1841 / 196 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Menschen, und die Macht-Jnhaber sind natürlich in steter Kolli- | visorishe Forterhebung der Steuern betreffend. Ein sion mie Körperschaften wie mit Jndividuen.“ | Mitglied, fceilich ‘nur geringe Hoffnung zur Abänderung des gestri- Die Stelle in der von Sir R. Peel zu Tamworth gehal: | gen Beschlusses hegend, hielt sich verpflichtet, den BVerbesserungs- tenen Rede, wo er sagt, die Französishe Revolution von 1830 | Antrag zu stellen: „von dem Beschlusse der Niederseßung einer habe den Jmpuls zu allen das Wohl Englands gefährdenden | einseitigen Kommission behuf Prüfung der Königlichen Pro- Neuerungen gegeben, hat sehr heftige Entgegnungen von Seiten | position zu abstrahiren, und sich zum erstenmale mit der der ministeriellen und liberalen Blätter“ hervorgerufen. So sagt | Königlichen Proposition einverstanden zu erfláren: indem er der Sun: „Sir Robert Peel behauptet, durch die neuere Fran- zugleich namentliche Abstimmung beantragte, was von mehreren zösische Revolution wäre die Lust nach Neuerungen in England erzeugt | Seiten unterstüßt wurde. Auch heute wurde im Wesentlichen orden, da doch im Gegentheil der Umsturz fehlerhafter Jnstitutionen nur mit den früheren Motiven gestritten, und der Antrag bei der durch göttlichen Willen und göttliche Weisheit herbeigeführt wird. | Abstimmung mit 43 gegen 36 Stimmen abgelehnt, Nachdem so- Six Robert Peel behauptet ferner, daß der Sieg der physischen | dann noch mehrere Königliche Schreiben: 1) Die Wiederein- Gewalt úber die constitutionelle Macht es ihm zur Pflicht | seßung des Ober - Steuer: Kollegiums, 2) das Schaß - Kollegium, gemacht hâtte, dem Neuerungs-Schwindel entgegenzutreten, wah- 3) das AWWagengleis - Gesebß, und 4) und 9) Eisenbahnen betref- rend doch befkanntlich nur unconskitutionellen Eingriffen nothge- | fend, verlesen worden waren, beabsichtigte ein Mitglied, einen drungen durch Gewalt begegnet worden isk. Welchen Eindruck | schriftlichen Antrag zu stellen; nach Verlesung der ersten Sáte muß eine solche Judiscretion Sir Robert's bei unseren Nach: | traf jedoch das die Au flôsung- der Stande-Versamm- baren hervorbringen, an deren Freundschaft uns doch liegen | lung aussprechende Königliche Schreiben ein, worauf die Sißung muß. Uebrigens war es in Frankreich nicht die physische Ge: von dem Herrn Prásidenten geschlossen wurde, und die Versamm: walt, sondern eine moralische, welche sich mit Glück der Macht | lung auseinanderging. der Regierung entgegenstellte, ein Beispiel, das, wir hoffen es, auch bei uns Nachahmung finden wird, \fobald Sir Robert und seine konservativen Freunde fich es einfallen lassen, den Mustern, die er lobt und bewundert, zu folgen und gleich Polignac sich der

Karlsruhe, 10. Juli. (Karlsr. Ztg.) Zweite Kammer. Der Abgeordnere H ofmann erstattet Bericht über mehrere Pe- titionen, betreffend die Jnteressen, resp. den Schuß der Baumwol- Abschaffung elender , zur Aussaugung des Volkes ersonnener Ge- | len- und Linnen: Spinnereien. Auch hier geht der Antrag auf seße zu widerseßen.“ ; empfehlende Ueberweisung an das Staats-Ministerium.

In Jrland haben die Tories alle ihre Kräfte aufgeboten, um Der Finanz-Minister von Büch erdssnet die Diskussion bei den Wahlen dort mehr Stimmen als fonst zu erlangen, in- mit der Erklärung, daß von allen Jndustriezweizen die Baum- dessen scheint es ihnen durch alle diese Anstrengungen bis jet wollen-Spinnereien der wichtigste des ganzen Zoll-Vereins seyen ; nicht gelungen zu seyn, ein ihnen günstiges Nesultat zu erreichen. | auch habe die Regierung seit 1835 dahin gewirkt, daß ihnen der Ein Jrländisches Blatt, der Cork Southern Reporter, | nöthige Zoll-Schuß zu Theil werde, wie der Herr Geh. Ref. Rege- spricht sich über die in Jrland vorherrschenden Gesinnungen fol: | nauer näher auseinanderseßen werde. L gendermaßen aus: „Wir haben England schon einmal die Frei- G. R. Regenauer: Schon im Jahre 1835 wurde dieser heit verschafft und erhalten; wir wollen es abermals thun. Ohne | Gegenstand erörtert und die Badische Regierun drückte den Arland und seine Vertreter hätte die Reformbill nicht durchgehen Wunsch aus, daß der Zoll auf Baumwollengarn erhöht werde. Zönnen. Ohne Jrland und die Jrländischen Parlaments-Mitglie- | Es wurde dieser Gegenstend auf die erste Revision des Tarifs der wäre die Reformbill längst wiederrufen worden. Wir wer- | verwiesen, Als diese zur Sprache kam, erncuerten wir unseren den uns daher um eine Englische Majoritát gegen uns nicht kúm- | Antrag, leider auch diesmal ohne Erfolg; dies wiederholte sich mern; wir werden eine Jrländische Majorität fúr die Freiheit | auch im Jahre 1838, Jm Jahre 1839 theilte die Regierung erhalten. Wir sind eine Nation von hochsirebendem Herzen und | ihre sammtlichen Anträge im Boraus den übrigen Bereinsgliedern fúhnem Geiste; wir wollen, wie immer, England in seinem | mit; der erste Antrag war der auf Erhöhung des Zolles auf Kampfe für Gerechtigkeit und Freiheit unterstüßen. Fällt es aber, | Baumwollengarn. Der Redner verliest diesen Antrag.) Es wur- #0 sind wir, o müssen wir bereit seyn, alle Mittel zu ergreifen, den ausführliche Verhandlungen hierüber gepflogen, aber eine die freien Männern zu Gebote stehen, um ihre Unabhängigkeit Uebereinstimmung der Ansichten konnte auch damals nicht erzielt und Religion, die heilige Heimath und ihre Ehre zu schüßen.“ werden. Partielle Jnteressen standen ihr entgegen. Doch wurde

Der Globe enthält ein Schreiben des Oberhauptes der Ju- | der Beschluß gefaßt, daß eine der betheiligten Regierungen den den-Gemeinde zu Damaskus, Raphael Farkhi's, an Sir Moses Gegenstand nochmals sorgfaltig prüfe und der Hol Konferenz dann Montefiore, worin nochmals die von Böswilligen verbreiteten Jn- | cine Vorlage darüber mache. Dies isk geschehen beiderleßten erlan finuationen gegen die dortigen Juden ausführlich widerlegt wer: | lung, und es soll nun bei der nächsten Revision des Tarifs dahin den, Das Schreiben weist namentlich die Beschuldigung, daß gearbeitet werden, daß die Wünsche der ‘Petenten erfullt Weren, die Juden zu Damaskus bei Gewaltthätigkeiten gegen Personen ‘ene Regierung, der die umfassende Prüfung des Gegenstandes anderen Glaubens betheiligt gewesen, mit der größten Entrüstung ubertragen war, is dem Antrag gunstig. Was nun den zweiten

zurúck, Siv Moses Montefiore scheint, wie gus dem Schreiben her: | Punkt betrifft, worüber sich die Petenten beschweren, daß nam- vorgeht, seine Glaubensgenossen daselbst während seines Aufenthalts im lich geschlichtetes Garn zu dem niederen Zoll à 2 Zithlr. einge- Orient ermahnt zu haben, unter den neuenBerhältnissen ein verständiges | bracht werde, so hängt diese C ache lediglich von der Interpreta- Benehmen zu zeigen, sich in den Schranken der Máßigungzuhalten und | tion des Tarifs ab. Man hat zunächst Berichte eingefordert, ob wohl zu bedenfen, daß durch ihr Geseß ihnen Verge|sen erlittenen Un- solche Einfuhr geschlichteten (GBarns à 2 Kthlr. vorkomme ; die rechts vorgeschrieben werde. Mit Bezug hierauf heißt es in dem | Berichte sind noch nicht eingegangen. Jedenfalls unterliegt fei- Schreiben, sle hatten das volle Bewußtsein ihrer Lage und waren nem Zweifel, daß der niedere Zoll à 2 Rthlr. auf ge\chlichtetes nicht aus der ihnen durch dieselbe angewiesenen Bahn gewichen ; Garn nicht anzuwenden sey. Das geschlichtete Garn ist ein ver- sie vermieden jede Kollision mit Anderen, würden aber in der | edeltes, daher gleich allcm dieser Art nus den Ne Zoll zu be- Ausúbung eines ihnen von der hohen Pforte neuerdings einge- legen. Eine dritte Bemerkung der Petenten bezieht sich darauf ráumten Rechts von boshaften Neidern bedrángt, Was es mit | daß unter Englischen Twist-Ballen zuweilen auch ediere i; E diesem Recht oder Privilegium für ein Bewenden hat, erhellt | ten, ja selbs Gewebe, eingeschmuggelt würden. ÆWir ha E Die aus folgender Stelle des nach London gelangten Schreibens: „So Zoll-Behörden darauf aufmerksam gemacht, bis jeßt aber slad feine „io der von der hohen Pforte abgesandte Pascha anfam, wurde Thatsachen zur Bestätigung jener Angaben berichtet worden. Uebri- L gens sind die Zoll-:Behörden angetviejen, die Sache nicht aus den Auge zu lassen.“ i O | Sander: „Mit wahrer Freude habe ich diese Vorträge der Herren Regierungs - Commissaire vernommen, und ich hoffe, daß es sey der hohen Pforte bekannt, daß ich einige Fähigkeit besäße, | ihre Anträge in einer 0, R A ave endlich Gehör fins im FJanteresse des Gemeinwesens wirksam zu seyn. Sobald un- den, A Sat 00 M E gt oß, und die sere Gegner vot dieser uns so günstigen Stimmung der Behörde heutigen Verhandlungen werden gewiß deu A n 0A Kenntniß erlangten, bemúhten sie sich bei dem Gouverneur von Da- | Gewicht in die Wagschale zu legen. Wenn wir die Crhohung masfus, mich um meinen Posten zu bringen und ein Fndividuum von

ih wieder in meine frühere Function eingeseßt; sle besteht darin, daß ich im Munizipal: Kollegium S168 und Stimme habe. Diese Ehren- stelle wurde mir mit ausdrücklichen Worten im Ferman des Sul- tans zugetheilt, und als Grund der Begünstigung if angeführt,

des Zolles auf Baumwollengarn von der Zukunft erwarten múß einer anderen Gemeinde dazu zu befdrdern, Die Ailmacht ader wachte | sen, 0 fann der zweite Punkt, die Unterwersung des ge A fiber uns: die Versuche der Feinde hatten keinen Erfolg. Zu- | ten Garns unter den hohen Zoll, E M JeSr o M, M rliégewiesen von dem Gouverneur und außer Stande, uns auf es sich bier lediglich von e A E e É diesem Wege zu schaden, suchen sie nun andere Mittel, uns die Daß aber die „Deoutschen E E E bedürfen, offentliche Meinung abwendig zu machen. D weiteren Ver- liegt klar vor Augen; einzelne An, efin E E folg des Schreibens werden dle gegen die Juden zu Damaskus wahren Mothstand,, in einem A, der eine E vorgebrachten Verleumdungen, als jedes Anlassens entbehrend, bung ist; ste dedairen els I R S furcht unter lebhaften Betheurungen, auch unter Beibringung eincs ihre | baren Begner) gegen Englands Macht, gegen Eng an j i unge- Unfchulb befräftigenden Zeugnisses des Griechischen Patriarchen heure Produktion, Ih „muß [ene ad e N ZA und mit Berufung auf den Oesterreichischen Konsul widerlegt. einen Gegenstand, der _Einschmuggelung begunstigt; das ind

Die Nachrichten aus Aden lauten nach der „Malta Times“ námlich die Holldegünsugungen, E die E A Sanne sehr befriedigend. Die Bevölkerung nimmt rasch zu und beträgt in Bezug auf PROI E: V qund Ic, ¿A I O mit der Besaßung bereits 12,000 Seelen, Man legt Befestigungs- Mißbrauch getrieben, werden, Ma S. i O L O werfe an, baut Straßen und dergleichen, Jn funf Jahren wird die | veredelte Garne 2c, einge sMUnggee Wen aaen l R, Stadt die größte und reichste in Arabien seyn, Die Araber ver: falt in Stempelung ¿dieser Waaren ist n E s halten sich jeßt ruhiz und brinzen Lebensmittel zu Marfte. Nach | Werth als auf die Baumwollspinnereten uge a aber gen ser Aussage eines Französischen Reisenden sollen die Engländer | die Leinwand-Productionz denn dieser Zweig der Ändusirie if auch einen Seehafen in Abyssinien, in der Nahe von Zela, wo | ganz

national, fúr den Landbau von ungeheuerer Wichtigkeit. die Franzosen einen Konsulats - Agenten halten, gekauft haben. | Hier aber bedroht uns Englands Maschinengarn, und der ver- Diese Angabe wird indessen sehr bezweifelt, Unter dem Hafen | minderte Absaß des Flachses und Hanses, uber den so oft chon if wahrscheinlich eine Jnsel gemeint, welche die Engländer fauf- | hier geklagt worden ist, hat seinen Hauptgrund in diesem Ueber- ten, als die Franzosen eine kleine Jnsel gegenüber in Besiß | handnehmen des Englischen Maschinengarnas. Trift man doch nahmen. | felbst in fleineren Städten des Landes in allen Laden Ma- E \chinengarn, das feinen Zoll zahlt, dessen Einfuhr täglich im Deutsche Bundesstaaten. Zunehmen is. Diese Jndustrie verdient aber um so mehr einen Dresden, 14, Juli. Se. Majestät der Kdnig und Zhre | kräftigen Schuß, als es sich hier nicht von den Interessen der großen Majeskät die Königin sind gestern Abends nach Bayern abgereist. | Kapitalisten, nicht von den reichen Fabrikanten handelt, sondern Se. Königl. Hoheit der Prinz August von Preußen is vor- | von armen Leuten, die die wichtigsten aller Handels - Pflanzen gestern hier angekommen und im Hotel zur Stadt Wien abge- | bauen; es handelt sich ferner hier nicht von partiellen Interessen, treten. | sondern von ganz allgemeinen, wesentlich Deutschen „nteressen. | Soll aber die Linnen - Production eines hinreichenden Schußes Hannover, 1. Juli, Ueber die leßte Sißung der zwei- | genießen, so is ein S chußzoll von mindeskens 5 Rthlr, nothwen- ten Ka ane L die Hannoversche Zeitung folgenden | dig. Jndem ich alles dieses Eee Wia O I enden träglichen Bericht : | fommt dieser Zustand, woher diese Klagen f „Zch snde Wrunee nacht eb wurde auf den Antrag des Herrn General -Syn- A e T 2 hat sich eine Aenderung der Ansich- difus einftimmig beschlossen, durch eine Deputation beider Kam- | ten über die Tendenz, die der Zoll-Verein zu verfolgen habe, ein- mern Sr. Majestät dem Könige und Sr. Königl, Hoheit dem | gefunden. Während (m Anfange |einer Gründung Schuß und Kronprinzen das Beileid der Stande wegen des Ablebens Jhrer | Erhebung der Industrie sein Zweck zu seyn schien, will es jeßt Majestät der Kdnain zu bezeugen. achdem darauf eine Mit- | den Anschein gewinnen, als sey eine ungunsilge Stimmung ge- i erster K | A D der Budgets : Commission abgelehnt hatte, | Scheere halten damit sie nicht anderen Interessen Úber den Kopf verlesen und auf ‘den ‘Antrag des Herrn General - Syn: | wachse. Jch sinde ferner, daß der seitherige zweijährige Zusam: difus beschlossen war, bei erster Kammer auf eine erweiterte mentritt der Zoll - Konferenz nicht hinreicht, um gleichen Schritt Konferenz von 7 Mitgliedern anzutragen, ging man úber zur Be: | zu halten mit dem raschen Gang der Entwielung dr Beh L rathung der Königlichen Proposition vom 26, d, M., die pro- | den reißenden Fortschritten der Industrie, und dem paschen Wechs

ammer, wona dieselbe den Konferenz- | gen die Jndustrie vorwaltend, als wolle man sie unter ber | g G , -

sel in den Verhältnissen des Handels. Jn einzelnen Ländern scheint ferner allzusehr der finanzielle Gesichtspunkt bei Würdi- gung der großen Fragen der Jndustrie und des Handels festgehal- ten zu werden. Es fehlt mit einem Worte an einem gemeinsa- men Plan, an einer Central:Behbrde für den Zoll-Berein, welche alle allgemeinen Anordnungen zu berathen und zur Schlußfassung

e A - e - . . vorzubereiten hâtte. Es wäre ferner zu wünschen , daß bei, resp. vor Abschluß von Handels: Verträgen jedesmal Sachverständige zu Rath gezogen würden. Ein anderer Wunsch is der, daß ein Organ da sey zur Verbffentlichung statistischer Notizen über Han- del und Verkehr, damit Jeder sich ein Urtheil hierüber zu bil- den vermöge. Jch trage darauf an, daß die Kammer diese Wün- he (incl. der auf hdhern Zoll - Schuß für Baumwollen- und Linnen- Spinnereien) adoptire und als solche in das Protokoll nie- derlege.

Finanz-Minister von Boeckh. Einem Theil dieser Wünsche habe ich schon früher zugestimmt; ich bedauere nur, daß der Herr Abgeordnete bei dem Scharfsinn und dem Eifer, womit er sich dieser Gegenstände annimmt, in dem Hofgericht zu Rastatt, und nicht in der Zoll - Konferenz seinen Siß hat. Indessen isk nicht alles neu, was der Herr Abgeordnete vorgetragen hat, i. D. über die Linnen-Production. Bereits 1839 is hierüber ein Antrag von uns gestellt worden (liest denselben vor). Wás die Einfuhr ge schlichteter Zettel betri[ft, so ist im Tarif nicht namentlich hierfür gèsorgt; aber nicht deswegen, weil man nicht beim Entwurf def- selben sahkundige Männer zu Nathe zdge, denn man zieht sie zu Rath, sondern weil man nicht schon fünftige Erfindungen mit Zöllen belegen kann. Die Zoll-Stellen geben aber wohl Acht auf alle neuen Manufaktur-Gegenstände ; fommt ihnen ein solcher vor, so machen sie die Anzeige, um zu wissen, wie sie bei der Verzollung

zu verfahren haben. i Der Berichterstatter danft der Regierung für die Un- terstüßkung, die sie auch dieser Jndustrie angedeihen lasse; eine Central-Behdrde, wie sie der Abgeordnete Sander wunsche, dünke ihm nicht leicht ausführbar. Geh. Ref. Negenauer erÉlârt sich úber diesen Punkt in gleichem Sinne; übrigens sey nichts einzu- wenden gegen den Antrag, daß der Zollverein vorerst über Errich- tung einer solchen Behörde berathe. (So hatte namlich der Abgeordnete Sander seinen Antrag auf Errichtung einer solchen Behbrde modifizirt) Sonst müßte er allerdings erst näher erdr- tert werden. Jn Bezug auf die Begünstigung des Schmuggels an der Schweizerzränze gegen die Zollbegünstigung der Schweiz sey man vor sichtig, daß fein Mißbrauch damit ge schehe, Was den Stempel betrifft, so habe man bewährte Chemifer darüber zu Rath gezogen, und sie hât- ten ihn für hinlänglich gefunden; Verbesserungen vwoerde man aber dankbar annehmen. Sander will seine Worte in diesem Punkt nicht gerade auf unsere Schweizergränze bezogen wissen, und dankt auch seinerseits fúr die Zusicherung der Regierung, wirksa- men Schuß zu leisten in dem Krieg, der durch Holland und Eng land gegen Deutschlands Jndustrie geführt werde. Geh. Nef. Regenauer: Dieser Krieg“ dauert Doe sehr lange; erst der Zoll:Verein aber hat den Krieg der Vertheidigung organifirt, ei- nen Krieg, der nicht blos Monopolien berüfsichtigt, sondern auch an- dere Jndustrieen. Aenderungen im Tarif fönnen übrigens auch im Laufe einer Periode stattfinden. An der langsamen Ausführung beantragter

Verbesserungen sey nicht der chwerfällige Gang der Verhandlun-

lungen, sondern die Verschiedenheit der Jnteressen Einzelner Schuld. Die Abgeorneten Goll, Völker, Helbing drücken ihren Dank fúr die Zusicherungen der Regierungen aus, leßterer mit der Be- merfung zugleich, daß die Linnen-Spinnerei den Schuß der Baum- wollen-Spinnereien nvthig habe. Knapp is gegen Central-Kom- mission und erinnert an die jusqu’à la mer Kommission die Rhein Octroi- Kommission und die Central- Untersuchungs - Kom- mission, die immer suche und nichts finde, Damit wird die Diskussion geschlossen, und die Anträge der Kommission und des Ab- geordneten Sander mit Ausnahme des die Errichtung einer Cen tral - Behörde betreffenden einstimmig angenommen,

Schweiz.

Tessin. (Schweiz. Bl.) Advokat Nessi, Anführer der Auf- rührer, wird heute Morgens um 10 Uhr zu Locarno auf dfffent- lichem Plaße erschossen worden seyn. Die Gattin des jungen Ad- vokaten Nessi warf sich mit einem Töchterlein auf offenem Plaße zu den Füßen des Obersten Luvini, ihn mit verzweiflungsvollen Thrânen und Bitten um Begnadigung ihres Mannes anflehend, Luvini weinte mit ihr, erklärte aber, sich für diese Begnadigung nicht verwenden zu können, indem er sonst selbst des Todes seyn würde. Die Wohnungen der Raädelsführer wurden geplündert und verbrannt. Die Gefängnisse sind vollgepfropft. Der En- thusiasmus der Milizen und Schüßen is bis zum höchsten Grade gestiegen,

Neuchatel, 8. Juli. Se. Excellenz der Gouverneur des Fürstenthums Neuchatel, Herr General von Pfuel, is vorgestern hier eingetroffen.

Basel, 9. Juli. Nach direkten Berichten aus Bern, wa- ren in der Sißung der Tagsaßung vom sten zwei Anträge in Bezug auf Aargau gestellt worden. Zürich will Aargau nochmals auffordern, von sich aus dem Beschlusse vom 2, April zu genú- gen, Luzern, an der Spike der Urkantone, verlangt sofortige Herstellung aller Klöster in kurzer Frist und, wenn nicht entspro- chen werde, ungesäumte Exekution. Die Umfrage wurde in die- ser Sikung nicht vollendet. Borher hatte die Gesandschaft von Tessin Úber die dortigen Vorfälle berichtet, mit dem Beifügen, daß über die Gefangenen Standrecht gehalten werde,

Spanien,

© Madrid, 4. Juli. Jn der Sibung, welche der Senat gestern Nachmittag hielt, nahm Herr L'andero (Justiz - Minister in Folge der Revolution von la Granja) das Wort, um die Nothwendigkeit der Ernennung eines neuen Vormundes über die Königin Jsabella und deren Schwester darzuthun, Er saate unter Anderem :

„Wenn die Königin Mutter eines Tags nach Spanien zu- rúdckfehren will, #0 weiß sie, wie Personen ihren Ranges zu rei- sen haben, und fann sich darüber mit der Regierung in Verbin- dung seßen. Allein warum wirst man so gefährliche Fragen auf ? warum erhizt man die Gemüther? warum sucht man sie zur Fabne für eine geächtete Partei zu machen? Man giebt da- durch Veranlassung zu der Behauptung, daß die absolutistische Partei , die gegen uns, feindlich gesinnnten Fremden, die Fürsten, welche dieser heldenmüthigen Nation den Untergang geschworen haben, und die úbrigen, welche erklärte Feinde ihrer Wohlfährt | und ihres Glückes find, auf ihr schwarzes Banner, aus welchem | sie den Namen des Don Carlos gelöscht haben, den der erhabe: | nen und wohlwollenden Christine einschreiben wollen, Dazu wird | Veranlassung gegeben,“ | Darauf wurde die Diskussion úber die Totalität des Antra: | ges dey Majorität der Kommission füy beendigt erklärt, und auf

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den Vorschlag des Herrn Heros beschlossen, Abends neun Uhr eine abermalige Sißung zu halten, um die Entscheidung der An- gelegenheit zu beschleunigen, Jn dieser Sißung schritt man zur Diskussion der Artikel des erwähnten Kommissionsantrages, nach- dem ein Antrag ‘des Herrn On dovilla, man solle an die Königin Christine eine Botschaft richten, um sie zu befrägen, ob sie geson- nen sey, nah Spanien zurückzufkehren, einstimmig verworfen wo! den war. Dann diskutirte man einen von Herrn Gomez Be- cerra gestellten Antrag, dahin gerichtet, man solle die Diskussion Uber die Frage, ob die Vormundschaft erledigt sey oder nicht, er- offnen, damit nah Beendigung der Debatten die Cortes diese Frage entscheiden könnten. Herr Ruiz de la Vega that dar, daß der Senat, falls er diesen Antrag genehmige, sein Vorrecht fúr sich, getrennt vom Kongresse Úber alle Fragen abzustimmen, aufgeben, und sich dem ihm an Zahl überlegenen Kongresse ein- verleiben, also die Verfassung verleßen würde. Noch stärker drúdckte sih der Marquis von Falces aus. „Der Tbron“, sagte er“, ist heutzutage nichts mehr als ein nit Sammet bedecktes Stúck Holz, Binnen kurzem wird er vielleicht auch dies nicht mehr seyn. Beschleunigt nichr seinen Umsturz indem ihr euren eigenen Untergang herbeiführt!“ Vergebens ließ man das Geseß vom 27. Juni 1837 vorlesen, welches die einzigen Fälle bezeichnet, in denen beide Kammern sich zu gemeinschaftlicher Sikßung vereini- gen dürfen. Der Antrag des Herrn Gomez Becerra wurde mit 47 Stimmen gegen 23 angenommen, und darauf die Dis- fussion úber die Frage, ob die Vormundschaft erledigt scy oder nicht, erbffnet. DieEnt scheidung dieser Frage soll, wie so eben bemerkt, durch beide Kammern in gemeinschaftlicher Sißung gefaßt werden. Erst um Ein Uhr nah Mitternacht wurde die Sißung aufgehoben.

Der Kongreß hat gestern angefangen, die von der Regierung vorgelegten, und von einer Kommisfion geprüften Budgets für die zweite Hälfte dieses Jahres zu diskutiren. Die Regierung verlangt für diese sechs Monate im Ganzen 687,919,129 Realen (34,395,956 Piaster), nämlich für das Königliche Haus 23,750,000 Realen, für beide Kammern 292,055 Realen, Amortisationekasse 161,189,490 Realen, Ministerium der auswärtigen Angelegenhei- ten 5,734,855 Realen, Justiz-Ministerium 9,308,925 Realen, Fi- nanz-Ministeriuum 150,066,731 Realen, Ministerium des Jnnern 19,798,899 Realen, Kriegs-Ministerium 256,506,440 Realen, Mua- rine-Miniskerium 28,271,734 Realen, Die Kommission des Kon- gresses trägt darauf an, diese geforderte Summe auf die von 587,015,119 Realen (29,350,759 Piaster) zu beschränken. Die Regierung verlangte unter Andern 926,009 Realen für Gesandt- schaften bei den Höfen, welche die Königin von Spanien noch nicht anerkannt haben, Diese ganze Summe isff von der Kom: mission gestrichen worden.

Qn 4a uw.

Breslau, 14 Juli, Es hat O. in der Dro Schlesien, inmitten der vielen und zum Theil noch trefflichen Wal: dungen dieser Provinz, aus Veranlassung des Königl Ober- Forst: meisters von Pannewiß in Oppeln, ein For st-Verein gebildet, welcher die höhere Genehmigung erhalten hat. Vom 11. bis 13, Juli versammelte sich dieser Berein in Zobten, am Fuße des schönen bcwaldeten Berges gleichen Namens, zum erstenmale, und obgleich er die Staats-Genehmigung ersk im Juni d. J. erlangt hatte, zählte er doch bei seinem ersten Entstehen schon über 6) wirkliche Mitglieder. Zum Präses ward einstimmig der Ober- Forstmeister von Pannewiz gewählt, worauf die Sißungen und Arbeiten in der Stube zwei Tage dauerten, und ein Tag einer wissenschaftlichen Exkursion in die Waldungen des Zobitenberges gewidmet ward. Die Früchte dieses so jungen Un- ternehmens sind schnell und befriedigend gereift; Gegenstände von allgemeiner und nationaler Wichtigkeit sind sorglich erörtert wor: denz einige erwünschte Einrichtungen sind sofort ins Leben geru- fen, und durch Anschauung nüßlicher neuer Kulturgeräthe is der praktischen Wirthschaft mehrfacher Nußen erwachsen. Verwal- ter von Königlichen und Privat-Waldungen und Besißer von Privat-Forsten haben sich dem Verein angeschlossen, und bei dem guten regen Willen, welcher sich bei dieser neuen Schöpfung zeigt, so wie bei der Jntelligenz, welche ihr vielfach beiwohnt, sind gewiß nur die erfreulichsten Resultate davon für die Provinz und die Wissenschaft zu erwarten, Als Anerkenntniß dejjen hat der hochherzige Besißer Warmbrunns den Schlesischen Forstver- ein eingeladen, sich im künftigen Jahre am Fuße der Sudeten bei ißm zu versammeln, welches mit Dank angenommen is.

Das hiesige Amtsblatt meldet: „Es wird hiermit zur Kenntniß der Behörden gebracht, daß von des Herrn Finanz- Ministers Grafen von Alvensleben Exzellenz der Königliche Re- gierungs-Rath Herr von Heyden hierselbst zum Koniglichen be- ständigen Kommissarius, Behufs Ausübung des Aufsichtsrechts des Staats úber die Ober-Schlesische Eisenbahn- Unternehmung ernannt worden if,“

Koblenz, 12 U, (Rb und Mosel: Ztg) 9ue Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Karl sind heute Nachmittag gegen 2 Uhr von Kreuznach hier angekommen; eine halbe Stunde später traf Jhre Majestät die Königin von Grie- chenland mit hohem Gefolge unter dem Donner der Geschüße des Ehrenbreitstein hier ein und wurde im Gasthofe „zum Riesen““, woselbst Jhre Majestät abstieg, von Jhren Königl. Hoheiten und den hohen Civil- und Militair-Behörden empfangen, Alle am Ufer liezenden Schiffe, so wie die Schiffbrúcke, hatten geflaggt, und auf dem Ehrenbeitstein wehte die Fahne, die Zhre Majeskät die Kaiserin von Rußland dieser Veste zum Geschenk geschickt hat. Am Gasthof „zum Riesen“, in welchem für die hohen Herrschafte ein Diner bereitet war, stand eine Compagnie des hier in Be- saßung liegenden Jnfanterie-Regiments als Ehrengarde nebst der Reginentsmusif aufgestellt, Die leßtere spielte bei der Ankunft Ihrer Majestät. tach dem Diner gedenken die hohen Gäste den Ehrenbreitstein und Stolzenfels zu besuchen.

Gestern Mittag fam hier auf seiner ersken Probefahrt das neue eiserne Dampfschiff Nr. 15, auf dem Werfte der. Herren ZZacobi Homel und Hayßen, zur guten Hoffnung, also ganz im Znlande, für die Kölner Gesellschaft gebaut, vorbei, Das pracht- volle Schiff isk in seinen Dimensionen, nach Länge, Breite und Bt das größte der Gesellschaft, Es hat die Strecke von Köln DIEE A L Stunden zurü gelegt, was bei dem starken Gegen- Mewes fiber es die übrigen Rhein, Böte an Schneilig-

Unser diesjähriger Wollmarkt {cheint ein sehr bedeutender werden Zu wollen, indem von vielen Seiten roße O uantitäten angemeldet sind und fortwährend große Sifubren Mhereffen A s aus Baden is einigès eingetroffen. Bei biesi f Sáuiser “fi K nicht unbeträchtliche Affreditive angezeigt so doT es ZUIO ant Stanz fern nicht fehlen wird, / A os

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| Der Pauperismus uud die neuesteu Systeme, ih : zu jteuerua.

Geschichtliche Rüdckblicke.

De Gérando de la bienfaisance publiques 4 vol, Paris chez Renouard 1839. i

Buret, de la misère des classes laborieuses en Angleterre et en France, 2 vol, Paris et Leipz., chez Renouard, 1841. i A

Kritische Darstellung der Sozial-Theorie Fourier's von A. L, Churoa, Herausgegeben durch Dr. Guskav Bacherer. Braunschweig b. Meyer 1840,

Als ein erfreuliches Zeichen unserer Zeit darf man unstreitig das erhohte Jnteresse betrachten, welches man den sozialen Jdeen und Reformen einräumt. Der Eifer des Sichtens, Prüfens und Umgestaltens , welcher sich früher fast nur auf Gegenstände der Politik, auf Verfassungsfragen warf, hat sich jeßt, zum gro- ßen Theile, den allgemeineren und positiveren Jnteressen der Ge- sellschaft, ihrer Arbeit, ihres Verkehrs , ihrer Bedürfnisse und ihrer Leiden zugewendet; und zugleich erhalten diese sozialen Be- 2 : c 1 e L í sirebungen reichen Zufluß aus den hövhergelegenen Quellen der Wissenschaft, welche sich bereitwillig erschließen, um das tiefere Gefild des Lebens zu befruchten.

Unter allen sozialen Fragen beschäftigt aber feine die Gegen- wart lebhafter, als die Frage nah den Vermögensverbältnijsen, nach dem physischen und sittlichen Zustande der verschiedenen Klassen der Gesellschaft. Dieses Zeitalter, welches man so ma- terialislisch, so versunken in selbfisüchtigem Streben nach Befiß und Genuß schildert, zeigt uns gleichwohl überall Beispiele des uncigennÜktigsten, zartsinnigsten, unermúdlichsten Bestrebens, die Leiden der Tndividuen und die Uebelslände der Gesellschaft zu heilen, Alles zu entfernen, was das Wohlbefinden, die geistige Ent- wickelung, die sittliche Veredlung der Menschen zu stdren scheint, Alles aufzusuchen, was einen naturgemäßeren , glücklicheren und gesicherteren Zustand der Gesellschaft herbeizuführen verspricht. Allerdings hat auch die Nothwendigkeit ihren Theil an die- sen Beskrebungen. Das Schreckbild des Pauperiëmus, unter mannigfacher, aber immer furchtbarer Gestalt, bald hier bald dort, mitten unter den blühendsten Schöpfungen, unter den großfartig- sten Wunderwerken unserer Civilisation auftauchend, hat alle edleren Geister in Bewegung geseßt, um die Gesellschaft von dem sie bedroßenden Unheil zu erlösen; die Arbeitergusskände in den Englischen und Französischen Fabrikorten, zu denen es leider auch in Deutschland nicht an Seitenstücken fehlt, belehrten die Regie- rungen über die Nothwendigkeit einer kräftigen Abhülfe und lie- ßen die wohlhabendere Klasse der Bevölkerung erkennen, daß die Wohlthätigkeit für sie schon nicht mehr eine Sache der freien Eutschließung, sondern eine politische Yothwendigkeit sey.

Allein fo betrúbend auch für den Menschenfreund anlassungen sind, welche die zahlreichen neuern Versuche zur ? fámpfung des Pauperismus und zur Berbesserung des Looses der arbeitenden Klasse ins Leben riefen, so wohlthuend sind auf der andern Seite der Geist und Sinn dieser Bestrebungen, die edlen Bemühungen einzelner weiser und hocherziger Manner, die allgemeine, lebendige und thätige Theilnahme aller Gebildeten, das bereitwillige und besonnene Entgegenkommen der öffentlichen Gewalten. Was aber noch mehr gecignet ist, uns über die Uebel- stände unserer Kulturverhältnisse zu trösten und unsre Besorg- nisse wegen der Folgen der wachsenden Macht der Jndustrie und der materiellen ZJnteressen zu zerstreuen, ist die Thatsache, daß diese Jndustrie selbst vielfache Heilmitcel gegen jene Uebelstände in sich tcágt. Denn wenn sie auf der einen Seite auch mancher- lei Nothstände nach sich zieht, so leitet sie doch auf ein Mictel, denselben abzuhelfen: manche Arten des Elends und der Bedrückung sind gerade durch die freiere Entwickelung des Gewerbewesens aus dem Verkehr theils ganz verschwunden, theils wenigstens ge- lindert worden, s

Ueberhaupt thut man Unrecht, wenn man die Gegenwart allzusehr mit Klagen wegen der angedeuteten Uebelstände über- háufe. Denn ein großer Theil dieser Uebelstände hat zu allen Zeiten, wenn auch unter anderen Formen, auf der menschlichen Gesellschaft gelastet, und im Gegentheil möchte diejenige Gestalt, unter welcher sie gegenwärtig auftreten o erschreckend ihr außeres Aussehen i doch im Grunde weit weniger Trosktlo- ses haben, als die früheren. Betrachten wir die Gesellschaft un: ter dem Bilde eines großen Organiëmus, nach der Analogie des menschlichen Körpers so müssen wir sagen, daß dieser Or- ganismus zu feiner Zeit von Krankheitsstosfen ganz frei gewesen ilt, daß aber diese Krankheitsstoffe ihn auf sehr verschiedene Welse afficirt und sehr verschiedene Symptome hervorgebracht haben, indem sie bald das eine, bald das ander Organ ergriffen, bald mehr in den innern Theilen sich festseßten, bald durch eine Reaction dieser edleren Organe nach außen geworfen wurden, und auf der Oberfläche des Körpers zwar schmerzlichere und wi- der!ichere Zu“älle hervorbrachten, die aver gleichwohl minder be- denklich sind, als die frühere Erstarrung der innercn Lebens- organe.

In der alten Welt finden wir allerdinzs den Pauperismus, dieses in der Gegenwart so weit verbreitete soziale Uebel, noch nicht oder nur in schwachen Spuren; aber forschen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung, so is derselbe von der Art, daß wir in der erwähnten" Thatsache, vom höheren philosophischen und po- litischen Standpunkte aus, kaum einen Vorzug des Alterthums zu erblicken vermögen, Denn das leidliche Wohlbefinden, dessen wir die Einzelnen in den alten Staaten theilhafcig sehen, und die Abwesenheit eines eigentlichen Nothstandes steht im engsten Wech- sel- Verhältniß zu dem Mangel individueller Freiheit bei ganzen Klassen der Bevölkerung und zu den vielen Ungerechtigkeiten, welche die shroffe Trennung der Staaten und der einzelnen Theile des Staats selbft, mit sich brachte, Der Séfklay litt frei- lich niché Noth, woeil sein Herr ihn ernährte und es in dessen Bortheil lag, das Jnsirument, welches ihm zu seinem eigenen Wohl: befinden diente, so tüchtig und in so brauchbarem Zustande, als nur möglich zu erhalten. Aber der Sklav erkaufte diesen Schuß und diese Fürsorge seines Herrn mit seiner völligen Unselbstän- digkeit, mit der gänzlichen Verzichtleistung auf eigenen Besiß auf | persbnliche Freiheit und Würde "). Unter den freien Bürgern fand zwar eine gewi}se Selbsiständigkeit im Erwerbe und somit eine Verschiedenheit des Besißes skatt, welche naturlich in vielen Fällen auch eine Verarmung Einzelner zur Folge haben mußte. | Dennoch tragen auch diese Erscheinungen einen eigenthümlichen

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*) Sehv wahy sagt dev Verfasser des ersten der angeführten Werke: ¿, Es giebt nuv cinen Zustand, welcher die Noth gänzlich ausschließt z es is dies derjenige, wo, wie dies bei der Sklaverei de Alten dev Fall war, die niedern Klassen der Gesellschaft ihre Unab- hängigkcit aufgeben, und den Schuß hrer Herren um den Preis | ihrer Freiheit und ihrey Menschenwürde erfgufen, / |

! Charafter, welcher fie von ähnlichen Zuständen in unserm Staats-

| leben scharf abscheidet. Die Grundlage der Gemeinwesen des Al:

terthums war, mit geringen Ausnahmen, nicht der Verkehr, fon- dern die Eroberung und die Vertheilung oder der gemeinschaftliche Genuß des Eroberten. Der einzelne Bürger ward als ein noth- wendiges Glied des Ganzen und als ein Werkzeug zur Erreichung des Staatszwecks betrachtet und behandelt, Aus dem Znteresse, welches hiernach der Staat hatte, alle seine Búrger zu möglichst geschickten und tüchtigen Werkzeugen fúr seine Zwecke zu machen, Aos aber auch fúr ihn die Verpflichtung, den Einzelnen eine môdg- lich befriedigende Existenz zu sichern und für eine gerechte Ver- theilung des gesammten Staatsgutes Sorge zu tragen, damit nicht bei allzugroßer Vermögensverschiedenheit die armen oder bedrúck- ten Kassen fich gegen die Reichen erhöben oder ihre Mitwirkung für die Vertheidigung und Vergrößerung des Staats versagten.

Die Gesetgebungen Griechenlands und Roms liefern zur Bestätigung dieser Änsicht hinreichende Belege. So war das Lykurgishe Verbot der Einführung von Silbergeld nebst den Beflimmungen, welche er für Fefisiellung einer möglich- sien Gleichheit des Besikes unter allen Bürgern traf, darauf berechnet, theils die Einzelnen von der Sorge fúr Erweiterung der eigenen Erisfenz und des eigenen Vermögens abzuziehen und ihre ganze Kraft und Liebe den Zwecken des Staats zuzuwenden, theils die Sonderung verschiedener Stände und verschiedener Fn- teressen zu verhúten, welche aus der Ungleichheit des Besikes folgt, und welche allerdings leicht die fompafte Einheit der Nation auf- hebt und ihre kriegerische Macht lähmt. Der Atheniensische Staat war zwar dem Verkehr etwas mehr gebffnet, und deshalb fand sich auch in ihm cine größere Verschiedenheit und Beweg- lichkeit des Besi standes, aber dennoch deuten auch hièr viele Maßregeln der Gesekgebung auf das-Bestreben hin, diesen Schwan- fungen der Vermöbgensverhältnisse eine Gränze zu seben, und den ärmeren Theil der Bevölkerung durch jede Art von Untersiüßung und Fürsorge zufrieden und für die dem Allgemeinen zu leisten- den Dienste willig zu erhalten. Wir erinnern nur an die Seisachtheia des Solon, eine Maßregel zur Milderung der Schuldenlast, welche die ármere Klasse der Búrger drückte, und an das Theorikon das Theatergeld, welches für das Volk aus der S taatskasse ge- zahlt wurde, Auch in der idealen Gesckgebung des Plato spiegelt fich dieser Griechische Geist der Bevormundung und Benußung des Nolks von Seiten des Staats oder derer, welche den Staat re- prâsentiren unverfennbar ab, Die Herrschenden haben für die Massen zu sorgen, wogegen diese für sie und nah ihrer An- ordnung arbeicen müssen.

Schroffer und ohne dies versbhnende Element des Griechischen Gemeingeislcs, trat dieser Gegensaß der Stände und der Güterverhältnisse im Nömischen Staate auf. Hier schen wir vom Anfange an eine privilegirte Kastte, die Patri- zier, im Besiß der Gewalt und des damit verbundenen Genusses, die Massen dagegen, den Plebs, nur als Mittel zur Bermehrung dieser Macht gebraucht. Und wie jederzeit Eroberung nach Außen, Tyrannei im Jnnern erzeugt und begünstigt, #0 gelang es auch der Röbmischen Aristokratie lange Zeit, den Plebs in Abhânz= gigkeit zu erhalten, und ihn von dem Genusse der Früchte ihrer Eroberungen auszuschließen, bis die dadurch erzeugte Berschuldung und Noth des Volks, im Verein mit anderen Umständen, eine Reaction gegen die begüterten und gebietenden Klassen und, in deren Folge mannigfache Umgeftaltungen des Besikskandes durch

reue Besieuerung, Ackergeseße u. st. w. zuwege brachte.

Also wir wiederholen es, die Erscheinungen des modernen Pauperismus fommen nur darum im Alterthum nicht vor, weil der freie Güter - Erwerb damals noch #o gut wie gänzlich fehlte, weil der Besiksland nur auf gemeinsamere Eroberung und Ver- theilung des Eroberten beruhte, und weil die Ungleichheiten, welche dennoch in Bezug auf die Gúter- Verhältnisse zwischen den verz schiedenen Klassen der Gesellschaft sich erzeugten, nicht aus den natürlichen Bedingungen des Verkehrs, fondern aus besonderen politischen Ursachen entsprangen, und deshalb auch nur auf politi: schem, nicht auf ffaatswirthschaftlichem Wege ihre Erledigung fin: den fonnten.

Jn den spâteren Zeiten des Römischen Reiches, als die alte Einfachheit der Sitten und der Bedürfnisse, der mafiloseskten Uepz pigkeit des Lebensgenusses, der Weichlichkeit und Unthätigkeit gewi chen war, stellte sich, mit der allgemeinen Enktsittlichung auch ein bedenklicher Nothstand unter der Bevölkerung ein. So lange iu3 dessen noch immer aus den eroberten Ländern Reichthümer nach Rom flossen, ward die völlige Verarmung der Massen abgewehrt und die Austheilung der erbeuteten Schâße unter die begéhrliche Menge gewährte dem Ehrgeiz und der Herrschsucht der Feldherren und der Jmperatoren ein wirksames Mittel der Usurpation und Tyrannei. Panem et Circenses ! schrie das Volk, und um diesen Preis kauften ihm die Kaiser seine Freiheit ab.

Das Christenthum brachte in die Verhältnisse des Besißkeg und des gesellschaftlichen Zusammenlebens eine entscheidende W en- dung. Jndem es den Einzelnen aus dem Staatsverbande, dem er angehörte, in gewisser Hinsicht herauslöste und ihn der kirchli- chen geistigen Gemeinschaft mit seinen neuen Glaubens zenossen zu- wies, entzog es ihm auch die meisten der Vortheile, wchiche er als Bür- ger eines großen Gemeinwesens genossen hatce, und gab ihn häufig der Verfolgung und dem Elend preis, Doch milderte es die- ses Elend sogleich wieder, und zwar in ooppelter Hinsicht, einmal indem es den Bedrückten Resignation lehrte und ihn von den Uebel: ständen der Gegenwart auf Verheißungen einer besseren Zukunft verwies; und dann, durch das Gebot chrisilicher Liebe und Wohlthä- tigkeit, welches die Neicheren in der Gemeinde veranlaßte, ibr Gut mit dem Armen zu theilen, woraus, wenn auch nicht prinzip- mäßig, doch der Sache nach, eine Art von Gütergemeinschaft entstand.

So evhielt die Wohlthätigkeit durch das Christenthum eine moralische Basis, skatt der rein: politischen, welche sie in den alten Staaten gehabt hatte, Jeder fühlte die Verpflichtung, dem Bru- der beizujtehen, und so cntstand die Privat-Wohlthätigkeit, die sich bald im “llmosengeben, bald in der Pflege der Kranken, bald in Tröslungen der Bekummerten fund gab. Ganz zur Privatsache ward jedoch die Fürsorge für die Armen auch in dieser Zeit nicht, da die Gemeinde in ihrer Gesammtheit einen Úberwiegenden Theil davan nahm und ihre bedúrftigeren Mitglieder auf eine regelmäßige Weise unterstüßte, zugleich aber auch Uber die Anwendung ihrer Gaben und das sittliche Betragen ihrer SchÜblinge strenge Auf- sicht fährten, N

“Nachdem aus der kleinen bedrückten, verfolgten Christen: Gez meinde eine gewaltige weltherrschende, reiche Kirche geworden wat, mußte auch die Wohlthätigkeit eine andre Gestalt gewinnen. Die chrisiliche Gesinnung des Wohlthuns ward zwar auch dur die firchlichen Gebote gepflegt und lebendig erhalten, aber die Kirche: suchte doch der Wohlthätigkeit der Privaten eite engere Beziez hung zu sich selbst zu geben, sie zu beaufsichtigen und durch sich_ hindurch zu leiten, Die Ffille der Gaben, welche sie aus Hand der Reichen empfing und an die Armen, übertrug, bie Vers breitung und Großartigfeit der Anstalten, welche sfe ur Linderung: