1840 / 303 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

v R I G A C E A R E E T E E T EN

b1hn nah Deutschland ab. Man spricht davon, nächstens einen Nachrdiensk zu organisiren. -

, Das Sdbt-Polizeigericht zu Antwerpen hat beschlossen, seine Debatten in Flamändischer Sprache zu führen, wie dies schon lanze zu Gent geschieht.

Dänemarfk.

Kiel, 24. Okt. (L. A. Z.) Die Schleswig - Holsteinische Pa tei, welche jeßt in der eb n versammelten Schleswigschen Stinde- Versammlung prädominirt, geht in ihrer allerdings durch die Umstände hervorgerufenen Animosität um Vieles weiter, als die nämliche Partei in der eben beendigten Stände-Versammlung des Herzogthums Holstein. Sie zeigt sih als durchaus anti- Dänisch. Die Mitalieder der Roesfkilder, desgleichen der Aüt- ländischen Stände - Ver‘ammlung sollèn kein Exemplar der Ver handlungen zugesendet erhalten; jene vermuthlich. nicht, weil dort von Vereinigung sämmtlicher Dänischen Stände-Versammlunaen die Rede war, weil man das Herzogthum Schleswig Süd: Jüt- land genanat har. Auch wird neuerdings der Antrag auf Ver- cinigung der Holsteinischen Stände-Versammlung mit der Schlés- wiaschen gestelle werden. Endlich will man um Aufhebung der Verorönung in Betreff der Dánischen - Gerichts{prache petitio- riren.

Deutsche Bundesstaaten.

Hannover, 29, Oft. (Hann. Z.) Se. Majestät der Kd1ig haben den General-Lieutenant Grafen von Kielmansegge zum Staats- und Kriegs-Minister, unter Beibehaltung seines bisheri gen Ranges in der Armee ernannt.

Frankfurt a. M., 26. Okt. (Köln. Z.) Zu den früheren Vet- haftungen sind gestern abermals einige hinzugekommen. Obschon mehrere der Jnhaftirten wieder auf freien Fuß geseßt worden, sollen sich doch nicht weniger als 27 noch ‘in gefänglicher Haft befinden. Dem Vernehmen nach sind eine geheime Presse, Pro- clamation:n, viele Schriften, welche die Anschuldigung unter- stüßen würden, und bei einem der eingezogenen Individuen au cine Quantität Pulver vorgefunden worden. Es heißt, bei die- ser verbotenen Ge ellschast sey auch das Prinzip der Güterge- meinschaft anerkannt gewesen; ob auch in Ausführung, das fraat sich; überhaupt soll bei der ganzen Geschichte viel Ste. Simonisti- scher Unsinn mit unterlaufen. Der ältere regierende Herr Bür- germeister stattete gestern und heute Sr. A dem Kaiserl. Königl Oesterreichischen Bundespräsidial-Gesandten Grafen Münch- Bellinghausen Besuche ab, die jedesnal sehr lange währten.

Frankfurt a. M.,, 29. Okt. (Frankf. Bl.) Heute Morgen zwchen 9 und 10 Uhr starb dahier nach einer langen und \{merz- hast:n Krankheit Se. Excellenz der Herr von Schdler, General der Infanterie, bevollmächtigter Minister Sr. Majestät des Kd- nigs von Preußen bei der hohcn Deutschen Bundesversammlung in cinem Alter von 68 Jahren. Allgemein wird der Tod dieses in jeder Hinsicht ausgezeichneten Mannes betrauert.

Oesterreich.

Vien, 25. Okt. Gestern Abends 11 Uhr wurde Jhre Kaiserliche Hoheit die Frau Erzherzogin Sophie von einem todten Prinzen entbunden. Die hohe Wöchnerin befindet sich úbrizens den Umständen gemäß, indem die Entbindung ohne Un- fall vor sich gegangen war.

Se. Majestät der Kaiser haben dem Erzherzoge Friedri in Anerkennung des ruhmvollen und entscheidenden Antheils, den Se. Kaiserl. Hoheit an der Erstärmung von Saïda nahm und seiner dabei an den Tag gelegten peridnlichen Tapferkeit, das Ritterkreuz des militairischen Theresien-Ordens zu verleihen geruht.

Fürst Esterdazo chickt sich an, Wien unverzüglich zu verlas: sen. Auch Graf Lüßow wird demnächst auf jeinen Posten in Rom zurückkehren. Der Courier:Wechsel mit Petersbura, Ber- lin, Paris und London ist ungemein lebhaft. Mehrere Couriere der ÖDestcrreichischen Staats: Kanzlei sind in diesen Tagen adge- fertigt worden.

_ Eine über Triest eingelaufene Schiffer - Nachricht läßt die Ínsel Kandien in die Gewalt des Sultans übergegangen seyn, doch bedarf dies noch sehr der Bestätigung.

S chch,w'e i z.

Vom Genfer See, 14. Okt. (A. Z.) Der als Offizier wie als politischer Schriftsteller gleich sehr ausgezeichnete Schwei zerische Oberst Rilliet in Genf hat sich dort vor kurzem tüchtig über die neutrale Stellung und Vertheidigung der Schweiz im Fall eines Krieges ausgesprochea, und es wäre sehr zu wünschen, daß seine Stimme gehdrt werde, wena er sagt: „Wir haben weder die Marseillaise noch das Rule Britannia zu singen; der einzige Ton, der u1s ansprechen und rühren soll, ist das große Alpenhorik, mit dim unsere Vorfahren gesiegt haben. Die erste und unerläßliche Bedingung unserer Existenz ist, daß wir Europa beweisen, daß unsere Neut-alität kein leerer Buchstabe, sondern daß sie unsere einzige Policik, unser einziger Gedanke ijt. Wir müssen dann dem Aus'anckd auch auf das unzweideutigste beweisen, daß wir se entschlossen sind, diese Neutralität zu behaupten. Um ihm d'es glaublich zu machen, braucht es wenig Worte, aber viel Tha“. Zuerst müssen wir vor Europa hintreten mit einer Re- gierung, die fähig ist, im Namen der Schweiz zu sprehen Und zu handeln... Ferner müssen wir darthun, daß sih der Geist der Zwietracht in der Schweiz nur bei einigen Alten, Unverbes- serlichen erhalten hat, daß die zweiundzwanzig Fahnen, die neulich

auf dem Solothurner Schütenfest zusammenstanden, si auch

künfcig nit mehr trennen werden. Drittens müssen wir unsere Neutralität auf wirkliche Maßregeln stüßen und gründen. Diese Maßregeln sind doppelter Natur, finanzieller und militairischer. Erstere sind am wichtigsten. Denn es ist bekannt, daß die Schweiz eine Pflanzshule von guten Soldaten ist. Aber man weiß auch, daß unser Land keine Finanzen hat; man meint also leicht mit ihm fertig zu werden, wenn man seinen {wachen Schaß erswzödpft. Beweisen wir, daß diese Meinung irrig ist. Deshalb ist vielerlei zu thun, und es muß gl ih geschehen. Für erste müssen wir uns versichern, daß alle unsere ausgelichenen Schweizerischen Fonds soglei eingezogen werden können. Ferner muß unagesáumt ein Aufruf an alle Kantons ergehen, wenigsiens sechs Geld-Kontin- gente zu stellen, damit jene Summe verdoppelt werden kann. Diese Kontingente sollen zurückgezahlt werden, wenn die Gefahr an unseren Bergen vorüberziehr. Ferner muß für den Kriegs: fall ein Anlehen im Lande selbst gemacht und von der Confdde- ratio1 und den Kantonal-Regieruagen verbürgt werden. Wenn dies Anlehen niche sogleih- zu Stande käme, müßte man für immer an dem Schweizer Patriotismus verzweifeln. Endlich muß ein allgemeiner Aufruf an den Patriotiómus gemacht , Und jede seiner Gaben mic Dank angenommen werden. Wenn jo, wie ich nicht zweifle, die Armee auf ihren Sold verzichtet, in so weit er niht sür ihren Unterhalt nd.hig ist, so

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muß dies angenommen werden... Für die Armee selbst müßten folgende Grundsätze aufgestellt werden : Die Gränzen müssen freigelassen werden mit Verzichtleistung auf das System von Cor- dons oder Observations:-Armeen; nur einige Polizei Posten können da aufgestellt werden, um die G zu bezeichnen und Jrr thümer verhindern. Die ganze ‘chweizer - Armee muß zwei große Corps bilden, jedes zu 32,000 Mann, unter einem Gene- ral en chef. Ein Corps würde in dem Innern der éstlichen Schweiz aufgestellt, das andere in der wesilichen.

ihren Posten seyn. Am Fall der Noth muß jedes Corps in hôchstens aht Tagen gebildet werden können. Wenn diese Maßregeln ergrissen sind, aber nicht früher, muß die Schweiz zu den Eurcpäischen Mächten \prechen, um ihnen zu erkláren, daß sie ihr Gebiet und ihre Neutral’tät z11 vertheidigen gesonnen is; sie muß erklären, daß, wenn diese Neutralität ab- sichtlich , wenn auch nur für Einen Tag, verletzt wird, sechszig- tausend Schweizer gegen den Angreifer marschiren, Und als des sen Feinde auftreten werden, daß sie ciue gleich starke Reserve haben, und sh überdies ‘auf die ganze männliche Bevölkerung des Landes stüßen. Diese Sprache wird Europa verstehen ; wird sich aber die Schweiz fo aus\prechen ?// Was Deutschland und die Deutschen Mächke betrijjst, würde ihnen im Kriegsfall diese Achtung gebietendc Stellung der Schweiz willkommen und erfreus- lich seyn, denn Niemand denkt dort daran, das stammverwandte Nachbarvolk anzugreifen, zu erobern und zu unterwerfen, wie der Obrist Rilliet zu glauben scheint.

Spanien.

Madrid, 19. Oft. Die Ruhe der Hauptstadt ist nicht gestôrt worden, aber die “Auewanderung währt noch immer sort.

Dem Vernehmen nach wird die Königin Jlabella und die provisorische Regentschaft am 2lsten von Valencia abreisen, und es fehlc natürlich nicht an den verschiedensten Gerüchten über dic Abüchten der neucn Regierung. Man versichert unter Anderem, daß der Herzog von Vitoria auf alle Titel und Würden verzich- ten, und, zufrieden mit dem Ehrennamen eines Friedenstiftere, sich in die Stille des Privatlebens zurückziehen werde. Man fúgt hinzu, daß überhaupt die höheren Klassen dem Prinzip der Gleichheit huldigen und alle aristokratische Titel und Würden ab- schaffen wollten, um die Lasten des Staates zu erleichtern. Aud) soll die Armee eine mehr dkonomische Organisation erhalten.

Die hiesigen Blätter billigen im Allgemeinen die Abdan?tung der Königin. Das „Eco del Comercio“‘, Oraan der cxaltirten Partei, empfiehlt dringend, den Infanten Don Francisco de Paula und seine Familie nicht zurúckzurufen. „„Jhre Entfer nung“, sagt das genannte Biatt, „war nicht nothwendig, ihre Rückkehr wäre ein Unalück für das Land. Eine Kamarilla hat man gestürzt, man bilde nun nicht eine zweite.“ Schließlich wünscht das Blatt dem Lande zu dem gegenwärtigen Zustande Glück und hofft, daß sich Alles zum“ Guten wenden werde.

Türkei

Konstantinopel, 6. Okt. (Réforme de Smyrne.) Ar Bord des am sten Hier angekommenen Dampfbootes „Fer: dinand‘ befanden sich Nüri Bei, Kapu Kiaja Mustapha, Pa- \cha’'s von Kandien, und die Offiziére einer von dem verbündeten Geschwader genommenen Axgpptischen Fregatte. Dasselbe Boot hat die Nachricht überbracht ;daß Fie Aegypter bei jedem Zu- fa umentreffen mit den gelandeten Truppen geschlagen worden sind, und daß die Englischen , Oesterreichischen und Türkischen Soldaten an Tapferkeit mit einander gewetteifert haben. Bei dem Angriff auf Saida zeichnete sich bekanutlih der E:zherzog Friedrich sehr aus. Es wurde ein Offizier an seiner Seite ge- tödtet und in dem Augenblick, als er in die Festung eindrang, fiel ein Theil einer Mauer um und begrub ihn fast unter dem Schutt; er seßte jedo, mit Staub bedecîr und den Degen in der Hand, seinen Weg fort, indem er durch Zuruf und Beispiel seine Leute anfeuerte, die ihm mit dem größten Enthusiaëmus antworteten. Man konnte sich leiht Überzeugen, daß das Blut des Erzherzogs Karl, den Napo!eon den geschitesten General und unerschrokensten Soldaten Oesterreichs nannte, in den Adern dieses jungen Prinzen rollt, der dort auf die ruhmvollste Weie seine Bluttaufe empfing.

Das Dampfboot „Euphrat“, welches Touton am 21. Sep- tember verließ, ist am sten d. M. hier eingelaufen und sóll Vor: schläge zu einer Vermittelung zu Gunsten Mehmed Als über- bringen, über die indeß noch nichts Naáheres verlautet.

Das Dampfschiff „„Tahiri Bahri“/ ist am ksten mit 1000 Mann von hier naci Syrien abgegangen, und die Regierung hat Kauffahrtei - Schiffe gemiethet, um auch die noch übrigen Truppen eben dorthin zu transportiren. L i :

Es finden täglich Ü onferenzen statt zwischen Reschid Pascha, Lord Ponsonby und dem Oesterreichischen Internuntiuus In Folge einer langen Unterrédung, die der Lebtere am 29sten mir Zeschid Pascha hatte, hietténam nächsten Tage sämmtliche hohe Würdenträger der Pforte eine außerordentliche Berathung, die den gegenwärtigen Zustand der Angelegenheiten betraf.

Talat Efendi, der das Amt eines Amedschi im Divan be- fleidet und lange Zeit Gesadter-des Sultans in Paris war, ist zum Muhassil von Cypern ernannt, worden und wird unverzüg- lich auf seinen Posten abgchen. : L

Die Regierung will zur: Erinnerung an die neuerdings. ín die Verwaltung eingeführten: Reformen und namentlich an dic heilsamen Maßregeln in Betreff der allgemeinen Verpachtungen, auf ¿em großen Plaße Sultan Bajased's cine hohe Marmor- äule errichten lassen. ie T ‘dp :

Fethi Pascha und Said Pascha find in cinem Regierüngé- ampfboote nach der Küste von Karaburun abgegangen, um die uerdings in jener Gegend entdeckren Kohlenminen- zu unter-

en. / N Das Portofoglio Maltese meldet aus Konstanti- opel, vom 8. Oktober: „Die Miision des Grafen Walewsfy be- and darin, die Pforte zur Annahme der Vermitteluna Frahkreichs

bewegen. Es \ceint, als ob er theilweise seinen Zweck erreicht

te, indem die Pforte, wie es heißt, die Vermittelung Frank-

ihs hinsichilich Aegyptens annimmt, jedo hinsichtlich yriens_ dieselbe zurückweist, Vorgestern ist der Graf nah [cxandrien abgereist, um dem Pascha diesen Entschluß der Pforte itzutheilen.“ i 2 Die Marseiller Blätter melden nun ebenfalls, daß

e Jnsurrection in Syrien s{ch immer mehr ausebreite, was sie ihrem Mißmuthe dem Golde der Engländer beimcssen. Lehz-

er geht übrigens in Französischen Zeitungen so weit, daß hie

a Briten die hôchsten Grausamkeiten bei ihrer Besetzung der yrischen Le LOR andichten. Es is natürlih nit zu ver- iden, daß die Türkische Soldäteska, ihren Gewohnheiten fol-

d, durch Pländerungen ihre Tapferkeit zu be‘ohnen sucht; direkte Berichte stimmen jedoch darin überein, daß die Eng-

Die Generals stäbe und die Offiziere des Kriegs. - Kommissariats müssen auf |

t

länder diesem Unwesen so vicl als möglich entgegen arbciten und die Mannszucht überall aufrecht zu erhalten suchen. *

Aegypten.

Alexandrien, 5. Oft. E Z) Der Abbé Etienne, Prior der Lazaristen, ist am 22, September von hier nach Sa1da auf dem Französischen Dampfboot „„Castor‘’ abaeaangen. Er hatte die Mission, den Ma:oniten des Libanon Frieden zu pre- digen, sie zu ermahnen, daß sie bei dem bevorstehenden Kampfe zwischen den gelandeten Englisch-Türkijchen Truppen und der Ar mee Jbrahims ruhig auf ihren Bergen bleiben möchten. Am 21. Sepr. stiegen Herr Ecienne und der Kommandant des „Castor“ in Sa1da ans Land und begaben..sich zu dem dortigen Französi schen Konsul. Tags zuvor hatten cinige Englische Dampfodre mehrerere Kanonenschüsse auf die Stadt abgefeuert. Das Fran: zdii he Dampfboot wurde alsdann an den Admiral Stopford ab: ge chickr, um ihn zu ersuchen, daß er dem Kommandanten erlaube, Beirut und andere Küstenpunkte zu*etreten. Letzrerer wollte S ol

man Pvicha aufsuchen, um den Abbé Ecienne ihm vorzustellen. -

Zwar bewilligte der Admiral das Gesuch, bemerfkre dem Kommandan- ten aber, daß die Wege durch Räubek unsicher gemachr heyen. Dieser kehrte hierauf nah Saïda zurück, da er auch erfahren hatte, daß Soliman Pascha nicht in der Nàhe sey. Am 2isten er chienen vier Englische Kriegeschiffe, welche von eben jo vielen Dampfbôten am Schlepptau genommen waren, vor Saida. Der Kommandant des „Castor“ begab sich, ein Bombardement voraussehend, zum Englischen Commodore und verlangte von ihm die nôthige Frist, um alle in Saida ansässigen Franzosen und übrigen Europäer, welche sich auf scin Schiff za flüchten wünschten, an Bord zu nehmen. Der Commodore bewilligte bloß e.ne Stunde. Während dieser Zeit wurden geaen funfzehn Familien glücklich aufs Französische Dampfboot gebracht; dar- unter die Familie Soliman Pascha s. Um ll Uhr fiel der erste Kanonenschuß, welchem ein sehr lcbhaftes Feuer aller Englischen Schiffe folgre. Die Stadt, welche keine Batterie hatte, ant- wortete nihr. Neunhundert Türken und dreihundert Englische Marine - Soldaten landeten und nahmen dic Stadt ein, erlitten aber einigen Verlust, denn die Aecgyptter empfingen sie mit einem lebhaften Flintenfeuer. Der Aeayptische Oberst wurde in diesem Gefecht durch cinen Englischen Matrosen getödtet. Sein Tod brachte eine gänzliche Muthlosigkeit unter jene Soldaten, von welchen viele gefanzen genominen wurden. Tags darauf war Alles ruhig, und sámmtliche Familien, welche sich auf das Französische Dampfboot geflüchtet hatten, kehrten nach Saida zurück, wo sie ihre Häuser mehr oder minder be\hädigt fanden. Am meisten gelitten hatten die Häuser Soliman Pascha's und des Oesterreichischen Konsuls. Der Enalische Commodore machte der Familie Soliman Pascha's einen Besuch und entschuldigte sh, daß er der Plünderung ihrer Wohnung durch die Türki- schen Truppen nicht habe Einhalt thun können. Der Französische Ko sul und der Abbé Etienne hatten sich während des Bom- bardements eine Stunde weit ins Gebirge zurückgezogen. Leb- terer kehrte auf dem „Castor“/ wieder nach Alexandrien zurück, da er erfahren, daß das Gelingen jeiner Mission niche mehr mdg- lich sev, denn der ganze Libanon befand sih in furchtbarer Auf regung. Seine Bewohner, welche vom Hungertode bedroht sind, hatten sih erhoben, und alle Wege waren mit Räubern bedeckt, welche plünderten und mordeten. Der Emir Besd ir wird ver: abscheut, denu ihm hauptsächlich schreibt man das Elend der Be- vdlferung zuz er erhob jährlich 20— 30,600 Beutel an Abga- ben, während Mehmed Ali davon nur 2510 Beutel erhielt. Der Abbé Etienne hat über das Benehmen des Emirs “dem Vice-König Bericht erstatter. Dieser antwortete, es se» unmdg- lich für den Augenbli, die Sache zu ändern. Ibrakt im und Soliman sollen mit 40,000 Mann (?) um Beirut stehen. Die Engländer haben folgende Punkte bejeßzt : das Vorgebirge bei Bei jut, Kassa, Saïda, Zur (Tyrus), Jajfa und wahrscheinlich |ke- hen sie in diesem Augenbli vor Tripolis. Von den 15,000 Flinten, welche die Engländer vertheilt haben, sind viele Jbrahim Pascha gebracht worden. Sechs christliche Dörfer wollten aber die ihrigen nicht ausliefern, und wurden deshalb auf Bef: hl Jbra- him’s verbrannt. Es wäre nicht zu verwundern, wenn bald ein allgemeiner Aufstand ausbräche, denn allenthalben herrscht in Sy- rien Hungersnoth. Nachschrift. So eben trifst ein Courier aus Syrien ein, welcher meldet, daß 20,000 Maroniten zu den Waffen gegriffen haben. Abrahim hat sich an die S pie der Drusen acstelle, um gegen die Maroniten zu marschiren. Alle, welche sich ihm anschließen, erhalten die schriftliche Versicherung, daß sie und ihre Familien künftig steuerfrei seyen.

Nachrichten aus Alexandricn bis zum 7. und aus Malta bis um 15. Oktober zufolge haben die Lngländer schon am Gen die Blokade Alexandriens angefangen, die erst am iGten beginnen iollte, doch dürften die Französischen Dampfböte ihre Fahrten 1ngehin- dert fortscben. Die Engländer hatten Beirut wieder verlassen und Soliman Pascha die Staèt bescht; durch die Eroberuna von Saïda gerieth derselbe aber in eine kriti:che Lage, wesha'b man glaubt, cr werde es ebenfalls wieder räumen, wie dein überbaupt Tie Lage der Acagyptischen Armee ¿n Syrien nichts weniger als erfrenlih seyn soll. Mchmed Alt war auf einige Tage nah Kahira gegangen, um, wie er sagte, seine Tochter zu beruhigen, die über seine kürzlich ü-e-stan- dene Unpäßlichkeit in Sorge war. Seine moralische Kraft soll durch die neuesten Ereignisse ziemlich erschüttert seyn. Vor seiner Abreise hat'e er cine Menge Kameele zu\am- mentreiben lassen, um Vorräthe zu Lande nah Syrien zu {haff}en. In Malta war seit zwanzig Tagen kein Dampfvook aus Syrien angclangt, und man war ohne direkte Nachrichten von Stopford. Das Ostindische Felleisen mit dem Daa1pfbookt „Liverpool“ von England angekomnien, ward deshald zurückgehalten. Das Dampfboot felbst ging inzwischen .mit den Passagieren nad) Alerandrien ab, indem ‘es diejen zusichert€, falis sie nicht durch: gelassen würden, sie unentgel.lih wieder näch Malta zu bringen. Herr von Walewsky war aus Konstantinopel wieder in Alexan- drien eingetrcffcn. Die meisten Europäischen Familien haben Alexandrien verlassen oder schicken sich zur Abreise an, so“ daß man in den Straßen sclten mehr cinem Europäer begegnet.

Alexandrien, 8. Ok-. (Malta Times.) Der Pascha ist gestern nah Kahira abzereist und hat Herrn Larking nochmals die Versicherung gegeben, daß die Jndische Post wie gewöhnlich ungehindert durch Aeaypten passiren könne.

Der Capita:n Fisher, welcher das Britische Geschwader vor Alexandrien kommandirt, hat am 6. Oktober nacbstehende Be- kfanntmachuna in Bezug auf die Blokirung der Acgyptischen und Syrischen Küsten erlassen.

„„Déer chreuwertbe Admiral Sir Robert Stcpford, Oberbefebléha- ber der Schiffe im Mittelmeere, bat ven dem Britischen Betschafier in Konstantinevel die Miltbeilung crhalten, daß der Sultan die Auss ührung eincr strengen Blekade an deu Küsten ven Svricn und Aes gppten anbefchlen habe. Deu Jusiructionen des Admirals gemäß, zeige

La daher Mehmed Ali hiermit an, daß mit dem Tage, an dem diese ekanntmachung erlassen worden, eine sirenze Blokirung der Häfen pad Küsten Syriens und Aegyptens auch in Bezuz auf Handels chiffe beginut.““

Fnland

Berlin, 31. Okt. Jn Tasdorf (3'/2 Meile von hier) im Wirthshause des Gastwirths Finger brach in der Nacht vom 2Wsten zum 30sten d. M in einem Stalle Feuèr aus. Es brann- ten nicht allein sämmtliche Gebäude dieser Wirthschafc ab, so daß der Gastwirth nur das nate Leben rettete, sondern auch 5 mit Meügürern bcladene Frachtwagen, welche vor dem Wirthehause ill hielten. Gleichzeitia sind 19 —20 Pferde vexbrannt. Men-

\chen sind nichr zu haden gekommen.

Linz, 2. Okt. Währ-:nd von anderen Wein-Gegenden über das gänzliche Mißrathen der dies¡ährigen Wein- Aerndte laute Kla- gen erschallen, auch von der Mosel aus gemeldet wird, daß in Folge der diesjährigen schlechten Leje die iK39er Weine bis 20 pCt. in die Höhe gegangen, fühlt sich der hiesige Winzer bei seinem Herbstsegen noch ganz behag!ih, indem der Sein dem votrjähri- gen an Güte nicht nur fast völlig gleichkommt, (Mostgewicht des vorjährigen 87°, des diesjährigen 85%), sondern auch die Q'unticät die vom vorigen Jah-e übertrisst und, bei nunmehr e'naetretener Lese, der Ertrag die ungefähre Schäßung weit übersteigt.

Wissenschafe, Kunst und Lireratur.

Berlin. Jn der lehten Zeit, die uns ia der Wirklichkeit so Großes erleben ließ, hat sich in diesen Viltiern weniger Raum ju Be richien über die Erscheinungen in der Kunstwelt gefunden; namentlich werden noch einige Rückblicfe auf die Vorstellungen der hicfiegen Theas- ter zu werfen sevn, wenn feine Lücke in unseren chroniitischen Uebersich- ten entstebea soll. Die vergleichende Zählung der verschiedenen Arten von Stücken, mit Hervorhebung der am häusizsten aufgeführten, be- halten wir uns indes bis zum Schlusse des Jahres vor, da sich m den kurzen Zeiträumen e'nes Monats doch fein bestimmtes Resultat aus so:hzu Angaben es läßt. Es fönnen momentane Verhältnisse guweilen cine Beschränkun des Repertoirs oder eine Wiederholung einzelner Stücke veranlaßt haben, und man würde dann irren , wollte man daraus auf die vorherrschende Richtung in dem Geschmack des Publikums schließen, dem sich webr oder weniger am Ende dech jede Bühnen - Direction anbequemt, während sie allerdings auch Manches dazu thun fann, ihn za leiten, wiewohl dies mehr die Aufgabe der für die Bühne produzirenden Kräfte ist. Wenn dramatiscve Dichter und Komponisten wahrhaft Bedeutendes schaffen, wird gewiß jedes Theater sich becifern, ihre Werke zur Darstellung zu bringen. Liegt aber die poetische Produktivität nicht im Geste der Z-it, so sind alle Klagen über den Mangel au großen crhebenden Eindrücken auf der Bühne vergeb- lich, oder ‘man muß stets wieder zu deu Werken der Vergangenheit zurückehren, die immer noch eine sehr reihe Fundgrube darbietet. Aber es macht sich andererseits auch das Verlangen fühlbar, das Neue fennen zu lernen, was die Gegenwärt liefert, und das Pubtkfum würde wenig zufrieden sevn, wollte mau ihm nur ältere Werke vorfübren. Findet man si durch dics Nene nicht befciedigt, so i es s{chlimm fär Pubukum und Theater, aber die Abhüle muß doch hauptsächlich von den Dicvtern und Komponisten ausgehen. Daß talentvelle, einheimische Productionen nicht unbeachtet bleiben. davon haben uns die biesigen Bühnen fort- wäbrend Beispiele gegeben, und sie werden gewiß damit forifabren ; aber man wird zugleich einräumen müssen, daß, wenn au in der drama- tischen Dich!funst seit ciniger Zeit in unserem Vaterland wieder mehr Reg'amkeit sich zeigt, doch die Deutsche Oper wenig Neues von einiger Bedeutung hervorbringt, so daß die Bllhuen ih genötbigt sehen, hier êft.r zu ausländischen Erzeugnissen ihre Zuflucht zu nchmen. Jndeß find die einheimiichen Kompouisien desbalb nicht zurückgeseßt wordeu ; wir haben die besten Werke Spoh;'s, Marschner's, Lorying's auf der Königlichen Vübne, wir haben Opern von C. Kreuger, Gläser, Bénedift auf der Königstädtischen zu hören befommen; auch die ersten Versuche junger Talente, wie C. Ecferi's und Schâffer's, sind auf beiden Theatern in Scene gegangen. Wellte man uns aber nicht auch mit den neuen Französischen und Jtatiäniscben Opern befaunt machen, die auf den Bühnen des Auslandes, beionders deneu von

aris, am meisten gefallen, und auf die das Pubiifum durch Zeitungs: erichte neugierig wird, so würde sich siherli Unzufciedenheit darüber äußern. Wenn man also nur nicht versäumt, das Gute, was das Vaterland an n:uen Werken darbietet, zur Darstellung zu bringen, und daneben abwechselnd eine der gediegenen, nicht veralteten Opern frühe- rer Zeit wieder in Scène zu segen, wie es kürzlich mit „Titus“ uno „Riward Löwenberz““ geschehen, fo werden auch Werke, wie Auber's Feensee und Mercadante's Bravo, nicht zu vershmähen seyn, ? uns doch au fair erhalten mit den musikalischen Leijungen des Aus- landes und insofern immer Jutecesse genug darbieten. wie gering auch ihr innerer Kunstwerth sern maa. Die erstere dieser Opern könnte man eigentlich ein Decorationsstück mit Musik uenuen, so überwiegend ist darin der Reiz der äußeren Ausstattung, der scenischen Effekte im Vergleich zu dem musikalischen Gehalt. Maschinerie und Malerei ha: ben am Schluß der Oper, der woht zehn Minuten lang nur noch ín Bewegung von Decoraticuen u ter Ordester - Begleitung besicht, das Wunderbarste geleistet, was wir bis jet hier in dieser Art gesehen. Der Eindruk ift in der That so überraschend und za2uberisch, daß er ergrei: fender wirt, als irgend ein Moment der Oper selbst. Auch der Kar- neval in Köln im dritten Aft gewäbrt ein reizend bewègtes Bild wenn: gleich der Aufzug der Gewer!e, dem gegenüber, welchen wir fkür4'ich hier im wirklichen Leben gesehen, in seiner Wirkung etwas geschwächt werden mußte. n musikalischer Hinsicht ninunt diese Oper, wie ge: sagt, scibs im Vergleich zu Auber's anderen Werken, einen nur niedri gen Standpunkt ein. “Es is wchl hier uud da ein Ansl 4g von hüb- scher Melodie, aber es bleibt auch bei dem bloßen Anflug ; eine oder zwei furze melodische Zeilen, und dann gleich wieder ein meistentheils faltes und mattes Gemisch hohler Pyrasen. Die beiden mit einander ab- wechselnden Feen-Chöre, die in der Oper öfter wiederfebreu, find nicht dur sich selbt, sondern uur durch die Art, wie sie eintreten, durd den Kontrast, von einiger musikalischer Wirkung. Etwas über e N'veau der übrigen Musik erbeben sih ein Duett zwischen dem Stu: deuten Albert und der Fce Zeila am Aufang des dritten Aktes und ein Duartett im vierten Aft ; das erstere besonders ist nit ohne Poesie und zeigt, was Auber uo vermêöchte, wenn er seine Kunsi nicht ü den lezten Jahren zu einer Fabrik: Arbeit gemacht hütte; ei oBey viscen i Alte; eine Remi- z am Awfange dieses Duetts an das bekannte Deutsch

Lied: „Willkommen, o seliger Abend““, so wie in der fol s : tinè ; y Ls E r folgenden Cava- ant „Du, du, lieg]st mir am Herzen“, mag zufällig sevn, dec ist

es auch möalich, daß der Komponiit sich wirkli nah ein paar Deut schen Volks-Melodieen umaeschen hat, um der in Deutschland spielen- den Handlung doch etwas Nätionales einzumischen. Was nun die an- dere der obengenannten Opern, den „Bravo“ von Me-cadante anbe- langt, so ist nicht zu leugnen, daß i viel mehr schône Gesanasfellen und auch in F : ; ejangsftesllen ; ine reichete, oft ausgezeichnete Justrumentation enthält ;

aber eigentlich ergreifende Momente fiuden ch in ibr eben so wenia, and die ziemli bewegte Handlung leidet an dem Uebelstande, daß sie L, früberen Vorfällen wurjelt, mít denen uns ein Vorwort zu dem ertbuch erst befannt machen muß, 1m uns nur einigermaßen für die auftretenden Personen zu interessiren und über ihr dunkles Verhältniß ju einander aufzuklären. Für die leidenshafttichen Scenen der Handlun at der Komponist, woran es den Jtaliänern gewöhnlich mäugelt nicht {eaua Tiefe „des Gefühls besesse::; dagegen sind ihin die elegischen r Q ebr gelungen; ein páar Kavatinen, ein Duett n d cin größeres usemble-St ck des legten Aktes zeichnen sich vorzüglich durch

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s{öône Cantilene und woblklingende Harmonieen ans. Mit Vergnügen sah man auch eines der besten Werke Rossini's, seine Belagerung ron Korinth, die lange zurückgelegt war, fkürilich auf der Königlichen Bühue wieder erscheinen, cin Werk, das sich dem „Othello“ und dem „Bar- bier von Sevilla“ zur Seite stellen darf, und dem sich nux noch eine von den späteren Opern desselben Komponisten, sein „Wilheim Tell“, in gleich würdiger Weise anschließt ; dramatisches Feuer und seelenvelle Me- lodiecn, selten von dem frivolcn Getändel anderer Rossini- {her Compesitionen untcrbrochen , vereinigen \sich darin zur sché&nsten Wirkung. Möchte nun auch manches andere ástere Werk, welches wir lange entbebrt haben, wieder ins Leben ge- rufen werden; es würde zu weit führen, bier auf mebrere dieser älte- ren Opern aufmeifsam zu machen; wir brauchen nur die Namen Mozart, Cherubini, Gretry, M-hul, Salieri, Sacchini, Paesiello, Ci- marosa, Spohr, Ries zu nennen, und jedem Musiffreunde werden Opern genug ins G dic tniß kommen, die er wiedererwect sehen mechte. Eínes jedoch fénnen wir uiht umhin besonders anzuführen, da cs fürzlic) auf einem auswärtigen Theater mit dem glänzendsten, fast un- erwarteten Erfolg, zu Franffurt am Main, auf die Bühne gebracvt wor’*en: Gluc's „Jphigenia in Aulis“. „Es feicrte in diesen Tagen“, sagt ein dortiges Blatt, „dr wahrhaft gebildete Geschmack in den Hal- len unseres Tbeaters cinen faum zu ahnenden Triumph. (Gluck's Jphigenia in Aulis wurde mit einer Vollendung ohne gleichen gege- den, denn was auch seither Schines uind Trefflicves im Gebiete der Oper auf unserer Blihne geleistet worden , so gedühri dec dieser Auf- führung die Palme. Es war für uns ein-wirkliches Ereigniß, daß sich die vorhergegangene Spannung wegen der Aufnahme di ses Wer- fes in cine wahrha!t musikaliswe Wonue auflcste.“ Das Haus war bei der dritten Vorftellung Überfüllt, und Alles staunte, wie mit so einfachen Mitte!n so Außerordentli hes, # ticf und mä.htig Ergreifen- des bewirkt werden fönne. 10,

Versuch einer medizinishen- Topographie und Statistik der Haupt- und Residenzstadt Dres- den Von Pr. Ernst Julius J. Meyer, praktischem Arzte 2c. früher zu Berlin, jeßt zu Dresden. - Nebst einem Grundrisse von Dresden Und drei Tafeln mit graphischen Darstellungen. Stolberg am Harz und Leipzig. 1840,

In gr. 4.

Der ersie Anblif diefes umfassenden und einem größeren als bloß dem medizinischen Publikum sich darbietenden Werkes , das so beschei- den als „Versuch“ sich aufündigt, hat bei Ref. einen eigenen Eindruck erzeugt, denn mit demselben beshmt die Hauptstadt unseres Nachbar- landes gewissermaßen die weit größere Haupt- und Residenzstadt Ber- lin, die sich des Besiges eines solchen nugzreichen Werkes noch nicht rübmen faun. Die Veranstaltungen phpsikalisch - medizinischer Topo- grapbicen lag von je her in den Planen und Wünschen der besten A-rite, weil sich aus der Zusammenstellung vieler lokaler Gegenstände mediinishe Anhalts-Resuitate für die ganze Wissenschaft herausstellen müssen. Namentlich gilt dies von der Lehre der epidemischeu und en- deimischen Krankheiten, von der Einwirkung des Bodens, des Klima, der Gewohnheiten, Lebensweise, Kleidung, Nahrung u. st. w. auf die Kraufheits-Erzeugung. Judem nämlich die Aufgabe einer solchen me- dizinischen Topograpbie nur dadurch gelöst wird, daß sie eben nebst der Beschreibung und Angabe der herrschenden Krankheiten die totalen Mo- mente, welche dazu beigetragen. aufzählt, ergeben sich die wichtigsten, ätiologischen, pathologischen und patbogenetischen Fafta, deren Ver- öffentlichung dann nech überdies den Nugten für die betreffende Stadt hat, daß die Einwohner auf die Schädlichkeits-Momente aufmerksam gemacht werden. So erfüllt denn eine gute medizinische Topographie drei Zwecke: sie liefert Beiträge zu einer topograpvischen , geographi- schen und ethnographishen Medizin, sie diem der Wissenschaft und, in größeren oder fleineren Kreisen, der ganzen Menschheit.

_ Diese Zwecke finden wix denn in dem vorliegenden, höchst müh- selig fonstruirten Werke, bei welchem sein Verfasser. außer von mehre- ren namhaft gemachten Behörden und gelehrten Vereinen, von nicht weniger nech als 48 Männern der Wisseischaft unterstlißt worden, aufs Beste ausgeführt. Der Verfasser hat ohtte Aufopferung seiner Selbsk- ständigkeit nach dem Mußer, das eine unserer Preußifcheu Regteruug (in Köln) im Jahre 1824 an Krefsphvsiker für Topographicen gegeben, seine Beschreibung der Stadt, welche so viel Jnteressantes enthält, ge- liefert, nahdem, wie Ref. aus seinem mehrmaligen längeren Aufent- balte in Dresden mft Zuverlässigkeit weiß, Eingeborne (denn der Herr Verf. ist Preuße) sich lange vergeblich darum bemübt hatten.

Un das Verdiensiliche diescr Arbeit den Leser gleichsam übersehen ¡u lassen, bezeichnen wir in Kürze dessen reihen Jnhalt, der durchaus nichts Fernliegendes oder Fremdartiges enthält, infofern das Statistische fei: neswegs als NebéusaGe betrachtet werden fann, wo es sich um die Erforschung selbst von unwichtig scheinenden Dinacn handelt.

Der erste Abschnitt, welcher von der Beschaffenheit der Stadt handelt, schildert in 6 Kapiteln Dresden und scine Umgebung beson- ders in wissenschaftlicher Beziehung. Hier verbreitet sich der Verf. mit großer Umsicht über die Lage, Höve, Eintheilung und Größe der Stadt, so wie über das Klima und Witteruug, wodurch eine sehr intere?ante

usammenstellung meteorologischer Beobachtungen während cines zehn- Jäbrigen, überall zum Grunde gelegten Zeitraums gegeben ist. Ferner wird bier Boden, Gewässer und Knltur- Verbältnisse stizzirt und uur zu ausführlih Flora, Fauna und Mineralien: Produkte vorgeführt

Der zweite Abscnitt führt dem medizinischen Theile näher, in- dem er über den physischen und moralischen Zustand (besser Eigen schaf- ten) der Einwohner berichtet; ersterer in nächster, legterer in mchr ent- fernter Ursache zur Kranfheits-Erzeugung ftchend. Jusofern nun frü- bere Einwirkungen hierauf nicht ohne Folgeu bliebeu, so beginnt der Verf. mit Recht mit der Geschichte Dresdeus (Kap. 7), währeud uns die folzenden Kapitel schon mehr zu den eigentlichen Gelegenheité-Ur- sachen der Kranfheiten führen, die wir nicht undentlih aus dem refe- rirenden Berichte beraué finden : fo handelt Kap. 8 bis 26 über Woh- nung und Bauart (Zabl der Häuser, Etagen, Fenster, Bewohner : über Bedachung, Keller, B-ücfen, freie Pläye, Pflaster, öffentliche Gebäude, Kirchen, Begräbniß- Plätze), über Feuétrung, Feuerungs - Material (be- sonders nachtheilig sind die Steinkohlen) und über Verbrauci Uid Preise’ des leyteren. Mehr hierher geböríg, als die nächtliche Beleuch- tung (Kap. 10) sind die folgeni en Kapitel: (Dructfehler statt 11 u. f. f.) über Lagerstellen, Kleidung, Reinlichkeit (für audere Städte berüct\sich- tigunaswertb); Nahrungsweise (sehr ipeziell), Beschäftigung (sebr wich tig für die Actiologie), Wohlstand (Leibvaus Tabellen seit 65 Jahren), Verguügungen, geistige Bildung (Schulen, Anstalten, Kunst - Samm- tungen, Gesellsczasten, Schriftiteller, Buchhandlungen 2c.); zur Erkeunt- niß der psvhischen und moralischen Natur der Einwohner gehêrte auch die firchliche und politische Verfassung, die Weohlthätiagkeits - Anstalten, die Moralität (mühsam erhaltene, aber interessante Resultate über Kri: minal- Verbrechen, Polizei - Vergehungen, uneheliche Geburten, Selbst- morde) und die phosische Constitution, Temperament und Charakter (Tabellen der wegen Kranfbeit für zum Militairdienst untüchtig be- fundenen Mannschaft). Mehr in statistisher Hinsicht wichtig find Volkámenge (222jáhriger Zeitraum) uud Fortpflanzung (Z1bl der Ehen, Geburten nah Religion, Geschlecht). Hochs interessant 1 eine Uebcr- sicht füustlicher Entbindungen und derea Ursachen in längecen Zeiträn- men, wäbrend die Angaben über die phvsische Erziehung der Kinder wichtige Notizen für die Erkenntniß der ursächlichen Momente man- cher Kranfheiten enthalten.

Der dritte Abschnitt handelt von dem Medizinalwesen und giebt die Sächsische Medizinal- und Sanitäts-Verf..}ung mit den betreffen- den Gesezen, Berichte über die medizinischen Lehr-Anstalten und deren Leistungen und Nachweisungen über das medizinische Personal, die öf- fentliche und Privat-Armenrflege-

Während der Verf. im früheren mehr referirend, mit Auss{luß aellr Kritif auftritt, giebt er im vierten gewissermaßen wmedizinisch- vraftishen Abschnitte, dem wichtigsten, über Krankheits - Zustand und Mortalität der Einwohner seine selbstständige Meinung ab die, gesüpt auf die Erfahrungen vie'er Dreódner Aerite, gewiß Beachtung verdient, um so mehr, da sie konsequent eine leiteude Jdee über die Krankheits-

Entwicfelung u. s. w. durchführt, wie dies aus dem Kap. 33 der Ans gabe der Kranl!heits - Aulage hervorgeht. Der Kran'heits - Cha-alter wird durch alle Monate genau entwie't. Hierauf basirt gi bt der fenntnißreihe Auter Ausschlüsse über die endemishen Krankheiten, w-lche auch in weiteren Kreisen Beachtung verdienen , da sie víicl BVe- lebrendes und Anregendes entba‘ten (Sfrefeln , Rheumatismus). Für den medizinischen Histor1ker wie für den Nosologen und den Arzt, Dresdens insbesondere, muz die geschichtliche Entwickelung der epidemischen und ansieckenden Kranfheiten Dreódens (Kav. 35.) reiche Ausbeute gewähren, wie sie denn zuleut auf die gegenwärtigen Kranfbeiten führt. Am bewundernswerthesten zeigt sich der agreße Fleiß des Verf. in der Uebcr- sicht der sporadiichen Kraukheiten (Kap. 36.1, welche eine Angabe der Kranfbeiten nah Geschlecht, Alter, Monaten und Mertialität ven 27 067 Kraufen entbält, eine Z1bl, die allerdings cin Resultat zu geben im Stande sevn dürfte. Mit Recht wird hieran das 37ste Kap. über die Kranfheiten der Hausthiere gekuüpt, da diese für cpidemische und sporadische Krankheiten der Meuschen manchen Aufschluß geben, wies wobl sie leider in den meisten Topograpbieen fehlen. Nach dem bes fannten Finis corona opus! enthált endlich das über Mortalität handelude 38ste Kapitel die allgemein wie auc) speziell iateressantesten Notizen und Aufschlüsse, die auf manche Fragen über Sierblichkeits- Ursachen und Steib'ichfeits-Verhältnisse ein hellcs Licht werfen

Nach Darleguug dées reichen, ja überreichen Ynhalts dieses auch &ußerlich trefflih ausgestatteten Werkes glaubte Ref. seinerseits fein Wort des Dankes und Lobes mehr hinzufügen zu dürfen, da jeder ein- sichtóvolle Leser sich schou ein Urtheil seids daraus zu bilden im Stande feon wird, G R :

Einer der kompetentesten Beurtbeiler selcher topegraphisch-statistischen Werke, Gcheime Rath Kasrer in Berlin, sagt in seiner s 0 pu vor Augen kommenden medizinischen Wocvenschrist vom 17ten d. M. ven demselben : „Dies ist eine Arbeit, die für ihre, nur von Kennern ganz jy würdigende Schwierigkeit, die zu überwinden unsfägliche Geduld und eltener Eifer für die Sache erforderlich sind, ibren Lobn in sich trägt.“

Schlicßlich sev hier noch der Wunsch ausgesprochen, daß unter den zahlreichen ärztlichen Literaten Berlins bald einige fich zu einer ábn- lichen -umfassenden Arbeit über die biesige Haupt - und Residenzsiadt aufgefordert fühlen mögen. Bekanntlich cristixrt über Berlin nur Eine medizinische Tepographie, nämlich die vom verstorbenen Formav, die aber jet nicht mehr brauchbar ijt. N. F. S.

Dauer der Eisenbahn-Fahrten am 30. Oktober.

Ubaganag von S e La

Abgang von Potsdam.

| Beitdauer | St. | M.

| Zeitdauer \St. M.

47 Um 64 Uhr Morgens. !

91 » E 24 124 Mittags... Àz Nachmitt. 7 Abends

ilm N Uhr Morgens |

- ¡l * Vormitt. - |

2 e Nachmitt. . | ¡

» 6 - Übends.... j | 45

=* 10 * . d. | 58 74 j

Meteorologische Beobachtungen.

Morgens Nachmittags Abends 6 Uhr. 2 Utr. 10 Uhr.

1840. 30. Oktober.

Nach eiumaliger Besvacttuna.

Luítdruck 331 53‘“par. |335 08‘ var. |335.10‘’Par,| Quellwärme 7,49 R. Luftwärme + 5,29 R. |4-10,59 R.|4- 5,9% R, |Flufwärme 4,39 R. Thauvunkt …..| + 3,3% N. [4+ 540 R. |4+- 369 R. | Bodenwärme 7,49 N Dunsisättigung 86 pEt. 66 pEt. | S5 pCt. [Ausdünftung 0,027‘“ Rh. Weiter ........„| halbbeiter, | heiter. j heiter. Niederschlag 0. L Windawires:o7e | D SO j SO. Wärmewechsel —+- 10 7

Wolkenzug... / _-- SO / 299, Tagesmittel: 334,90‘Par. +-7,209R... 4,1 9R... 79 pCt. SO.

S D P L R E R A L E L L A E E E E D L E H R

liner Börse.

Den 31, October.

F . Cour. : ) 3

S iet. | Geld. | S Brief. | Geld. St. Schuld - Sch | 4 | 102!/, ¡Coup uud Zius-|

Pr. Eugl Obl 30/4} 95!/., [Sch d K u N-_ 9

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Kurmk Schuldv [34 j 99 Actien. | | y Neumk Schuldv. 32 | 99 Brl Pots Eixeub J) 127 s | Beri. Stadt-Obl |4/| A do do Prior Act.4l| Elbiuger do. (31 S Mgd Lpz Eiseub |—| 107 L,

Daus do. in Th |—| | do do Prior Act |4|

Wexstp, Pfaudbr 3! | 100!‘ [Gold al marco |—| 210 Grosxh. Pos do |4| 1043 M Neue Dukatea |— 17!/, Oxstpr Pfaudbr. |32| / Friedrichxd’or |—| 13'/, Pomm, do. - |32| | 101!/, Aud Goldmüu-|—| | Kur-u Neam.do 3z/ | 1015/5 zeu à 5 Th. | | 7% | Schlesixch« do. ¡32| | I "13/, Dixcoutoe Ld 3 i |

Pr. Cour. Thi. zu 30 Sgr. Brief. Geld.

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Tage 1013, | Mt Woch, _—-

. 130 Fl, F SRbl

Auswärtige Börsen.

L Am«terdam, 27, October.

Niederl. wirkl. Scholl 49. 5%, do 993/, Kanz- Bill. 21S. 5°/6 Spau. 177/16 Passive —. Ausg. —. Ziusl. —. Preuss. Pröm- Seh. —. Pol. —. Oesterr. 100!

Antwerpen, 26. October. Zinsl. 5'/,. Neue Anl. 17'/,.

Frankfurt, a. M., 28. October.

Oeaterr. 59/7 Mer. 102% G. 4% 97%, G. 2'/2%% 55 Br. 19%, 24'/, Br. Bank - Actien 1933 G. Partial - Obl. 158 Loose zu 500 Fl. 1333 , G. Loo-e zu 100 Fl. —. Preuss. Prin Sch. 77 G. do 4°, Anl. S Br. ¿Pala Bun woe »v/ Span. Aul. 19. 18?/,. 2'/2%% Holl. 4713/4. 4759/4 L

e T Lake «Spion Sé. Germain 565 Br. Vormies E tes Ufer 345 Br. do linkes 240 Br. München - Auf: Aachen Strassburg-Basel 375 Br. Leipzig-Dresdeu 103'/; Br. M0 d9 G,

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