1907 / 279 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Nov 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Das gesamte Personal der Elektrizitätsgesellschaft Edison in Mailand, die die Stadt und die Umgebung mit elek- tischer Betriebskraft versieht und den Straßenbahnbetrieb besorgt, hat, wie der „Köln. Ztg.“ telegraphiert wird, gestern früh die Arbeit eingestellt. Der Straßenbahnverkehr ruht vollständig.

Die Wollsptinnerei Enguering in dem Verviers benach- naGbarten Belva ux hat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, wegen

treitfragen ‘mit den Arbeitern den Betrieb eingestellt. i

Aus Kalkutta wird dem „W. T. B.* telegraphiert: Die Post-

verwaltung malt bekannt, daß der Ausstand der Eisenbahner eendet und der Betrieb der Postzüge wieder aufgenommen ist. (Val. Nr. 278 d. Bl.) Die Meldung ist insofern nit genau, als nur wenige Züge verkehren, unter denen fch die Züge be- nden, welche die englishe Post befördern. Die Entlaffung des eiters des Ausfiandes hat unter den Eisenbahnern Aufregung berursaht und die Eisenbahner bestehen darauf, daß vor

er Beilegung des Ausstandes die Wiederanitellung des Entlassenen erfolgen müsse. Auf der Eisenbahnlinie Bengälen—Nagpur ist die Lage ernst, die Schaffner drohen in den Ausstand zutreten. In Kalkutta sind Tausende von Kulis ohne Beschäftigung.

Der Ausstand der australishen Bergarbeiter in New- eastle ist, wie der ,Frkft. Ztg.“ aus Sydney gekabelt wird, beendigt.

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Der Berliner Verein für Luftschiffahrt begann am Montag seine 270. Sitzung mit der Neuaufnahme von 27 Mit- siliedern, darunter je 2 türkische und chtnesische Offiziere. Als ein

merfenêwzrtes Ereignis darf e3 gelten daß zum ersten Male die allonführerqualifikation einer Frau erteilt wurde, nämlich an Frau berleutnant a. D. und Fabrikbesißer La Quiante, die mehrfach |chon als Teilnebmerin an ausgedehnten Ballonfahrten genannt worden ist. Der Sieg - des deutshen Ballons „Pommern“ beim Wettflug bon St. Louis hat dem Verein mehrere in Ausdrücken hoher Be- wunderung gefaßte Telegramme hervorragender Persönlichkeiten und orporationen des Auslandes eingetragen, von denen der bekannte amerikanishe Meteorologe Roth. Boston, der Belgier Jacobs und der britische Aeroklub genannt seien. Sehr prompt trafen, als der deuische Sieg und damit Deutschland als Schauplatz des nächstiährigen inter- nationalen Wettfluges feststand, Meldungen zur Teilnahme daran A der deutschen See ein, so zahlrei, daß keinesfalls Berülsichtigung finden können.

Den E a ibildern begleiteten Vortrag des Abends hielt Dr. H: Elias über „Die Wellmann-Expedition von 1907“. Der

ortragende hatals Teilnehmer an der Expedition des Dampfers „Expreß fowohl den Vorbereitungen, als dem Aufstieg des Wellmannschen Lust- iffs, als seiner nah kurzer Zeit erzwungenen Landung und Bergung im leßten Akt des Dramas selbst tätig und hilfreih beigewohnt. Er ist deshalb besonders geeignet, ein maßgebendes Urteil zu fällen, und das rteil räumt zunächst gründlich mit der leider vtelverbreiteten einung auf, als sei der Flug zum Nordpol bon Wellmann und Genossen niemals ernstlich beabsichtigt und das Ganze nur einc neue Ersheinungsform von amerikanischen Humbug gewesen. Jch fand, so äußerte sich Dr. Elias, entshlossene Männer, ‘die von Eifer, von der Absicht, etwas Gutes zu schaffen und dem brennenden Wunsch er- füllt waren, felbst mit Einsetzung thres Lebens thr Werk zu vollenden. iese Männer, vor allem der“ Führer Wellmann, trugen allerdings zu tinem großen Teil selbst die Schuld an dem Mißlingen des Unter- nehmens, weil sie ih des siheren Funktioniérens8 der technischen Ein- richtungen ihres 7300 ebm“ ‘haltenden _Motorluftschiffes nicht durch wiederbolte praktische Versuche genügend ve:siert hatten; do auch hierfür gibt es der Enitschuldigungen manche, vor allem die ungeheure Größe des Vehikels und die entsprehende Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Versuche. Auch durfte Wellmann zum allergrößten Teil seiner teGrüshen Einrihtungen das beste Ver- trauen haben, das auch dur die kurze Fahrt gerechtfertigt worden ist. Versagt hat, im Grunde genommen, auf dieser Fahrt nur eine, aller- dings die wichtigste, das Steuer, dem man versäumt hatte, durh Kontrebalancierung leihte Beweglichkeit zu geben, und das infolge hiervon gleih im Beginn der Fahrt ih vollständig unbeweglih er- wies und in der Anfangsstellung verharrte, die leider in einem Winkel zur Längsachse des Vehikels und der Windrichtüng stand. Die Folge iervon war, daß das Luftshiff sich im Kreise: oder, genauer gesagt, da es do durch den Motor- vorwärts getrieben wurde, in der Spirale eines Pfropfenziehers bewegte, eine höchst verrvickelte Be- wegung, die noch weitere Komplikation erfuhr durch das vom Luft- if herabhänzende, ihm bei der Berührung von Eis und Land ein rehmoment erteilende Schlepptau. Unter solchen Umständen blieb ellmann nickts übrig als die Landung nah kurzer Fahrt auf der Höhe eines Gletshers, die sanft und ohne namhafte Schädi- fungen vor sst{ch ging, nur leider unter vollem Ver- ust der 7300 cbm Gas, die zu ihrer Herstellung aus Eisen und Shwefelsäure 12 das Kubikmeter gekostet hatten. Die ülle wurde in drei Stücke zershnitten und nebst allen anderen Teilen auf Schlitten zur Ballonhalle zurücktransportiert. Das geschah am 2. September Nachmittags, nachdem endlich am Tage vorber unter allen des Barometers der bis dahin ständig mit 6 m Geshwindig- tît wehende NO.-Wind sch_ unter Nahlassen der Windstärke gegen gedreht hatte. Den 5. September ‘hatte Wellmann als leßten Termin angesegt, weil es ohnedies {on reihlich spät im Jahre svorden war. Dr. Elias gab eine sehr eingehende Bes reibung der technischen Einrichtungen des Wellmannshen uftshiffes, die er mit wenigen Ausnahmen als wohl überlegt und Erfolg verheißend sGilderte. Er bält dafür, daß die Aussichten einer iederholung des Versuches, den Nordpol auf diese Art zu erreihen,

t ungünstig sind. Nah Dr. Elias? auf der Fahrt gemachten Meteorologishen Beobachtungen sind starke Winde in der, Breite

vibbergens selten, hon solhe über 4 m Windgeshwindi Feit gehören zu den Ausnahmen; starke Abnahme des Windes in der Höhe S die Recel. Wellmann rechnete auf 74 m Eigengeshwindigkeit in er Sekunde. Nimmt man nur 5 m an, so ergibt das in der Stunde a Seemeilen, Da der Pol von Spigbergens -Nordspiße noch 600 Seemeilen (zu 1850 m) entfernt ist, würden 36—40 Stunden genügen, ihn zu erreichen, die doppelte bis dreifache Zeit, um rüczukehren bezw. jenseits des Poles etwa in Alasfa zu landen. a8 ist son beim beutigen Stande der Motorluftschiftechnik keine Unmögliche Leistung mehr, besonders, wenn man u. a. in so raffinierter Suile Proviant mitzunehmen versteht, wie Wellmann, der sogar sein epptau, die „Sglange“, in seinem unteren Teil als Proviant- pebâlter ausgebildet batte " ämlich als 15 cm im Durchmesser 4 ¿endes, mit Proviant gefülltes Gummirohr. Von Interesse war stoff noch, was Dr. Elias von der Beschaffung von Eisen zur Wasser- ereitung erzählte. Wellmanns Lieferanten hatten ihn mit verrostetem garund versehen, der versagte, bis man zum Glück no ein Lager fast _Tas rostfreier Eisendrehspäne von 28 000 kg entdeckte, die seit den Eliass des unglücklihen Andree hier lagerten. In der si an den achen Vortrag “\chließenden Diskussion kritisierte Major von esorjebal mehrere Cinrihtungen des Wellmannschen Luftschiffes, I an ein die unrichtig angebrachten Stabilisterungsflähen und wolle ‘erhe Sélingen des VersuWs ‘nicht glauben. Professor Ber! on aber hob gegen die hit glauben. Pr inden Zweifel, und zwar s glihkeit eines Erfolges aus andern Gründe Buden Erfolges de ensowobl des geographischen als des meteoro os E Möglitzkeit 1 die Luftschiffer besäßen in den hohen Breiten keinerle der Windrictee,oltronomisen Ortebestimmung, mithin auth nit mehr ahnen. Dies ungen. Sie könnten über den Pol gefahren sein, obne es t fein. Die B e PBebauptung Profeflor Bersons dürfte nit ganz zutreffen Pimimelsge elbinnibig der geographischen Länge und damit auc der ol; aber di en und Windrichtungen wird zwar sehr unsicher am Dol “Tann tnie Bestimmung des Abstandes des Scheitelpunktes vom AUuSgeführt w: Hilfe eines Libellen-Quadranien au dort ebensogut Drienti erden wie in anderen Breiten. Zur volleén geographischen

reu genügt das allerdings nit.

Dr. S, öweiten Teil der Tagesordtu ichteie Professor ius ring über die Tätigkeit des N Aus- "dem der Vereinsvorstand pro 1908 eiae Unterstüßung von

tausend Mark zugesagt hat. Es sollen Versuhe im geeigneten Ge- lände mit Gleitflähen und Kästendrachen angestellt und zu dem Zweck einige gute Modelle erworben, vielleicht auch im Frühjahr eine Aus- stellung von Flugmaschinen, Modellen und Wetifluge ar- rangtert werden. * Mit Freude wurde eine Mitteilung begrüßt; wona. sich in der „Automobilistishen Gesellschaft“ eine flugte{ntshe Gruppe gebildet “hat, die hauptsählich bie Motorsrage ftudieren wird. Geheimrat! Buslcy hat zux Erhaltung der Füblung zwischen den verwandten Zielen geltenden Bestrebungen den Ehrenvorsiß der neuen Gruppe übernommen, die folgende Namen aufweist: Graf Arco, Direktor Vorreiter, Ingenieur Conrad, Ingenieur Rumpler, Obercingentieur Valentin. -

Zum Schluß wurde in zweiter und leßter Lesung eine Reihe von Saßungtäaderungen einstimmig angenommen, die notwendig geworden sind dur die Anstellung eines zu besoldenden Geschäftsführers.

Veber die zentralasiatishe Reise Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Arnulf von Bayern, die in Venedig durch den Tod des Prinzen einen so traurigen Abs{luß finden sollte, wird jeßt Näheres bekannt. Am 17. April verließ der unter dem Namen eines Grafen Wartenstein reiseade Prinz, în dessen Gefolge ih ein Geologe, ‘ein Präparator, ein fleirisher Hochgebirgsjäger und ein Tiroler Bergführer befanden, München, um si über Wien zunächst ¡um Kaukasus zu begeben. Nah kurzem Aufenthalt in Tiflis reiste man über Baku zum Kaspishen Meer und von Krasnowodtk mit der Eisenbahn nach Buchara. Der Gouverneur von Samarkand stellte dem Prinzen einen Salonwagen zur Ve:fügung und bot ibm Gastsxeund- \chaft in seinenr Hause. Mit Wagen giñg es dann von Taschkent längs des Issk-Kul nah Prschewalks und über die chinesishe Grenze hinüber nah Kuldsha. Am 16. Juni bra der Prinz mit einer aus Kirgisen und Türken zusammengesegzten Expedition nach Narynkol auf, wobet Pässe von bis zu 4000 m Meereshöhe zu übersteigen waren. Von Narynkol aus hat der Prinz mehrere Monate larg im Hochgebirge der agd auf Steinbôce, Wildschafe und Maralhirshe obgelegen. Wegen \clechter Witterung und niht übermäßig guter Jagdergebnisse fsehnte fi der Prinz nah Hause und trat am 2. Oktober die Heimreise an. In Moskau traf er mit seiner Gemahlin und seiem Sohne zu- sammen, die ihm entgegengereist waren. In Wien scheint sch der Prinz eine A aa eung zugezogen zu haben, die wenige Tage nach der Ankunft in Venedig nach Hinzutritt einer Entzündung der reten Lunge zum! Tode führen sollte.

Das Königliche Institut für Meereskunde (Georgen- straße 3436) veranstaltet in der kommendgà Woche, Abends 8 Uhr, folgende öffentlihe/ Herren und Damen zuin glihe Vorträge: Am Dienstag s\pricht ‘der Dr. Dinse - Berlfreitager „Die Polarfahrten

enry Hudsons 1607—1611*; am F ‘in 5der Dr. Neubaur- Hern über „Der Norddeutsche Lloyd ¿ittags übhtiger Entwicklung". Einlaßkarten sind von 12 bis 2 Uhr ije von 25d an den Vortrags- abenden selbs vor 6 Uhr ab zuu Pre H in der Geschäfts- stelle des Instituts: zu haben. 5 L

5; g; L . Æænten ¿der Colut z Der jünast von dem Präsid1tler erstattete a-Universität in New York Nicholas Viurray Buevelt- ProfesDericht über die bisherigen Erfolge der Roosr Wilhel-#/Ur an der Berliner Universität und der; Kaise; die Anre--m- Professur an der Columbia-Universität zeigt, dafiusch her:-1ung Seiner Majestät des Kaisers, einen geregelten Austà +7 ¿Worragender Gelehrten Deutsch- lands und der Vereinigten Staaten än den Universitäten beider Länder einzurichten, auf fruhtbaren Boden gefallen ist. Die „Köln. Ztg.“ führt aus dem Bericht folgendes an: „Die Erfahrung eines einzigen Jahres hat reihlich genügt; um denWert der beiden erzieherishen Versuche zu zeigen. Professor Burgeß, der exste Inhaber der Nooseyelt-Profefsur, hat an den Universitäten Berlin, Bonn und Leipzig gelesen und rüdck- baltlose Anerkennung gefunden, sowobl von deutshen Gelehrten als au von den deutshen Organen der öffentlihen Meinung. Ihm ift die erste Einrichtung -eines-Amerikanishen--Instituts an der Berliner Universität zu danken, dem dann dur die Fürforge des preußischen Kultusministers eine Heimstätte geschenkt worden if Kaum minder wichtig als seine akademischen Vorlesungen waren dite Vorträge, die Professor Burgeß vor den Staatswissens e Berkin und Cöln gehalten hat, und sein reger Vezkehr mit den hervor- ragendsten Vertretern der deutschen Gelehrtenwelt und des öffent- lihen Lebens. Nichts, was Professor Burgeß in seiner Aufgabe fördern konnte, ist von dem Deutschen Kaiser und dem deutschen Volke unterlassen worden:*- Der Bericht folgert hieraus, daß der Lehrstuhl der Noosevelt-Profefsur ohne Zweifel festbegründet sei, zumal unter den deutschen Studenten wie im ganzen Volke ein reges Interesse: an der amerikanishen- Geschichte: und an den Problemen seiner Gnt- wickelung vorhanden set, und er erklärt es jeßt für bewiesen, daß die Befriedigung dieses Interesses durch amerikanische Gelehrte „ein neues Glied der Freunds&aft und der Sympathie zwischen den beiden Völkern s{chmiede“. Denn in diesem Wirken freier Universitäts- professoren, die dur keinerlei diplomatische Fesseln behindert seien, liege eine bedeutungsvollere Einrichtung vor als in den seit einer Reihe von Jahren. nicht seltenen internationalen l hen, deren Cinfluß beinahe nur persörlich sei. „Den ehrkörper etner großen Universität durch cinen auslärdishen Gelehrten zu vervoll- ständigen, der ein «Jahr lang Physik oder Mathematik lehrt, ift, wie viele amerikanishe Universitäten wissen, angenehm und interessant genug; aber die Aufgabe, eine Reihe von Jahren hindur über die Zivilisation eines «bestimmten Volkes eine gründliche systematische Be- Tehrung in der SpraŸe zu geb:n, die die Studierendên eines andern Volkes am besten verftehen, das is eine ganz andere Sache. Das ist aber der Zweck der Noosevelt- und der Kaiser-Wilhelm-Professur. Sie haben wenig gemein mit dem, was man gewöhnlich unter Austausch- professoren versteht.“ Butlers Becht endet mit den Worten der Anerkennung für die bisherigen Inhaber der Kaiser-Wilhelm- rofefsur, die Nrofessoren Schumacher aus Bonn und Leonhard aus Bredlau fowie mit -der Ankündigung, daß demnächst an der Columbia- Universität ein Germanistishes Institut entstehen werde, das dem jedesmaligen Inhaber der Kaiser. Wilhelm-Profes ur als Mittel- punkt feines Wirkens dienen solle. Die „Köln. Ztg.“ erwähnt in diesem Zusammenhange, daß jüngst in den New Yorker Blättern eine Statistik über die Zahl:-ber Amerikaner und Amerikanerinnen, die in Deutschland Wissen und Ausbildung suchen, erschienen sei; aus dieser Statistik: ergebe ih, däß die Zahl der in Deutschland studierenden Amerikaner in den leßten fünf Jahren sich nabezu verdoppelt habe.

er Rectslehrer an der Universität Berlin Geheimer Justizrat, N A ri Dernburg, Mitglied des Herrenhauses, ist na einer Meldung des „W. T. B.“ in der vergangenen Nacht im 79. Lebensjabre gestorben. "Er war am 3. März 1829 in Mainz ge- boren, studierte an den Universitäten Gießen und Berlin, habilitierte sich 1851 als Privatdozent in Heidelberg, wo er mit Brinckmann u. a. die „Kritische Zeitschrift für die gesamte Rechtêwissenschaft“ begründete, wurde 1854 avßerordentlicher, kurze Zeit danach ordentlicher Professor der Nechte in Zürich, 1862 an die Üniversität Halle berufen, die ibn 1866 zu ihrem Vertreter im Herren- hause wählte, und im April 1873 an Rudor ffs Stelle als Pandektist an die Universität Berlin versegt. In das Herrenhaus, aus dem er bei seinem Wegaange von Halle ausscied, trat er bald darauf infolge Königlicher Berufung aus Allerhöchîtem Vertrauen wieder ein. Seine wissenschaftliche Tätigkeit war dem Zivilrecht gewidmet. Von feinen vor der Schaffung des neuen Bürgerlichen Geseßbuhs ver- öffentlichten Werken waren die beteutsamsten, jetem preußischen Juristen wehlbekannten die „Pandekten“ (3 Bände, 188487, 6. Auflage unter Mitwirkung von J. Biermann 1900—01, 7. Auflage 1902—03) und Sas „Lhrbuch bcs preußischen Privatrechts" (ebenfalis 3 Bände, 1871——80, Band 1 und 2 in d. Auflage 1894—97). Aus dem lebt- genannten Lehrbuch ist dann nach der Sh4ffung des neuen Bürger-

haftlihen Vereinigungen ‘in -

lichen Geseßbuchs die umfassende, fünfbändige systematische Darstellung des bürgerlihen Rehts des Deutschen Reichs und Preußens hervor- fegangen die 1898 zu erscheinen begann, und deren hoher wissen- chaftliher und Praktisher Wert allgemein anerkannt“ worden ist, sodaß in kurzer Zeit neue Auflagen der einzelnen Bände notwendig wurden. Von Dernburgs fonstigen Schriften seien noch hervor- gehoben: „Geschichte und Theorie der Kompensation“ (1854 2. Auf- lage 1868), „Das Pfandreht“ (2 Bände 1860—64), „Die Irsti- tutionen des Gajus, ein Kollegienheft aus dem Jahre 161 nag, Christi Geburt“ (1869), „Das Vormundschaflsrecht der preußischen Monarchie“ (1875, 3. Auflage 1886), „Das preußische Hypothekenrehi“ (mit Hinrichs, 2 Abteilungen 1877—91), „Die Phantasie im Rechte“ (1894), „Persönliche Rechtsstellung 1m Bürgerlichen Geseybuh“ (1896). Charakteristisch sür die Darstellungsweise Dernburgs in: allen seinen das preußische und deutshe Recht behandelnden Werken ist die scharfe Gegçenüberstellung der römiscen und antiken Rehtsgedanken einerseits und ‘der ‘modernen und deutschen Rechtsbildungen ‘andererseits. Mit Dernburg ist einer der hervorragendsten Juristen aus dem Leben geschiêden, die die deutshe Rechtswissenschaft ‘in: der ¿zweiten Hälfte des vergangénen Jahrhunderts hervorgebraht hat.

Jagd.

___ Dienstag, den 26. d. M., findet Königliche Parforce- jagd statt. Stelldichein : Mittags 12 Uhr 30 Minuten im ‘Dorfe Dóöberit. /

Verkehrsanstalten.

Laut Telegramm aus Ratibor ist die heute früh in Berlin (N geerens Post aus Wien infolge von Zugverspätung aus- geblieben.

Theater und Musik.

Neues Königliches Operntheater.

Die Darstellung von Alphonse Daudets dramatisierter „Sapho“ dur Madame Jane Hading bedeutete eine vollständige Veberraschung. Wenn bis jet die kühl und klug überlegende Schau- ati im Vordergrunde gestanden hatte, so enthüllte die Auf- ührung von gestern abend eine Künstlerin voll hinreißenden Temperatnents, voll unbezähmbarer Lebenskrafr. Die zügellose Leidenschaft des Mädchens aus dem Volke ‘fand _ ihre Sprache in wilden Naturlauten, wie sle in dem Gastspiel Iane Hadings bisher nicht gehört wurden. Das Sgau- spiel, das A. Belot aus dem berühmten Roman Daudets zurehtgezimmert hat, ist längst bekannt und auch \chon veraltet. Troßdem interessierte Madame Hadings Leistung von der ersten bis zur leßten Szene dur die lebenstrozende Krast des Spiels. Die Darstellerin der „Sapho“ ging stark realistishen Gesten und Gebärden, welche diese rau aus der Atmosphäre des niederen Volkes und aus den Kreisen der Bohôme mit ih s{leift, durchaus niht aus dem Wege; sie verwendete sie im Gegenteil mit verblüffender Urwüchsigkeit; und dabei war ihre Dar- stellung in “allen Phasen eifersüchtiger Liebe, brutalen Kampfes und endlicher Entsagung von einer tief aufwühlenden Leidenschaft durh- zittert. Diesmal bot Madame gtng eine wirklich große Leistung. Ihr reihten sich die besten Kräfte der Truppe erfolgreih an. Cs ging überhaupt durch die ganze Vorstellung ein frisher Zug, der ein völlig neues Bild von der Künstlerschaft diefer französishen Gesellschaft

aufrollte.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Sonntag, „Die Walküre“ unter der Leitung von-Dr. Strauß in nachstehender Beseßung der Hauptrollen aufgeführt : Siegmund: Hèrr Kraus; Brünnhilde: Frau I. Reinl als Gast; Sieglinde: Fräulein Hiedler; Wotan: Herr Bach- mann; Hunding: Herr Mödlinger; Fricka: Frau von Scheele-Müller ; Walküren: die Damen Destinn, Herzog, Dietrich, Rothauser, Rose, von Seele, Parbs, Ober. (Anfang 7 Uhr). Montag wird „Aïda“ * gegebén. Frau“ Megger*Froißheim vom Stadttheater in Hamburg wiederholt ihr Gastspiel in der Rolle der Amneris, die Aïda singt Fräulein Nose, den Radames e Maclennan, den Amonasro Herr Hoffmann, den Ramphis

err Knüpfer, den König Herr Griswold. Am Dienstag beginnt der Königliche Kammersänger Herr Wilhelm Herold" ein auf zwei Abende vereinbartes Gasispiel in „Romeo und Julia“ (Romeo: Herr Herold; Julia: Fräulein Hempel) und beschließt es Donnerstag mit den Rollen- des Lurridu und Bajazzo. : :

Im Königlihen Schausptelhause wird morgen „Die Braut von Messina“ von‘ Schiller, mit den Herren Sommerstorff, Staege- mann, Eggeling, Kraußneck, Geisendörfer und den Damen Lindner und Steinsieck in den Hauptrollen, aufgeführt. Am Montag wird Ernst von Wildenbruchs Schauspiel „Die NRabensteinerin?: wiederholt.

Im Neuen Königlichen Operntheater beendet morgen uam Jane Hading ihr Gastspiel im „Hüttenbesizer“. Abends wird „Kabale und Liebe“ von Schiller in folgender Besetzung gespielt: Präsident von Walter : Herr Molenar; u Herr Matkowéky; Hofmarschall ‘von Kalb: Herr Vollmer; Lady Milford: Frau Poppe ; Wurm: Herr Pohl; Miller: e Oberländer; dessen Frau: Frau Schramm; Luise: Fräulein Wachner. i

_Im Deutschen Theater geht morgen Shakespeares Trauer- spiel „Romeo und Julta“ in Szene; am Mittwoch wird „Ein Sommernachtstraum* aufgeführt. An allen übrigen Tagen der kommenden Woche wird das Shakespearesche Lustspiel „Was “ihr wollt“ gegeben. In den Kammerspielen des Deutschen Theaters wird am morgigen Sonntag sowie am Montag, Dienstag, Donnerstag, Sonnabend und nähsten Zas Wedeékinds Kindertragödte „Früh- lings Erwachen“ gespielt, Am Mittwoch werden Ibsens „Gespenster“, Freitag wird Hebbels ',Gyges und sein Ring“ gegeben,

Die Erstaufführung von Offenbahs Operette „Blaubart* im Berliner Theater findet tehnisher Schwierigkeiten wegen erst am 28. November statt. Der Vorbereitungen halber bleibt. das Theater am Dienstag und Mittwoch geschlossen. ì

Das Lessingtheater hat für nächste Woche folgenden Spiel- plan aufgestellt: morgen abend: „Nora“; Montag: „Klein Eyolf“ ; Dienstag und Sonnabend: „Die Stüßen der Gesellshaft*; Mittwoch und nächsten Sonntagabend: „Vom andern Ufer“; Donnerstag: „Der Biberpelz“ ; Freitag: „Die Wildente“. Am Sonntag, 1. Dezember, wird als Nahmittagvorstellung „Der Bund der Jugend“ aufgeführt.

Im Neuen Schauspielhause wird morgen sowie am Dienstag und Mittwoch „Judith“, Montag „Alt-Heidelberg“ gegeben. Am Donnerstäg, Abends Uhr, findet die Erstaufführung des Dramas „Zar Peter“ von Otto Erler statt, das: Freitag, Sonnabend : und nächsten Es wiederholt wird.

Im Scillertheater O. (Wallnertheater). wird morgen abend sowie Sonnabend „Rosmersholm“ gegeben. Montag und nächsten Sonntagabend wird „Reiterattacke", Dienstag: „Maria Stuart“, Mittwoch und Freitag das Volks\tück ,Gebildete Menschen“, Donnerss» tag und nächsten Sonntagnachmittag „Das vierte Gebot“ wiederholt.

Das Schillertheater Charlottenburg bringt morgen abend „Die Hermannshlaht*, Montag und Dienstag „Gebildete Menschen“, Mittwoch und Freitag »Reiterattacke*, Donnerstag „Rosmeróholm”, Sonnabend „Heimat N Sonntagnahhmittag „Maria Stuart“, Abends „Wilhelm Tell*, Im Bürgersaale des Berlinischen Ne es wird morgen ein „Joseph von Eichendorff. Abend“ ver-

Im Theater des Westens wird allabendlih, mit Ausnahme des morgigen Sonntags (Totenfest), wo das Theater geshlossen bleibt, „Die lustige Witwe* aufgesührt. Nä@{stfolgenden Sonntag- nahmittag geht bei halben Preisen „Früblingsluft“ in Szene. Von E S a H e Mittwoch und Sonn-

, mittag r, zu einen Preisen i die sieben Zwerge" aufgeführt. sen „Shneewitthen und