1907 / 91 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Apr 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Für China blieb die Hauptbezugsquelle des Becnsteins Birma, von wo aus er sehr früh eingeführt wurde. In den Annalen der späteren Handynastie wird erwähnt, daß aus Ai lao (Birma) Bern- Fein zusammen mit Kupfer, Gold, Silber, Perlen usw. über

ünnan nach China gelangte, nach Laufer {on im ersten

ahrhundert, als die Chinesen mit Yünnan nähex in Berühung îamen. Der früheste Bericht über den birmanischen Bern- stein stammt von dem portugiesishen Jesuiten Alvarez Semedo, der 1643 in Rom ein Buch über China veröffentlichte, in tem er erzählt, daß der Bernslein in Birma aus der Erde gegraben werde; er sei rôter als der unsrige und werde gegen Katarrhe E Aber die nähere Kunde verdanken wir erst der oben erwähnten b- handlung von Noetling im „Globus“. Er wies den Ort Maingkhwan im Shanlande als Ursprungêsquelle nad, wo der Bernstein gewonnen und im rohen Zustande über Mogung von Chinefen nach Yünnan ge- bradt wird. Das geschah nah cinesischen Quellen schon im ersten Fahrhundert. Im Mittelalter wurde dann für China eine neue Bern- Feinquelle dur die türkishen Stämme in Zentralasien eröffnet. Dasür liegen Beweise. aus dem zehnten Jahrhundert vor. Da aber Turkestan selbst keinen Bernstein besipt, so mußte er dorthin (Samar- fand, Kotan usw.) aus dem Westen gelangt sein. Dafür spricht ein versishes Werk des Eddin Mohamed Ufi aus dem 13. Jaÿrhundert, in dem er von dem Handel der Chinesen nah Chorassan berichtet; dort ist auch die Rede von gelbem Bernstein, der aus dem Lande der Slawen stamme und dort vom Meere ausgeworfen werde. E

Heute ist der Bedarf Chinas an Bernstein sehr groß. Zunächst brachten ihn die Portugiesen dorthin, jeßt kommt er unmittelbar aus Deutschland, wie die chinesishen Zollisten, bewcisen. Selbst in Birma überwiegt der deutsche Bernstein den einheimischen. Die Chinesen verstehen es jeßt au, ihn aus Glas, Kopal und anderen Harzen zu

Ffälschen.

Wertvolle vorgeschichtliche Funde sind, wie der „Täg- lichen Rundschau“ geschrieben wird, in dem Dorfe EChringsdorf bet Weimar gemaht worden. Dort sind in zwei Kalltuffsteinbrühen Reste eines vorgeshihtlichGen Sumpf- und Waldgebietes aufgedeckt worden. Prächtig erhaltene Schilfhalme und andere Sumpf- grasarten, fleine Baumstämme und Abdrücke von Linden- "und

Haselnußblättern kommen täglich bei den Brucharbelten z¿u- tage. Auh Eier von Sumpf- und Waldvögeln, die in der Schale gut erhalten find, und “Knochen-

reste von den Tieren, die damals in großen Mengen in dieser Gegend gelebt haben müssen, wie z. B. Geweihe vom Ürbirsch und Zähne vom Mammut wurden gefunden. Die besten Stücke find dem natur- L S Museum in Weimar überwiesen worden, in dem sich auch der größte Teil des berühmten Taubacher Fundes befindet. Der E der sich in Weimar durch Erinnerungen an unsern größten

ihter und Denker erbauen will, ahnt in der Regel nicht, wel reiche Schäße das naturwissenshaftlihe Museum birgt. ie Funde aus den Dörfern Taubah und Süßenborn, die übrigens in unmittelbarer Nähe von Ehringsdorf liegen, die mähtigen Schädel des Urstieres, die gewaltigen Reste des Mammuts, Nashorns, Urs hirshes, Höhlenlöwen und Höhlenbären geben ein Bild von der Mannigfaltigkeit der Tierwelt, die einst in Mitteldeutschland lebte, und der Größe ‘ihter Vertreter. Diese Tiere, die, nach diefen Funden zu \{ließen, in großer Menge auf- getreten find und die zum größten Teil Pflanzenfreffer waren, bedurften natürliG zu ihrer Ernährung einer reichen Pee für deren Vorhandensein der Ehringsdorfer Fund der

este Beweis ist. Leider sind von den damals lebenden Menschen Feine Knothenreste erhalten geblieben, aber in den ange?oßlten Knochen- xesten von Tieren und in einfahzn Feuersteinwerkzeugen, die in Tau- bah mitgefunden wurden, haben wir sihere Spuren mens(licher Tätigkeit, und aller Wahrscheinlichkeit nah sind sämtlihe Funde Siiowenreïte von erlegten Tieren.

Die niedergelegten

Im Schuße des Eiffelturms, der ih auf seinen vier gespreizten Riesenfüßen mit dünnem Halse s kühn in die weiße Frühlingssonne reckt, hat fi am Quai de la Conférence bie erste größere Runsi- aus\tellung dieses Jahres aufgetan. Zwei große eiserne Hallen be- herbergen die „Société des Artistes indépendants“, die jegt bereits zum 23. Male allen Künstlern und denen, die es sich zu sein einbilden, das Recht gibt, ihre Werke vor die Deffenilicßkeit zu bringen. Man bezahlt 25 Franken für den Plaß, das ist alles. Die Idee is gewiß auf den ersten Au enblick bestehend. Kein Parteiishes Richterkollegium, keine Auszeihnungen, keine Medaillen. Allein der Geshmack des Laien und des etwaigen Käufers soll ent- scheiden. 5496 Nummern führt demzufolge der Katalog auf, bis auf den leßten Plaß sind beide Hallen ausgenußt. Sofort bei dem Be- treten der Räume ist leider alle Illufion über die gute Grundidee der Veranstaltung dahin, und je weiter man in das wilde Läbyrinth von Können und Nichtkönnen, von Kunst ganz zu \{chweigen, eindringt, um so mehr ‘lernt man an diesem Musterbeispiel, wie zwingend nôtig eine Jury, und zwar eine strenge ist, die Spreu vom Weizen sondert. Man sieht ferner, daß durch das enge Auf- einanderpferchen der Bilder die wenigen guten überhaupt nit zur Geltung kommen; das dilettantishe Gestammel, die oft geradezu dreiste und zügellose Willkür beherrsen das Feld vollständig. Auge und Geist sind einfa außerstande, sich plößlich wie ein Maschinenhebel umzustellen, wenn endli einmal etwas leidlich Gutes vor sie tritt. Drittens aber lehrt uns diese Ausstellung, daß wir uns in erschreckender Weise von dem, was Kunst heißt, entfernt haben. Wenn wir diese Akte, Landschaften, Porträts und Stilleben betrachten, fo ftaunt man über die Kühnheit der Leute, die es wagen, Dinge dem Publikum als Kunst anzubieten, die ohne jedes Können und Verständnis, ohne jedes Gefühl

oder Malerishe, ohne die geringste Liebe und feinere Dur)-

bildung auf ‘die Leinwand hingehauen sind. Nicht einmal

adt n Handwerkli@e, die Teénit, die Farbenbehandlung wird be- et. Wild malt jeder darauf los.

Da hângen in proiges oder

bizarren Rahmen Akte, ‘die nur mit einem indigofarbigen Anilinton

ganz Gie nádlidh angedeutet find, möglichst groß, möglichst falsh und.

möglihst gemein. Natürlich herrscht der weiblihe Aft vor: Dirnen und halbwüchsige Mädel be n Bade oder in dreister Pose auf einen s{mußigen Divan hingeräkelt, der Körper mit den tollsten Ver- zeihnungen, das Fleis in allen Tönen des Malkastens, Allein das brutal Sinnliche drückt solch Machwerk aus, nichts versöhnt uns ‘mit dem Motiv, kein großer Zug, kein raffiniertes Können.

Nach moderner Auffassung soll heute das Gegenständliche in der Kunst Nebensache sein. Diese Ansicht scheint man hier ganz und gar nit zu teilen. Die Genremalerei ist in ihren verschiedenen Stoff- reisen recht ftark vertreten. Aber wie bei dem Figürlihen das Sinn- lie und Niedrige im Vordergrund steht, so hier das Mystische, Soziale und der schauerlihste Hintertreppznroman. Mit einer Stümperhaftigkeit pyuente en finden wir da z. B. folgende Szene aus dem russishen Gefängnisleben dargestellt: In einem Kerker ist ein nacktes Weib gefesselt, zigarettenrauhhende Offiziere sißen- dabei Und schauen gemütlih zu, wie ein Scherge die Aermste mit der Knute traktiert. Lebhast wird man an die Neuruppiner Bilderbogen oder an die gruseligen Mordgeschichten der herumziehenden Leierkastenmänner erinnert. Auf einem anderen „Gemälde“ sehen wir ein Kind auf der tagdstraße liegen, das eber von einem davonjagenden Automobil über- fahren ist. Hier schildert einer einen Ueberfall von Räubern; knallrot geht hinten die Sonne zur Neige, vorn wimmelt es von furchtbaren Ge- Flinten, Säbeln und Pistolen. Von diesem Genre gibt es eine ganze Reihe ähnlicher Werke; man bedauert das tiefe geistige Niveau ihrer Schöpfer. Noch ein Bild, das ih ganz- besonders in | ner Umgebung hervortut, verdient erwähnt zu werden. Es Ist die- Ta e Wirkung aus, als oh ein traurig:s Dorftheater „Wallensteins d aufführte. Alles ist feierli ernst gemeint und doch wird au êt Melanolishste zum Lachen Hinger fen Unter rotem Baldachin steht ein lers Weib, Frankrei vorstellend, die ihren langen Arm Über eine Reihe von Männern in Frack und Uniformen ausstreckt, Unter denen verschiedene entfernte Achnlichkeit

„Kalten, von

mit regierenden

für das Zeichnerische“

haben. Hinten tanzen Kinder um einen b-fränzten Brunnen, die Baukastenhäuser und der Baldachin selbst find mit fcischgestärkten, fteifen Fahnen rethenweise__ ge- ziert. Der Zeichner des Struwwelpeter steigt vor unserer Seele auf, und do hatte unser Maler etwas viel Höheres in seinem stolzen Er daŸte wahrscheinlich an Tizian oder Paolo Veronese, an ¡je Darstellungen der E E die ich von den Völkern des {8 und Orients huldigen läßt. Dee Ebenso tief steht die bior vertretene Landshaftsmalerei, bet der eine geradezu kindishe Nahahmung bekannter Impressionisten beson- ders siörend wirkt. Auch Whistler, Monet, Mauet, Corot, Sisley, Puvis de Chavanne3, Segantini und andere werden bis zur E lifeit imitiert. Geradezu {chädlich haben die Impressionisten diese Künstler Pes Weil der oder jener in einer gewissen Periode seines Saffens die Schatten violett sah, kühn Zeichnung und die sonstigen a \tellungsmittel verschmähtz, so machen es diese Nachbeter, die vielleich ähnliche Arbeiten in einer Galerie kopiert haben, genau so. e dabei P ene ist, läßt sich mit Worten nicht beschreiben : wild wird die Farbe aufgepaßzt, es wird pointilliert, daß noch bei zehn Meter Abstand die Farben sh nicht im Auge vereinen, die kfühnste Phantasie kann ih hier oft nit zurecht finden. Mit dem Stilleben ist es nicht. besser bestellt, Cézanne hat bedeutend Schule gemaht. Daneben Längen die Blumen- und Fruchtstücke aus der alten Schule, wo jedes Blättchen und jede Blume sauber, aber nüchtern und trocken wieder- gegeben ist. Am leidlihsten ift noch die Plastik und das Kunstgewerbe, aber au hier begegnet man oft bizarren oder unmöglihen Dingen. Häufig seht an den Sälen das Wort „Sortis“ mit einem Pfeil. Wie eine liebenswürdige Aufforderung klingen diese zwei Silben, das tolle Durcheinandec zu verlassen. Draußen lacht die freundlihe Sonne, über den Alleen an der Seine liegt ein erster grüner Hauch, im Wasser zuckt und blitt es von zahllosen zarten Reflexen. Wie s{ön ist doch die Welt! Hatten denn alle die Künstler da drinnen kein Auge für diese Herrlichkeit, oder fehlte ihnen die Kraft, das Erschaute au wiederzugeben? Ich glaube, daran liegt's! Dr, Sch—kK.

Ausstellung8wesen.

In der Deutschen Armee-, Marine- und Kolontal- E in Berlin is das Hauptgebäude, nahdem die Maschinenhalle, die Kolonialhalle und die Marinehalle fertig errichtet sind, nunmehr auch so weit gediehen, daß das Rictefest hat stattfinden k3nnen, sodaß, wie vorhergesehen, am 15. Mai, Mittags 12 Uhr, die feierlihe Eröffnung der Ausstellung wird erfolgen können. Die Haupthalle mit ihrem großen Kuppelbau, dessen Spannweite 32 m be- trägt, hat 200 m Frontlänge und einen Flächeninhalt von 12 000 qm.

Verkehrsanstalten.

In Agome-Klossu, Agome-Sewa, Awewe und Tokpli in Togo sind am 5. April Reichstelegraphenan stalten für den internationalen Verkehr eröffnet worden. Die Orte liegen sämtli am Monufluß und find mit Aneho durch eine gemeinsame Linie ver- bunden. Die Worttarxe ist dieselbe wie im Verkehr mit Lome.

Fn T\evie (Togo) ist eine Postagentur mit Telegraphén- betrieb eingerihtet worden, deren Tätigkeit fch auf die Annahme und Ausgabe von gewöhnlihen und eingeschriebenen Briefsendungen ersireckt. Die Worttaxe für Telegramme nah Tsevie ist dieselbe wie für die übrigen Anstalten des Schußgebtets. i

; Theater und Musik.

Königliches Opernhaus. Das vorgestrige leßte Gastspiel der Fürstlihen Oper von Monte Carlo, dem wiederum Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit Allerhö(hstibrem Gaste, Seiner Durhlaucht

Fürsten Europas

Sinn.

‘dem Fürsten von Monaco, jowie Ihre Kaiserlihen und König-

lien Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin und Seine Ae Hoheit der Prinz Dskar beiwohnten, hatte noch mehr als die vorangegangenen den Charakter einer Festvorstellung; es gestaltete s\ch zu einem Ehrenabend ohnegleihen für die anwesenden hervorragenden französishen Tondichter Saint- Sasöns und Massenet und zu einer überaus herzlihen Abschieds- feier für die scheidenden Künstler. In je cinem Akt der Opern nSamson et Dalila“ von SGaint-Saëöns, „Hérodiade“ von Mafenet und „Il Barbiere di Siviglia“ von Nofsint hatten die leßteren Gelegenheit, sich noch einmal, und zwar in durchweg dankbaren, ihnen zusagenden Aufgaben den Zuschauern, unter denen die Berliner Kunst- welt zahlrei vertreten war, zu zeigen. In Saint-Saëns? Werke, dessen erster Akt, mit seinen oratorien E Chorgesängen und der Begegrung Dalilas und Samsons, gegeben wurde, lagen die Hauptrollen in den Händen der Frau Héglon und des Herrn Noufseliöre. Die erstere hatte stimmli@ leider gegén eine ftarke Indisposiiton anzukämpfen, be- währte sich aber wieder als trefflihe Darstellerin. Herrn Rousseliöres strahlende Tenorsti§nme \{chwebte sieghgft über den Tonmassen Starker Beifall lohnte ihnen, der {{ch noch verdoppelte, als man des Kom- ponisten anxsihtig geworden war, der von seinem Plaß im erften Range h dankend verneigte. Dieselbe Huldigung erfuhr Massenet nah dem dritten Aft seiner hier unbekannten Oper „Usrodiade“, in dem Renauds hochentwickelte Gesangskunst Triumphe feierte. Neben diesem hatten seine Kollegen von der Pariser Großen Oper, Herr

1 d Fräulein Grandjean, die sch hier erst E S and nicht unvorteilhaft einführte, keinen leichten Stand. Ueber Massenets den Salomestoff auf seine Weise behandelnde Werk kann wan sich nach dieser

entarisGen Aufführung . kein Urteil bilden. Sein Sinn für frag R A e in „Manon“ und anderen seiner bekannteren Arbeiten vorwaltet, spra s auch in den vorgeführten Sjenen aus, aber in ihren einen allzubreiten Raum einnehmenden Opferzeremonien und Masseraufzügen \tockte das dramatische Leben. Der zweite Akt von Nossinis italienisch gesungenem „Barbier von Sevilla“, oder richtiger gesagt eine Folge der darin vorkommenden Arien und Ensemblesäße unter Hinweglassung des Dialogs und Ginfügung der Auftrittsarie des Figaro áus dem ersten Akt, gab dem Abend, der spät in der zwölften Stunde endete, einen heiteren und hoh befriedigenden Abschluß. In Herrn Titta-Ruffo lernte man einen jener ge- borenen Vertreter des Figaro kennen, wie man fie nur in Italien findet. Er entwickelte eine stimmliche und körperliche Geshmeidigkeit, die selbst d'Andrades seinerzeit fo bewunderten Barbier in den Schatten stellte. räulein Storhio war eine muntere und anmutige Rosine. Ihr esang wurde diesmal nicht durch das Tremolo beeinträchtigt, das am Abend ihres ersten Auftretens störend aufgefallen war; bet den sauber gesungenen Koloraturen zeigte fie eine bemerkenswerte Kehlfertigkeit. Cin feinkomischer Bartolo war der von früheren Gastspielen her be- kannte, kleine rundlihe Pint-Corsi, zu dem der lange, hagere Basilio Chaliapines in Maske und Wesen freilich zu über- trieben in wirksamem Gegensaß land. Hoch gingen zuleßt die Wogen des Beifalls, an dem si die Allerhöchsten und Höchsten Herr- schaften lebhaft beteiligten, und erst fpät in der zwölften Stunde {loß der gesellschaftlich wie künstlerifch glei bedeutsame Abend. Königlihes Schauspielhaus.

Nach langjähriger Pause trat Ernst von Wildenbruch am Sonnabend im Königlichen Schauspielhause wieder vor das ubt Sein neues vieraktiges Schauspiel nennt \ich „Die Rabensteinerin* und führt den Zuschauer in bas 16. Jahrhundert. Der Ritter von Rabenstein lebt auf dem Waldstein zwischen Nürnberg und Augsburg mit Shwester, Tohter und wenigen Mannen vom Stegreif. Der junge Welser aus Aughirs! der seiner thm noch unbekannten Braut der Melberin, entgegenzieht, wird von dem vermummten Raubritter überfallen, betde kommen tödlich verwundet auf die Waldburg. Der Naubritter erliegt seinen Verleßüngen, der junge Welser wird von Bersabe, des Nabensteiners Tochter, gerettet und der Verlobten über- eben, die den Kranken nach Augêburg zurücksühren läßt. Bartolome

elser hat, auf kurze Aen ide aus seiner Ohnma@t erwachend, die junge Nabensteinerin erblickt; genesend glaubt er seine Braut gescaut zu haben, Ihm steht der mutige Sinn nach der Eroberung der neuen Besißungen des Vaters in Amerika und er erlangt des Vaters Zusage

zu diesem Zug, wenn seine Verlobte bereit sein werde, ihn zu be- leiten, und wenn es ihm vorher gelungen, das Raubnest, den Wald- fiein, zu zerstören, Da tritt die Melberin vor ihn, kalt, berehnend und eitel. Er sieht, fie ist niht das mutige Mädchen, das ihn au

der Raubburg as gepflegt hat. Doch das Geschick führt E diese herbei. Der sterbende Raubritier hatte sciner Schwester einen kostbaren Shmuck anvertraut, den er dem jungen Welser abgenommen, den Brautshmuck für die Melberin, mit dem sollte. sie der Bersabe den Eintritt in ein Augsburger Kloster ebnen, Der Shmuck wird zum Verräter, und es kommt an den Tag, daß der Nabensteiner den jungen Welser überfallen und von diesem ershlagen sei. Die Ver- suche, die junge Rabensteinerin in Augsburg zu halten, mißlingen,

sie kehrt zu ihren Mannen auf den Waldstein zurück, der nun vom jungen Welser gestürmt wird. Die Melberin will diesem grausamen Zerstörungswerk beiwohnen. Bersabe ßeht sie an der Seite des Geliebten und hört ihr Höhnen.

In rasender Eifersuht und in wildem Zorn ershießt fle die - berzige; in Augsburg soll sie deshalb dem E en. Su steht sie auf dem Schafott, als der junge Welser für sie eintritt, fie dem Henker abberlangt und sie zum Chegemahl begehrt. Nah Augs- burger Recht ist Bersabe gerettet. Es u noh den alten Welser umzustimmen; das gelingt, und die glücklich Vereinigten ziehen aus, der Welser Besißungen in Amerika zu sichern. Man sieht, es ift ein romantisches Ritterstück, das Wildenbruch

O aber das Siück ist jo voll von echtem dramatischen Leben, o durhdrungen von Frishe und Warmherzigkeit, und das altertüm- lihe Gewand steht ihm so natürli, daß der lebhafte Beifall, der nah jedem Akt einseßte und der den Dichter wiederholt vor die Rampe rief, echt und vollberechtigt war. Das Schauspiel hat sicher seine schwacchen Stellen; so ist vor allem die Notwendigkeit des Konsflikts nicht zwingend, nachdem bekannt geworden, daß der Raben- steiner zwar den jungen Welser personen und fast getötet hat, daß er aber bei dem Kampf selbst ums Leben gekommen ‘s und die junge Rabensteinerin dem todwunden Patriziersohn das Leben gerettet habe. Dieser Mangel kommt dem Zuhörer aber kaum zum Bewußtsein, denn gerade der zweite Akt, in dem er ih findet, ist so voll drama- tischen Lebens und fo prächtig in der Charakteristik aller in ihm Auf- tretenden, fo vorzüglich in der Steigerung, daß er gewaltsam mit l fortreißt. So ist es hocherfreulih, feststellen zu können, da

das neue Stück wohl das dramatisch wirksamste und dichte- risch vollendetste ist, das wir Wildenbruch verdanken. Das Königlihe Schauspielhaus hat sch mit der Einstudierung ein künstlerishes Verdienst erworben und mit der „Raben- steinerin“ bei weitem die wertvollste Gabe dieser Spielzeit gebracht. Gespielt wurde ausgezeihnet, sowohl von Herrn Matkowsky, der den alten Rabensteiner gab, als auch von Frau Willig, die die herzhafte, tapfere und dann ebenso liebevolle Bersabe mit reifer Charakterisierungs- funst ausgestaltete. Die Herren Kraußneck und Zetsler boten in der Darstellung der beiden alten Brüder Welser kleine Kabinettstücke, nicht minder Frau Buße, die die mütterlih-sorgende Frau Welser gab. ris, natürlich und gut charakterisiert spielte Herr Staegemann en jungen Welser, so gut, daß man wobl sagen darf, die Rolle gehört zu seinen besten. err Nesper gestaltete die kleine Rolle des Stadtvogts von Augsburg sehr wirkungsvoll und Herr Pohl \chuf aus dem Nunnenmacher, dem einen der Knehte des NRaubritters, eine Charakterrolle. Fräulein von Mayburg betonte die vom Dichter hon recht stark und einseitig gezeihneten Unliebenswürdig- keiten der Melberin vielleiht ‘etwas zu stark. Die Ausstattung war sehr stimmungs- und E Alles in allem, war es eine Auf- führung, an der man in jeder Beziehung seine Freude haben konnte.

Neues Königliches Operntheater.

Das Gastspiel von Beerbohm Tree mit den Mitgliedern von ihm geleiteten Bühne „His Majesty’s Theatre“ in Soibon die am Sonnabend und am gestrigen Sonntag fortgesezt. Die vorgestrige Aufführung von „Tho twelfth night“ („Was Ihr wollt“) gestaltete ih für die Zuschauer wiederum zu ‘einem res anten Erlebnis. Die Versuchung liegt ja hier sehr nahe, die Vorstellung mit der jüngst erfolgten Neueinstudierung dieses Lustspiels im Königlichen Schauspielhause zu vergleihen, aber man täte, um mit Nichard Wagner zu sprehen, den Gästen unrecht, wollte man nach Regeln mefsen, was nicht nach unserer Regel geht. Die Aufführungen der Engländer wollen aus threm Stil G ihrem Volks- empfinden heraus verstanden werden, aus jener nationalen Eigenart in der Shakespeares Kunst, auch wenn ge weit darüber hinaus- wuchs, doch \{liGlich wurzelte. Die Aufführung von „Was Ihr wollt“ war vor allem breiter, im Humor bebäglider an- gelegt als bei uns. Pomphaft und pathetish in den ernsten Szenen in glänzendem äußeren Rahmen, durch viel Musik unterstüßt, gewann das tolle Spiel eine harakteristishe Färbung, die den Geist der Dichtung in ihrer Art nit unwirksam zur Geltung brate; durch die vielen lustigen _Extempores wurde sie eher noch gehoben als ge- stört. Dem künstlerishen Wesen des Hauptgastes \heirt der Mal- volio zuzusagen. Jedenfalls verlich das Pathetische seiner Darstellung der Figur einen neuen, ihr nit übel anstehenden Zug. Fräulein Viola Tree war eine sehr anmutige Viola, die in ihrer Verkleidung als Cäsario scheue Unsicherheit mit gezwungener Unverfrorenheit und auch mit Humor sehr anziehend zu verbinden wußte. Herr Fred Lewis war ein l[uftiger, dabei künftlerish durchaus tafkftvoller Sir Toby, der in Herrn Quartermaine als Aguecheek einen manchmal etwas farblosen Begleiter hätte. Auch die Leistung des Herrn Pounds als Narr, der si Lefonders auch burch seinen Gesang des berühmten Liedes Beifall Aa ist zu loben. Sprudelnd vor Uebermut war die Maria der Miß Cicely Richards; eine sehr fympathische und arakieristische fleine Leistung war ferner der Antonio des Mr. Fisher White. Schs: und ibeal, als rehter Märchenprinz, erschien der Orsino des Hexrn Gill, Die begleitende Musik, deren Verfasser Aadtrew Levey ist, paßte fY recht gut dem Ton des Ganzen an.

Nicht minder interessant war der çestrige dritte Gästspielabeñd, der uns die Bekanntschaft mit der berühmten Aufführung von „Antony and Cleopatra“ vermittelte, die in London fo viel Aufsehen erregt hat. Der Vorstellung wohnten Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz und andere Fürstliche Gäste bei. Dieses Trauerspiel ¿ählt nah [landläufiger Auffafsung zu den \{chwäheren Dramen S n E L gier verhultén Kch ihm gegenüber

be. Derlin 1st es z. B, seit mehreren i keiner Bühne erschienen. Der große Erfol Bc A n diesem Stücke beruht, darüber täuscht er h wohl selbst am aller- wenigsten, auf der vershwenderishen Pracht der Ausstattung, die er

ihm hat zuteil werden lassen; aber er hat doH damit er;telt, daß

‘sein Theater stark besüht wird und daß { fe für L nsofern hat der Zweck die

ittel geheiligi das Intere k u breitere Schichten des Volkes zu A E pa eschmack wird ja der Ausstattungskunst hier zu viel Raum R L

regt aber die in vielen Einzelheiten auch darstellerisch b

Ing dazu ‘an, daß die hiesigen s E

z n Gs und Kleopatra“ wieder annehmen, so R fie uns dauern-

Ns n gebracht haben. Den Antonius spielte Herr Doerbeiin tee selbst etwas zu fühl verständig für diesen an seiner unheilvollen

Liebesleidenshaft zu Grunde gehenden Helden. Temperamentvoller

war die \chlangenhaft geschmeidige Kleopatra des Fräuleins Constance Collier, die - nah bér are Szene, in der fie den Boten aus Rom empfängt, mit Recht dur

starken Beifall uad Hervyorrufe ausgezeihnet wurde. N teifit he Römergestalten E Sine Sha ries waren die Herren Basil Gill (Octavius) und L'Estrange (Pompeius) und Herr Lyn Harding ; o nicht minder staitlihe Enobarbus, brachte besonders h en trockenen umor seiner Rolle wirksam zum Ausdruck.

räulein Alice Crawford, die Herren Quartermaine und White eien von den Inhabern der zahlreichen kleineren Rollen für ihre guten

istungen hervorgehoben. Das Haus war völlig D und der Beifal erreichte nah dem Aktshlufse und dem sehr e luß der Vorstellung eine beträ Mcte öhe, sodaß die I ishen Gäfte mit der ihnen hier bereiteten Aufnahme wohl zufrieden sein dürfen.