1877 / 215 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Sep 1877 18:00:01 GMT) scan diff

23. d. Mts., g Bei der Abreise Sr. Majestät des Kaisers Spalier vom S oßplaÿ bis zum Bahnhofe von Einwohnern. der Stadt und Umgegend, Glockengeläute und Kanonensalven. Während der ganzen Wochen werden jeden Tag Nachmittags vom Balkon des Rathhauses aus und im Stadtgarten musi- falishe Aufführungen stattfinden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 11. September. Das Abgeordnetenhaus versammelte sich heute wieder zur Mets der General-Debatte über die Steuerreform. um Beginne der Sitzung legte der Finanz-Minister den Stur einer Abänderung der §8. 1—4 des Gesetzes, be- treffend die Verbrauchsabgabe von der Rübenzucker-Erzeugung“, vor. Diese Regierungsvorlage hat den Zweck, definitive Be- stimmungen über die Zuckersteuer zu schaffen und dadur auf indirektem Wege auch die Lösung der viel ventilirten Restitutions-Frage zu erleihtern. Nach §. 2 der neuen Regierungsvorlage soll das Reinerträgniß aus der Rüben- uckersteuer für die Betriebsperiode 1878/79 6 Millionen und für jede der folgenden Betriebsperioden um je eine halbe Million mehr als in der unmittelbar vorausgegangenen er- reichen. enn in dieser Art die Reinertragsziffer von 10x Millionen erreicht ist, soll dieselbe auch für die folgenden Betriebsperioden gelten. ls Lemberg, 12. September. (W. T. B.) Der päpstliche Nuntius, Msgr. Jacobini, ist heute Mittag hier eingetroffen. Pest, 11. September. Nach dem „Naplo“ findet morgen ein Ministerrath statt, der das 1878er Budget fest- stellen wird. Die gestrige Sißung des hauptstädti- cs Verwaltungsausshusses, in welhem der be- annte Erlaß des Finanz-Ministers über die Steuerein- treibung unter staatliher Aegide verhandelt wurde, verlief sehr stürmisch. Der Erlaß wurde scharf angegriffen. Der Ver- treter des Finanz-Ministeriums trat \chließlich dem einstim- migen Beschlusse des Ausschusses, nah welchem der Finanz- Minister um Zurücknahme des Reskriptes angegangen wird, bei. | Kaschhau, 12. September. (W. T. B.) Der Kaiser at anläßlih des Abschlusses der Manöver ein Handschrei- en an den Militär-Kommandanten ¿u Kaschau , FML. von Ziemiecki, gerichtet. Derselbe wird darin beauftragt, allen Generälen, Stabs- und Ober-Offizieren, sowie den Truppen die volle Zufriedenheit und Anerkennung des Kaisers für die musterhafte Ordnung, die gute Haltung und den hohen Grad der Ausbildung auszusprehen. An den Honved-Kommandan- ten hat der Kaiser ein ähnliches Handschreiben erlassen. Agram, 11. September. Jn der heutigen Landta g s- sißung reihte der Abg. Miskatovic folgenden von zehn Ab- geordneten unterzeihneten Beschlußantrag ein: Das Haus wähle behufs Abfassung einer in Angelegenheit der Einverleibung der Grenze an die Krone zu richtenden Adresse eine drei- gliedrige Kommission. Der Abg. Kukuljevic brachte folgenden Beschlußantrag ein: Die Regierung wird angewiesen, sämmt- liche auf den Grenzfonds bezüglichen Schriftstücke vorzulegen. Beide Beschlußanträge wurden als dringlich erklärt und stehen morgen auf der Tagesordnung. Wegen im Ausschusse her- vorgetretener bedeutender Differenzen hat die Regierung die Städte- und Gemeindeordnung zurückgezogen.

Schweiz. Bern, 11. September, (N. Zürch. Ztg.) Nachdem, laut Mittheilung des Großherzoglich badischen Staats- Ministeriums, die Regierungen von Bayern, Oesterreih und Württemberg sih mit dem Vorschlage, betreffend die Berufung einer Konferenz zur Vorberathung des Projektes einer Tiefer- legung der Hohwasser des Bodensees, einverstanden erklärt, und auch bereits ihre Beaustragten bezeichnet haben, hat der Bundesrath den Regierungen der betheiligten Kantone Schaffhausen, St. Gallen und Thurgau davon Kenntniß gegeben mit der Anfrage, ob und bejahenden Falls durh wen sie sih bei der Konferenz, bei welcher es sih letig- lih um die Prüfung der tehnishen Frage und E um Verpflichtungen in Bezug auf die Ausführung handle, vertreten lassen wollen. :

Lugano, 11. September. (N. Zürch. Ztg.) Die Mu- nizipalität von Lugano hat von der Regierung die An- zeige erhalten, daß wenn bis morgen Mittags 12 Uhr die ver- langten 12,000 Fr. niht gezahlt würden, man die Summe auf dem Exekutionswege bei den Bürgern der Gemeinde und den Mitgliedern des Munizipalrathes eintreiben werde,

Großbritannien und Jrlaud. London, 10. Sep- tember. (E. R Die Bemühungen der extremen irischen Homeruler, die Verhandlungen des Unterhauses zu stören, welche bereits im Parlamente, selbst auf Seiten ihrer ge- mäßigteren Parteigenossen auf ernsten Widerstand stießen haben nach längeren Verhandlungen zu einer wahrscheinli dauernden Spaltung der Homerule-Partei geführt. Der bisherige Führer derselben, Mr. Butt, um welchen sih ie Gegner der sogenannten Obstruktionisten schaaren, hat an den Rev. Joseph Murphy einen Brief gerichtet, der zur Veröffentlihung bestimmt, das Band zwischen ihm und dem extremen Flügel der

omerulepartei zerschneidet. „Obstruktion (wie der neue

unstausdruck für die Geschäftsstörung der Biggar und Parnell lautet) würde uns“, sagt Mr. Butt, „die Sympathien der englishen Demokratie entfremden, die in dem Versuch, das Ansehen des Unterhauses ju untergraben, einen Angriff auf England und sie eh erbliden würde. Entfremdet würde uns au werden die große und einflußreihe Klasse unserer Landsleute, welhe in der Aufgebung des fkonstitutio- nellen Verfahrens den Triumph von Grundsäßen, die der gesellschaftlihen Ordnung feindlich. sind, erblicken würde. Zusammenbrechen würde, um nie zu unseren Lebzeiten wieder- belebt zu werden, die irische parlamentarische Partei und die Homerulepartei im Lande selbst, welhe aufzubauen es Fahre sorgenvoller Arbeit gekostet. Und nah wenigen Monaten würde eine solche Politik mit einer shimpfliche:1 Niederlage enden, nah Scenen voll Lärm und Unordnung, aus welchen die Würde der Sache und des Landes nicht ungeshädigt hervorgehen würde.“ Mr. Butt {ließt mit der Versicherung, daß er lieber sei- nen Parlamentssiß verlieren, als auch nur eine Stunde lang olch einem unziemlichen, sein Vaterland shädigenden Ber-

ahren seine Zustimmung ertheilen wolle. Dieses Auftreten

r. Butts begegnet in England allgemeiner Anerkennung, aber man fragt si, ob er in seiner Heimath auf gleichen id ‘werde renen können. „Zweifellos ist es wahr, daß die Obstruktionspolitik den Jrländern die Sym- pathie und Unterstüßung des Unterhauses entziehen wird“,

sagt der „Observer“, „aber was, so mögen die Obstruk- tionisten mit Recht fragen, ist daran für die wicflighen iele der irischen Nationalpartei elegen?“ Der einzige nterschied zwishen Mr. Butt und Mr. Parnell und Biggar sei der, daß die Leßteren erzwingen, der Erstere bekehren wolle. Und wenn Mr. Butt auf Zwangspolitik sich nicht einlassen will, so muß er doch irgend welhe Gründe für die Möglichkeit eines Erfolges seiner cigenen ge- mäßigten Politik angeben können. Glaube er denn aber wirklih, daß je ein englishes Parlament zu einem ZU- geständniß der Wünsche der Homerulepartei durch Ueber- redung bewogen werden könne? Einer solhen Täuschung gebe er sih jedenfalls niht hin. Seine Hoffnung sei diese: Er erwarte den Tag, wo die liberale und konservative Partei so gleich stark sind, daß die Homeruler den Ausschlag geben, und hoffe dann als Preis für seine Zustimmung zu einer der beiden Parteien, die Erfüllung des Homerule-Programmes zu erlangen. Was sei das aber anderes als Zwangspolitik, nur in anderer Form. Obgleich die Obstruktionisten ihre Hiele in gröberer Weise verfolgen, so seien die Mittel im runde dieselben. Das aber sei die s{hwache Seite der Stellung Mr. Butts. Der Streit zwischen ihm und den Extremen beruhe eben nit auf einer Prinzipien-, sondern nur auf einer Opportunitätsfrage. k S t 13. September. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der „Morningpost“ hat die Admiralität den Bau von 30 Torpedoschiffen angeordnet.

Frankreih. Paris, 11. September. Gestern Abend fand in Bordeaux eine Galavorstellung im Theater statt. Der Marschall Mac Mahon erschien in der Loge in Begleitung der Minister Decazes, Fourtou und Caill‘aux und des Präfekten von Bordeaux. Heute Morgen besuchte der Marschall das Militärspital und fuhr dann nach dem Schlosse des Hrn. Carayon-Latour, welcher Regierungskandidat für den vierten Wahlbezirk von Bordeaux ist. Von dort kehrt er noch heute zurück, um nah Arcahon und Périgueux zu gehen. Laut Telegramm aus Périgueux ist der Marschall am 12. dort eingetroffen. Der „Moniteur universel“ erfährt, daß die bonapartistische Partei in einer großen T von Wahlkreisen Kandidaten ihrer Wahl den von der Regierung angenommenen und den Konservativen bezeihneten Kandidaten entgegenstellt. Diese Haltung der Partei überrascht den „Moniteur“ übrigens, wie er erklärt, niht, nur fragt das Blatt, wie die Bonapartisten behaupten können, daß fie sich dem Marschall anges{hlossen haben und der konservativen Partei angehören. i

12. September. (W. T. B.) Das Urtheil des Zuchtpolizeigerihts ist Gambetta noch gestern Abend zugestellt worden, worauf dieser heute Mittag, wie bereits ge- meldet, dem Gerichte anzeigte, daß er Einspruch gegen dasselbe erhebe. Die neue Verhandlung wird am Montag statt- finden. Unter den Mitgliedern der republikanischen Partei herrscht die Befürchtung, daß der Gerichtshof im Falle der Verurtheilung Gambetia's die sofortige Verhaftung desselben anordnen werde.

Das Schreiben, welches die Vorstände der Lin- ken des Senats an Frau Thiers gerichtet haben, lautet

vollständig wie folgt: Paris, 9. September 1877.

Madame! Die Vorstände der Linken des Senats ergreifen das Wort im Namen ihrer Kollegen und danken Ihnen für den Muth und den Patriotismus, die Sie in der {merzlichen Prüfung, welche wir in diesem Augenblicke bestehen, an den Tag gelegt haben. Weit entfernt, die Beweise der nationalen Dankbarkeit, wie man zu be- haupten wagte, abzulehnen, haben Sie dieselben von der großen Stadt, die Frankreih so würdig vertritt, und von jenen aus allen Gegenden herbeigeströmten Delegirten erwartet, welche dem Ver- theidiger unserer Freiheiten, dem Befreier unseres Landesgebiets, Demjenigen, der unser Land neu organisirt hat, eine leßte uldi- gung darbringen wollen. Die Bevölkerung von Paris hat fh Ihrem großherzigen Gedanken beigesellt. Durch ihre andächtige Sammlung, ihre feierliche Trauer hat sie Herrn Thiers den seiner würdigsten Triumph bereitet. Sie hat der Welt das hehre Schauspiel eincr Million Menschen geboten, die dem großen Bürger, welcher die Ge- walt eben so edel verlassen hatte, als er sie geübt, das Geleite gaben oder seinen vorüberziehenden Sarg grüßten. Sein Geist wird in unserer Mitte verweilen ; sein Leben lehrt uns Mäßigung, Ausdauer und Bürgerpflicht; es flößt uns die Zuversicht ein, daß wir, stark durch unser Recht, der Sache der Freihcät und des Gesetzes, die füc uns unzertrennlich sind, zum Siege verhelfen werden. Gestatten Sie, Madame, val unsere Dankbarkeit Sie in unserer Ehrfurcht und Anhänglichkeit niht von dem Gedächtniß Desjenigen trenne, für dessen Charakter Sie cin so inniges Verständniß hatten und dessen Namen Sie so würdevoll trugen : |

Genehmigen Sie, Madame, die Versicherung unserer tiefsten Ehrfurcht, »

Für unsere Kollegen: Emanuel Arago, A. Calmon, Ad. Crémieux, E. Duclerc, F. Herold.

Ftalien. Rom, 8. September. Vorgestern früh fuhr der König in Begleitung des Kriegs-Ministers Generals Mezza- capo und seiner Feld-Adjutanten von der Eisenbahnstation Serravalle, unweit Alessandria, zu dem Manöver und wurde im Lager von dem Prinzen Humbert, dem General-Lieutenant Cofenz, den Militär-Attachés und anderen fremden Offizieren bewillkommnet. Nah dem Manöver besichtigte Se. Majestät das ganze erste Armee-Corps und gab seine vollkommene ZU- friedenheit mit der Haltung der Truppen zu erkennen. Um 11 Uhr begab sih der König ege Al¿ssandria zurück, nahm die Huldigungen der Behörden, der Veteranen und vieler durch Rang und Stand hervorragenden Personen entgegen und bestieg unt-r dem Hurrahrufe einer zahlreichen Bolks- menge gegen 11 Uhr wiederum die isenbahn, um sih nach Turin zurückzubegeben. Der Thronfolger ist in Serravalle zurückgeblieben und wird noch mehrere Tage den Feldübungen beiwohnen. Der Minister-Siegelbewahrer ist wieder völlig genesen und wird in den nächsten Tagen zurückerwartet.

Türkei. Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) Die italienishen Kriegsschiffe sind in der Besikabai eingetroffen. Chefket Pa L ist in Schumla ange fommen. Der Sultan hat Frau Thiers telegraphi]ch sein Beilcid t 5a M j

(W. T. B.) Na@h einer der „Polit. Korresp.“ zuge- gangenen Meldung aus Konstantinopel vom 12. ist nun- mehr die offizielle Ernennung Aa rifi Paschos zum Botschafter in Paris, Essad Paschas zum Botschafter in Wien, und Turkhan Beys zum Gesandten in Rom erfolgt.

(W. T. B.) Aus Belgrad wird derselben Kor- respondenz vom 12. gemeldet, daß der Fürst von Monte- negro dem Fürsten von Serbien erar ch die Uebergabe von Niksic mitgetheilt habe. Fürst Milan und das ser- bishe Kabinet sandten darauf dem P Nitita r Nikita ihre Glückwünsche. Gleichzeitig erhielt Fürst Nikita von dem Fürsten

Milan das Großkreuz des Takovo-Ordens. Fürst Milan hat das er bei De und die iy elgrad inspizirt. Nah Alexinaß und Deligrad werden fortgeseßt Geschüße und Munition gesendet.

Nußland und Polen. Warschau, 9. September. Jn hiesiger Stadt ist die Rinderpest ausgebrochen. Fünf erkrankte und zwei verdächtige Kühe sind getödtet worden.

Schweden und Norwegen. Stocckholm, 9. Sep- tember. Die Feierlichkeit zur Eröffnung der Verbindung der norwegischen Nord- und Südbahn wird am Sonntag, den 13. Oktober, in Röros stattfinden. An demselben Tage Abends wird der Festzug mit dem Könige in Drontheim ankommen. Die breise des Königs von Drontheim wird, der „Throndhjems Stiftstid.“ zufolge, am 15. Oktober erfolgen. Die Revisoren des Reichstages werden gegen Mitte dieses Monats eine Reise nach Karlskrona antreten, um daselbst die Festungswerke zu besichtigen, und sih von da nach Malmö und Gothenburg begeben.

Dänemark. Kopenhagen, 10. September. Der Kronprinz und ‘die Kronprinzessin sind gestern an Bord des Dampfschiffs „Slesvig“ nah Lübe gereist, um \fih von dort nah Frankfurt a./M. und später nah dem Schlosse Ea zum Besuche des Prinzen Friedrih der Niederlande zu begeben.

__ Amerika. New-York, 10. September. (A. A. C.) Einer Depesche aus Halifax zufolge soll die Fischerei- Kommission zu der einstimmigen Resolution gelangt se n, daß sie niht befugt sei, der canadishen Regierung Schadlos- haltung für die Privilegien zuzuerkennen, welche amerikanische Fischer in der Umladung von Cargos und den Einkäufen von Köder und Lebensmitteln in britishen Gewässern genießen. Jn Saratoga trat am 7. d. Mts. die internationale Konferenz der Freihändler unter dem Vorsiß von Mr. Nathan Appleton zusammen. Die Herren David Dudley Field, David A. Wells, Parke, Godwin und Francis Waller betheiligten sih in hervorragender Weise an den Verl andlungen. Die ange- nommenen Resolutionen befürworten die Freihandels-Prin ipien, urgiren die Unterhandlung von Handelsverträgen mit Frank- reih und Spanien sowie eines Gegenseitigkeitsvertrages mit Canada und empfehl.n die Herstellung lokaler Freihandels- Organisationen. Ein aus 13 Mitgliedern bestehender Aus- {uß wurde untec dem Vorsiß von Mr. David A. Wells niedergeseßt, um eine nationale Freihandels-Konvention ein- zuberufen und eine nationale Freihandels-Association zu bilden. Die Demokraten in Californien haben eine Majo- rität von Zweidrittel der Stimmen in der Legislatur des Staates erlangt, wodurch die Wahl eines demokratischen Bundes-Senators an Stelle des Republikaners Sargent für 1879 gesichert ist. Diese Veränderung ist insofern von bin a die republifanishe Majorität im Senate ohne-

in klein ist.

Der rusfisch-türkische Krieg.

St. Petersburg, 13. September. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ hett hervor, daß die Worte des vom Kaiser Franz Josef auf den Kaiser Alexander ausgebrachten Trinkspruhs mit Rücksicht auf den Ort, wo dieselben ge- sprohen worden, überall als besonders bedeutsam für die zwischen den beiden Souveränen und ihren Kabineten be- stehende Fntimität Ee würden. Auch daß der Kaiser von Oesterreich den Kaiser Alexander seinen Freund und Alliirten genannt, daß der russische Militärbevollmächtigte seinen Play an der Hostafel zur Rechten des Kaisers ange- wiesen erhalten habe, und daß alle an der Hostafel Theil- E soweit sie dazu berechtigt, auf des Kaisers Befehl rr\sishe Uniformen und Ordenauszeichnungen getragen hätten, werde in diesem Sinne gedeutet. :

Wien, 13. September. (W. T. B.) Wie das „N. W. Tageblatt“ wissen will, wäre der Flügel - Adjutant des Fürsten Milan, Oberst Plaikovics, hier eingetroffen mit dem Auftrage, Mittheilungen über die bevorstehende Aktion Serbiens und die bezüglichen Vereinbarungen mit Rußland zu machen.

Europäischer Kriegsschauplaß.

(W. T. B.) Wie der „Pol. Korr.“ aus Bukarest vom 12. berichtet wird, wurde dur die gemeinsame Aktion der russischen und der rumänischen Truppen bei Plewna bis gestern eine engere Cernirung dieses Plaßes angestrebt. ME rere kräftige Offensivstöße der Türken mißlangen. Die russi- chen und die rumänishen Truppen zählen 80,000 Mann mit 356 Geschüßen. Osman Pascha gebietet über etwa 60,000 Mann und 220 Geschüße. Die rumänischen Truppen sollen den ersten Sturmangriff unternehmen. Die neue Brüce über die Donau bei Nikopolis ist vorgestern vollendet wor- den. Die Division Jmeritinsky ist unter Zurüdcklassung einiger Bataillone in Lowtscha nah Bogot abgerüdkt.

Konstantinopel, 11. September. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Nachrichten * dauert der Artilleriekampf bei Plewna et: eine offizielle Depesche über den Kampf bei Plewna ist bis jeßt niht veröffentlicht, Jm Schipkap asse wird ebenfalls das Geshüß- und Gewehrfeuer fortgeseßt ; Suleiman Pascha führt nah der Straße von Grabowa Nekognoszirungen aus. Die russischen Truppen an ‘der Jantralinie konzentriren sih bei Bjela. Der britische Konsul Fawcet, der den Auftrag hat, an die Bulgaren und an die Türken Unterstüßungen zu vertheilen, ist in Schipka angekommen.

: Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) N ch ier vorliegenden Nachrichten dauert die Schlacht bet Gia noch immer fort, Plewna is von drei russischen Armeecorps angegriffen, Dsman Pascha steht mit Arhania noch in Kommunikation. Suleiman Pascha behauptet die Positionen im Schipkapasse. Abtheilungen seiner Armee, die auf der Straße von Gabrowa zu einer Rekognoszirung vorgegangen waren, haben nah einem für die Russen verlust- reichen Kampfe den Hügel Buzlundscha beseßt und die dorti- en Befestigungen zerstört. Die Straße zum Desilé von Soaáina ist im Besiß der Türken.

Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) Der Gouverneur von Widdin hat die Meldung hierher gelangen lassen, daß Widdin von Kalafat aus bombardirt wird und das Feuer lebhaft erwidert. Bei Rahowa hat ein Artilleriegefeht stattgefunden. Das Bombardement von

| Rustshuk hat aufgehört; die Türken konzentriren sih bei ' Sakis Tepe.

London, 13. September. (W. T. B.) Die „Daily News“ veröffentlichen drei ausführlihe Telegramme ihres Korrespondenten von Plewna, vom Sonnabend, Sonntag und Montag datirt, wonach die Kanonade ununterbrochen fortdauerte. Am Sonntag früh wurde die Redoute Grivißa von Nordosten und Süden her beschossen. General Krüdener beseßte am Sonntag Abend die Höhen von Radisowo mit der 31. Division, um den Angriff auf die erste Position der Türken vorzubereiten. Das Feuer der Russen wird allmählich des türkischen Feuers Herr.

Ueber die Vorbereitungen zur Schlacht bei Plewna wird der „Daily News“ aus dem russischen Haupt- quartier im Wesentlichen pas A gemeldet :

Das Hauptquartier des Großfürsten Nikolaus wurde am 5. von Gornji Studen nah Radenica, wenige Kilometer rüdck- märts von Poradim, verlegt. Der Ober - Befehlshaber der ganzen vor Plewna stehenden Armee, Fürst Carl von Ru- mänien, und sein Stabschef, General Zotoff, befinden sich in Poradim. Den Befehl über die rumänishe Armee führt der frühere Kriegs-Minister, General Cernat. Ordre de Bataille: 1X. Corps (5. und 31. Division) Krüdener 18,900 Mann, IV. Corps (16. und 30. Division) Kryloff 20,000 Mann, eine Brigade der 2, Division 6000 Mann, eine Brigade der 3. Division 6000 Mann, eine Schüßenbrigade 3000 Mann, 1. rumänische Division G. Angelescu 14,000 Mann, 2. rumänishe Division A. Angelescu 14,000 Mann, rund 80,000 *?ann Infanterie, 4, Kavallerie-Division 2000 Mann, 9. Kavallerie-Division 2000 Mann, eine Brigade der 11. Division 1000 Mann, eine Brigade ts&erkessischer Kosaken 1000 Mann, eine Abthei! ung der Kaiserlichen Esforte 200 Mann, 1. rumänische Division 2000 Mann, 2. rumä- nische Divisicn 2000 Mann, rund 10,000 Mann Kavallerie, zusammen 100,009 Mann, außerdem 250 25-Centimeter-Belagerungs8geschüte.

Die ie Stellung bildet eine Hufeisenform, deren konvexe Seite nach Osten gerichtet ist, während Plewna fo ziemlich in der Mitte der Basis liegt. Die Russen umgeben das Hufeisen, lassen aber die Basis frei. Der rufsishe Theil der Truppen steht auf dem linken Flügel, wo in der ersten Schlacht Schakoskoy stand, die Rumänen auf dem rechten Flügel, wo Krüdener stand. In der Naht vom 6, zum 7. hatte es scharf gefroren und lange hing dichter Nebel über dem Gelände. Allenthalben waren Belagerungsgeschüte in Emplacements aufgestellt außer den Hestunggesd Das Geshüßfeuer begann gegen 64 Uhr. Einige

Festungsgeshüße nahmen Plewna zum Ziele, die meisten nähere Po- itionen, namentlich die Redoute von Grivica, die nur ab und zu das Feuer erwiderte. Radisoroo wird in Brand geschossen. Das Geschüßfeuer dauert bis Sonnenuntergang, ohne daß den ganzen Tag über auch nur ein einziger Gewehrschuß gefallen wäre. Die Situation ist unvecändert.

n einer am Sonnabend um 5 Uhr Abends abgesandten Depesche berichtet derselbe Korrespondent:

„Wohl wac die Grivica - Redoute durch das russishe Ge- \chübßfeuer des gestrigen Tages stark mitgenommen worden, aber nachdem die Türken sie im Laufe der Nacht au: gebessert, schaute fie wieder volljtändig \{muck aus. Die Russen hatten allerdings die Nacht ebenfalls gut benußt, nämlih ihre Schanzgräben ein gut Stück vorgeschoben, eine Batterie von Belagerungsgeshüß verhältnißmäßig nahe oberhalb Grivicas innerhalb Schußweite der furchtbaren Re- doute errihtet und armirt. Mit Sonnenaufgang begann diese Batterie, unterstüßt von isolirten shweren Geschüßen, ihr Spiel gegen die Redoute Die türkishen Geschüße vermoch- ten den weittragenden Belagerungskanonen nicht zu antwor- ten und feuerten blos gegen die Feldgeshüße des Höhenkamms. Ihr Feuer war wenig wirksam, desto wirksamer dagegen das der russischen {weren Geshütßze. Mitunter {wiegen die türkischen Batterien vollstöndig und {on wähnte man sie aufgegeben. Ihre Unterbrechungen waren jedo lediglich Ausbesserungen gewidmet, worauf sie so lustig als nur je wieder losdonnerten. Die Grivica-Redoute ist entschieden der Schlüssel der Stellung. . .. Gegenwärtig haben die (raffishen) Truppen zwar alle ihre Positionen eing?-:nommen, troßdem scheint von einem Sturme heute noch käine Rede zu sein. Er wird kaum vor morgen (den 9. d. M.) Nachmittag beginnen, wenngleich eine eiazelne Redoute früher angegriffen werden dürfte. Der Kreis ruf- sischer Geschüße {ließt sih immer enger um die türkishen Stellungen. Die Entscheidung jedoch wird niht von ihnen, sondern von der Tüchtigkeit der anstürmenden Infanterie abhängen. Zur Stunde ist die türkische Artillerie ungedämpft. Die russishen Verluste in den Batterien sind heute viel stärker als gestern. Der Kaiser, Fürst Karl und der Großfürst besuchten heute sowohl wie gestern das Schlachtfeld.“

_ Ueber den Fall von Niksic werden der „Times“ von ihrem Korrespondenten im montenegrinischen Hauptquartier unterm 9. d. folgende Einzelheiten telegraphirt:

„Die Garnison ergab sih bedingungslos, da fernerer Widerstand unmöglich war, außer mit sehr großen Opfern. Selbst die Erhal- tung der Citadelle war unter allen Umstäuden unmöglich. Die Bevölkerung von Niksic, entmuthigt durch die erfolgreiche Erstürmung der Arhöhen während der vorhergehenden beiden Nächte, wo- durch sowohl die Stadt wie die Citadelle unter das Musketenfeuer der Belagerer gebracht wurden, weigerte sich zu kämpfen und verließ nach der Einnahme der die westliche Vertheidigungslinie beherrshenden Position die Verschanzungen, während die Vertheidigung Seitens der regulären Truppen kurz und lässig war, was schon daraus hervorgeht, daß die Montenegriaer nur einen Todten und zwei Verwundete hatten und die Affaire in fünf Minuten beendigt war. Als später die übrigen Redouten bedroht wurden, räumte man sie überstürzt, und ihre Be- seßung dur die Belagerer brachte die Kanoniere der Citadelle unter ein Artillerie-Kreuzfeuer von drei Richtungen und ein Gewehr- feuer auf 300 Ellen Entfernung. Da die Geschüte alle en Carbette waren, wurde deren fortgeseßtes Feuer unwirksam. Na Empfang von Versicherungen des Wohlwollens Seitens des Fürsten wurde tas Fort bedingungslos übergeben und die Garnison inarschirte mit Waffen und Bagage nach Gats{chk, wohin sie sich zu begeben wünschte. Die os ist durh das Artilleriefeuer nicht sehr beschädigt, sie befindet sich aber dessenungeachtet in einem ruinirten Zustande, weil seit vielen Jahren keine Reparaturen vor- genommen worden waren und kein Material, selbst für zeit- weilige Werke, cxistirte. Die Schießscharten waren mit losen Steinen und alten, mit Steinen bes{chwerten Patronenkisten ausge- füllt. Unter dem übergebenen Krieg8material befand sih au eine vollständige Batterie Zwölfpfünder, Stahl-Hinterlader und eine An- zahl von schweren gezogenen Bronze-Kanonen, größtentheils unbrauch- bar, nebft einigen alten glattgebohrten Kanonen im Ganzen 19 Geschüße. Da sowohl der Garnison wie der Bevölkerung gestattet wurde, ihre Schießwaffen zu behalten, gingen k. ine Gewehre an den Feind über; aber große Quantitäten von Mundvorräthen sind în den Magazinen aufgespeichert. Die ferneren Bewegungen der Armee sind ungewiß, da man über einen endgültigen Feldzugs- plan noch nit zur Entscheidung gelangt ist. Den lepten Nachrich- ten zufolge haben die albanesishen Stämme auf den Fall von Nifsic gewartet, um si allgemein zu erheben. Es ist wahrscheinlih, daß Bewegungen in dieser Richtung den Feldzugsplan beeinflussen mögen.“

Ragusa, 12. September. (W. T. B.) Die Monte- negriner griffen gestern bei Josero Hafiz Pascha an. Die Türken wurden geschlagen und verloren 600 Todte und 100 Gefangene.

Asiatisher Kriegsschauplaßt.

Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) Vom asiatishen Kriegsshauplayß wird gemeldet, daß eine von dem Lager Moukhtar Paschas detachirte Kavallerie-

Abtheilung von ca. 300 Mann es Alexan drapol vor- gerüdt sei, ein russisches Kavall tachement geschlagen und thm 150 Pferde P E

_ Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) Der- wisch Pascha meldet unterm 9. d. M. ein für die Türken günstiges Gefecht bei Batum.

Landtags- Angelegenheiten.

Cassel, 11. September. Wie die zpess, Meorgenztg.“ mittheilt, hat der Vertreter Cassels im Hause der Abgeordneten und im Reichs- tage, Ober-Tribunals-Rath Dr. Bähr, aus Gesundheitsrücsichten scin Mandat für das erstere niedergelegt. Derselbe hat das Mandat für den Reichstag vorerst noch behalten.

Statistische Nachrichten.

___ Nach den Aufftellungen des Kaiserlichen statistishen Amt? im 7. Hefte der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für 1877 ist die Einwohnerzahl des Reichs von 41,058,792 Einw. im Jahre 1871 auf 42,727,360 Einw. in -1875 gestiegen. Dies entspriht im Durchschnitt einer jährlichen Ver- mehrung um 417,143 Einw. oder 9, auf je 1000 Einwohner. Es find näâmlich durch Uebershuß der Geburten über die Sterbefälle jährli 497,084 Einw. (11,87 pro Mille) hinzugetreten, während durch Wanderungen eine Verminderung um 79,941 Einw. (1,91 pro Mille) stattgefunden hat. Die relativ ftärkste Bevölkerungszunahme zeigen folgende Staaten: Preußen eins{chl. Lauenburg (10,42 pro Mille), Königreih Sachsen (19,22), Sachsen-Coburg-Gotha (11,57), Braun- \hweig (11,98), Anhalt (12,14), Reuß à. L. (10,27), Lübeck (21,79), Bremen (37,41) und Hamburg (34,13). Eine dem allgemeinen Durch- schnitte sich nähernde Vermehrung hatten: Bayern (8,04 pro Mille) Württemberg (8,51), Baden (7,68), Hessen (9,02), Sachsen-Meinin- gen (8,55), Reuß j. L. (921) und Schaumburg-Lippe (8,24). Per dem Durchschnitte blieben erheblich zurück: Sachsen-

eimar (5,83 pro Mille), Oldenburg (3,73), Sachsen- Altenburg (6,46), Schwarzburg-Rudolstadt (3,79), Schwarzburg-Son- dershausen (1,07) und Lippe (2,95), während eine Abnahme der Ein- wohnerzahl erfahren haben: Elsaß-Lothringen um 2,91, Mecklenburg- Schwerin um 1,76, Meckl-nburg-Streliß um 3,40 und Waldeck um 6,67 pro Mille. Den schwähsten Volkszuwahs wiesen nach der Nordosten des Deutschen Reichs, namentlih die preußischen Bezirke Gumbinnen (4,02 pro Mille), Königsberg (4,91), Marienwerder (3,41), Bromberg (2,50), Posen 4,04) und Köélin (151)3 sodann ein linfs der Oder und bis an die Grenze der Niederlande hin im Norden Deutschlands sich erstreckendes Gebiet, zu dem u. A. die preußischen Bezirke Stralsund (1,30 pro Mille), Lüneburg (1,63), Stade (4,43), Hildesheim (3,91), Minden 3,70) und das Herzogthum Oldenburg (4,09) gehören; endlich im Südwesten Deutschlands ein größeres Gebiet, welches, abgesehen von Elsaß-Lothringen, aus den badischen Bezirken Offenburg (4,54), Freiburg (4,57), Lörrach (0,74), Waldshut (1,03), Constanz (2,54), der hessishen Provinz Oberhessen (0,98), Hohenzollern (3,44), sowie dem Schwarzwaldkreise (3,75) und dem Jagstkreise (3,86) von Württemberg besteht. In der Gruppe des Nordostens sind hauptsächlich die Fortzüge, in den nörd- lihen Bezirken links der Oder vorzugsweise die langsame natürliche Bevölkerung8zunahme bei mäßig starken Wanderungen die ursächlichen Momente; in den badischen Bezirken wirken Langsamkeit - der natür- lihen Zunahme und Fortzüge mäßig stark zusammen; in den würt- tembergishen Kreisen und Hohenzollern erscheinen wiederum die Fort- züge als hauptsächlicher Faktor. Geographisch weniger geschlossen sind die Bezirke mit auffallend hohem Volfszuwahs. Es zählen zu denselben, soweit sie nicht oben bereits namhaft gemacht sind, folgende Bezirke: Oppeln (12,44 Zuwachs pro Mille), Potsdam (13,27), Erfurt (10,69), Hannover (15,02), Leipzig (19,80), Dresden (25,57), Zwickau (18,70), Arnsberg (31,37), Düsseldorf (23,68), Cöln (16,30), iesbaden (17,53), Starkenburg (14,07), die Rheinpfalz (10,44), Mannheim (26,07), Karlsruhe (18,24), Nectarkreis (17,19) und Oberbayern (15,11),

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Dresden, 12. September. (W. T. B.) Heute Mittag ift der General-Musikdirektor Dr. Julius Rieß hier gestorben.

Zürich, 10. September, (N. Zür. Ztg.) Heute Vormittag wurde unter dem Präsidium des Geheimen Raths Professor Bluntsc{li die Situng des Völkerrechtlichen Institutes im Gesellschafts- hause zum Schnecken eröffnet. Die Versammlung ift nicht sehr zahl- reich, da das Stiftungsfest der Universität Upsala mehrere Mitglieder abhielt, hier zu erscheinen. Doch sind Deutschland, England, Ruß- land, Frankrei, Desterreih, Belgien, die Niederlande und die Schweiz vertreten. Es wurde ein interessanter Bericht über die Ar- beiten des Instituts im verflossenen Jahre von Hrn. Rolin verlesen. Zum Präsidenten füc das kommende Jahr ist Hr. de Parieu ernannt worden. Unter den Gegenständen, welhe diesmal auf der Tages- ordnung stehen, befindet sich die Organisation eines iateraationalen Prisengerichtes, ein Vorschlag über gemeinsame völkerrehtlihe Regeln mit U auf den Erwerb und den Verlust des Staatsbürgerrechts uad mit Nücksicht auf die Auslieferung. -

Die Internationale Gesellschaft zur Erforschung und Civilisirung von Afrika entsendet, der „Post“ zufolge, von Brüssel aus im nächsten Monat, unter Leitung des Hauptmanns Crespel vom belgischen Generalstabe, eine Erpedition nach der afrika- nischen Ostküste. Die Expedition wird sichvonSouthampton zunächst nah Natal begeben. Der bekannte italienische Afrikareisende Kapitän Gei steht im Begriff, abermals eine Meise in das Herz Afrikas anzutreten; er wird auf derselben von dem Dr. Matteucci begleitet sein. Das Reiseprogramm geht dahin, sih über Chartum nach Gon- dokoro zu begeben, um von hier nah Kaffa am Godscheb abzubiegen, woselbst Gessi mit dem Marchese Antinori, dem Führer der von der italienischen geographischen Gesellschaft ausgesendeten Expedition, zu- sammenzutreffzn gedenkt.

Lund, 9, September. Vorgestern starb hier der Orientalift Dr, C. Tornberg im Alter von 70 Jahren, seit mehreren Jahr- zehnten Professor der orientalischen. Philologie an der hiesigez Universität.

In der Köffiglichen Hofbuchhandlung von E. Sgfr. Mittler u. Sohn ist ein alphabeti]ches Sachregister zum Armee- Verordnungsblatt crschienen. Dasselbe umfaßt die Jahrgänge von 1867 bis 1876 und erleichtert sehr wesentlih den Gebranch des amtlichen Blattes.

_Land- und Forftwirthschaft. Im Regierungsbezirk Danzig wird die Ernte aller Sra hangen im Durchschnitt eine befriedigende werden. Die in olge des Deichbruches bei Fischerkampe inundirt gewesenen Niede- rungen im Elbinger Kreise zeigen kaum noch eine Spur von der Uebershwemmung. Es haben auc diejenigen Ackerländer-ien, die erst im Juni vollständig trocken gelegt worden sind, noch mit Sommer- getreide (G-rste und Hafer) bestellt werden können. Dieselben sind bis auf einige Haferfelder bereits überall abgeerntet und haben gute Srträge gegeben. Die Kartoffelu haben einen guten Stand. ei denjenigen Wiesen und Weideländereien, welche erst spät cntwästert warden sind, ist ein fühlbarer Ausfall eingetreten, da auf diesen bei Eintritt der Frühjahrsvregetation vielfah unter dem Wasser die Grasnarbe ausgefault ist. Die Grummeternte verspricht eine recht guïe zu werden und wird den Ausfall am ersten Heuschnitt zum guter: Theil ersetzen.

__-— Der deutsche Weinbauverein wird am 26. September seine diesjährige Generalversammlung in Freiburg i. Br. abhalten, miï welcher ein vom 25. bis 28. September dauernder Weinbaukongreß verbunden sein wird. Auf dem Kongreß werden

die Maßregeln gegen die Reblaus eingehend besprochen werden.

_ London, 10. September. (E. C.) Durch die sehr ungünstige Witterung der leßten Wochen hat de \{hon ohnehin nit sehr länzende Getreideernte Englands weiteren Schaden gelitten, nsbesondere ist das Einheimsen stark verspätet worden. So nimmt man an, daß am 30. August nur die Hälfte der“Frucht geschnitten gidian sei. Auf gutem Boden blieb der Ertrag des Weizens um 5 %/0, auf nafsem und zu leihtem Boden um 30°/9 hinter einer Durchschnittsernte zurück. Die Grafschaften Kent und Norfolk haben noch die verhältnißmäßig beste Ernte aufzuweisen, die ge- ringste E die rafschaft Essex (wegen ihres un- ünstigen Bodens) und die mittleren englishen Grafschaften wegen des s{lechten Wetters), niht zu gedenken Schottlands und des nördlichen Englands, wo der Weizen theils noch auf dem Paas steht, theils der Witterung wegen nicht eingefahren werden onnte und im Felde in den Garben feimt. Was die Schwere der Weizenkörner anlangt, so find im Durchschnitt drei Viertel leicht und von s{lechter Beschaffenheit, ein Viertel sehr gut. Im Ganzen bleibt die diesjährige Weizenernte um 20% hinter einer Durch- \chnittsernte zurück und liefert nur 1/23 des Jahresbedarfs der Be- völkerung. Die Gerstenernte bleibt um 10% hinter einer Durh- schnittsernte zurück. Jhre Beschaffenheit ist durchs{hnittlich eine un- günstige. Hafer ist mittelmäßig, Heu gut gerathen.

Gewerbe und Handel.

Die Bilanz der Deutschen Bank für das erste Semester d. Is. weist, der „B. Börs. Ztg.“ zufolge, ein Reinerträgniß von 1,954,884 4 auf. In der Bilanz figuriren 1,677,262 4 Kassa, 36,584,374 #4. Wechsel; unter den Passiven 8,954,170 Æ Depositen und 16,575,760 M Accepte. Die sämmtlichen Reserven betragen 4,413,813 A Das Gewinn- und Verlustkonto weist bei den Wechseln einen Gewinn von 839,526 #4, an Provisionen einen Gewinn von 632,013 Æ, bei den Filialen einen Gewinn von 433,839 4 na. Die Handlungsunkosten betrugen im ersten Semester 209,724 4

Die in der wn Sitzung des Aufsichtsraths der Bre €- lauer Diskontobank Friedenthal & Co. vorgelegte Bilanz pro 1. Semester d. Is. ergieht einen Bruttogewinn von 639,729 Natbdem von diesem Bruttogewinn die Handlungsunkosten mit 94,817 und diverse Debitzinsen 2c. mit 33,517 4 in Abzug ge- bracht sind, bleibt ein Gewinn von 511,395 A4 Das Aktienkapital der Bank beträgt gegenwärtig noch 15,000,009 A.

Nassau, 10. September. (Cobl. Ztg.) Im nahen Dausenau wurde vor kurzer Zeit ein Bleierzlager von nur geringer Stärke ershürfi. Heute nach weiterem Vordringen fand man ein recht starkes und vielversprehendes Bleierzlager. Ein "Unternehmer für den Be- trieb hat sich bereits gefunden.

Im Monat Auzust cr. wurden bei der All gemeinen Un- fall-Versicherungsbank in Leipzig 532 Unfälle, und zwar I Todesfälle, 9 Unfälle, welche den Betreffenden Lebensgefahr berei- teten, 10 Unfälle, die ihrer Natur nah eine totale oder theilweife Invalidität der Verleßten erwarten lassen, und 504 Unfälle, aus welchen sich für die Verleßten nur eine vorübergehende Erwerbs- unfähigkeit prognostiziren läßt, angemeldet. Von den 9 Todes- fällen ereigneten sich 2 in Steinkohlenwerken und je 1 in einem Kalkwerke, einem Braunkohlenw-rke, einer Eisensteingrube, einer Tuffsteingrube, ciner Gußstahlfabrik, einer Schneidemühle und beim Eisenbahnbau. Von den 9 lebensgefährlichen Beschädigun-e- gen. entfallen 2 auf Hammerwerke und je 1 auf eine Brauerei, eine Gipsmühle, eine Eisengießerei, eine Steinkohlengrube, einen Granit- steinbruch, Brückenbau und Dachdeckerei, während von den 10 In- validen 3 auf Webereien und je 1 auf eine Dampfziegelei, eine Cisensteingrube, eine Dampfsschneidemühle, eine Zuckerfabrik, eine Siach8garnspinnerei, eine Waggonfabrik und Tunnelbau kommen.

Die Verwaltung der Württembergischen Hypotheken- bank schreibt für den 1. Januar 1878 eine weitere Ein:ahlung von 90 M. per Aktie aus. Zweck der Einzahlung ist die Vermehrung der Pfandbriefe, welche nah den Statuten bis zum zehnfachen Be- trage des eingezahlten Kapitals ausgegeben werden dürfen.

Hamburg, 11, September. In der Versammlung des Gewerbevercins am 6. d. Mts., mit welcher die wintecliche Thätigkeit desselben eröffnet wurde, fand der Antrag auf Veran- staltung einer Lehrlings8aus stellung um Ostern nächsten Jahres widerspruchslose Annahme. Am 15. d. Mts. findet die Eröffnung des hiesigen neugegründeten Kunstgewerbemuseums (unter der A R O statt.

London, 11. September. (E. C) Die ersten diesjährigen Schiffsladungen von Korinthen sind die eingetroffen. Ueber ibie Beschaffenheit, die durc» starke Regenfälle in den betreffenden Be- zirken sehr gelitten hat, wird stark geklagt. Der Ausfall in der Gesfarnmternte wird auf 20,000 Tons geschäßt.

London, 12. September. (W. T. B.) In der gestrigen Wollauktion zeigten alle Sorten eine steigende Tendenz.

Havre, 12. September. (W. T. R Die heutige Woll - auktion war wenig belebt. Die Preise stellten \sih gegen diejenigen der im Juli ftattgehabten Auktion um 5 bis 10 Centimes niedriger. Angeboten waren 1774 Ballen, verkauft wurden 371 Ballen.

Ein Telegramm der „Int. Tel. Ag.“ aus Nishuni-Nows- gorod meldet den Schluß der dortigen Messe. Die Zahlungen wurden im Allgemeinen ordnungsmäßig geleistet, ausgenommen einige leine Forderungen. Das Ende der Messe wies animirtes Geschäft in allen Zweigen, mit Auënahme der Luxus- und Eisenwaaren, auf.

Verkehrs-Anstalten.

London, 8. September. (A. A. C.) Der soeben in London ausgegebene Bericht der Postverwaltung für 1876 zeigt wiederum eine bedeutende Zunahme des Postrerkehrs und enthält, wie gewöhnlich, vielerlei interessante Einzelheiten. Die Gesammtzahk aller im Königreich auf die Post gegebenen Briefe betrug 1,018,955,200, 1% mehr als im Vorjahre oder 31 Briefe per Kopf d-:r Bevölke- rung. An Postkarten sind §2,935,700 befördert worden, um 6,7% meyr als im Jahre 1875, an Bücher-Packeten 298,790,800 oder 6,8 ‘/o mehr, und an Zeitungen 125,065,800. Die Zahl der einge- schriebenen Briefe ger 9,095,116, was ungefähr 1 eingeschriebenen auf 200 gewöhnlihe Briefe ausmaht. Als unbestellbar wurden 5,897,724 Briefe in das Returned Letter Offico zurückbefördert, oder einer auf 16 aufgegebene Briefe. Von diesen kamen doch nahe an °/10 entweder an die Absender oder an die Adresse an. Mehr als 33,100 Briefe wurden ohne irgend eine Adcesse auigegeven von dieser: enthielten 132 zusammen etwa 390 Pfd. Sterl. in Münze unh Banknoten, und nahezu 5000 Pfd. Sterl. in Cheques, Wechseln 2c. Etwa 79,000 Freimarken wurden in den verschiedenen Postämtera lose umherliegend gefunden. Ohne alle Umkleidung wurden 14,346 Gegenstände aufgegeben. Ein Brief mit Banknoten im Betrage ven 1000 Pfd. Sterl., an eine Bank adressirt, wurde ofen ver- efunden. In einer unbestellbaren Zeitung fanden fich vier

overeigns, und in einer anderen ein goldenes Medaillon vor. nter den postreglementswidrigen Sendungen sind hervor- Os Künstliche Augen und Zähne, Perrücken, Blumen,

bsstt und Gemüse, Wildpret aller Art, Fische, Blutegel, Frösche, Sclangen und Eidechsen. Eine lebendige Schlange, die aus einem Postpaket ents{lüpft war, wurde in Holyhead und Kiagstown Ma- rine-Postamt entdeckt, und, als sie nach Verlauf von 14 Tagen von ihrem Eigenthümer nicht reklamirt wurde, dem gs Garten in Dublin übergeben. In Liverpool kam ein Paket mit einem le- benden gehörnten Frosch aus den Vereinigten Staaten an und wurde dem Adressaten behändigt. Die Zahl der im Jahre aufgegebenen Telegramme betrug mit Auss{luß der Beltunalbelèaraitinie 23,449,439 oder 900,000 mehr als im Vorjahre. Das Reinerträgniß der Post belief si in 1876 auf 1,947,000 Bld. Sterl.

Triest, 13, September. (W. T. B.) Der Loydpostdampfer „Hungaria“ ist heute Morgen aus Konstantinopel hier eingetroffen.

Southampton, 12. September. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Mosel“ ist eingetroffen.

New-York, 12. September. (W. T. B.) Der Dampfer „France“ der National-Damfschiffs -Compagnie (C.

* Messingsche Linie) ist Fier eingetroffen.