1901 / 22 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 25 Jan 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Bemerkungen.

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Deutscher Reichstag. 32. Sizung vom 24. Januar 1901. 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sißzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die folgende, von dem Abg. von Glebocki (Pole) eingebrahte Jnter- pellation:

1) Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß in leßter Zeit an vielen Orten des Bundes|taats Preußen die Postbehörden Post- werthsendungen und einfache Briefe, entgegen den Bestimmungen der Postordnung vom 20. März 1900, mcht befördert habèn, wo- dur zum theil materieller Schaden für das betreffende Publikum entstanden ift?

2) Welche Maßnahmen gedenkt der Herr Reichskanzler zu èr-

greifen, um für die Zukunft folhen Uebelständen vorzubeugen?

Nachdem der Staatssekretär von Podbielski sih im Namen des Reichskanzlers zur sofortigen Beantwortung der Jnierpellation bereit erklärt hat, erhält zur Begründung der- selben das Wort der

Abg. von Glebocki: Bei der Wichtigkeit der Sache haben wir nicht erst die Berathung des Post-Etats abwarten zu dürfen ge- laubt. Die Postbehörden haben an zablreichen Orten in den polnischen Landestheilen Postsendungen mit polnischen Adressen theils überbaupt niht zur Beförderung angenommen, theils angenommen und befördert, aber nit ausgegeben, tbeils als unbestellbar zurückgeshickt. Jch lege eine Anzabl von Beweisstücken auf den Tisch des Hauses nieder. Es sind fogar Postkarten und Briefe davon betroffen worden, welche neben der polnischen Ortsangabe die deutsche trugen: dasselbe gilt von Postanweisungen und Packeten. (Redner verliest eine Reibe von folhen Aufschriften.) In Fällen, wo es sich um Geldfsendungen handelte, find den Abfendern auch weitere finanzielle Nachtheile er- wachsen; fo mußte ein Absender Erekutionskosten bezahlen, weil die Geldsendung nit rechtzeitig angekommen war. Die Beschwerden der von diesen Maßregeln der Postverwaltung Betroffenen baben nichts gefruchtet. Selbst ein Brief mit polnisher Angabe des Adressaten, aber mit der Ortsangabe „Posen, Berlinerstraße 20“, ist nicht bestellt worden. Die Maßnahmen der Verwaltung follen sih stüßen auf ein Reskript vom 20. März 1900, das ist den Beschwerdeführern geantwortet worden ; es handelt sh da um den § 4/der neuen Post- ordnung, der aber durchauê nihts Neues enthält, sondern bustäblich aus der alten Postordnung von 1892 übernommen ist; es foll danach Empfänger und Bestimmungsort so genau bezeichnet sein, daß jeder Vugewißheit vorgebeugt ist. Damit i man bis gel auch POAA Adressen gegenüber ausgekommen; jeßt plößlih geht es

mit nicht mehr. Die polnisdbe Sprache ist doch als Landessprache der betreffenden Landestheile aufzufassen, sonst würde doch von der amitlihen Einrihtung von Dolmetschern keine Rede fein. Auch S 16 des Weltpostvertrags kann nicht für die Maßnahme der Post-

hörde verwerthet werden; kurz, es giebt keine geseßliche Bestimmung, die Sie für diese willkürlihe Praxis zu Hilfe rufen können. Was aus dem Auslande unter polnischer Adresse bercinkommt, muß be- fördert werden; was aus dem Inlande stammt, weist aber die Post- bebörde als unverständlih zurüuck. Jedem Beamten steht anderer- seits ein Verzeichniß zur Verfügung, in welchem die doppelnamigen Postorte mit ibrer deuts{hen und threr volnishen Bezeichnung aufs geführt find. Durch die Nichtbeförderung der Postpackete ist natürlich deren Inhalt, soweit er leiht dem Verderben aus- geséßt war, wie Hasen, Gänse u. \. w., auch wirkli verdorben. Die volnishe Bevölkerung weiß, daß die Postbeamten in diesen Landes- theilen im allgemeinen ganz gut polnisch verstehen; sonst könnten sie ja aúuch polnische Adressen niht in deutshe überseßzen. Werth- fentungen und eingeschriebene Sendungen werden übrigens nach wie vor auch mit polnischen Adressen befördert; weshalb sollen also die Beamten nicht auch die polnischen Aufschriften auf einfachen Briefen und Postkarten lesen können ? Diese Inkonsequenz zeigt dem polnischen Publikum, daß es sich hier niht um sahlide Momente, fondern um etwas anderes bandelt. Hundert Jahre lang bat man die polnischen Adressen verstanden, jeßt auf einmal geht's niht mehr. Die Poft wird hier zum Tummelplaß politisher Bestrebungen gemadt, das entspricht weder ibrer eigenen Würde, noch der Würde des Deutschen Reichs. Wie kann man überhaupt das Publikum in einer solden Angelegenheit auf den langwierigen Beshwerdeweg ver- weisen? Die Erbitterung der pölnisben Bevölkerung wurzelt in der Annahme, daß es sich’ hier um eine vexatorishe Maßregel handelt, die politisGen Hintergrund hat. Ganz plößlich is im Oktober der Wechsel in der Auffassung der Postbebörde eingetreten, und diese Neuerung ift dem Publikum überbaupt nicht zur Kenntniß gebracht worden.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Ich bin den Herren sehr dankbar, daß sie nit die Verhandlungen der Budgetkommission abgewartet, sondern die Sache. bereits vorher hier zur Sprace gebraht haben. Ich bin überzeugt, daß das hohe Haus, roie auch die gesammte deutsche Bevölkerung nah meinen Ausführungen ¿wcifellos zu einem ganz anderen Réfultate kommen werden, wie nah den Ausführungen des Herrn Vorredners. (Zuruf und Heiterkeit links.) Ich bitte, meine Herren, mich nicht zu ‘untéerbrehen, sondern erst ab: zuwarten, was ih Ihnen vortragen werde. Daß in diesem Falle ganz allein die Provokation auf Seiten ter polnishen Bevölkerung gelegen bat, werde ich mir die Ebre geben, Ihnen jeßt nahzuweisen. Der & 4 der Postordnung, der angeführt wurde diese Postordnung ist im Zentralblatt für das Deutsche Reih wie in allen Regierungë- blättern rubliziert —, enthält gegen die frühere Postordäung nur einen cinzigen Untershied. Der frübere § 6, der jetzige § 4, hieß:

An der Aufschrift muß der Empfänger und der Bestimmungs-

so bestimmt bezeibnet sein u. f. w.

eit

deutli und so bestimmt bezeichnet sein, Ungewißheit vorgebeugt wird.

daß jeder

die ih bier habe, sind aber allein im vorigen Jahre wiederum 2 Millionen

afer. 14,80 15,00 13,00 | 13,00 ! 12,90 | 12,20 | 13,75 |

14,80 15,00 13,00 13,20 13,00 12,40 13,75 13,50 12,80

14,20 : 1360 104 15,00 7

14,40 14,40 12,90 12/80

13,30 13.00

12,70 12.70

13,30 1250

13,00 11,80

14,20

12,50 13,00 | 13,20 | 14.00

13,50 14,00 1340 13.40 14.00 14/50 14/50

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14,70 _-43,00

12,53 12,30

12,57 12,18 13,50

13,50 14,00

90 15,00 975 13,00

492 12,78 3 690 12,30

900 12,85 740 12,33 91 13,00

1 400 13,46 102 14,50

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| | | 13,60 | 1400 | 1450 j

em Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkauféswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Dur(schnittspreis wird aus den unabgerundeten Ein liegender Stri (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis niht vorgekommen ift, ein Punkt ( .) in den leßten se{ch8s Spalten, daß entsprechend

Es ist also darin feine wesentliche Aenderung eingetreten. Da auf ausläândische Verhältnisse Bezug genommen ist, möchte ih anführen, daß es weiter heißt:

Bei Sendungen nach fremden Ländern, wo die deutsche Sprache wenig oder garnicht gebräuchlich ist, z. B. nah Rußland, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland, Amerika, empfiehlt es si, zur Bezeichnung des Empfängers in der Aufschrift die Sprache des Bestimmungslandes oder eine andere dort bekannte Sprache anzu- wenden, mindestens aber die Aufschrift în lateinischen Schriftzügen abzufassen.

Es ift also ganz allgemein daran festzuhalten, daß der Be- stimmungsort und der Name des Empfängers deutlich erkennbar sind. Die Adressen, die hier vorgelegt sind, zeigen aber, wie sich das auch mit den bei uns eingegangenen Beschwerden deckt, noch andere Zusäße, die nicht immer wverständlih sind. Nun meine ih do, daß die Adresse niht ein Gegenstand der Korrespondenz ist, fondern eine Anweisung für die Postverwaltung, die Sendung an den und den bestimmten Empfänger zu bestellen. Zu diesem Zwecke fügen fie au Straße und Nummer hbinzu und bezeichnen das Geschäft näher.

Aber weiter, meine Herren, wollen zwishen den Tausenden und Millionen von Briefen, die uns durch die Briefkasten zugeführt werden, und denjenigen Sen- dungen, für welche die Reichs-Postverwaltnng Garantie zu leisten hat. Das sind erstens die Pakete, die eingeschriebenen Sendungen, Postanweisungen und alle Werthsendungen. Bei Postanweifungen und bei Paetadressen gelangt ferner der Empfänger ja garnicht in den Besitz der eigentlichen Postanweisung und der Packetadresse, sondern er erhält nur den Abschnitt. Die Postanweisung wie die Paketadresse gehen mit der Einlieferung in das Eigenthum der Neihs-Postverwaltung über, für die sie von vornberein bestimmt sind, ein klarer Beweis, daß die Adressierung lediglih für die Post bestimmt ist. Sie wissen, daß Prozesse wegen der Ablösung der Marken geführt worden find; die Marken auf diesen Belägen sind positives Eigenthum der Reichs- Postverwaltung und nicht des Empfängers, wie durch gerichtliches Urtbeil festgestellt worden ift. Meine Herren, es ist klar, daß, sofern in der Adresse dieser Werth- und Packetsendungen besondere, uns nicht verständlide Ausdrücke gebraucht sind, damit bestimmte Vor- bebalte in der Zustellung gemeint scin können, die uns materiell verpflichten können. Ih mêechte Ihnen sogar Beispiele aus früberer Zeit, noch aus dem vorigen Jahre, zeigen, wo dur Gebrauch unverständliber polnischer Worte in der Aufschrift Jrrthümer bei der Aushändigung von Wertbsendungen vorgekommen sind. So ist z. B. eine Sendung statt an das Konsistorium an die Erzbifshöflibe Kafsen- verwaltung ausgehändigt worden. Di& Kaffen sind fo gütig gewesen, die Sendungen uns wiederzugeben. Dergleichen Mißverständnisse müssen infolge unverständliher Aufschriften eintreten!

Nun babe ih von jeher und aller Orten auf dem Standpunkt ge- standen: man möge in immer weiteren Kreisen des Publikums dabin wirken, alle Postsendungen fo deutlich und klar zu adressieren, daß kein Zweifel über die Bestimmung derselben entstehen fann. Nach den Zusammenstellungen,

Sie auch trennen

Postsendungen überbaupt nicht zu bestellen gewesen, und ‘denken Sie sich, meine Herren, allein 150 000 Postkarten find bei uns ein- geliefert worden ohne Adresse! (GroßeHeiterkeit. Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Jawobl, meine Herren, warten Sie doh ab! (Zuruf.) Das muß Ihnen doch zeigen, daß wir eine große Anzabl von Sendungen erbalten, die wir nicht beftellen können. Allein ‘in Berlin geben ‘täglich etwa 15000 Sendungen mit ungenügender Adresse ein. (Heiterkeit. Zuruf bei den Sozialdemokraten.)

Der Schwerpunkt liegt also für uns darin, weitere Kreise des Publikums mit dem wachsenden Verkehr auf immer dahin zu drängen : schreiben Sie Adressen, die jedermann in der Verwaltung verständlich sind! Jch glaube, daß Sie bis in die äußerste Linke des Hauses zu- geben müssen: sowie ungenügende Aufschriften geliefert werden, ist es unmögli, die Sendungen zu bestellen resp. den Beamten dafür ver- antwortlich zu machen. (Wiederholte Zurufe bei den Sozialdemokraten.)

Meine Herren, ih habe mich verpflichtet gefühlt, ganz objektiv dem boben Hause die Verhältnisse darzulegen, wie sie sind, damit alle Kreise das Bestreben zeigen, auf die Bevölkerung dahin einzu- wirken, daß sie durch ihre Adressierung uns nicht vor nicht zu lösen de Fragen stellt.

Nun, meine Herren, zu dieser Frage selbst! (Aba! bei den Polen.) Ich hatte gedacht, der Herr Begründer würde irgend eine Verfügung von mir oder von den Dber-Postdirektionen cines jener Bezirke anführen können, wodur dieses Vorgehen hervorgerufen fei. Aber ich bin in der umgekehrien Lage, dem hohen Hause die Beweise vom Gegentbeil unterbreiten zu können. Ich hatte niemals davon gehört, daß Schwierigkeiten in den östlichen Gebietätheilen eingetreten wärcn, als plôötlih únter dem 13. Oktober 1900 der „Dziennik Slasfi* einen Artikel brahte hier liegt für die Herren, die das Polnische ver- sieben, das Blatt zur Verfügung —, der in der deutschen Ueber-

ablen er Be tr e Mögen unsere Leser überall und stets die Adressen polnish schreiben. Die Post ist verpflichtet, folhe Briefe zu bebändigen: wo es keine Beamten giebt, die polnisch zu lesen verstehen, möge die Post nur folce hinstellen. (Sehr richtig! links.)

Meine Herren, es dauerte auch nit lange, da ging die HoWfluth los. Während früher eine ganze Menge von Herren gar. nicht daran gedacht haben ich könnte Jhnen Fälle aus den Akten zeigen von Nechtsanwälten und Aerzten —, ihre Briefe mit polnischen Adressen zu versehen, fingen sie auf einmal damit an infolge des Druckes, der si hier geltend machte, und wir wurden unausgeseßt übershremmt mit einer folhen Zabl von Adressen, ‘die thatsächlich für die Mehrzahl unserer Beamten nicht zu entziffern waren. Jch bekam darauf Anfang No- vember einen Bericht einer Provinzialbehörde, die mir diese Mit: theilung machte, das Blatt einsandte und bei mir anfragte, ob sie nicht cine Bezirksverfügung erlassen follte gegenüber diéfem massen- haften Vorgehen der polnischen Bevölkerung. (Lebhafte Zurufe links.) Jawobl, meine Herren, ih habe die Akten hier, und ich habe aud garnihts zu verbeimlichen. Am 9. November ist darauf vom Reichs- postamt verfügt worden: „Es wird nicht für angebracht erachtet, daß eine allgemeine Verfügung über die Behandlung der Postsendungen mit volnishen Aufschriften getroffen wird.“ Jch war der Ansiht, meine Herren, daß jeder Fall einzeln zu behandeln sei; wir würden mit einer solhen allgemeinen Verfügung nur Oel ins Feuer gießen. Ih habe mich also zurückgehalten und bin bestrebt gewesen, die Sache zu dämpfen, da ich durch eine Ver: fügung ‘nicht noch mehr reizen wollte. Es. ist das -mödte ih dem Herrn Vorredner erwidern thatsählich von seiten des Reichspostamts auch nicht der geringste Anlaß zu diesen Vorwürfen geboten worden. Die Herren haben uns viel: mehr gereizt. (Lebhafte Unruhe in der Mitte und links.)

Nun, meine Herren, möchte ich die Herren werden es mir nicht verargen, weil es -die Interpellation auch thut auf einzelne Punkte eingehen. Was zunächst die Adresse anlangt, so sind niht einmal die polnishen Namen für jeden «von uns

gemacht werden. Hier liegt mir z. B. eine Adréfse vor ax einen Herrn Maya, die aber für einen Herrn May be stinmt is. Man wäre geneigt, es für ‘an Frau May adressiert anzusehen. (Widerspruch und große Heiterkeit bei den Polen.) In der Adresse, die mir vorliegt, steht das so. Weiter wird aus Andrzejewski gemacht Andrzejewskiego. Meine Herren, ist das nun der- selbe Mann? Ich weiß wobl, die Herren haben mir gesagt, kiego beißt „ibm selbst“. Das sind doch aber Verschiebungen im Namen die die Mebrzahl unserer Beamten zweifellos nicht versteht. Jch diz zufällig beute noch mit einem Herren zusammengewesen; der nannt: mir cine andere Uebersezung. Dann haben wir eine Menge Brief bekommen, auf denen steht „Glogowkiem“. Die Herren haben zum theil selbst den Ausdruck verschieden überseßt; erst näh- vid2 Fragen hat mir Jemand gesagt, es sollte „Glogau“ bei (Heiterkeit.) Jch frage Sie, meine Herren, was s\óllen mi damit machen? Ebenso haben wir Briefe -bekommen mit de Bestimmungsort „Nyssa“, soll beißen „Neisse“. Sie mögen in Ihrer Sprache diese Bezeichnungen gebrauchen, ih glaube aber nid, daß sie uns verständlih sein müssen. (Zuruf bei den Polen.) Es bat, glanbe ih, noch niemals Jemand daran gedacht, „Neisse“ in „Ny=s8" zu überseßzen. (Widerspruch.) Ja, .es mag -der alte Name sein, aber ih glaube nicht, daß ihn jeßt irgend- einer: vétstéhen würde, und vor diese Frage stellen die Herren mich. »

Weiter, meine Herren, liegt mir eine Beschwerde vor, daß das Wort „Ackerbaubank“, ins Polnische übersetzt, won der? Post nicht ver- standen worden sci. Wir haben zurügefragt , - und da ftellt sich beraus, daß die Ackerbaubank deutsch in das Firmen- verzeihniß eingetragen ist, während der Absender uns die Bank als bank rolniczy bezeichnet. (Heiterkeit.) Ja, wenn die Firma deutsch eingetragen ist, dann ‘frage - ich “Sie: wie sollen wir eine Sendung mit solcher Aufschrift bestellen? (Zurufe bei den Polen.) Jch habe hier den diese Angelegenheit . betteffenden Beridt der Ober-Postdirektion in Posen.

Aus einem Orte, der über 5000 Einwohner hat, 4900 deutsche und 1200 polnische, ist weiter früher nie eine Klage vorgekommen, und av einmal entfteht da eine ganze Anzahl von Beschwerden, die ih ledigli zurückführen muß auf das agitatorische Vorgehen. “Ih möchte den Herren, da sie- die Sache angeschnitten haben, nôch/ Folgendes por führen: Mir liegen Meldungen aus früheren Jähren -vor, da hat mas den deutsdhen Unterbeamten von der Reichs-Postverwaltung in de polnischen Dörfern nicht einmal Kaffee gegeben, man: hat ihnen alles be weigert. Ich frage umgekehrt das hohe Haus, ob nicht vielleichtauch die Herre von der Linken glauben, daß in einem deutschen Dorf nicht jeder einem polnischen Unterbeamten Kaffee und Essen gegeben. wird! ( Sekr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen; Zurufe, und Unrukbe e den Polen und Sozialdemokraten.) Ih will den Beweis antrel= ih: habe die Sache hier.

fezung lautet:

Ich habe weiter Land zur Erbauung von Unterbeamten - Wot#-

verständlih, weil in der poluishen Sprache Zusäße mittels Flerioa :

rern kaufen wollen. Ein Manñ, der \ih bereits verhandlungs-

E li verpflichtet hatte, ift nahher zu uns gekommen und hat gesagt : e ic das an die deutsche Reichs-Postverwaltung verkaufe, hat

man mir gesagt; komme i in die Hôlle.“ (Große Heiterkeit.) Es

sind das Sachen, über die ih die Berichte hier in den Akten habe.

(Zurufe bei den Polen.) —-. Jch kann es Ihnen vorlesen, ih will die

Namen nit nennen; es heißt da:

f In hat ein polnischWer Besitzer sich verhandlungs8- c&riftlich verpflihtet, Land zur Erbauung eines Unterbeamten- bauses an inen diesseits zu ermittelnden Unternehmer fäuflih ab- treten; später bat der Mann infolge der Einwirkung seiner Verwandten und Freunde, die ihm vorwarfen, cs sei unpatriotisch, zu dem gedachten Zweck Land zu verkaufen, sein Angebot zurück- gezogen; er hat sih geäußert, er könne sein Versprechen nicht halten, weil hm gesagt worden sei, daß cr sonst in die Hölle komme.

(Heiterkeit.)

So liegen eine ganze Reihe von Sachen vor. (Zurufe bei den

Polen,) Gewiß, es hat das direkt mit der Sache nichts zu thun;

¡d wollte“nur zeigen, meine Herren, auf welcher Seite der Angriff

liegt. (Oh! oh! und Unruhe in der Mitte und links; sehr richtig

rets und bei den Nationalliberalen.) (Glocke des Präsidenten.)

Meiter, meine Herren, möchte ih kurz darauf eingehen, was der Herr Vorredner streifte, warum niht mehr polnische Beamte angestellt würden. Jch weiß nicht, ob die Akten des Reichstages die Autfunft geben. Jch habe es den Herren gegenüber bei Privatgesprächen nit vers{wiegen, daß allerdings in der polnischen Bevölkerung der Versu) gemacht worden ist, bei den leßten Wahlen die Beamten ‘zu beinflufsen, polnishe Wahlzettel zu vertheilen. (Zurufe und Unrube.) Ja, meine Herren, gewiß, das liegt mir hier vor, wir baben zum theil gegen die Leute disziplinarisch vorgeben müssen, wir haben sie - verseßt. Also, die Möglichkeit, solche Gute dort anzustellen, wird immer geringer, je mehr die Verwaltung Sorge tragen muß, daß die Leute nicht verführt werden. Meiner Ansicht nah hat ein Verwaltungschef die heilige Pflicht, die Leute, die ihren Dienst thun, nicht unnügen Verführungen auszusetzen. (Sehr richtig! rechts.) Und ih meine, ih habe auch die Piliht, de Leute, die Verführungen ausgeseßt sind, unter Umständen aus dezn Bezirk zu versetzen.

Nun, meine Herren, sehr eigenthümlich in der ist es, ‘daß der Rufer im ‘Streit und ‘das werden die Herren in der polnischen Fraktion auch zugeben —, der aub in den leßten Tagen noch die wundersamften Preßerzeugnisse geliefert hat, einen guten deutshen Namen hat, es ist ein Herr Biedermann. (Heiterkeit.) Dieser Herr Biedermann hat in den Zeitungen von einer Vorsprache- bei dem Ober-Postdirektor von Posen gesprochen. Ih habe sofort telephonisch angefragt: hat eine folche stattgefunden? und der Ober- Postdirektor hat berichtet: der Mann ift nie bei mir gewesen. Es ist dann auf Grund des Preßgesetzes sogleih die Richtigstellung der betreffenden Zeitungsnotiz veranlaßt worden. (Zurufe ‘bei den Posen.) Gestern Abend ist mir ein Blatt vorgelegt worden, wonach wir eine Verfügung wegen der polnischen Sprache unserer Beamten erlassen hätten. Ich kann versichern, es ist keine Verfügung ergangen. Also, meine ‘Herren, der Beweis, glaube ih, liegt klar zu Tage. Die Meichs-Postverwaltung befindet fich in dem absoluten Stadium der Abwehr. Jch habe keine Verfügung erlassen, und es trifft mich vielleiht nach dieser Richtung der Vorwurf, daß eine Unsicherheit eingetreten ist, d. h. daß ein Brief dort angenommen und dort verweigert worden ist. Ich wollte in diesen Streit nicht eingreifen: hätte ih es gethan, so wäre mir gesagt worden: warum hast du -unnüß die Sache ges{hürt ? Jett, wo ih nichts gethan und nur gesagt habe, wir wollen uns einfach auf den Boden der- Bestimmungen stellen, da wird mir vorgeworfen : ja, du hast die Unsicherheit erzeugt. Jch wiederhole nochmals, die Verwaltung befindet sich ledigli im Zustande der Abwehr. (Unruhe und Zurufe.) Und, meine Herren, Sie können es der Verwaltung nit verdenken, daß fie diese Abwehr unbedingt trifft und treffen muß. Ein bekannter alter Parlamentarier sagte mir bei einer Unterhaltung über cin äbnlihes Thema: wissen Sie, es bleibt immer dabei, wie man in einen Wald hineinruft, so schallt es aus dem Walde wieder heraus. So ist es auch in dieser Frage. Wir haben positiy nichts gethan, wir befinden uns lediglih den Herren gegenüber in der Abwehr. Und wenn Sie mich fragen, was geschehen foll, fo sage ih Ihnen offen: haben Sie den Muth, Ihrer Bevölkerung zu sagen: fahrt nicht fort in der Agitation, sondern wer es kann, schreibe eine deutliche deutse Adresse. Hier liegt mir ein Schriftstück vor von Herrn ‘von Chlabbroski, der meiner Ansicht nah korrekt gehandelt und gesagt hat: {reibt auf die Postsendung nur den Namen und den Ort; unter Weglassung aller Titel. Warum geht es dort? Warum müssen denn diese andern Zusäße gemacht werden, die bloß dazu dienen, Unsicherheit zu erzeugen und nicht die Sache zu fördern! Jch meine, die gesammte Bevölkerung unseres Vaterlandes hat die Pflicht, da die Post jedermann - dient, der Post keinerlei Schwierigkeiten zu be- reiten, sondern mit allen Kräften dahin zu wirken, daß jeder- mann “die Anstalt benußen kann. Aber, meine Herren, Sie werden- mir zugeben, wenn solche Dinge vorkommen, daß wegen unvollftändiger polnischer Adressen am Postschalter lange Auseinander- sezungen ftattfinden, daß dadurch der Dienst behindert wird. Beamten am Postschalter werden durch solche Auseinandersetzungen aufgehalten, und das übrige Publikum leidet mit. Jch sage es nohmals offen, es handelt sich nur um cine agitatorishe Sache. (Zurufe bei den Polen.) Sie haben sie ja niht veranlaßt, Sie werden heute meiner Anficht nah nur ges{oben, die Agitation ist von anderer Seite ausê- gegangen. Sie werden zugestehen müssen, die Neichs-Postverwaltung bat Früher keinen Brief zurückgewiesen und sie wird auch weiter keine Briefe zurlickweisen, " sofern diese Agitationen von Ihrer: Seite eingestellt werden, sofern wir niht gezwungen werden, - alles Mögliche inahen zu sollen, was wir nicht macen * können und was \sich in der Uebertreibung zum Nattheile des Dienstes ausbilden muß. Darum kann ih Sie nur bitten: veröffentlichen Sie meine Nedr in Ihren Blättern (Heiter- feit); ih glaube, in sehr kurzer Zeit wird dann die Sache beseitigt sein. (Bravo! rechts. Zurufe und Unruhe links und in der Mitte.) . “Auf Antrag des Abg. Pr. Schädler (Zentvr.) findet eine Besprechung Lee Interpellation statt.

Abg. Roeren (Zentr.): Was der Staatssekretär ausführte, waren Einzelheiten über \undeutlihe Adressen, die ih theils an si nt verstanden habe und deren Zusammenhang mit der Inter-

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—2y mir andererseits zum theil nicht klar geworden ist. Es ndelt si auch garnicht darum, wer das Vorgehen der Posener Ober-Postdirektion provoziert hat, sondern ob es geseßlich ist. Der Staatsiekretär hat dieses Vorgehen nicht dekretiert, aber er hat auch niht die Posener Ober-Postdirektion verurtheilt. Die angeführten Einzelheiten find so, daß man glauben könnte, es würden hier Jägerstüke erzählt. Einen Brief lediglich deshalb zurückzubehbalten, weil er außer dem Namen des Adressaten und des Bestellungsorts noch eine

. vielleiht überflüssige Titulatur enthält, ist ja ein fast unbegreifliches

Vorgehen. Man ersieht aber daraus, was unsere Behörden sih dèn Staatsbürgern polnischer Zunge egenüber glauben herausnebmen zu können. Ein Brief ist nit bestellt worden, obglei der Adressat der Einzige seines Namens am Orte war, bloß weil „Seine Hoch- woblgeboren“ polnisch geschrieben war; der Absender schickt denselben Brief mit englischer Adresse, „right honourable*, ab, und jeßt wird der Brief anstandslos bestellt. Dazu kommt, daß die dortigen Postbeamten fast ausnahmslos polnisch verstehen. Selbst wenn aber das nicht der Fall sein sollte, dürfe den Fs nicht verwehrt werden, in ihrer Sprache zu verkehren. Eveutue müßte die Postverwaltung entsprehende Vor- kebhrungen für die Einstellung sprahkundiger Beamten treffen. Wird doch bei der Ueberwachung polnisher Versammlungen ebenfalls für sprahkundige Beamte gesorgt. Die jeßige Praxis widerspricht den Vereinbarungen des Weltvostvereins, kurz dem allgemeinen Postverkebr und s{ädigt das Ansehen der Postverwaltung, die sich doch sonst all- gemeiner Beliebtheit und Volksthümlichkeit erfreute. Wenn jeßt einige strebsame Unterorgane Handlangerdienste dem „Hakatismus“ leisten, so sollte die Zentralverwaltung diefen Herren klar machen, daß sie uur ihres Amtes zu walten haben.

Staatssekretär des Reichs-Postamis von Podbielski:

Ich glaube, der Herr Vorredner wird mir zugestehen müssen, daß innerbalb meiner vierjährigen Thätigkeit niemals die Politik auch nur im geringsten bei Maßnahmen der Reichs-Postverwaltung oder von mir bestimmend gewesen is (Widerspruh links), sondern daß id mich stets bestrebt babe, ganz frci und objektiv mich hinzustellen. Weiter aber, meine Herren, da gebe ih dem Herrn Vor- redner vollständig recht, halte ih es nit für richtig, daß man einen gewöhnlichen Brief aus Gründen, die er angeführt hat, zurückhält und i kann nur sagen, zufällig ist neulich ein einziger Fall wegen eines derartigen Briefes zu meiner Kenntniß gekommen, heute babe ich cinen weiteren Fall gehört. Jch kenne, was gewöhn - lihe Briefe betrifft, zur Zeit sonst keine Beschwerden, aber

und das möchte ich dem Herrn Vorredner entgegenhalten ganz anders liegt es mit Briefen, für welche die Reichs- Postverwaltung eine Garantie zu leisten hat. Jch glaube, wie ein Richter bei Verhandlungen genau auf den Buchstaben sieht, daß der Akt fo vollzogen wird, daß ihn keine Regreßpflicht trifft, genau fo müssen wir vorsichtig sein, daß wir nicht regreßpflihtig gemacht werden für Versehen. Das glaube ih, wird gerade der Herr Vorredner mir zugeben müssen. Wir müssen bei der Aushändigung der leßtgenannten Sendungen recht vorsichtig sein, und daher auch meine Bitte, daß bei allen Sendungen gegen Garantie die Adresse ganz flar den Empfänger und Bestimmungsort bezeihnen muß. Warum sollten wir auch dies alte Verhältniß verlassen, bloß aus dem Grunde, weil Agitatoren dahinter stecken. Kehren also die Herren zu den früheren Zuständen zurück, so wird uns nichts scheiden. Schon jeßt sind die Schwierigkeiten mit dem Auslande ziemli) groß. Wir wollen z. B. gerade jeßt mit Rußland den Postanweisungsverkehr ein- führen und sind bereits in Verhandlungen eingetreten. Wir sind uns darüber klar, daß in Deutschland nicht viel Lute Russisch verstehen. Es müssen daher vielfach Uebersegungsbureaux an die Grenze verlegt werden; es werden dort Listen für Anweisungen nah Rußland auf- gestellt, wie umgekehrt für uns nah Deutschland. Immerhin ist bei diesen Schwierigkeiten in Betracht zu zichen, daß im Verhältniß zum inneren Verkehr der Verkehr nah dem Ausland nicht so bedeutend ift.

Ferner möchte ih dem Herrn JInterpellanten gegenüber noch aus- führen, cs handelt sich nicht um ein Strafporto für unbestellbare Sendungen, sondern wir sind ja bestrebt, den Brief zu bestellen, halten deshalb eine Nückfrage, und diese. kostet nah den Bestimmungen der Postordnung 20 5. Es handelt sih also nur um den guten Willen der Verwaltung, die Sendung zu bestellen.

Was nun das Packet des Fräulein Meyer betrifft, so werde ih sofort die Untersuchung einleiten lassen. Jch erkläre immer wieder, es können Verschen von Betriebsbeamten vorkommen, und für die kann ih wahrlich nicht eintreten. Versehen kommen überall vor, und, meine Herren, ebenso gut wie ih Fehler begeben kann, kann sie ein mir nachgeordneter Beamter begehen. Deswegen kann ih aber den Mann nicht immer glei bestrafen, sondern ih muß annehmen, daß er in Unkenntuiß gehandelt hat. Und daß unter solchen Ver- hältnissen, die wahrlih durch die Neichspostverwaltung nicht herbei- geführt worden sind, Auskünfte gegeben werden, die fals sind, über die das Publikum sih zu beshweren das Recht hat, meine Herren, das bestreite ih garniht. Mein Wunsch ging nur dahin, nicht in dieser Sache noch weiter Oel hineinzugießen, sondern grade die poluische Bevölkerung zu dem zurückzuführen, was sie bisher gethan hat; vor November v. J. hat es keinen Streit gegeben.

Ich kann nur das eine hervorheben: ih habe mi bemüht, an der Hand der Daten dem hoben Hause zu unterbreiten, daß die Postverwaltung niht im geringsten. aggressiv vorgegangen tft, im Gegentheil! UÜnd nun wird fkonstatiert, wir machten auf einmal cine wilde Nazzia hinter den Aufschriften der Postsendungen. Das haben wir in der That niht gethan und werden es auch nicht thun. Derjenige Theil der Bevölkerung, der deutsche Adressen nicht schreiben kann, möge nach dem Nezept des Herrn von Chlabowski nur den Namen und den Ort \{reibeu. Warum sollen bei Werthsendungen, Postanweisungen und Packeten Zusäße in Polnisch gemacht werden, die ledigli den Verkehr ershweren? Meine Herren, das kann doch nit der Wille des Hauses sein; - sondern es kann der Wunsch nur dahin geben, daß die Adressen so deutlich abgefaßt werden, daz wir jederzeit mit dem Verkehr gut fertig werden! (Vravo! rechts.)

Abg. Kunert (Soz.) ließt sih der Verurtheilung des Vor- gehens der Postbehörde in den polnischen Landestheilen an und empfiehlt, der Staatssekretär möchte dur eine generelle Verfügung Abhilfe \{affen. Jm übrigen verbreitet sich Redner über versMhiedene Arbeiter- versammlungen, die, wie er behauptet, weil in denselben polnisch ge- sprochen worden sei, schikaniert worden seien, namentli auch 1m Köuigreih Sachsen. (Vize«Präsident Pr. von Frege-Wel ütten ruft den Redner wiederholt zur Sache.) Diefen Arbeitern müsse das Recht gewahrt werden, sid auch in Versammlungen ibrer Mutter- sprache zu bedienen. Alle Parteien des Hauses bâttea ein Iutereste daran, daß dem Kriege gegen die Polen ein Ende gemacht werde. Redner befürwortet zum Schluß freies Vexeins« und Berfauunlungs& gese für die Polen. |

Abg. Kürst Radziwill (Pole): Wir haben unsere Inter: pellation eingebracht in dem vollen Vertrauen, daß die}es Haus, das Haus der deutschen Volksvertretung, an gerechtes Urtheil fêllen wird.

Wenn darin zu unserem Bedauern der Staat®ekretär eine peolitcde |

Bevölkerun

Demonstration sieht, so habe ich das zurückzuweisen. Wir wollen damit keineswegs einer politischen Agitation eine Unterjtüßung e deiben lassen. Jch bin persönlich stets ein Feind jener leeren politishen Agitation gewesen. Wir treiben keine politische Agitation, sondern wir find die aufrihtigen Interpreten der Gefühle Derjenigen, die uns hierher geshickt baben. Eine tiefe und gerehte Beunruhigung hat die Bevölterung der polnischen Landestheile ergriffen. Durh die Gründung des Deutschen Reichs ist ja nah einer gewissen Auffassung die polnische aller Rechte verlustig gegangen, welche fie früber in Preußen gehabt hat; ih glaube aber nicht, daß dieses bobe Hâus einer fo enghberzigen Ms huldigen sollte. Der Bund der ‘deutfhen Staaten sollte eik Hort fein für jeden einzelnen Reichsangehörtgen, und zu diesen gehören die polnisch sprechenden Deutschen auh. Die polnische Sprache ist die Sprache einer Kulturnation, einer seit tausend Jahren in dem Landstriche angefessenen Bevölkerung. A

Abg. Dr. Müller-Sagan (fr. Volksp.): Die Ausführungen des Staatssekretärs scheinen mir niht genügend, um das verloren ge- angene Vertrauen der polnisch redenden Bevölkerung in die Sicher- heit der Briefbestellung wieder herzustellen. Für den Weltpost- verkehr ist Vorschrift, daß zu erklären hat, ob Name und Adresse richtig äangegeben sind. Mit diefer Bestimmung ist auch der Wortlaut der Vorschrift in “der Postverordnung sehr wohl verträglich, wenn man sie [lediglich jahlid und ohne jede Nücksiht auf politische Erwügungen auslegt. Wohin man kommt, wenn die Post sih erst auf Ueber- sezungsverfuche einläßt, ift ja in mehrerén Fällen in der Deffentlith- feit bereits gezeigt worden. Nicht die polnischen Preußen, sondern ‘die Postbehörde ist bier provokatorish vorgegangen. Die Sicherheit der Briefbestellung ist auch den polnisch redenden Staatsbürgern garantiert.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Meine Herren! Es handelt sich nicht um Abwehr in Bezug auf politishe Fragen, sondern um Abwehr der Erschwerungen unséêtes ge- sammten Verkehrs. (Sehr richtig! rechts.) Der Herr Abg. Müller wird das nicht gehört haben; ih habe ausdrülih erklärt : ih habe mihvon solchen Sachen ferngehalten. Es handelt si hier einfah darum: in dem Maße, wie zum theil unverständliche Adressen eingeliefert werden, wird der Werth- und Packetverkehr sehr ers{hwert. Jch muß es ja bédauern mir ift auch jeßt wieder eine solche Adresse vorgelegt wordén —, daß die Herren im Diensteifer auß Sendungen zurückweisen, die nach meiner Ansicht niht zurückgewoiesen werden follten. Es ist dàs nach keiner Richtung hin zu beschönigen; ih werde hier überall unweigerlich eingreifen. Aber der Herr Abg. Müller wird mir darin zuskimmen, daß ih mich an die gesammte deutshe Bevölkerung gewandt und sie gebeten habe: schreiben Sie, bitte, doch recht deutliche Adressen. Es is wirklih für- die Beamten fo unendlich s{wer, in Bahnpostwagen u. #. w. diese verkrißelten Namen zu entziffern. Meine Bitte muß auch für die polnische Bevölkerung gelten. Jch habe die Herren gebeten, diejenigen, die in der Lage find, deutshe Adressen schreiben zu können: {reiben Sie sie doch; wir werden für diejenigen Theile der Bevölkerung, die es nicht können, Ueberseßzungen vornehmen, und das wird uns gegenseitig Erleichterung gewähren. Als Vertreter der Reichspostverwaltung kann ih doch wirklih feinen anderen Standpunkt einnchmen. Daß zuweilen dem Publikum Schwierigkeiten bereitet worden sind von einzelnen zu weit gehenden Beamten, leugne ih gar nicht; Sie werden dies aber'immer finden. Es wird ja so oft gesagt: der oben gegebene Befehl kommt unten wer weiß wie grob an. Ich habe nun zwar noch gar keinen Befehl gegeben. Doch im Uebereifer gehen die Beamten, wie ih gar nicht leugnen will, vielleicht zu weit. Aber stellen Sie ih doch auf den allgemeinen Verwaltungsstandpunkt, Sie wollen die Neichspostverwaltung in gutem Betriebe erhalten, dann muß eben ein Jeder sein Bestes. hergeben. Eine unnüße Erschwerung darf nirgend auch niht von Seiten des Publikums eintreten. Hier muß sih der Herr Abg. Müller mit mir auf denselben Standpunkt stellen, daß wir an die Vertreter der polnischen Bevölkerung den Wunsch richten, - uns durch klare Adressierung sämmtlicher Post- sendungen zu unterstützen.

Abg. Dr. von Dziembowski-Pomian (Pole): Ich freue mich, daß der Staatssekretär zuihts verfügt hat, und di die weit verbreitete Meinung, daß etwa der preußische Minister Freiherr von Rheinbaben es gethan hat, unwahr ist. Jch kann aber auch andererseits nicht billigen, da in der Postverwaltung Politik getrieben wird, und ich hätte eigent ih erwartet, daß der Staatssekretär die in Pofen er- folgten Ausschreitungen rektifizierte. Aber eine moralische Genügthuung haben wir en in der Einmüthigkeit, mit welcher bisher die-Redner aus dem Hause die Praxis der Posener Behörde veruttheilt haben. Auch ih exhalte öfter Briefe, welche an den Herrn „Landeshaupt- mann v. Dziembowski“ in Posen ‘gerichtet sind; also auch eine deutsche Adresse hüßt niht vor solchen Jrrthümern. Ein Brief ist nit bestellt worden, weil anstatt „Frau“ „Madame“ auf der Adresse

eschrieben war. Und wir sind doch nicht in-Kalait, sondern in osen. Darin liegt Tendenz. Ein Brief an dás „Consistorium generale archiepiscopale“, ter aus Koften nach :Pôsen fam, wurde zurückgewiesen, weil lateinisch ebenso unzu lässig sei wie polnish. Können dem die Beamten “der Ober-Postdirektion nicht cinmal das: bischen Latein? Ich {stelle diefe

der Empfänger

Briefe zur Verfügung mit der Bitte, fie dern Reichs-Postmufeum ein “iberleden in Jahre des Jubiläums des Weltpostvereins. Es sind ja so wenig Worte, die die Postverwaltung zu lernen braucht, außer dem Worte „pan“, Herr; ich will die Herren in, Posen gern Abends in cinem Kollegium darüber unterrihten: der Staatssekretär wird seine wahre Freude an dem Erfolge dieses Unterrichts erlében. Der Post verwaltung zu Liebe können wir doeh auch nicht plôtlich-alle.Titulaturen abschaffen; sie find ja âlter als die ganze Postverwaltung. Eine BismarckFkia:Straße war in Posen nicht zu finden; eine Bistäatck straße giebt es dort. O Findigkeit ber Post, wo bist du bin! “Die Wurzel des Uebels liegt in den Maßnahmen der inneren Verwaltung, in der Durführung der deutschen- Straßenschilder und dergleichen Maßnahmen, vor allem aber in den ewigen Namensänderungen der Ortschaften. Mit \olchen Sünden gegen bistorisch G&vordéênes {aft man \{ließlich folche Zustände. Nicht wir haben ‘bier eine polnische Debatte provoziert, sondern wir befinden uns hier aubnahms weise in der Abwehr. Die Post und die Gerichte sollten jeder politischen Agitation entrückt sein: Politik gehört nicht zu ihrem Metier. - Die Post sei, heißt cs, zu Abwehrmaßregeln verpflichtet gêwesen. Der Artikel des „Dziennik Polski*“, auf den fi® der Staats)ekretär beruft, hat einen Einfluß auf die Zunahme polnifcher Adressen nicht aus geübt ; diejenigen, besonders die Rechtsanwälte, die polnische Adressen treiben, baben cs auch schon vor dem Artikel gethan; auch deutsche Anwäâlte ädressieren poluis an ihre polnischen Klienten.

Abg. von Staudyv (d. kons.) nimmt die preußischen und Reichs bebörden gegen die Vorwürfe des Abg. Noeren îin Schuß und bestreitet daß von der Postverwaltung politis-tendenziès gegen die Polen ver fabren werde. Der Staatssekretär babe ausdrücklich erklärt, daß er wegen der polnischen Briefadressen keine Verfügung erlaffen habe. Es handele sid überbaupt uur um cine Maßregel iun Verkebräinkéresse

Akg. Dr. Sattler (ul.): Der Abg. Fürst Radziwill bat ge fragt: Sollen die Polen von der Gleichberecdtigung iun Reich aus ges{lossen dleiben? Das foUen sie durdaus nicht, wobl ader sollen ne aud ibre ftaatsbürgerlichen Pflichten voll erfüllen. Die poluifSder Adressen kdunen allerdings zu Mißverständuissen Anlaß geben, der irfacden icdenfalls den Beamten große Schwicrigkeiten. Ik stuume darin dem Staatssekretär véllig wu. Uebrigens t cs vorgekermiten dad in Krakau ein Brief mit deulGer Adreïe nicht deitellt worden