1841 / 162 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Zeitungs-Nachrichten. Ulan.

Rußland und Polen.

Warschau, §8 Juni. Se. Majestät der Kaiser hat zur sufmunterung des Kunstfleißes im Königreich Polen die Summe von 12,000 Silberrubel für den Ankauf von Gegenständen der in Warschau bevorstehenden Jndustrie-Ausstellung angewiesen und dem Fürsten Statthalter die Auswahl der zu kaufenden Sachen anheimgestellt.

Der Erbgroßherzog von Hessen-Darmstadt is auf seiner Rúckreise von St. Petersburg und Moskau heute früh hier ein-

getroffen. F va w:Lir:e4 ch:

París, 7. Juni. Der Moniteur Parisien enthält folgende Anzeige: „Das Unwohlsein, von dem der Conseils- Präsident, Marschall Soult, befallen worden, erregt noch immer einige Besorgnisse. Der Herzog von Orleans beehrte heute (ôten) den Marschall mit seinem Besuche; die Unterredung dauerte lange. h

Ueber die ministerielle Krise, wenn man eine solche anneh- men will, sind die verschiedensten Gerüchte im Umlauf. Die dem Ministerium befreundeten Blätter behaupten fortwährend, dasselbe werdé nicht aufgelöst werden, und der Marschall Soult habe seine Entlassung nicht eingereicht. So meldet die Presse,

in dem Zustande des Marschalls sey schon eine bedeutende Besse- |

cung eingetreten; gestern habe er {on aufstehen und alle seine Kollegen empfangen können, so wie auch den Herzog von Orleans, der zweimal bei ihm gewesen ist und sich lange mit ihm unterhalten. So- dann behauptet sie, es sey unrichtig, daß der Conseils- Präsident seine Entlassung eingereiht, er habe sie bloß einreichen wollen und heute habe er schon nicht mehr von einem solchen Vorhaben gesprochen. Sie fügt dann hinzu: „Schwerlih wird der Mar- schall Soult nächsten Mittwoch in der Pairs-Kammer erscheinen ;

sein Gesundheitszustand wird bis dahin wahrscheinlich noch nicht

wieder hergestellt seyn, und zudem ist es wahrscheinlich, daß der

Marschall wenig geneigt seyn wird, eine Diskussion wieder aufzu:

nehmen, die nicht eine sofortige Erledigung finden kann. Es } ging zwar das Gerücht, das Ministerium wolle die Deputirten- | Kammér zusammenrufen, um ihc noch in dieser Ses-

sion die Amendements der Pairs-Kammer vorzulegen, und

es hoffe, eine hinreichende Anzahl Miktglieder zusammenzu-

bringen; wir halten indeß diese Hofsnung für wenig gegrün-

det.‘ Dagegen versichert der Constitutionnel, es habe sich

nichts im Gesundheitszustande des Marschalls geändert. Sein

Uebelbefinden dauere fort, und sein Seelenzustand bleibe derselbe,

wie sein Kollegè, Herr Guizot, sage. Der Marschall Soult be-

harre auf dem Entschlusse, seine Entlassung einzureichen. Das

genannte Blatt findet diese Empfindlichkeit sehr begründet. Die-

selbe, meint es, liege im Charakter des Ministers und im Geiste

det Institution. Das Siècle, der Temps, die France, und

andere Blätter berichten gleichfalls, daß sich der Marschall nicht habe zufrieden stellen lassen, troß der zwei Besuche, welche ihm der Herzog von Orleans im Laufe des gestrigen Tages abgestattet.

Das Journal des Debats sagt gar nichts über ‘die Vor- gänge, welche das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen. Der „Temps“ will wissen, als der Herzog von Orleans ge

stern zum erstenmale in dem Hotel des Conseils-Präsidenten er- schienen sey, habe dieser denselben nicht empfangen können, was große Sensation gemacht habe.

Während es noch sehr fraglich ist, ob es dem Kabinet nicht gelingen werde, die Stôdrung, welhe das Ambrugeacsche Amendement ihm bereitet hat, zu überwinden, während sogar noch das Vorhandenseyn einer ministeriellen Krise in Abrede ge- stellt wird, sind, wie immer in solchen Fällen, schon neue Mini- ster:Combinationen im Umlauf. So behaupten einige Blätter, der General Schrainm oder der Marschall Valée würde bei der Umgestaltung des Kabinets das Portefeuille des Krieges erhal- ten. Auch hat man in Erfahrung gebracht, daß der Graf Molé gestern eine Audienz beim Könige hatte und den ganzen Abend mit Herrn Guizot im Ministerium der auswärtigen Angelegen- heiten konferirte. Man schreibt Herrn Guizot längst die Absicht zu, sich mit dem Grafen Molé und der konservativen Partei zu verbinden, und meint, daß er diese Gelegenheit, sich dem Präsi- denten des Kabinets vom 15. April zu nähern, bereitwillig er- griffen habe. Wenn Herr Guizot auch einige Schritte gethan hat, uin den Marschall Soult zurückzuhalten, so glaubt man doch, er werde nicht so dringend gewesen seyn, daß sich dieser hâtte sollen von seinem Entschlusse abbringen lassen.

Das neueste Bulletin über den Gesundheitszustand Mar- hall Soult's berichtet, daß dieser eine im höchsten Grade unru- hige Nacht gehabt, daß sich aber am Morgen einige Besserung eingestellt habe. Der Herzog und die Herzogin Decazes, der Graf Appouy, mehrere Minister und eine große Anzahl anderer Hoher Personen fuhren diesen Morgen bei dem Conseils-Präsiden- ten vor, um sich nach dessen Befinden zu erkundigen. Die Er- kranfung des Marschalls Soult scheint sehr ernster Natur zu seyn.

Der Lemps stellt folgende diplomatische Veränderungen in Aussicht. „„Herr von Barante würde in St. Petersburg durch U Casimir ‘Perier erseßt werden. Der Graf Flahaulé würde Sie S A Ade e ge an die Sielle des Grafen von

6H dhe “D er tachsolger des Herrn Guizot in London werden würde. er Herzog von Montebello wúrde die Gesandt- schaft in Neapel dem Marquis von Dalmatien überlassen und nach Rom gehen. Herr Bois-Lecomte ist zum Gesandten i Mebbid déslatitet h L PEES t zut ésandten in

adrid designirt, und an dessen Stelle im Haag würde Herr von Bussières treten. N f

Der Gazette des Tribunaux wird aus Bouloane- sur-Mer vom ten d. M. geschrieben, daß man am 2ten ein mit dem Londoner Paketboot angekommenes Individuum verhaf- tet habe, unter dessen Gepäck die Douane - Beamten eine Art Höllenmaschine und eine Pistole nebst dazu gehörigen Kugeln und Püúlver gefunden; die Maschine besteht aus einer 8 bis 9 Centimetres langen und 0 Cenctimetres breiten Eisenplatte, die auf der einen Seite eine Holzdecke hat, und auf deren anderer Seite 15 Läufe angebracht sind, die durch 3 sehr leicht bewegliche Hähne zugleich abgefeuert werden; der, welcher die Maschine gebrau- chen will, hängt sie mit einem Tragbande, das um den Hals geht, an, so daß sie auf der Brust ruht; die Läufe sind sehr kurz und fônnen unter einem weiten Gewande verborgen wer- den; sie sind so angebracht, daß sie ein Kreisfeuer bilden. Die Pistole hat ses Läufe; diese liegen zu je zwei übereinander- der, und zwar so, daß die Kugeln sich kreuzen können. Der Mann, bei dem man diese Waffen gefunden, nennt sich Jsrael Levy Lil- lykrap; er 4 vis als Waffenschmied zu Bridgewater ansässig zu seyn, er sey der Erfinder der Maschine und der Pistole, er hâtte dieselben im vorigen Februar verfertigt; ex wolle sich nun

700" nach Paris begeben, um der Französischen Regierung. diese Jn- struwente zum Kauf anzubieten. Israel Levy Lillykrap scheint 25 bis 26 Jahre alt zu seyn; er hat das Aussehen und das Beneh- men eines Arbeiters; im Augenbli seiner Verhaftung fand man nur eine Summe von zwei Sh. bei ihm. Es wurde sofort eine Untersuchung eingeleitet.

Gestern sind aus London zwei Couriere, welche der Franzd- sische Geschäftsträger in London, Herr von Burqueney, mit De- peschen für Herrn Guizot abgeschickt, hier eingetroffen. Diese beziehen sich, wie es heißt, auf die orientalische Feage.

Der Infant Don Francisco de Paula ist am 3. Juni mit seiner Gemahlin, der Infantin Louise Charlotte, auf dem „Cha- teau - Margaux‘‘ bei Bordeaux angekommen. Die Briefe aus Bordeaux bestätigen, daß der Jnfant dort zu verweilen beabsiclh- tige, bis er nah Spanien zurückkehren könne. Es heißt, der äl- teste Sohn des Don Francisco de Paula sey zum Gemahl der jungen Königin von Spanien bestimmt.

__ Der Artiste berichtet folgende Umstände über eine Vor- lesung, die vor einigen Tagen in der Abbaye-aux- bois stattfand: ¡Derr von Chateaubriand hat noch einmal das Grabfästchen ge- öffnet, in welchem die Memoiren D'outre-Tombe ruhen. Er hat einen Abschnitt dieser Mittheilungen, welcbe die Nachwelt allein lesen soll, aus demselben hervorgeholt, und ein gewähltes Publikum vernahm einige Stunden die gewaltige Stimme, welche aus der jenseitigen Welt herübertôönen wird, um der dies- seitigen ihr leßtes Wort zuzurufen. Die hundert Tage in Gent und in Paris und die Jugend und die Kindheit bilden die Ge- genstände der Vorlesung.“/

Börse vom 7. Juni. Heute wurde das Coupon der 3proc. Rente detaschirt. Sie blieb 5 C. höher als am Sonnabend. Die 5proc. Rente behauptete sich auf dem lebtvorigen Cours. Es haben, wie man sicht, die Gerüchte von Aenderungen des Fran- zösischen Kabinets und die Niederlage des Britischen Ministeriums feinen Einfluß auf die Course der Renten geübt.

= Paris, 6. Juni. (Verspätet.) Es ist heute gegründete

Hoffnung vorhanden, daß es, ungeachtet der eingereichten Entlassung von Seiten des Marschalls Soult, dennoch zu keiner eingentlichen Minister - Krise kommen werde. Wiewohl die Minister in der Pairs-Kammer und in dem offiziell anerkannten „Messager““ jeder Erklärung darüber auswichen, und der „Moniteur parisien““ dieselbe deshalb für ungegründet erklärte, weil es nicht wahrschein- lich sey, daß der Marschall eine Verwaltung verlassen würde, an deren Spibe ihn der König gestellt, so is es nichtsdestoweniger wahr, daß er seine Entlassung eingereiht hat. Die einfluß- reichsten ministeriellen Deputirten, welche in solchen Fällen dem Kabinette mit Rath beistehéèn, haben daher gestern, als eine Folge jenes Ereignisses, auf den Messagerieen ihre Pläke, die sie bereits zur Abreise genommen, wieder abbestellt. Durch sie hat man auch heute das Resultat der Berathung erfahren, die gestern früh zwischen dem Könige und Herrn Guizot in Neuilly stattfand. Beide sind durchaus über das, was zu thun isk, ein- verstanden. Man wird alles versuchen, um den Marschall von seinem Entschlusse zurückzubringen. So hat der König gestern gleich zwei freundliche Billets an ihn geschrieben, indeß zur Ant- wort erhalten, daß der Marschall nichts Anderes darauf zu er- widern habe, als was raan bereits wüßte. Als darauf die Her- ren Guizot, Duchatel und Humann in seinem Hotel erschienen, wurden sie nicht vorgelassen, weil der Marschall ernstlich krank sey. Sollte er nun fortfahren, auf seinem Entschlusse zu bestehen, jo wird man, wie wir vernommen haben, ganz einfach das Porte- feuille des Kriegs-Ministeriums einem weniger hochstehenden Mi- litair, wahrscheinlich dem General Schneider, geben, und Herr Guizot würde alsdann die Präsidentschaft des Conseils übernehmen. Auch scheint es gewiß zu seyn, daß weder Herr Villemain

noch Herr Teske dem Austritt des Marschalls folgen werden. Benn da die wohlwollenden Bemühungen des Königs, so wie die er- wähnten gestrigen Schritte der übrigen Minister, beweisen, wie man von keiner Seite etwas Feindliches gegen den Marschall im Sinne fúhrte, so kônnen natürlich diese Minister die Verantwort- lichfeit niht úbernehmen, eine förmliche Krise herbeizuführen, wenn der Marschall, nach den gegebenen Erklärungen über das Vorgefallene bei seinem Entschlusse beharren wollte. Doch glaubt man, daß er sich dem Wunsche des Königs und seiner Kollegen fügen werde, wie er es schon bei ähnlichen Gelegenheiten gethan hat; und da so in jeder Weise die Zukunft des Kabinets ge- fichert ist, so werden, um dieses unangenehmen Zwischenvorfalls willen, die inneren Geschäfte selbst durchaus keine Störung er- [eiden.

= Paris, 7. Juni. Was gestern mit einiger Zuversicht

Zu hoffen war, is eingetreten. Der Marschall Soult bleibt, nach-

dem ihm der Herzog von Orleans selbst einen Besuch abskattete, und ihm dadurch die ehrenvolle Genugthuung ward, die seine ‘verlebte Empfindlichkeit verlangte. Man erfährt heute, daß der Marschall {hon Sonnabend Abend, als er noch nicht erkrankt war, Herrn Guizot zu sich berufen, um ihn in Kenntniß zu seben, daß er wegen der ihm widerfahrenen Kränkung aus dem Mini- sterium treten wolle. Der Minister beschloß hierauf, in Ueber- einstimmung mit allen seinen Kollegen, in dieser Beziehung die Sache des Marschalls beim Könige zu führen und erwirkte in Neuilly den gestrigen Schritt des Herzogs von Orleans. Die- ser Umstand ist deshalb zu erwähnen, weil er beweist, wie alle bisherigen Insinuationen der Oppositions-Blätter, Herr Guizot wolle den Marschall Soult und seine Freunde aus dem Kabinet

* verdrängen, ganz grundlos sind.

Natürlich is diese Wendung der Dinge für die Ruhe des Landes höchst erfreulich. Denn der Marschall Soult ist nicht allein als Kriegs-Minister in Berwaltungssachen sehr tüchtig und übt

zin der Armee mit festem Willen die Disziplin, sondern er ist auch

für jedes Kabinet gerade bei den jeßigen Verlegenheiten eine wahre Stüke. Ohne Politiker im höheren Sinne des Worts seyn zu wollen, macht er freilich, im Bewußtseyn seines großen Curopäi- hen Rufes und der Bedeutung, welche ihm die Umstände verliehen haben , keine geringen Ansprüche, welche seine Kollegen bisweilen in Verlegenheit bringen können; auch ist er kein Red- ner, und die Kammer kann kaum die Ungeduld verbergen, die sie ergreift, wenn er auf die Tribüne steigt; seine Gegner aus der Partei’ des Herrn Thiers wissen das wohl zu benußen, und namentli pflegt Herr Billault, Staats-Secretair des Handels im Kabinét des 1. März, dem Marschall jedesmal bei den par- lamentarischen Debatten gegenüberzutreten und mit dem geübten Worte des Advokaten den zögernden en des alten Helden die Spibe zu bieten. Allein was den Marschall Soult so überaus wichtig sür jede rainisterielle Combination macht, ist, daß er, in Folge der Verwirrungen, Spaltungen und Lagen, in welche der Coali- tions-Kampf alle parlamentarisch . bedeutenden Männer gebracht hat, fast der einzizè Mann ‘is, der in dieser Weise ‘Präsident jedes Kaöineis werden fatin , das mit der jeßigen Kammer leben und

Weder Herr Molé noch Herr Guizot, noch Herr von Lamartine noch selbst die Herren Dufaure und ‘Passy würden irgend einem unter ihnen die Präsidentschaft des Conseils einräumen; dem Marschall Soult aber unterwerfen sich alle; einmal, weil er nie zu einer politischen Partei gehörte, und dann, weil seit der Lon- doner Ovation sein Ruf außer aller Konkurrenz ist.

Srolbritanien und Jeland.

London, 5. Juni, Abends. Die Berichte in den verschie- denen Blättern über den Schluß der gestrigen Unterhaus-Sißung lauten nicht ganz Úbereinstimmend. Nach der „„Times“/ mußte man für das Wahrscheinlichste halten, daß Lord J. Russell die Korngeseße nicht mehr zur Sprache bringen, sondern daß sogleich die Parlaments-Auflôsung erfolgen werde; nah dem Berichte die- ses Blattes hätte der Minister nämlich auf die Bemerkung Sir R. Peel's, er nehme es fúr ausgemacht an, daß der edle Lord die Korngeseske am Montage nicht vorbringen würde, weiter nichts als: „Jn keinem Fall“/ geantwortet, und damit wäre von dieser Sache nicht weiter die Rede gewesen. Nach anderen Blättern aber wurde Lord J. Russell schon bei der Anzeige, daß er am Montag noch die nôthigsten Subsidien vorschlagen wolle, durch den lau- ten Ruf: „Die Korngesebe, die Korngeseße!“ unterbrochen, und er ant- wortete darauf: „Jch werde am Montaganzeigen, welches Verfahren ich in Bezug auf diese Frage einzuschlagen beabsichtige; da aber der sehr ehrenwerthe Baronet (Sir R. Peel) es für angemessen gehalten hat, neue Beschuldigungen gegen das Ministerium zu erheben, so muß ich mir bis Montag Zeit nehmen, um zu er-

ehr als éin einflußireiches Mitglied derselben in sich ausnehmen will

wägen, welche Schritte ih zur Rechtfertigung des Ministeriums am besten zu thun haben möchte.“ Hiernach könnte man wohl annehmen, daß der Minister sich nur noch úber die Form, in welcher der Antrag hinsichtlich der Korngeseße zu stellen wäre, berathen und am Montag den in dieser Hinsicht gefaßten Ent {luß ankündigen wolle. Auch wurde nach denselben Berichten Lord John Russell vor der Vertagung des Hauses von den Herren Hindley und Hume nochmals dringend aufgefordert, bald möglichst, also vor der Parlaments-Auflôsung, eine Diskussion der Korngeseße zu veranlassen und nächsten Montag den Tag für diese Debatte zu bezeichnen. ,„„Man hat hinlängliche Zeit gehabt“/, sagte Herr Hume, „diese Frage in Erwägung zu ziehen, und Niemand zweifelt daran, daß die Korngeseße noch zur Sprache kommen müssen. Da Dienstag der nächste Tag ist, an dem dies satt finden kann, so sollte der edle Lord gleich jeßt, ehe er das Haus verläßt, diesen Tag dazu anberaumen.““ Von einer weiteren Antwort Lord J. Russell's auf diese Aufforderungen wird indeß in keinem Blatte etwas gemeldet, und die Absicht der Minister muß daher immer noch dahingestellt bleiben, wenngleich es im Lauf der Debatte über die Peelsche Motion von Mitgliedern der Verwaltung, namentlih von Sir George Grey, für durchaus zweckmäßig erklärt worden ist, durch eine besondere Debatte über die Korngeseße die öffentliche Meinung noch vor der allgemeinen Wahl möglichst aufzuklären, um so mehr, als Sir Robert Peel noch gar nichts Bestimmtes über seine Ansicht in Bezug auf die Getraide Frage angedeutet habe. Daß aber das Ministerium sich nicht zurückziehen, sondern das ‘Parlament auflösen werde, wird wenig- stens von den ministeriellen Blättern als ausgemacht angenom: men; die „Morning Chronicle‘/ bemerkt, es gehe aus der Schluß- Erklärung Lord J. Russell's ganz deutlich hervor, und dem ver- breiteten Gerücht zufolge, dürfte die Auflösung, wie „„Times““ und „Standard‘/ angeben, am U2ten oder 16öten erfolgen. Dic Tory-Blätter suchen die Sache jedoch noch i deifel {u stellen, und Tory fuch e jedoch noch in Zweifel zu stellen, und sprechen von Uneinigkeit im Ministerium über den zu fassenden Entschluß; namentlich soll, dem „Standard“ zufolge, Lord Mel bourne sich der Parlaments - Auflösung widerseßen. Jedenfalls herathen die Minister noch darüber, welchen Gang sie einschlagen sollen. Um 12 Uhr Mittags versammelte sich heute das ganze Kabinet, nachdem Lord Melbourne eine Audienz bei der Kön gin gehabt hatte. Die Minister blieben drei Stunden zusammen und gleich darauf fuhr Lord Melbourne wieder nach dem Palast. Der Hof wollte sich nächsten Montag nah Windsor begeben man glaubt aber, daß derselbe wegen der Minister-Krisis in Lon- don bleiben wird.

Zu den beredtesten Vertheidigern des Ministeriums gegen dic Angrisfe der Tories gehörte bei den leßten Debatten der bekannte Rechtsgelehrte und Fürsprecher des schriftstellerischen Eigenthums, Herr Talfourd, der in seiner Rede unter Anderem sagte:

„Den Tories mag es ganz wohl anstehen, an die Zeiten zu erin nern, wo es überwiegender Majoritäten im Unterhause bedurfte, um ministerielle Maßregeln durchzuführen, wo indeß diese Mazoritäten auch vorzugsweise dazu benußt wurden, das Volk mit neuen Steuern zu belasten, fosispielige Kriege zu führen und Eingriffe in die Rechte und Freiheiten des Volkes durchzusezen. Aber Sir James Gra ham, der sich jeßt den Tory-Argumenten auschließt, rühmt sich doch, in der Schule von Fox herangebildet und ein Anhänger dieses großen Mannes zu seyn, und da hätte er sich wohl selbsi sagen können daß For nur mit Verwunderung die aus seinem Munde geslossenen Worte würde angehört, daß er ihm würde gesagt haben: „,,Ma- joritáten sind nicht immer Wahrheit, Macht is nicht immer Recht, und es is oft rathsam, gute Grundsäße ans Licht zu fördern, wenn man auch nicht die Hoffnung hat, sie un- verweilt durchzusezen.““ Als in den Jahren 1831 und 1832, und zwar mit Hülfe Sir James Graham's, die Grundsäulen des ver derbten damaligen Systems der Tories gestürzt wurden, mußte man natürlich die Frage aufwerfen, wem nun die Leitung der Angelegen heiten na dem neuen Sysiem zu übertragen sev, ob den Feinden oder den Freunden desselben, und man entschied sich, wie billig, für Leßtere. Diese aber, wiewohl bemliht, die Vortheile, welche die von ihuen be wirfte organische Umgestaltung gebracht hatte, allmälig auszudehnen waren nicht im Stande, ihre vom Siege entflammten Anhänger zu befriedigen, und fanden zu gleicher Zeit bet ihren Gegnern fortwähren- des Mißtrauen vor. Sie fonnten nicht hoffen, nachdem einmal der ersie Glanz des Sieges verschwunden wax, sich denselben Fm- puls, der ihnen zum Siege verholfen hatte, fernerhin in gleichem Maße nugbar zu machen. Es wurde daher offenbar, daß sowohl die Partei der - Whigs, als die Regierrng selbst sich na neuen Quellen der Gewalt umsehen- und dieselben unter deuen suchen mußten, welche zwischen den äußersten Parteien mitten inne standen, und daß die Regierung, um liberale Maßregeln durchzusezen und zugleich wet: terem Umsichgreifen radifaler Uniwälzung ein Ziel zu seßen, kein an- deres Mittel besaß, als ihre Maßnahmen fo zu entwerfen, daß sie den Beifall bald der einen, bald der anderen Partei-Nüance erhielten. Auf diese Weise aber veränderte sich durchweg der Charakter sowohl der Pflichten und Obliegenheiten als der Hülfsmittel der Regierung. Wäre dies nicht der Fall, wäre es nicht ehrenwerth, Maßregeln Lorzubriugen, für welche auf Untersiüßung der politischen Gegner gerechnet wird, so würde die Regierung stets nur einer der beiden äußersten Parteien übertragen werden fönnen, und in diesem Fälle würde Sir R. Peel eben so viel Ursache haben, die Lage der Dinge zu bedauern, wie die jezigen Minister; gelänge es ihm auch jegt, dieselben zu stürzen, so würde er sicherlich binnen furzem sih genöthigt sehen, die Hülfe der Whigs gegen die Anforderungen seiner eigenen Oraugistischen Anhänger und feiner Chartistischen Bewunderern in Anspruch zu nehmen. Sir ames Graham hat mit Spott der Unterstüßung erwähnt, die Sir R. Peel den Ministern habe zu Theil werden lassen, aber so edelmüthig auch diese Untersiüßung gewährt worden, so kann man doch nicht: vers kennen, daß die Minister ein Recht hatten, auf dieselbe zu rechnen

r,

nsbesondere war dies der Fall bei der Privilegien-Frage, denn es lag | êben so im Juteresse Sir R. Peel’s, wie in dem der Minister, das Ge- wicht, welches das Unterhaus durch seine Privilegien erhalten, zu bewahren. | Der Vorwurf, daßdie Minister überbauptihrebedeutendsten Maßregeln nur ; mit Hülfe der Opposition hätten durhsezen können, besagt nun aber | dech gewiß nichts Anderes, als daß die Opposition sich eben so wie die | Minister von der Gerechtigkeit der vorgeschlagenen Maßregeln überzeugt batte, und die Opposition erklärt daher eigentlich nichts Anderes, als | daß sie den Ministern ihr Vertrauen nicht schenken fonne, weil fie so oft mit ihnen übereingestimmt habe. Will man freilich die Frage wie ein Glücfsfpiel betrachten, daun allerdings is man berehtigt, Grund- |

sáue gleich Rechenpfeunigen zu behandeln, mit denen das Spiel betrie- |

ben werden soll; hat aber die Regierung die Pflicht, das allgemeine Beste zu berücksichtigen, so muß sie auch Maßregeln in Vorschlag brin- | gen, welche auf den Beifall der verschiedenen Parteien im Lande rech- | nen fonnen.“ Zu Anfang der gestrigen Sißung des Unterhauses richtete | Lord Teignmouth eine Anfrage an Lord Palmerston über die | Lage der Dinge auf Candien und erhielt zur Antwort, daß, so--) bald die Britische Regierung Nachricht von den auf der Insel |

völkerung von Candien ein Abkommen tresse, welches einerseits

für sie selbst zufriedenstellend wäre, andererseits aber der Griechi- |

\chen Bevölkerung der Insel vollkommene Sicherheit ihrer Per- sonen und ihres Eigenthums verbürge ; auch sey dem Gesandten

aufgegeben worden, bei der Türkischen Regierung darauf zu drin- |

gen, daß sie keine strengere Maßregeln ergreife, als die Noth- wendigkeit unbedingt erheische.

Einer der Redner, welche im Lauf der leßten Debatten über die Peelsche Motion die ministerielle Politik vertheidigten, Sir George Staunton, sprach bei dieser Gelegenheit auch über die Chinesischen Angelegenheiten, die er mehr als Andere zu beur- theilen im Stande ist, da er China aus eigener Anschauung kennt. Seine Bemerkungen sind unter den jeßigen Umständen, ivo dort ein ernstlicher Krieg bevorzustehen scheint, von besonde; rem Interesse. Der Redner wandte sich namentlich gegen Sir

| Küstenwächtern weggenommen worden ist.

James Graham’'s Vorwürfe und sagte im Wesentlichen:

„Jch behaupte, daß das jeßige Ministertum durch das, was b1s- her in China geschehen ist, sich Unspruch auf den Dauk des Laudes er- worben hat. Sämmtliche Britische Vewohner vou Canton waren ge- fangen genommen, ihr Leben bedroht und 2 bis 3 Millionen Pfd. St. ihnen abgepreßt. Wenn die Regierung nicht Kraft genug besäße, so große Ungebühr zu rächen, so würde das ein wahrhaftes Unglück seyn, und die Ungelegenheiten, welche der jeßige Krieg verursacht, fönnen dagegen gar nicht iu Betracht fommen. Man hat der Aeußerung Napoleon's erwähnt, daß ein Krieg mit China für England verderblich feyn würde: nur eine geringe Autorität seyn in den Chinefischen Angelegenheiten ; mit größerem Rechte würde man fich auf den Herzog von Wellington berufen, der gerade in Bezug auf diesen Krieg erklärte, daß ein jeder Krieg, wie viel Unglück er auch mit sich führen möge, unvermeidlich sev, wenn es si um Ahndung so großer Beleidigungen handle, wie die Chinesen deu Engländern zugefügt haben. Die schnelle Ausrüsiung der nach China abgesendeten Expedition gereicht der Energie des Bri- tischen Volkes und des General-Gouverneurs von Ostindien zur größ- ten Ehre. Freilich haben die später folgenden Ereignisse Manchen und darunter auc mich selbs getäuscht, aber überrascht worden bin ich nicht: ich habe befanntlich sogar selbs früher erklärt, daß auf eine \chleunige Beendigung des Krieges nicht gerechnet werden könne, daß man sich vielmehr auf einen harten und langwierigen Kampf gesaßkt machen müsse. Ein entscheidendes Urtheil kann man über das, was geschehen ift, nicht fällen, so lange es noch an den detaillixten amtli- chen Berichten fehlt, indeß fann man nicht umhin, die Ansicht zu he- gen, daß möglicherweise die Diskussionen, welche im vorigen Jahre über die Sache im Parlamente geführt wurden und die nur fleine Mazori tát, welche sich entschieden für den Krieg aussprach, den Englischen Un- terhändler zu dem Bestreben veranlaßten, die Sache möglichst schnell zu Ende zu bringen, aus Furcht, man möge ihn vom Mutterlande aus gänzlich im Stich lassen; gewiß ist es aber, daß jene Diskussionen auf die Chinesen eingewirkt haben, denn es existirt ein Promemoria des Commissair Lin an den Kaiser, in welchem dieser aufgefordert wird, den Krieg mit Kraft fortzuseßen, da die Engländer nicht einig seven, weil eine Chinesische Partei in England bestehe und die Minister nicht im Stande seyn würden, den Krieg ju Ende zu führen; damit steht denn ohne Zweifel auch in Verbindung, daß der Kaiser nicht einmal die o wenig zufriedenstellenden Konzessionen des Commissair Kischin hat ra- tifiziren wollen. Hätte man also im vorigen Jahre die Sache nicht ur Parteifrage gemacht, so würde möglicherweise der Friede mit China eut abgeschlossen seyn. Jndeß was auch den Unterhäudlern zur Laji fallen mag, die Regierung kaun jedenfalls fein Tadel treffen; fie hat, sobald die vergeblichen Bemühungen des ueuea Unterhändlers bekannt wurden, sogleich einen anderen, Str Henry Pottinger, abgeordnet, und nach Allem, was ih von ihm weiß, befiudet sich die Angelegenheit bei ibm in sicheren Händen.“ h, E Ÿ

Obgleich man glaubt, daß die vorlebte Notirung von 2 Sh. für Congo-Thee sich nicht werde behaupten können, hob die Spe- culationssucht diesen Artikel gestern doch auf 2 Sh. 11/2 Pee.

Die neueste Volkszählung in den Vereinigten Staaten hat eine Bevölkerung von 17,100,572 Köpfen, worunter 2,369,553 Sflaven und 371,606 freie Farbige, ergeben. Jm Jahr 1830 betrug die Bevölkerung nux 12,856,407 Köpfe.

Mistreß Fry hat in London eine Gesellschaft protestantischer barmherziger Schwestern gegründet.

Deutsche Bundesstaaten.

München, & Jum. Ql: 5) Gs 1nd seit dem Zas 1815 unzählige Memoiren erschienen, und doch haben wir immer noch kein Werk über die Erlebnisse und Thaten Herzogs Eugen von Leuchtenberg. Erwägt man die Rolle, welche Eugen Beau- harnais seit dem Aegyptischen Feldzuge gespielt, so kann es keinen Zweifel unterliegen, daß in der Geschichte unserer Zeit vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zum Jahre 1814 ein sehr wichti- ges Material mangelt, so lange dieje Memoiren fehlen, die durch einige, theils unbedeutende, theils vielfach falsche, ja lügenhafte Werke keineswegs erseßt sind. Diese Lücke soll ‘endlich ausge- füllt werden, indem Se. Kaiserl. Hoheit der Herzog von Leuch- tenberg die zahlreichen Papiere seines Vaters Herrn Derode, ehemaligem Professor an derMilitair-Schule von St. Cyr, Úber- gab, um sie zu einem übersichtlichen, auf echte Dokumente gestüß ten Werke zu verarbeiten.

5 Hannover, 9. Juni. Braunschweig ist heute von Braunschweig hier angekommen und im Königlichen Ernst-Palais an der Adolph-Straße abgestiegen.

Se. Durchlaucht der Herzog von

D An L 6

U Madrid, 1. Juni. Herr Caballero hat der Kammer der Abgeordneten , deren Mitglied er ist, einen Antrag über die Eintheilung und die Besoldung der Geistlichkeit vorgelegt. Nach seinem Plane wird Spanien in so viel Bisthümer getheilt, als Provinzen vorhanden sind; die Baskischen Provinzen würden aber bloß ein Bisthum bilden. Madrid, Sevilla, Granada, Va- lencia, Barcelona, Saragossa, Burgos und Coruña würden Er- histhümer werden, Der Erzbischof-Primas von Spanien erhielte

i \ / i | î f } | î Napoleon aber, ein so großer Krieger er auch war, fan | | 1 1 j | | \ |

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90,000, die úbrigen Erzbischöfe jeder 60,000, die Bischöfe jeder 50,000 Realen. Außer dem Primas und den 7 Erzbischöfen würden 39 Bischöfe, 9000 Pfarrer erster, 4000 zweiter, 1500 dritter und 500 vierter Klasse; 7000 Pfarr-Vicare und 15,000 Kirchenverwaltungen existiren. Die hohe Geistlichkeit würde nach dem- Entwurfe 12,216,000, die Pfarrgeistlichkeit 109 Millionen, die Seminarien 4 Millionen und die andere Geistlichkeit 14,200,000, das Ganze 139,416,000 Realen kosten. 18 | Es heißt, Herr Gamboa sey zum diesseitigen Gesandten in London bestimmt.

Cartagena, 25. Mai. Wir haben wieder ein Schmugg- | lershiff im Hafen, welches unter Englischer Flagge von unseren | Der Englische Vice- |

Konsul chit Protestation auf Protestation ein, weil man ihm

| nicht erlauben will, sich an Bord des Schiffes zu begeben , und

weil das Urtheil über die Sache dem Zollgericht übergeben wor- den. Wir wollen sehen, wie sich die Mißhelligkeit endigen wird.

ausgebrochenen Unruhen erhalten, sie an den Britischen Gesand- | Versichern kann ich Ihnen, daß, wenn Englische Kriegs\chisse sich zei

ten in Konstantinopel Instructionen geschit habe, durch welche | ißm aufgegeben werde, sein Möglichstes zu thun, um die Tüúrki- | sche Regierung zu vermögen, daß sle mit der Griechischen Be- |

gen sollten, um das Schmugglerschisf mit Gewalt wegzunehmen,

wie sie es schon einmal gethan haben, sie sich diesesmal seiner |

nicht so leicht bemächtigen werden. Die Behörden sind ent-

{los}en, wenn sie den Versuch erneuern, wacker auf sie schießen |

zu lassen.

O Madrid, 31 JFsabella mit einem bisher den angestrengt lingen wollen. Die Ha Art von Flechten bedeckt, w und ihrem Gesichte ein wenig anziehendes Aussehen geben. Die Spanischen Aerzte nennen dieses Uebel Jchthiosis, während Fran- sische gar die Symptome der lèpre darin erkennen wollen. Zun vorigen Sommer wurde die verhängnißvolle Reise nach Barce- lona unternommen, weil die Leibärzte der Königin glaubten, daß die Anwendung von Mineralbädern, die sich in der dortigen Gegend vorfinden, eine heilsame Wirkung hervorbringen würden. Leider aber hat sich das Uebel durchaus nicht vermindert, und demnach hat der Regent, besorgt um das persönliche Wohlseyn der Köni- gin, die Leibärzte befragen lassen, ob es rathsam sey, in diesem Sommer die Badekur in Barcelona abermals zu versuchen. Für den Fall einer bejahenden Antwort würde der Regent, der entschlossen ist, sich von der Person der Königin, als einem ihm anvertrauten Unterpfande, nicht zu trennen, dieselbe dorthin begleitet haben. Vor einigen Tagen hielten nun die Leib- árzte, mit Zuziehung mehrerer anderer ausgezeichneter Aerzte, eine Berathschlagung, nahmen eine Okular - Jn\pection vor und erklärten zndlih einstimmig, daß die Badekur nur dann Erfolg hoffen lasse, wenn sie Jahr aus Jahr ein unausgeseßt srattfände. Da nun aber ein beständiger Aufenthalt in Barcelona nicht wohl thunlich sey, auch die jüngere Schwester der Königin im vorigen Sommer sehr von den Fatiguen der Reise gelitten habe und eine Trennung beider Schwestern ohnehin Niemand anrathen möge, so schlugen die Aerzte die Bereitung von künstlichen gallertartigen Bädern vor, welche die Königin hier in Madrid zu nehmen habe. Auch stellten sie die entfernte Aussicht, daß das Uebel sich mit dem Eintreten Jhrer Majestät in das gereiftere Alter mildern werde.

Unterdessen sind von einer ziemlih unerwarteten Seite her Ansprüche auf die Vormundschaft Über die Königin und deren Schwester erhoben worden. Ferdinand YI11 übertrug jene näm- lich in seinem Testamente der ihn überlebenden Königin Christine und verfügte, daß, auf den Fall des Ablebens oder der Verhin- derung derselben, der von ihm eingeseßte Regentschafts-Rath die Vormundschaft führen solle. Von den Personen, aus denen dieser bestand, sind seitdem der Kardinal Marcó y Catalán , der Mar- quis von Santa Cruz, der Herzog von Medina Celi und die beiden Räthe von Castilien, Puig und Caro mit Tode abgegan- gen. Im Namen der Ueberlebenden aber hat der Herzog von Haylen (Castaños) an die Cortes eine Schrift Übergeben, um die Vormundschaft in Anspruch zu nehmen, falls sie für erledigt er- élárt werden sollte. Hiergegen erheben sich jedoch die Machthaber des Tages fast einstimmig, indem die Personen, welche auf diese Weise zur Vormundschaft gelangen würden, nicht für aufrichtige Anhänger des herrschenden Systems gehalten werden können, und man überdies in der Ertheilung jenes Amtes an den De- putirten Arguëlles ein Mittel zur Aussöhnung zwischen Trinita- riern und Unitariern zu erblicken glaubt.

Der Jufant Don Francisco de Paula hat nunmehr unter dem 2sten d. von Paris aus ein Schreiben „an den Regenten der Spanischen Nation“ gerichtet, wor- in er zwar sorgfältig vermeidet , ihn direkt anzureden, ihm aber, der Spanischen Nation und sich selbst Glück dazu wünscht, daß die Regentschafté-Frage auf eine so erfreuliche Weise gelóst sey. Wenn aber der Jnfant in diesem Schreiben behaup- tet, der jebige Regent hätte „Spaniens Ehre und Unabhängig- keit, Constitution und Thron, Freiheit und Geseße von drohen- dem Schiffbruche gerettet“, so klingt dieses in dem Munde des Infanten etwas zu bescheiden. Denn Jedermann, und zumal Espartero, weiß hier, daß noch im vorigen Jahre jener ‘Prinz selbst gegen die damalige Regentin und gegen den bestehenden Thron Spaniens, und zwar vom Auslande her, alle nur denkba- ren Mittel in Bewegung sebte.

Im Uebrigen hatten manche Personen geglaubt, daß Espar- tero nach seiner Ernennung zum Regenten sich mit einer Art von Hofstaat umgeben und auf einem glänzenden Fuße zu leben an- fangen werde. Diese Vorausselung hat sih nicht bestätigt. Rathschläge in diesem Sinne hat der Regent zurückgewiesen und dadurch aufs neue bewährt, daß es ihm an einer tiefen Kenntniß des Spanischen National -Charakters nicht fehlt. Ein Grundzug desselben besteht in der Eifersucht, mit welcher das Volk auf die allgemeine Gleichheit, so weit wie wenigstens diese sich in der äußern Erscheinung darthun kann, hält. Alle seyen gleich elend oder gleich erhaben, das ist der Wahlspruch der Spanier. Wer es den Andern an Glanz zuvor thun will, wird sich nur ins Verderben stürzen. Aus diesem Mangel an allem äuße- ren Gepränge, ja in der Regel selbst an dem Schicklichen, schließen Fremde häufig auf allgemein hier herrschende Armuth. Nichts ist irriger. Der Reiche verbirgt hier, wie im Orient, seine Schäbe, um nicht den Neid seiner Mitbürger auf sich zu ziehen. So hat denn der Regent erklärt, er sey vor wie nah General Espartero und wolle als General leben. Er bewohnt noch das am Eingange des Prado und der Straße Alcala belegene Haus, welches zugleich der Siß der General-Jnspection der Provinzial- Milizen, und als solches die Wohnung des Generals Linage ist, und kaum ist dieses auf eine nothdürftige Weise eingerichtet. Jm untern Theile desselben befindet sich eine Wache von 16 Mann Garde-JZnfanterie und eben so vieler Kavallerie. Früherhin hatte Espartero aht Feld- Adjutanten, die unmittelbar den Dienst bei

igen der Aerzte nicht hat ge- Tajestäi ist nämlih mit einer

ihm versahen; jebt is ihre Zahl auf sechs beschränkt worden,

anntlich ist die junge Königin | el behaftet, dessen Heilung |

sich wie Fischshuppen ablösen |

und einer von ihnen, ein in England erzogener Sohn des in ben Nordprovinzen gefallenen Generals Gurrea, dient ihm als Pri- vat-Secretair. Die übrigen, jeßt Adjutanten des Regenten ge- nannt, können mit Kammerherren verglichen werden. Ihrer je zwei haben den täglichen Dienst im Vorzimmer des Negenten, und an sie wenden sich die Personen, welche bei leßterem Ee zu haben wünschen. Der Regent empfängt, wenn er zue e- \chäftigt ist, Jedermann ; selbst wenn er sich rasirt oder im n ten lustwandelt, ist er zugänglich, und alle Abende versammelt sich bei seiner Gemahlin eine Tertulia ganz auf Spanische Weise. Fúr Entgegennahme von Petitionen ist der Donnerstag bestimmt. Die Minister-Sißungen finden Abends neun Uhr, und nicht mehr im Königlichen Palaste, sondern in der Wohnung des Regenten statt. Espartero rauht ohne Unterbrechung Cigarren und verläßt sein Haus fast nie. Auf seinem Schreibtische liegen beständig Biographieen Napoleon's.

Die Truppen, die um die Hauptstadt zusammengezogen wa- ren, um úber die freie Lösung der Regentschafts-Frage zu wachen, haben nunmehr eine andere Bestimmung erhalten. Seit dem 1. Oktober v. J. bis Ende Márz sind 23,061 Mann aus der Armee getreten und seitdem noch 11,000 Mann verabschiedet worden, so daß die Stärke der Armee sch im Ganzen noch au 140/000 Mann Jnfanterie und 11,000 Mann Kavallerie beläuft.

Vorgestern ist der Marschall Saldanha von hier nach Lissa-

bon zurücEgereist.

L. Po.

Landsberg, 11. Juni. Wie die Wollmärkte in Breslau

und Posen vor dem bestimmten Tage ihren Anfang genomtnen

haben, so ist es auch hier der Fall gewesen, indem die Anfuhr

Wolle schon am Tten d. begann, täglich zunahm, und bis auf

wenige verspätete Quantitäten, die heute noch eintrafen, gestern

schon als beendigt anzusehen seyn dürfte. Ein großer Theil der

der Wolle ist beim Transport hierher von der regnerigten und stür-

mischen Witterung betroffen und aufgehalten worden. An Käu-

fern hat es nicht gefehlt, und {hon am Ven d. begann der Han-

del, welcher gestern mit Lebhaftigkeit fortgeseßt wurde und heute

beendigt werden dürfte, da außer den jeßt angekommenen Posten

nur noch sehr wenige lagern. Das Quantum der bis jeßt einge-

führten Wollen beträgt etwa 13,000 Ctr. und es sind nach den verschiedenen Sorten dieselben Preise wie in Breslau , nament- lich die feine Mittelwolle mit einem Aufschlage von 10 bis 15 Rthlr. der Ctr. bezahlt worden. Die Wäsche war fast durchgän- gig gut; einzelne Stämme nur wurden darin getadelt und obwohl mit Recht befürchtet werden dürfte, daß hier wie úberall , eine geringere Ausbeute der Schur, die nach dem größeren oder gerin- geren Futtermangel und nach der vorjährigen dürren Sommer- weide verschieden ausgefallen ist, und welche nah den Wahrneh- mungen und unverholenen Aeußerungen der Schäferei Besiber ungefähr 10 bis 20 pCt. betragen hat, auch eine Verminderung der Wolle ara Plake gegen voriges Jahr zur Folge haben würde, so haben wir uns dessen ungeachtet einer Zunahme an Zufuhr zu erfreuen grhabt.

Die Korn-Geseßgebung Englands und Frankreichs in ihrer geshichtlichen Entwickelung und ihrem politischen Charakter nach.

(Schl u ß. Vergl. die gesir. Nummer der St. Ztg.)

In Frankreich änderten sich während einer Periode von 300 Jahren, von 1455 bis 1764, die Korngeseße fast in jedem Augen- blié. Zur Zeit des Ueberflusses und der niedrigen Preise hob die Regierung das Ausfuhr-Verbot auf; aber zur Zeit des Man- gels wurde das Verbot mit der äußersten Strenge erneuert. Das Edikt von 1764 sollte dem Prohibitiv-System ein Ende machen. Da jedoch die schlechten Aerndten von 1769 und 1770 zu ernst- lichen Besorgnisjen Anlaß gegeben hatten, so wurde das neue Sy- sem aufgegeben und bis zum Jahre 1787 die Ausfuhr successiv erlaubt oder verboten, indem man theils auf das Edikt von 1764 zurúcéfam, theils auf administrativem Wege dies bewirkte. Die Erklärung vom 7. Juni 1787 nahm die Freiheit des Getraide- Handels im Prinzip an, aber ein Beschluß vom folgenden Jahre verbot überhaupt die Ausfuhr von Französischem Getraide. Nach einigen anderen Veränderungen wurde die Ausfuhr aller Ge- traide- Artendurch das Dekret vom 10. September 1789 verbo- ten. Hierauf erschienen die gewaltsamen Maßregeln des Kon- vents, das im Jahre 1797 von dem Direktorium erlassene Ge- se, die Dekrete des Kaiserreichs und zuleßt blieb die Ausfuhr bis zum Jahre 1820, wo Getraide in geringen Quantitäten aus Frankreich ausgeführt wurde, suspendirt. Die einigermaßen ra- tionelle Getraide-Geseßgebung beginnt erst nach dieser Zeitz indem namentlich allmälige Aenderungen endlih das Geses vom Jahre 1832 herbeiführten.

Dies sehr komplizirte und auf mehrere frühere Bestimmun- gen gestüßte Geseß eignet sich nicht gut zu einer Analyse; wir wollen daher nur den Geist und die Haupt - Klauseln desselben herausheben, indem wir uns auf einige Beispiele stüßen. Frankreich ist für die Erhebung der Getraide-Zölle in vier große Klassengeth eilt In jeder dieser Klassen giebt es Normal-Märkte (Marchés régu- lateurs), welche in jedem Monat die Elemente der offiziellen Preise liefern. Der auf den Normal-Märkten festgeseßte Preis des eine heimischen Getraides dient für sich allein dazu, die Ein- und Aus- fuhr aller Getraide- und Mehl-Arten zu reguliren. Das Verbot der Ein- und Ausfuhe existirt nicht; es ist durch eine Reihe von Zöllen ersekt, die nicht nur nah den Getraide - Arten, sondern auch nach der Bewegung des Steigens und Fallens der Getraide- Preise veränderlih sind. Wenn also der Preis des einheimischen Getraides sich auf den Normal- Märkten vermindert, so ist das aus dem Auslande kommende Getraide und Mehl bei der Eín- fuhr in Frankreich einem Zolle unterworfen, der um so mehr steigt, je niedriger die Preise im Jnnern sind, während in dem- selben Falle eine successive Herabseßung der Ausfuhr - Zölle für unser Getraide eintritt. Wenn dagegen der Preis des einheimi- chen Getraides auf denselben Märkten steigt, so sinkt allmälig der Eingangs - Zoll, während die Ausfuhr einem immer höheren Zoll unterworfen wird. Einige Beispiele werden zeigen, wie diese Zölle festgestellt worden sind.

1) Einfuhr auf Französischen Schiffen und zu Lande. Sobald der Preis des einheimischen Getraides auf den Normal- Märkten úber

26 Fr. in der ersten Klasse,

24 » » » zeiten »

2 » »% D S

20» 19) vitttett 9 beträgt, ist die Einfuhr des Getraides einem festen Zoll von 25 Cent. für das Heetolitre“) unterworfen. Mit jedem Franken,

°) 1 Hectolitre = 1 Scheffel 13 Megen Preuß, Maf.