1907 / 10 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Jan 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Kollegien viel zu hoh, als daß _ih einen derartigen Einfluß aus üben möchte. (Bravo! rechts.) L

Was den fogenannten Bremkterlaß anbetrifft, so bedaure ih, daß dur die Art und Weise, wie dieser Erlaß benannt worden ift, von vornherein ihm der Stempel einer gewissen Gehässigkeit und Ein- seitigkeit aufgedrückt worden ist. Ich glaube, nirgends sind so viel Irrtümer hervorgerufen worden in bezug auf die Entstehung, die eigentlihe Bedeutung und die Tragweite eines Erlasses, wie gerade Im vorliegenden Falle. Bei all den Anfeindungen, die ih in dieser Beziehung erfahre sie sind haltlos —, wird stets die Tatsache unterdrückt, daß die Vorausfezung dieses Erlasses war die Be- willigung einer Suwme von 3 Millionen Mark zum Zwecke

der Verbesserung der Lehrergehälter. Nun frage ih Sie: Liegt denn ein Unrecht darin, wenn seitens der Unter- xihtsverwaltung, und zwar wesentlich auf die Initiative

des Abgeordnetenhauses hin (sehr richtig! rechts), eine gewisse Ein- Thränkung der freien Selbstbestimmung der Gemeinden geübt worden ift, ganz abgesehen davon, daß nah den allgemeinen Erlassen und ‘nah der Regierungsinstruktion in dieser Beziehung der Unterrihtsverwaltung unzweifelhaft eine Kognition zusteht. ‘Das ist unbestritten und au wiederholt in der Kommission anerkannt worden, daß in einzelnen Fällen eingegriffen werden kann und muß. Jh werde ja Gelegenheit Haben, bei der Interpellation auf diese Sache näher einzugehen.

Ih zweifle niht, daß es mir gelingen wird, Sie davon zu berzeugen, daß die Auffassung von der Bedeutung dieses Erlasses eine durihaus irrtümliche ist; er greift weder in die Selbflverwaltung der Gemeinden in unzulässiger Weise ein, noch beabsihtigt er, weitere Aufbesserungen der Lehrer in den Städten und ländlichen Gemeinden unmögli zu mahen. Er enthält als einzig Neues ledigli die ges Jhäfteleitende Verfügung, daß die Regierungen, wenn sie erhebliche Bedenken haben gegen vorgeshlagene Erhöhungen, die Entscheidung der Zentralinstanz nahzusuhen haben. Wie wenig dur diese Maß- zahmen die übrigens au von diesem hohen Hause angeregt worden Find-(sehr richtig! rechts) tatsählih die Aufbesserung der Grund- gehälter noch über 1100 „G gehindert wird, zeigt {hon jeßt die Tat- fache, taß- nah dem Runderlaß vom 4. Mai v. J. bis Anfang No- vember 1906 eine Erhöhung des Lehrerdiensteinkommens über die in dem Erlaß gedachten Mindestsäße hinaus von den Schulverbänden be- slofsen worden. ist in mehr als 1000 Fällen. Davon {ind von den Regierungen genehmigt worden 882 Fälle. (Hört, hört 1) Sn 15 Fällen hat die Zentralinstanz nah Vortrag der Sage durch die Regierungen diese angewiesen, die Genehmigung ganz oder teilweise 3u versagen. In weiteren 100 Fällen haben die Regierungen aus eigener Machtvollkommenheit versagt oder nur teilweise - bestätigt. Einige Fälle befinden \sich noch in der Shwebe. In den von den Regierungen selbständig entshiedenen 100 Fällen ist die Versagung- vder: nur teilweise Bestätigung aus verschiedenen Gründen erfolgt, die ober meist mit dem Abs. 2 des, Runderlafses vom 4. Mai v. J. gar nit in Verbindung stehen. Es handelt sich dabei um formale Mängel, um Verstöße gegen die grundlegenden Vorschriften des Lehrerbesoldungsgeseßes, um Fälle, in denen die Gemeinden ¿war die Erhöhung besch{lossen, aber gleichzeitig die Bereitstellung der erforder- ‘Lichen Mittel aus „Staatsfonds forderten, u. dgl.

Meine Herren, ich wollte das nur kurz zur tatsählichen Berichtigung anführen; denn es hat sich eine große Legende mlt einer Fülle von Anfeindungen, wie ih das schon hervorgehoben, auG hier an die praktishe Ausführung dieses Œrlafses geknüpft. Die Tatsahen beweisen gerade, daß mein Erlaß eine ganz irrige Auslegung erfahren hat; ich werde darauf bei der Interpellation noch näher zurückommen.

Ich möchte nur noch - hervorheben, daß eine beträhtlihe Ver- Tefserung der Lage der Volksschullehrer - beabsihtigt war und in der Tat au. herbeigeführt ist. Die Großstadtlehrer werden davon wenig Derührt, wenn die Landlehrer von 900 & Grundgehalt auf 1100 4 Und von 1C0 M Alterszulagen auf 120 / aufgebefsert werden. Für die Landlehrerschast bedeutet diese Aufbesserung aber einen wesentlichen Fortschritt. Diese Verbesserung der Landlehrerschaft darf nicht einfa mnenwvähnt bleiben.

Sodann läßt man ganz unbeachtet, daß erst bei Gelegenheit der jeßt von der Unterrichtêverwaltung getroffenen Maßnahmen zum ersten Male in bestimmter Form unter Zustimmung des Herrn - Finanzministers das Bedürfnis nach einer Revision des -Lehrerbesoldungsgeseßes ausdrückliß anerkannt und ein bezügliches geseßgeberishes Vorgehen in nahe Aussicht gestellt wird. Damit beantworte ih die Frage, die der Herr Abgeordnete bezügli des Lehrerbesoldungsgeseßes an mih gerichtet hat. Auch Heute tann ih mit voller Bestimmtheit erklären, daß die Staats- zegterung ein neues Lehrerbesoldungsgeseß vorlegen wird, sobald sie mur, einigermaßen die Ausführung des Schulunterhaltungsgeseßes über- Jehen kann. Die Verhandlungen über den neuen Entwurf sind be- zeits im Gange. Man wird daher auch im Lande den weiteren Schritten der Staatsregierung mit vollem Vertrauen entgegensehen Xönneu.

Meine Herren, was nun die weiter von dem Herrn Abgeordneten angeregte Frage der Reform des“ höheren Mädchenshulwesens ‘ans Betrifft, so kann ih erklären, daß diese Reform, soweit mein Ressort In Betracht kommt, nah langen mühevollen Verhandlungen endli abgeschlossen ift, selbstverständlißh muß noch die Zustimmung der- jenigen anderen Ressorts, die dabei wesentliht beteiligt sind, erfolgen. Es ift also au in dieser Beziehung alles gesehen, was geschehen -FTonnte. Ich bitte nur einigermaßen zu berücksichtigen, welche ænorme Arbeitélast gerade im vergangenen Jahre auf dem Kultusministerium gelegen hat, wo es ih nicht bloß um die wichtige gesegeberishe Aufgabe des -Volkss{hulunterhaltungsgeseßes, sondern au. noch um die Reform des höheren Mädchenshulwesens und ver- Tcledene andere Sachen meines weitshihchtigen Refsorts handelte, die dringend des Abschlusses bedurften und deren: Erledigung nur unter Anspannung aller Kräfte ausgeführt werden konnte.

Nun hat der Herr Abg. Friedberg noch den ‘Vorwurf gegen mich erhoben, als ob ih berechtigte Interessen der Lehrer vernachlässigte. Fh glaube, das wird die Barre des Mißtrauens verstärken, die aus iner gewissen Parteibewegung heraus gegen mih künstlih aufgerichtet worden ist. Ih habe hier wiederholt den Beweis geführt, mit welhem Nachdruck und mit welcher Energie ih jahraus jahrein für die Interessen der Lehrer eingetreten bin, erstèns um den Lehrermangel #8 beseitigen, an dem ih absolut nicht \{chuld bin, und zweitens, um die materielle Lage der Lehrer zu bessern. Und wenn Sie ih «meinen Etat ansehen, meine Herren: nulla dies sine linea: jedes

Jahr kommt ein: erheblihe Anzahl von Verbesserungen. Die Zahlen, die hier stehen, sehen ja sehr einfa aus; aber welhe mühe- vollen Arbeiten diesen Zahlen vorausgehen, das wird dabei nicht bz- rüdsichtigt. Ih habe hier bei jeder Gelegenheit hervorgehoben, in wie hohem Maße anerkennend ich über die Disziplin der Lehrer urteile, abgesehen von einzelnen Ausschreitungen, die, dur die Parteiz bewegung hervorgerufen, leider wenig erquicklihe Erscheinungen ge- zeitigt haben, über die ih aber heute hinweggehen will. Aber eins kann ih heute sagen: eine Flut anonymer Schmähungen hat \ich aus allen diesen Anfeindungen gegen mi gerihtet. Abgesehen von einem in gehässigster Form ausgefertigten Todesurteil (Laien links), das mir aus einer Stadt zugegangen ist, in der zufällig, und zwar nit unter der Einwirkung des Erlasses vom 4. Mai v. J., eine Erhöhung der Lehrergehälter nit genehmigt worden war, sind eine sol@e Fülle von anonymen Schmähungen gegen mi ergangen, daß meln armer Papterkorb dadur wirklich aufs äußerste in Anspruch genommen worden ist. (Heiter- keit.) Alle diese Anfeindungen lafsen mich kalt. Aber eine Tatsache ist dabei betrübend, daß diese anonymen Schmähungen zum Teil ausgegangen find von sogenannten gebildeten Leuten, nah dem Stil und dem Ge- brauh von Fremdwörtern zu s{ließen. Das ketrübt mih aufs äußerste. An dieser niedrigen Art der Angriffe haben sich Menschen beteiligt, die wirklih etwas Besseres hätten tun können, als gegen mih

Anfeindungen zu richten, deren Feigheit nur durch ihre Roheit über- troffen wird. (Unruhe links; sehr gut! rets.)

Nun lassen Sie mich zuleßt auf die Frage der Niederlassung der Franziskaner in Oberschlesien kommen. Meine Herren, ich bätté am allerwenigsten erwartet, daß dieser Vorwurf gegen mih gerichtet würde. Jahr aus Jahr ein habe ich die tatsählich chwierige Arbeit zu bewältigen, mich mit der sogenannten national- polnischen Agitation zu beschäftigen, weil mein weites Ressort und namentlih die Unterrichtsverwaltung dabei in erster Reihe beteiligt ist. Ich habe mit einer solchen Sitetigkeit und mit solhem Nachdruck die deutsh-nationalen Interessen gegenüber dieser Agitaticn, die ih heute niht näher kritisieren will, verfolgt, daß mir wirkli dieser von dem Herrn Abgeordneten gegen mich gerichtete Vorwurf sehr überrashend und offen geslanden schmerzlich sein mußte. Wer da weiß, aus welchen Gründen die Franziskanerniederlaffungen genehmigt worden sind, wie es sich darum handelte, die nationalpolnische Agitation abzuwehren und ein- zudämmen, wird die Vorwürfe, die der Herr Abgeordnete soeben aus- gesprochen hat, völlig unbegreiflih finden. (Sehr richtig! im Zentrum.) Meine Hérren, wenn der Hérr Abgecrdnete die Güte haben wollte, sich aus deutschen Uebersezungen der nationalpolnisGen Presse zu informieren, so würde er finden, daß gerade diese Franziskanernieder- lassungen die allerheftigsten ‘Angriffe von nationalpolnischer Seite er- fahren, weil man annimmt, daß die Gründung dieser Niederlassungen ¿ugelafsen worden ist, um die nationalpolnische Welle abzuwehren (sehr rihtig! im Zentrum) und die nationalpolnishe Einwirkung sich

nicht auf oberslesishe Kreise katholishen Bekenntnisses weiter aus- dehnen zu lassen. t

Auf diese Darlegungen beschränke ich mich heute und bezeihne die Angriffe, die der Herr Abgeordnete in dieser Richtung gegen mi erhoben hat, als völlig irrtümlichß. (Bravo! im Zentrum.)

Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (freikons.): Bei der Konzesfion der Franziskanerniederlassung in Borek hat der Kultusminister ¿weifellos gute Gesichtspunkte verfolgt, aber die Meinungen darüber sind nicht ungeteilt, und man hat mit solchen Niederlassungen gerade das Gegen- teil. erreicht. In bezug auf die evangelisch - kirhlihen Angelegen- heiten müssen wir äußerste Zurückhaltung üben, denn fie sind innere Angelegenheiten der Kirche. Ueber das Wahlreht haben wir im vorigen Jahre eine Novelle gemacht, und darum haben die Wahlrechts- anträge jeßt keinen praktischen Zweck, Jn der Polenpolitik: stehen wir S den Zielen der Regierung und werden sie auch ferner unterstüßen. Unsere Finanzlage steht unter dem Zeichen einer un- gew günstigen Lage des: Erwerbslebens. Auch die Landwirtschaft ann jeßt auf eere Zeiten rechnen. Ein wirtschaftliher Rückschlag wie. 1899 ist nicht zu befürhten, denn die Industrie ist vor- ichtiger geworden und die gestärkte Kaufkraft der landwirtschaft- lichen Bevölkerung für sie von größter Bedeutung. Außerdem ist unsere Industrie mit umfassenden Staatsausträgen versehen, - die sich bis in das Jahr 1908 hineinziehen werden. Das Etatsjahr 1907: wird also noch unter dem Zeichen der Hochkonjunktur stehen, und des- halb ist der Etat mit zu ängstliher Vorsicht aufgestellt. Die Ein- kommensteuer wird siher um mehr als 11 Millionen den Anschlag des laufenden Jahres übersteigen, und dasselbe gilt von den Forsten. Für die Cisenbahnverwaltung haben wir frühere Unterlafsungssünden wieder gut zu machen. Der Finanzminister von Miquel hielt die Eisenbahnen so knapp, daß sie jevt niht ihrer Auf- gabe gewachsen sind. Der jeßige Minister bat sie dagegen so aus- gestaltet , daß sie“ au - einer plößlihen Verkehrssteigerung ge- wachsen sind. Die Fürsorge für die Beamten ist ein Gebot der Staatsklugheit; namentli | habe ih im vorigen Jahre schon für die Aufbesserung der Beamten in dem Außendienst besonders der Gisen-

hnen mih ausgesprochen; denn an fie werden jeßt ebensy wie an die Shußleute und Gendarmen weit größere Anforderungen gestellt. Gerade angesihts der Bestrebungen, die Beamten und Arbeiter der Gisenbahnverwaltung dem politischen Generalstreik dienstbar zu machen, müssen die Beamten bei ihrem Chef volles Verständnis für ihre Interessen schen. Die Aufbesserung der Schußleute und Gendarmen entspricht unseren früheren Anregungen, die namentli Herr Baensch- Schmidllein immer vertreten hat. Auch die Verbesserung * der

ensionen und Reliktengehälter ist lediglich die Ausführung des

ntrages Eckert, Befriedigt sind wir au dadur, daß die nicht pensionsfähigen ulagen der Seminardirektoren, Seminarlehrer, -räparandenanstaltsdirektoren und Präparandenlebrer durch pensions- ähige Gebaltserhöhungen erseßt werden. Gegen diesen unsern Vorschlag sprachen si in der vorigen Session die Regierungskommissare entschieden gus; jeßt sieht die Regierung ein, daß wir recht hatten, und ich will nur hoffen, daß sie stets tun wird, was wir vor- lagen. - Wenn man aber die Gehaltsregulierungen einmal wieder aufrollt, sollte man es“ ylanmäßiger tun, als es hier geschieht. Der Dreimillionenfonts für Unterstüßung der am geringsten besoldeten Unterbeamten ist nur ein s{limmer Notbehelf. Sämt- liche Gehälter sollten generell fo geregelt werder daß Beamte allér

Ressorts. bei gleicher Vorbild d gleicher Dienstleistung glei bezahlt - sind, aleidbviel 16, sie Provinzial- oder okalbehörden find. Wir haben einen entsprechenden An-

trag eingebracht, und ih

ie die gesamten Beamten- getgnen einer gemein empfehle, diesen sowie die g

samen Kommission zu überweisen. Für die ehrershaft finden wir in diesem Etat ise bieser Nichtung gar nichts. Dabei haite das Haus die voriges Jahr in den Etat eingestellten drei Millionen zur Erhöhung des Grundgehalts auf 1100 bezw. 1000 für nicht entfernt ausreichend, sondern mindestens 5 Millionen für unbedingt notwendig erklärt. Das ignoriert die Regierung vollständig, troßdem sie nit weniger ‘als 23 Millionen sür Aufbefserüng der Beamtengehälter verlangt. Wenn wir auf das neue Lehrerbesoldungs- geleb noch 3—4 Jahre warten sollen, sind diese 3 Millionen nur ein

ropfen auf einen heißen Stein; diese Versäumnis der Regierung müssen wir beseitigen, indem wir für die Zwischenzeit sehr tief in die Tasche Ura ten, Der sog. Bremserlaß ‘hat eine sehr \charfe Kritik erfahren, aber großenteils mit Unreht. Daß die Regierung das Necht

hat, den Kommunen, welche

bezügli der Bemessung der Gehälter

Mißbrauch treiben, von Aufsichts wegen entgegenzutreten, hat auch dieKom-

mission und das Plenum im Jabre 1904 anerkannt; die Verfügung enthält au kein Novum, sondern betont nur die bestehende Praxis. Jw mehr als °/10 aller Fälle ist die Genehmigung zu Gehaltserhöhungen erteilt worden und nur in 14 Fällen auf Grund des Erlasses ver- sagt. Zu einer weitgehenden Mißstimmung is also weder für die Lehrerschaft noch für die Kommunen ein ausreichender Anlaß vor- handen; es liegt wohl nur an seiner nicht übermäßig glüdlichen Fassung, wenn er als ein Akt der Feindschaft gegen beide angescher wurde. Mit dem Lehrerbesoldungsgeseß felbst muß dann aber au im Interesse der Bedeutung der Volks\{hullehrershaft felbst ganze Arbeit gemacht werden; nur fo wird der Lehrermangel radikal beseitigt, nur so die preußische Volks\chule wieder zur ersten Deutschland® emacht werden können. Gerade das Dreiklassenparlament muß vamik Fife Existenzberehtigung nachweisen. Dazu gehört aber au, daf unsere Regierung eine wahrhaft konstitutionelle ist, mit selbständiger politisher Verantwortlichkeit auß der Krone gegenüber, die damit viel sicherer gedeckt ist.

Abg. Stychel (Pole): Die Mahnung, daß wir bei der erftew Lesung politische Fragen niht berühren sollen, kann bei uns Polen nit verfangen. Etats die einzige Gelegenheit, die Maßnahmen der Regierung i kritisieren. Mit dem, was der Abg. Dr. Friedberg über die Nieder“ laffung von Franziskänern in Oberschlesien gesagt hat, kann ich mid nit einverstanden erklären. Wenn Herr Friedberg gemeint hat, es würden dadurch die polnishen Elemente aus den“ verschiedenen Ge- bieten zusammengeshweißt, so brauen wir das nicht zu beklagen, diese Glemente gehören so wie so zusammen. Die Zusammengehörigkeil: dieser Teile als einer besonderen Nation is auch von den europäischen Mächten dur die Wiener Verträge anerkannt worden. Die Thron- rede enthält wiederum die Parole: Stärkung des Deutschtums. Auf Grund langjähriger Erfahrung wissen wir, daß diese sogenannte Stärkung des Deutshtums im Osten gleihbedeutend ift mit: der Unterdrückung des Polentums. Daß das bisherige System der Regierung verfehlt ift, wird auch von vernünftigen Deut hen anerkannt. Auh in der deutschen Presse ist in leßter eit die Erkenntnis durhgedrungen, daß die Antipolenpolitik der Nee gierung falsch und aussichtslos ist. Sollen wir Polen die Fl Ï der antipolnischen Maßnahméèn ruhig über uns ergehen laffen ? Zur, Zeit des russisch - türkischen Krieges lautete eine offizielle Depesche

Auf dem Schipkapaß alles ruhig ! Es war allerdings eine Grabesruhe. Auch wir Polen wünschen Ruhe und Ordnung, dazu gehört aber, daß

Das polnishe Volk hat bei der ersten Lesung de#

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wir nit als Bürger zweiter Klasse behandelt werden , daß ‘unstre“*

Religion, unsere Sprache, unsere historishen Traditionen gef{ont- und nit angetastet werden. Die Staatsregierung E abêr; daß der - polnishe Nationalorganismus bereits ein toter Kicite sei. Die Polen werden sich mit den “von der Mee jen, Regierung geschaffenen Zuständen niemals abfinden. E AE keinen Grund zur Danfbarkeit. Die Regierung 6 E s Pflicht, oder vielmehr sie tut meistens E âbre E wir-geidgültig dabet. Veh é zir “Tlaten die Negterung rottungsmaßregeln gegen uns wünscht ? Wir ger Ge niere an, daß sie unsere verfassungsmäßigen Nechte beeinträchtigt. nere Versammlungen werden, sobald wir unsere Rechte betonen E R Maßnahmen der Regierung in das richtige Licht seßen, au f d sehr: oft überhaupt nit zugelassen unter Berufung auf eine Vor rif h des A. L-N, welche {hon R E in I taa: A ärt den ist. Nicht wir Polen handeln j a P E aben. Unser Wahlrecht wird von der „Regier lUnsorise gemacht, ebenso das Necht auf den ererbten Familienname?

durch die uns von der Regierung gewaltsam aufgezwungene Schreibweöise-- Lehrer werden verantwortlih gemacht, daß die Kinder deuts beten, unter Androhung von Disziplinarstrafen und Entlassungen. olnishe Zéitungen dürfen auf den Bahnhöfen nicht verkauft werden. Nicht: anders Liegt es im Gebiete des Erwerbsl[ebens. “Mit scheelen Augen: sieht man es, daß die Polen noch ihr karges Brot zuni Munde- führen können. (Lachen rets.) Sié lachen darüber, aber Sie können es nicht leugnen, die polnishe Steuerkraft wird aufs“ äußerfte ausgenußt, die Mittel dazu aber werden nicht gegönnt. "Die staatlihen Erwerbsquellen werden für die Polen“ verslossenz die polnischen Aerzte, Rechtsanwälte usw. werden boykottiert; aus anderen Provinzen werden Aerzte, Gewerbetreibende usw. herbeigezogen, um polnishe Existenzen zu vernichten, weil man ihnen das Brot nicht gönnt. Und troß alledem ertönt um so laúter- das Lied von den bedrängten Deutschen. Den polnischen ‘Arbeiter macht man brotlos (Lachen rechts); jawohl, ‘der polnische Arbeitér muß: nach den westlihen Provinzen auswandern, um fein rie zu finden; kommt er dahin, jo klagt man wieder dort über D flatung mit- Pannlen ¿Glemzenten! E ¿i Io tèbtèn:

üd in“ da n S x ; Grolben will ee, ih eine Scholle kaufen, eine Hütte bauen, aber da: tritt ihm die Behörde entgegen, und es ist aus mit feinen Zräumen.: Keine Hütte, kein Dach darf er sein eigen nennen; unter fremdem: Dathe- joll er wohnen, damit man ihm seinen Willen wegnéhmen, ihm einen fremden aufzwingen kann. Auch die Rechtsprehung ‘bilft- bei dieser Unterjohung mit, denn auch sie unterliegt der bur ‘die- hakatistishen Umtriebe geschaffenen Suggestion. Und nun der Schul- finderstreik! Durh die Maßnahmtn der Schulverwaltung *ist- die polnische Volksseele aufs äußerste gereizt worden ; man hat die- polnischen Kinder und die polnischen Eltern auf die Folter gespannt und ist mit dem politischen Seziermefser gegen sie vorgegangen. Nicht die bewährten pädagogishen Grundsäße haben ih geändert fondertt die preußishe Staatéêraison ; es hat eine wahre Verwaltungsanär@jie im Schulwesen Play gegriffen. Die Sghule genießt Respekt mehr, weil sie zum Tummelplagz politischer Tendenzen emacht worden ist; in ihr regiert nicht mehr der f Menschenverstand, sondern es ents{eidet nur noch das: Argument ‘der starken Faust. Das Deutshtum äußert si nit mebr als Kultur, sondern es gipfelt in der Knehtung des freien Willens Es versteigt sih sogar dazu, Frauen zu brutalisieren, Es ist kulturwidrig,“ die Gewifsensfreiheit anzutasten, aber es wäre ebenso kulturwidrig, fich die Gewifsensfreiheit ohne Gegenwehr nebmen“ zu lafsen. Der preußishe Staat operiert mit den polnifchen- Kindern so, als ob diese {on Staatseigentum kten E Geseze legen das Naturreht hinsihtlich der Elternrehte au in Deutschland und Preußen fe|t, aber administrative und subjektive Mißgriffe aller Verwaltungsinstanzen legen dieses Elternreccht r, Die ganze zivilisierte Welt hat \ih gegen dieses preußische Systäm- der Vergewaltigung gewandt, au die unabhängige deutshe Presse-- Nicht mit Unrecht hat man diese Manif,

3; L estation nationaler Un- duldsamkeit als Seelenmord bezeichnet. Ah ; 245-23 0 rismus seßt die Verwaltung dieses System is e ie fuberileni

Konsequenzen fort. Hat man doch in eine i â Z dem Lebrer im Religionsunterriht nicht t S e, die Schwester dieses ens zum gegebenen Termin nih® aus der Sculpflicht éntlafsen, „weil ihr die sittlihe Reife fehle“ L" In einem solchen Kampfe darf auch die Kirche nicht, darf au kein Geistliher untätig bleiben. Es liegt hier ein Kon flift / zwischen den Pflichten gegen Gott und gegen den Staat vor; aber hat der Staat die Majestät Gottes und das vierte Gebot: respektiert, als er die Kind wang, Gott in einer ihnen fremden

nder Sprache anzubeten? Nicht ‘gegen die Schul en ‘die i biet d rtber ‘Widerstand-

der Schule politisierende Staatsraison richtet fl besonderer nationaler Organismu®

Wir beanspruchen das Recht, als der polnischen Stammesgenossen im preußischen Staate fortzubeftehen. llen ihm einverleibt, man mul

Man hat uns gegen unseren Wi

dulden, daß die Polen Polen bleiben und muß uns unser geben. Das Recht stammt nicht von Mens kann uns nit von Menschen genommen ere, E :

(SŸluß in der Zweiten Beilage.)

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