will keinen Waßllampf in dieser Zeil, wahrhastig wohl nicht der Sozialdemokratie zuliebe. Burch den Kampf um die Präsidentenwahl würde die Reichs- einheit gesährdet werden. E3 wäre aufs äußerste unerwünscht, wenn in diesem kritishen Zeitpunkt in einzelnen Ländern sich nionarchishe Tendenzen geltend machen würden. Wir brauchen cinen Helfer und Retter in der Not. Jch untershäbe die Stellung D ichtiacs Amt, dessen Trâge allerdings über seine Par!ei hinau3wachsen muß. Wenn ein Retter da wäre für Deutschland, ob von rechts oder links, wir ivürden ihm zujubeln, aber es war ja aus den ersten Erklärungen der Parteten zu ersehen, daß es keinen gemeinsamen Kandidaten gab, und daß uns diejer Wablkampf keinen Netter beschert hätte. Soll man, wie Nova, auf das aroße Ercignis warten? Es gilt qemeinsHhastlih zusam:nenzuarbeiten und unter Hintanstellung aller Gegensäße und durch einen gemeinsamen Volk3willen nah außen das zu erseßen, was uns an persönlicher Führung viel- leicht noch fehlt. Dabei dürfen wix aber niht Halt machen vor den Schranken irgendeiner Partei. Wenn Sie, Herr Hergt, eine Einigung wollen, dann hätten Sie das anders einleiten müssen als durch die eben gehörte Rede. (Zustimmung) Wenn es zum Kampf um die Reichspräsidentenwahl gekommen wäre, hätten tir gegen den bisherigen Reichspxräsitenten auftreten müssen, aber nach seiner bisherigen Amtsführung haben wir doch in ihm nicht nur den Sozialisten gesehen. Wir standen einstmals vor der Frage, ob das deutsche Volk den Weg der Diktatur des Proletariats oder den der Verfassung gehen wird. Die Versuchung für die Männer, die damals die Macht in Händen hatten, war aroß, und es muß ihnen hoh angerehnet werden, daß sie troßdem den rihtigen Weg gefunden haben. Der ReiŸhspräsident hat bis in die leßte Zeit hinein den Mut gehabt, zu Jmponderabilien Stellung zu nehmen, bei denen es sehr zweifelhaft war, ob er den Beifall seiner Parteigenossen finden würde. Das ist eine Grund- lage, auf der die Gesundung und Wicderzusamnmenführung unsere3 Volkes möglih werden kann. Jch glaube nicht, daß diejenigen, die anderen parteivolitishes Denken vorwerfen, selbst völlig frei davon sind. Wir haben vielleicht mit Widerständen im eigenen Lager zu rechnen, zum mindesten werden wix mit einer starken Kwampsstellung den Deutschnationalen gegenüber rechnen müssen, aber troßdem sind wir überzeugt, daß der von uns beschrittene Weg der richtige war. (Lebhafter Beifall.)

A Abg. &rau Zetkin (Kmm.) protestiert gegen den Antrag. Die Person des Präsidenten kann nicht gleichgültig sein. Die Parteien der Mitte wollen an Stelle der Wahl durch die breiten Massen seine Ernennung durG parlamentarische Gruppen. Die Sozialdemokratie selbst ist bisber gegen dieses System gewesen. Wozu nun die vlößlihe Aenderung, wo bei der Wahl doch eine Mehrheit für den Präsidenten sicher gewesen wäre. Die Sozial= demokratic hat damit einen Verrat an den Bolksrechten begangen. Die Parteien von Scheidemann bis Stinnes bekunden dadurch lediglich, daß ihnen die Koalition mehr wert ist als das VolkZ3z interesse. Rednerin erklärt sih gegen jede Präsidentschaft, da dec Präsident heute ja nihts anderes als ein Monarchenersaß set. Herr Ebert verkörpevt keine5weas die au2aleichende Gerechtigkeit, er ist Träger der Koalitionspolitik der Stinnespolitik, die zu- eunsten der fapitalistishen Wirtschaft gemacht wird. Unter Eberts Präsidentschaft war Noske Minister, der die Volksmarine- division zusammenschießen ließ. Jm Januar 1919 mußten wir durch das Blutmeer des Brudermordes waten. De3 alles hat die Mehrheitssozialdemokratie verschuldet. Wiederholt hat der Reih3- präsident den Belacnerungzzustand verhängen lossen und Aus- nahmegerichte eingeseßt. Rednerin wird wiederholt durch Zuruse der Sozialdemokraten unterbrohen und bemerkt darauf: Lieber in der Hölle braten als mit Fbnen (zu den Sozialdemokraten) zu- sammen im Paradiese sein. (Heiterkeit.) Wir werden, so {ließt Rednerin, niht immer die Minderheit sein, wir werden siegen, und dann wird nicht das s{chwarzrotgoldene, sondern das rote Sowjeibanner wehen. (Beifall bei den Kommunisten.)

Abg. Wegmann (Unabh.): Dadurh, daß man es nicht wagt, jeßt wählen zu lassen, wird zugegeben, daß das arbeitende Volk einer furchtbaren Krisis entgegengeht. Um die dadurch ent- stehende Gefahr zu bannen, hat selbst die Deutsche Volkspartei zu einer Kandidatur Ebert Ja und Amen gesagt. Von einem Manne, der das Lied „Deutschland, Deutschland über alles“ zur National- hymne gemacht hat, hat die Arbeiterschaft nichts zu erwarten. Der Glückwunsch Eberts an Siemens beweist. wie sehr Ebert vom Kapitalismu8 ablängig ist. f

Die Präsidentenwahl muß den Arbeiterinteressen Rechnung tragen. Wir können dem Antrag der Koalition schon deshalb nicht zustimmen, weil er ein weiterer Schritt zur großen Koalition ist

Damit {ließt die Erörterung. Persönlich bemerkt

Abg. Hergt (D. Nat.): Der BPrösident des Reichstages hat von einec {weren Gefährdung des Reichskanzlers gesprochen, Wwo- gegen Vorkehrungen getroffen seien. Wir wissen niht, um was es sih da handelt. Wir können nicht glauben, daß ein solher Wahnsinn wieder geübt werden könnte, nachdem im Rathenau-

Prozeß (Ruf links: Lesen Sie Ie Dee «Ie Mörder allgemein wverurteilt sind und ihre eigenen Mißerfolge und den Schaden, den sie ihrer vermeint-

liden Sache getan haben, vor sih gesehen - haben. Wir gehen völlig einig mit. allen Parteien, daß wir nicht bloß theoretisch jollen verbrecheris®en Wahnsinn verurteilen, sondern au mit der Tat Front dagegen machen. Jch stelle namens der Deutsh- natiowmalen Partei fest, daß solle rerbreclerisden Wahnsinnigen keine Entschuldigung. keine Duldung keine Unterstühung und feine Schonung bei un3 sinden werden. Das sind eigentlih Selb ver- ständlißHkeiten. aber wegen des Ernstes der Sache will ih das vor aller Oeffentlic;keit bier feststellen.

Präsident Löbe: Jch habe nit ivgendeinen Vorwurf gegen irgendeine Partei des Hauses ervoben, sondern ich habe ez nur für notwendig gebalten, daß die Debatte so geführt wird, daß von hier aus niht eine neue Erhißung im Volke entsteht.

Neichékän:ler Dr. Wirth: Ich werde Ibnen sofort antworten. Ich habe ohne jedes Venehiuen mit dem Herrn Präsidenten, wie

it ibn bitte ausdrickÆliqg festzuNelen, bier die Ausführungen des Herrn Neichstagspviäsidenten gehört, die auch meine Person betreffen. Es Benehmen irgendwie erfolgt. Aber, meine Damen und find Sie sich über den Ernst der Situation durchaus lar: Nach den Nachrichten, die wir baben und es ist auch bereits von einem Beteiligten an einer Verschwörung ein Bekenntnis abgelegt (lebhafte Nufe: Hört ! hört! und Beweaung) müssen wir mit neuen politis{en Morden in Deutschland 1eck{nen. (Crneute Nufe: Hört! hört!) Ich stelle das lediglich fest.

it tein

s Herren

Der Herr Abgeordnete Hergt hat gesagt, man sollte es nicht glauben. daß dieser Wahnsinn in Deutschland, nachdem nun der athenauprozeß vorbei ist, noch einen Boden finden fönnte. Wir wollen uns über die Frage ganz ofen auésprecen. Ich habe keinen Anlaß hinter dem Be:ge zu halten. Was meine Person angeht, 0 Net fle nt na bieser Selle zur Debatte: Die Herren von rets dürfen aber glauben, daß mich während der Nete des Herrn Abg. Hergt das c{chmerzlichste Gefühl darüber befallen hat, daß nun in einer Frage die rein sacblich geführt werden fönnte, gerade der Herr Neichspräsident, dem hier alle m. E. zu größtem Danke verpflichtet sind, heute in den Vordergrund der

batte gekommen ist. (Unruhe bei den D. Nat.) Die Herren haben das vorhin bestritten. Ih habe mir inzwischen noch einmal eine Neihe von Sätzen, die gesprochen worden sind, ruhig und leiden- \dastélos und in Besprechungen mit einigen Herren überlegt. Herr Abg. He1gt, ein Satz, wie Sie ihn geprägt haben, daß der Herr

L

Neichépräsident hinter den Kulissen die Einheitsfront des deutschen VYoltes verhindert hat, ist gecignet, \{chwerwiegende Befürchtungen wachzuru!en, (Widerspruch bei den D. Nat.) Lesen Sie diesen Satz in Ihrer Nede nach. Meine Worte waren deéthalb der Abwehr ge- widmet gegenüber gewissen, zu Verungalimpfung neigenden Worten, die Sie, Herr Abg. Hergt, gesprochen haben. . Sind Sie der Auffassung, daß Sie damit den Herrn Neichspräsidenten nicht haben treffen wollen ih billige Ihnen das zu —, so habe wir, meine Damen und Herren, alles zu tun in den nächsten Zeiten, um die persönlihe Seite hinter den sahlihen Problemen zurüd- treten zu lassen. Jch bin zu dieser Arbeit bereit. Jch habe die Politif in dieiem Sommer und gerade die Außenpolitik geführt ohne Nücfsiht auf Parteien und auf Personen. Wenn ich etwas in An- \pru nehmen kann, ist es die der \äbliten Führung der Neichs- geslätte, der ih die leßte Kraft moralischer und materieller Art ge- widmet habe. Ich war deshalb überrascht, und nach meiner Meinung ist das Urteil objektiv zutreffend, daß Sie beute zu Beginn des Winters diese verscbärfte Note in der Debatte angeschlagen haben, was auch der Herr Abg. Stresemann Ihnen ausdrücklich bestätigt hat. (Zuruf von den Deutschnationalen: „Der Feind steht rech1s !“) Wir wollen uns über diese Debatte ein andermalk sprechen. Wenn Sie aber wissen wollen, wie dieses Work damals gelautet hat, dann lesen Sie einmal das Stenogramm nad, und was steht in dem Stenogramm? (Zuruf von den D. Nat.: Das wissen wir!) Ich habe es hier. Jch habe mir gedacht, daß einer von Ihnen diesen Zwischenruf machen würde. Mas habe ih damals an jenem Sonntag gejagt, wo die große zitternde Erregung nicht nur dieses Haus durchzog, sondern das ganze deutsde Volk? Gegen was habe ih mich gewandt? Ausdrücklich gegen die Almosphäre des Mordes, des Zankes und der Vergistung, und dann habe ih die rhetorische Frage aufgeworfen: Wo steht der Feind? Da, wo man mit Mephisto Gift in die Wunden des eignen Volkes träuft. Ih will es Ihnen wörtlih vorlesen : Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes träutelt ih meinte des eigenen, des deutschen Volkes —. Da stebt der Feind, und darüber ist fein Zweifel: dieser Feind steht rech18!

(LÆblafte Zustimmung links und in der Mitte.) Haben Sie (zu den Deutschs nationalen) denn den Natbenauprozeß in Leipzig nicht gelesen? Haben Sie nicht gelesen, daß Nathenau von diesen blinden Fanatikern des halb audh, wie sie sagen, zur Strecke gebracht worden ist, weil er den Vertrag von Napallo geschlossen hätte? Ist Ihnen noch in Er- innerung, was in den bekannten „Konservotiven Monatsheften“ einer Ihrer Freunde, den Sie glücklicherweise von sich abgeschüttelt haben, geschrieben hat? Da haben Sie die Verbindung.

Aber bat denn das einen Wert, daß wir heute diese neue Atmo- \phâre und Aera des persönlichen Kampfes zu Beginn eines Winters eröffnen, wo unserem ganzen deutsden Volk geradezu das Feuer auf den Nägeln brennt, um diese Situation zu überwinden. Kehren Sie zurück zu einer sachlichen, ruhigen Erledigung dieser Vorlage und steben Sie hinter uns, wenn es sih darum handelt, jede Gewalttat in Deutschland abzuwehren. (Zuruf von den D. Nat.: Sie machen es uns schwer!) Ich habe Jhnen eine positive Arbeit nicht erséwert, aber vom e1islen Tage an, wo ih an diesem Plate spra, war ih verfolgt von dem Haß derjenigen, denen es nicht um das Naterland, sondern um die Partei geht. (Lebhafte Zustimmung links and in der Mitte. Unrube bei den D. Nat.)

Mir lassen uns aber in unserer Arbeit nicht irre ma@en. Die Not des Vaterlandes ist übergroß. Die Schatten, die von außen über uns fallen, find riesenhaft, und ih habe die Parole ausgegeben auf dem Inoustrie- und Handelêlag wenn Sie meine Nede von dort lesen wollen, das war die Fanfare für den Winter —: das ganze Volk foll es sein, wenn es sich darum handelt, den Kampf gegen Hunger und Elend aufzunehmen. Und diese meine Einladung ist heute beantwortet worden von dem Herrn Abgeordneten Hergt mit einer“ gehässigen Nede. (Große Erregung bei den D. Nat. Lebs hafter Beifall links und in der Mitte.)

Präsident L ö be : Die Debatte ist wieder eröffnet. Jch möchte meine frühere Bitte an die Abgeordneten wiederholen. (Zuruf rechts: Aber auch an den Reichskanzler!)

(Forseßung in der Ersten Beilage.)

Verantwertliber Schriftleiter: Direktor Dr T y r o l, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Nechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftóstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Bucbdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin Wilhelmstr 32. | Drei Beilagen und Erste, Zweite und Dritte Zentral-Handelsregister-Beilage.

zum Deutschen ReichSanzeiger und

Sre Vetilage

Verlin, Sonnabend, den 21. tober

Preußischen StaatsSanzeiger

1922

d E E Ir. 238. (Fortsezung aus dem Hauptblatt.)

Abg. Hergt (D. Nat.): Der Reichskanzler Hat wiedevholt 5gesprochen, daß er meine persöonlihen Angrisse bedauere. (Große he auf der ôöußersten Linken und Zurufe, die insbesondere fommuniftischen Abgeordneten Malzahn ausgeben, der vom sidenten ersucht wird, die parlamentarische Ordnung inne- ten.) Fh bin mir bewußt, in meinen ganzen Ausführungen ommen fahlich gewesen zu sein. (Abg. Malzahn wird wegen erneuter Zurufe zur Ordnung gerufen.) Wie ein roter Faden zog sich durch meine ganze Rede, daß das Ziel der Deutshnatio- nalon und auch anderer Bevölkerunqskreise dahin geht, einen un- parteiiscen Reichspräsidenten zu haben, und ih habe nachzuweisen geiubt. daß eben der gegenwärtige Reichspräsident durch seine Zu- gehörigkeit zux, sozialdemokratischen Partei gefesselt wäre und des- halb nicht anders denn als Parteimann auftreten konnte, wie er

ifgetreten ift. Hätte der Reichskanzler recht, dann könnte hier in Hause überhaupt keine sachliche Kritik möglich sein. (Sehr rets.) Deshalb stelle ih fest, daß der Sinn des* Reich3- fanzlers darauf hinausläuft, daß hier parlamentarische Rechte ein- geshränkt werden. (Beifall rehts. Lebhafter Widerspruch links.)

Aba. Fehrenbach (Zentr): Jch habe in dem Prozeß ausdrücflih die deutshnationale Partei aus der Schuldfrage aus- gesl;lossen. Sie (nah rechts) sollten aber auf gewisse Kreise, die Fhnen nahestehen, und die im Parlament nit vertreten sind, einwirken. Fch habe meine Fragen in Leipzig gerade in hrem

| Auteresse gestellt. Sie haben allen Grund, auf die Fhnen nahe-

stehenden Kreise in einem bessernden Sinn einzuwirken. Bei der Frage nach etwaigen Verbindungen habe ich ausdrüdlich die deutsch- nationale Fraktion ausgeschlossen. Die Fragestellung war nur meine verfluchte Pfliht und Schuldigkeit, und ih bin deswegen in Shrer Presse angegriffen und lächerlih gemnacht worden. Daß jolche Verbindungen bestanden, ist durch diesen Prozeß tatsächlich aufgedeckt worden, und es war deshalb gar kein Anlaß für irgend- eine vernünftige BVresse, mih wegen meiner Frage über diese Ver-

Ï bindungen läherlih zu machen und herabzuziehen, sondern es

| zuerkennen.

war vielmehr aller Anlaß geboten, meine Frage dankbar an- Gerade in ZJhrer Presse bin ih herabgewürdiagt worden. Jn der „Deutschen Tageszeitung“ ist ein Artikel er- shienen mit der Ueberscrift „Voß Brüdigam Fehrenbach.“ Das war Lausbubenarbeit, meinen Namen mit dem Voß in Ver- bindung zu bringen, der bald als Links-, bald als Rechts- bolshewist hingestellt wird, und mit Vrüdigam, der vielfach vor- bestraft ist, der anderthalb Fahre im Frrenhause war. Fn solche Lezichungen werde ih gerückt durch die Ucberschrift „Voß— Vrüdigam—Fehrenbach“. (Pfuirufe im Zentrum.) Jch habe dann ferner gefraqt, ob Siubenrauh nohH Schüler des betreffenden

E Realgymnasiums sei. Damit habe ic meine riÿterlice Unpartei-

lilkeit in keiner Weise verleßt. Es ist festgestellt, daß sich Stuben- rauch mit der Ermordung Rathenaus getragen hat, daß er den Mordplan gefaßt hat, daß er überleate, wie er Rathenau im Retchs- tag von dex Tribüne aus treffen könne, und diese Gedanken sind in SHülerkreisen erörtert worden. Man meinte, das wäre zu

| acfährlich, aber die Ermordung selbst wurde erörtert, und es konnte

sich nur darum handeln, wie sie geschehen solle. Es wurde in den

| Shülerkreisen die Frage erörtert, ob es nicht zweckmöäßig wäre,

| Frage aus der Not der. Zeit heraus.

| es wirklich ehrlih meinen

| von 18 Fahren in dieser Weise

T

Rathenau in der Mamrothschen Villa zu ermorden. Das alles wax bekannt. Schüler und Lehrer mußten gewußt haben, von welcber Qualität dieser Stubenraulß war, und es wäre Pflicht gewesen, dagegen vorzugehen. Wenn ich fragte, ob Stubenrauch noH Schüler des Realgymnasiums sei, so war das wirklich eine (Sehx wahr!) Wenn tch dazu bemerkt habe, „das sind ja trostlose und gemeingefährlihe Zu- stènde, wenn so etwas an Höheren Lehranstalten ‘vorkommt“, fo | var das ein Gedanke, der jedem anst indigen Menschen und chr- lihen Patrioten angesichts der Situation kommen mußte. Ent- huldigen Sie, daß ih diese versönli®en Ausführungen machen mußte. (Zuruf rechts: An welche Adresse wenden Sie sih®?) An Jhre! (Nach rehts.) Sie kommen nicht darüber hinweg, daß hre Presse in dieser Form dem Prozeß aegenübersteht, wenn Sie mit der Sanierung unseres Volkes,

Wenn festgestellt ist, daß Buben sich volitis® betätiagen, und wenn è von Stubenrauch festciestellt ist, daß er gemeinsam mit Vat2r Mutter in diesex Art politis tätig war, so ist damit fest- daß es im deutschen Volk schr schlimm aussieht. Behrens

namentli dex Schülerk-eise.

En 3013 1 at in dem Prozeß ausgesagt, er habe eine ganze Anzahl von Briefen bekommen mit dexr Unterschrift „eine deuntshe Frau“, nd diefe Korzesvondenz hätte ihn erst, exkennen lassen, wie groß ie moralis&e Verlotierung in gewissen Kreisen der deuts%ben ‘ion Tei, Nun ist speziell in Organen Fhrer Presse (nah rechts) r Say unterdrückt worden. (Hört, hört!) Wenn Sie es

li erst meinen, dann müssen Sie auh ernster vorgehen als jeßt. (Beifall [m Zentrum.) Damit ist die erste Veratung erledigt, Ausschußberatung . 1 “J, î F Ad P nann ist nicht beantragt. Jn zwei er Lesung wird der gemeinjame

Antrag aegen die Stimmen der Deutschnational-n und der

fommuniften anaenommen. Die dritte Lesung wird erst am

Dienstag statifinden. Am D'enstag wird auch nach d-r Ge- samtabst:mmung über den Antrag Herg! abaestimmt werden.

Hierauf vertagt sih das Haus. Nächste Sihung am Sonn- abend 2 Uhr (Anträge, betr. Anfhehung der Anzceiaenstever und ber. Rückvergütung dex Kohlensteuer beim Haushrand; feinere Vor’gnen und Antrag, betr. Erhöhung dex Entschädi« gung der Mitglieder des Reich3:ags). i

Schluß nah 614 Uhr.

Prenzischer Landtag. 177. Sizung vom 20 Oktober 1922, Mittags 12 Uhr.

New (Bericht dos Nacbrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungêverleger *).)

Am Miaistertish: Minister des Funern Severin g.

Bräsident Leinert eröffnet die Sitzung um 1214 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Besprechung der F nterpellationen über die Vorgänge am Zirkus Bushundüberden Bund für Freiheit Und Ordnung.

2ur Voantwortung der Interpellationen ergreift der Minister des Innern Severing das Wort, dessen Nede wegen ver- \viteten Eingangs des Stenogramms erst in dec nuchsten Nummer dieses Blattes im Wortlaute wiedergegeben werden wird.

Abg. Gerig (Zentr.) Nachdem die Polizei erklärt hatte, doß sie die Versammlung des Bundes für Freiheit und Ordnung hüben werde, wäre es doch Pflicht der fkommunistischen Partei gewesen, ihre Anhänoer von Störungsversuchen abzuhalten. Statt dessen hat die „Rote Fahne“ zum Widerstand gegen die Versammlungsteilnehmer und gegen die Polizei aufgefordert. Be- m ———————

*) Mit Ausnahme der durd Sperrdruck bervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind,

reis am Donnerstag ist durch Handzettel zur Störung der Ver- sammlung aufgefordert worden, dann faßte die fommunistische Funktionärversammlung am Freitag denselben Beschluß, und be- reits vor aht Uhr früh versammelten sih nah einheitlichem Plan die Störungstrupps und der Proletarishe Gesundheitsdienst. Das beweist, daß es sich um eine planmäßig vorbereitete Aktion ge- handelt hat. Als es der Polizei shließlich gelang, die Kom- munisten in Nebengossen abzudrämgen, haben sih die bekannten

unliebsamen Ereignisse zugetragen zwischen Polizisten ünd Zivilisten. Die Schupobeamten haben .ihre Pfliht getan. (Seyr

wahr!) Die Polizei ijt aber viel zu spät gekommen, insbesondere nah den Drohungen durh die „Rote Fahne“. (Sehr richtig:) Die verantwortliche Leitung hat versagt! Fhre Aufgabe war es, das Truppenlommando eingehend zu informieren. Die Ent- shuldigung, die Zeitung wäre aus Ersparnisgründen niht mehr gehalten worden, deshalb sei die Fnformation der Beamte ungenügend gewesen, ist völlig unhaltbar. Die Kommunisten nehmen das Recht der Versammlungsfreiheit in Anspruch, dabei sprengen sie selbst Versammlungen. (Zuruf: Aber nicht mit Dolchen und sonstigen Waffen!) Nun, man kann doch nicht ver- langen, daß nah den auêgesprohenen Drohungen die Teilnehmer unvorbereitet ihren Rücken zur Verfügung stellen, damit die Kom- munisten lu'rig drauf los hauen. (Zurufe der Kommunisten.) Die Kommunisten sind wirklich niht die geeigneten Schüßer der Republik. Sie sind hon mit s{chwererem Kaliber als mit nüppeln gegen die Republik aufmarschiert. Der Bund fur Frei- heit und Ordnung ist gegründet worden nah den kommun.ft1;chen Unruhen im Fahre 1921. Der Aufruf zur Gründung war von unserem Reichstagsmitglied Pfeiffer unterzeichnet worden. Das ist aber die einzige B etätigung aa dem ganzen Bunde von seiten meines Parteimitgliedes. Bis vor kurzem hat men dann von diesem Bunde überhaupt niht3 gehört. Daß der Bund ntcht seinen Satzungen entsprechend sih betätigt, haben wir ja am Soantag gesehen. Sein geistiges Haupt scheint der Abg. Geisler (T. Bp.) zu sein, der sich das Ziel der Zershlagung der Geweukshoaften gesteckt hat. Mit einer vaterländishen Kundgebung hat die ver- blüumte Ankündigung eines Märzputshes, hat die Aufforderung zum Kampf nichts. mehr gemein. Vorstandsmitglied des Bundes ist Herr Dr. Pfeiffer, der seit Monaten unser Gesandter in Wien ist, ebensowenig wie Herr Kopsh. Der Reichskanzler hat, wie gegen die „Deutsche Zeitung“ festgestellt werden muß, seinen Ausspruh: „Der Feind steht rechts!“ nicht in dem allgemeinen Sinne getan, den ihm die Rechts3presse und die Deutschnationalen unterlegen. Er sprach von der Mordatmosphäre uno von denen,

äre die das Gift verbreiten, „dieser Feind steht rechts“, hat er gejagt.

(Dem.): Der Präsident er=- gegen die Ausschreitungen

Abg. Fan sen - Solingen klärte fih gestern mahtlos

der Kommunen, Das it micht Uhlig; Wi haben die Geschäftz3ordnung do revidiert, und sie gibt gegen Mitglieder, die siH auch einem dreimaliaen Ordnun 3-

ruf niht fügen, allerdings Zwang3mittel an die Hand. Daß der Abg. Kopsh zu Unrecht verdächtigt worden ist, ist bereits tlar- gestellt. Wir sind gegen alle besonderen Organisationen, die Freiheit und Ordnung „schüben“, kann das der Staat nicht mehr, dann soll er abdanken. Der Bund für Freiheit und Ordnung will aber auch diesen Schuß gar nicht; er rust vielmehr offen zur Gewalt auf, zur Waffengewalt; er will den Terror der Straße. Aber unqlaublih ist, daß ein Kommunist siH dagegen empört und im selben Atemzug dieselbe Gewaltpolitik proklamiert!! (Lärmende Zurufe bei den Kommunisten.) Auch einen proletarischen Gesundheitsdienst brauchen wir im deordneten Siaats3=- wesen niht. Aus den Vorgängen des lebten Sonn- tags müssen wir die Lehre ziehen, daß die Autorität des Staates und der Regierung gestübßt werden muß, daß es keine arößere Gefahr für das Staats8wesen geben fann, als wenn es in zwei Parteilager zerrissen ist. Zur Untersuchung der Vorgänge muß eine Stelle herangezogen werden, die über dem Polizei- pr sidenten steht, um die Obiektivität des Urteils zu wahren. Einige auffallende Widersprüche treten hon jeßt hervor. Die Polizei mußte, wenn sie die Versammlung nicht verbot, jederzeit sih als Herx der Situation fühlen können. Das war nicht der ¡zall; daß das Eingreifen zu sp°t geschah. ist keine ausreihende Entfchuldigung. Fm Poslizeipräsidîum siven Beamte, die dem „Bund“ vielleiGt näher stehen, als den heutigen Staats=- einrihtungen. Eine Bezörde von dieser Bedeutung muß völlig einhei'lih oraanisiert sein. Sehr zu rügen ist on die unglaublicße Berichterstattuna über die Voraänae. Ein Berichterstatter des „Lokalanzeigers“ soll im Polizeipr sidium sehr bevorzugt werden. Wenn es derselbe ist, der den Artikel im „Lokalanzeiger“ ge- shrieben hat, so muß dagegen eingeshritten, ein solches Verh ltnis muß radikal gelöst werden. Hier licat eine große Fnkorrektheit vor. Absolut notwendig ist, auch den Schein zu ver- meiden, als oh die Autorität der Regierung geshwäbt wäre. Also weg mit solhen „Bünden“. (Beifall bei den Demokraten.)

Abg. Grzesinski (Soz.): Herr v. Eynen hat gestern eine rela‘iv ruhige Ausfassung der Angelegenheit vertreien. Nur hätte er setne Mahnung. das Eracbnis der Untersuc(una abzuwarten, an seine eigenen Larteigenossen richten sollen. Den Deutschnationalen und Kommunisten kommt es weniger auf eine Klirung der An- gelegenheit an. Die Angriffe auf den Minister und die Schußt- polizei tragen starken politisben Veiges{mack. Es scheint manchen Parteien unerwüns%t zu sein, daß in der Reihs3hauptstadt ein Sozialdemokrat Po*izeipräsident ist. Nicht immer kenn man den Chef für Vorkommnisse in seiner Verwaltung veran'wortlich machen. Wir sind der Ueberzeuguna, daß der Minister in Zukunft solche Vorkommniïse verhindern wird. Auch seine Ausführungen über die lommunistishen Wühlereien machen wir uns vollinhaltlih zu eigen. Es darf niht mehr möolih sein, daß Versammlungen gesrrenqt werden. (Lebhastes Sehr ric&tig! bei den Deutsch- nationalen.) Wie immex waren die Drahtzieher nicht dabei und man hat arme Teufel vorges“ oben. Das zeugt von einem morali- schen Tiefstand der k:ommunistif “en Partei, der kaum noch über= boten werden fann. (Lörm bei den Kommunisten. Zuruf des Abg. Sc{ulz-Neukölln: Fhre Lüge wird dadurh niht mahrer! Ordnunasruf.) Es muß auch dafür gesorgt werden, daß Versamm- lungen. wie am Sonntag, in Zukunft nicht mehr stattftnden können. Angesichts der Tatsache der klürzlichen Debatte über die Schußpolizet ist es fast unglaubli%h. (Zwiscenrufe bei den Deutschnationalen.) §3 fit bisber nit bestrit'en, daß der Abg. Rippel hier gestern im Auftrage des Abg. Laverrenz gesprochen hot. (Erneute Unter- brechunaen rechts.) Wir erwarten vom Minister, daß er den Orgonisationen, wie der Bund für Freiheit und Ordnung eine ist, rüdsiht3los zu Leibe geht. E3 hat schon vor dem 15. Oktober aenug Material vorgelegen, um ein Verbot des Bundes zu rechtfertigen. (Dauernde Zwiscbenrufe des Aba. Rippel (D. Nat.): Wo ist das Material?) Die Gefahr von links. ersheint uns nicht bedrohlich. (Lebhafte3 hört, hört! rets.) Die deuts®be Arbeiterschaft folgt den Kommunist-n nicht. Gefährlicher ist die Reaktion von rechts. (Unterbrechungen bei den Deuischnationalen.) Die Deutshe Volk3= partei solle mehr Vertrauen zu den Arbeitern und weniger zu den Deutschnationalen haben. Eine KLusammenarbeit mit den Deutschnationalen lehnen wir entschieden ab. Wir wollen den demokratish-republilanisßen Staat stark machen und uns von niemand in unserer Liebe zu ihm übertreffen lassen. (Beifall bei den Sozialdemolraten.)

daß Versamm

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Abg. Rüffer (D. Nat.): Die Forderung, lungen, wie am Sonntag, nicht stattfinden dürften, ist verfassung: widrig (Zuruf bei den Kommunisten: Unvershämt!). Fn der Ver- sammtung ist nichts gesagt worden, was gegen die Versassung oder gegen die Geseße verstößt. (Widerspruh links.) Jm Attion

rogramm der V. S. P. D. steht, daß die gegenwärtige demokratisch epublik niht das Endziel ist, sondern die sozialistische Repudolik. (Heiterkeit rechts.) Der Minister sollte wissen, daß auch dies nit verfassungstreu ist. Wenn die Vorausseßungen des Art. 34 dec Verfassung erfüllt wären, dann brauchten wir keinen Selbstshus. (Lachen links.) Aber tatsächlih ist es so, doß die Staat3getwalt feinen genügenden Schuß gewährleistet. Wenn man sih bewasfsne hat, so kam es immer dahex, weil der Schuß nicht au3reichend war. Wenn die „Rote Fa!;,ne“ ihre Massen zum Kampf ausrufi, jo muß jeder das Recht haben, sein Leben zu shüßen. Der Abg. Nabold hat sich beshwert, daß die Versammlungsfreiheit der Sozial- demokraten früher ebenfalls {wer zu leiden hatte. Die konjex- vative Partei von gestecn hat mit uns von heute nihis zu tun. (Große Heiterkeit links.) Wir ha“en den Sozialdemofraten in unseren Versamm!ungen immer NRedefreiheit gewädrt. Un sozial- demokratishen Versammlungs3lokalen sah man dagegen Zettel, wonach der Zutritt nur Sozialdemokraten gestatiet sel. Wie Störungen unserer Versammlungen seit 1914 sind zahlios. Wenn sih die Massen bei der Machtlosiakeit der Polizei dagegen jchuüßen, darf man sih nicht wundern. Am Sonntagvocmittad sind Gruppen von jungen Leuten in der Nähe des Zirkus Busch beobachtet worden, die sangen: Blut muß fließen! (Lebhaftes hört, hört rets.) Die anständige organisierte Arbeiterschaft von Berlin hat sih von dem Terror ferngehalten. Man wird ja jehen, ob der Pakt zwischen den bisherigen Koaltition8parteien .und der Deutschen Volk3partei im Reiche fertig ist; die Verschiebung der Retchs3- präsidentenwahl bis zum 1.-Juli 1925 ist ja chcarakteristisch dafür. Es gibt niht nur eine sozialdemokratische, es gibt auh eine deutjhs nationale Arbeiterbewegung, und die verlangt allerdings Freißeit, Sicherheit, Ruhe und Ordnung! (Beifall rechts.)

Abg. v. Kärdors{f (D. Bp): Dur Vorgange wie die Berliner Vorgänge vom 15. Oktober erhält die von-Berlin“-Bewegung im deutschen Süden neue Nahrung. Solhe Vorgänge hier spielen sich doch unter den Augen des Auslandes ab; De Wie [oll das V

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Ausland Ver- trauen zu ‘uns fassen, wenn es die Sicherheit hier niht besser ger ährleistet sieht? Wo soll da sch{ließlich eine Wendung zum Bessern in der Reparation3frage herklommen? Wenn- die Massen nah dem Abg. Rabold Mißtrauen gegen die Polizei haben, so müssen Sie (nach links) ihnen dieses Mißtrauen austretben, Die primäre Pflicht der Polizei ist Vorbeugen. Komunistishe Aufzüge werden lediglich ein Anreiz sein, solhe Demonstrationen immer und immer zu wiederholen. No immer ist infolge der Revolution die Staat3autorität tief ershüttert. Unsere Warnungen hat die Regierung nicht beachtet. Die Ausländerplage in Berlin ist nahezu unerträglih; man nennt die Zahl 200 000. Daher die furchtbare Wohnungsnot. Allein 800 Agenten der Sowjet-Republik sollen unte diesen Ausländdern sein. Der Minister verwies auf den Fall in Spenge; der Vergleich hinkt bedenklih (Zurufe bei den Komm.). Den Erzberger- und den Rathenau-Mord hat niemand al3 Ver. brechen am deutshen Volke so {arf verurteilt als wir. Fch will hoffen, daß es nicht bei den heutigen Worten des Minister3 bleibt, sondern daß ihnen auch die Taten folgen werden. Die Selbsts%us8= organisationen werden von selbst verschwrinden, wenn das Volk sieht, daß der staatliche Schuß genügt. Den Bund für Freiheit und Ordnung hatte die Polizei zu [chüßen, nachdem seine Versammlung gestattet var; sah man pröovokatorishe Reden voraus, so hâtte man sie doyvelt und dreifach verbieten müssen. Der Minister hat doH

durchblifen lassen, daß nach seiner “Meinun Fehler A Se D, ; i O E

gemacht sind. Er int die Dinge wavreit n1:3t passiert, wenn 2r hie gewesen wäre. Man fann

doch aber die Sicherbeit in Berlin nit von seiner Anmwe?en=- heit abhängen lassen (Helterkeit). ‘Der Polizeipräsident hat offenvar das Bedürfnis gefüßlt, sich zu verteidigen. Gewiß dürfen wir hente niht unsere leßten Ziele marktshreierisch in die Welt rufen. Da gebe ih dem Minister durchaus recht. An die Vernunft der Massen darf man in so kritischen Zeiten politischer, mirtshafllicer, sozialer Revolution wie den heutigen niht denten und niŸt glauben. Es sind Febler gemacht worden, nah den alten Gzund- säßen der vreußislen Verwaltung trägt dasür die verantwortli:Ze Sielle dic Verantwortung, sie darf nicht untergeordnete Organe dafür iy die Wüste shicklen (Zurufe links: Jagow!). Unter Fagotw wäre das in Berlin nicht passiert. Die Polizei tvar doch gewarnt. Es sind auch Leute verleßt, die mit dem Bunde nichts zu tun haben. Die Vorgänge zeigen un3 den Abgrund, an dem wir steven, die Negierung muß dic Gefah» so ernst wie möglih nehmen. Tie Frage ist heute die: Hier Republik, dort Chaos. Wir werden ge=- meinsam untergehen, Befigende wie Besiglose, oder wic werden gemeinsam bestehen bleiben. Alles muß man heute vermeiden, vas ausfreizen kann. Man muß maßvoll und sal({ich bleiben. So verzweiselt, wie von manten Seiten hingestellt, ist unsere Laqe nicht; die Kartoffelernte bringt uns auch wol über diesen {weren Winter hinweg. Vorausseßung aber ist, daß Ruhe und Ordnung herrscht, damit wix in der Welt wieder Kredit gewinnen. Nur eine Regierung, die die besten Kräfte des Landes hinter siH hat, w1rd den Gefahren gewachsen sein, die uns bedrohen. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei).

Abg. Sch ul z - Neukölln (Komm.): Der Abgeordnete Navold hat uns eine pazifistischze Limonade verzapft, die selbst Hermenn Grz si iski zu matt war. Die Orgeschorganisation „Bund für Fui= heit und Ordnung“ wird ihre Mord- und Umsturzpläne weiter in die Tat umseßen. Die Orgeschorganisation Consul bat in ge cimen HZir?kularen Weisung erteilt, nur rüdsi4tslose, brutale, krieg5- und waffenerfahrene Männer aufzunehmen, die ohne weiteres schießen und einhauen. Das war auh die Stimmung der Mordbuben. die am Sonntag im Hirkus Busch ihr Wesen trieben. Velen Arbeiter führer wird in diesen Geheimzirkularen direkt der Meuchelmord E und planmäßig vorbereitet. Und solhe Dinge nennt

err Rabold harmlos! Die Gewerkshaften haben nah dem Rathenau-Mord das Verbot monarchistisher Demonstrationen efordert. Ein Volksparteiler leitet den Bund für Frei“eit und Bidruñs und sein M eur nole v. Kardorff hält uns hier eine olche heuhlerishe Rede! Wenn er meint, daß hier nicht die Frage ci „Republik oder Monarchie“, sondern „Republik oder Chaos“, o enthüllt sich damit der Weißgardist, der Monarchist. Der Ver- liner Sonntag?2vorgang ist nur ein Symptom größerer kommender Gefahren. Die hohe Polizei mit dem hohen Minister Severing an der Spizve {üt nur die Hochstehenden, nicht die Proletarier. Herr Severing \{hübht die Mörder des Arbeiters Poeske, anstatt sie festzunehmen. Nur schweren Herzens hat er den Polizeipräsidenten prei3gegeben. Herr Richter war nicht unterrichtet über den B1:nd und seine Tendenzen; desto unterrihteter war der Geh. Ober- E Weiß, der seinem Vorgeseßten weismachte, er handle sich um einen deutsh-völkishen Geselligkeit3verein. Der na“ er tnformierte Polizeipräsident hat dann durch die Presse die Oeffent- lichkeit belogen, indem er die Arbeiterschaft in niederträhtig- erbärmlicher Weise aus den Kneipen shwer bewaffnet zum Zir!us Busch ziehen und Mitglieder des proletarishen GesundHeit8dienstes Schupobeamte ermorden läßt. Daß die: oberen Beamten die unteren

zurüdcgehalten haben, ist ein aus den Fingern gesogenes Märchen: