1841 / 195 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

j |

Wett M A E

inde in die Hände zu arbeiten. Man sagt uns, went die dit uicht über 30 betrage, so fönnten die Pächter nur immer ihren Pflug in Brand stecken ; denn die Whigistisch-radikalen Minister würden in diesem Fall bald wieder thren Weg ans Ruder zurükfinden. Das if reiner Unsinn. Eine Maiorität von 60 Stim- men fann cin Ministerium nicht besser schüßen gegen die willkürliche Ausúbung der Prärogative der Krone, als eine von 30; und ohne eine solche Jutervention der Prärogative könnte es den Whigs nicht gelin- gen, wieder ans Ruder zu kommen, bis die Maforität, sie möge nun 60 oder 30 Stimmen betragen, sich in eine absolute Minorität ver- wandelt hätte. Wir fürchten keinen von beiden Fällen. Die Könt- gin wird, davon sind wir Uberzeugk - niemals einen ungeztemenden Gebrauch von ihrer Prärogative machen, und Sir Robert Peel wird nicht zu der gewaltsamen Maßregel einer zweiten Parlaments Auflò sung in diesem Jahre oder zu irgend einer anderen ähnlichen Thor- heit, würde sie auch vom ,„Standard// empfohlen, seine Zuflucht neh- men und der Krone dadurch Gelegenheit zu ciner solchen Verände rung des Ministeriums geben, die sich das Land am Ende gefallen lassen möchte. Noch weniger, wenn hier von einem Wenti- ger die Rede seyn kann, if es wahrscheinlich, daß Sir R. Peel's Majorität unter die Zahl derienigen Mitglieder heravsinken follte- die jeßt als scine verbúrgten Anhänger gewählt werden, er müßte denn selbs! von den konservativen Grundsäßen abweichen. Glaubt zum Beispiel irgend Jemand, daß die Agrikultur-Whigs, so ungern fte auch thre Partei verlassen haben mögen, als dieselbe ans Ruder war, besonders bemüht seyn werden, sie geradezu deshalb wieder ans Ruder zurückzubringen, damit ste die Korngeseße aufhebe? Nichts ist einleuchtender , als daß es cine beträchtliche gemäßigte Partei geben muß, die aus Männern besieht, welche jeßt von den ministeriellen Blättern unter den allgemeinen Titel als Reformer mit rubrizirt werden, auf die aber cin fonserva- tives Ministerium als auf cine eventuelle Verstärkung seiner Reihen rechnen kann. Doch wenn wir schon erstaunten, unseren Kollegen, ‘den „Standard//, hierüber im Lon cines Allarm \chlägers sprechen zu hdren, so war unsere Verwunderung, wir häât- ten fast gesagt Entrüstung, noch größer, als wir in seiner gestri gen Nummer Anfichten ausgesprochen fanden, gegen die wtr aufs emphatischste protestiren müssen, Ansichten, die auf cin gänzliches Vergessen der Ereignisse von 1829 und 1830 hinzudeuten scheinen, ein Vergessen, das an sich schon auffallend wäre, bei dem Organe, von wo es kommt, im hdchsten Grade auffallend istt, Was führte den Sturz der alten Tory-Partei im Fahre 1830 herbei. Was anders , als der im Fahre vorher von dem Herzog von Wellington und Sir R. Peel gemachte Versuch, nicht mit, sondern troß thren Gruttd- säßen zu regieren, —die unglückliche Einbildung,daß es besser sci, sich zum Werkzeug der Durchführung einer von ihnen getadlten unvermeidlichet Maßregel zu machen, als dieselbe der Verantwortlichkeit und dem Ruhm ihrer Gegner zu überlassen? Sir R. Peel wird natürlich das Amt annehmen und natürlich auch, wie es jeder andere rechtliche Staats- mann thun würde, im Amte bleiben, so lange cine, wenn auch noch so geringe Majorität zu Gunsten seiner Maßregeln und seiner Grundsäße vorhanden ist, aber nicht cinen Augenblick länger. Ohne die Macht, ein guter Minister zu seyn, wird er muß er und kann ee nichtMi nister werden oder bleiben. Ec wird kein unrechiliches politisches Verfahren einschlagen, unter dem jämmerlichen sophistischen Vorwande, daß es un- vermeidlich sey. Er wird seinen Whig-Vorgängern nicht darin nachahmen, daß er das Ackerbau - Înteresse oder irgend andere Institutionen oder Interessen, ganz oder theilweise, gegen seine innere Ueberzeugung, zum Dpfer brächte, um sein Gehalt fortzubezichen und seine Patronats (Bewalt zu behalten. Wäre er einer solchen Verblendung und Ge meinheit der Gesinnung fähig, #0 würde er gaitz und ggr unfähig seyn, unter irgend welchen Umständen weise nnd patriottïch_ zu han deln, und scine Majorität, sle möchic sich guf 30 oder 300 Slimmen belaufen, würde bald wie Sand zerrinnen. Wir wenigstens mdchten unter solchen Bedingungen uns nie zu seinen oder irgend Femandes Anhängern zählen lassen.//

Mit der Wiedererwählung des Lord Morpeth, Secretairs fúr Jrland, und des Lord Hovick, Sohnes des Grafen Grey, der sich auch vor seinen Konstituenten ganz Zu Gunsten der ministe: riellen Handels - Reformen, besonders des festen Getraidezolles, ausgesprochen hat, steht es noch sehrr mißlih. Dagegen ist Lord Stanley für Nord-Lancasterschire ohne Opposition wiedergewählt worden. Bekanntlich gehörte dieser Staatsmann zum Greyschen Ministerium, und er suchte nun in seiner Wahlrede zu zeigen, daß et, troß seines jeßigen Verfahrens, fich immer kon sequent bewiesen habe, und seit neunzehn Jahren feiner öffentlichen Laufba hn, seinem Gewissen und seiner Pflicht gefolgt sest. Mit großer Schärfe sprach er über die Unfähigkeit und Uebereilung des Ministeriums, welches er als in den leßten Zügen liegend ansah, weshalb er nach dem Grundsaß de mortuis nil nisi bene lieber gar nichts weiter von ihm sagen wolle, da er doch nichts Gutes von ihm lagen Fönne, Der Redner ging hierauf auf die dre! großen Maßregeln ein, welche zunächst die Auflósung des Parlaments herbeigeführt hoben, wobei er sich gegen den Verdacht egoistischer Tendenzen als Grund- besißer verwahrte: denn erstlih sey sein Grundbesiß ganz in der Nähe der Manufaktur-Distrikte belegen, und zweitens wären die Juteressen des Grundbesißers und des Fabrikanten einander gar nicht entgegengeseßt, sondern nur durch eine unverstandige Re- gierung gegen einander geheßt worden, Das Geschrei nach freiem Handel erschien ihm ganz illusorisch, da es sich ja nur um gerin- gen Vortheil für die Konsumenten, aber um großen Nachtheil far die Produzenten handle. q

¡„Angenommeit,// sagte der Redner unker Anderem, „es wurde der Preis dés Centners Zucker um 18 Pence herabgeseßt, so würden höchstens die Krämer, aber nicht die Konsumenten dabet geroinnen. Als Beispiel führe ich nur die Abgabe von Leder an, bei deren Auf- hebung der Staat viel verloren hat, während doch fein Mensch wohlfeilere Schuhe trägt. Ueberdies würde die Herabsebnng der Abgabe von auswärtigen Zuckern für Westindien verderblich seyn, und 800,000 Reger, die mgn für 20 Millionen Pfd. St. freigekauft,- zu einex Race von Faullenzern heranbilden, während ste cben an- fangen, sich an Fleiß zu gewdhuen. Hätten die Minister noch vorgeschlagen, die Abgabe von Kolonial- und auswärtigem Zucker E P R herabzuseßen! Nein, im Gegentheil! Die Abgabe von ersterem soll beibehalten, die von leßterem herabgeseßt, alsó das Ausland auf Kosien unserer Landsleute begünstigt werden. Roch \chlimmer verhält es sich mit dem Bauholz. Kommt es aus der Ostsee / so will man die Abgabe auf 40 bis 45 Sh. reduziren ; kommt es gus Kanada, sie dagegen um bis 20 Sh. erhdhen ; und das nennt man ein fceies Handels-System! Das Ganze ist nichts als eine finanzielle Spekulation , um durch die erhdhten Ein- fuhrzdlle 1,700,00 Pfd. jährlich zu erhalten, obgleich auch dann noch 700,000 Pfd. ungedeckt bleiben , wie der Kanzler der Schaßkammer chrlih eingestanden hat. Die Minister sollten sich \{chämen, dic schwache Seite des Landes so vor dem Auslande herauszukehren.//

Was die Korn -Frage betrifft, #0 behaupte ich, daß durch ‘den siéhenden Zoll von 8 Sh. der Grundbesißer die Hälfte, jg vielleicht drei Viertheile scines Pachtzinses der Pächter dagegen einen großen Theil seines Kapitals verlieren würde. Abgesehen von den Rachthei len, die aus den Einschränkungen der hdheren Stände enlstehen müß

ten, so wüaden die niederen Stände nichts dabei gewinnen, denn mit |

/

den Preisen der Lebensmittel wúrde auch der Tageslohn sinken. Be

sonders aber is die totale Umwälzung zu bedeuken, welche die Ver- änderung der Korngeseße in den Sitten und Gewohnheiten der Bevblkerung erzeugen müßte; ein großer Theil des Nano j dleuts gleichsam

als wenn ste Maschitten wären, gebieten - sich ihrer gesunden ebenswcise zu «ntaneecra und in dem Ruß und dem Dunst der f Die Neuerev

würde eingehen. Kann man aber den Landleuten -

abrifstádte cinen kärglichen Unterhalt zu suchen?

dgen immerhin kalt über solche Rüsichten hinweggchen; als e und Gesehgebex erachte ich es für meine Pflicht, den La

|

856 mann zu beshüßen. Zum Ueberfluß aber läßt sich noch dazu nach- weisen, daß der ganze Gewinn für die Konsumenten im Durch- schnitt nur 3 Sh. auf dén Quarter betragen würde. Allerdings is es wünschenswerth, unseren Fabrikanten neue Absaßmärkte zu erdff- nen, nur darf dies nicht auf[Kosten unseres ersten und besten Mark- tes, nämlich Englands selbst, geschehen.//

__ Schließlich tadelte Lord Stanley die Minister, weil sie o rein prâftische Fragen durch einen Aufruf an die Leidenschaften der „Menge entstellt und den Zeitpunkt finanzieller Verlegenheit gewählt hätten, um Schritte zu thun, die sih niht zurückthun ließen. n

Jn Warwick haben die Wahlen ernste Exzesse herbeigeführt, wozu insbesondere der Umstand den Anlaß gab, dâß der gewählte J hig- Kandidat, Herr Dovor, gleich nach beendigter Abstimmung, angeblich für eine ansehnliche Geldsumme, auf seinen Posten Ver- zicht leistete. Die hierüber höchst aufgebrachten Chartisten ver- sammelten sich Abends auf dem Marktplaße, wo mehrere Redner den Haufen noch mehr aufreizten , der nun vor das Wirthshaus zog, in welchem sich Dovor befand. Mit einer Pistole und eïnem Sabel bewaffnet, wehrte er sich verzweifelt und verwundete mehrere seiner Gegner; zuleßt jedoch unterlag er, wurde furchtbar mißhandelt und an der Erde hin bis zur Brücke ge- \{leppt, wo ihn aber mehrere Bekannte befreiten. Die Polizei eilte ebenfalls herbei, nahm ihn, troß des auf sie fallenden Stein- regens, in Schuß und brachte ihn nach cinem Hotel, wo man seine Wunden verband. Als die unteren Klassen erfuhren, daß Dovor mehrere Menschen verwundet habe, strömten sie in Massen heran, und die Nuhe konnte nur durch Verlesung der Aufruhr- Akte und Herbeirufung der bewaffneten Macht hergeskellt werden. Einige Personen wurden verhaftet, und die Justiz hat ihre Un- tersuchungen begonnen, Dovor wird im Stadtgefängnisse be- wacht, da fortwährend große Gährung herrscht.

Man trifft schon jeßt Anstalten zu der Reise des Prinzen Albreht nach Deuktschland, auf welcher Se. Königliche Hoheit von einem großen Gefolge begleitet seyn wird.|

Dèm Dublin: Journal zufolge, liegen in Jrland noch 5,710,000 Acre Land wús, worunter 2,830,000 Acre Moorland | sind, Mit dem nöthigen Kapital wäre ein großer Theil dieses | Feldes urbar zu machen und Tausenden von nothleidenden Fami- | lien zu helfen, / | Auf den Jnseln Sheppey und Grain sollen jeßt die Befestki- gungen zur DeckEung der Schiffswerfte von Sheerneß ausgebaut werden. Das Werft Miltown soll ebenfalls durch starke Batte-

| rieen gedeckt werden.

Das ganze Quantum des vom 1. Januar 1840 bis zum 30, April 1841 eingeführten Watizenmehls beläuft sich auf 2 613,266 Quarter, wovon die Abgabe 1,009,025 Pfd. St. betrug.

Bon den Englischen Grönlandsfahrern sind sehr günstige Nachrichten eingegangen. Neun Schiffe haben bis zum 4, Mai uber 16,000 Robben gefangen.

Briefe aus Florenz vom 25. Juni widerlegen das Gerücht von dem Tode der Catalani.

__ Der Schornsteinfeger - Bursche Jones, bekannt wegen seiner häufigen ungebührlichen Besuche im Buckingham-Palask, war, nach Ablauf seiner Strafzeit, der Haft entlassen worden, licß sich jedoch | bald darauf abermals in der Nähe des Palastes sehen. Die Po- lizei hat ißn daher wieder festnehmen und an Bord des „Diag- mant“, eines nach Australien segelnden Schiffes, bringen lassen.

Schweden und Norwegen.

Stoccktholn, 6. Juli. Die sogenannten Wasserschuße oder Schwimmschuhe, die indessen ziemlich uneigentlich Schuhe ge- nannt werden, haben Aehnlichkeit mit zwei sehr schmalen, vorn und hinten spißigen Booten, jedes mit einem Verdeck, und sind durch ein paar Queerbölzer mit einander verbunden. Die „Statlstid- ning“ vom 3ten liefert darüber folgenden Artikel: „Eine von Lieutenant Hödckenberg erfundene Weise, vermittelst zweier in der Breite, mit einem Zwischenraum von einer Elle, zusammengefüg- [ten langen und schmalen sogenannten Wasser - Skidor, am âhn- lichsten kleinen bedeckten Kähnen, in stehender Stellung auf dem Wasser zu fahren hat hier, wie aus anderen Zeitungen schon # befannt is, allgemeinere Aufmerksamkeit auf fich gezogen, und mehrere mit diesem Apparat ausgeführte, wohlgelungene Experi- mente sind der Gegenskand eines starken Andrangs von Zuschauern geworden. Die Bucht des Thiergartens ist ein paarmal der Schauplaß dieser Uebungen in Gegenwart einer unzähligen, auf den Ufern und Anhöhen gruppirten Volksmenge gewesen. Auch die Königl. Familie hat den gedachten Experimenten zugesehen. Die Benußung der erwähnten Werkzeuge ist so leicht, daß dazu bloß ein einigermaßen rascher und gewandter Mann erfordert wirdz sogar ein behendes junges Weib bewies gestern Abend, wie sie solche mit vdlliger Gewandtheit behandeln konnte. Herr Hdd- kenberg soll ein Patent auf seine Erfindung nachgesucht und er- halten haben, bei dessen Mittheilung in dieser Zeitung eine voll: stándigere Beschreibung aufgenommen werden wird,“

E E R R E E e me U Uin E E T T

Dánemar?.

Kopenhagen, 10. Juli, Heute haben der Erbgroßherzog von Mecklenburg-Streliß, Herzog Gustav von Meklenburg-Schwe- rin, Prinz Friedrich von Hessen und Prinz Christian von Schles- wig- Holstein, Sonderburg-Glücksburg eine Lustreise nach Frederiks- borg, Fredensborg und Helsinadór, so wie von da nach Helsing- borg, Ramlósa und Kullen in Schweden angetreten, von wo fie hierher am Dienstage zurückehren werden,

Deutsche Bundesstaaten.

Múünchen, 10, Juli. Die Münchner pol, Zeitung sagt: „Se. Majestät der König haben geruht, dem gegenwärtig sich hier aufhaltenden Pfarrer der katholischen Gemeinde in Lon-

don, Priester Doyle, die Allergnädigste Bewilligung zu ertheilen, daß derselbe zum Behufe des Baues einer fatholischen Kirche in London bis zum Ende des Monats September l. J. bei dem Adel und den wohlhabenden Einwohner: Klassen Beiträge sammle, zugleich aber diese Sammlung mit einem Geschenk von 1000 Fl. aus Allerhöchstißrer Kabinets - Kasse zu érôffnen. Auch haben Se. Majesiät der König Allergnädigsk zu bewilligen geruht, daß zur Unterstüßung jener unglüctlichen Priester Spaniens, welche um ihrer Anhänglichkeit an ihre Kirche und an ihren König | willen júngst genöthigt waren, ihr Vaterland zu verlassen, und | nunmehr von großer Noth bedrängt in fremden Ländern, nament- | lich in Frankreich herumirren, beiden katholischen Unterthanen | des Königreichs eine Sammlang von milden Beiträgen veranstal- tet werde, Se. Majestät der König haben die fragliche Samm- lung mit einem Beitrag von 1000 Fl. aus Allerhöchstihrer Ka- binets - Kasse zu erdffnen geruht.

. Hanñover, 12, Juli, (Hannv. Zt) Se, Majestät der König von Préußen haben dem Ober-Hofbaurath Laves hierselbst, in Anerkennung seiner Verdienste um die Baukunst, als Erfinder

nd- | des neuen Constructions - Systems für Brücken !c,, durch Aller:

herrn von Cani6, eine fostbare goldene Tabatière mit Brillanten und der Königlichen Chiffre zustellen lassen.

Darnmistadt, 12. Juli. (Hess. Ztg.) Ludwig Tieck, der hochgefeierte Dichter und Kritiker, dem deutsche Kunst und Poe- sie so viel verdanken, ist am 10ten d. úber Karlsruhe und Hei- delberg hier angekommen und im Hause des ihm längst befreun- deten Geheimenraths Hallwachs abgestiegen, Der romantische Genius Ties, das edle, lebensfrische Gemüth dieses herrlichen Dichters zählt der Freunde Viele in unserer Stadt, denen seine Werke manch edlen Genuß schufen. Darum erregte seine Anwe- senheit auch die herzlichste Theilnahme. Gestern Abend nament- lich sammelte sich ein größerer Kreis seiner Verehrer um ihn, de- nen er die Freude der Vorlesung eines Shakspeare’schen Stückes machte. Der treffliche Vortrag des greisen Dichters, der Aus- druck, die Kraft und das Leben, mit deñen er den Geist des un- erblichen Dichters erfaßte und seinen Zuhdrern wieder gab, die Einfachheit, das {bne Ebenmaß, die vollendete Harmonie, die in dem Ganzen herrschten, erregten allgemeine Bewunderung und machten den größten Eindruck auf Alle, die so glúcklich waren, ihn zu hóôren. Verskärkt wurde dieser Eindruck, als jeßt das Werk eines andern großen, Tieck verwandten Geistes erschallte— die treff- lich vorgetragene Ouverture von Weber?s Oberon! Tiecks Ver- ehrer hatten eine Nachtmusik vor dem Hause veranstaltet, Der Gefeierte erschien auf dem Balkon und ein Lebehoch erschallte : „dem edlen Tieck, dem eht Deutschen Dichter!“ das immer von neuem sich wiederholend, wie nan wohl hörte, aus innerskter Seele die Liebe und Verehrung des in edleren Sphären wirkenden, wahrhaft nationalen Dichters aussprach, und feinen Ruhm weitschallend durch die- stillen Räume der Nacht aus be- geisterter Brust verkündete! Gerührt erwiederte Tieck Worte des Dankes für so viele Liebe und Theilnahme, und fügte bei, daß er diesen shbönen Abend in Darmstadt nie vergessen werde! Tieck wird uns heute noch verlassen und sich zunächst nach Potsdam und Berlin begeben, wo, ein erhebendes Schauspiel für die Na- tion, ein großer König Deutschlands große Männer um sich sam- melt, Stolz dürfen wir aber darauf seyn, daß nicht blos das Vaterland seine ausgezeichnetsken Männer also ehrt, sondern daß auch das Ausland ihre Verdienste anerkenut, Tieck erhielt, wäh-

rend feines Aufenthaltes in Baden, von Sr. Majestät Ludwig Phiübp, de Kd mo Nov Torf 8 Kreuz p (Fapron-o y Philipp, dem Könige det Franzosen, das Kreuz der Ehren-Legion, mit einem höchst verbindlichen Schreiben Guizot?s eine ersreu- liche Erscheinung in so manchen betrübenden Wirren dieser Zeit!

Hefsterreich.

ISieu, 11. Juli. (Wiener Ztg.) Se. Kaiserl. Königl. Apostol, Majestät haben die Stiftsdame des Königlich Bayerischen Damenstistes zu St. Anna in München, Fany Gabriele Freyin v. Talbot, in den Grafenstand des Oesterreichischen Kaiserstaates erhoben,

E Wien, 10, Juli, Die vielfach besprochene Abreise des Fürsten Metternich nach Bbhmen und an den Rhein ist nun de- finitiv auf übermorgen festgeseßt, Die Familie und ein Theil der Dienerschaft Sr. Durchlaucht reisen bereits morgen ab, Der

S

Y Monaten, steht leer und verddet; kaum daß ein

Fürsk wird sich acht Tage in Plaß aufhalten, wo er große Eisen- werke besißt, sodann sich nach Königswoart, und in der zweiten Hâlfte Augusts nach dem Johannisberg begeben. Mehrere Personen von Distinction, darunter Herr von Tatitscheff , Lord und Lady Beauvale, Graf Senft u. A., werden in Königswart als Gäste erwartet. Auch der Johannisberg dürfte, wie dies bei. allen An- wesenheiten seines Besikers der Fall ist, der Sammelplakß einer ausgezeichneten und glänzenden Gesellschaft werden. Den Fürsten begleitet wie gewöhnlich eine Abtheilung der auswärtigen Section der Staatskanzlei, Die Fürstin Tallcyrand hat sich zu ihren Berwandten nach Sachsen begeben. Der Königl. Sardinische Gesandte, Graf von Sambuy, ist nach den Bädern von Recoaro im Benetianischen abgereist. Heute hatte die Gemahlin des Yieapolitanischen Gesandten, Frau von Ramirez, die Ehre, durch die Grâfin Sambuy bei Hofe vorgestellt zu werden. ZJhre Kaiserl, Hoheiten der Erzherzog Franz Karl und die Erzherzogin Sophie werden mit dem heutigen Linzer Dampfboote erwartet.

A Wien, 11. Juli, Zwei große Bankerotte beschäftigen seit einigen Tagen die hiesige Welt und besonders unsere Börse, edie dadurch in mannigfache Berlegenheiten gebracht wird. VBor- gestern war es das Haus Steiner u. Comp. zuleßt haupt- Machlich bei den Actien der Warschau- Krakauer Eisenbahn interes: irt und gestern das Haus Geymüller u. Comp., dessen Me allissement Alles in Bestürzung seßte. Besonders das leßtge- Miannte Haus hat die Theilnahme der Börse in Anspruch genom- men, Der Chef desselben, Freiherr von Geymüller, isk zugleich Direktor der Bank und genießt persönlich ein großes Ansehen. Medeutende Summen waren von anderen Handlungshäusern an- éboten roorden, um das gedachte Haus zu unterstüken ; da diese edoch noch lange nicht zureichend erschienen, so mußte der Ban- Ferott deklarirt werden,

X Zie, 8. Juli, Mit den verhallenden Klängen der Ftaliänischen Öper verstummte das Geräusch der Saison, wo sich dieses noch, in den leßten Wochen spärlich genug, in den Stra- ßen, Theatern und Salons kund gegeben hatte. Die vornehme Welt ist nach allen Richtungen entflohen, kaum daß man noch hie und da einer jener stehenden Salon-Vestalten begegnet; eben so selten sind die ihrer Eleganz wegen weltberühmten Wiener Equipagen geworden, wo man noch eine oder die andere gewahrt, rolle fie sicher dem nahen Hießing zu, welches jeßt der Sammelpunkt der zurückgebliebenen hohen Gesellschast ist, i oder entfúhrt die Eigenthümer nach nahen und fernen Land- * fißen, Der Prater, so fröhlih belebt in den Frühlings - j ( einzelner F Fußgeher, träumend oder lesend, etwa ein Studiosus oder pen- E sionirter Beamter, in den endlosen Baumgäângen erblickt wird. ENoch zu Anfang des Jahrhunderts war der Prater das ganze Zahr hindurch der ausschließliche Vergnügungsort der Bewohner Wiens. Jm Winter durch die damals beliebten Schlittenfahr- Men belebt, in den úbrigen Jahreszeiten für Fußgeher, Reiter- und

Fahrende ein immer gesuchter Tummelplaß. Die Wiener „Bak- uühner“ erlangten in den zahlreichen Garküchen des „Wurstelpra- ters“ ihre flassische Berühmtheit, während der „Nobelprater“ sich Der ungetrübten Gunst der vornehmen Welt zu erfreuen hatte. Bn den drei leßten Jahrzehnten haben sich die Sitten bedeutend : eandert. Es genugt nicht mehr, ein paar Stunden der Abend- ühle in den nahen Auen zu genießen, Jn den oberen und mitt- leren Ständen wurde ein der Stadt möglichst nahe gerüdcktes Landleben zum Bedürfniß. Die im Süden und Westen Wiens an den malerischen Bergabhängen gelegenen benachbarten Ortschaf- tên wuchsen in fabelhafter Schnelligkeit und nehmen gegenwärtig zwischen Mai und Oktober fast alle nux einigermaßen wohlhaben-

höchstihren Gesandten am hiesigen Hofe, General-Major Frei-

den Familien auf. Bis zum Kleinhändler und niederen Beamten sucht Jeder ein Hâuschen und ein Gârtchen, oder doch einen An- theil an beidem für die Seinigen zu erschwingen, wo dénn auch der Familienvater, aUs der Stadt zurückehrend, den mühevollen Tag, der Grüne genießend, in abendlicher Kühle zu Grabe trágt. In hygienischer Beziehung kann diese Sitte nur vortheilhaft einwir- fen. Jn der That, besteigt man Abends eine der nahen Berghöhen, so gewahrt man úber der ungeheuren Hauptstadt eine dichte MNebel- \chicht, aus welcher nur die Thürme und Kuppeln_ emporragen, oder die von den Abendstrahlen glißernden Fensterreihen der Basteien durchblißen. Zn den nahen und hochgelegenen Dörfern Hießing, St. Veit, Döbling, Grießing u. s. w. herrscht aber eine herrliche erquickende Luft, während das Auge sich einer üppigen Vegetation und malerischen Landschaft zu erfreuen hat. .

Wer mittlerweile in der Stadt durch Beruf oder sonstige Berhaltnisse zurückgehalten wird, klagt über Hiße und Lange- weile und sucht Abends im Bolksgarten, wo Strauß zweimal die Woche spielt, und in Dehne's Eisbude Kühlung. Zudem hat er den Bor- theil, bei der Seltenheit der eleganten Fiaker, des beliebten Fuhowerks unserer jungen Herren, auf dem spiegelglatten Pfläster seines Lebens sicher einher zu gehen. “Denn außer den schwerfälligen Omnibussen, welche den Verkehr mit dem Lande unterhalten, sstdßt er nur auf Karren und Leiterwagen. Die Mehrzahl der Diplomaten ist in- deß noch anwesend, erwartet aber nur die bevorstehende Abreise des Staats - Kanzlers als Loosung zum Aufbruche. Für sie, s0 wie für die noch in ien befindlichen Personen der Gesell schaft, ist der Salon des Fürsten am Rennweg eine unschäßbare Ressource. Jeden Abend versammelt sich dort ein durch Stellung, Geist und fonstige Bedeutsamkeit ausgezeichneter, „Sleis uberragt Und do- minirt durch die Persönlichkeit des Fürsten, der meist in spater Nachtstunde, die Geschäfte verlassend, immer doch ungetrübte Heiterkeit und eine alle Znteressen des Lebens umfassende Seiskcs- frische aus dem Kabinet in den Salon hinüberbringt. |

Gestern und vorgestern ward der Brigitten- Kirchtag in her- foömmlicher Weise bei günstigem Wetter gehalten, Die Veranlas- sung ist befannt. Jm dreißigjahrigen Kriege hatte sich ein Schwe- discher Heereshaufe bis in jene nahe Aue (die Brigitten-Aue) ge- wagt, wurde aber dort von den Wiener Bürgern frâftig empfan- gen und zurügeworfen. _Die Feier dieses Tages ist unseren nie- deren Klassen, was der Corso den Römern lf. Als es vor eini- gen Jahren hieß, die Aue werde einem Handelshause zur Anle- gung industrieller Wetfjtätten verkauff, war die Trauer, ja Be- ftürzung allgcmein, Der Plan, wenn er wirklich gehegt worden, fam nicht zur Ausführung und der Heldenmuth unserer Bürger wird nach wie vor gefeiert, Gestern waren viele Tausende ver- sammelt: auf der weiten Wiese ein chaoti\ches Getwoirr von La- gernden, Tanzenden, Trinkenden (mitunter auch Bectrunkenen), Essenden, Rauchenden, Singendéen, Jauchzenden, alles Menschen aus dem Volke, und dabei nirgend eine Spur von Excessen, nirgend ward das Auge durch eine derbe Anstößigkeit, nirgend das Ohr durch ein ungezügeltes Wort beleidigt, nur dle Riech - Organe wurden von dem dichtem Tabacksqualm in einer schweren Bier- Atmosphäre arg mitgenommen. Jnmitten dieser lustizen Srup- pen von mehreren Tausenden reichte eine Hand voll Polizeidiener hin, die seibst mehr zur eigenen Belustigung aufgestellt schienen die Ordnung aufrecht zu erhalten. _Und doch gilt dieses Brigit- ten- Kirchweihfest für eine Orgie, für eln wahres Bacchanalium ; aber mit den Bals Musards, mit der chaumiéere verglichen, is es eine Schule des Anstandes und der S:ittsamkeit,

Jtalien.

Rom, 2. Juli. (A. Z.) Gestern Nachmittag verließ der heil. Vater den Vatican und bezog die Päpstliche S@ommer-Resi- denz, den Quirinal auf Monte Cavalo, wo er noch gestern Abend und heute früh mehreren ausgezeichneten Personen Audienz er- theilte. Sollte der Papst wieder nach Castel Gandolfo zichen, so wird dies jedenfalls nicht vor dem Monat Oftober geschehen, Der Papst soll nach selnen eigenen Aeufierungen fich hier in Rom so wohl befinden, wie er es in jenem Land schloß kaum besser er- warten kdnntez schon sein rüstiges und gesundes Aussehen bürgt dafür. Der gelehrte Bischof von Montreal, Mons. J. Bour- get, ist aus Kanada hier in einer eigenen Mission eingetroffen. Die gefängliche Einziehung eines bekannten und talentvollen Römischen Arztes Macchielli durch die Jnquisition hat Aufsehen in der ganzen Stadt erregt, zumal man sich hier nicht erinnert, daß ein Bürger vor dieses Tribunal gezogen worden wäre, Man führt an, jener Arzt soll durch rohe und freche Aeußerungen längst viel Aergerniß gegeben haben. Seit heute genießen wir wie mit Deutschland und Neapel nun auch mit Toscana, dem nord: westlichen Jtalien, so wie mit Frankreich und England den ver: mehrten täglichen Poskenlauf. Auch is eine Diligence-YVerbindung von hier nach Florenz und von dort mit Bologna ins Leben ge- treten, durch welche einem längst gefühlten Bedürfniß zwischen beiden Hauptstädten abgeholfen ist. Die Diligence über Terra- cina nach Neapel is von hiefiger Seite bereits im Gange, neben der schon länger bestehenden über Ceprano,

Spauïten,

© Madrid, 3. Juli. Seit drei Tagen gewähren uns die Sißungen des Senates ein unerwartetes, erhebendes Schau- spiel, Die Heiligkeit des Rechtes, die den Gefühlen eines müt- terlichen Herzens, die dem Unglücke, ja selbst die einer Konigin schuldige Achtung, finden in ihnen ihre beredten, muthigen Schuß- redner, und was noch unerwarterter ist, diese hier längst nicht mehr gehörten, früherhin nur mit Hohn und Mißfallen aufge- nommenen Ergießungen loyalgesinnter Gemüther fanden lauten Anklang bei der ihnen lauschenden Menge. Möge die Majorität dex Cortes, - indem sie der Königin Mutter die Bormund- schaft úber ihre Töchter entreißen, eine Dornenkrone auf Chri- stinens Haupt seßen; die Dornen werden sich abstumpfen an dem Kranze, welchen die ehrwürdigsten Männer des Senates, die Schußredner der heiligsken Rechte, hineinflechten, Wer den Giß- ungen des Senates in den- leßten Tagen beigewohnt hat, wird

- fich nur mit Mühe Rechenschaft darüber abzulegen wissen, wel-

chem der Senatoren, die zu Gunsten der Königin Chrifline das Wort nahmen, der Preis zu ertheilen sey. Sie alle erfüllten die

‘erhabene Pflicht, die heiligsten Güter der Menschheit zu verthei:

digen, auf eine Weise, die nichts zu wünschen übrig läßt; den rößten und auf die Feinde des Rechts den empfindlichsten Ein- druck machte jedoch der vorgestern von dem Senateur Carvasco gehaltene Vortrag, indem er den Heuchlern die Larve mit kühner Hand entriß. „Man hat behauptet, sagte ex, -die Güter der Köni- in JZsabella seyen verschleudert worden. Jch nehme diesen andschuh auf, so schmußig er auch ist, Jhr könnt einer ver- lassenen Mutter die Vormundschaft über ihre Töchter entreißen, denn ihr seyd mehr: als wir; aber ihr vermögt es nicht, obgleich ihr uns an Zahl überlegen seyd, der Königin ungestraft ißye Ehre zu rauben, Sollten jene Beschuldigungen hier erneuert twerden, so werde ih fdrmlich darauf antragen, daß der durch die Regent:

schaft ernannten Ánventarien - Kommission, einige von der Köni- gin Marie Christine zu bezeichnende, ihr Vertrauen genießende

Personen beigefügt werden. Denn hier klagt man an, und ge- stattet die Vertheidigung nicht. Bis dahin erkläre ih alle jene Beschuldigungen für ungegründet und verläumderisch. Als dann wird man sehen, ob das Königliche Gut verschleudert worden ist, oder ob man es verschleudern will, Allein die Abwesenheit der Königin Christine und die Beeinträchtigung ihrer Múndel, wer- den nur als Vorwand aufgestellt, um der shändlichen Berau- bung einen Anschein des Rechts zu geben. Der wahre Grund ist ein anderer. Die sogenannte September-Revolution will ihren Triumph auf dieselbe Weise wie sie ihn begonnen hat, vervollstän- digen, durh Verleumdung und Gewaltthat.“ /

Diese treffende Wahrheit verfehlte ihre Wirkung s0 wenig, daß der lauteste Beifall von allen Galerieen erscholl. Hierüber erbittert verlangte der General Lorenzo, einer der ersten Helden der September - Revolution, der Redner solle zur Ordnung geru- fen werden. Dieser aber wiederholte seine leßten Worte, und fúgte hinzu, bei weitem die Mehrzahl der Nation sei derselben Meinung. „Die ganze Diskussion isk überflüssig, sagte Herr Carvasco, das Urtheil ist im Voraus gefällt, Die Königin Mutter soll nicht blos abwesend, sie soll geâchtet seyn; sogar die Person ist schon bestimmt, die Vormund über. ihre Kinder seyn foll, Allein ih verkúndige Euch, daß ZJhr binnen Kurzem es bereuen werdet, falls Jhr wirklich ein solches Unrecht begehen solltetz wir Alle werden es zu beweinen haben, und dann wird es zu spât seyn.“ j

Herr Capaz erflârte darauf, er habe nicht die Königin Christine beschuldigen wollen, die Güter ihrer Kinder ver- schleudert zu haben; anderen Personen falle dieses Verbrechen zur Last und darüber fónne er die Beweise vorlegen, Daraufhielt der Patriarch von Jndien eine gegen den Antrag der Majorität der Kommission (welcher auf Erklärung der Eriedigung der Bor- mundschaft gestellt is) gerichtete Nede, deren ergreifender “Tnhalt feines Auszuges fähig ist. „Ehrbare, gerechte und von E pani- (chem Ehrgefühl erfüllte Geseßgeber, so schloß er, laßt uns nicht das Schwerdt ziehen, um mit einem Stoße drei Herzen, das der erhabenen Mutter und die ihrer erlauchten Töchter zu du! ch- bohren. Möge uns das Andenken an die von der Mutter em- pfangenen Wohlthaten davon zurückhalten! und was haben die unschuldigen Töchter verbrochen? wer steht dafür ein, daß ihre Gesundheit nicht erschüttert werde, wenn sie eine solche Schrek- fenspost erhalten? wer vermag cs, die mütterliche Liebe zu er- seßen? eine Zeile von der Hand der Mutter erfreut die Kinder mehr, als alle Complimente von Seiten fremder Personen.“

In der gestrigen Sißung vertheidigte zuerst Herr Ruiz de la Vega die Vormundschaft der Königin, - Obgleich die früheren Redner bereits alle Gründe des Rechts und der Schicklichkeit er- schöpft zu haben schienen, so wußte dieser Senator dennoch seite Sache in neuem und noch glänzenderem Lichte darzustellen. Am Ende drúckte er sein Erstaunen darüber aus, daß das Ministe- rium seit drei Tagen diesen Debatten zuhdre, ohne sein Still: schweigen zu brechen, und wünschte zu erfahren, ob an Jhre Ma- jestät die Königin Christine Mittheilungen gerichtet worden wä- ren, um sie zu veranlassen, die Vormundschaft niederzulegen. Der Minister-Präsident erhob sich etwas verlegen und gab fol- gende merkwürdige Erklärungen ab:

„Die Regierung hält dafür, daß die Angelegenheit aus schließ- lich zu den Befugnissen der Cortes gehört und, die Regierung nichts angeht. Die Regierung hat in Betreff der Vormundschaft kei: nerlei Mittheilungen an Jhrer Majestät die Königin Mutter gerichtet, und welcherlei Privat - Korrespondenz darüber stattgefunden haben mag diese geht die Regierung nichts an, Die Regierung glaubt, ohne jedoch zum Beweis dienende Aktenstúcke darüber zu: haben, daß, wenn es der Wille Marie Chriskinens wäre, nah Spanien zurückzukommen, sie ihn auf irgend ejne Weise an den Tag gelegt haben würdez fie hat dies aber auf feinerlei Weise gethan. Die Regierung glaubt, daß Jhre Majestät nicht nach Spanien zurü- fehren will, denn sie hat. diesen Willen durchaus nicht erÉlârt; noch mehr, sie hat es nicht nur der Regierung nicht erflart, son- dern diese hat, in Betracht aller Umstände, Grund, bei ihrem Glauben zu beharren. Die Regierung glaubt endlich, und zwar aus Gründen, daß die Königin nicht zurückkommen werde,“

Der Senator Gomez Becerra (Justiz-Minister der Re- gentschaft) erklärte darauf, daß nach dem Ableben Ferdinand?s VI, ein Jnventarium über die von ihm hinterlassenen Güter aufge- nommen worden, dieses aber spurlos verschwunden #sty. Man wisse daher durchaus nicht, was eigentlich den erlauchten Waisen gehöre, und deshalb nehme man ein Jnventarium úber das auf, was noch vorhanden wäre.

Die Verhandlungen nehmen heute ihren Fortgang; das Er- gebniß derselben ist vorauszusehen, Mit Gründen des Rechts ift der Königin Mutter nicht beizukommen;z; dies haben ihre Feinde in den Cortes selbst anerkannt. Sie berufen sich einzig und allein auf die Konvenienz, Auch dieses Wort ist eine Lúgez die, welche sich dessen bedienen, fühlen recht wohl das Unschikliche der Entseßzung- der Königin Mutter von der Vormundschaft. Gerade dieses Unschickliche hat einen Reiz für sie, Die Revolu- tion hat noch nicht ihr glänzendes Ziel erreicht, Die Brücke, welche, wie die provisorische Regentschaft in der amtlichenGaceta versicherte, vermittelst der konstitutionellen Monarchie, von der un- beschränkten zur Republik führt, ist erst betreten, aber noch nicht überschritten worden. Es liegt daran, ehe sie einstürzt, das an- dere Ufer zu gewinnen, Die Verfügung über die Güter des Kd- niglichen Hauses wird der Lohn für diejenigen seyn, welche den Patrioten die Königlichen Waisen als Mündel in die Hände lie- fern. Glauben Sie nicht etwa, daß ih úbertreibe, Das Eco del Comercio von heute sagt mit durren Worten: „Wir glau- ben, daß nach genauer Ermittelung des Bestandes des Königlichen Gutes (del patrimonto real) dieses der Nation zugetheilt werdèn muß, wie die úbrigen National-Gúter. Dies wird zugleich auf eine vortheilhafte Weise die Verwaltung dieser aufgehäuften Gü- ter vereinfachen, welche sich der Despotismus zugeeignet hat, und die heute fúr die mit Schmach im September unterlegene anti- nationale Partei der Stein des Anstoßes sind,“

Um dies herbeizuführen, mússen die Vertreter des Spanischen Volkes sich in einen Gerichtshof umwandeln und durch den Aus- spruch der Willkür einer unverleßbaren Königin die empfindlichste aller Verlezungen zufügen, indem sie nicht nur von der Seite und dem Herzen ihrer Kinder gerissen, sondern auch, was in den Augen der Welt noch bicterer seyn muß, als eines solchen Schick- sais würdig dargestellt wird. Und dabei erklärt das Ministerium, unter dessen Obhut die Vorrechte des Throns gestellt sind, daß die Bormundschaft über die unmúndige Königin ein Gegenstand sey, der die Regierung nichts angebe. Und der Regent? Das Ministerium verlangt so eben für ihn eine jährliche Dotation. von 100,000 Piastern, Ein Deputirter hat an 12,000 angetragen, N, S, Jn der heutigen Sißung des Senats waren die Debatten abermals sehr lebhaft, und die Feinde der. Königin Mutter nahmen zu den gewöhnlichen Waffen, einer erheuchelten

Schonung und Zurúckhaltung,--ihrè Zuflucht. Diese stumpfen sih jedoch um so mehr ab, je öfter sie gebraucht werden,

: Griecheuland. :

Atheu, 27. Juni, 3.) Schon am 12ten d. fam A. Maurofordatos hier an. Seit dieser Zeit leben wir 4n- einer ministeriellen Krise. Maurokoxdatos will nur mit Bedingungen ein Portefeuille und das Minister-Präsidium-, annehmenz er oll unter Anderem die Aufhebung des Kabinets und 16. DeP An hiesige Blätter das Versprechen verlangen, : daß dem. riechi- schen Volke innerhalb einer bestimmten Zeit eine Constitution ge? geben werde. Die Blätter von der Farbe der Maurokordatos- schen Partei benußen die Gelegenheit, beide Punkte zu: besprechen und ergreifen mit doppeltem Eifer ihr Lieblings- Thema; nämlich, úber die fremden Militair - und Civil -: Beamten in infolenten Phrasen herzufallen. Maurofordatos scheiterte aber mit sei- nem in Énglischem Sinne gehaltenen Plan. Er erhielt seine Entlassung Und bleibt nur Staatsrath. Es - geht . nun die Sage, der König habe sein neues Ministerium, wie folgt, gebildet: der bisherige Präsident des Staats-Raths Konduriottis sey; zum Finanz-Minister und Minister-Präsident, der Finanj-Direktor Ti- samenos soll seine Stelle mit dem Präsidenten des Oberst - Rech- nungshofes, Silivergos, tauschen. Zum Minister des Junern sey Christides, der jeßige Gesandte an der hohen Pforte bestimmt; zum Kultus-Minister der Staatsrath Metaxas ; das Mopéetenne des Ministeriums des Aeußeren soll der Staatsrath-Rizos Neru- los, das der Justiz, Provilegios erhalten. Der Russische Ge- sandte, Katakasi, so wie der Belgische Geschäftsträger, Mary, werden demnächst auf ihre Posten hier zurúck erwartet.

Der Französische Deputirte Piscatory hat eine Reise ins Griechische Festland angetreten und beabsichtigt einen Monat ab- wesend zu bleiben, Es halten si hier gegenwärtig mehrere aus- gezeichnete Franzosen auf: außer dem bekannten Historiker Buchon, der schon seit dem Herbst bei uns verweilt, auch der Historiograp der Französischen Marine, A. Jal, der alte Philhellene Ober Boutier, und seit drei Tagen, von München kommend, der Ge- neral und Deputirte Graf de la Borde, Adjutant des Königs Ludwig Philipp, welcher ebenfalls die Provinzen zu bereisen beab- sichtigt. Auch heißt es, daß die hier erwartete Französische Es- cadre unter dem Admiral Lasusse bereits auf der Höhe von Hy- dra gesehen worden sey. Die Fregatte „Dido,“ welche Herrn Piscatory gebracht hat, liegt noch in der Bucht von Salamis, so wie das Englische Linienschi]f „Benbow“ auf der Rhede von Phaleron vor Anker.

Blicfe auf den gegenwärtigen Zustaud der Franzöfischen Armee.

* Paris, 9, Juli. Unter dem Ministerium Thiers sind be- fanntlich vier neue Kavallerie -Regimenter, nâmlich 3 Husaren- und ein Chasseur- Regiment, gebildet worden, Diese wurden in Luneville organisirt und sind gestern am 5ten von ihrem bis- herigen Garnison- Orte abmarschirt, um in Paris ihre Standar- ten zu erhalten. Die 12 neuen ZJufanterie-Regimenter, deren Bil- dung unter demselben Ministerium beschlossen wurde, sind, aus § Linien-JnfanterieRegimentern und 4 leichten Jnfanterie-Regimen- tern bestehend, jeßt gänzlich mit ihrer Organisation und ihrem Exer- citium fertig, Die zehn Tirailleur- oder Schüßen - Bataillone neuer Gründung hinzugerechnet, finden wir seit dem Ministe- rium des 1, März die Französische Armee also um 12 Jnfante- rie-, 4 Kavallerie- Regimenter und 10 Schügßen - Bataillone ver- mehrt, die ganze Armee aber, außer den speziellen Truppen, aus 10) Jnfanterie- und 63 Kavallerie: Regimentern bestehend; die Infanterie záhit 3090 Bataillone, die Kavallerie 316 Schwadronen.

Um .in einem furzen Ueberblick dem Deutschen Leser einen Begriff von der Zusammenseßung der Französischen Armee zu geben, mögen einige Angaben und Zahlen folgen, deren offizielle Nichtigkeit verbürgt werden kann.

Die Französische Jnfanterie besteht aus Linien- und soge- nannter leichter Fnfanterie, obgleich beide sich. fast nur in der Uniform unterscheiden, im Dienste aber dieselben sind, Die leichte Infanterie trägt gelbe Abzeichen, die Linien- Jnfanterie Krapp- oder Garance- Farbe an den blauen Röcken. Die leichte Jnfan- terie zählt 25 Regimenter, vor der Juli-Revolution bestanden nur 20 Regimenter, nach dieser Epoche aber wurde die sogenannte Legion Hohenlohe in das 21ste leichte Jnfanterie-Regiment verwandelt, unter Thiers und dem jeßigen Ministerium das 22., 23,, 24. und 25ste Regiz ment leichter. Jnfanterie neu geschaffen. Ein großer Theil dieser Regi= menter besteht aus Rekruten, der Stamm der Unteroffiziere vnd Korporale allein enthâlt einige âltere Soldaten. Jedes leichte Jufanteri e-Regiment zählt, wie die Linien - Jnfanterie, 3 Ba: taillone, jedes Bataillon zu 8 Compagnieen, wovon 6 den Namen Centrums - Compagnieen tragen, dagegen eine Grenadier- und die andere Voltigeur-Compagnie genannt werden. Diese beiden lebten heißen auch Eliten-Compagnieen und: tragen Epauletts als Aus- zeichnung, weil sie meistens gediente Soldaten enthalten.

Die Linien-Jnfanterie zählt 75 Regimenter, nah der Juli- Revolution wurde aus den Ueberresten der Garde das 65. und 66ste Regiment, noch jeßt vortresfliche Corps, gebildet, später aus den Pariser Freiwilligen, die nah Algier geschickt wurden um das Pariser Straßénpflaster zu reinigen, das 67ste JInfanterie= Regiment, unter dem Ministerium Thiers und dem jeßigen „die Nummern 68 bis 75, alle zu 3 Bataillonen und 8 Compagnieen

Bon den 10 Schüken-Bataillonen sind bereits 5 auf dem Algierischen Gebiete angelangt, die Übrigen Bataillone in Straß: burg, Met, Vincennes und Toulon vertheilt.

Außer dieser Jnfanterie zählt die Französische Armee in Algier 2 Bataillone Bbéi ¿zu Fus, Ae Kleidung T gend, ferner 3 Bataillone leichter Jnfanterie, welche meist aus etwas lockeren Subjekten bestehen und au sden Französischen Re- gimentern nach Algier gesandt wurden, aber meist vor dem Feinde gute Soldaten sind. Jn Algier führen bei den Soldaten diese 3 Bataillone den Beinamen: Zephire, d. h. lustige Burschen. Die Französische Frèmden- Legion, ebenfalls nur Infanterie zäh- lend, besteht aus 2 Regimentern zu 3 Bataillonen, zu 8 Compag- nieen jedes. Diese Fremden- Legion ist. ganz wie die Französi- schen Truppen besoldet, organisirt und auch mit geringer Abweichung ebenso uniformirt.. Das 1e Regiment ist in Algier und Bugia, das 2e in Bona. Zwei Drittel fast dieser Legion bestehen noch im- mer aus Deutschen, das übrige Drittel aus Spaniern, Polen und Ztaliänern, auch einige Schweizer nicht zu vergesse

Dreißig Compagnieen Marine - Artillerie, ter will m diese zu 40 bringen, so wle 3 Regimenter Marine - Jnfat- terie, kónnten auch noch zu der eigentlichen Znfanterie gerechnet E F sische. Kavälfetle: } M y /

e Französische Kavallerie zählt; - A N Aarabinier e Rede 10 Kürassier-Negliti p 12 Dragoner - Reginienter,

es