Wohnung, dem Phalanskerium, vereinigt, theilt ¡ich in eine Anzahl von Serien und Gruppen, d. h. von Arbeits- Kreisen oder Berufs-Orten, „Zeder einzelne schließt sich, nach Nei- gung und Talent, einer dieser Serien, n En wieder vorzugs- weise einer bestimmten Gruppe an, der Eine z, D, der Serie des Ackerbaues und der Gruppe der Korn - Produktion, ein Anderer der Serie der Weberei und der Gruppe der Woll-Weberei u. s. wo. Die Beschäftigung in einer solchen Gruppe dauert aber nie lân- ger als zwei Stunden, nach deren Verlauf es dem Arbeiter frei- feht, in eine andere Gruppe überzugehen. Durch diesen steten Wechsel der Beschäftigung wird die Einförmigkeit der Arbeit und der Ueberdruß daran, welcher die Trägheit erzeugt, vermieden, und jede Kraft in fortwährender Spannung erhalten; durch die Ver-
bindung vieler gleichgesinnter und gleichbeschäftigter Personen wird ferner der Enthusiasmus der Arbeit und der Corporations-
Geift erweckt, und durch den Gegensaß der verschiedenen Grup- pen unter einander der Wetteifer rege erhalten, Wird durch diese Einrichtung die Produktivität der Arbeitskräfte gesteigert, so ver-
mindert sich auch der Aufwand der Arbeitenden durch die Verei-
nigung der vielen Einzel- Wirthschaften in eine einzige Gemcin-
Wirthschaft, wodurch eine Menge von Räumlichkeiten, Werkzeu-
gen und Mühwaltungen erspart wird. Auf diese Weise wird der
ere Zweck der Phalanx oder der industriellen Association erreicht, möglichst vortheilhafte Ausbeutung der Arbeitsthätigkeit ihrer
Mitglieder. Aber nicht minder wichtig isk der zweite Zroeck, die
gerechte und angemessene Vertheilung des Gesammt- Einkommens
unter die cinzelnen Mitglieder. Als allgemeines Prinzip der Ver- theilung wird von Fourrier aufgestellt, daß dem Kapital -/7, dem
Salente 2- und der Arbeit #- des Ertrags gebühren. Für den
ersten dieser Faktoren, das Kapital, ist die Berechnung leicht.
edes Mitglied erhält, für das Kapital, welches es in den Ge-
\ellschaftsfond einlegt, eine Anzahl von Actien, nach denen sich so-
dann sein Anthei fallenden
E a
i an der auf das Gesammt - Kapital )uote des Gewinnstes (d. h. vier Zwölftheile des Total-Gewinn- stes) bestimmt. Schwieriger ist es, den Lohn für das Talent und die Arbeit zu normiren. Fourier stellt zu diesem Zwecke die drei Kategorien der Nothwendigkeit, der Nüklichkeit und der Xn- nehmlichkeit der Arbeit auf. Die Jntensität des Talentes wird also nach der Nothwendigkeit, NÜblichkeit oder Annehmlichkeit der dadurch hervorgebrachten Arbeits - Erzeugnisse berechnet, so daß s: D. ein Talent, welches ein nothwendiges Bedürfniß der Ge- sellschaft befriedigen hilft, mehr Werth hat, als ein anderes, wel: ches ihr einen secundairen Nußen oder gar bloß eine Annehmlich- feit verschafft. Die Arbeit wird nach der Zeit gemessen. — ur im Vorbeigehen wollen wir erwähnen, daß Fourrier den Frauen, in Bezug auf Wahl des Berufs und Bildung, ganz dieselben Rechte und Freiheiten einräumt, wie den Männern, eine Emanci- pation derselben, welche durch die angenommene Reform des Haus- und Wirthschafts-Wesens und die Uebernahme der Kinder - Erzie- hung von Seiten der Gemeinde, vollständig wird, Was diese Erziehung anbetrifft, so stellt Fourrier für dieselbe den allerdings sehr beachtenswerthen Gedanken auf, die Erziehung müsse von \rúh auf praktisch seyn, darauf berechnet, den Nachahmungstrieb und durch diesen den Thâätigkeitstried der Kinder zu wecken, sie zur Selbstständigkeit und zu einer nüßlichen, zugleich aber ihnen {elbst zusagenden Beschäftigung zu gewöhnen, Zu diesem Zwecke sollen die Kinder, sobald sie in ein Alter treten, welches ihnen die Entwickelung und den Gebrauch ihrer Anlagen erlaubt, unter der Aufsicht einer Serie von Greisen und Matronen, die verschiedene Irbeitszimmer des Phalanskeriums besuchen, fleine Hand-Arbeiten gwerrichten, den Gartenbau im Kleinen treiben u. s. w., damit ihre Kräfte sich entwickeln und ihre Neigungen eine besiimmte ich- tung annehmen.
“Wir verweilen niche länger bei den Fdeen Fourrier?s, zumal da dieselben bekannt und vielbesprochen sind, sondern wenden uns zu der Schrift von Buret, Weniger radikal in ihren BYorschlà- gen als die Sozial-Theorie Fourrier's, dagegen umfassender in ih- zen Untersuchungen über die Erscheinungen des gesellschaftlichen Elends und úÚber die Versuche, mit den gegebenen Mitteln und auf der Basis der bestehenden Einrichtungen demselben abzuhelfen, trifft das Werk von Buret doch in vielen seiner Borausseßungen \o wie seiner Konsequenzen mit dem Fourrier’schen Systeme zu- fammen, Buret betrachtet als das Grundübel der gegenwsrtigen Nerkechrs-Verhältnisse die schrosfe L rennung des Kapitals von De Arbeit, eine Trennung, welche sich darin außert, daß der Arbeiter, nicht vermögend sich ein Kapital zu erwerben und mit dessen Húlfe seine Arbeit zu einer wahrhaft fruchtbaren, gewinnreichen, organischen zu erheben, gezwungen is, nur für das augenblickliche Bedürfniß, fúr die Nothdurft des Lebensunterhaltes zu avbeiten, während der Kapitalist durch die Macht seiner Kapitale allein, ohne selbsk zu arbeiten, die Arbeit von Tausenden sich dienstbar und für seine Zwecke einträglich macht. Gegen diesen Punkt ‘ichten sich deshalb alle Refo rm- Vorschlage Buret's; eine engere, eine organische Verbindung und Bergeseilschaftung des todten Ka- i der machtlosen Arbeit — darin erblickt er das ein- einer gründlichen Abhülfe gegen den Pauperis- mus, die hochste Aufgabe einer weisen National - Oekono- mie. Zu diesem Zwecke schlägt er zuersk die Berstarfung und Erweiterung gewisser, chon bestehender Einrichtungen vor, in denen er jene Tendenz zur Verschmeizung der Interessen des Ar- beiters und des Kapitalisten zu erblicken glaubt, 3 D des Erb- pachtes, der Association der Fabrikherren mit ihren rbeitern, wodurch den leßteren ein Antheil am Gewinnste zufällt, und ste in den Stand geseßt werden, ihre Lage allmälig zu verbessern und sich unabhängiger zu machen z u. dgl. m. — Sodann empfiehlt er eine Reihe legislativer Maßregeln, welche beitragen sollen, den Uebergang des Eigenthums, besonders des Grundbesißkes, aus der Hand des großen Kapitalisten in die Hand des Arbeiters, des fleinen Landwirthes, der sich durch seine Thâtigkeit ein Besiß- thum schaffen will, zu erleichtern — überhaupt aber, den Besiß zu mobilisiren. Jn lesterer Hinsicht glauben wir nicht unerwähnt lassen zu dürfen, daß Buret seinen Landsleuten die Nachahmung einer in Preußen bestehenden Einrichtung, nämlich der Pfandbriefe, anempfiehlt, um auch den Grundbesiß dem Verkchr und dem Kre- dite zugänglicher zu machen, als dies bei dem bisherigen Hypothe- fenwesen der Fall war.
Allein allmalig
pitals und zige Mittel (
werden die Vorschläge einschneidender, radikaler; er begnügt sich schon nicht mehr mit legislativen Maßregeln, um die Bewegungen der E dustrie zu erleichtern, sondern er grelff zu adminiskrativen, zu finan- iellen, um sie zu leiten. Der erske dieser Borschlâge geht dahin, daß der Staat von Schenkungen und Erbschaften einen gewissen Theil für sich, fúr das allgemeine Interesse der Gesellschaft zu- rúckfordern soll, und zwar bei den Erbschaften in dem Berhält- nisse, wie der Rechtsanspruch der Erben stärker oder schwächer ist, also einen größeren Theil bei Erbschaften der Kollateralen, als bei Erbschaften der Deszendenten, einen noch größeren bei testamenta- rischen Erbschaften u. s. w. Dergleichen Rükfälle, besonders an Grund und Boden, soll der Staat sodann an die arbeitenden Klassen in einzelnen Parzellen pacht- oder faufweise überlassen und
Buret's tief |
884
so diesen mehr und mehr zu einem festen Eigenthum verhelfen, Eine zweite Maßregel ähnlicher Art würde, nach des Verfassers Ansicht, die Einführung eines Besteuerungs-Systems seyn, welches proportionell mit dem Reichthum wÚchse, welches also z. B. den- jenigen, welcher 20,000 Rthlr. besißt, höher besteuert, als 20 An- dere zusammen, von denen Jeder 1000 Rthlr. im Vermögen hat. Endlich als den leßten entscheidendsten Schritt zu einer Organi- sation der Jndustrie zu einer richtigen und natürlichen Normirung des Verhältnisses zwischen Production und Consumtion betrachtet Buret die Errichtung einer Hierarchie industrieller Aufsichts - Be- hörden oder Ausschússe, — unter dem Namen syndicats, con- seils généraux U. s. w. — deren Verfassung reprâsentativ und deren Aufgabe seyn soll, die Bewegungen der Production und der Consumtion zu beobachten und durch ihren Einfluß möglichst so zu leiten , daß Eines dem Andern entspricht und daß besonders die inländische Consumtion die Jndustrie hinlänglich beschäftige, damit diese nicht den Schwankungen des äußeren Handels - Ver- éehrs ausgeseßt sey, damit aber auch der Staat, in sich selbst die Mittel seines Wohlstandes tragend, im Stande sey, den auslän- dischen Kapitalen, welche auf seinen Märkten zu herrschen und seine Jnduskrie auszubeuten suchen, mit Nachdruck entgegenzu- treten.
Diese Vorschläge, welche zum Theil mit Einrichtungen zu- fammentreffen, wie sie in manchen Staaten thatsächlich bestehen (z. B. in gewisser Hinsicht mit dem in Preußen üblichen Erb- \chaftsstempel, mit der Vermögens - oder Gewerbe- Steuer, wie dieselbe in mehreren deutschen Staaten organisirt ist u. s. w.), berühren die höchstrn Fragen der Politik und Staatswirthschaft, und regen eine Reihe der wichtigsten und fruchtdarsten Unterstt- chungen an, Untersuchungen, welche der Verfasser in der vorlie- genden Schrift allerdings mehr eingeleitet als erledigt hat, von denen aber zu hoffen steht, daß er ste bei einer andern Gelegen- heit wieder aufnehmen und auf eine erschöpfende Weise zu Ende führen werde.
Wir kommen endlich zu der dritten, der unseren Betrachtun- gen zu Grunde gelegten Schriften, zu dem Werke Dégérando’s uber die dffentliche Wohlthätigkeit, Wir haben schon angedeutet, daß Dégérando sich mehr als die beiden andern Schriftsteller, innerhalb der Gränzen der bestehenden Einrichtungen und des na- türlichen Entwickelungsganges der Jndustrie hält, daß er weder eine soziale Totalreform, wie Fourrier, verlangt, noch selbst ein so unmittelbares Einschreiten der Geseßgebung in die Bewegung des offentlichen Verkehrs, wie es Buret für wünschenswerth hält, daß er vielmehr an dem Grundsaße festhält, der Verkehr, völlig frei- gegeben und aller Beschränkungen entledigt, schaffe sich von selbst die ihm gemäßesten Formen und Bahnen, und fördere das all: gemeine Wohl besser, als alle systematische und künstliche Ver- anstaltungen. Von diesem höhern Standpunkte aus, auf welchen sich Dégérando fellt, erscheint ihm das dffffentliche Elend und die Bertwoirrung unserer industriellen und sozialen Verhältnisse als das natürliche Resultat einer Kulturentwickelung, welche sich aus ei- ner Menge widerskrebender Elemente herausgearbeitet, und welche noch täglich mit Störungen aller Art, mit den allgemeinen Ein- flúysen der Naturgewalten auf den Menschen, mit den Vorur- theilen und Leidenschaften der Einzelnen, und mit den JrrthÚ- mern und Mißbräuchen der Gesellschaft zu kämpfen hat. Wäh- rend er daher, mit weiser Enthaltsamkeit sich jeden Versuch ver- sagt, diesen Uebelständen durch eine rasche, gewaltsame Reform zu begegnen, wohl wissend, daß in dergleichen Dingen gewöhnlich das HuUlfsmittel gefährlicher ist, als das Uebel selbst, — läßt er doch auf der anderen Seite fein Mittel ungeprüft und un- versucht, welches ihm geeignet scheint, das vorhandene Elend zu lindern und die Gefkaltung eines glúcklicheren Zustandes der Ge- sellschaft einzuleiten, ohne doch dem natürlichen Gange der Dinge gewaltsam vorzugreifen, Seine Untersuchungen tragen daher in vielen Beziehungen den philantropischen Charakter, von welchem wir oben gesprochen haben; was ihn jedoch von den gewöhnlichen Schriftstellern dieser Gattung scheidet und ihm eine bdhere Stufe anweiskt, ist seine klare, tiefdringende und doch unbefangene Auf- fassung der industriellen und sozialen Verhältnisse, in ihrem Ge- sammtzusammenhange und ihrer Wechselwirkung, Wenn wir daher Dégérando nicht auf der Seite der sozialen Reform sehen, so if der Brund davon nur dieser, daß er eben das soziale Element der Frage schärfer erforscht hat, als diejenigen, welche mit ihren Sozial - Theorien und Reform-Plänen allzu vorschnell zur Hand sind, daß er die innere Kraft der gesellschaftlichen Verhältnisse, das Geseß der Selbstorganisation der Industrie klarer erkennt und vorurtheilsloser zu wúrdigen weiß, Die Einrichtungen welche Dégérando vorschlägt, um das Loos der Arbeiter zu verbessern, sind sammtlich von der Art, daß sie die organische Selbsktentwicke- lung der industriellen Elemente zwar ferdern, aber nicht gewalt- sam lenken oder in bestimmte Bahnen weisen, Dégérando em- pfiehlt ebenfalls die Errichtung von Syndicaten, von Anstalten zur Versorgung brodloser Arbeiter durch Zuweisung von Beschäf- tigung und Unterkommen, endlich von allgemein berathenden und beaufsichtigenden Körperschaften, (von ihm comités de patronage genannt), welche im Besiße einer höheren, umfassenderen Einsicht in den Gang des gesammten Verkehrs, durch ihre Rathschläge dem Arbeiter bei der Wahl seines Gewerbes und seines Aufent- haltsortes behülflich seyn, Associationen unter den Arbeitern, zu gegenseitiger Unterstüßung, hervorrufen und beaufsichtigen, Jn- dustrieschulen errichten, und endlich auch, durch eine Centralhülfs- fasse, in den besonderen Fällen allgemeiner Noth die ersten stärksten Schläge eines solchen Nationalunglúcks abwehren sollen. Bei allen diesen Vorschlägen hält aber Dégérando an dem Grund- saße fest, daß solche Gesellschaften keine äußere Gewalt besißen durfen, sondern daß sie lediglich durch ihren moralischen Einfluß und ihre Einsicht wirken müssen.
Wisllenlchakt, Kunlt und Literatur.
Was ich erlebte, Aus der Erinnerung niedergeschrieben von Heinrich Steffens. Dritter und vierter Band, Breslau, im Verlage bei Josef Max und Comp. 1841,
Rach dem Zwischenraume cines Fahres beschenkt uns Herr Pro- fessor Steffens mit einer Fortseßung seiner Lebensbeschreibung in abermaligen zwei Bänden, und es i hôöchlich zu wünschen, daß er jährlich fo fortfahren und in kurzer Zeit das Werk, #9 weit es mög- lich ist, vollenden, daß aber den leßten Theil erst nach einer langen Rethe von Fahren ein gleich geisivoller Freund des Verfassers uns geben möge. — Die beiden Bände begreifen sechs bis steben Fahre, von 1794 bis zum Frühling 1801, in sich und. verdienen wohl cine furze Fnhalts-Anzeige, wenn es gleich kaum nöthig seyn dürfte, die Lesewelt, besonders die, welche den Anfang dieser Lebensbeschreibung kennt, darauf aufmerksam zu machen. Der Stoff des dritten Ban- des is von dem Verfasser selbst bezeichnet durch: Seereise, Bergen, Reise an der Nordwesiküste von Norwegen, die leßten Tage in Ber- gen, Seereise nach Bergen (soll heißen: nach Hamburg), Schiffbruch, Hamburg, Rendsburg, Kiel, Über Holstein; der des vierten durch: Reise nach Jena, Jena, Reise in die Thüringerwald-Gebirge, Jena,
1799, Reise nah Freiberg, Berlin, Freiberg, Reise, Dresden, Rúck- fehr ins Vaterland. — Man sieht hiecaus, daß beide Bände sich großentheils mit Reisen, der dritte in und bei Norwegen zu Lande und zu Wasser, der vierte innerhalb Deutschlands, beschäftigen, von woelchen die Skandinavischen für einen Deutschen Leser schon durch die Unbekanntschaft mit dem Norden das meiste Fnteresse haben. Wissen- schaftlih und gemüthlich möchte ih kaum dem etnen Bande vor dem andern den Vorzug geben, obgleich das Verhältniß zu dem Va- ter cin besonders anzichendes is. Auch scheut man sich Ein- zelnes herauszuheben, da fast Alles darauf Anspruch macheu konnte. Der vierte Band hat für uns Deutsche und zumal Nord=« deutsche Leser freilich das besondere Fnteresse, daß uns viele be- rühmte und einflußreihe Personen vorgeführt werden, welche wir kannten, welche zum Theil noch leben, ja daß Manche cinen Theil dessen, was Steffens erzählt, miterlebt haben. Daß es an religid- sen , wissenschaftlichen , künstlerischen Digressionen nicht fehlt, läßt sich leicht vermuthen, und eben so gewiß, daß ihnen das Geistreiche nicht abzusprechen seyn wird, wenn die Urtheile auch nicht alle gleich treffend scyn fönnen. So scheint mir, um doch etwas anzu- führen, der Versuch im 4ten Bande, S. 307 u. s. w., den Wiß und Scharfsinn zu bestimmen, nicht ganz gelungen, oder wenigstens kürzer dadurch zu bezeichnen, daß der Scharfsinn das Vermögen des Vergleichens und Unterscheidens verbindet und ganz dem Ver- stande, der Wiß dagegen eben so schr der Phantasie als dem Ver= stande angehört, mit dem Scharfsinn das Vergleichen und Unter- scheiden theilt, dies aber in Bildern (statt in Begriffen) mehr an- deutend darstellt und daher phantastercicher Verstand, Verstand in Gestalt der Phantasie zu nennen is. Man fann also wohl nicht mit dem Verfasser sagen, daß Wiß und Scharfsinn sch wechselseitig voraussceßen , sondern nur, daß der Wiß nicht ohne Scharffinn, der Scharfsinn aber wohl ohne Wiß seyn kann.
Am wichtigsten bleibt immer die aus dem Ton der Darstellung sich als Wahrheit aufdringende Schilderung der fortschreitenden Entwickelung ciner so merkwürdigen und liebenswürdigen Persôn- lichkeit. Auch die zweckmäßige Umständlichkeit und Genauigkeit ift zu rühmen, oder wird doch nur da vermißt, wo dem Verfasser cine gewisse Kürze oder Magerkeit nicht zu verargen ist, z. B. bei der gegen den Schluß des vierten Bandes erwähnten, aber eben nur erwähnten Herzens-Zuncigung zu seiner jeßigen Gattin, Aber wer mag mit dem Selbsibiographen wegen dessen rechten, was er uns verschweigt, zumal, wenn er so viel giebt, wie Steffens? Gebe erx denn, soviel ihm gut dünkt! Möge es ihm nur nicht an Muße und Eifer fehlen, damit uns das nâchste Jahr abermals zwei Bände burtinge,
Dauer der Eisenbahnufahrten am 20. Juli 1841.
Abgang S Abgang E A Zeitdauer R
von Yon
Berin c, | M, Potadam.
Zeitdauer St. | M.
— | 42 Vormittags . 42 Nachmittags 40 Nachmittags 40 Nachmittags 30 Abends 06S m 40 Abeuds .,.. 46 Abeuds ...| 93
Um 65 Ubr Morgens ... 45 Um 6¿ Ubr Morgens... S - Yormittags, 41 - 91 -
L 92 Yormittags . 314 - 127 - 11 Yormittags. 10) - 47; -
2 Nachmittags — 45 - -
3 Nachmittags 27 - T2 - 6 Abends 400. S
10 Abends... L O
Die lange Dauer der Fahrt um 3 Uhr wurde veranlaßt, weil wegen der Extrazúge zur Fahrt um 3 Uhr etne andere Maschine an- geheitzt werden mußte, die nicht gehdrig Dämpfe gesammelt hatte, um das beim Anfahren sich zugeseßte Sieb im Schornsteine zu reinigen. Alle Bemühungen, dies während der Fahrt zu erreichen, waren frucht los, weshalb die Reserve-Maschine signalistrt werden mußte.
Auswärtige Börsen. ) 17. Juli. Niederl. wirkl. Schuld 51 a 5% do. 1001.
Kanz. Bill, 24%. 57 Span. 19 f —, ZiuslI. 5, Präm. Sch. —. Pol. —.
Frankfurt a. M., 25% anat) A - Bank - Act. zu 900 F1. 1327. 132. do. 45 Anl. — 590-7. 59027.
Hamburg, 19, Juli.
Dondon, 16. Juli Cous 9% 89x
Amsterdam,
Passìive. —. Ausg. Preuss, Oesterr. —,
1S. Juli. Z Oesterr. 5% Met. 106: G. 4% 98 G. 1964. 1961. Partial- Obl, —, Loose IOO Fl —. Preuss. Präm. Sch,
5% Span, Anl. 195 Br. 24°
Loose zu 117 G.
Poln, Loose
Bank - Actien 1633. Engl. Russ. 1087.
Belg. 1005. Neue Anl, 19%, Passive 4%, Ausg. Sch. 9%. 25% IToll. 507. 5% Port. 297. O LTX, Engl, Russ. 114. Bras. 675. Columb. 19, Mex. 25. Pera 13. Chili 6085. 16. Juli. 5% Reute fin cour. 114. 90, 3% « Neapl. au compt. 102. 95, 5 Span. Rente 21%.
P aris, 70.49 592
) 0 38
Rente fin cour, Passive 4z. Port. AOX. Wien, 1% —. Bank - Actien 1578.
16. Juli, S5 Met, 1005. 43 983. 95 — 2% Aul. de 1534 1317. de 1839 106%.
Königliche Schauspiele.
Donnerstag, 22. Zuli, Im Schauspielhause: Herrmann und Dorothea, idyllisches Familien- Gemälde in 4 Abth., nach Göthe's Gedicht, von Dr, C. Töpfer. Hierauf: Jch irre mich nie! Lustspiel in 1 Akt, nah dem Französischen, von C. Lebrün.
Freitag, 23, ZUli, Jm Opernhause: Zessonda, Oper in 3 Abth., mit Tanz, Musik von L.- Spohr. (Mad, Spaser- Gentiluomo, vom Königl, Hof- Theater zu Hannover: Jejsonda, Dlle. Spater, von demselben Theater: Amazili, und Herr Eike: Tristan d’Accunha, als Gastrollen.)
Sonnabend, 24, Juli, Im Schauspielhause: Des Gold: schmieds Töchterlein, altdeutsches Sittengemälde in 2 Abthl, von C Bln QDileraus! Die Lotte: Lien, LUpiel in 2 Bl, von E, G, Klähr, /
Königsstädtisches Theater.
Donnerstag, 22, Juli. Der politische Zinngießer. Vaude- ville-Posse in 3 Akten, nach Holberg?s Lustspiele neu bearbeitet und zusammengestellt von C. Birnbaum. Die Musik eingerichtet von C, Baldewein. (Herr Birnbaum, vom Hof-Theater zu Kas- sel : Heinrich, als leßte Gastrolle.) _ :
Freitag, 23. Juli. Der Pariser Taugenichts. Lustspiel in 4 Atten, von Dr. C. Töpfer. Vorher: Der Verräther. Lust- piel ind Ae, von olen
Sonnabend, 24. Juli. Jtaliänische Opern-Vorstellung. (Abon- nement suspendu.) Auf vieles Begehren: Norma. Opera in 2 Atti. Musica del Maestro Bellini. (Mad. Pasta, erste Kam- mersángerin Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreih: Norma, als Gastrolle.)
Preise der Pläße: Ein Plaß in der Orchester - Loge 1 Rthlr. 10 Sgr. Ein Plaß in den Logen und im Balkon des ersten Ranges 1 thlr. 10 Sar. u, #, w.
Die resp. Abonnenten, welche dieser Opern-Vorstellung mit Mad. Pasta beizuwohnen beabsichtigen, werden ersucht, die Kassen- Billets zu den abonnirten Pläßen, gegen Erlegung des erhöhten Preises von 10 Sgr. pro Billet, bis Sonnabend Mittag abholen zu lassen, indem von dieser Zeit ab úber die nicht abgeholten Abonnements-Billets anderweit disponirt werden wird,
Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen. Gedruckt in dex Decker schen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei,
Beilage
Großbritanien und Irland.
London, 14, Juli, Ueber den jeßigen Zustand der Dinge in der Levante, namentlich úber den Aufstand in Kandien, läßt sich die ministerielle Morning Chronicle in folgender Weise ver- nehmen: : ; :
„Die gegenwärtige Lage der Dinge im Mittelmeer erfordert {nelle Hülfe. Wir meinen nicht die längst beigelegte Syrische Frage, denn die neuesten Nachrichten aus Beirut schildern die Bergbewohner als ruhig, die Bestimmung des Tributes, den sie zu'bezahlen haben, und der ihnen aufzulegenden Zölle erwartend. Die Annahme des Fermans durch Mehmed - Ali und sein Anerbieten , einen gewissen Theil des Tributs zu zahlen, versprechen, dem Kampf ein Ende zu machen, und doch t das Mittelmeer noch lange nicht beruhigt. Die Französische Flotte erschien vor Port Mahon; die Spanier erschraken und verstärkten die Besaßungen. Eine Abtheilung der Flotte soll nach Luntis gegan- gen seyn; der „/Constitutionnel// erklärt sogleih, Lord Palmer- ton wolle dasselbe erobern. Die Griechischen Gebirgsbewohner von Kandien und die Türkischen Bewohner der Städte dieser Fnsel ex neuern ihre ewigen Scharmüßel und Kämpfe; dies bringt augen- blicklich die ganze Schaar der Philhellenen in Bewegung. Zwölf Linienschiffe scgelten neulich von Toulon ab, und man sagte / ste seyen nah der Levante besttmmt ; sogleich fürchtete man eiten Kon flift, und die Staatspapiere fühlten die Wirkung davon. Febt hd ren wir, daß jene Schiffe nach einigen Evolutionen guf der Rhede von Ajaccio vor Anker gegangen sind. Wir hoffen, daß unsere in- neren Kämpfe die Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Been digung dieser Lage der Dinge und zur Wiederherstellung des Yer trauens und der verlorenen Garantieen nicht blos für die Küsten und Städte der Levante, sondern auch für die westlichen und südlichen Küsten des Mittelmeeres nicht verhindern werden. Wir werdenNtemanden in der Theilnahme für die Griechen nachstehen, wir können jedoch das Aufreizen derselben zu Unzufriedenheit nicht billigen, das blos Blutvergießen veranlassen, aber kein anderes Resultat herbeiführen kann. Bet dem großen Griechischen Aufstande sollte den Griechen durch das Etn schreiten der Europäischen Mächte der ruhige Besiß fast ihres gan zen ehemaligen Landes gesichert werden. Selbst dieser Theil der Griechen würde scine Unabhängigkeit gegen die muselmännische Macht ohne die Unterstüßung der christlichen Mächte durch Solda ten, durch Schiffe und durch Diplomaten nicht haben exringen kön nen. Die christlihen Mächte hatten aber nicht die . Abz sicht, die muselmännische Bevölkerung ganz zu erdrückett, und es würde schr unrecht seyn , jeßt, bald nach der Grun: dung Griechenlands, einen neuen Kreuzzug gegen die Türken zu beginnen, Es würde nicht blos unrecht, es roûrde gefährlich seyn, denn Kandien müßte, wenn es den Türken entzogen wird, unter den Schuß irgend einer Europäischen Macht gestellt werden. Mehr als Eine würde denselben streitig machen, und so könnte aus dex Phi lanthropie gegen Griechenland ein blutiger Krieg unter den Eur9- päern hervorgehen. Bei der Gründung Griechenlands wurde Kan dien diesem Königreiche nicht beigefügt, wahrscheinlich weil die Tür ken nicht daraus vertrieben waren. Vielleicht wurde auch die Vor liebe für die Griechen auf dieser Fnsel durch die bekannte That- sache vermindert, daß ste die kuhnsten und rücksichtslosesten Sceräuber im Mittelmeere sind. Dazu kommt noch, daß dexr Versuch, eine Griechische Fnsel mit besonderen Vorrechten unter Türkischer Ober- herrschaft einem Griechischen Fürsten zu unterwerfen , bei Samos durchaus nicht gelungen ist; deshalb sollten die Philhellenen, wenn sie weise wären, ihre Bemühungen dahin richten, den Griechen unter Türkischer Herrschaft diejenigen Rechte zu sichern, welche der Hattischerif von Gülhane verspricht. Wir hoffen sehr guf die Wie dergeburt der Türkei, nicht in der Art, daß die Türken ihre alte Ueberlegenheit als ein gusschließliches , tyrgnnisches und eroberndes Yolf wieder gewännen, sondern durch eine bessere Mischung der Yolfsstämme. Allein mag dies geschehen oder nicht, die Griechen fönnen iedenfalls jeßt im Frieden mehr gewinnen als durch Krteg, denn jedes Fahr erhöht ihre Kraft, während es die Zahl der Luürken vermindert. : E : A L
Mit diesen Erklärungen is der Sun sehr unzufrieden, und er bemerkt dagegen : | : e
„Vor 24 Fahren machte die „Morning Chronicle// dieselben Klug- heitsgründe und noch andere stärkere gegen den Aufstand in Morea geltend, und hätten Ypsilanti, Sotiri Kharalampi, Maurokordato, Negri , Koletti, Boßaris und Kangris 1823 guf den weisen Rath ihrer Pseudofreunde unter der liberalen Presse in England gehört - 10 würden die großen Mächte die Freiheit Griechenlands 1m Fahr 152/ nicht zu garantiren gebraucht haben. Die „Morning Chronicle“ sollte fich schämen, die Griechen daran zu erinnern, daß ste ihre Unab hängigkeit dem Einschreiten der großen Mächte verdanken - der wohlbe fannten Thatsache gegenüber, daß ohne die indirekteUnterstüzung, welche sie dem Sultan leisteten, die Griechen ihre Unabhängigkeit ohne fremde Hulfe und wenigstens drei Fahre früher erlangt haben würden, als es ihnen wirklich gelang, das Osmanische Foch für immer abzuwerfen. Wenn die großen Mächte Griechenland durch das, was der Her- zog von Wellington ein „„ungelegenes Ercigniß// nannte, die Zer storung der Túrkischen Flotte zu Navarin im Fahr 1827, befreiten, so dúrfen wir nicht vergessen , daß Britisehes Einschreiten diese Flotte im Fahr 1823 dadurch rettete, daß es fie in dem Kanal von Korfu dbeschüßte, nur wenige Wochen nach der unmenschlichen Ermordung von 20,000 friedlichen Bewohnern der Fnsel Chios unter dem Schuße dexr Damen des Kaiserlichen Serails. Die „Morning Chronicle// erwähnt in seiner übergroßen Vorsicht die Gefahren , welche entstehen würden, wenn man die unabhät- gigen Kandioten unter den Schuß einer der großen Mächte stellte. Das ist eine leicht zu Überwindende Schwierigkeit. Wenn die rechte Zeit kömmt, werden wir darüber sprechen. Die „Morning Chro nicle// is stets beredt Über die Rechte, welche der Hattischerif von Gülhane den christlihen Unterthanen der Pforte gesichert habe. Sie kennt aber die Türken schlecht, wenn sie meint, daß die durch jahrhundertlange Herrschaft entstandenen Gewohnheiten durch eine papkerne Verordnung mit der Unterschrift Abdul-Medschid’s beseitigt werden könnten. Sie sind inEuropa dasselbe fanatische, unwissende,grau- sameVolk, wie sie dies gewesen sind, seitdem ste hier Fuß faßten. DieKan dioten könnten guch keine bessere Zeit zurErlangung ihrerUnabhängigkcit wählen als jeßt, während ganz Europa Zeuge von der Barbarei und der Treulosigkeit der Türken in Syrien is, Die Kandioten würden übrigens sich längst frei erklärt haben, wären thre Ketten nicht durch den eisernen Despotismus Mehmed Ali?s geschmiedet gewesen. Dadurch, daß der Sultan dem Vice-König die Regierung der Fnsel nahm, hat er der Herrschaft der Moslemim auf Kandien ein Ende gemacht. Wir wünschen deshalb den tapferen Kandioten jeden Erfolg. Jn Europa muß von nun an der Halbmond dem Kreuze weichen, und Gott verhüte, daß wir gegen die Unterdrück- ten auftreten, welche dieses heilige Banner in einer Sache erheben, die des himmlischen Schußes so würdig is wie die Freiheit.
Allgemeiner Bekanntmachungen.
Ausz
einem Vater, dem jeßt zu Lassan wohnhaften Pen- bei der Grundherrschaft cinstehenden Pachtvorschufß, i ionar J. F, Eckhardt, mittelst Cessions- und Kagufs-|\9 wie guch an das ihm yerkgufte Holländerhaus zu Morgens 10 Uhr, vor dem Königl, Hofgerichte bei
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reußishen Staats-Zeitung F 201.
{wislenschaft, Kunst und Literatur. Zur Literatur der Neformationsgeschichte.
Dr. M, Luther?s Newe Zeitung vom. Rain, 1542. Wieder aufgefunden u. herausg. von Dr. G, Schwetschke, Halle 1841,
Deutschlands literarische und religidse Verhäâlt- nisse im Reformations-Zeitalter, Mit besonderer Rúeksicht auf W. Pirckheimer. Von Pr, K. Hagen, Pri- vat-Dozent der Geschichte zu Heidelberg. Erlangen 1841,
Wer die neuesten Erscheinungen in der historischen Literatur durchzuschen pflegt, muß hald inne werden, daß ftch die Thätigkeit auf diesem Gebiete jeßt vorzugswcise dem Reformations-Zeitalter zugewandt hat. Es ist schon shwer, mit prúfendem Blicke alle hier auf bezüglichen Productionen zu verfolgen, die sh nicht nur guf die Verhältnisse des Reichs und der Kirche beziehen, sondern auch die Geschichte des damaligen Kunstlebens darzustellen und die lite varischen Bewegungen jener Zeit gufzuklären suchen; mit leßteren beschäftigen fich auch die beiden vorliegenden Schriften; obwohl in ganz verschiedener Weise. Da es nur Wenigen gegeben if, neues Material zu finden und zugleich mit dem bereits vorhandenen zu funstgerechter Darstellung zu verwenden, so findet meist guch hier, wie auf anderen Gebieten, eine Theilung der Arbeit statt, und wäh rend die Einen den Vorrath des noch unbenußten Stoffes an das Licht ziehen, gehen Andere mit den sich darbietenden Mitteln rüstig an das Werk selbs, um das Bedürfniß des Augenblicks5 zu befriedi gen. Zu jenen gehört der Verfasser des unter Nr. 1. verzeichneten Büchleins, zu diesen der Verfasser des umfassenderen Werkes , das unter Nr. 2. näher kezeichnet ist. ;
Herr Dr, Schwetschke. bietet uns in. Nr. 1, Belehxung Uber einen im Verhältniß zu der großen Bewegung schr unbedeutenden Handel, der aber schon deshalb ein allgemeineres Fnteresse in An spruch nimmt, weil Luther selbst in demselben betheiligt war, Es ist nämlich längst aus zwei Briefen Luthers an Justus Fonas be fannt, daß im Fahre 1542 ein gewisser Frischmut zu Halle wegen einer von Luther verfaßten Flugschrift gefänglich eingezogen und lange in Haft gehalten wurde; doch blieben alle näheren Umstände dieses Handels im Dunklen, bis Herr Dr, Förstemann in diesen Blättern (1840 Nr. 136.) Über die Person des Frischmut bestimm- tere Nachweisungen gab. Hans Frischmut is demnach der erste na- mentlich bekannte Buchdrucker zu Halle, der um das Fahr 1540 von Wittenberg dorthin kam. Er war der Drucker jener Flugschrift Luthers, die nun auch selbst durch eine glückliche Entdeckung des Herrn Dr, Schwetschke wteder hervortritt. Dieser fand eine Ab- schrift derselben an einem ihm gehörigen Exemplar des 1520 zu Halle gedruckten Verzeichnisses der Heiligthümer des neuen Stiftes und úbergtebt sle in der vorliegenden Schrift mit scinen Ergänzun- gen, welche der Zustand der Abschrift nothwendig machte, und einer erflärenden Einleitung der Oeffentlichkeit.
Die Flugschrift führt den Titel: ¿„¿„NRewe Zeitung vom Rain. Anno 41542,// Sie bezieht sich zunächst guf die Uebertragung des reichen Reliquienschaßes des Kardinal Albrecht vom Neuen Stift zu Halle nah dexr Morißkirche zu Mainz, verspottet aber mittelbar sehx bitter das ganze Neliquien - Wesen und dann den Kardinal selbsi, Oie Newe : Zeitung: verkündigt, jene Translation sey geschehen, „auf das die lieben Rain- länder den armen entblosten fnochen wieder wolten helfen zu Ne- wen kleidern, denn die Nöcke fo ste zu Halle gchabtt, scint zuvißen, Undt wo fie langer zu Halle geblieben , hatten sie daselbst exfrieren mussen//; fle macht besonders auf cinige neu erworbene und schr heil bringende Partikeln aufmerksam, von denen hier nur die vierte er- wähnt werden mag, sie is „ein ganßer Zipfell von der fahnen da Christus die Helle mit ausfsties//; endlich verheißt die Zeitung noch, „das S. V. G. wolle zu solchem heiligthumb bescheiden im tessamentt etn ganß quinten von seinem trewen frommen herben, und ein gan lott von seiner warhaftigen zungen.// — Luther hatte Recht, wenn er von diesem Spottzettel schrieb: „Wer es lieset, und jemals mein Fedder und Gedanken geschen, muß sagen, das is der Lutheu./‘
Uebrigens macht die kleine Schrift, die in der Einleitung noch manche Einzelnheiten zur Geschichte des Kardinal Albrecht und als Beilagen zwet bisher unbekannte auf ihn bezügliche Dokumente darbietet, abermals das Verlangen nach einex Monographie über diesen in der Reformations- Geschichte so oft gengnnten Fürsten rege, und vielleicht wäre Herr Schwetschke durch äußere Verhält nisse und eigenes Fnteresse vorzugsweise geeignet, eine erschdpfende Arbeit der Art zu liefern.
Herr Dr. Hagen nimmt für seine unter Nr. 2 verzeichnete Schrift eine viel allgemeinere Theilnahme, als das eben besprochene Büch lein sich in Ausficht stellen konnte, in Anspruch, da er die gesamm ten literarischen Verhältnisse Deutschlands im Reformations-Zeital- ter bis zur Abfassung der Augsburgtischen Konfession der Betrach- tung unterwirft und guch die reltgidsen Verhältnisse, welche mit jenen wesentlich verbunden sind, in dieselbe zieht, Das Werk soll zwei Bände umfassen, von denen aber jeßt nur der erste vorliegt, der die Darstellung bis zum Auftreten Luthers führt. Es lag zu- erst im Plane, nur cine Biographie W. Pirckheimer's zu geben, und eine solche hâtte, wenn die gesammten Verhältnisse des künstlerischen und literarischen Lebens zu Nürnberg hineingezogen worden wären, cin höchst anziehendes Werk werden können, wozu aber wohl nur cin längerer Aufenthalt in dieser herrlichen Stadt, wo selbst die Steine noch allerwege von ihrex großen Vergangenheit sprechen, die nôthi- gen Mittel an die Hand giebt; dexr Verfasser hat jedoch scinen ur sprünglichen Plan #o schr verlassen , daß die Hinweisung auf den- selben im Titel nicht einmal nöthig gewesen wäre. Er hat uns #0 statt einer Monographie ein Werk geboten, das in seiner Allgemcein- heit sein größtes Verdienst hat, denn seine Eigenthümlichkeit im Verhältniß zu verwandten Arbeiten besteht wesentlich darin, daß es sich von der biographischen und monographischen Form, die fast alle Darstellungen jener literarischen Bewegung angenommen haben, losgerissen hat und diese in ihrem ganzen Zusammenhange entwik felt, wobei natürlich der innere und allgemeine Gehalt derselben bei weitem klarer hervortritt. :
Dem Verf. standen keine neuen Hülfsmittel zu Gebote, auch i nicht ersichtlich, daß erx die vorhandenen durch eindringende Kritik sorgsam gesichtet und so neue Resultate gewonnen habe, was dennoch wohl möglich gewesen wäre; wir werden demnach die Vor züge der Schrift in der cigenthümlichen Auffassung und Darsteilung bereits bekannter Fakta suchen und die leitenden Gedanken, die An ordnung des Stoffes und die Handhabung der Sprache besonders berücksichtigen müssen. Und hierin zeigt der Verfasser allerdings ein nicht gewöhnliches Talent, und sein Werk unterscheidet sich schr
Kontrakts vom 24, Fuli 1836 auf ihn übergegan-[Kowall, rechtsbegründete Forderungen und Ansprüche] Vermeidung der am gene, bis Trinit. 1853 annoch laufende Pachtrecht [haben , zu, deren Anmeldung und Beglaubigung inden Präklufion hierdurch aufgefo| ben Stralsun- u g. [der im Grimmer Kreise belegenen Güter Gristow [einem der folgenden Termine : 1 E N ind de
Auf den Antrag des Gutspächters C. Eckhardt und Kowall nebs Fnventarium, Saaten und Aer- le Kowall werden alle und jede, welche an das von arbeiten, desgleichen an den ihm mit überlassenen,
dent 29. Juni, den 20. Fuli oder den 10, August d. J.-
vortheilhaft von dem, was meist für ein größeres Publikum ge- schrieben wird. L L Die allgemeinen Gedanken, auf denen die literarische und reli- gidse Bewegung des Reformations-Zeitalters beruht, sucht der Ver- fasser in der Einleitung darzulegen; man kbnnte aber nicht sagen, daß er hier gerade cine große Tiefe der Betrachtung oder eine Fülle von neuen Fdeen zeigte. Er hält dafür, daß es die Fntention der Deut=- schen Reformatoren auf dem wissenschaftlichen und kirchlichen Gebtete gewesen wäre, eine Vermittelung der antiken und mittelalterlichen Weltanschauung zu erreichen; er sicht dann fernèr das Wesen des Alterthums in dem Vorherrschen der Naturgewalt , das des Mit- telalters in einer Entfremdung von dem Natürlichen; das Re- formations - Zeitalter und die neuere Zeit hat nah seiner Meét- nung diese entgegengeseßten Richtungen in sich aufgenommen und in eine höhere Einheit vershmolzen, so daß es das natürliche Element nicht mehr als das herrschende, aber andererseits auch nicht mehr als das feindliche und zu bewältigende betrachtet. Aber abgesehen davon, daß sih die historischen Erscheinungen in ihren größten Verhältnissen unmöglich unter so dürftige Kategorieen, wie hier benußt sind, bringen lassen, ist selbst in Bezug auf den zunächst vorliegenden Gegenstand durchaus in Abrede zu stellen, daß die Deutschen Gelehrten, welche die Reformation verbreiteten oder thätig für ste mitwirkten, die Weltanschauung des Alterthums hätten wvoieder zur Geltung bringen wollen ; ste gingen vielmehr vorzugsweise von religiösen, nationalen und polîttishen Fdeen aus, deren Wurzel unmöglich im Leben des Alterthums gesucht werden fann. Der Verf. fordert auf den ersten Seiten seines Buches fast in jeder Zeile zum Widerspruch auf, den wir icdoh in Rücksicht auf den geringen Raum, den diese Blätter literarischen Anzeigen einräu- men, schweigen lassen. Auch in der weiteren Darstellung hat noch zuweilen diese irrige Grundansicht einen nachtheiligen Einfluß auf das Raisonnement des Verfassers gehabt, namentlich in dem Abschnitt, der von den theologischen Ansichten der Humanisien handelt, wo er den Erasmus geradezu den Rationalisten an die Seite stellt und ihm den Glauben an die historische Ueberlieferung des Christenthums abspricht, so wie auch andern Gelehrten jener Zeit eine verwandte Richtung zuschreibt, in der aber tn Wahrheit Mutianus Rufus, über den der Verfasser schr interessante Angaben mittheilt, eine vereinzelte Erscheinung ist. Fudessen bleibt nicht zu verkennen, daß der Ver- fasser besonnen genug war, in dem größeren Theile des Werkes seite vorgefaßte Ansicht ganz aus dem Spielezu lassen und die Entwickelung der Verhältnisse aus fich selbst darzuftellen, wo es sich dann. leicht zeigt, wie jene falschen Abstractionen ohne Zusammenhang mit den konkreten Fakten stehe. ;
Die klare und Übersichtliche Anordnung des Stoffes, in der die einzelnen Erscheinungen den nothwendigen Momenten der Bewegung sehr passend untergeordnet worden , gereicht der Schrift ganz beson= ders zur Empfehlung ; sie entspricht hierdurch in einem nicht geringen Grade den künstlerischen Anforderungen, die jeßt mit Recht woteder an cin historisches Werk gestellt werden. Bei der immer noch häufigen Bernachlässigung der stylistischen Form in unserer geschichtlichen Lite- ratur muß uus dieser Fortschritt um #o erfreulicher seyn, als darin Überdies ein heilsamer Einfluß unserex einheimischen Ge- \chichts\chreiber auf weitere Kreise sichtbar ist. So sehr wir es bil- ligen, daß der Verfasser sich in der Anlage und Disposition Ranke vornehmlich zum Vorbild genommen hat, so glauben wir doch, daß er sih bei der Ausarbeitung seines Werkes selbs, namentlich in der Handhabung des Styls, weniger streng an sein Vorbild hâtte an= schließen sollen. Denn den Glanz der Antithese und die unmittelbare Anschagulichkeit, die uns in Ranke's Schreibart fesseln, erreicht er doch nicht, und das eigne Talent zu ciner klaren , leichten und anmuthigen Dictton verheißt, wenn er sich ihr freier überläßt , einen ungestdrte- ren Genuß, als ihn die augenfällige Fmitation fremder Art und Weise bieten kann.
Wir wünschen der Schrift des Herrn Dr. Hagen eine recht große Verbreitung, die ste schon wegen des behandelten Gegenstandes ver- dient. Fene Fúlle eben so neuer als tiefer Fdeen, auf denen die welt- historische Bedeutsamkeit der Reformation beruht, tritt uns in den literarischen Productionen jener Zeit unmittelbar und unverhÚllt ent- gegen, und diese gingen von Männern aus, welche sich mit voller Be- geisterung und unermüdlichem Eifer der geistigen Bewegung hinga= ben. Die nähere Kenntniß der literarischen Bestrebungen damaliger Zeit nimmt demnach das allgemetinste Fnteresse in Anspruch und ist Bedürfniß für jeden Gebildeten. Wenige aber werden diese Kennt: niß aus den Quellen selbst oder aus weitschichtigen Hülfsmitteln ge- winnen kdnnen; die Mehrzahl bedarf cin klares, zusammenfassendes Werk. Für Solche schrieb der Verfasser, und er hat seine Aufgabe glücklich gelds|, wenn eine strengere Kritik auch manche Ausstellungen im Einzelnen zu machen hat. Möge er für die Folge sich von der Tiefe und dem Ernste seines Gegenstandes noch immer mehr durch- dringen lassen, um manche frivole Einzelnheiten zu verbannen, die der Sache selbs mehr zufällig als wesentlich sind, und an denen unsere Zeit mit Recht mehr Aergerniß nimmt, als früher.
Nit.
Psych e. Aus Franz Horn's Nachlasse. Ausgewählt von Gustav Schwab und Friedrih Föbrster. Erster Band 286 S, in 12, Mit dem Bildnisse des Verfas- sers, Leipzig bei B, G, Teubner.
So werthvolle Arbeiten auch in neuester Zeit über Deutsche Li- teratur- Geschichte erschienen sind, so haben dennoch selbs| Rosen- franz, Laube u. A. immer wieder auf Franz Horn, als den ei- gentlichen Begründer einer umfassenden Geschichte der Deutschen Poesie und Beredtsamkeit, zurückgewiesen, Wir können es daber den beiden Herausgebern der vorliegenden Sammlung von biographischen und kritischen, auf die Deutsche Literatur - Geschichte sich beziehen- den Aufsäße aus dem Nachlasse von F. Horn nicht genug Dank wissen, daß sie, als eine Ergänzung zu dessen grdßerem Werke, uns diese belehrenden und unterhaltenden Aufsäße mittheilen. Allein auch unabhängig von dem größeren Werke bildet dieser Nachlaß ein Ganzes für sich, und den hier gesammelten Perlen fehlt der geistige Faden nicht, an welchem sle als ein reicher Schmuck aufgereiht sind.
Wir werden durch die Namen : Hagedorn, Hölty, Salis, Lavater, Hamann, Klopstok, Wieland, Lessing, theils in eine der jeßigen Lese- welt fremde Zeit eingeführt, theils auch erneuen wir auf die anmu- thigste Weise die {hon längst gepflogene Bekanntschaft mit Göthe, Schiller, Herder, Fean Paul. — Welchen ganz anderen Gewinn für die Bildung des Geistes und Herzens gewährt es, in einem solchen Buche Belehrung und Unterhaltung zu suchen, als in jenen, in im- mer drohenderen Massen aus dem Auslande zu uns einwandernden Unterhaltungs-Schriften zu blättern, die nichts zurücklassen, als das bittere Gefühl des Ueberdrusses und der durch Ueberreizung herbeige- führten Abgespanntheit. Eine angenehmere Mitgabe für die Som- merwohnung oder für die Badercise wüßten wir unter den neuesten Erscheinungen der Literatur in der That nicht zu empfehlen.
31, August er. zu erkettnett-
ordert.
Die vollständigen Ladungen k dischen Zeitungen tnuserirt.
Datum Greifswald, det 26. | Königl. Preuß, Hofgericht von
(L, S) (ges)
i 1844. anber und Rüge,
r, Odebrecht,